Urteil vom Verwaltungsgericht Greifswald (10. Kammer) - 10 A 178/18 HGW

Tenor

Dem Beklagten wird das Ruhegehalt aberkannt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

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Die Klägerin betreibt gegen den beklagten Beamten ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts.

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Der am 17.05.1970 in Berlin geborene, in zweiter Ehe verheiratete Beklagte ist Vater von sechs Kindern, die zwischen 1995 und 2012 geboren wurden. Die in zweiter Ehe in den Jahren 2007, 2009 und 2012 geborenen Kinder leben in seinem Haushalt. Nach Durchlaufen der schulischen Ausbildung wurde er mit Wirkung vom 01.04.1988 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Zollanwärter ernannt, die Laufbahnprüfung für den mittleren Grenzzolldienst absolvierte er am 22.03.1990 mit der Abschlussnote „befriedigend“. Nach erfolgreichem Abschluss der Laufbahnausbildung für den mittleren Polizeivollzugsdienst im Bundesgrenzschutz und nach abgeleisteter Probezeit wurde er am 02.04.1994 zum Polizeimeister im Bundesgrenzschutz ernannt. Nach Ernennung zum Polizeiobermeister im Bundesgrenzschutz wurde ihm am 17.05.1997 die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Am 22.10.1998 wurde er zum Polizeihauptmeister im Bundesgrenzschutz ernannt.

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Nach seiner Ausbildung wurde der Beklagte zunächst als Polizeivollzugsbeamter in der Gruppe in der Bundesgrenzschutzabteilung GSA Ost 2 in Blumberg verwendet. In seinem weiteren dienstlichen Werdegang vom stellvertretenden Gruppenführer über den Gruppenführer bis hin zum Truppführer war er sodann in der Zeit vom 10.03.2003 bis 01.07.2005 im Rahmen einer Abordnung als Lehrkraft beim Aus- und Fortbildungszentrum Ost eingesetzt. Von Mai 2006 bis 31.03.2007 war er zum Bundespolizeiamt Berlin zur Verwendung als Streifen-/Postenbeamter abgeordnet. Zwischenzeitlich war er in der Aufklärungs- und Observationseinheit eingesetzt. Mit Wirkung vom 01.07.2009 wurde er zur Bundesgrenzschutzdirektion München versetzt. Ab dem 01.10.2009 bekleidete er den Dienstposten eines Kontroll-/Streifenbeamten, ab dem 01.02.2010 wurde er im Bereich Rückführung eingesetzt. Nach durchgehender Erkrankung ab dem 25.10.2010 wurde er mit Ablauf des 31.03.2013 wegen Polizeidienst- und allgemeiner Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Seine letzte dienstliche Regelbeurteilung zum 01.10.2014 endete mit der Gesamtnote „7“ (übertrifft die Anforderungen durch häufig herausragende Leistungen). Mit Stand Januar 2016 erhält der Beklagte Ruhestandbezüge in Höhe von 2.545,26 € netto.

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Der Beklagte ist disziplinarrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.

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Mit Verfügung vom 06.02.2012 leitete der Leiter der Bundespolizeiinspektion Rosenheim ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer rechtsextremistischen Organisation ein. Ausgangspunkt waren Mitteilungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Behördenzeugnis vom 14.12.2011. Im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens ordnete das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 26.09.2012 (AZ. M 19B DA 12.4366) die Durchsuchung des Wohngrundstücks des Beklagten sowie die Beschlagnahme aufgefundener Beweismittel an. Die vom Beklagten gegen den am 18.10.2012 umgesetzten Beschluss erhobene Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28.04.2014 (AZ. 16b DC 12.2380) zurück.
Mit Verfügung vom 15.11.2012 enthob die Bundespolizeidirektion München den Beklagten gemäß § 38 Abs. 1 BDG vorläufig des Dienstes und behielt gemäß § 38 Abs. 2 BDG 30 Prozent seiner Dienstbezüge ein. Den Antrag auf Aussetzung dieser Maßnahmen lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 06.02.2013 (AZ. M 19B DA 12.6059) ab. Die hiergegen zunächst erhobene Beschwerde nahm der Beklagte am 02.04.2013 zurück.

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Mit Verfügung vom 11.02.2013 dehnte der Leiter der Bundespolizeiinspektion Rosenheim das Disziplinarverfahren wegen des Verdachts weiterer Aktivitäten in rechtsextremen Organisationen aus. Insbesondere stand der Verdacht der Volksverhetzung im Raum, das insoweit eingeleitete Strafverfahren endete mit Urteil des Amtsgerichts Rosenheim (AZ. 6 Cs 510 Js 32433/12(2)) vom 13.04.2015, mit dem der Beklagte vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen wurde.

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Der Ermittlungsbericht vom 03.06.2014 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 04.07.2014 und dem Beklagten am 04.09.2014 zugestellt. Mit am 27.10.2014 bei der Klägerin eingegangenen Schreiben äußerte sich der Beklagte zu den ihm gemachten Vorwürfen. Ein (weitergehendes) Akteneinsichtsgesuch des Prozessbevollmächtigten des Beklagten beantwortete die Klägerin dahingehend, dass eine Akteneinsicht in den Räumen der Bundespolizeistation Nürnberg gewährt wurde. Zu der vom Prozessbevollmächtigten beantragten, über die Einsichtnahme in Diensträumen hinausgehenden Übersendung der Verwaltungsvorgänge kam es in der Folgezeit nicht.

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Am 30.12.2015 hat die Klägerin gegen den Beklagten die Disziplinarklage mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts erhoben.

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Im Wesentlichen begründet sie dies mit seiner Mitgliedschaft bzw. Betätigung in als rechtsextremistisch einzuordnenden Organisationen. So sei er seit Anfang 2009 in der rechtsextremistischen Vereinigung „Europäische Aktion“ (EA) bzw. deren Vorläuferorganisation tätig, seit mindestens 2007 Mitglied der Organisation „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. (AG) und seit 1999 im Armanenorden (AO) tätig gewesen, darüber hinaus weise er Verbindungen zum Thule-Seminar auf.

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Bei der EA handele es sich um eine von rassistischem und antisemitischem Gedankengut geprägte Ausrichtung, der von seinem Vorsitzenden Bernhard Schaub geprägt worden sei. Im Verfassungsschutzbericht 2011 wird insoweit ausgeführt, dass vorgebliches Ziel die Bildung einer gesamteuropäischen „Freiheitsbewegung“ sei, tatsächlich hätten sich in der EA jedoch Holocaustleugner gesammelt, um die Abschaffung des § 130 StGB sowie ähnlicher Strafvorschriften in anderen Ländern zu fordern. Die Agitation der EA sei antisemitisch und rassistisch ausgerichtet, das werde zugespitzt in der Forderung zur „Repatriierung der Fremdkontinentalen.“ Darüber hinaus skizziere Schaub in seiner Broschüre „Der Weg zum Reich – Geschichte und Rechtslage“, von der auch einige Exemplare in der Wohnung des Beklagten sichergestellt wurden, wie und warum die Rückkehr zum Deutschen Reich angestrebt werde, warum es dem „Selbstverwaltungsprovisorium BRD“ an Legitimation fehle und das Grundgesetz von der bestehenden Reichsverfassung abgelöst werden solle.

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Die Klägerin führt verschiedene Ansatzpunkte auf, die eine Verbindung des Beklagten zur EA darstellten. So habe er beispielsweise im Jahr 2009 einen an ihn und seine Frau adressierten handschriftlichen Brief des Schaub mit der Aufforderung, die zugleich übersandten Flugblätter in Umlauf zu bringen, erhalten. Unter dem Titel „Denken macht frei“ werde in den Exemplaren eines Flugblattes, die im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung bei ihm sichergestellt wurden, ausgeführt, dass eine Leugnung bzw. Anzweiflung der „angeblichen Fakten“ bezogen auf den Holocaust nicht möglich sei, da Bürger durch so genannte „Maulkorbgesetze“ zum Schweigen verurteilt seien. Ähnliche Ausführungen finden sich in einem weiteren Flugblatt mit dem Titel „Europäische Aktion – die Bewegung für ein freies Europa“, von denen ebenfalls Exemplare beim Beklagten sichergestellt wurden und in denen ausgeführt wird, dass die Rassenvermischung in Europa durch die „Israel-Lobby“ und den „zügellosen Rothschild-Kapitalismus“ vorangetrieben werde. Weiter ist in der Wohnung des Beklagten das Buch des Schaub mit dem Titel „Die Europäische Aktion“, das eine an ihn und seine Frau gerichtete persönliche Widmung des Autors aufweise, sichergestellt worden. Er sei im Sicherheitsdienst der Europäischen Aktion federführend tätig gewesen und habe zu führenden Mitgliedern der EA Kontakte gepflegt.

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Der Verfassungsschutzbericht des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg von 2011 führt in Bezug auf die AG aus, dass diese wesentlich durch die rassistischen Ideologien des Jürgen Rieger maßgeblich geprägt worden seien. Weiter trägt die Klägerin vor: Der Verein bringe die „Nordische Zeitung“ heraus, die ein rassistisches, antisemitisches, fremden- und kirchenfeindliches Konzept aufweise. Die AG besitze eine rassistische Grundausrichtung und knüpfe unmittelbar an die Rassenlehre des Dritten Reiches an. Verbindungen des Beklagten zu dieser Gruppierung folgten unter anderem aus dem Umstand, dass eine Ausgabe der „Nordischen Zeitung“ bei ihm sichergestellt wurde, ca. 40 Personen aus dem Kreis der AG bei seiner Hochzeitsfeier eingeladen waren, unter anderem der Leiter der AG, Axel Schunk. Weiter wurden auf dem Rechner des Beklagten Vorträge aufgefunden, welche er bei der AG und dem AO in den Jahren 1999 und 2005 hielt.

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So wurde ein Vortrag für die AG zum Thema „Haben unsere genetischen Grundlagen etwas mit Religion zu tun?“ aus dem Jahr 2005, dessen ursprünglicher Titel beim AO im Jahr 2002 „Die genetischen Grundlagen Europas – Die 5 europäischen Hauptrassen“ lautete (Bl. 81 ff. d.BA Band 4, Bl. 27 ff., 55 Bd. I d.A.) und den der Beklagte unter seinem Pseudonym „Radulf“ formulierte, sichergestellt. Gegenstand des Vortrags ist insbesondere die Darstellung hinsichtlich leiblicher Merkmale und seelischer Eigenschaften der europäischen Rassen. Rassenmischungen hingegen fielen dadurch auf, dass sie charakterlos, hemmungslos, willensschwach, treulos, unbeständig und pietätlos seien. Der Untergang einer Rasse sei ihre Vermischung mit anderen Rassen oder Mischrassen. In die Bundesrepublik Deutschland seien bereits viele Millionen Fremde gekommen und das sei ganz bewusst gesteuert. Es wird der Untergang der nordischen Rasse skizziert, sofern kein Umdenken hinsichtlich der Aufnordung des deutschen Volkes erfolge. Dafür solle nichts vom Staat und von der Politik erwartet werden, sondern Selbsthilfe sei erforderlich. Es stehe die Frage im Raum, ob sie entschlossen seien, das restliche Wertgut ihrer erbbiologischen Substanz in die Zukunft zu retten, um als deutsches Volk weiter zu leben. Solange der ungeregelte Geschlechtsverkehr mit jedem als eine harmlose Privatangelegenheit angesehen wird, solange würden – gerade in Deutschland – die Minderwertigkeit in Erbeigenschaft und Gesinnung ungestört weiter wuchern. Die Sünde wider Blut und Rasse sei das Ende einer sich ihr ergebenden Menschheit. Der Staat werde nicht helfen, auch keine in ihr zugelassene Partei, das Recht der Art breche jedes andere Recht. Abschließend wird augenscheinlich ein Gedicht von Isolde Kurz zitiert, welches mit dem Aufruf „Schwert aus der Scheide!“ endet.

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Ein weiterer Vortrag mit dem Titel „Zeugungswunsch, Zeugungsfälle, Zeugungsakt in der Götterdämmerung (Ein (Bio-) Vortrag für die Artgemeinschaft“ aus dem Jahr 2004 (Bl. 102 ff., 112 ff. d.BA 4, Bl. 32 ff. Bd. I d.A.) führt aus, dass dramatische Veränderungen bevor stünden. Wenn sie nicht selbst bereit seien, radikale Veränderungen vorzunehmen, würden sie gnadenlos hinweggefegt. Es gehe um jenen Urzustand, in dem sich ihre Vorstellungen und Werte einmal befanden. Die eigenen biologischen Grundlagen müssten wiedererkannt werden. Wenn sie auf sich Acht geben würden, werde erbkranker Nachwuchs weniger, sie schützen untereinander ihr Blut und ihre Ehre. Mehr gesunde und lebensfrohe Kinder würden aus ihrem Volke erblühen. Sie sollten sich gegenseitig helfen, dass ihre Kinder in Kindergärten und Schulen nicht kaputt gemacht werden, was schließlich beabsichtigt sei. Wenn das Blut wirklich und wahrhaftig der Schlüssel zur Weltgeschichte und Weltgeschichte der Schicksalsablauf der einzelnen menschlichen Biogruppierungen der Erde in ihren Wechselbeziehungen zueinander sei, so könne ihr Wille nur darauf gerichtet sein, dem weiteren Schwund und der Bastardierung der Deutschen alle Hindernisse in den Weg zu legen und das hochwertige Erbe zu mehren. Es wird Vilfredo Pareto zitiert, nach dem jede Auslese der Besten, die nicht bereit sei, für ihre Werte zu kämpfen, vom Verfall / von der Entartung ergriffen sei. Das Ziel sei ein „Allnordischer Zusammenschluss“ unter Beibehaltung der einzelnen nordischen Völker. Nur eine männliche und weibliche Führung vermag die Kulturmenschheit zu erneuern vor der Selbstvernichtung aus Unwissenheit. Die europäischen Völker seien Mischvölker, in denen sich die verschiedenartigsten und unartigsten Wesenheiten auswirken könnten. Das Wesenhafte, das Ursprunghafte müsse wieder die herrschende Oberhand bekommen.

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In einem weiteren Vortrag, den der Beklagte anlässlich seiner Einführung im AO hielt (Bl. 11, 19 ff. d.BA Band 2a), führt er aus, dass es das Freiwerden von dem fremden Faustgriff, der dem deutschen Volke, dem Germanen, dem weißen Menschen den Lebensatem abschnüre, gehe. Es bestehe die Gefahr, dass sie in einem halben Jahrhundert kein Volk mehr seien. Er zitiert eine Käthe Schirmacher, die im deutschen Schwertlied von 1929 ausführe, dass die Freiheit nicht gegeben und nicht geschenkt werde, sondern erstritten werden müsse. Es müsse etwas ganz Neues, nämlich das Wassermannzeitalter und mit ihm eine neue Gesellschaftsordnung erkämpft werden. Würden sie sich nicht dafür entscheiden, in ihren Wesensbahnen in die Zukunft zu schreiten, so hätten sie als Volk keine Chance mehr und seien reif für die „Vereinigten Staaten von Europa“. Ohne Kampfbereitschaft werde ihnen die Frucht nicht zufallen, der Orden kämpfe für ein neues Weltbild, aus dem ein neues Reich emporwachsen solle.

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Die Klägerin führt in ihrer Klageschrift weiter aus, der AO gehe von einer Überlegenheit der „arischen Rasse“ aus und sei offen völkisch, rassistisch und antisemitisch orientiert. Gründer und damaliger Leiter sei Adolf Sch gewesen. Das rassistische Weltbild werde insbesondere aus den Leitbriefen der Vereinigung sichtbar, von denen Exemplare beim Beklagten sichergestellt wurden. Der Sch übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 11.04.2013 eine Abschrift des Vortrags „Zeugungswunsch, Zeugungsfälle, Zeugungsakt in der Götterdämmerung“ des Beklagten, den dieser ausweislich entsprechender Anmerkungen beim AO im Jahr 2004 hielt (Bl. 107 ff. d.BA Band 2a). Auch sein Einführungsvortrag beim AO deute auf rassistisches Gedankengut hin. Darüber hinaus habe er dem AO regelmäßige Zahlungen zukommen lassen.

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Das Thule-Seminar propagiere einen positiv gewerteten Rassismus, es werde von Pierre Krebs geleitet. Dieser rufe dazu auf, der Rassenvermischung entgegenzutreten und habe einen Vortrag bei der EA gehalten. In den Wohnräumen des Beklagten wurden mehrere Kalender des Seminars und eine Einladung des Beklagten zu einem Seminar, auf dem Pierre Krebs vorgetragen haben soll, sichergestellt.

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Durch sein Verhalten habe der Beklagte gegen die aus § 60 Abs. 1 Satz 3 Bundesbeamtengesetz (BBG) folgende Pflicht verstoßen, sich mit dem gesamten Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Insbesondere durch seine Mitarbeit auch in der Führungsebene der EA habe er jene Pflicht verletzt, es liege nicht nur eine bloße innere Überzeugung des Beklagten vor. Trotz eines Personalgesprächs im November 2008, das u.a. auf eine Sicherheitsüberprüfung des Beamten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz von Oktober 2007 und September 2008 Bezug nimmt und in dem sich der Beklagte einsichtig gezeigt habe (Bl. 92-110 d.BA Band 1), habe er sich im Weiteren durch sein Verhalten gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gestellt. In der EA sei ein bloß passives Dabeisein nicht möglich. Der Beklagte habe an Flugblattaktionen und am Lektorieren der Lehrbücher der EA teilgenommen, darüber hinaus habe der Beklagte über Dokumente und Broschüren verfügt, die Zweifel an der geschichtlichen Darstellung des Holocausts schürten. Ebenfalls sei ein Verstoß gegen die genannte Dienstpflicht darin zu sehen, dass sich einzelne Mitglieder der Vereinigung Straftaten gegen Volk und Verfassung schuldig gemacht hätten. Für einen entsprechenden Pflichtenverstoß sei eine Mitgliedschaft in der jeweiligen Vereinigung nicht erforderlich. Der Beklagte sei durch Verwendung von Aliaspersonalien konspirativ vorgegangen.

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Die vom Beklagten gehaltenen Vorträge seien vor einem zahlenmäßig nicht bekannten Publikum und damit unkontrolliert verbreitet worden, auch Nichtmitglieder hätten die Vorträge in der AG besuchen können. Im AO seien Skripte des Vortrags des Beklagten an Interessierte weitergegeben worden. Gegenstand der Vorträge sei die diffamierende Herabsetzung und Abwertung von Personengruppen. Es könne nicht mehr von einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema im politischen Meinungskampf gesprochen werden.

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Zugleich habe der Beklagte durch das beschriebene Verhalten gegen die aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG folgende Verpflichtung, innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert, verstoßen. Die Pflichtverletzungen des Beklagten seien in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen in bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen. Seine Pflichtverstöße seien als außerdienstlich zu charakterisieren, zugleich stellten sie sich als innerdienstliches Dienstvergehen dar, da ein Polizeibeamter im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in eine dem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat verpflichtete Beamtenschaft gehalten sei, sein Verhalten so auszurichten, dass auch ein öffentliches außerdienstliches Handeln nicht den Anschein der fehlenden Verfassungstreue vermittle.

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Sein vorsätzliches Verhalten zeige sich vor allem daran, dass er trotz des Personalgesprächs im Jahr 2008, in denen er auf seine Mitarbeit im AO und der AG angesprochen und ihm deutlich gemacht worden sei, Kontakte zu Personen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen, seinen Pflichten als Polizeibeamter entgegen stünden, er seine Betätigung fortgesetzt habe. Das Fehlverhalten des Beklagten wiege derart schwer, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in eine zukünftig pflichtgemäße Dienstleistung als Polizeivollzugsbeamter endgültig zerstört sei.

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Die Klägerin beantragt,

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dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen, hilfsweise auf eine mildere als die beantragte Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

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Zur Begründung führt er insbesondere aus, dass seinem Prozessbevollmächtigten mit der Gewährung der Einsichtnahme in den Diensträumen der Bundespolizei in Nürnberg nur ungenügend Akteneinsicht gewährt worden sei. Eine Zuordnung der im Rahmen der Durchsuchung seiner Wohnung sichergestellten Beweismittel zu seiner Person sei nicht möglich, da er die Wohnung zusammen mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern bewohnt habe. Der handschriftliche Brief des Schaub enthalte lediglich die Anregung, Flugblätter zu verteilen, was augenscheinlich nicht umgesetzt worden sei. In dem Strafverfahren in Bezug auf den Vorwurf der Volksverhetzung sei er dementsprechend freigesprochen worden. An einem Treffen des „Bundes Freies Europa“ im Januar 2010 habe er nicht teilgenommen, er sei insoweit lediglich eingeladen worden. Er habe lediglich an einem einzigen Führungskräftefindungstreffen der EA in Kressbronn in der Wohnung des W teilgenommen. Dem ihm dort angetragenen Wunsch, ihn als „Sicherheitsmann“ zu gewinnen, habe er nicht entsprochen. Lediglich in der Buchwidmung habe sich ein Kontakt zu Schaub manifestiert, darüber hinausgehende Kontakte mit Führungspersonen der EA, insbesondere mit H und He, habe es nicht gegeben. Ein ihm zugesandtes Verschlüsselungsprogramm habe er nicht verwendet. Er habe an keinen „Führungstreffen“ der EA teilgenommen. Ein Buch des Schaub habe nicht er, sondern seine Frau lektoriert. In der AG sei er lediglich Gast und somit kein Mitglied gewesen. Als priesterlicher Gode sei er frei und nicht an Organisationen gebunden. Krisenvorsorge und das bloße Zusammenleben von Menschen mit gleichen Interessen taste die Verfassungsordnung in keiner Weise an. Seinen letzten Vortrag bei der AG habe er im Jahr 2007 gehalten. Den Vortrag zu den fünf europäischen Hauptrassen habe er im Jahr 2005 als junges Mitglied beim AO nach Vorgaben dessen Leiters Sch gehalten. Es sei nicht mehr nachvollziehbar, inwieweit er sich an das Manuskript gehalten habe. Ohnehin seien sämtliche Vorträge von ihm gelöscht worden. Der Vortrag lehne sich überdies nicht an nationalsozialistischem Gedankengut an, vielmehr habe sich Letzteres an den viel älteren religiösen Überlegungen orientiert. Für die Inhalte der Leitbriefe der AO sei er nicht verantwortlich. Er teile nicht alle darin geäußerten Auffassungen, letztlich habe er sich Ende 2011 mit dem Leiter des AO, Sch, überworfen. Er sei bereits 2007 aus dem AO ausgetreten, die anschließenden Kontakte zum AO hätten ausschließlich auf seinem Interesse am Tafelrundensystem beruht. Eine Veranstaltung des Thule-Seminars habe er nie besucht.

27

Auch ein Beamter dürfe sich für alles Mögliche interessieren und sich ein persönliches Bild von verschiedenen Organisationen machen, er habe sein Interesse insbesondere für die EA jedoch wieder aufgegeben. Allenfalls könne man ihm vorwerfen, dass er sich unbedarft einer solchen Vereinigung genähert habe. In einem Gespräch mit dem Geheimschutzbeauftragten in der Direktion Bundesbereitschaftspolizei, Herrn RAR B, seien ihm Besuche religiöser Veranstaltungen von Organisationen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, in eigener Entscheidung anheimgestellt worden. Die Zulegung von Pseudonymen sei lediglich vor dem Hintergrund seines Lebensstils aufgrund der heidnisch-naturreligiösen Bezüge entsprungen als auch vor dem Hintergrund eines Romanprojekts. Eine mögliche Verbreitung seiner Vorträge durch den Sch sei ohne sein Wissen und seine Billigung erfolgt, sodass ihm diese nicht zuzurechnen sei.

28

Die Klägerin habe seine Gesamtpersönlichkeit nicht ausreichend gewürdigt, er habe sich im Dienst stets tadellos verhalten und seine philosophisch-religiösen Ansichten nicht in den Dienst getragen. Darüber hinaus seien die belastenden Umstände der Hausdurchsuchung sowie die öffentliche Presseberichterstattung zu würdigen.

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Ergänzend führt er im Wesentlichen aus, sein Verhalten sei lediglich religiös begründet, politische Erwägungen hätten keine Rolle für ihn gespielt. Gemeinschaften habe er lediglich besucht, um z.B. seine Idee der Tafelrunde einzubringen, für seinen Roman zu recherchieren, um Brauchtum zu pflegen. Es sei einseitig gegen ihn ermittelt worden, dies habe sich auch in den konkreten Durchsuchungsmaßnahmen gezeigt. Die Veranstaltungen der AG hätten in einem geschlossenen Rahmen mit durchschnittlich 100 bis 200 Gästen stattgefunden. Nur ein kleiner Teil der Zuhörer habe gewusst, dass er Bundespolizist war. Auch beim AO seien höchstens 30 bis 40 Gäste anwesend gewesen, die sich in einem geschlossenen Rahmen getroffen hätten. Zahlreiche Verfehlungen seien ohnehin nach § 15 BDG verjährt, insbesondere betreffe dies seine Vorträge. Er wende sich nicht gegen andere Rassen, sondern möchte seine Kultur und Religion nicht dem Untergang preisgeben. Man könne nicht verheimlichen, Polizeibeamter zu sein.

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Mit Beschluss vom 24.01.2018 (AZ.: M 19B DK 15.5921) hat sich das von der Klägerin angerufene Bayerische Verwaltungsgericht München für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Greifswald verwiesen.

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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Klägerin sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 30.10.2019 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die gemäß § 52 Abs. 1 Bundesdisziplinargesetz (BDG) zulässige Disziplinarklage ist begründet. Als erforderliche Disziplinarmaßnahme ist auf Aberkennung des Ruhegehalts (§ 60 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 12 BDG) zu erkennen, weil der Beamte ein schweres Dienstvergehen begangen und das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Dienst zu entfernen gewesen wäre, wenn er sich noch im aktiven Dienst befunden hätte.

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1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf.

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Insbesondere wurde dem Beklagten rechtliches Gehör in Form der Akteneinsicht eingeräumt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör findet seine Rechtsgrundlage in § 3 BDG i.V.m. § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Hinsichtlich des Disziplinarverfahrens wird dieser Anspruch durch die Vorschrift des § 30 i.V.m. § 20 BDG konkretisiert. Unter anderem ist danach nach Beendigung der Ermittlungen dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich abschließend zu äußern. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst zugleich auch das Akteneinsichtsrecht, da die Behörde eine Hinweis- und Informationspflicht trifft. Ein Betroffener kann sich nicht zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen äußern, sofern diese ihm nicht bekannt sind (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 18. Aufl. 2017, § 28 Rn. 15). Hierfür sieht § 29 VwVfG ein Akteneinsichtsrecht der Beteiligten vor.

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Hingegen besteht kein uneingeschränkter Anspruch des Betroffenen auf Zusendung der Verwaltungsvorgänge, vielmehr entscheidet die Behörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens über die Art und Weise der Akteneinsicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 18. Aufl. 2017, § 29 Rn. 41). Die Entscheidung der Klägerin, die Akten nicht zu übersenden, sondern ausschließlich eine Einsichtnahme in Behördenräumen mit der Möglichkeit der Erstellung von Kopien gegen Erstattung der üblichen Vergütungssätze zu ermöglichen, ist nicht in entscheidungserheblicher Weise zu beanstanden. Insbesondere vor dem Hintergrund des nicht unerheblichen Umfangs der Verwaltungsvorgänge samt Asservaten, die auch nicht explizit durch das Akteneinsichtsgesuch vom 18.09.2014 ausgenommen wurden (Bl. 289 d.BA Band 2), sind keine Ermessensfehler hinsichtlich dieses Behördenverhaltens ersichtlich. Eine Beschränkung des Akteneinsichtsrechts auf nur bestimmte Verfahrensbestandteile erfolgte durch die Klägerin nicht (Bl. 290 d.BA Band 2), eine vollumfängliche Kenntnisnahme wurde dadurch nicht ausgeschlossen.

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2. Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen die so genannte politische Treuepflicht nach § 60 Abs. 1 Satz 3 BBG verstoßen und damit seine Dienstpflichten verletzt. Nach dieser Vorschrift müssen sich Beamtinnen und Beamte durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Der Beklagte hat durch den im Disziplinarverfahren nachgewiesenen Verstoß gegen die politische Treuepflicht vorsätzlich und schuldhaft ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG begangen. Die Pflicht zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung ist unteilbar und nicht auf den dienstlichen Raum beschränkt (BayVGH, Urt. v. 28.11.2001 – 16 D 00.2077 –, juris, Rn. 155; VG Ansbach, Urt. v. 29.11.2018 – AN 13a D 18.00600 –, juris, Rn. 253).

37

Die Treuepflicht gebietet, den Staat und seine geltende Verfassungsordnung, auch soweit sie im Wege einer Verfassungsänderung veränderbar ist, zu bejahen und dies nicht bloß verbal, sondern insbesondere in der beruflichen Tätigkeit dadurch, dass der Beamte die bestehenden verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften beachtet und erfüllt und sein Amt aus dem Geist dieser Vorschriften heraus führt. Die politische Treuepflicht fordert mehr als eine nur formal korrekte, im Übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, dass er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Vom Beamten wird erwartet, dass er diesen Staat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkennt und anerkennt, für den einzutreten sich lohnt. Politische Treuepflicht bewährt sich in Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen, in denen der Staat darauf angewiesen ist, dass der Beamte Partei für ihn ergreift (BVerfG, Beschl. v. 06.05.2008 – 2 BvR 337/08 –, juris, Rn. 17; Beschl. v. 22.05.1975 – 2 BvL 13/73 –, juris, Leitsatz 2). Dies ist nicht gewährleistet, wenn ein Beamter – unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Bewegung – die Geltung des Grundgesetzes und die verfassungsmäßigen Strukturen der Bundesrepublik Deutschland in Frage stellt (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 22.03.2017 – 3d 296/17.O –, juris; OVG Magdeburg, Beschl. v. 21.05.2015 – 10 M 4/15 u.a. –, juris; VG Ansbach, Urt. v. 29.11.2018 – AN 13a D 18.00600 –, juris, Rn. 250-253 m.w.N.)

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Mit der politischen Treuepflicht, die zu den von Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG) garantierten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt, ist nicht eine Verpflichtung gemeint, sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Regierung zu identifizieren. Gemeint ist vielmehr die Pflicht zur Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dem der Beamte dienen soll, mit der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren. Dies schließt nicht aus, an Erscheinungen dieses Staates Kritik üben zu dürfen, für Änderungen der bestehenden Verhältnisse – innerhalb des Rahmens der Verfassung und mit den verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln – eintreten zu können, solange in diesem Gewand nicht eben dieser Staat und seine verfassungsmäßige Grundlage in Frage gestellt werden. Unverzichtbar ist, dass der Beamte den Staat und die geltende verfassungsrechtliche Ordnung bejaht, sie als schützenswert anerkennt, in diesem Sinne sich zu ihnen bekennt und aktiv für sie eintritt. Der Beamte, der dies tut, genügt seiner Treuepflicht und kann von diesem Boden aus auch Kritik äußern und Bestrebungen nach Änderungen der bestehenden Verhältnisse – im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung und auf verfassungsmäßigen Wegen – unterstützen (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 20.05.2015 – 2 A 853/14 –, juris, Rn. 31 f. m.w.N.)

39

Unter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes ist eine Ordnung zu verstehen, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den Grundprinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortung der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung der Opposition (Zängl, in: GKÖD, Stand 12/14, Bd. I § 7 BBG, Rn. 13 m.w.N. z. Rspr. d. BVerfG; VG Greifswald, Urt. v. 20.05.2015 – 2 A 853/14 –, juris, Rn. 30).

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Diesen Vorgaben genügt der Beklagte nicht.

41

Der Beamte hat gegen seine Verpflichtung verstoßen, sich eindeutig von Aktivitäten zu distanzieren, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Dabei ist nach dem Vorstehenden nicht von entscheidender Bedeutung, ob der Beklagte offizielles Mitglied in den Organisationen wie der „Europäischen Aktion“ oder der „Artgemeinschaft“ war, die gerade auf die Beseitigung dieser Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes hinarbeiten, um sie durch eine rassistische, nationalistische und führerorientierte und damit antidemokratische Grundordnung zu ersetzen (vgl. den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. April 2014 – 16b DC 12.2380 –, Bl. 194 ff. d.BA Band 2a, zugleich juris, Rn. 8, mit dem die Beschwerde des Beklagten in Bezug auf die Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen zurückgewiesen wurde). Ebenso kann für die Annahme eines Verstoßes gegen die Verfassungstreuepflicht dahinstehen, ob die Handlungen des Beklagten für sich genommen strafrechtlich zu beanstanden sind oder einen unmittelbaren Bezug zum Nationalsozialismus aufweisen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.05.2008 – 2 BvR 337/08 –, juris, Rn. 31 und 34; BVerwG, Urt. v. 17.11.2017 – 2 C 25/17 –, juris, Rn. 84). Ausschlaggebend ist vielmehr, dass er durch aktives Tun nicht nur eine Distanzierung vermissen ließ, sondern vielmehr selbst die freiheitliche demokratische Grundordnung missachtende Gedanken zum Ausdruck brachte.

42

Dies zeigt sich in besonderer Weise in seinen im Tatbestand dargestellten Vorträgen, die er bei der AG und dem AO hielt. Zur vollen Überzeugung der Kammer ist erwiesen, dass dem Beklagten die Vorträge und die darin enthaltenen Aussagen zuzurechnen sind. Der Beklagte selbst räumt in seiner Klageerwiderung nicht nur allgemein ein, Vorträge in jenen Gruppierungen gehalten zu haben, sondern nimmt auch Bezug auf die konkreten, in der Klageschrift benannten Vorträge. Die Vorträge seien seiner Meinung nach glücklicherweise verjährt (Bl. 229 Bd. I d.A.), überdies habe er sich weiterentwickelt und mittlerweile eine andere Sichtweise und würde das so nicht mehr schreiben oder äußern (Bl. 193 Bd. I d.A. in Bezug auf den Vortrag 1). Die Vorträge wurden im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen auf dem Rechner des Beklagten (ggf. nach digitaler Wiederherstellung, Vorträge 1 und 2) bzw. in Papierform (Einführungsvortrag im AO, Asservat 4.1.6 OG, BA Band 3) sichergestellt. Der Beklagte führt in einem Brief an seine jetzige Ehefrau aus, den Vortrag „Die genetischen Grundlagen Europas“ bei der AG aufgrund der an ihn herangetragenen Anfrage halten zu wollen (Bl. 33 Bd. I d.A., Asservat 1.5.32 EG, BA Band 3). Darüber hinaus übersandte der Leiter des AO, Adolf Sch, ein Manuskript des Vortrags „Zeugungswunsch, Zeugungswille, Zeugungsakt in der Göttermorgendämmerung“ (Vortrag 2), den der Beklagte ihm im Anschluss an den Vortrag zur Verfügung gestellt habe.

43

In den Vorträgen, wie sie im Tatbestand skizziert werden, vermittelt der Beklagte eine Rassenlehre, die mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist. Die von ihm ausgeführte Überlegenheit der nordischen Rasse gegenüber anderen Rassen bzw. gegenüber Mischrassen bringt eine Minderwertigkeit bestimmter Personen bzw. Personengruppen zum Ausdruck, die mit dem grundlegenden Gedanken des Grundgesetzes, der Menschenwürde, nicht vereinbar ist. Menschen nach ihrem äußeren Erscheinungsbild und ihrer Herkunft zu gruppieren und daraus Rückschlüsse auf ihre Eigenschaften und ihren Wert zu ziehen, ist mit dem verfassungsrechtlich verbrieften Achtungsanspruch gegenüber jedem allein kraft seines Menschseins nicht zu vereinbaren. Vielmehr werden vermeintlich andersartige Menschen zum bloßen Objekt herabgewürdigt, deren Vermehrung verhindert werden soll bzw. die Mehrung des „nordischen Blutes“ an erster Stelle stehe. Die fehlende Verfassungstreue wird dadurch unterstrichen, dass der Beklagte dies nicht auf der Grundlage rechtsstaatlicher und demokratischer Prinzipien durchzusetzen propagiert, sondern vielmehr eine neue Gesellschaftsordnung installieren will, die es im Wege der Selbsthilfe zu erkämpfen gelte, um so ein vermeintliches Recht der nordischen Art durchzusetzen, das über jedem anderen Recht und damit über dem Grundgesetz stehe. Ein Beamter ist verpflichtet, bereits dem Anschein einer Wiederbelebung nationalsozialistischer Tendenzen entgegenzutreten und hat den Gebrauch entsprechend assoziierungsgeeigneter Symbole und Verhaltensweisen zu unterlassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.05.2009 – 2 BvR 2202/08 –, juris, Rn. 13 und 17; BVerwG, Urt. v. 17.11.2017 – 2 C 25/17 –, juris, Rn. 86).

44

Der Versuch des Beklagten, die Sachlage nunmehr so darzustellen, dass er lediglich andere Sichtweisen übernommen und vermittelt habe, überzeugt nicht, kann jedoch dahinstehen. Denn durch die Weitergabe jener Aussagen hat sich der Beklagte diese zu Eigen gemacht. Die Vermittlung der verfassungsablehnenden Aussagen basierte auf seinem freien Entschluss. Ein Beamter verletzt seine politische Treuepflicht auch dann, wenn er eine gegebenenfalls von einem Dritten verfasste Abhandlung mit deutlich erkennbarem verfassungswidrigen Inhalt verbreitet und dadurch den Eindruck erweckt, er identifiziere sich mit dem Inhalt der Abhandlung (BVerwG, Urt. v. 16.06.1999 – 1 D 74/98 –, juris, Rn. 42 ff.).

45

Entgegen den Ausführungen des Beklagten ist daneben allenfalls von untergeordneter Bedeutung, welche Gedanken, die mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Einklang zu bringen sind, er darüber hinaus vertritt oder in den benannten Gruppierungen vorzufinden sind. Entscheidend für den hiesigen Streitfall sind allein die benannten Äußerungen, die mit den an einen Beamten zu stellenden Dienstpflichten nicht zu vereinbaren sind. Eine bloße Religionsausübung nach Art. 4 Abs. 1 GG ist verfassungsrechtlich gewährleistet, findet aber wie jedes Grundrecht seine verfassungsrechtlichen Grenzen nach dem Prinzip der praktischen Konkordanz dort, wo andere Verfassungsrechte Geltung erlangen. So wird eine fehlende Verfassungstreue entsprechend den obigen Ausführungen beispielsweise in dem – vom Beklagten religiös begründeten – Enttaufungsritual deutlich, wenn in ihm ein Recht auf Lebensraum der weißen Naturvölker gegenüber den Verneblern der göttlichen Naturordnung ausgeführt und dem Rassenmischling Unheil attestiert wird, der den heilen Arier hasse, ihm sein Glück missgönne und ihn sich mit tausend Listen und argen Ränken untertan zu machen versuche (Bl. 124, 127R d.BA Band 4).

46

3. Die Handlungen des Beklagten sind nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Dienstvergehens, der sich aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG ergibt, einheitlich zu würdigen. Das festgestellte einheitliche innerdienstliche Dienstvergehen würde beim Beklagten zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen, was zur Aberkennung des Ruhegehalts gemäß § 12 Abs. 1 BDG führt.

47

Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht gemäß § 13 Abs. 1 BDG nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat. Nach § 13 Abs. 2 BDG ist ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (BVerwG, Urt. v. 29.05.2008 – 2 C 59/07 –, juris, Rn. 16 und Urt. v. 03.05.2007 – 2 C 9/06 –, juris, Rn. 16). Für die Feststellung eines schweren Dienstvergehens, das den endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn zur Folge hat, bedarf es der Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten. Wenn aufgrund dieser der Schluss zu ziehen ist, dass der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, ist das Beamtenverhältnis zu beenden (BVerwG, Urt. v. 29.05.2008, a.a.O., Rn. 18).

48

Maßgebliches Kriterium der Zumessung ist zunächst die Schwere des Dienstvergehens. Diese ist zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, nach Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale) zu bewerten. Zum anderen sind für die Bewertung die Form und das Gewicht des Verschuldens und die Beweggründe des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) heranzuziehen. Weiter sind die unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich oder für Dritte in den Blick zu nehmen (BVerwG, Urt. v. 29.05.2008 – 2 C 59/07 –, juris, Rn. 13; Urt. v. 03.05.2007 – 2 C 9/06 –, juris, Rn. 13). Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urt. v. 20.10.2005 – 2 C 12.04 –, BVerwGE 124, 252; VG Ansbach, Urt. v. 29.11.2018 – AN 13a D 18.00600 –, juris, Rn. 256).

49

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (BVerwG, Urt. v. 03.05.2007 – 2 C 9/06 –, juris, Rn. 14).

50

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, Urt. v. 03.05.2007 – 2 C 9/06 –, juris, Rn. 15).

51

Die Anwendung dieser Grundsätze führt vorliegend zu folgendem Ergebnis:

52

Die politische Treuepflicht steht an der Spitze der beamtenrechtlichen Pflichten und hat Verfassungsrang, ihre schuldhafte Verletzung wiegt besonders schwer. Der Verstoß im Kernbereich der Amtspflichten ist geeignet, im innerdienstlichen Verhältnis zur Anstellungsbehörde das diensterforderliche Vertrauensverhältnis zu zerstören und nach außen das Ansehen seiner Verwaltung schwerwiegend zu beeinträchtigen (Hummel / Köhler / Mayer / Baunack, BDG, Kommentar, 6. Aufl., S. 161).

53

Die mit der Verfassung nicht zu vereinbarenden Anschauungen des Beklagten haben sich nach außen manifestiert. Der Beklagte verbreitete sie durch das Halten der Vorträge, wodurch ihr Aussagegehalt das "forum internum" verließ (BVerwG, Urt. v. 17.11.2017 – 2 C 25/17 –, juris, Rn. 25). Die Einstellung verblieb nicht ausschließlich im Verborgenen, auch wenn der genaue Umfang der Öffentlichkeitswirksamkeit der Aussagen zwischen den Beteiligten im Streit steht. Die Veranstaltungen mit entweder 30 bis 40 bzw. 100 bis 200 Zuhörern, wie vom Beklagten selbst ausgeführt (Bl. 198 Bd. I d.A.), mögen zwar für sich gesehen einen geschlossenen Rahmen gebildet haben, dennoch ist die jeweilige Personenzahl nicht mehr so gering, dass von einer rein privaten Veranstaltung gesprochen werden kann. Darüber hinaus waren teilweise auch Gäste zu den Veranstaltungen zugelassen. Da es in der Natur der Sache begründet ist, dass verfassungsgegenläufige Ansichten und Ziele (zunächst) nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen, kann dem Kriterium des Umfangs der öffentlichen Verbreitung ohnehin nicht alleinentscheidende Bedeutung zukommen. Vielmehr setzt ein Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht weder ein öffentlich sichtbares noch ein strafbares Verhalten des Beamten voraus. Entscheidungsmaßstab für die Frage, in welchem Umfang der Dienstherr und die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, ist die Annahme, dass das Dienstvergehen einschließlich aller be- und entlastenden Umstände bekannt würde. Für die danach gebotene objektive Bewertung der Vertrauensbeeinträchtigung ist es unerheblich, inwieweit das Dienstvergehen im konkreten Einzelfall in der Öffentlichkeit tatsächlich bekannt geworden und inwieweit hierüber berichtet worden ist (BVerwG, Urt. v. 17.11.2017 – 2 C 25/17 –, juris, Leitsatz 3 und Rn. 28 m.w.N.). Dem Vertrauen des Dienstherrn im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG kommt insoweit ausschlaggebendes Gewicht zu. Dieser muss sich auf die Verfassungstreue des Beamten vollumfänglich verlassen können, um seine Aufgabenwahrnehmung gewährleisten zu können. Mit Beamten, die in unzulässiger Weise auf den Sturz der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland hinarbeiten oder sonst wie durch ihr Verhalten die tragenden Verfassungsgrundsätze des Grundgesetzes verneinen, darf sich eine rechtsstaatliche Verwaltung nicht identifizieren (Hummel / Köhler / Mayer / Baunack, BDG, Kommentar, 6. Aufl., S. 161).

54

Der Beklagte handelte vorsätzlich und schuldhaft. Anhaltspunkte dafür, dass er die Verfassungswidrigkeit seiner Äußerungen nicht erkannt und die Weitergabe jener Gedanken nicht gewollt habe, oder sich im Zeitpunkt der Verbreitung derselben im Irrtum befunden hätte, sind nicht ersichtlich. Selbst für den Fall, dass die schriftliche Weitergabe seines Vortrags durch den Leiter des AO ohne sein Einverständnis erfolgt wäre, wie der Beklagte nicht weiter substantiiert vorträgt, kann dies das für möglich gehaltene und gebilligte In Kauf nehmen der Weitergabe des Manuskripts und damit jedenfalls einen bedingten Vorsatz nicht vollends ausschließen. Ohnehin betrifft dieser Gesichtspunkt lediglich den Aspekt des Umfangs der Verbreitung der Aussagen des Beklagten, nicht jedoch den vorgelagerten Aspekt der Äußerung derselben an sich. Der Beklagte kann sich auch nicht dadurch exkulpieren, dass ihm der Geheimschutzbeauftragte in der Direktion der Bundesbereitschaftspolizei, Herr RAR B, im Gespräch im Jahr 2008 freigestellt habe, religiöse Veranstaltungen der vom Verfassungsschutz beobachteten Organisationen bzw. der AG und der AO zu besuchen, er wisse nicht, was dagegen spreche (Bl. 155, 156, 172 Bd. I d.A.). Dies als wahr unterstellt, wird der Beklagte aus seiner Eigenverantwortung dadurch jedoch nicht entlassen. Zumal dem Sicherheitsbeauftragten der Bundespolizei in jenem Zeitpunkt die vorangegangenen Vortragstätigkeiten des Beklagten, die konkreten zukünftigen Tätigkeiten in den Gruppierungen, insbesondere die zukünftigen Tätigkeiten bzw. Kontakte auch zur EA, noch nicht bekannt gewesen sein konnten. Ebenso verhält es sich mit dem Inhalt des Personalgesprächs im November 2008. Auch in diesem waren insbesondere die skizzierten Vortragstätigkeiten des Beklagten nicht bekannt, so dass auf diese denklogisch noch nicht eingegangen werden konnte, geschweige denn diese durch den Dienstherrn hätten (stillschweigend) gebilligt werden können.

55

Vor diesem Hintergrund sind die Anschauungen des Beklagten auch nicht zwischenzeitlich dadurch unbeachtlich geworden, dass er sich im Weiteren nicht mehr an der pflichtwidrigen, verfassungsgegnerischen Betätigung der Gruppierungen festhalten lassen wollte. Ein nach außen sichtbares Abrücken von deren Zielsetzungen (vgl. Hummel / Köhler / Mayer / Baunack, BDG, Kommentar, 6. Aufl., S. 161 m.w.N.) ist nicht vorgetragen und auch im Übrigen nicht ersichtlich. Als Beamter trifft ihn die besondere Treuepflicht, schon jedem Verdacht verfassungswidrigen Gedankenguts entgegenzuwirken, dies umso mehr, wenn solches vom Beamten zuvor ausdrücklich propagiert wurde. Ein bloßes Unterlassen jener Äußerungen ist für eine hinreichende Distanzierung nicht ausreichend. Dementsprechend hat es keinen entscheidenden Wert, wenn sich der Beklagte im Anschluss an das genannte Personalgespräch, in dem ihm verdeutlicht wurde, dass der Kontakt zu Personen, die die freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnen, im krassen Widerspruch zu seinen Pflichten als Polizeibeamter stehe, von jeglichem Kontakt zu Jürgen Rieger losgesagt haben will und als Beleg hierfür ein an diesen adressiertes Anschreiben vom 26.11.2008 einreicht, in dem er u.a. um jegliche Kontaktvermeidung bittet, da jeder Kontakt zwischen ihnen mit dienstlichen Nachteilen für ihn verbunden sein könne (Bl. 108, 110 d.BA Band 1).

56

Ohnehin hielt der Beklagte in den Folgejahren auch nach eigener Aussage den Kontakt zu den Organisationen aufrecht. So habe er seit Anfang 2012 mit der EA abgeschlossen (Bl. 201 Bd. I d.A.), Besuche derselben hätten ihm zur Arbeit an seinem Roman und zur Verbreitung seiner Idee einer Tafelrunde gedient (Bl. 192 Bd. I d.A.), auch die weiteren Kontakte zur AO hätten ausschließlich auf seinem Interesse an einem Tafelrundensystem beruht (Bl. 172 Bd. I d.A.), ähnlich habe es sich auch mit den Besuchen der AG verhalten (Bl. 192 Bd. I d.A.). Trotz eines möglichen, als wahr unterstellten Austritts aus dem AO im Jahr 2007 hat er den Kontakt zu diesem nicht nur aufrechterhalten, sondern wollte diesen aktiv prägen und mitgestalten. Dies wird aus einem von ihm verfassten Brief vom 13.12.2011 an Adolf Sch deutlich (Bl. 135, 136 d.BA Band 4). In diesem führt er sinngemäß aus, dass er die Leitung des AO mitbestimmen möchte, den AO seit 15 Jahren kenne. Er erwähnt die Leitbriefe des AO, über die er neben Vortragskassetten, Büchern und Lehrgängen von Sigrun Sch Weistum erhalten habe; Letztere sei die Mutter des AO und damit seine Mutter. Im Jahr 2011 überwies er insgesamt 357,10 € für Unterlagen/Veranstaltungen des AO (Bl. 42, 43 Bd. I d.A.). Aus diesen Anhaltspunkten wird deutlich, dass sich der Beklagte nicht nur durch förmliche Teilhabe und förmliche Erfassung als Gast auszeichnete, sondern ihm ein aktives Mitgestalten vorschwebte, ohne dass sich die Leitung des AO in der Person des Sch geändert hatte, von dem er nach eigener Aussage die Grundlage für seine Vorträge im AO übernommen hatte (Bl. 152, 211 Bd. I d.A.). Sich solchen Tendenzen bewusst anzunähern, unter bewusster Ausklammerung des Aussagegehalts jener Gruppierungen und der Nähe zu den Führungspersonen jener Organisationen, mit dem Hinweis, dass er nicht jede ihrer Sichtweisen teile (z.B. Bl. 192, 234) kann keine hinreichende Distanzierung belegen. Zumal es sich nicht um einmalige, vereinzelte Kontakte handelte, sondern eine mehrjährige Zusammenarbeit auch nach dem Vortrag des Beklagten vorlag. Dies zeigt sich insbesondere auch an den beim Beklagten sichergestellten Leitbriefen des AO (Asservat 4.1.6 OG, BA Band 3), die dieser trotz ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßenden Aussagen weiter aufbewahrte. Überdies wird die fehlende Lossagung auch an den Kontakten zu Führungspersonen der Gruppierungen deutlich. So nahm der Beklagte an Treffen mit Führungspersonen der EA teil (vgl. Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 19.05.2014, Bl. 236-238 d.BA Band 2), er selbst räumt ein, an einer von ihm so benannten Informationsveranstaltung in Bregenz (am 12./13.03.2011) und an einem Führungskräftefindungstreffen der EA in Kressbronn (am 10.03.2012) teilgenommen zu haben (Bl. 148, 202, 203 Bd. I d.A.). Eine mögliche Löschung der digitalisierten Vortragsmanuskripte durch den Beklagten, mit der Folge, dass die Klägerin jene Dateien auf den sichergestellten Festplatten zunächst wiederherstellen musste, ist ebenso wenig zwingend als Abkehr vom Vortragsinhalt zu werten. Das kann im Ergebnis dahinstehen, denn eine proaktive, glaubhafte Distanzierung von den gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßenden Aussagen ist nach dem Vorstehenden nicht zu erkennen. Den selbstgesetzten Anschein der fehlenden Verfassungstreue hat der Beklagte nicht glaubhaft widerlegt, vielmehr erscheinen seine Aussagen in der mündlichen Verhandlung, er wisse nicht mehr, was er in den Vorträgen und mit welcher – ggf. auf Ironie hindeutenden – Betonung er dies gesagt habe, lediglich als Versuch der Rechtfertigung, eine glaubhafte Lossagung liegt dem jedoch nicht zu Grunde.

57

Entgegen dem Vortrag des Beklagten sind die Dienstpflichtverletzungen nicht verjährt. Zwar enthält § 15 BDG ein Disziplinarmaßnahmeverbot dahingehend, dass Verfehlungen wegen Zeitablaufs unter bestimmten Voraussetzungen nicht mittels Verweis, Geldbuße, Kürzung der Dienstbezüge bzw. des Ruhegehalts und Zurückstufung geahndet werden dürfen. Die Entfernung aus dem Dienst bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts, wie vorliegend angezeigt ist, wird von den Verjährungsvorschriften jedoch nicht erfasst.

58

Im Übrigen bestehen gegen die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung und die Verwertung der sichergestellten Dokumente und Dateien keine Bedenken, insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen in den rechtskräftigen Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 26.09.2012 (AZ. M 19B DA 12.4366, Bl. 1 ff. d.BA Band 2) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 28.04.2014 (AZ. 16b DC 12.2380, Bl. 194 ff. d.BA Band 2a). Im Übrigen ist auch bei einer – unterstellten – Rechtswidrigkeit nicht ersichtlich, dass aus dieser ein Beweisverwertungsverbot folgte, nicht aus jeder Rechtsverletzung ist ein Beweisverwertungsverbot herzuleiten. Im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen (unterstellter) Rechtsverletzung des Beklagten und öffentlichem Aufklärungserfordernis würde nach dem Vorgenannten das öffentliche Interesse an der Ermittlung des Sachverhalts und disziplinarrechtlicher Ahndung überwiegen.

59

Zugunsten des Beklagten ist zwar zu berücksichtigen, dass er bisher nicht straf- und disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Hierzu ist jedoch festzuhalten, dass auch langjähriges beanstandungsfreies dienstliches Verhalten jedenfalls bei gravierenden Dienstpflichtverletzungen in aller Regel nicht durchgreifend mildernd ins Gewicht fällt (vgl. BayVGH, Urt. v. 03.05.2018 – 16a D 15.2087 –, juris, Rn. 61; VG Ansbach, Urt. v. 29.1.2018 – AN 13a D 18.00600 –, juris, Rn. 266). Entsprechendes gilt für Belobigungen und sonstige überobligatorische Erfüllung der dienstlichen Aufgaben. Diese können schon für sich genommen nicht dazu führen, eine besonders schwerwiegende dienstliche Pflichtverletzung unbeachtlich zu machen und grundlegendes Fehlverhalten aufzuwiegen. Es kommt nicht darauf an, dass die politische Überzeugung des Beklagten keinen (bekannten) Einfluss auf die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten im Übrigen hatte und es nicht zu konkreten Beanstandungen seiner Dienstausübung gekommen ist (BVerwG, Urt. v. 12.03.1986 – 1 D 103.84 –, BVerwGE 83, 158, 161). Die Treueverpflichtung des Beamten auf die Verfassungsordnung stellt ein personenbezogenes Eignungsmerkmal dar und betrifft das dienstliche wie das außerdienstliche Verhalten des Beamten gleichermaßen (BVerwG, Urt. v. 17.11.2017 – 2 C 25/17 –, juris, Rn. 85).

60

Die Aberkennung des Ruhegehalts ist schließlich auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis bzw. spiegelbildlich die Aberkennung des Ruhegehalts als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört, wie hier, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.10.2003 - 1 D 2.03 –, juris; BayVGH, Urt. v. 11.10.2017 – 16a D 15.2759 –, juris, Rn. 56; VG Ansbach, Urt. v. 29.11.2018 – AN 13a D 18.00600 –, juris, Rn. 268).

61

4. Mit der Aberkennung des Ruhegehalts verliert der Ruhestandsbeamte den Anspruch auf Versorgung einschließlich der Hinterbliebenenversorgung und die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die Titel zu führen, die im Zusammenhang mit dem früheren Amt verliehen wurden (§ 12 Abs. 1 BDG).

62

Gemäß § 12 Abs. 2 BDG erhält der Ruhestandsbeamte nach der Aberkennung des Ruhegehalts bis zur Gewährung einer Rente auf Grund einer Nachversicherung, längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten, einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 70 Prozent des Ruhegehalts, das ihm bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zusteht; eine Kürzung des Ruhegehalts nach § 38 Abs. 3 bleibt unberücksichtigt. Für abweichende Entscheidungen des Gerichts nach §§ 12 Abs. 2 Satz 2, 10 Abs. 3 Satz 2 bis 4 i.V.m. 79 Abs. 1 BDG oder Festsetzungen nach 79 Abs. 3 BDG bestand keine Veranlassung.

63

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 77 Abs. 1, 78 Abs. 1 Satz 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

64

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 BDG i.V.m. § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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