Beschluss vom Verwaltungsgericht Greifswald (2. Kammer) - 2 B 1460/20 HGW

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verfügungen des Antragsgegners vom 9. September 2020 und vom 23. September 2020 (Az.: 2 A 1459/20 HGW) wird angeordnet.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Änderung einer Wohnsitzauflage.

2

Die Antragsteller stellten allesamt Asylanträge, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ablehnte. Den Antragstellern wurde die Abschiebung in die Türkei angedroht. Für die Dauer ihres Asylverfahrens erhielten sie Aufenthaltsgestattungen, die mit einer Wohnsitzauflage versehen waren. Sie wurden dem Landkreis Vorpommern-Rügen zugewiesen. Die Antragsteller wurden verpflichtet ihren Wohnsitz in der Gemeinschaftsunterkunft 18439 Stralsund, Ummanzer Straße 2, zu nehmen. Die minderjährigen Antragsteller zu 3. bis 5. besuchen in Stralsund eine Schule.

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Mit Verfügung vom 18.8.2020 änderte der Antragsgegner mit Wirkung vom selben Tag gemäß § 60 Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) die Wohnsitzauflage der die Antragsteller betreffenden Duldung/Aufenthaltsgestattung. Zur Begründung gab er an, dass es am 14.8.2020 in der Gemeinschaftsunterkunft der Antragsteller zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen sei, dem die Antragsteller eine andere Person körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt hätten. Nachdem diese Entscheidung von den Antragstellern gerichtlich angegriffen wurde, hob der Antragsgegner diese Verfügung auf.

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Durch Verfügung vom 9.9.2020, den Antragstellern am 15.9.2020 zugestellt, änderte der Antragsgegner mit Wirkung vom selben Tag gemäß § 60 Abs. 2 AsylG erneut die Wohnsitzauflage der die Antragsteller betreffenden Duldung/Aufenthaltsgestattung. Er verfügte deren Verpflichtung, ab dem selben Tag in der Gemeinschaftsunterkunft in 18465 Triebsees, Straße der Jugend 14, zu wohnen. Zur Begründung führte er aus, gemäß Polizeiberichten der Polizeiinspektionen Stralsund hätten sich am 14.8.2020 2 Vorfälle ereignet, in denen Familienmitglieder der Familie der Antragsteller gegenüber einem anderen Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft tätlich geworden sein. In beiden Fällen sei der Angriff von Mitgliedern der Familie der Antragsteller ausgegangen. Weiter sei es am selben Tag zu einer Bedrohung eines Mitarbeiters der Malteser in Stralsund gekommen. Nach dem Zwischenfall am Abend solle der Antragsteller zu 1. zum betroffenen Mitarbeiter wörtlich „du bist der nächste“ gesagt haben. Am 8.8.2020 sei es zu einem Streit unter Kindern in der Gemeinschaftsunterkunft in Stralsund gekommen. Dabei sei ein Mädchen niedergeschlagen worden, welches dann im Krankenhaus über mehrere Tage hätte stationär behandelt werden müssen. An dieser Auseinandersetzung sei ein Kind der Familie der Antragsteller beteiligt gewesen. Durch einige Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft sei eine Unterschriftenliste angefertigt worden, in der das Verhalten der Familie der Antragsteller gerügt werde. Der Betreiber der Gemeinschaftsunterkunft habe ein Schreiben vorgelegt, aus dem deutlich hervorgehe, dass die Familie der Antragsteller die Regeln der Hausordnung nicht beachte. Mit Schreiben vom 2.9.2020 sei den Antragstellern von der Einrichtungsleitung ein Hausverbot erteilt worden.

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Die Anordnung sei ermessensfehlerfrei und auch sonst verhältnismäßig. Sie diene zunächst einem legitimen Zweck. Das Verhalten der Antragsteller stelle eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung dar, im Speziellen eine Gefahr für Gesundheit und Leben. Die Anordnung sei weiter geeignet, da sie das derzeit bestehende Konfliktpotenzial mittels räumlicher Trennung beseitige. Außerdem sei die Anordnung auch erforderlich, da ein milderes Mittel nicht ersichtlich sei. Insbesondere unter Berücksichtigung der Unterschriftenliste sei der Umzug der betroffenen Familie und nicht etwa der anderen Bewohner anzuordnen. Gleichwohl sei davon abgesehen worden, die Familieneinheit aufzulösen, da dies nicht als mildestes Mittel erscheine. Ein Umzug der gesamten Familie könne einen gewissen Erziehungscharakter haben und auf das Verhalten der Personen einwirken. Schließlich sei die Verfügung auch angemessen. Die Anordnung trage in ihrem Hauptzweck dem Schutzauftrag des Staates Rechnung. Es könne als gesichert angesehen werden, dass hier Leib und Leben anderer Personen gefährdet seien. Dabei sei berücksichtigt worden, dass eine Gefahr für die anderen Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft abzuwenden sei. Mit der erzieherischen Wirkung der Anordnung solle diesem Verhalten entgegengewirkt werden, sodass künftig nicht mehr mit Auftreten solcher Verhaltensweisen gerechnet werden müsse. Der Schutzauftrag wiege mehr als die persönlichen Interessen der Familie. Der derzeitige Hauptzweck des Aufenthalts der Antragsteller sei die Durchführung eines Asylverfahrens. Es sei bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden, dass ein Schulwechsel für die minderjährigen Kinder vorgenommen werden müsse. Es besteht jedoch kein Anspruch darauf, die Kinder in einer bestimmten Schule unterrichten zu lassen. Am künftigen Unterbringungsort sei eine Beschulung gesichert. Nach Auswertung der Stellungnahme sei erkennbar, dass es der Familie der Antragsteller schwerfalle, sich in der Einrichtung mit Menschen verschiedenster Nationen zu integrieren. Dafür würden die Beschwerden von Bewohnern der Unterkunft sprechen. Die Antragsteller hätten selbst eingeräumt, dass eine räumliche Trennung der Familie vom Mitbewohner erforderlich sei und hätten die Variante angeregt, dass ihre erwachsenen Söhne aus der Gemeinschaftsunterkunft verlegt werden sollten.

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Mit identischer Verfügung vom 23.9.2020, den Antragstellern am 15.9.2020 zugestellt, ordnete der Antragsgegner erneut den Umzug der Antragsteller ab dem selben Tag in die Gemeinschaftsunterkunft in 18465 Triebsees, Straße der Jugend 14, an.

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Mit Schreiben vom 26.8.2020 hatte der Antragsgegner die Antragsteller zur beabsichtigten Änderung der Wohnsitzauflage angehört. Die Antragsteller trugen vor, dass es vermehrt zu Belästigungen durch den Mitbewohner in der Unterkunft gekommen sei. Die Antragstellerin zu 2. hätte sich durch diesen Bewohner sehr bedrängt gefühlt, da er immer in die Gemeinschaftsküche gekommen sei, wenn sich die Antragstellerin zu 2. darin aufgehalten hätte. Die körperlichen Übergriffe am 14.8.2020 sein von diesem Mitbewohner ausgegangen. Am 8.8.2020 habe es keinerlei Streit gegeben. Von Seiten ihrer Familie seien keine Drohungen gegenüber dem Mitarbeiter der Gemeinschaftsunterkunft ausgesprochen worden. Sie hätten vermehrt in der Gemeinschaftsunterkunft darum gebeten, dass der Mitbewohner umverteilt werde. Eine Reaktion der Unterkunftsleitung sei nicht erfolgt. Sie baten darum, in ihr derzeitiges Wohnumfeld zurückkehren zu können, vorrangig aufgrund der guten Integration und dem Schulbesuch der Kinder in Stralsund. Weiter baten sie um Umverteilung ihrer volljährigen Söhne oder des Mitbewohners. Aus ihrer Sicht seien keine Gesichtspunkte erkennbar, die es rechtfertigen würden, die gesamte Familie aus ihrem bisherigen Wohnumfeld nehmen. Eine Ansprache bzw. Weisung gegenüber dem Mitbewohner würde genügen und wäre angemessen.

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Am 28.9.2020 erhoben die Antragsteller Klage (2 A 1459/20 HGW) und suchten um einstweiligen Rechtsschutz nach. Sie tragen vor, die ihnen mit der angefochtenen Verfügung gemachten Vorwürfe seien unzutreffend. Folglich gebe es keinen Grund, die Antragsteller einer anderen Unterkunft zuzuweisen. Am 8.8.2020 seien die Antragsteller zu 1. bis zu 4. mit dem Zug nach Greifswald gefahren und erst gegen 23:00 Uhr in ihre Unterkunft zurückgekehrt. Es klinge nicht glaubhaft, dass die in Stralsund verbliebenen Mitglieder der Familie – zwei Erwachsene und ein 15-jähriger junger Mann – ein Mädchen niedergeschlagen hätten.

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Die Antragstellerin zu 2. sei mehrfach von einem ebenfalls in der Unterkunft untergebrachten Bewohner belästigt worden. Er sei auf Tuchfühlung zur Antragstellerin zu 2. gegangen. Sie hätte diese als extrem belästigend empfunden. Dies habe der Antragsteller zu 1. zum Anlass genommen, sich bei der Leitung der Wohnunterkunft über den Mitbewohner zu beschweren und diesen dazu zu veranlassen, von derartigem Tun Abstand zu nehmen. Dies hätte zu keiner Verhaltensänderung geführt. Am 14.8.2020 hätten die Provokationen des Mitbewohners überhandgenommen. Er hätte die Antragstellerin zu 2. In der Küche massiv belästigt und sie mehrfach körperlich berührt. Diese hätte daraufhin ihren zweitältesten Sohn – den Antragsteller zu 7. – um Hilfe gebeten. Daraufhin hätte sich der Mitbewohner aus der Küche entfernt. Am Abend desselben Tages sei es dann zu einer Begegnung zwischen dem Mitbewohner und dem ältesten Sohn der Antragstellerin – dem Antragsteller zu 6. – gekommen. Dieser hätte den Mitbewohner zur Rede gestellt und aufgefordert, seine Mutter endlich in Ruhe zu lassen. Daraufhin hätte der Mitbewohner den Antragsteller zu 6. am Hals gewürgt. Dieser hätte sich befreien können. Danach sei ein Sicherheitsbeauftragter auf den Antragsteller zu 6. gesprungen und hätte ihn zu Boden geworfen und sich auf ihn gelegt. Da sich der Antragsteller zu 6. nicht mehr hätte bewegen können und fast keine Luft mehr bekommen hätte, habe der Mitbewohner die Gelegenheit genutzt und ihn mit den Füßen getreten. Dabei sei die Hand des Antragstellers zu 6. gebrochen worden. Gegenüber dem Zimmer des Mitbewohners sei ein Bad, wo er sich eigentlich waschen könne. Er gehe jedoch lediglich mit einer Unterhose bekleidet in die 50 m entfernt liegende Küche um dort seine Hände zu waschen zu einer Zeit, zu der in der Küche Frauen, meistens die Antragstellerin zu 2., mit dem Kochen beschäftigt seien. Nach dem Vorfall am 14.8.2020 seien sämtliche Antragsteller – ohne vorher informiert worden zu sein – in eine andere Unterkunft in A-Stadt gebracht worden. Der Mitbewohner hätte die Antragsteller auch bei anderen Gelegenheiten provoziert und sich hämisch über diese geäußert.

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Der Antragsteller zu 1. habe keinem Mitarbeiter der Unterkunft gedroht. Dies sei auch nicht möglich gewesen, da er allein türkisch spreche. Den Antragstellern sei bekannt, dass der arabische Mitarbeiter in der Unterkunft Unterschriften zu einer Rüge des Verhaltens der Familie der Antragsteller von Bewohnern verlangt habe. Mitbewohner, die unterschrieben hätten, seien vom arabische Mitarbeiter der Malteser Werke GmbH zur Unterschrift genötigt worden.

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Es entstehe der Eindruck, dem Antragsgegner sei in keiner Weise an der Aufklärung des Sachverhaltes gelegen. Er habe nach Gewährung des rechtlichen Gehörs die Zuweisungsverfügung ohne weitere Sachaufklärung wiederholt. Es könne nicht sein, dass eine ganze Familie, die niemandem etwas getan habe, der Unterkunft verwiesen werde, und ausgerechnet der, der sich weiblichen Bewohnerinnen in unzumutbarer Weise genähert hätte, ungeschoren davonkomme, und in der Unterkunft verbleiben dürfen. Der Antragsgegner scheine sich keinerlei Gedanken darüber gemacht zu haben, wie sein Verhalten in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde. Die Antragsteller hätten sich in Stralsund integriert, die Kinder gingen dort zur Schule. Der Mitbewohner sei in einer Etage der Unterkunft untergebracht, in der ansonsten allein Familien untergebracht seien. Ledige männliche Bewohner seien ansonsten in anderen Stockwerken untergebracht. Wäre der Mitbewohner der Bitte der Antragsteller entsprechend in einer anderen Etage untergebracht worden, wäre es sicher nicht zu der Auseinandersetzung am 14.8.2020 gekommen. Auf Seiten der in der Unterkunft beschäftigten Mitarbeiter bestehe eine nicht unerhebliche Aggression gegenüber den Antragstellern. Die in den Bescheid aufgenommenen Behauptungen seien falsch. Die Mitarbeiter der Unterkunft hätten in der Kreisvolksschule in Stralsund angerufen und die Familie der Antragsteller angeschwärzt. Es frage sich, warum der Antragsgegner nicht ein angemesseneres, milderes Mittel gewählt und die Mitbewohner in einer anderen Etage untergebracht habe. Soweit der Antragsgegner erkläre, die Antragsteller hätten selber die Variante angeregt, dass ihre erwachsenen Söhne aus der Gemeinschaftsunterkunft verlegt werden sollen, sei dies falsch. Dies klinge vollkommen unglaubhaft. Die Antragsteller hätten sich mühsam in Stralsund integriert und die Kinder sich in die von Ihnen besuchten Schulen eingewöhnt. Sie gingen jetzt gegen die Zuweisungsverfügung zum zweiten mal vor. In Triebsees könnten lediglich die beiden Dritt- und Fünftklässler zur Schule gehen. Eine Beschulung der anderen Kinder der Familie der Antragsteller sei dort nicht möglich. Die Antragsteller hätten ein Fahrzeug anschaffen müssen, um ihre Kinder zu den Schulen in Stralsund zu fahren. Es wäre unangemessen, die Kinder in eine neue Schule einzugliedern. Eine Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Antragsteller habe beim Antragsgegner nicht stattgefunden. Die Behauptung, es habe Probleme mit der Familie der Antragsteller gegeben, sei unsubstantiiert. Der Antragsteller zu 1. sei nicht in der Lage, einen arabisch sprechenden zu beschimpfen oder gar mit dem Tode zu bedrohen. Ob die wiedergegebene Bemerkung in das deutsche rückübersetzt worden sei, sei fraglich. Noch viel fraglicher sei, ob sie richtig ins Deutsche übersetzt worden sei. Der Antragsgegner habe vorgetragen, dass er sich mit dem Verhalten des Mitbewohners nicht auseinandergesetzt habe. Diese aber sei ein Problem. Die Behauptung, der Vortrag der Antragsteller könne durch die Protokolle des Sicherheitsdienstes und des Personals der Gemeinschaftsunterkunft widerlegt werden, müsse mit Nichtwissen bestritten werden.

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Die Antragsteller beantragen,

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die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren 2 A 1459/20 HGW gegen die Verfügungen des Antragsgegners anzuordnen.

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Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Er verweist in seinem Schriftsatz vom 26.8.2020 zur Begründung auf die Ausführungen des Bescheides vom 9.9.2020. Ergänzend trägt er vor, die Ermittlung der Gesamtsituation habe ergeben, dass in der Gemeinschaftsunterkunft unter anderem durch das Verhalten der Familie der Antragsteller immer wieder Konflikte und Auseinandersetzungen vorgekommen sein. In der Ermessensausübung seien berücksichtigt worden, dass die Antragsteller nicht nur mit dem Mitbewohner aneinandergeraten sei, so am 14.8.2020. Ebenfalls sei gewürdigt worden, dass auch durch andere Bewohner und insbesondere auch das Personal der Gemeinschaftsunterkunft geschildert worden sei, dass Probleme mit der Familie der Antragsteller bestünden. Letztlich sei es mithin milder gewesen, die Familie zu verteilen, als alle anderen Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft in andere Unterkünfte verziehen zu lassen. Weiter sei es milder, die Familie gemeinsam zu verteilen, statt diese auseinander zu reißen. Zur Darlegung, dass es eine Morddrohung durch den Antragsteller zu 1. nie gegeben haben könne, sei mitzuteilen, dass die wiedergegebene Bemerkung des Antragstellers ins deutsche rückübersetzt worden sei. Die geltend gemachten Zweifel an der Unterschriftenliste würden nicht geteilt. Das vorgeworfene Verhalten des Mitbewohners sei nicht Gegenstand der Entscheidung gewesen, da es nicht um einen Konflikt zwischen Einzelpersonen gegangen sei. Dass die Familie der Antragsteller selbst in keinem Fall in Konflikte verwickelt gewesen sei, könne durch die Protokolle des Sicherheitsdienstes und des Personals der Gemeinschaftsunterkunft widerlegt und durch polizeiliche Vorgänge belegt werden. Die Familie der Antragsteller sei nicht besonders integriert. Der Umzug eine Landkarte sei erst am 8.10.2019 erfolgt. Die Familie betreibe hier ein Asylverfahren und sei nicht im Besitz von Aufenthaltstiteln. Eine Beschulung der Kinder sei auch an den neuen Standort gesichert. Dies gelte auch, wenn dazu eine Busfahrt in Kauf genommen werden müsse.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und den Sachvorgang des Antragsgegners.

II.

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Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

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Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ganz oder teilweise anordnen. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage in den durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Hier ist die aufschiebende Wirkung der Klage durch Bundesgesetz ausgeschlossen, denn die Klage gegen Entscheidungen nach dem Asylgesetz (AsylG) hat nur in den - hier nicht einschlägigen - Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung (§ 75 Abs. 1 AsylG).

20

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat dann Erfolg, wenn im Einzelfall eine Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse der Antragsteller das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Abwägung kommt der summarischen Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids wesentliche Bedeutung zu. Ist die angegriffene Verfügung rechtmäßig, fehlt den Antragstellern grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse, vom Vollzug dieser Verfügung einstweilen verschont zu werden. Andererseits besteht kein öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist.

21

Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass es sich sowohl bei dem Bescheid vom 9.9.2020 als auch bei dem Bescheid vom 23.9.2020 jeweils um einen selbstständigen, justiziablen und der Rechtskraft zugänglichen Bescheid handelt. Bei der gebotenen objektiven Auslegung nach dem Empfängerhorizont ist diese Einschätzung des Gerichts eindeutig. Dies ergibt sich aus folgendem: Beide Bescheide enthalten einen vollständigen Verfügungssatz dergestalt, dass die Wohnsitzauflage zur Duldung der Antragsteller das eine Mal mit Wirkung vom 9.9.2020 bzw. das andere Mal mit Wirkung vom 23.9.2020 in gleicher Weise geändert wird. Dieser Verfügungssatz im Bescheid vom 23.9.2020 macht nicht klar, dass die Regelung der Verfügung vom 9.9.2020 mit Erlass des Bescheides vom 23.9.2020 nicht mehr gelten soll. Im Übrigen unterscheidet sich auch der Verfügungssatz des Bescheides vom 23.9.2019 hinsichtlich des Datums der Wirkung der Wohnsitzauflage von der Verfügung vom 9.9.2020. Von daher kann sich der Rechtsstreit hier nicht auf den Bescheid vom 23.9.2020 aus der Erwägung heraus beschränken, dass mit dem Bescheid vom 23.9.2020 konkludent der Bescheid vom 9.9.2020 aufgehoben worden ist. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde der Bescheid vom 9.9.2020 hinsichtlich seiner Wirksamkeit und damit auch hinsichtlich der Vollziehbarkeit wieder aufleben, wenn das Gericht hier nur die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 23.9.2020 anordnen würde. Aus beiden Bescheiden heraus sind die Antragsteller in gleicher Weise verpflichtet, ihren Wohnsitz anderweitig zu nehmen und ist in beiden Fällen das Datum längst abgelaufen, sodass die Wirkung der früheren Verfügung eintreten und diese vollziehbar würde, wenn die Kammer nicht umfassend die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen würde.

22

Die angefochtenen Bescheide vom 9.9.2020 und vom 23.9.2020 sind nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung offensichtlich rechtswidrig.

23

Eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung ergibt sich bereits daraus, dass der Antragsgegner die Antragsteller entgegen § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Mecklenburg-Vorpommern (VwVfG M-V) nicht ordnungsgemäß angehört hat. Danach ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Zur Anhörung gehört, dass die Beteiligten die Möglichkeit erhalten, auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens dadurch Einfluss zu nehmen, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung die im Rahmen der Anhörung abgegebenen Stellungnahmen ernsthaft in Erwägung zieht (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 21. Aufl., § 28, Rn. 12). Sie muss sich in der Begründung ihrer Entscheidung nach § 39 Absatz 1 VwVfG M-V damit auseinandersetzen, wenn sie anderer Auffassung ist (Ramsauer, a. a. O., Rn. 12). Der Anspruch der Beteiligten auf Anhörung umfasst grundsätzlich zwar kein Recht auf Erörterung der vorgebrachten Tatsachen und der von Ihnen gemachten Rechtsausführungen (Ramsauer, a. a. O., Rn. 42). Eine Notwendigkeit der Erörterung der vorgebrachten Tatsachen und Rechtsausführungen ergibt sich aber aus der Verpflichtung der Behörde zur vollständigen Ermittlung des Sachverhalts nach § 24 Abs. 1 VwVfG M-V bei nicht oder nur schwer auf erklärbaren Fragen und eines aufzuklärenden Sachverhalts (vgl. Ramsauer, a. a. O., Rn. 42).

24

Dem wird die Anhörung im vorliegenden Fall nicht gerecht. Es ist nicht erkennbar, inwieweit sich der Antragsgegner überhaupt mit dem Vorbringen der Antragsteller im Rahmen der Anhörung auseinandergesetzt hat und er die Stellungnahmen der Antragsteller überhaupt ernsthaft in Erwägung gezogen hat. In der Entscheidungsbegründung kommt dies nicht zum Ausdruck. Ganz offenbar hat der Antragsgegner entgegen § 24 Abs. 1 VwVfG M-V keine Ermittlung des Sachverhalts betrieben und nicht aufgeklärt, inwieweit das Vorbringen der Antragsteller zutreffend ist. Vielmehr hat er ganz offensichtlich auf die ihm vor Durchführung der Anhörung vorliegenden Erkenntnisse beharrt und einseitig zugrunde gelegt, was ihm von der Gemeinschaftsunterkunft berichtet worden ist. Es hätte jedoch umso mehr Anlass gegeben, weitere Ermittlungen anzustellen, da die Antragsteller Umstände vorgetragen haben, aus denen sich durchaus Zweifel daran ergeben können, dass die aus der Gemeinschaftsunterkunft mitgeteilten Umstände zutreffend sind. Auch haben die Antragsteller Zweifel an dem objektiven Inhalt der Beschwerdeunterschriftenliste vorgetragen, denen der Antragsgegner nicht weiter nachgegangen ist. Es erscheint dem Gericht nicht so fernliegend, dass Angaben arabischstämmiger Mitarbeiter der Gemeinschaftsunterkunft parteiisch sein könnten, als dass den Einwänden der Antragsteller nicht weiter nachzugehen gewesen wäre.

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Einer der Gründe des § 28 Abs. 2 oder 3 VwVfG M-V, nach denen eine Anhörung unterbleiben kann, ist nicht gegeben. Eine ordnungsgemäße Anhörung ist hier auch umso mehr erforderlich, als ein Widerspruchsverfahren ausgeschlossen ist und es der Behörde nur bei einer vorhergehenden umfassenden Anhörung möglich ist, sich mit den Argumenten des Betroffenen gegen den Erlass der Verfügung auseinanderzusetzen.

26

Dieser Verfahrensfehler ist auch nicht nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG M-V geheilt worden, wonach eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 VwVfG M-V nichtig macht, unbeachtlich ist, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Hierbei kann offenbleiben, ob eine solche Nachholung auch im Klageverfahren möglich ist oder aber im Verwaltungsverfahren erfolgen muss. In seinem Schriftsatz vom 26.8.2020 (!) gegenüber dem Gericht ist der Antragsgegner nicht auf den Vortrag der Antragsteller in der Anhörung und in diesem Gerichtsverfahren eingegangen und hat er sich nicht mit diesem auseinandergesetzt. Auch hat er weiterhin von einer Sachverhaltsermittlung und Aufklärung der Vorhalte der Antragsteller abgesehen. In diesem Sachzusammenhang vermag sich das Gericht auch nicht das Datum des Schriftsatzes des Antragsgegners zu erklären. Sofern das Datum zutreffend ist, ist der Schriftsatz am selben Tag gefertigt worden wie die Aufforderung zur Anhörung. Da es dann vor der erfolgten Anhörung der Antragsteller gefertigt worden wäre, konnte sich der Antragsgegner naturgemäß nicht mit dem Vortrag der Antragsteller auseinander setzen und ist schon deswegen eine Nachholung der Anhörung denklogisch ausgeschlossen. Sofern sich der Antragsgegner im Monat vertan haben und er das Datum des 26.9.2020 gemeint haben sollte, wäre dann der Schriftsatz war nach erfolgter Anhörung der Antragsteller erfolgt, jedoch vor Erhebung der Klage und des Eilantrages, sodass ein dementsprechender Fehler ausscheiden dürfte. Am wahrscheinlichsten erscheint dem Gericht, dass der Schriftsatz tatsächlich bereits am 26.8.2020 zu der vorhergehenden Umverteilungsverfügung vom 18.8.2020 ergangen war und der Antragsgegner diesen Schriftsatz zwar inhaltlich, aber formal an die Verfügung vom 9.9.2020 angepasst hat, dabei jedoch verabsäumt wurde, das Datum zu aktualisieren

27

Da es sich bei der Entscheidung des Antragsgegners um eine Ermessensentscheidung handelt, ist der Fehler auch nicht nach § 46 VwVfG M-V im Hauptsacheverfahren 2 A 1459/20 HGW unbeachtlich, da nicht offensichtlich ist, dass die Verletzung der Anhörungspflicht die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner unter Würdigung des Vortrages der Antragsteller und bei einer erfolgten Sachverhaltsaufklärung zu einer anderen Ermessensentscheidung gekommen wäre.

28

Der Antragsgegner hat seine Maßnahme zutreffend auf § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG gestützt. Danach kann ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), verpflichtet werden, in eine bestimmte Gemeinde, Wohnung oder Unterkunft umzuziehen.Da ein Ausländer, der um Asyl nachsucht, keinen Anspruch darauf hat, sich in einem bestimmten Land oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 AsylG), setzt die Anordnung nach ihrem Wortlaut grundsätzlich keine weiteren Gründe voraus. Allerdings sind bei der Anwendung der Vorschrift die Vorgaben des Art. 18 Abs. 6 der Richtlinie 2013/33/EU zu beachten. Danach haben die Mitgliedsstaaten und damit die für sie handelnden Ausländerbehörden dafür Sorge zu tragen, dass Antragsteller auf internationalen Schutz nur dann in eine andere Einrichtung verlegt werden, wenn dies notwendig ist. Die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung), auch Aufnahmerichtlinie genannt, hat im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gemeinsame Normen für den genannten Personenkreis eingeführt. Zweck dieser Richtlinie ist nach Art. 1 der Richtlinie die Festlegung von Normen für die Aufnahme von Antragstellern auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten. Diese EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33 hat seit Juli 2015 eine unmittelbare Rechtswirkung, da sie bis Juli 2015 nicht ins innerdeutsche Recht umgesetzt wurde, d.h. sie kann vor jedem Gericht durchgesetzt werden. Die Europäische Kommission hat gegen die deutsche Regierung wegen Nicht-Umsetzung ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet (Pressemitteilung IP/15/6276 vom 23.9.2015).

29

Es kann hier offenbleiben, ob die Vorgaben des Art. 18 Abs. 6 der Richtlinie 2013/33/EU bereits den Tatbestand von § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG einschränken oder lediglich bei der Ausübung des Ermessens zur Anwendung kommen. Da das Gesetz den Antragsgegner ermächtigt („kann“), nach seinem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Jedenfalls steht die Entscheidung nicht im Einklang mit Art. 18 Abs. 6 der Richtlinie 2013/33/EU und hat vorliegend der Antragsgegner eine Notwendigkeit im Sinne der Aufnahmerichtlinie für die Verlegung der Antragsteller in eine andere Einrichtung nicht ausreichend festgestellt. Soweit der Antragsgegner darauf abstellt, dass es in der Gemeinschaftsunterkunft immer wieder durch das Verhalten der Familie der Antragsteller zu Konflikten und Auseinandersetzungen mit Bewohnern anderer Nationalitäten gekommen sei, ist darauf hinzuweisen, dass Konflikte und Auseinandersetzungen innerhalb Angehöriger verschiedener Nationen in einer Gemeinschaftsunterkunft durchaus üblich sind. Insofern ist es unter Wahrung Vorgaben des Art. 18 Abs. 6 der Richtlinie 2013/33/EU der Organisation des Antragsgegners und des Betreibers der Gemeinschaftsunterkunft geschuldet, durch eine entsprechende Verteilung der Zimmer dafür zu sorgen, dass solche Konflikte auf ein Minimum beschränkt und reduziert werden, anstelle eine Umverteilung vorzunehmen.

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Zudem hat der Antragsgegner das ihm eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt. Insoweit hat er den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt und deswegen keinen umfassenden Sachverhalt zur Grundlage seiner Ermessensentscheidung gemacht. Auch hat er die Interessen der Antragsteller nicht hinreichend in seine Ermessenserwägungen einbezogen.

31

Insofern leidet die angefochtene Verfügung darunter, dass der Antragsgegner den Sachverhalt nicht aufgeklärt hat und er nicht dem Vortrag der Antragsteller nachgegangen ist, wonach der Konflikt nicht von ihnen sondern von einem Mitbewohner ausgegangen ist, der Antragsteller zu 1. dem Mitarbeiter der Gemeinschaftsunterkunft nicht gedroht haben könne und nicht gedroht habe, die Unterschriftenliste von Mitarbeitern der Gemeinschaftsunterkunft manipulativ herbei geführt worden sei und es am 8.8.2020 keinerlei Streit gegeben haben. Bereits hieraus folgt ein Ermessensfehler.

32

Soweit der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung ausführt, durch polizeiliche Vorgänge könne belegt werden, dass die Familie der Antragsteller selbst in keinem Fall in Konflikte verwickelt gewesen sei, spricht dies eher gegen eine Verantwortlichkeit der Antragsteller für die Konflikte in der Gemeinschaftsunterkunft und damit gegen eine Umverteilung der Antragsteller.

33

Der Antragsgegner hat auch nicht hinreichend die Belange der Antragsteller mit den anderen Bewohnern und insbesondere dem Mitbewohner, der die Antragstellerin zu 2. Nach dem Vortrag der Antragsteller belästigt haben soll, abgewogen. Ganz augenscheinlich hat der Antragsgegner gar nicht in Erwägung gezogen, anstelle der Familie der Antragsteller diesen Mitbewohner umzuverteilen oder die Familie der Antragsteller innerhalb der Gemeinschaftsunterkunft so umzuverteilen, dass möglichst keine Konflikte mit anderen Volksgruppen entstehen können oder diese minimiert werden. Der Antragsteller hat auch nicht hinreichend die Belange der Antragsteller insofern eingestellt, als sie sich hier um eine siebenköpfige Familie handelt und einige Familienmitglieder in Stralsund die Schule besuchen und sich in diese eingewöhnt haben. Insofern greift es zu kurz, darauf abzustellen, dass auch am künftigen Unterbringungsort eine Beschulung gesichert sei und es keinen Anspruch darauf gäbe, die Kinder in einer bestimmten Schule unterrichten zu lassen. Offensichtlich hat der Antragsgegner dabei die mit dem Wechsel des Aufenthaltsortes und des Schulortes einhergehenden zusätzlichen Belastungen der Antragsteller nicht mit in den Blick genommen. Auch greift es zu kurz, bei der Ermessensentscheidung nur danach zu unterscheiden, ob die Familie als Ganzes umverteilt werde oder aber nur Teile der Familie.

34

Soweit der Antragsgegner darauf abstellt, dass das vorgeworfene Verhalten des Mitbewohners nicht Gegenstand der Entscheidung gewesen sei, machte er deutlich, dass er dessen Mitverursachung, gegebenenfalls sogar wesentliche Verursachung der Konfliktes mit den Antragstellern, überhaupt nicht in seine Ermessenserwägungen mit einbezogen hat. Ausweislich der angefochtenen Verfügung war jedoch gerade der Konflikt vom 14.8.2020 Anlass, die streitgegenständliche Umverteilungsverfügung zu erlassen und den Antragstellern keinerlei weitere Frist zu setzen. Von daher hatte der Antragsgegner das Verhalten des Mitbewohners aufzuklären und in seine Ermessenserwägungen mit einzubeziehen.

35

Im Übrigen bedarf es auch eines besonderen Begründungsaufwandes, warum anstelle eines Menschen, der nach dem nicht widerlegten Vortrag der Antragsteller zumindest an dem für den Erlass der Verfügung entscheidenden Vorfall beteiligt und daher für die Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Gemeinschaftsunterkunft zumindest mitverantwortlich war, nicht dieser in eine andere Gemeinschaftsunterkunft umverteilt wird, sondern stattdessen sieben Personen, bei denen mehrere für diese Störung nicht verantwortlich und einige zudem minderjährig sind. Insofern stellt sich die Belastung der Maßnahme bei den sieben Antragstellern als gravierender da als sie sich bei dem Mitbewohner dargestellt hätte.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

37

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).

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