Urteil vom Verwaltungsgericht Halle (2. Kammer) - 2 A 197/13

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen einen Änderungsbescheid des Beklagten, mit dem er ihr nachträglich aufgibt, eine Bankbürgschaft zu leisten.

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Die Klägerin betreibt ein Duales System nach der Verpackungsverordnung. Mit Bescheid vom 07. November 2007 erteilte das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt der Klägerin auf ihren Antrag vom 05. Februar 2007 eine Feststellung gemäß § 6 Abs. 3 der Verpackungsverordnung. Wörtlich lautet die Entscheidung wie folgt:

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„1. Im Land Sachsen-Anhalt ist durch die Antragstellerin im Wege der Mitbenutzung der bislang von der Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH (DSD GmbH), der ISD INTERSEROH Dienstleistungs GmbH, der Landbell AG, der Vfw GmbH sowie der BellandVision GmbH genutzten Erfassungseinrichtungen ein System eingerichtet, das flächendeckend die regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen aus Glas, Weißblech, Kunststoffen, Aluminium, Papier, Pappe und Kartonagen sowie Verbunden beim privaten Endverbraucher oder in dessen Nähe in ausreichender Weise gewährleistet.“

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Unter Ziff. 2 enthält die Feststellung mehrere Nebenbestimmungen. Die Ziff. 2.12 lautet wie folgt:

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„Die Antragstellerin hat in den Antragsunterlagen vom 15.2.2007 eine Patronatserklärung beigebracht. Diese Bürgschaft ist unwiderruflich und unbefristet. Auf Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 Bürgerliches Gesetzbuch ist zu verzichten. Die entsprechende Verzichtserklärung ist bis zum 31.12.2007 beim Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt einzureichen. Im Sicherungsfall sind die im System befindlichen Abfälle und der A. zuzurechnenden Abfälle durch die {C.}zu entsorgen. Auf Anforderung ist die zu stellende Sicherheit in alternativer Form (z. B. Bankbürgschaft) nachzuweisen.“

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In der Begründung heißt es dazu, dass die Forderung nach der Sicherheitsleistung in Ziff. 3 Abs. 3 Nr. 7 des Anhang I (zu § 6) Verpackungsverordnung begründet sei. Weiter heißt es unter Hinweise wörtlich: „Die vorliegende Feststellung kann auch nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden, die erforderlich sind, um die beim Erlass der Feststellung vorliegenden Voraussetzungen auch während des Betriebs des Systems dauerhaft sicher zu stellen (§ 6 Abs. 3 Satz 12 VerpackV).2

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Auf Blatt 43 des Verwaltungsvorgangs befindet sich eine „Patronatserklärung im Zusammenhang mit dem Antrag der A. auf Freistellung eines Systems nach § 6 Abs. 3 VerpackV“ der {C.}aus A-Stadt vom 05. Februar 2007. Weiter heißt es dort wörtlich: „In der vorbezeichneten Angelegenheit verpflichtet sich die REMONDIS AG & Co KG, im Feststellungszeitraum dafür Sorge zu tragen, dass die A. als Tochtergesellschaft jederzeit in der Lage ist, ihre Verpflichtungen im Falle der Einstellung des Systembetriebs zu erfüllen und die Kosten der Abwicklung im Hinblick auf die Entsorgung der dann noch im System befindlichen Verpackungsabfälle, jedoch beschränkt auf den auf die A. entfallenden Verpackungsanteil, zu tragen.“

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Die zu diesem Zeitpunkt gültige Fassung von § 6 VerpackV (gültig ab 07. Januar 2006 bis 31. Dezember 2008) sah in Abs. 3 Satz 11 die in Rede stehende Feststellung der Behörde vor. § 6 Abs. 3 Satz 12 (VerpackV a. F.) lautete: „Die Feststellung kann auch nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden, die erforderlich sind, um die beim Erlass der Feststellung vorliegenden Voraussetzungen auch während des Betriebssystems dauerhaft sicher zu stellen“. Dieser Gesetzeswortlaut ist – wie ausgeführt - in den Hinweisen zu dem Feststellungsbescheid vom 07. November 2012 wiedergegeben. § 6 VerpackV wurde zum 02. April 2008 geändert. Die Neufassung sieht nunmehr die entsprechende Feststellung in § 6 Abs. 5 Satz 1 vor. Weiter heißt es in § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 VerpackV n. F. wie folgt:

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„Die Feststellung nach Satz 1 kann nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden, die erforderlich sind, um die beim Erlass der Feststellung vorliegenden Voraussetzungen auch während des Betriebs des Systems dauerhaft sicher zu stellen. Die für die Abfallwirtschaft zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann bei der Feststellung nach Satz 1 oder nachträglich verlangen, dass der Systembetreiber eine angemessene, insolvenzsichere Sicherheit für den Fall leistet, dass er oder die von ihm Beauftragten die Pflichten nach dieser Verordnung ganz oder teilweise nicht erfüllen und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder die zuständigen Behörden Kostenerstattung wegen Ersatzvornahme verlangen können.“

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Unter dem 23. Januar 2012 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass auf Grund der Änderungen der Verpackungsverordnung und des zunehmenden Wettbewerbs zwischen den Systemen die Prüfung der Form sowie eine Neufassung der Sicherheitsleistungen erforderlich seien. Die Länder hätten sich in der 24. Sitzung des Ausschusses für die Produktverantwortung der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall zur Gewährleistung eines einheitlichen Vollzugs auf die Art und die Berechnung der Sicherheitsleistung verständigt. In Abstimmung der Länder werde das durch die {D.} GmbH erarbeitete Berechnungsmodell befürwortet und zur Anwendung empfohlen. Er beabsichtige daher, den Nachweis in Form einer Bankbürgschaft aufzuerlegen und den Angleich an die sich ändernden Mengenanteile sowie Preise jährlich bis zum 01.10. des Folgejahres nachzuweisen. Der Kläger habe Gelegenheit, sich bis zum 29. Februar 2012 zu äußern.

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Der Beklagte legte diesem Schreiben einen Entwurf des beabsichtigten Änderungsbescheides bei. Danach werde die Ziff. 2.12 (Sicherheitsleistung) geändert. Die Inhaberin des Bescheides habe anstelle der bisherigen Sicherheit spätestens bis 01. Oktober 2012 eine insolvenzfeste Sicherheit gemäß §§ 232 ff. BGB in Form einer Bankbürgschaft zu Gunsten des Landes Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, dieses vertreten durch seinen Präsidenten, entsprechend den nachfolgend genannten Bedingungen beizubringen: Diese Bankbürgschaft sei unwiderruflich und befristet zu Gunsten des Landes auszustellen. Auf Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB sei zu verzichten.

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Unter dem 13. Februar 2012 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, die beabsichtigte Eingrenzung des Sicherungsmittels auf eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft stelle eine nicht erforderliche Einschränkung dar. Die Verwaltungsvorschriften des Landes Sachsen-Anhalt sähen ausdrücklich eine Konzernbürgschaft als Sicherungsmittel vor. Die Bonität der Bürgin könne durch Vorlage aussagekräftiger Unterlagen eines unabhängigen Wirtschaftsprüfungsunternehmens belegt werden.

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Unter dem 22. Februar 2012 hat der Beklagte der Klägerin offenbar mitgeteilt, dass Bankbürgschaften von allen Systembetreibern in Sachsen-Anhalt gefordert würden. Diese Forderung finde auch in Bescheiden aller Bundesländer ihren Ausdruck. Dieses Schreiben enthält allerdings den Zusatz „Entwurf“.

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Mit hier in Rede stehendem ersten Änderungsbescheid vom 12. März 2012 änderte der Beklagte den Feststellungsbescheid nach § 6 Abs. 3 VerpackV vom 07. November 2007 hinsichtlich der Nebenbestimmung 2.12 (Sicherheitsleistung), wie in dem Anhörungsschreiben und dem dort beigefügten Entwurf bereits angekündigt. Zur Begründung führte er aus, dass zu den Pflichten des Systembetreibers nicht nur die Entsorgung der bereits erfassten Verkaufsverpackungen, sondern u.a. auch schon die flächendeckende Abholung der Verkaufsverpackungen beim Endverbraucher und die Sauberhaltung der Sammelplätze gehöre. Die Sicherheit müsse nach dem neuen Gesetzeswortlaut „insolvenzsicher“ sein. Damit sei unter Bezugnahme auf die Begründung des Bundesrates klargestellt, dass das Sicherungsmittel grundsätzlich der Verfügungsbefugnis des Systembetreibers entzogen sei und im Insolvenzverfahren als vorrangig zu befriedigende Masseverbindlichkeit im Sinne des § 53 InsO zu behandeln sei. Als Mittel zur Absicherung einer Schuld sei die Bankbürgschaft allgemein anerkannt. Aufgrund der Änderungen in der Verpackungsverordnung und des zunehmenden Wettbewerbs zwischen den Systemen seien die Prüfung der Form sowie eine Neufassung der Sicherheitsleistung von Systemen erforderlich. Die Länder hätten sich in der 24. APV-Sitzung zur Gewährleistung eines einheitlichen Vollzuges auf die Art und die Berechnung der Sicherheitsleistung verständigt. Das von den Ländern befürwortete Modell der {D.} GmbH solle auch im Land Sachen-Anhalt Anwendung finden.

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Hiergegen hat die Klägerin am 12. April 2012 bei dem erkennenden Gericht Klage erhoben. Das Sachgebiet des Abfallrechts ist von der zunächst zuständigen 3. Kammer (dort Aktenzeichen 3 A 96/12 HAL) im September 2013 auf die 2. Kammer übergegangen. Die Klägerin führt aus, dass es im Gegensatz zu Anhang I zu § 6 Nr. 2 Abs. 2 Nr. 3 VerpackV (siehe auch Anhang I zu § 6 Nr. 3 Abs. 3 Nr. 7 VerpackV a. F.) nicht um die Sicherstellung der Entsorgung bereits durch die Klägerin erfasster Mengen bei Einstellung ihres Systembetriebs gehe, sondern um eine Sicherheitsleistung für einen Kostenerstattungsanspruch der daraus resultiere, dass die Klägerin irgendeiner sie nach der Verpackungsverordnung treffenden Handlungspflicht nicht nachkomme und die Behörde im Wege der Ersatzvornahme mit der Folge eines Kostenerstattungsanspruchs eingreife.

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Die geleistete Konzernbürgschaft der Konzernmuttergesellschaft der Klägerin, der REMONDIS AG & Co KG mit Sitz in A-Stadt, sei nach wie vor ausreichend. Sie sei weltweit tätig und verfüge über ein Eigenkapital von 1.002.618.000,00 EUR, wovon lediglich 80.000.000,00 EUR Haftkapital darstellten. Die {C.}sei von der Deutschen Bundesbank als notenbankfähig eingestuft worden. Dies bedeute, dass Banken Forderungen gegenüber der {C.}ihrerseits zum Zwecke der eigenen Refinanzierung einsetzen könnten. Gemäß Art. 18.1 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) seien für alle Kreditgeschäfte des Eurosystems notenbankfähige Sicherheiten zu leisten. Als notenbankfähige Sicherheiten könnten auch Kreditforderungen an Handel und Industrie eingesetzt werden. Voraussetzung sei jedoch, dass der Schuldner die hohen Bonitätsanforderungen erfülle, die das Eurosystem festgelegt habe. Dabei stütze sich das Eurosystem unter anderem auf Ergebnisse von Rating-Agenturen und interne Bonitätsanalyseverfahren der nationalen Zentralbanken. Der Bonitätsschwellenwert für notenbankfähige Sicherheiten entspreche grundsätzlich „BBB“ (Investmentgrade). Das Eurosystem betrachte eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 0,4 % über einen Zeithorizont von einem Jahr als Äquivalent zu diesem Schwellenwert. Diese Voraussetzungen erfülle ihre Muttergesellschaft. Selbst wenn der Beklagte höhere Schwellenwerte als das europäische System der Zentralbanken ansetzen dürfte, müssten zumindest andere Bürgen als Banken zugelassen werden, beispielsweise die {E.} Versicherungs AG, die sogar mit AA geratet worden sei. Sowohl die Möglichkeit eines Kreditversicherers, aber erst Recht die Konzernbürgschaft, wäre für die Klägerin weniger belastend als die Stellung einer Bankbürgschaft. Denn hierfür würden Avalzinsen geschuldet, die ein beträchtliches Ausmaß annehmen könnten. Denn die Höhe der jeweils zu stellenden Bürgschaft sei abhängig von dem jeweiligen Marktanteil der Klägerin im dualen System, der wiederum ständig variiere. Die Konzernbürgschaft könne die Klägerin demgegenüber unentgeltlich beschaffen. Eine Bankbürgschaft reduziere zudem den Kreditrahmen der Klägerin, weil – obwohl die Bürgschaft nur das Risiko einer Inanspruchnahme begründe – der Bürgschaftsbetrag von Banken wie eine tatsächlich in Anspruch genommene Kreditlinie bewertet werde. Die Bürgschaft eines Kreditversicherers wäre zwar entgeltlich, würde die Klägerin aber weniger belasten als eine Bankbürgschaft.

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Die Klage habe bereits deshalb Erfolg, weil es an einer wirksamen Rechtsgrundlage fehle. Denn § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV sei unwirksam. Dieser müsse sich an Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 Grundgesetz messen lassen, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß durch Gesetz bestimmt seien. Der einzig in Betracht kommende § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG (a. F.), wonach „geeignete Maßnahmen“ zur Sicherstellung der Rückgabe der Verkaufsverpackungen getroffen werden könnten, reiche nicht aus. Eine Sicherheitsleistung sei zudem auch keine geeignete Maßnahme zur Sicherstellung der Rückgabe von Verkaufsverpackungen. Außerdem lasse § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG nicht hinreichend deutlich erkennen, mit welchen Regelungen die Betroffenen genau rechnen müssten. Insbesondere sei auf Grund dieser gesetzlichen Grundlage nicht vorhersehbar, dass eine Bankbürgschaft als Sicherheitsleistung geschuldet sei. Andere Rücknahmesysteme sähen schließlich keine Sicherheitsleistungen vor (§ 6 Abs. 3 BatterieG, § 8 AltölV, § 3 HKWAbfV und § 9 Abs. 8 ElektroG). Soweit in KrW-/AbfG Rechtsgrundlagen für Sicherheitsleistungen durch Rechtsverordnungen geschaffen worden seien, seien eindeutige und entsprechend konkrete Regelungen vorhanden z. B. § 36 c Abs. 4 i. V. m. § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG.

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Selbst wenn aber § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV wirksam wäre, wäre die Anordnung zur Stellung der Sicherheit ausschließlich in Form der Bankbürgschaft ermessensfehlerhaft. Der in Bezug genommene Maßstab der §§ 232 ff. BGB setze nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch Maßstäbe für die Vergleichbarkeit von Sicherheitsleistungen. Insoweit obliege das in § 232 BGB vorgesehene Wahlrecht dem Schuldner und nicht dem Gläubiger. Schließlich sei der Ausschluss der Konzernbürgschaft unverhältnismäßig, weil eine Konzernbürgschaft den Schuldner am wenigsten belaste. Die {C.}könne dem Vergleich mit nationalen und internationalen Banken hinsichtlich der Bonität Stand halten. Sie sei – wie ausgeführt - notenbankfähig. Es gäbe zudem auch Banken, die insoweit (lediglich) über ein Ranking von BBB verfügten. Zudem gäbe es auch Banken mit lediglich CCC-Rating. Eine Bankbürgschaft zeuge also nicht zwangsläufig von einer besseren Bonität als die Konzernbürgschaft. Die Konzernbürgschaft sei auch im Abfallrecht anerkannt. So sei die ehemalige TA-Abfall Nr. 3.2.1 von einer Konzernbürgschaft als ein taugliches insolvenzfestes Sicherungsmittel ausgegangen. Auch der fünfte Runderlass des MLU Sachsen-Anhalt vom 20. Januar 2005 zur Sicherheitsleistung für Abfallentsorgungsanlagen benenne die Konzernbürgschaft als taugliches Sicherungsmittel im Sinne von § 232 BGB.

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Der Verwaltungsaufwand für die Bonitätsprüfung sei auch gering. Denn sie, die Klägerin, könne unaufgefordert jährlich die Notenbankfähigkeit ihrer Konzernmutter vorlegen. Schließlich fehle es an der erforderlichen Bestimmtheit der Regelung, weil die Höhe der zu leistenden Bankbürgschaft nicht geregelt sei.

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Die Klägerin beantragt,

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den ersten Änderungsbescheid des Beklagten vom 12. März 2012 zum Feststellungsbescheid vom 07. November 2007 (System {F.}) aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der angefochtene Änderungsbescheid stütze sich auf § 6 Abs. 5 VerpackV. Diese Vorschrift sei wirksam, insbesondere von der Ermächtigung des § 24 Krw-/AbfG erfasst. Durch § 6 VerpackV werde eine Pflicht zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme von Verkaufsverpackungen eingeführt, die beim privaten Endverbraucher anfallen. Es werde damit genau die Programmformel des Gesetzgebers aus § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG umgesetzt. Er, der Beklagte, habe das ihm zustehende Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Die im Rahmen der 5. Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung eingefügte Vorschrift diene ausweislich der Gesetzesbegründung dazu, eine starke Sicherheit für den Fall zu haben, dass der Systembetreiber oder die von ihm Beauftragten die Pflichten nach der Verpackungsverordnung nicht oder teilweise nicht erfüllten. Es müsse mithin ein unabhängiges Sicherungsmittel vorliegen, das auch insolvenzsicher sei. Der Ausschluss der Konzernbürgschaft sei ermessensfehlerfrei, weil eine wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen Tochtergesellschaft zur Muttergesellschaft bestehe. Insoweit sei die Konzernbürgschaft vom Grundsatz her risikobehafteter als die Bürgschaft eines großen Kreditinstituts (unter Bezugnahme auf Güntzer-Hammacher, Handbuch der Auftragsabwicklung, 3. Auflage 2007, 241). Es führe zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand, wenn die Behörde regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Muttergesellschaft prüfen müsse. Dass die Konzernbürgschaft einer (unabhängigen) Bankbürgschaft nicht gleichwertig sei, sei auch aus dem Umstand ersichtlich, dass die Klägerin keine Zinsen für die Konzernbürgschaft zu zahlen habe, aber Avalzinsen gleichwohl. Aus der Notenbankfähigkeit der Muttergesellschaft folge nichts anderes. Zwar sei für die Erlangung der Notenbankfähigkeit ein Bonitätsschwellenwert von BBB erforderlich. Ein solches Rating reiche allerdings nicht an eine typische Sicherheit von Bankbürgschaften heran, die in aller Regel ein „A-Rating“ erhielten. Aus dem Umstand, dass einzelne ausländische Banken in Folge der Finanzkrise ein niedrigeres Rating erhalten hätten, könne sich nichts Anderes ergeben. Eine sogenannte „harte Patronatserklärung“ reiche auch nach dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nicht aus (Beschluss vom 21. Dezember 2011, OVG 11 S 62/11). Das BBB-Rating der {C.}in die IFD-Rating-Stufen (Initiative Finanzstandort Deutschland) ergebe jedenfalls kein Rating der IFD-Stufe 1. Ein solches sei nur erreicht bei einem maximalen Ausfallrisiko von 0,3 %. Indem der Beklagte eine Bankbürgschaft als Sicherungsmittel zulasse, komme sie dem Schuldner schon im Sinne des § 232 BGB entgegen. Denn der Beklagte verlange insbesondere keine Sicherungsmittel nach § 232 Abs. 1 BGB, die mit noch deutlich stärkeren Belastungen einhergingen. Auch andere Vorschriften schlössen die Abgabe von Patronatserklärungen aus: so z. B. § 8 a des Altersteilzeitgesetzes. In der Seeanlagenverordnung sei ausdrücklich die Beibringung einer Konzernbürgschaft ermöglicht, was aber in der hier in Rede stehenden Verpackungsverordnung gerade nicht der Fall sei. Der Beklagte behandele auch die anderen Systembetriebe gleich und fordere von diesen eine Bankbürgschaft. Gerade auf dem breiten Markt der Kreditversicherer seien sehr unterschiedliche Ratings anzutreffen. Zudem habe die Klägerin erstmals in der Klageschrift ihre Bereitschaft zur Beibringung einer Bürgschaft eines Kreditversicherers signalisiert. Bisher sei lediglich die Konzernbürgschaft durch ihre Muttergesellschaft als Austauschmittel angeboten worden. Einer der Marktführer der Kreditversicherer in Deutschland, die {G.} Deutschland AG sei ihrer Herabstufung durch die Rating-Agentur Standard & Poor’s dadurch zuvor gekommen, dass sie nunmehr ganz auf ein Rating verzichte (unter Bezugnahme auf Financial Times Deutschland vom 20. September 2010). Insoweit sei es für den Beklagten nicht praktikabler, Rückversicherer als Sicherungsgeber zuzulassen. Der Ausschuss für die Produktverantwortung der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall habe in seiner 24. Sitzung am 01. und 02. Juni 2010 in Lutherstadt Wittenberg einheitliche Maßstäbe für die Berechnung der Höhe der Sicherheiten festgelegt. Unter Zugrundelegung des Basisjahres 2011 belaufe sich die beizubringende Bankbürgschaft für die Klägerin voraussichtlich auf 5.305,32 EUR. Die Höhe der Sicherheitsleistungen sei zwar in Zukunft Schwankungen unterworfen. Denn sie sei abhängig von den Marktanteilen der Klägerin. Der in Betracht kommende Betrag sei für die Klägerin aber nicht unverhältnismäßig hoch. Schließlich habe er bereits in seinem Feststellungsbescheid vom 07. November 2007 einen Auflagenvorbehalt bestimmt.

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Der Verwaltungsaufwand für die jährliche Anpassung der Sicherheiten sämtlicher Systembetreiber sei für sie niedriger als die jeweilige wirtschaftliche Bewertung der jeweiligen Konzernbürgschaft. Denn die Höhe der Sicherheit werde anhand des von der {D.} GmbH erarbeiteten Berechnungsmodells ermittelt, das den Ländern zur Anwendung empfohlen wurde.

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Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

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Der angefochtene Änderungsbescheid vom 12. März 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

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Die angefochtene Verfügung dürfte bereits rechtsfehlerfrei auf den (mit seinen Nebenbestimmungen) bestandskräftigen Feststellungsbescheid vom 07. November 2007 zu stützen sein. In Ziff. 2.12 Satz 5 hat sich der Beklagte ausdrücklich vorbehalten, auf Anforderung eine Sicherheit in alternativer Form (nach-)zufordern. Insoweit sah bereits die Verpackungsverordnung (a. F.) im § 6 Abs. 3 Satz 12 vor, dass die Feststellung nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden kann, die erforderlich sind, um die im Zeitpunkt der Feststellung vorliegenden Voraussetzungen auch während des Betriebs des Systems dauerhaft sicherzustellen.

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Dies bedarf aber keiner Vertiefung. Denn der Beklagte hat den Bescheid jedenfalls (auch) zulässigerweise auf § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV n.F. gestützt. Nach dieser Vorschrift kann die für die Abfallwirtschaft zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde bei der Feststellung nach Satz 1 oder nachträglich verlangen, dass der Systembetreiber eine angemessene, insolvenzsichere Sicherheit für den Fall leistet, dass er oder die von ihm Beauftragten die Pflichten nach dieser Verordnung ganz oder teilweise nicht erfüllen und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder die zuständigen Behörden Kostenerstattung wegen Ersatzvornahme verlangen können.

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Diese Vorschrift ist wirksam. Insbesondere verstößt sie nicht gegen Bundesrecht. Die Kammer hat keine Zweifel, dass die in Rede stehende Vorschrift über die Sicherheitsleistung von der Ermächtigung aus § 24 Abs. 1 Ziff. 2 KrW-/AbfG a. F. (vgl. nunmehr auch § 25 Abs. 1 Ziff. 2 KrWG) ausreichend im Sinne des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst ist. Denn diese Ermächtigungsgrundlage bestimmt Inhalt, Zweck und Ausmaß auch hinsichtlich einer Sicherheitsleistung. Durch diese Vorschrift wird die Bundesregierung zur Festlegung von Anforderungen gemäß § 22 ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 60) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Hersteller oder Vertreiber 1. (…), 2. bestimmte Erzeugnisse zurückzunehmen und die Rückgabe durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Rücknahmesysteme oder durch Erhebung eines Pfandes, sicherzustellen haben. § 22 betrifft die Produktverantwortung. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 trägt derjenige zur Erfüllung der Ziele der Kreislaufwirtschaft die Produktverantwortung, der Erzeugnisse entwickelt, herstellt, be- und verarbeitet oder vertreibt. Die Ziele der Kreislaufwirtschaft ergeben sich aus § 1 des Gesetzes, wonach der Zweck des Gesetzes die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen und die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen ist. Die Pflicht zur Abfallvermeidung bestimmt sich nach § 5 KrW-/AbfG unter anderem auch nach den auf Grund der §§ 23 und 24 erlassenen Rechtsverordnungen (vgl. zu alledem auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Oktober 2005, OVG 12 B 3.05, zitiert aus juris, Rn. 84). Die Regelung über die Sicherheitsleistung hält sich nach Überzeugung des Gerichts im Rahmen der Ermächtigung. Die Verpackungsverordnung bezweckt, die Auswirkung von Verpackungsabfällen auf die Umwelt zu vermeiden und zu verringern, wobei Verpackungsabfälle in erster Linie zu vermeiden sind (§ 1 VerpackV). Letztlich dient die Sicherheitsleistung dazu, die Produktverantwortung nach § 22 KrW-/AbfG umzusetzen. Sie ist Bestandteil der Sicherung der Rückgabe in einem Rücknahmesystem. § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG ist offen und fordert lediglich „die Rückgabe durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Rücknahmesysteme oder durch Erhebung eines Pfandes, sicher zu stellen“. Beide Möglichkeiten (Rücknahmesystem oder Pfanderhebung) müssen geeignet sein, die Abfallbesitzer dazu zu veranlassen, die aus den Erzeugnissen entstandenen Abfälle zurückzugeben. Diese Rücknahme muss „gesichert“ sein im Sinne der Vorschrift. Ziel der Änderungsverordnung ist es nach dem Verordnungsgeber, die haushaltsnahe Entsorgung von Verkaufsverpackungen dauerhaft sicherzustellen und faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Wirtschaftsbeteiligten zu schaffen (BT-Drucks 16/6400). Hierzu leistet die Sicherheitsleistung in § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV n. F. ihren Anteil.

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Das Kreislaufwirtschaftsgesetz ist durchzogen mit Ermächtigungen für den Erlass von Rechtsverordnungen. Nach dem dualen System sollen nach europarechtlichen Vorgaben Hersteller und Vertreiber von Verpackungen verpflichten werden, gebrauchte Verpackungen zurückzunehmen und ordnungsgemäß zu verwerten. Hierfür sieht die Verpackungsverordnung ein umfangreiches Modell für die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen vor. Dieses Modell findet – wie ausgeführt – seine gesetzlich Ermächtigung in § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG a.F. So sind Gegenstand des Modells, dass die o.g. Pflichten bei Verpackungen entfallen, für die sich der Hersteller oder Vertreiber an einem System beteiligt, das flächendeckend eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher oder in dessen Nähe in ausreichender Weise gewährleistet und die ordnungsgemäße Verwertung sicherstellt (§ 6 Abs. 3 VerpackV). Die zuständige Behörde stellt auf Antrag des Systembetreibers fest, dass ein Sammelsystem nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VerpackV flächendeckend eingerichtet ist (§ 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV a. F.). Die zuständige Behörde kann die Systemfeststellung widerrufen, sobald und soweit sie feststellt, dass die in § 6 Abs. 3 Satz 1 VerpackV genannten Anforderungen nicht mehr eingehalten werden (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV a. F.). § 6 Abs. 5 VerpackV regelt dabei zunächst in den Sätzen 1 und 2 die Art und Weise der Feststellung der flächendeckenden Einführung eines Rücknahmesystems und die Möglichkeit zum Erlass von Nebenbestimmungen. Mit § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV nutzt der Verordnungsgeber die Möglichkeit, die Rückgabe durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, wie es die Ermächtigungsgrundlage in § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG a.F. (vgl. § 25 Abs. 1 Nr. 2 KrWG) vorsieht. Denn die Sicherheit kann dann eingesetzt werden, wenn der Systembetreiber oder die von ihm Beauftragten die Pflichten aus der Verpackungsverordnung ganz oder teilweise nicht erfüllten. Indem § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV weiter vorschreibt, dass die Sicherheit nur für den Fall genutzt werden könne, in dem die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder die zuständigen Behörden Kostenerstattung wegen einer Ersatzvornahme verlangen könnten, wird deutlich, dass mit der Vorschrift nur das Ziel verfolgt werde, die Rücknahme der in Verkehr gebrachten Erzeugnisse zu sichern. Die Leistung von Sicherheiten durch den Systembetreiber stellt damit (lediglich) ein Detail des umfangreichen Modells mit dem Umgang von Verpackungsabfällen dar, das von der Verpackungsverordnung umfassend geregelt wird.

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Insoweit ist die Leistung einer Sicherheit auch nicht systemfremd. Schließlich sieht das Gesetz selbst bereits bei einer Abfallbeseitigungsanlage nach § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG a. F. (vgl. nunmehr § 36 Abs. 3 KrW-/AbfG) eine Sicherheitsleistung vor.

34

Aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 2008 (7 C 50/07) folgt nichts anderes. Im Gegenteil spricht diese Entscheidung eher für die hier in Rede stehende Rechtsauffassung. Danach überschreitet § 19 Abs. 4 Satz 2 letzte Alternative DepV, der betriebliche Rückstellungen als gleichwertige Sicherheit zulässt, die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage des § 36 c Abs. 4 KrW-/AbfG und ist damit unwirksam, soweit handelsrechtlich zu bildende betriebliche Rückstellungen als gleichwertige Sicherheit zugelassen werden. Zur Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass diese betrieblichen Rückstellungen nicht insolvenzsicher seien. Mithin sei die Depotverordnung zu weitgehend und überschreite damit Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigungsgrundlage, weil die Ermächtigungsgrundlage engere, frühere Anforderungen an die Sicherheitsleistung stelle. Mit der Formulierung in § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG hebe das Gesetz ersichtlich auf die Bestimmung des § 232 BGB ab (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2008, 7 C 50/07). Könnten betriebliche Rückstellungen wegen ihrer fehlenden Insolvenzfestigkeit nicht als gleichwertig mit den in § 232 BGB genannten Sicherheitsleistungen bezeichnet werden, überschreite § 19 Abs. 4 Satz 2 letzte Alternative DepV den Zweck der Ermächtigungsgrundlage und damit die durch diese gezogenen Grenzen.

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Auch die zivilrechtliche Rechtsprechung spricht für diese Rechtsauffassung: Eine Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines VOB-Vertrages, wonach der Gewährleistungseinbehalt ausschließlich durch eine Bankbürgschaft abgelöst werden könne, stelle auch keine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar und sei mit dem AGB-Recht vereinbar (LG München I, Urteil vom 29. Mai 2008, 2 O 1977/07 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 13. November 2003, VII ZR 57/02 und OLG Dresden, Beschluss vom 23. September 2004, 12 U 1161/04). Der Auftragnehmer sei nicht übermäßig beschränkt, wenn er als Bürgen eine Bank zu stellen habe und sein Wahlrecht insoweit eingeschränkt sei.

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Die Begründung von präventiven Nachsorgepflichten ist dem öffentlichen Recht auch im Übrigen nicht unbekannt. So bestimmt § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB, für bestimmte Vorhaben eine Rückbausicherheit (Vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 07. Oktober 2012, 4 C 5/11, vorhergehend OVG LSA, Urteil vom 12. Mai 2011, 2 L 239/09; siehe zudem auch die Rückbausicherheit nach § 71 Abs. 3 S. 2 BauO LSA).

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§ 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV ist auch anwendbar. Eines Rückgriffs auf die §§ 48, 49 VwVfG über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten bedarf es mithin nicht, weil diese Vorschrift die zuständige Behörde spezialgesetzlich ermächtigt, nachträglich eine angemessene, insolvenzsichere Sicherheit zu verlangen. Denn bei § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV handelt es sich um das maßgebliche Fachrecht mit der Folge, dass es eines Rückgriffs auf die Grundsätze über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten nicht bedarf (vgl. hierzu allgemein OVG LSA, Urteil vom 25. Oktober 2012, 2 L 87/11 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1982, 7 C 42.80, BVerwGE 65, 313 [390]). Der Beklagte darf von der Klägerin mithin nachträglich, also in Änderung seines Feststellungsbescheids vom 07. November 2007, die Beibringung einer Bankbürgschaft verlangen.

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Der Bescheid ist auch formell rechtmäßig, insbesondere hinreichend bestimmt i.S.d. § 37 VwVfG. Regelungsgegenstand war die Änderung der Art der zu leistenden Sicherheit. Die Höhe der Sicherheitsleistung darf später bestimmt werden.

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Die nachträgliche Forderung der Beibringung einer Bankbürgschaft ist auch nicht ermessensfehlerhaft.

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Der angefochtene Änderungsbescheid lässt zunächst unter Berücksichtigung des Anhörungsschreibens noch hinreichend deutlich eine Ermessensentscheidung erkennen. Zwar ist in dem angefochtenen Bescheid der Begriff „Ermessen“ nicht ausdrücklich erwähnt. Aus der Formulierung, dass die „Prüfung“ der Form einer beizubringen Sicherheit erforderlich sei, ist noch hinreichend deutlich erkennbar, dass sich der Beklagte in seiner Entscheidung nicht gebunden gesehen hat, sondern eine Entscheidung wegen der eingetretenen tatsächlichen und rechtlichen Veränderungen vom Ergebnis seiner Prüfung abhängig machen wollte. Das Entschließungsermessen, die geforderte Sicherheit in Form der Bankbürgschaft zu verlangen, hat der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die Neufassung des § 6 Abs. 5 VerpackV n.F. und die Absprachen in der Bund-Länder Arbeitsgruppe gestützt. Es ist zudem rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Erkenntnisse und Ergebnisse des Ausschusses für Produktverantwortung der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (24. Sitzung am 01./02. Juni 2010 in Lutherstadt Wittenberg) über eine einheitliche Verwaltungsübung in allen Bundesländern zur Art der Sicherheitsleistung und den Maßstäben für die Berechnung ihrer Höhe übernommen hat.

41

Es ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die die Klägerin weniger belastende Konzernbürgschaft nicht als gleich geeignetes Mittel angesehen hat. Unabhängig davon, ob die Konzernbürgschaft unter gewissen Voraussetzungen auch die eines „tauglichen Bürgen“ im Sinne des § 239 BGB erfüllt, heißt es in dem Handbuch zur Auftragsabwicklung von Güntzer/Hammacher auf Seite 241 unter „11.3.3.6 tauglicher Bürge“ wörtlich wie folgt: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass in kritischen Zeiten die Insolvenz der Mutter auch die Insolvenz der Tochter nachzieht, bzw. dass die Insolvenz einer bedeutenden Tochter auch zur Insolvenz des ganzen Konzerns führen kann. Die Konzernbürgschaft ist deshalb vom Grundsatz her risikobehafteter als die Bürgschaft eines großen Kreditinstituts. Das muss von Fall zu Fall entschieden werden; mangels eigener Erkenntnisse wird sich der Vertragspartner dabei auf Bonitätsaussagen Dritter verlassen müssen. Ist im Vertrag nur allgemein von „geeignetem Bürgen“ oder „Bank oder Versicherung“ die Rede, sind alle Kreditinstitute oder Kreditversicherer, die in der europäischen Union zugelassen sind, taugliche Bürgen“ (vgl. Fundstelle http://buchs.google.de)

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Eine Bankbürgschaft wird hingegen von einem Dritten geleistet, der außerhalb der konzernrechtlichen Verflechtungen steht. Eine Bank ist also unabhängig von den gesellschaftsrechtlichen Bindungen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Systembetreibers. Darüber hinaus stellt eine Bankbürgschaft ein allgemein anerkanntes, übliches Sicherungsmittel dar, das typischerweise zur Absicherung von Verbindlichkeiten oder Risiken dient. Die Forderung einer Bankbürgschaft ist mithin auch für die öffentliche Hand nicht besonders begründungsbedürftig. So heißt es z.B. in Jarass/Ruchay/Weidemann (KrW-/AbfG, § 32, Rn. 136, 11. Ergänzungslieferung September 2002) zur Sicherheitsleistung bei Abfallbeseitigungsanlagen, dass die Bestellung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft „üblich“ sei.

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Der Beklagte muss als Austauschmittel mithin nicht die (bereits vorgelegte) Konzernbürgschaft der weltweit tätigen REMONDIS AG & Co KG - 500 Standorte in 34 Ländern – anerkennen. Insoweit stellt es einen zulässigen sachlichen Grund dar, dass der Beklagte nunmehr pauschal auf Bankbürgschaften besteht und nicht im Einzelnen die Bonität der jeweiligen Muttergesellschaften oder Kreditversicherer zu prüfen hat, die bekanntlich gesellschaftsrechtlichen und wirtschaftlichen Veränderungen unterliegen. Insbesondere die gesetzlich vorgesehene Voraussetzung der „Insolvenzfestigkeit“ der Sicherheit mutet es den Sicherungsgebern zu, nunmehr kostenpflichtige Bankbürgschaften zu leisten.

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Der Umstand, dass vereinzelte ausländische Kreditinstitute (z. B. griechische) auf Grund der Finanzkrise ein schlechteres Rating als der betreffende Konzern haben, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies sind untypische Ausnahmefälle, die im Rahmen der Verwaltungspraktikabilität des Beklagten keine Berücksichtigung finden müssen.

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Der Sicherungsgeber, hier die Klägerin, wird hierdurch nicht unzumutbar belastet. Nach der von dem Beklagten vorgelegten Berechnung, die die Klägerin nicht bestritten hat, beliefe sich die von der Klägerin zu leistende Sicherheit auf voraussichtlich rund 5.305,32 EUR. Ein solcher Betrag ist nach Überzeugung der Kammer mit Blick auf die wirtschaftliche Bedeutung und den Umsatz des Unternehmens ohne weiteres tragbar. Darüber hinaus ist die Klägerin durch den angefochtenen ersten Änderungsbescheid auch nicht unverhältnismäßig beschwert, weil durch den Auflagenvorbehalt unter Ziff. 2.12 des Feststellungsbescheids vom 07. November 2007 bereits die Zulässigkeit der Anforderung einer alternativen Sicherheit durch z. B. Bankbürgschaft vorbehalten war, die Klägerin mithin mit einer entsprechenden Nachforderung rechnen musste. Zudem sah auch die vorherige Gesetzesfassung eine nachträgliche Änderung des Feststellungsbescheids vor.

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Zudem durfte der Beklagte auch den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen seiner Ermessensausübung berücksichtigen. Das Vorbringen, für ihn sei die jährliche Anpassung der Sicherheiten praktikabler als die jeweilige Bonitätsprüfung des (Konzern-) Bürgen begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

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Schließlich darf der Beklagte seine Ermessensentscheidung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Er trägt insoweit unwidersprochen vor, er fordere nunmehr von allen Systembetreibern eine Bankbürgschaft.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen.


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