Urteil vom Verwaltungsgericht Halle (4. Kammer) - 4 A 272/13
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung der Abwasserabgabe für das Jahr 2009.
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Er betreibt zur Reinigung des in seinem Verbandsgebiet anfallenden Abwassers eine Kläranlage, aus der das Abwasser in die Mulde geleitet wird. Dafür erteilte das Regierungspräsidium Dessau seinem Rechtsvorgänger (Abwasserzweckverband {A.}) unter dem 04. Juli 1994 eine wasserrechtliche Erlaubnis, die mehrfach geändert wurde. Die letzte für das Veranlagungsjahr 2009 relevante Änderung erfolgte mit dem 3. Änderungsbescheid des Landkreises {B.} vom 29. Dezember 2005.
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In der Erlaubnis sind eine Jahresschmutzwassermenge von 390.000 m³ und u.a. folgende Überwachungswerte festgelegt:
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Parameter
Überwachungswert
Stickstoff-gesamt (Nges)
18 mg/l
CSB
90 mg/l
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Mit Schreiben vom 26. März 2009 und vom 02. Juli 2009 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten für die Zeiträume vom 15. April 2009 bis zum 31. August 2009 und vom 01. September 2009 bis zum 31. Dezember 2009 die Einhaltung eines (geringeren) Überwachungswerts für den Parameter CSB von 70 mg/l und für den Parameter Nges von 8 mg/l und beantragte zugleich die Zulassung eines Messprogramms. Mit Bescheiden vom 01. April 2009 und vom 13. Juli 2009 genehmigte der Beklagte jeweils das beantragte Messprogramm.
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Der Kläger reichte am 16. März 2010 beim Beklagten die Nachweise der Einhaltung geringerer Werte auf dem amtlichen Vordruck ein. Die behördlichen Überwachungen im Jahr 2009 ergaben keine Überschreitungen der heraberklärten Werte.
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Im rahmen der Mitteilung der Berechnungsgrundlagen für die Kleineinleiterabgabe für für das Jahr 2009 machte der Kläger u.a. folgende Angaben:
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Ortsteil
Anschrift
Art der Anlage
Datum der Dich-
tigkeitsprobe -
Abflusslose
Grube (ALG)Datum der was-
serrechtlichen
ErlaubnisA.
W. 3
ALG
29.06.2009
M.
A. 44
KKA
S.
S 9
KKA
18.08.2009
Sch (M)
M 1
ALG
15.05.2009
Schi
M 1a
ALG
15.05.2009
Schi
M 12
ALG
11.02.2009
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Mit Bescheid vom 03. September 2013 zog der Beklagte den Kläger für die Einleitung aus der Kläranlage im Jahr 2009 zu einer Abwasserabgabe in Höhe von insgesamt 22.239,91 Euro heran. Davon entfallen auf den Parameter CSB ein Betrag von 12.562,29 Euro und auf den Parameter Nges ein Betrag von 5.024,92 Euro. Zudem erhob er eine Abgabe für Kleineinleitungen in Höhe von 1.843,20 Euro. Zur Begründung der Abgabenfestsetzung für die Parameter CSB und Nges führte er aus, dass die geringer erklärten Werte keine Berücksichtigung finden könnten, weil der Nachweis der Einhaltung dieser Werte nicht entsprechend dem jeweils zugelassenen Messprogramm erbracht worden sei. In den Zulassungsbescheiden sei die Verwendung der in der Anlage zu § 3 AbwAG aufgeführten Analysenverfahren zugelassen worden, so dass für den Parameter CSB das Verfahren nach DIN 38409 (Ausgabe Dezember 1980) und für die Parameter NO3, NO2 und NH4-N die Verfahren nach DIN EN ISO 10304-2 (Ausgabe November 1996), DIN EN 26777(Ausgabe April 1993) und DIN EN ISO 11732 (Ausgabe September 1997) anzuwenden gewesen sei. Der Kläger habe diese Verfahren jedoch nicht angewandt, sondern stattdessen Küvettentests zur Anwendung gebracht. Auch wenn es sich dabei um gleichwertige Verfahren handele, fänden diese nach dem AQS- Merkblatt A-11 für den Vollzug des Abwasserabgabengesetzes keine Anwendung. Die von der Berechnung des Klägers abweichende Festsetzung der Abgabe für Kleineinleitungen begründete der Beklagte damit, dass nicht an die Kanalisation angeschlossene Einwohner nur unberücksichtigt blieben, wenn für Kleinkläranlagen der Nachweis der ordnungsgemäßen Schlammentsorgung und Inbetriebnahme der Anlage bzw. für abflusslose Sammelgruben jedenfalls der Nachweis der Entsorgung von 90 Prozent der bezogenen Trinkwassermenge oder der Dichtigkeit der Grube erbracht werde. Nachweise der entsprechenden Entsorgung des bezogenen Trinkwassers seien nicht vorgelegt worden. Soweit es den Nachweis der Dichtigkeit der Gruben anbelange, genügten Angaben der Qualitätssicherung des Herstellers und Lieferscheine nicht aus, da sich daraus kein Nachweis der Dichtigkeit der Gruben im eingebauten Zustand ergäbe.
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Der Kläger hat am 02. Oktober 2013 Klage wegen der Nichtberücksichtigung der heraberklärten Werte und gegen die Abgabenfestsetzung für Kleineinleitungen in Höhe von 268,43 Euro erhoben. Am 08. Juli 2014 hat der Kläger die Klage hinsichtlich der Anfechtung der Abgabe für Kleineinleitungen in Höhe von 107,37 Euro zurückgenommen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den angegriffenen Bescheid hinsichtlich der Abgabenfestsetzung für Kleineinleitungen in Höhe von 17,90 Euro aufgehoben, woraufhin die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
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Zur Begründung der Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, der Abgabenfestsetzung seien die geringer erklärten Werte zugrunde zu legen, da er deren Einhaltung nachgewiesen habe. Unerheblich sei, dass er den Nachweis nicht mit den Verfahren nach der Anlage zu § 3 AbwAG geführt habe, da die von ihm angewandten Verfahren gleichwertig seien. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass auch § 4 Abs. 2 der Abwasserverordnung die Festsetzung gleichwertiger Verfahren in der Erlaubnis zulasse. Der Beklagte wende im Rahmen seiner Überwachung zudem auch nicht allein die durch das Abwasserabgabengesetz vorgeschriebenen Verfahren an, sondern bestimme statt des CSB den TOC. Daraus habe er schlussfolgern dürfen, ebenfalls andere Verfahren anwenden zu können. Darüber hinaus fordere er Vertrauensschutz ein, da ihn der Beklagte wegen der verspäteten Festsetzung der Abgabe für das Jahr 2009 im Jahr 2013 im Unklaren über die Anerkennung der angewandten Analysenmethoden gelassen habe. Zudem habe der Beklagte in den Vorjahren die Heraberklärungen berücksichtig, obwohl sich die in diesen Jahren angewandten Analysenverfahren nicht von denen unterschieden, der er im Jahr 2009 angewandt habe. Die Festsetzung der Abgabe für Kleineinleitungen bezüglich der Grundstücke M 1, 1a und 12 in {A.}-{C.} sowie Am Sportplatz 9 in {D.} sei rechtswidrig. Auf dem Grundstück {E.} Straße 1 sei die Grube am 27. Juni 2009 geliefert und eingebaut worden. Zugleich sei ein neuer Zähler installiert worden, wie sich aus dem hinsichtlich dieses Grundstücks erstellten Gebührenbescheid vom 07. Mai 2010 ergebe. Für das zweite Halbjahr 2009 sei ein Wasserverbrauch von 8 m³ entstanden, wovon ausweislich der vorgelegten Entsorgungsscheine 6 m³ entsorgt worden seien. Im Hinblick darauf, dass die letzte Leerung der 3 m³ fassenden Grube im November 2009 erfolgt sei und die nächste im Januar 2010, könne von einer dichten Grube ausgegangen werden. Ebenso verhalte es sich hinsichtlich des Grundstücks {E.} Berg 12, auf dem am 11. Februar 2009 eine neue Grube eingebaut worden sei. Ausweislich des Abwassergebührenbescheids seien im Jahr 2009 4 m³ Wasser verbraucht und 1 m³ entsorgt worden, wobei die Grube ein Fassungsvermögen von 3 m³ besitze. Auf dem Grundstück {E.} Berg 1a sei am 29. Juni 2009 ein neuer Behälter eingebaut worden. Die im zweiten Halbjahr 2009 bezogenen Wassermenge von 6 m³ sei vollständig entsorgt worden, wie die Entsorgungsscheine erkennen ließen. Auf dem Grundstück Am Sportplatz 9 sei Ende 2009 eine vollbiologische Kleinkläranlage errichtet worden. Von der in diesem Jahr bezogenen Wassermenge von 24 m³ seien 22 m³ nachweislich entsorgt worden.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 03. September 2013 in der Gestalt der Änderung vom 19. November 2015 aufzuheben, soweit darin für den Parameter CSB eine Abgabe von mehr als 10.566,12 Euro, für den Parameter Nges eine Abgabe von mehr als 3.028,72 Euro und für Kleineinleitungen eine Abgabe von mehr als 1.682,14 Euro festgesetzt wird.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er macht über die Ausführungen im Bescheid hinaus im Wesentlichen geltend, dass das Abwasserabgabengesetz den Nachweis der Einhaltung heraberklärter Werte anhand eines nicht in der Anlage zu § 3 genannten Analysenverfahrens nicht zulasse. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, da in den Bescheiden über die Zulassung des Messprogramms klar geregelt sei, welche Analysenverfahren zu verwenden seien. Der Umstand, dass der Parameter CSB im Rahmen der staatlichen Überwachung anhand des TOC berechnet werde, entspreche § 6 Abs. 3 AbwV und gestatte nicht den Schluss, der Nachweis der Einhaltung geringer erklärter Werte könne auch mit anderen Analysenmethoden als der zugelassenen erbracht werden. Die Kleineinleiterabgabe sei zurecht auch in Bezug auf die vom Kläger benannten Grundstücke mit Sammelgruben festgesetzt worden, da er insoweit auch durch die verfristet nachgereichten Unterlagen nicht den Nachweis erbracht habe, dass das Abwasser vollständig einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage zugeführt worden sei. Zum einen fehle am Nachweis, wann die neuen, vom Kläger als dicht angesehenen Behälter installiert und in Betrieb genommen worden seien. Zum anderen habe der Kläger auch anhand der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen zum bezogenen Trinkwasser und den Abfuhrmengen den Nachweis, dass das gesamte angefallene Schmutzwasser einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage zugeführt worden sei, nicht erbracht. Vielmehr sei die Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungssituation auf den Grundstücken unklar, da die angegebenen Wasserverbrauchsmengen viel zu gering und lebensfremd seien.
Entscheidungsgründe
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Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat und die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
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Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.
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Sie ist sowohl unbegründet, soweit sie sich gegen die Festsetzung der Abgabe für die Parameter CSB und Nges richtet (dazu I.), als auch, soweit die Festsetzung der Abgabe für Kleineinleitungen angefochten wird (dazu II.).
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I. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit damit eine Abgabe für die Parameter CSB und Nges festgesetzt wird.
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Rechtliche Grundlage der Abgabenerhebung für die Abwassereinleitung aus der vom Kläger betriebenen Kläranlage in die Mulde für die Parameter CSB und Nges sind die §§ 1, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 5, 9 Abs. 1, 4 und 5 des Abwasserabgabengesetzes (AbwAG) i.V.m. der Anlage zu § 3 AbwAG in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2005 (BGBl. I. S. 114). Danach ist von demjenigen, der Abwasser in ein Gewässer einleitet, eine Abgabe zu entrichten, die sich nach der Schädlichkeit des Abwassers richtet, die sich unter Zugrundelegung u.a. der oxidierbaren Stoffe (CSB) und des Stickstoffs nach der Anlage zum Abwasserabgabengesetz in Schadeinheiten bestimmt, für die wiederum die Festlegungen des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheids maßgeblich sind.
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Die danach unstreitig dem Grunde nach vom Kläger als Abwassereinleiter zu entrichtende Abgabe hat der Beklagte zutreffend nach den in der wasserrechtlichen Erlaubnis des Regierungspräsidiums Dessau vom 04. Juli 1994 in der Fassung des 3. Änderungsbescheids des Landkreises Bitterfeld vom 29. Dezember 2005 festgelegten Überwachungswerten und der darin festgelegten Jahresschmutzwassermenge festgesetzt. Entgegen der Auffassung des Klägers sind der Abgabenerhebung nicht die von ihm für die Parameter CSB und Nges heraberklärten Werte zugrunde zu legen.
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Erklärt der Einleiter gegenüber der zuständigen Behörde, dass er im Veranlagungszeitraum während eines bestimmten Zeitraums, der nicht kürzer als drei Monate sein darf, einen niedrigeren Wert als den im Bescheid nach Absatz 1 festgelegten Überwachungswert einhalten wird, so ist die Zahl der Schadeinheiten gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 AbwAG für diesen Zeitraum nach dem erklärten Wert zu ermitteln. Die Abweichung muss mindestens 20 vom Hundert betragen. Die Erklärung, in der die Umstände darzulegen sind, auf denen sie beruht, ist mindestens zwei Wochen vor dem beantragten Zeitraum abzugeben (§ 4 Abs. 5 Sätze 2 und 3 AbwAG). Die Einhaltung des erklärten Werts ist entsprechend den Festlegungen des Bescheids für den Überwachungswert durch ein behördlich zugelassenes Messprogramm nachzuweisen; die Messergebnisse der behördlichen Überwachung sind in die Auswertung des Messprogramms mit einzubeziehen. Wird die Einhaltung des erklärten Wertes nicht nachgewiesen oder ergibt die behördliche Überwachung, dass ein nach Absatz 1 der Abgabenberechnung zugrunde zu legender Überwachungswert oder eine Festlegung nach Absatz 4 Satz 6 nicht eingehalten ist oder nicht als eingehalten gilt, finden die Absätze 1 bis 4 Anwendung (§ 4 Abs. 5 Sätze 5 und 6 AbwAG).
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Nach diesen Regelungen setzt die Bemessung der Abwasserabgabe nach der Heraberklärung des Einleiters den Nachweis der Einhaltung der erklärten Werte anhand des behördlich zugelassenen Messprogramms (unter Einbeziehung der behördlichen Überwachungsergebnisse) voraus. Einen derartigen Nachweis hat der Kläger nicht erbracht, da er den Nachweis der Einhaltung der hinsichtlich der Parameter CSB und Nges erklärten Werte nicht unter Anwendung des vom Beklagten zugelassenen Messprogramms geführt hat.
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Der Beklagte hat mit Bescheiden vom 01. April 2009 und vom 13. Juli 2009 das vom Kläger für die Zeiträume vom 15. April 2009 bis zum 31. August 2009 und vom 01. September 2009 bis zum 31. Dezember 2009 auf den landeseinheitlichen Vordrucken jeweils beantragte Messprogramm antragsgemäß zugelassen und insoweit die Seiten 1 und 2 des Vordrucks zu Bestandteilen der Zulassungsbescheide erklärt (Ziffer 2 der Zulassungsbescheide) sowie nochmals ausdrücklich auf die Nummern 1 bis 5 der Seite 2 des Vordrucks Bezug genommen. In den Zulassungsbescheiden heißt es insoweit jeweils unter Ziffer 4:
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„Das Messprogramm wird, wie unter Nr. 1 bis 5, Seite 2/3, des Vordrucks 5 beantragt, genehmigt.“
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Nummer 4 des Vordrucks lautet wiederum:
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„4. Analysenverfahren
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Die Analysen werden nach den in der Anlage zu § 3 des AbwAG aufgeführten Verfahren durchgeführt“.
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Damit sind Gegenstand des vom Beklagten jeweils zugelassenen Messprogramms ausschließlich die Analysenverfahren geworden, die in der Anlage zu § 3 AbwAG aufgeführt sind.
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Die Zulassungsbescheide können nicht dahingehend ausgelegt werden, dass auch andere vergleichbare oder gleichwertige Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 2 der Abwasserverordnung (AbwV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juni 2004 (BGBl. I S. 1108, 2625), geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 19. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2461), im Rahmen des Messprogramms zugelassen werden. Der Regelungsgehalt der Bescheide bestimmt sich nach dem objektiven Empfängerhorizont, d.h. danach, wie die behördliche Entscheidung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtungsweise zu verstehen ist (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – BVerwG 3 C 7.13 – Juris Rn. 18). Bei objektiver Betrachtung aus der Sicht des Klägers können die Zulassungsbescheide aber einzig dahin verstanden werden, dass nur die in der Anlage zu § 3 AbwAG benannten Analysenverfahren innerhalb des Messprogramms zugelassen werden. Durch ihre ausdrückliche Bezugnahme auf Nr. 4 der Seite 2 des landeseinheitlichen Vordrucks, unter der allein die vorgenannten und gerade keine anderen (gleichwertigen) Verfahren aufgeführt sind, und die vom Kläger bei der Antragstellung insoweit auch nicht abgeändert oder um weitere Verfahren ergänzt worden ist, ist klar und eindeutig bestimmt, dass nur die genannten Verfahren von der behördlichen Zulassung erfasst werden. Vor diesem Hintergrund und mit Blick darauf, dass auch im Rahmen des Ordnungsrechts die Verwendung gleichwertiger statt der in § 4 Abs. 1 AbwV aufgeführten Analysen- und Messverfahren eine ausdrückliche Regelung in der wasserrechtlichen Erlaubnis erfordert (§ 4 Abs. 2 AbwV), und die gleichwertigen Verfahren nicht schon allein wegen ihrer „Gleichwertigkeit“ angewandt werden können, scheidet nach dem objektiven Empfängerhorizont eine andere Auslegung als die dargestellte aus. Dass im Rahmen der (ordnungsrechtlichen) Eigenüberwachung nach der Eigenüberwachungsverordnung vom 01. Juli 1999 (GVBl. LSA S. 182), geändert durch die Verordnung vom 22. Oktober 2003 (GVBl. LSA S. 276, 2004, S. 45), auch andere Mess- und Analysenverfahren Anwendung finden können, ändert an dem gefundenen Ergebnis nichts, weil nicht die (ordnungsrechtliche) Eigenüberwachung nach der Eigenüberwachungsverordnung in Rede steht, sondern ein abgabenrechtlich relevanter Nachweis der Einhaltung geringer erklärter Werte, der an die Durchführung eines gesondert von der Behörde zuzulassenden Messprogramms geknüpft ist.
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Dass im Rahmen der staatlichen Überwachung des Parameters CSB abweichend von der Anlage zu § 3 AbwAG auch das Verfahren zur Bestimmung des organisch gebundenen Sauerstoffs (TOC) nach Nr. 305 der Anlage zu § 4 AbwV Anwendung findet, gründet darin, dass nach § 6 Abs. 3 AbwV ein in der wasserrechtlichen Zulassung festgesetzter Wert für den Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) unter Beachtung von Absatz 1 auch dann als eingehalten gilt, wenn der vierfache Wert des gesamten organisch gebundenen Sauerstoffs (TOC), bestimmt in Milligramm je Liter, diesen Wert nicht überschreitet. Daraus lässt sich aber nichts dafür gewinnen, dass dem Kläger der Nachweis der Einhaltung der heraberklärten Werte auch durch andere – vergleichbare bzw. gleichwertige – Analysen- und Messverfahren nachgelassen ist.
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Die sonach seitens des Beklagten zugelassenen, in der Anlage zu § 3 des AbwAG benannten Analysenverfahren für die Parameter CSB und Nges hat der Kläger jedoch nicht angewandt und daher den Nachweis der Einhaltung der heraberklärten Werte nicht anhand des zugelassenen Messprogramms geführt.
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In der von der Anlage zu § 3 AbwAG in Bezug genommenen Nr. 303 der Anlage zu § 4 AbwV ist bestimmt, dass hinsichtlich des Parameters CSB die DIN 38409-H 41 (Ausgabe Dezember 1980) anzuwenden ist. Für den Parameter Nges als Summe der Einzelbestimmungen aus Nitratstickstoff (NO3N), Nitritstickstoff (NO2N) und Ammoniumstickstoff (NH4N) bestimmt die Anlage zu § 3 AbwAG als anzuwendende Analysenverfahren die in den Nummern 106 (NO3N), 107 (NO2N) und 202 (NH4N) der Anlage zu § 4 AbwV genannten, d.h. die Verfahren nach DIN EN ISO 10304-2 (Ausgabe November 1996), nach DIN EN 26777 (Ausgabe April 1996) und nach DIN EN ISO 11732 (Ausgabe September 1997).
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Der Kläger hat indes die Analysen unstreitig nicht nach diesen DIN-Normen durchgeführt, sondern davon abweichend Küvettentests angewandt, bei denen es sich nach seinem Vortrag im Schreiben vom 23. April 2013 (S. 36 f. der Beiakte A) um Betriebsmethoden der Abwasseranalytik handelt (vgl. auch Stellungnahme des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft vom 09. April 2013, S. 34 f. der Beiakte A).
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Dass sich mit den angewandten Verfahren vergleichbare Ergebnisse erzielen lassen, ist unerheblich. Maßgeblich ist nach der das Abwasserabgabenrecht beherrschenden Formstrenge allein, ob der Nachweis der Einhaltung der heraberklärten Werte mit dem behördlich zugelassenen Messprogramm geführt worden ist. Daher ist es auch nicht von Belang, ob durch die Anwendung des zugelassenen Verfahrens im konkreten Einzelfall ein anderes Ergebnis zu erwarten gewesen wäre. Nicht anders verhielte es sich auch um umgekehrten Fall, wenn die behördliche Überwachung unter Anwendung lediglich eines gleichwertigen Verfahrens eine Überwachungswertüberschreitung ergäbe. Auch in diesem Falle wäre das behördliche Ergebnis unabhängig davon nicht verwertbar, ob im konkreten Fall die Einhaltung des maßgeblichen Wertes auch bei Verwendung der Analysenverfahren nach der Anlage zu § 3 AbwAG ausgeschlossen werden könnte. Ebenso scheidet die Veranlagung nach den heraberklärten Werten aus, wenn die Erklärungsfrist nach § 4 Abs. 5 Satz 3 AbwAG nicht eingehalten worden ist, oder die Umstände, auf denen die Erklärung beruht, nicht dargelegt wurden. Auch in diesen Fällen führt allein der formale Mangel unabhängig von einem materiellen Nachweis zur Unbeachtlichkeit der Heraberklärung (vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 29. April 2015 – B 4 K 14.45 – Juris Rn. 28, 30).
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Soweit der Kläger schließlich Vertrauensschutz „einfordert“, vermag er auch damit nicht durchzudringen. Es liegt bereits kein Verhalten des Beklagten vor, dass Vertrauensschutz dahingehend begründen könnte, den Nachweis der Einhaltung der heraberklärten Werte auch mit anderen als den in der Anlage zu § 3 AbwAG aufgeführten und von den Zulassungsbescheiden des Beklagten vom 01. April 2009 und vom 13. Juli 2009 in Bezug genommenen Analysen- und Messverfahren erbringen zu können. Soweit der Beklagte in den vorangegangenen Veranlagungsjahren der Abgabenfestsetzung die Heraberklärungen zugrunde gelegt hatte, obwohl der Kläger dieselben Analysenverfahren angewandt hatte wie im Jahr 2009, ergibt sich daraus kein entsprechender Vertrauenstatbestand. Denn dies beruhte nach den Darlegungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung darauf, dass er bis zum Jahr 2013, in dem der Kläger erstmals Angaben zu den tatsächlich angewandten Analysenverfahren machte, davon keine Kenntnis hatte, weil er den Angaben in den vom Kläger eingereichten Nachweisen, das Messprogramm entsprechend den Festlegungen des Zulassungsbescheids durchgeführt zu haben, Glauben geschenkt und insoweit von einer weiteren Überprüfung abgesehen hatte. Ebenso wenig wird durch das Zuwarten des Beklagten mit der Festsetzung der Abgabe für das Jahr 2009 bis zum Jahr 2013 eine Vertrauensgrundlage hinsichtlich der Anerkennung der angewandten Analysenverfahren zum Nachweis der Einhaltung der heraberklärten Werte geschaffen.
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II. Soweit der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid eine Abwasserabgabe für Kleineinleitungen in Höhe von 1.825,30 Euro festgesetzt hat, ist der Bescheid ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage für die vom Beklagten festgesetzte Abwasserabgabe für Kleineinleitungen sind §§ 1, 8, 9 Abs. 2 Satz 2 AbwAG i.V.m. §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 5, 7 Abs. 3 des Ausführungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zum Abwasserabgabengesetz (AG AbwAG) vom 25. Juni 1992 (GVBl. LSA S. 580) in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2005 (GVBl. LSA S. 769). Danach ist der Kläger an Stelle von Einleitern, die im Jahresdurchschnitt weniger als acht Kubikmeter je Tag Schmutzwasser aus Haushaltungen und ähnliches Schmutzwasser einleiten, abgabepflichtig. Die Zahl der Schadeinheiten beträgt die Hälfte der Zahl der nicht an die Kanalisation angeschlossenen Einwohner, wobei bei der Berechnung oder Schätzung der Zahl der nicht an die Kanalisation angeschlossenen Einwohner von den Verhältnissen am 30. Juni des Kalenderjahres auszugehen ist, für das die Abgabe zu entrichten ist. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 AbwAG i.V.m. § 5 Abs. 1 AG AbwAG bleiben u.a. die Einwohner unberücksichtigt, deren Abwasser rechtmäßig einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird. Hinsichtlich des letztgenannten Umstands, d.h. der Nichtberücksichtigung von Einwohnern bei der pauschalen Berechnung der Abwasserabgabe, trägt der Kläger die materielle Beweislast (OVG Bautzen, Beschluss vom 03. Juli 2015 – 5 B 158/15 – Juris Rn. 10 ff; Urteil der Kammer vom 19. Oktober 2012 – 4 A 410/10 HAL – Juris Rn. 57).
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Danach hat der Beklagte für die zwischen den Beteiligten streitigen, über Sammelgruben verfügenden Grundstücke {E.} Berg 1, 1a, und 12 in {F.} und Am in {D.} zu Recht eine Kleineinleiterabgabe festgesetzt, weil der Kläger insoweit nicht nachwiesen hat, dass zum Stichtag 30. Juni 2009 sichergestellt war, dass das anfallende Schmutzwasser vollständig in einer Sammelgrube gesammelt und einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage zugeführt worden wird.
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Soweit es das Grundstück {E.} Berg 1 in {F.} betrifft, macht der Kläger geltend, es sei am 27. Juni 2009 ein neuer und daher dichter Sammelbehälter geliefert und eingebaut worden. Er hat indes bereits keinen Nachweis über den ordnungsgemäßen Einbau an diesem Tag vorgelegt. Vielmehr hat er beim Beklagten lediglich einen Lieferschein über Lieferung einer Sammelgrube am 16. Mai 2009 – frei Bordsteinkante – eingereicht. Auch aus dem vorgelegten Abwassergebührenbescheid des Beklagten vom 07. Mai 2010 ergibt sich lediglich, dass für dieses Grundstück für den Zeitraum vom 01. Juli 2009 bis 15. März 2010 ein Wasserverbrauch von 17 m³ abzüglich des am Zwischenzähler ermittelten Verbrauchs von 4 m³ zugrunde gelegt wurde und dass beide Zähler mit dem Anfangsstand „0“ berücksichtigt worden sind. Über den Einbau, die Inbetriebnahme und Dichtheit der neuen Sammelgrube gibt der Bescheid jedoch keine Auskunft. Darüber hinaus beträgt der geltend gemachte, auf das zweite Halbjahr 2009 entfallende Wasserverbrauch – unter Abzug des Gartenwassers – von 8 m³ für zwei Personen (entspricht 22 l je Einwohner und Tag) weit weniger als ein Drittel des durchschnittlichen Wasserverbrauchs im Landkreis {G.} im Jahr 2009 (78,8 l je Einwohner und Tag; vgl. https://www.statistik.sachsen-anhalt.de/apps/StrukturKompass/indikator/zeitreihe/62). Ein derart geringer Verbrauch ist für einen normalen Haushalt auch bei sparsamem Umgang mit Wasser unrealistisch niedrig, da diese Wassermenge bereits im Wesentlichen allein für die Toilettennutzung anfallen dürfte. Im Hinblick darauf, dass Wasser auch für Körperpflege, Kochen, Putzen, Spülen und Wäsche waschen benötigt wird, bestehen Zweifel daran, dass der Wasserverbrauch auf dem Grundstück vollständig erfasst und Wasser nicht auch auf andere Weise als aus der öffentlichen Trinkwasserversorgung bezogen worden ist. Diese Zweifel hat der Kläger nicht ausgeräumt, da er den abnorm geringen Wasserverbrauch nicht plausibel gemacht hat. Im Hinblick darauf kann er sich auch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass von dem Grundstück am 09. September 2009 und am 04. November 2009 jeweils 3 m³ Abwasser abgefahren worden sind und die 3 m³ fassende Sammelgrube nach seinem – allerdings nicht belegten – Vortrag im Januar 2010 erneut geleert wurde.
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Auch hinsichtlich der Grundstücke {E.} Berg 1a und 12 in {F.} bestehen vom Kläger nicht ausgeräumte Zweifel daran, dass der dargelegte Wasserverbrauch zutreffend und das angefallene Schmutzwasser vollständig einer Abwasserbehandlungsanlage zugeführt worden ist. Nach dem vorgelegten Abwassergebührenbescheid des Beklagten vom 07. Mai 2010 sind auf dem Grundstück {E.} Berg 1a im Zeitraum vom 01. Juli 2009 bis zum 15. März 2010 8 m³ Wasser bezogen worden, von dem der Kläger dem 2. Halbjahr 2009 6 m² zugerechnet hat. Das entspricht im Hinblick auf die zwei Bewohner des Grundstücks einem Wasserverbrauch von lediglich 16,5 l je Einwohner und Tag, den der Kläger nicht plausibel gemacht hat. Darüber hinaus wurden nach den vorgelegten Entsorgungsnachweisen am 02. September 2009 und am 09. November 2009 jeweils 3 m³ Abwasser von dem Grundstück abgefahren. Wurden aber die im zweiten Halbjahr 2009 aus der öffentlichen Trinkwasserversorgung bezogenen 6 m³ Wasser bereits bis zum 09. November 2009 entsorgt, legt auch dies den Verdacht nahe, dass der Wasserbezug auf dem Grundstück nicht allein aus der öffentlichen Trinkwasserversorgung erfolgte. Bestehen somit Unklarheiten hinsichtlich der Menge des bezogenen Wassers, kann der Kläger auch nicht den Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung des gesamten angefallenen Schmutzwassers anhand der vorgelegten Entsorgungsnachweise führen. Für das Grundstück {E.} Berg 12 weisen die Abwassergebührenbescheide des Beklagten vom 02. Juli 2009 und vom 20. Juli 2010 für das Jahr 2009 gar nur einen Wasserverbrauch – unter Abzug des Gartenwassers – von 4 m³, das entspricht lediglich 11 l am Tag, aus, den der Kläger nicht plausibel gemacht hat. Zudem hat er einzig einen Entsorgungsnachweis vom 27. Juli 2009 über eine Abwassermenge von 1 m³ vorgelegt. Insoweit ist noch nicht einmal plausibel gemacht, dass das Schmutzwasser, das aus der im Jahr 2009 aus der öffentlichen Trinkwasserversorgung bezogenen Menge von 1 m³ resultiert, vollständig einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt worden ist.
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Soweit es schließlich das Grundstück Am in {D.} betrifft, wurden nach den vorgelegten Abwassergebührenbescheiden des Beklagten vom 20. Juli 2009 und vom 08. Dezember 2009 im Zeitraum vom 01. Januar bis zum 13. Mai 2009 und im Zeitraum vom 14. Mai bis zum 15. Oktober 2009 jeweils 12 m³ Wasser bezogen. Verteilt man den Wasserverbrauch im letztgenannten Zeitraum gleichmäßig auf die betreffenden Monate, ergibt sich im Jahr 2009 bis zur erstmaligen Entsorgung der Sammelgrube am 05. August 2009 ein Verbrauch von etwa 19 m³. Im Hinblick darauf, dass am 05. August 2009 jedoch nur 11 m³ Abwasser entsorgt wurden, ist der Nachweis der Sicherstellung der vollständigen ordnungsgemäßen Entsorgung des Schmutzwassers zum Stichtag 30. Juni 2009 nicht geführt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 und 161 Abs. 2 VwGO. Dem Kläger sind auch die Kosten des Verfahrens hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils aufzuerlegen, weil er erstmals im gerichtlichen Verfahren durch neuen Sachvortrag, den der Beklagte zum Anlass der teilweisen Aufhebung des Bescheids genommen hat, der Abgabenfestsetzung des Beklagten den Boden entzogen hatte. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
- § 8 Abs. 2 Satz 2 AbwAG 1x (nicht zugeordnet)
- AbwV § 4 Analysen- und Messverfahren 5x
- § 4 Abs. 5 Satz 1 AbwAG 1x (nicht zugeordnet)
- § 5 Abs. 1 AG 1x (nicht zugeordnet)
- 5 B 158/15 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- VwGO § 155 1x
- §§ 1, 8, 9 Abs. 2 Satz 2 AbwAG 3x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Verwaltungsgericht Halle (4. Kammer) - 4 A 410/10 1x
- VwGO § 154 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- VwGO § 92 1x
- § 4 Abs. 5 Satz 3 AbwAG 1x (nicht zugeordnet)
- AbwV § 6 Einhaltung der Anforderungen 2x
- VwGO § 113 2x
- VwGO § 167 1x
- § 3 des AbwAG 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 161 1x
- § 3 AbwAG 10x (nicht zugeordnet)