Urteil vom Verwaltungsgericht Hamburg (16. Kammer) - 16 A 5054/14
Tenor
Ziffer 2. des Bescheides vom 17. Oktober 2014 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu zwei Drittel und die Beklagte zu ein Drittel.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem die Beklagte festgestellt hat, dass der Klägerin in Deutschland kein Asylrecht zusteht, und mit dem sie die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet hat.
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Die Klägerin ist eigenen Angaben und des bei der Beklagten vorgelegten Personalausweises zufolge Syrerin. Sie verließ ihr Heimatland und reiste zunächst nach Bulgarien. Auf ihren dortigen Asylantrag hin wurde ihr am 20. Dezember 2013 der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt. Sie reiste sodann weiter und gelangte Ende April 2014 nach Deutschland. wo sie am 8. Mai 2014 wiederum einen Asylantrag stellte. Dabei gab sie an, dass ihre Fingerabdrücke in Bulgarien genommen worden seien. Die Beklagte überprüfte zunächst ihre Erfassung in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Ihre Eurodac-Anfrage ergab einen Treffer für Bulgarien mit einem dort gestellten Asylantrag am 11. November 2013. Daraufhin richtete sie am 8. Juli 2014 ein Wiederaufnahmegesuch an den bulgarischen Staat und erhielt am 22. Juli 2014 die Antwort, dass die Klägerin in Bulgarien den Status als subsidiär Schutzberechtigte erhalten habe, weshalb eine Aufnahme der Klägerin nach dem Dublin III-Abkommen nicht Platz greifen könne und ein Antrag nach dem Rückübernahmeabkommen bei der Grenzpolizei in Sofia gestellt werden solle. Mit Schreiben vom 22. August 2014 und vom 29. September 2014 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass ihr Verlobter, im Besitz eines Aufenthaltstitels sei.
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Mit Bescheid vom 17. Oktober 2014, der der Klägerin einen Tag später zugestellt wurde, stellte die Beklagte unter Ziffer 1. fest, dass der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe und ordnete unter Ziffer 2. ihre Abschiebung nach Bulgarien an. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin aus einem sicheren Drittstaat eingereist sei und sich deshalb nach § 26a Abs. 1 S. 1 AsylVfG nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen könne. Die Ausnahmen des § 26a Abs. 1 S. 3 AsylVfG lägen nicht vor. Über die Voraussetzungen zur Gewährung internationalen Schutzes und das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG sei nach § 31 Abs. 4 AufenthG nicht zu entscheiden. Die Abschiebungsanordnung beruhe auf § 34a Abs. 1 S. 1 AsylVfG.
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Hiergegen hat die Klägerin am 28. Oktober 2014 Klage erhoben. Eine Überführung nach Bulgarien sei deshalb nicht angezeigt, weil ihr Verlobter und auch weitere Verwandte yezidischen Glaubens in Deutschland leben würden. Sie kündigte an, dass die standesamtliche Eheschließung in Deutschland vollzogen werde, sobald dies möglich sei. Weiter trägt sie vor, dass die Zustände in Bulgarien so geartet seien, dass von systematischen Mängeln gesprochen werden müsse. Eine Rückkehr nach Bulgarien sei daher für sie nicht zumutbar. Auf jeden Fall bestehe ein Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2014 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung. Ergänzend führt sie aus, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2015 (1 B 41.15) nicht entgegenstehe. Das Bundesverwaltungsgerichts habe nur befunden, dass eine Abweisung eines Asylantrages, der vor dem 20. Juli 2007 gestellt worden sei, aus unionsrechtlichen Gründen nicht allein deshalb als unzulässig erfolgen dürfe, weil dem Betroffenen in einem anderen EU-Mitgliedstaat bereits subsidiärer Schutz gewährt worden sei. Andere Gründe, die eine Unzulässigkeit begründen, seien aber nach wie vor relevant. Eine Ablehnung des erneuten Asylantrages ohne inhaltliche Anspruchsprüfung sei im Rahmen des § 71a Abs. 1 AsylG wegen der unionsrechtliche Unzuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland - unberührt von dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - möglich und sei in dieser Vorschrift auch zwingend vorgesehen.
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Die Klägerin hat mit Schriftsätzen vom 9. Dezember 2015 und vom 19. Mai 2016 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Die Beklagte hat sich im Wege ihrer allgemeinen Prozesserklärungen (Stand: 24. März 2016) für alle erstinstanzlichen Streitsachen nach dem Asylgesetz, für die nicht ausdrücklich in der Schriftstückliste der Verfahrensakte des Bundesamtes vor der Zustellung des Bescheides eine „besondere Prozessbeobachtung“ verfügt wurde - was hier nicht der Fall ist -, mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
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Die Kammer hat mit Beschluss vom 25. Juni 2015 nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
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Dem Gericht hat die von der Beklagten geführte Sachakte vorgelegen. Auf dessen Inhalt sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die Entscheidung konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben. Sie konnte gemäß § 76 Abs. 1 AsylG durch den Einzelrichter getroffen werden, da ihm der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer übertragen worden ist.
II.
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Soweit sich die Klägerin gegen die in dem Bescheid vom 17. Oktober 2016 getroffene Feststellung wendet, dass ihr in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe, ist die Anfechtungsklage zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg (dazu 1.). Mit ihrem gegen die Abschiebungsanordnung nach Bulgarien gerichteten Klageantrag dringt sie hingegen durch (dazu 2.).
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1. Die Regelung in Ziffer 1. des angefochtenen Bescheides vom 17. Oktober 2014 ist nicht aufzuheben. Die Feststellung, dass der Klägerin kein Asylrecht zusteht, ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Die Beklagte hat dem Asylantrag der Klägerin zu Recht nicht entsprochen. Die für die Entscheidung des Gerichts maßgebliche Rechtsgrundlage ist § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in der seit dem 6. August 2016 geltenden Fassung. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz gewährt hat. Dies ist bei der Klägerin der Fall. Ihr wurde nämlich in dem EU-Mitgliedstaat Bulgarien subsidiärer Schutz gewährt, was eine Form des internationalen Schutzes nach dem Asylgesetz ist (dort Abschnitt 2, Unterabschnitt 2).
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Der Verfahrensmangel, dass die Klägerin vor Erlass des Bescheides nicht gem. § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG persönlich angehört worden ist, ist nach der Bestimmung in § 46 VwVfG unerheblich, weil der Ausspruch in Ziffer 1. des Bescheides nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG eine gebundene Entscheidung darstellt (vgl. auch zu Art. 5 EU-Verordnung Nr. 604/2013: VG Cottbus, Beschluss vom 11.10.2016 - 5 L 387/16.A -, juris).
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a) Obwohl die Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 17. Oktober 2014 auf § 26a AsylG gestützt hat, hat das Gericht seiner Entscheidung die neue Fassung des § 29 Abs. 1 AsylG zugrunde zu legen.
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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens sind das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798) sowie das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGB. I S. 162, beide zuletzt geändert durch Art 5 und 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. 1939), das am 6. August 2016 in Kraft getreten ist. Die Pflicht des Gerichts, das aktuelle Asylrecht anzuwenden ergibt sich aus § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG, wonach die Rechtslage zu Grunde zu legen ist, die zu dem Zeitpunkt besteht, in dem die gerichtliche Entscheidung im schriftlichen Verfahren gefällt wird. Für die in § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG geregelte Fallgruppe, dass dem Ausländer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bereits internationaler Schutz gewährt worden ist, verdrängt diese neue Vorschrift die Regelung in § 26a Abs. 1 Sätze 1 und 2 AsylG zu Asylanträgen von Ausländern, die aus sicheren Drittstaaten eingereist sind. Die Anwendung des § 26a AsylG ist nach der Neufassung des § 29 AsylG in den von dieser neuen Vorschrift erfassten Fallgruppen nicht mehr möglich (OVG Münster, Urteile vom 24.08.2016 - 13 A 63/16.A –, juris, und vom 22.09.2016 – 13 A 2448/15.A -, juris; VG Kassel, Beschluss vom 8.10.2016 - 4 L 1781/16.KS.A -, juris; Bethke/Hocks, Asylmagazin 2016, S. 337, 340; andere Ansicht: OVG Saarlouis, Urteil vom 25.10.2016 – 2 A 95/16 -, juris).
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Mit der Neufassung des § 29 AsylG hat der Gesetzgeber zur besseren Übersichtlichkeit und Vereinfachung der Rechtsanwendung die möglichen Gründe für die Unzulässigkeit in einem Katalog zusammengefasst (BT-Drs. 18/8612, S. 51; BVerwG, Urteil vom 09.08.2016 – 1 C 6.16 -, juris). Diesem gesetzgeberischen Ziel, ist bei der Auslegung Rechnung zu tragen. Die sinnvolle Vereinfachung und Bündelung kann nur erreicht werden, wenn die Vorschrift in § 29 AsylG als vorrangig betrachtet wird. Ohnehin war die Drittstaatenregelung in § 26a AsylG keine auf die Binnenmigration von Asylsuchenden und von anerkannt Schutzberechtigten in der Europäischen Union zugeschnittene Bestimmung und wies in diesem nunmehr von § 29 Abs. 1 AsylG n.F. erfassten Bereich in mehrfacher Hinsicht Friktionen auf (vgl. Bethke/Hocks, Asylmagazin 2016, S. 337, 339; Funke-Kaiser, Asylmagazin 2015, S. 148, 151), deren Abhilfe die Neuregelung dienen soll. Schließlich verdeutlicht die Bestimmung in § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG, wonach ein Asylantrag unzulässig ist, wenn ein sicherer Drittstaat gemäß § 26a AsylG bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, dass diese Drittstaatenregelung in dem Anwendungsbereich des § 29 AsylG n.F. und nicht gelöst von dieser Regelung zur Anwendung kommen soll.
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Demgegenüber folgt das Gericht nicht dem Oberverwaltungsgericht Saarlouis (Urteil vom 25.10.2016 – 2 A 95/16 -, juris), das in der fraglichen Fallkonstellation die Drittstaatenregelung in § 26a AsylG weiterhin anwendet und nicht die Bestimmungen in § 29 AsylG n.F. vorzieht. Eine Begründung, weshalb das Obergericht nicht die aktuell gültige Fassung des Asylgesetzes herangezogen hat, wie es die Bestimmung in § 77 Abs. 1 AsylG eigentlich vorgibt, ist dem genannten Urteil nicht zu entnehmen. Eine weitergehende Auseinandersetzung mit dieser Rechtsanwendung ist daher nicht möglich.
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b) Im Rahmen der Neuregelung des § 29 AsylG erachtet das Gericht für die hier gegebene Fallkonstellation - also die Gewährung subsidiären Schutzes in einem anderen EU-Mitgliedstaat und der anschließenden Weiterreise des insoweit Begünstigten in das Bundesgebiet mit erneuter Asylantragstellung - die Regelung in Absatz 1 Nummer 2 dieser Vorschrift für einschlägig (ebenso: VG Kassel, Beschluss vom 18.10.2016 – 4 L 1781/16.KS.A -, juris; Bethke/Hocks, Asylmagazin 2016, S. 336, 340) und nicht die in Absatz 1 Nr. 1 Buchst. a (so aber: OVG Münster, Urteil vom 22.09.2016 – 13 A 2448/15.A -, juris; VG Düsseldorf, 12 K 7819/16.A -, juris).
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aa) Die Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG auf die hier in Rede stehende Fallgruppe erscheint deshalb nicht stimmig, weil bei einer Gewährung des Flüchtlingsstatus in einem anderen EU-Mitgliedstaat durchweg die Regelung in § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG angewendet wird (so z.B. OVG Münster, Urteil vom 24.08.2016 – 13 A 63/16.A -, juris). Dies erscheint auch bei Gewährung nur des subsidiären Schutzes geboten. Eine Unterscheidung danach, ob der subsidiäre Schutz oder die Flüchtlingseigenschaft in einem anderen EU-Mitgliedstaat zuerkannt worden ist, gibt der Wortlaut des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht her. Dort wird nämlich nicht zwischen der Gewährung subsidiären Schutzes einerseits und der Flüchtlingseigenschaft anderseits differenziert, sondern es ist nur einheitlich von der Gewährung internationalen Schutzes die Rede. Zum internationalen Schutz zählt gleichermaßen der Flüchtlingsstatus wie auch der subsidiäre Schutz. Vor allem aus den Regelungen im Abschnitt 2., Unterabschnitt 2 des Asylgesetzes ergibt sich, dass der internationale Schutz beide Schutzkategorien umfasst. Seit Inkrafttreten der Neufassung der EU-Qualifikationsrichtlinie von 2011 (2011/95/EU) ist diese Unterscheidung ohnehin obsolet. Denn damit wurde der Oberbegriff des „internationalen Schutzes“ für beide Schutzniveaus – Flüchtlingsanerkennung und subsidiärer Schutz – in das Europäische Asylsystem eingeführt, sodass eine in einem anderen EU-Staat subsidiär schutzberechtigte Person als dort anerkannt gilt (Bethke/Hocks, Asylmagazin 2016, S. 337, 340). Hätte der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 29 AsylG die Unterscheidung der beiden Arten des internationalen Schutzes gewollt, so wäre es ein Leichtes gewesen, anstatt des Oberbegriffes „internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2“ den Begriff „Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1“ zu wählen. Dafür, dass es sich um ein Versehen bei der Wortwahl gehandelt haben könnte, das einer Korrektur durch die Judikative bedarf, gibt es keinen Anhalt.
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bb) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die - im Wortlaut des § 29 Abs. 2 AsylG nicht angelegte - Unterscheidung zwischen den beiden Schutzniveaus zu einer Aufspaltung der Fallgruppe anerkannt international Schutzberechtigter führt, die die Rechtsanwendung unnötig verkompliziert, obwohl der Gesetzgeber - wie oben ausgeführt - gerade eine Vereinfachung angestrebt hat. Wird nämlich der in einem anderen EU-Staat gewährte subsidiäre Schutz (im Rahmen des § 29 Abs.2 AsylG) nicht als Gewährung internationalen Schutzes i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG angesehen, so würde ein Antrag bezogen auf die angestrebte „Aufstockung“ zum Flüchtlingsstatus der Dublin III-Verordnung unterfallen, was wiederum eine Zuständigkeitsprüfung nach dieser Verordnung einschließlich der Frage nach systemischen Schwachstellen des Asylsystems und in dem schon schutzgewährenden EU-Mitgliedstaat nach sich zöge, obwohl die betreffende Person das Asylverfahren dort schon abschließend durchlaufen hat (ebenso gegen eine Anwendung der Dublin III-VO in diesen Fällen von in einem in einem anderen EU-Mitgliedstaat gewährtem subsidiären Schutz: VG Aachen, Urteil vom 28.10.2015 – 8 299/15.A -, juris; VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 – 23 K 906/14.A -, juris; Schweizer Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 02.02.2015 - Abteilung IV D-534/2015/plo -, www.bvger.ch; Marx, AsylVfG, 8. Aufl., 2014, § 27a Rn. 11; für die Anwendung der Dublin III-VO: OVG Münster, Urteil vom 22.09.2016 - 13 A 2448/15.A -, juris; VG Berlin, Urteil vom 10.09.2015 - 33 K 113.15A -, juris; Bergmann, ZAR 2015, S. 81, 83; so wohl auch: Funke-Kaiser, Asylmagazin 2015, S. 148, 150; offen gelassen: VGH Mannheim, Urteil vom 29.04.2015 – A 11 S 57/15 -, juris).
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cc) Eine Aufspaltung des internationalen Schutzes in den Flüchtlingsschutz einerseits und den subsidiären Schutz andererseits würde auch Anwendungsprobleme der Dublin III-Verordnung aufwerfen. Diese Verordnung kennt nämlich nur den „Antragsteller“ (Art. 1 c Dublin III-VO) und den „Begünstigten internationalen Schutzes“ (Art. 2 f Dublin III-VO), nimmt dazwischen aber keine Unterscheidung vor (vgl. Funke-Kaiser, Asylmagazin 2015, S. 148, 149). Sobald der Antrag in dem anderen EU-Mitgliedstaat dadurch beschieden worden ist, dass die Person subsidiären Schutz erhalten hat, ist der Antrag nicht mehr anhängig, selbst wenn ihm dabei der Flüchtlingsstatus versagt worden ist. Ist über den Antrag entschieden worden, kann diese Person nicht mehr als Antragsteller im Sinne des Art. 2 c Dublin III-VO eingeordnet werden. Als Antragsteller im Sinne der Dublin III-Verordnung kann er auch nicht wegen des im Bundesgebiet wiederholt gestellten Antrages angesehen werden. Er ist nämlich schon als Begünstigter im Sinne des Art. 2 f Dublin III-VO zu qualifizieren, nachdem ihm der internationale Schutz in dem anderen EU-Mitgliedstaat zuerkannt worden und er dort folglich gem. Art 24 QRL zum Aufenthalt berechtigt ist.
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Soweit in der Literatur die Anwendbarkeit der Dublin III-Verordnung unter Hinweis auf die Regelungen in Art. 18 Abs. 1 b) bzw. d) Dublin III-VO auch nach einer Zuerkennung des subsidiären Schutzes bei gleichzeitiger Ablehnung des Flüchtlingsstatus angenommen wird, weil der „Flüchtlingsschutzantrag“ abgelehnt worden sei (Bergmann, ZAR 2015, S. 81, 83), passt dies begrifflich nicht, weil die Verordnung einen solchen „Flüchtlingsschutzantrag“ nicht kennt, sondern ausweislich der Legaldefinition in Art. 2 b) Dublin III-VO nur den einheitlichen „Antrag auf internationalen Schutz“, was im Übrigen auch Art. 2 h der Qualifikationsrichtlinie (2011/95/ EU) entspricht und letztlich auch § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG entspricht.
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Bei einer Aufspaltung des internationalen Schutzes im Rahmen der Dublin III-Verordnung und des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG käme das praktische Umsetzungsproblem hinzu, dass - wie vom Oberverwaltungsgericht Münster in der genannten Entscheidung vom 22. September 2016 auch angesprochen - andere EU-Mitgliedstaaten, wie z.B. die besonders für die Binnenmigration von Schutzberechtigten relevanten Staaten Italien und Bulgarien, bei der Anwendung der Dublin III-Verordnung die Person, der nur subsidiärer Schutz gewährt wurde, nicht als dieser Verordnung unterfallenden Antragsteller einstufen, sondern als Begünstigter. Dieses unter den anderen EU-Mitgliedstaaten verbreitete Verständnis der Dublin III-Verordnung hat zur Folge, dass diese Staaten ausweislich ihrer Antworten auf die Anfragen der Beklagten, nicht zur Wiederaufnahme nach der Dublin III-Verordnung bereit sind und auf die bilateralen Übernahmeabkommen verweisen. Dieses Umsetzungsproblem, das bei einer Aufspaltung des internationalen Schutzes entsteht, wäre in absehbarer Zeit auf zwischenstaatlicher Ebene kaum lösbar. In Kenntnis dieser Handhabung der Dublin III-Verordnung, sie nach Gewährung internationalen Schutzes - ohne Differenzierung des Niveaus - nicht mehr anzuwenden, wird es nicht Wille des Gesetzgebers gewesen sein, mit der Neufassung des § 29 AsylG derartige Unwägbarkeiten in der zwischenstaatlichen Umsetzung bei der Rückführung von in der Europäischen Union migrierenden Flüchtlingen auszulösen, sondern im Gegenteil eine auch im internationalen Rahmen gangbare und rechtlich handhabbare Regelung zu schaffen.
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dd) Die von der Beklagten angeführte Regelung zum Zweitantrag in § 71a AsylG findet hier keine Anwendung und zwar auch nicht über die Neuregelung in § 29 Abs. 5 AsylG. Die Bestimmung über den Zweitantrag ist nur dann einschlägig, wenn dem Antragsteller der internationale Schutz in einem anderen EU-Mitgliedstaat versagt worden wäre, was hier- wie ausgeführt – nicht der Fall ist. Sie findet hingegen keine Anwendung, wenn es dem Ausländer nicht um die Gewährung von Schutz vor Übergriffen in seinem Herkunftsstaat geht, weil ihm dieser Schutz bereits positiv beschieden worden ist, sondern um die Wahl eines anderen EU-Mitgliedstaates, in dem er lieber seinen Aufenthalt nehmen möchte, es sich mithin um einen Fall der Binnenwanderung eines international Schutzberechtigten zwischen den EU-Mitgliedstaaten aus asylfremden Gründen geht.
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Davon abgesehen würde es sich bei einer auf § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG in Verbindung mit § 71a AsylG gestützten (Unzulässigkeits-) Entscheidung auch um einen anderen Streitgegenstand mit ungünstigeren Rechtsfolgen handeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2015 - 1 C 4.15 -, juris).
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c) Die Vorschrift in § 29a Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist auch nicht dahin einschränkend auszulegen, dass sie nicht für Asylanträge eines in einem anderen EU Mitgliedstaat subsidiär Schutzberechtigten gilt, die – wie hier – in der Bundesrepublik Deutschland vor dem 20. Juli 2015 gestellt worden sind (so aber VG Kassel, Beschluss vom 18.10.2016 – 4 L 1781/16.KS.A -, juris; vgl. Bethke/Hocks, Asylmagazin 2015, S. 336, 340). Dies wäre nur dann geboten, wenn die Bundesrepublik Deutschland für den wiederholten Asylantrag zuständig wäre und es auch sonst keine Gründe für eine Unzulässigkeit für diesen Asylantrag gäbe.
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aa) Die Annahme, bis zu diesem Stichtag gestellte Asylanträge dieser Personengruppe dürften keinesfalls als unzulässig abgelehnt werden, beruht auf einem Missverständnis der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2015 (1 B 41.15) und einem Fehlverständnis der - wegen der Übergangsvorschrift in Art. 2 Unterabsatz 1 der Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU noch auf bis zum Stichtag 20. Juli 2015 gestellte Anträge fortgeltenden – Regelung in Art. 25 Abs. 2 a) der Asylverfahrensrichtlinie 2005/85/EG. Wie schon dem Leitsatz der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu entnehmen ist, dürfen vor dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge nicht allein aus dem Grund als unzulässig behandelt werden, weil dem Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat bereits subsidiärer Schutz gewährt worden ist. Die Ablehnung des Antrages als unzulässig aus anderen Gründen, nämlich etwa der Unzuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für das nach Weiterwanderung nochmals gestellte Asylgesuch, bleibt davon allerdings unberührt. Dies erschließt sich in aller Deutlichkeit bei einer genaueren Analyse des der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegenden höchst ungewöhnlichen Falles. Die Besonderheit lag nämlich darin, dass das Bundesamt aufgrund eines Fehlers in der Bearbeitung bzw. eines Irrtums die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für den Asylantrag des dortigen Klägers aufgrund der Ausübung des Selbsteintrittsrechts zugunsten seiner Ehefrau und seiner Kinder herbeigeführt hatte und sich deshalb für eine Ablehnung des Asylantrages nicht mehr auf seine Unzuständigkeit nach der Dublin-Verordnung berufen konnte (siehe die Entscheidung der Vorinstanz: VGH Mannheim, Urteil vom 29.04.2015 – A 11 S 57/15 -, juris). In dieser Situation suchte das Bundesamt seine Revision mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu begründen (Urteil vom 17.06.2014 - 10 C 7.13 -, juris), wonach der in einem anderen EU-Mitgliedsstaat als Flüchtling anerkannte Ausländer keinen Anspruch auf eine neuerliche Statusanerkennung durch das Bundesamt hat. In dieser außerordentlichen Fallkonstellation, in der die Zuständigkeit wegen irrtümlicher Bearbeitung durch das Bundesamt von dem eigentlich zuständigen EU-Mitgliedstaat auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen war, schloss das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Beschluss vom 23. Oktober 2015 den vom Bundesamt eingeschlagenen Weg der Ablehnung des Asylantrages aus und verwies dazu auf die seinerzeit noch Geltung beanspruchende Regelung in Art. 25 Asylverfahrensrichtlinie 2005/85/EG. Insofern lässt sich diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht verallgemeinernd auf sämtliche Fälle ausdehnen, in denen die Zuständigkeit für die Prüfung eines Asylantrages (noch) nicht auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist. Vielmehr muss der Ausländer grundsätzlich in dem EU-Mitgliedstaat um Rechtsschutz zur Aufstockung seines Schutzstatus nachsuchen, in dem sein Asylantrag in Wahrnehmung der Zuständigkeit nach der Dublin-Verordnung beschieden worden ist.
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bb) Eine andere Interpretation des § 29 Abs. 1 Nr. AsylG, die sich - wie dargestellt - aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht ableiten lässt, würde auch zu einem fundamentalen Bruch mit dem europäischen Asylsystem führen. Bliebe die Bescheidung eines Asylantrages durch einen EU-Mitgliedstaat in den anderen EU-Mitgliedstaaten ohne Bedeutung, solange jener Mitgliedstaat nur subsidiären Schutz gewährt hat, könnte der betreffende Ausländer nämlich zwischen den EU-Mitgliedstaat umherreisen und nach seinem Belieben Asylanträge zur Aufstockung seines Schutzstatus stellen, die dann von dem von dem Flüchtling gewählten Staat inhaltlich geprüft werden müssten. Der Flüchtling könnte dieses Vorgehen so lange wiederholen, bis er in einem EU-Mitgliedstaat seiner Präferenz mit seinem Antrag zum „Upgrade“ seines Schutzstatus Erfolg hätte. Dass eine solche Möglichkeit zur ungeregelten und nicht steuerbaren EU-Binnenmigration nach Belieben des einzelnen Flüchtlings in offenem Widerspruch zu den Grundsätzen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems stehen würde, liegt auf der Hand. Das Europäische Asylsystem basiert nämlich nach Art 80 AEUV auf dem „Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten“ (Bergmann, ZAR 2015, S. 81, 82). Die Verteilung der Verantwortlichkeit für Schutzsuchende unter den EU-Mitgliedstaaten wird deshalb nicht - auch nicht während einer Übergangsphase - durch eine entsprechende Interpretation der einschlägigen Vorschriften in die Wahlfreiheit des in der Europäischen Union migrierenden Flüchtlings gestellt werden können.
- 33
In dem hier zu entscheidenden Fall ist die Zuständigkeit nicht auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Vielmehr besteht die Zuständigkeit Bulgariens für Asylanträge der Klägerin, die Bulgarien nach der Dublin II-VO zugefallen war und in dessen Wahrnehmung die bulgarische Behörde den teils ablehnenden Asylbescheid erlassen hat, weiterhin fort (vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 71a, Rn. 5). Die Zuständigkeit Bulgariens ist auch nicht aufgrund der von der Klägerin geltend gemachten familiären Bindung auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Hierfür fehlt es an Sachvortrag, zu in die persönliche Sphäre der Klägerin fallenden Umständen. Insbesondere hat die Klägerin die hierzu seit langem gegenüber dem Gericht angekündigten Unterlagen bis heute nicht vorgelegt, welche eine Prüfung ermöglichen könnten, ob eine relevante familiäre Bindung zu einer in Deutschland als asylberechtigt anerkannten Person besteht. Da Bulgarien weiterhin für die Klägerin zuständig und die Bundesrepublik Deutschland mithin weiterhin unzuständig ist, war die Beklagte befugt, den Antrag der Klägerin vom 8. Mai 2014 - unbeschadet der Regelung in Art. 25 der Asylverfahrensrichtlinie 2005/85/EG – als unzulässig abzulehnen.
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d) Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kann der Ausspruch in Ziffer 1. des angefochtenen Bescheides vom 17. Oktober 2014 auf der Rechtsgrundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG n.F. aufrechterhalten werden. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte zum einen in dem Bescheid als Rechtsgrundlage § 26a, 31 Abs. 4 AsylG a.F. und nicht § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG n.F. angeführt hat (was ihr bei Erlass des Bescheides auch noch gar nicht möglich gewesen wäre) und dass sie zum anderen die Feststellung getroffen hat, dass dem Antragsteller in Deutschland kein Asylrecht zusteht, den Antrag aber nicht ausdrücklich als unzulässig abgelehnt hat, wie es in § 29 AsylG n.F. vorgesehen ist.
- 35
aa) Im Rahmen der Überprüfung eines Bescheides nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO kommt es nicht (allein) auf das von der Verwaltung herangezogene Recht an. Vielmehr ist die Kontrolle im Sinne schlichter Rechtsanwendung auf das Recht zu erstrecken, das geeignet ist, an Stelle des von ihr herangezogenen, sich etwa als nicht tragfähig erweisenden Rechts den Ausspruch des Bescheids zu rechtfertigen, vorausgesetzt, dass sich dabei am Ausspruch des Bescheides nichts Wesentliches ändert (BVerwG, Urteile vom 19.08.1988 – 8 C 29.87 -, vom 12.04.1991 – 8 C 92.89 – und vom 31.03.2010 – 8 C 12.09 -, juris), was hier nicht der Fall ist.
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bb) In den Fällen des § 29 Abs. 1 AsylG ist zwar nicht die im Bescheid ausgesprochene Feststellung zu treffen, dass dem Antragsteller kein Asylrecht in Deutschland zusteht (vgl. § 31 Abs. 4 AsylG a.F.), sondern der Asylantrag ist als unzulässig abzulehnen. Das führt aber nicht zu einer Wesensänderung des angefochtenen Bescheides. Es handelt sich nicht um einen anderen Streitgegenstand mit für die Klägerin ungünstigeren Rechtsfolgen. Bei der Ablehnung des Asylantrags auf Grundlage des § 29a AsylG besteht ebenso wie bei der Entscheidung nach § 26a i.V.m. § 31 Abs. 4 AsylG a.F. kein Ermessensspielraum. Beide Normen erfassen die EU-Mitgliedstaaten, sehen auf der Tatbestandsseite einen konkreten Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat vor und auf der Rechtsfolgenseite, dass der Asylantrag wegen des jeweiligen Drittstaatenbezugs nicht inhaltlich geprüft werden soll.
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e) Eine weitergehende Prüfung, insbesondere der Frage, ob die Klägerin im Fall einer Überstellung nach Bulgarien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden, sehen weder das nationale Recht noch das Unionsrecht als Voraussetzung für die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig vor (OVG Münster, Beschluss vom 24.08.2016 - 13 A 63/16.A -, juris). Ungeachtet dessen, wie die tatsächlichen Verhältnisse für international Schutzberechtigte in Bulgarien sind, hat die Klägerin als anerkannt Schutzberechtigte keinen Anspruch auf erneute Zuerkennung des internationalen Schutzes durch die Beklagte.
- 38
2. Die Abschiebungsanordnung nach Bulgarien, wie sie in Ziffer 2 des Bescheides vom 17. Oktober 2014 ausgesprochen worden ist, erweist sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Es steht nämlich nicht fest, dass ihre Abschiebung nach Bulgarien durchgeführt werden kann (dazu a)). Zudem fehlt es nach der letzten Änderung des Asylgesetzes in dem hier gegebenen Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG an einer Rechtsgrundlage für eine Abschiebungsanordnung (dazu b)).
- 39
a) Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Hierfür ist Voraussetzung, dass die Übernahmebereitschaft des Drittstaates, in den abgeschoben werden soll, positiv vorliegt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012, OVG 2 S 6.12, juris Rn. 4; OVG Hamburg, Beschluss vom 03.12.2010, 4 Bs 223/10, juris Rn. 10; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 06.02.2015, 18a L 91/15.A, juris Rn. 7). Das lässt sich im gegenwärtigen Zeitpunkt für eine Rückführung der Klägerin nach Bulgarien nicht feststellen.
- 40
Eine Rückführung würde auf der Grundlage des deutsch-bulgarischen Abkommens über die Übernahme und Durchbeförderung von Personen (Rückübernahmeabkommen) vom 7. März 2006 (BGBl. 2006 Teil II Nr. 8 Seite 259 ff.) erfolgen. Nach diesem Abkommen ist Bulgarien grundsätzlich verpflichtet, Personen, die nicht die deutsche oder die bulgarische Staatsangehörigkeit besitzen, zu übernehmen (Art. 5 Rückübernahmeabkommen). Das setzt allerdings ein bestimmten Anforderungen und Formalitäten genügendes Übernahmeersuchen voraus, in dem nachzuweisen und glaubhaft zu machen ist, dass die Voraussetzungen einer Übernahme erfüllt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, geht das Gericht aufgrund der formalisierten Abläufe nach diesem Abkommen und der ihm aus anderen Verfahren bekannten Verwaltungspraxis davon aus, dass die Rückführung dann alsbald durchgeführt werden kann. Hier sind die Voraussetzungen für eine Übernahme jedoch nicht erfüllt, so dass das Gericht nicht annehmen kann, die Rückführung der Klägerin nach Bulgarien sei alsbald möglich.
- 41
aa) Ein Übernahmeersuchen, wie es nach Art. 5 Abs. 1 Rückübernahmeabkommen erforderlich wäre, ist den Sachakten der Beklagten nicht zu entnehmen. Sie enthalten lediglich die Übernahmeanfrage im Rahmen des Dublin-Verfahrens. Schon ihrer Form nach handelt es sich hierbei nicht zugleich um eine Anfrage nach dem Rückübernahmeabkommen, da das Gesuch allein auf Regelungen der Dublin III-VO gestützt wird. Das in der Sachakte der Beklagten enthaltene Antwortschreiben bulgarischer Behörden vom 22. Juli 2014 zeigt, dass die Anfrage dort auch allein mit Bezug auf die Regelungen nach der Dublin III-VO verstanden und beantwortet worden ist. Denn darin wird eine Überstellung nach der Dublin III-VO abgelehnt. Im Übrigen wird in dem Schreiben darauf verwiesen, eine gesonderte Anfrage an das zuständige Grenzpolizeidirektorat in Sofia zu richten. Im Laufe des Klageverfahrens hat die Beklagte nicht mitgeteilt, dass ein Übernahmeersuchen an das Grenzpolizeidirektorat in Bulgarien gestellt worden ist. Dazu hätte sie angesichts des positiven Ausganges des Eilverfahrens (Beschluss vom 01.09.2015 - 16 AE 5052/14 -) allerdings Anlass gehabt, wenn dieses Ersuchen gestellt worden wäre. Von weiteren Anfragen hat das Gericht abgesehen, da individuelle Anfragen des Gerichts von der Beklagten wegen der dort herrschenden Überlastungssituation nicht beantwortet werden.
- 42
bb) Wie in dem Beschluss vom 1. September 2015 (16 AE 5052/14) dargelegt, steht der Feststellung, dass die Klägerin nach Bulgarien abgeschoben werden kann, auch entgegen, dass die Frist für eine Rückführung nach Art 7 Abs. 2 Satz 2 des Rückübernahmeabkommens schon geraume Zeit vor diesem Beschluss abgelaufen war und keine Nachricht der bulgarischen Behörden vorliegt, dass der bulgarische Staat auch nach Fristablauf bereit ist, die Klägerin wieder in sein Hoheitsgebiet aufzunehmen. Nach Ablauf der Frist bedarf es nämlich konkreter und aussagekräftiger Tatsachen, um gleichwohl von einer Übernahmebereitschaft Bulgariens ausgehen zu können (so zum Ablauf der Überstellungsfrist nach der Dublin III-VO: OVG Bautzen, Beschluss vom 05.10.2015 - 5 B 259/15.A -, InfAuslR 2016, 65, 70).
- 43
b) Für die ergangene Abschiebungsanordnung fehlt es nach der Änderung von §§ 29 und 35 AsylG an einer Rechtsgrundlage. Nach § 35 AsylG n.F. ist in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG n.F. – wie hier – dem Ausländer die Abschiebung in den Staat anzudrohen, in dem er vor Verfolgung sicher war. Eine Abschiebungsandrohung nach § 34a AsylG n.F. ist für diese Fälle hingegen nicht vorgesehen. Die ergangene Abschiebungsanordnung lässt sich auch nicht auf § 35 AsylG n.F. stützen. Die Abschiebungsanordnung und die Abschiebungsandrohung stellen nämlich unterschiedliche Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung dar (BVerwG, Beschluss vom 23.10.2015 – 1 B 41/15 -, juris), insbesondere bedarf es vor der Abschiebungsanordnung keiner Abschiebungsandrohung (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG).
III.
- 44
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 83b AsylG, 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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