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| Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die vorläufige Hinausschiebung seines Eintritts in den Ruhestand aufgrund Erreichens der Altersgrenze über den 30.09.2020 hinaus bis maximal zum 30.09.2021. |
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| Der am ... geborene Antragsteller steht als Beamter im Dienst des Landes Baden-Württemberg und ist als Hochschulprofessor an der ... (im Folgenden: Beigeladene) am Institut für Musik noch bis zum Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des 30.09.2020 beschäftigt. |
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| Mit Schreiben vom 18.05.2019 stellte der Antragsteller erstmals einen Antrag auf Hinausschiebung seines Eintritts in den Ruhestand, den er jedoch zurücknahm, nachdem die Beigeladene mitgeteilt hatte, dass ihrerseits kein dienstliches Interesse an der Weiterbeschäftigung des Antragstellers über den Zeitpunkt seines Eintritts in den Ruhestand hinaus bestehe. In einem Vieraugengespräch zwischen dem Antragsteller und dem Rektor der Beigeladenen am 17.12.2019 bekundete der Antragsteller seine Bereitschaft, erst später in den Ruhestand einzutreten, falls die Hochschule in Ermangelung eines Nachfolgers diesbezüglich an ihn herantrete. |
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| Mit Schreiben vom 19.05.2020 beantragte der Antragsteller die Hinausschiebung seines Eintritts in den Ruhestand über den 30.09.2020 hinaus bis maximal zum 30.09.2021. Zur Begründung führte er aus, dass er aufgrund der pandemiebedingten besonderen Studienbedingungen zur Sicherung von Qualität und Kontinuität der Lehre beitragen wolle. Mit Schreiben vom 03.06.2020 teilte die Beigeladene dem Antragsteller mit, dass sie seinen Antrag ablehnen müsse, da er die sechsmonatige Antragsfrist versäumt und die Hochschule die Vertretung seiner Stelle bereits ausgeschrieben habe. Hiergegen ließ der Antragsteller mit Schreiben vom 12.06.2020 durch seinen Rechtsbeistand Widerspruch erheben und zur Begründung ausführen, dass für ihn die Frist des § 45 Abs. 2 Satz 4 LHG gelte und nach dieser ein Antrag lediglich vor Ablauf eines Jahres gestellt werden solle. Darüber hinaus ließ der Antragsteller hilfsweise einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand stellen, da er unverschuldet aufgrund der im Gespräch mit dem Rektor der Beigeladenen signalisierten und dennoch fehlenden Mitteilung seitens der Hochschule, dass eine Neubesetzung seiner Professur zum 01.10.2020 nicht möglich sei, an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert gewesen sei. Des Weiteren stünde seine Weiterbeschäftigung auch im dienstlichen Interesse des Dienstherrn, da es einem etwaigen Vertreter für seine Professur aufgrund der derzeitigen coronabedingten Situation kaum möglich sein dürfte, sich in die neue Lehrsituation einzufinden, zumal dieser mit der ... nicht vertraut sei und auch die Studierenden nicht kenne. Gerade in diesen Zeiten sei ein erfahrener Ansprechpartner für die Studierenden besonders wichtig. |
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| Daraufhin leitete die Beigeladene den Vorgang dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst zu, welches den Antragsteller mit Schreiben vom 17.07.2020 gemäß § 28 Abs. 1 LVwVfG hinsichtlich einer beabsichtigten Ablehnung seines Antrags anhörte. Mit Schreiben vom 06.08.2020 nahm der Antragsteller durch seinen Rechtsbeistand hierzu nochmals Stellung und ließ zur weiteren Begründung ausführen, dass er befürchte, persönliche Animositäten zwischen ihm und dem Prodekan Prof. Dr. ... hätten zu dieser für ihn negativen Entscheidung geführt. Es stehe außerdem zu befürchten, dass die Qualität der Lehre leide, wenn der Vertreter nicht über einen Wohnsitz in ... verfüge, da er voraussichtlich die Lehrveranstaltungen möglichst komprimieren werde und den Studierenden damit nur selten für persönliche Beratungsgespräche zur Verfügung stünde. Zur Gewährleistung eines reibungslosen Übergangs auf den Nachfolger sei das Hinausschieben seines Eintritts in den Ruhestand sowohl fachlich als auch pädagogisch im Interesse der Hochschule. Die Beigeladene vertrat mit Schreiben vom 11.08.2020 ein nicht vorhandenes dienstliches Interesse an der Weiterbeschäftigung des Antragstellers. Dies begründete sie maßgeblich damit, dass die vom Antragsteller derzeit ausgefüllte Professur im Institut für Musik ursprünglich auch die Institutsleitung vorgesehen habe, die aber aufgrund persönlicher Schwierigkeiten des Antragstellers mit dem übrigen Personal vor fünf Jahren auf eine andere Professorin des Instituts für Alltagskultur und Gesundheit übertragen worden sei, die gleichfalls zum 01.10.2020 in den Ruhestand eintrete. Aus diesem Grunde müsse die Hochschule auch für diese Funktion eine geeignete Lösung finden, wofür sie die Zusammenführung der Funktionen als geeignet ansehe. Darüber hinaus habe die Hochschule die ausgeschriebene Vertretungsprofessur bereits erfolgreich besetzt, sodass Lehre und Prüfungen sowie die Institutsleitung gewährleistet seien. Gerade unter dem Eindruck der Pandemie fänden sowohl Lehre als auch Beratung überwiegend online statt, sodass der Wohnsitz der Mitarbeiter irrelevant sei. Persönliche Probleme zwischen dem Antragsteller und dem Prodekan Prof. Dr. ... seien der Hochschule bisher nicht bekannt gewesen und hätten demnach auch bei der ablehnenden Entscheidung durch das Rektorat keine Rolle gespielt. |
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| Mit (Ausgangs-)Bescheid vom 07.09.2020 lehnte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst den Antrag des Antragstellers mit der Begründung ab, dass der Antragsteller sowohl die Frist des § 45 Abs. 2 Satz 4 LHG als auch die daneben anwendbare Halbjahresfrist des § 39 Satz 3 LBG versäumt habe. § 45 Abs. 2 Satz 4 LHG stelle zwar eine „Soll“-Vorschrift dar, dies bedeute jedoch, dass in der Regel der Antrag in dieser Frist gestellt werden müsse und nur bei Vorliegen besonderer, atypischer Umstände außer Acht gelassen werden dürfe. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand komme unter den vorliegenden Umständen ebenfalls nicht in Betracht. Darüber hinaus bestehe weder seitens des Dienstherrn noch seitens der ... ein dienstliches Interesse an der Weiterbeschäftigung des Antragstellers. Der Antragsteller habe in seiner Antragsbegründung auch nichts Gegenteiliges überzeugend vorgebracht. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 13.09.2020 Widerspruch beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, über den noch nicht entschieden wurde. |
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| Mit Schriftsatz vom selben Tag hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. |
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| Der Antragsteller wiederholt hinsichtlich seines Anordnungsanspruchs im Wesentlichen, was er bereits im behördlichen Verfahren vorgetragen hat, und führt weiter aus, Lehre, Prüfungstätigkeit, Studierendenbetreuung und Institutsleitung seien durch die Vertretungsprofessur und die halbe Stelle des akademischen Mitarbeiters gerade nicht gesichert, dies sei auch bisher nur deshalb gelungen, weil er überobligatorisch tätig gewesen sei. Hinsichtlich eines Anordnungsgrundes führt der Antragsteller zudem aus, dieser bestehe darin, dass mit Ablauf des 30.09.2020 das Beamtenverhältnis kraft Gesetzes ende und nachträglich nicht wieder reaktiviert werden könne. |
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| Der Antragsteller beantragt, |
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| den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, seinen Eintritt in den Ruhestand vorläufig über den 30.09.2020 hinaus bis maximal zum 30.09.2021 hinauszuschieben. |
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| Der Antragsgegner beantragt, |
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| Zur Begründung nimmt er Bezug auf den Inhalt des streitgegenständlichen Ablehnungsbescheids und führt darüber hinaus aus, dass es letztlich auf die Fristversäumnis des Antragstellers nicht ankomme, da der Dienstherr nur bei Vorliegen dienstlicher Interessen befugt sei, den Eintritt in den Ruhestand antragsgemäß hinauszuschieben. Diesbezüglich stehe dem Dienstherrn ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sei. Vorliegend seien dienstliche Interessen an der Weiterbeschäftigung des Antragstellers ausweislich der Stellungnahmen der betroffenen Hochschule indes nicht gegeben. Nachdem die Professur vertretungsweise besetzt sei, bestehe organisatorisch wie auch personalplanerisch kein Interesse daran, den Antragsteller über den 30.09.2020 hinaus weiter zu beschäftigen, zumal die Hochschule an den unterzeichneten Vertrag mit dem Vertreter gebunden sei. Die geplante Wiederzusammenführung der Professur und der Institutsleitung würde sogar gegen die Weiterbeschäftigung des Antragstellers sprechen. Die Argumentation des Antragstellers hingegen habe mangels Verständlichkeit und Logik nicht zu überzeugen vermocht, zumal ihm ein Urteil darüber, welche dienstlichen Aufgaben durch welchen Beamten zu erledigen seien, überhaupt nicht zustehe. |
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| Das Gericht hat mit Beschluss vom 16.09.2020 die ..., vertreten durch den Rektor, gemäß § 65 Abs. 1 VwGO beigeladen, da deren rechtliche Interessen durch die gerichtliche Entscheidung berührt werden. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. |
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| Dem Gericht liegt die einschlägige Akte des Antragsgegners vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte und der gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen. |
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| 1. Der Antrag ist trotz zumindest zeitlicher Vorwegnahme der Hauptsache zulässig, weil dies zur effektiven Gewährung des Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG erforderlich ist. |
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| 2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet. |
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| Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass sich der Antragsteller auf einen Anordnungsanspruch berufen kann und ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) besteht. Das Vorliegen beider Voraussetzungen ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 1, Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Außerdem darf eine stattgebende Entscheidung die Hauptsache grundsätzlich nicht ‒ auch nicht zeitlich befristet ‒ vorwegnehmen, es sei denn, dass dies zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unerlässlich ist. |
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| Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes hat der Antragsteller zwar gemäß § 123 Abs. 1, Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO hinreichend glaubhaft gemacht. Der von ihm geltend gemachte Anspruch, der sich auf die Aufschiebung seiner Versetzung in den Ruhestand – aufgrund des Erreichens der Altersgrenze gemäß § 25 BeamtStG, § 36 LGB, Art. 62 § 3 Abs. 2 DRG – mit Ablauf des 30.09.2020 richtet, könnte mit Verstreichen dieses Termins nicht mehr verwirklicht werden, da das Beamtenverhältnis kraft Gesetzes zu diesem Zeitpunkt erlöschen würde. Ein nachträgliches Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand – das bereits begrifflich schwierig erscheint – würde einer rückwirkenden Wiederbegründung des aktiven Beamtenverhältnisses gleichkommen, die im Hinblick auf § 8 Abs. 4 BeamtStG unzulässig wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2016 – 2 C 27.15 – juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.06.2013 – 4 S 83/13 – juris). Damit rechtfertigt die vorliegende Eilbedürftigkeit die zumindest zeitliche Vorwegnahme der Hauptsache. |
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| Es fehlt jedoch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs durch den Antragsteller. |
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| Die Grundlage für den Antrag auf die Hinausschiebung des Eintritts in den Ruhestand stellt aufgrund der beamtenrechtlichen Stellung des Antragstellers in seiner Position als Hochschulprofessor an der ... § 39 Satz 1 LGB i.V.m. § 45 Abs. 1 LHG dar. Diese Regelung gewährt dem Beamten einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Hinausschiebung seines Eintritts in den Ruhestand, wobei es dem Dienstherrn nur gestattet ist, die Versetzung des Beamten in den Ruhestand – für einen vorliegend nach § 45 Abs. 2 Satz 3 LHG zu bestimmenden Zeitraum – aufzuschieben, sofern dies seinem dienstlichen Interesse entspricht. Der Antrag auf Hinausschiebung des Eintritts in den Ruhestand stellt eine empfangsbedürftige, bedingungsfeindliche und fristgebundene Willenserklärung dar, welche keiner bestimmten Form bedarf (vgl. Hug in: Brinktrine/Hug, BeckOK Beamtenrecht Baden-Württemberg, 15. Ed., 2020, § 39 LGB, Rn. 24). Nach § 39 Satz 3 LGB ist der Antrag spätestens sechs Monate vor dem Erreichen der Altersgrenze zu stellen. Nach der hier einschlägigen spezialgesetzlichen Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 4 LHG soll der Antrag spätestens ein Jahr vor dem Erreichen der Altersgrenze gestellt werden. In begründeten Fällen ist es den Hochschulen gemäß § 45 Abs. 2 Satz 5 LHG zudem gestattet, eine Antragsfrist von bis zu zwei Jahren vor Erreichen der Altersgrenze vorzusehen, sofern dies dem betroffenen Beamten rechtzeitig angekündigt worden ist. An wen der Antrag zu richten ist, ist gesetzlich nicht näher konkretisiert, allerdings sollte der Antrag innerhalb der Frist bei der zuständigen personalverwaltenden Dienststelle oder zumindest bei dem unmittelbaren oder weiteren Dienstvorgesetzten des Beamten gestellt werden (vgl. Hug in: Brinktrine/Hug, BeckOK Beamtenrecht Baden-Württemberg, 15. Ed., 2020, § 39 LGB, Rn. 27). Für das antragsgemäße Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand ist die positive Feststellung eines dienstlichen Interesses seitens des Dienstherrn erforderlich. Im Rahmen seiner Ermessensentscheidung ist es Aufgabe des Dienstherrn die gegebenenfalls widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Hierbei steht ihm eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der zur effektiven Aufgabenerfüllung notwendigen Personalstärke und des Einsatzes des zur Verfügung stehenden Personals sowie eine organisatorische Gestaltungsfreiheit zu, weshalb diese Entscheidung des Dienstherrn insoweit gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.03.2014 – 4 S 630/15 – juris). Der unbestimmte Rechtsbegriff des dienstlichen Interesses, dessen Anwendung und Auslegung hingegen sind gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar. |
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| Nach summarischer Prüfung dürfte dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch nach § 39 Satz 1 LGB derzeit nicht zustehen, da er bei seiner Antragstellung vom 19.05.2020 die für ihn als Hochschulprofessor geltende spezialgesetzliche Frist des § 45 Abs. 2 Satz 4 LHG nicht eingehalten hat, ohne dass hierfür eine rechtfertigende, besondere Ausnahmesituation vorgelegen haben dürfte (a.), und darüber hinaus auch ein dienstliches Interesse des Antragsgegners an einer Weiterbeschäftigung des Antragstellers über den Eintritt der Altersgrenze hinaus fehlen dürfte (b.). |
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| a. Der Antragsteller hat die hier einschlägige spezialgesetzliche Antragsfrist des § 45 Abs. 2 Satz 4 LHG mit seinem Antrag vom 19.05.2020 nicht eingehalten. |
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| Denn seinen ursprünglich fristgerecht gestellten Antrag auf Hinausschiebung seines Eintritts in den Ruhestand vom 18.05.2019 hat der Antragsteller zurückgenommen, nachdem die Beigeladene bekundet hatte, dass ihrerseits kein dienstliches Interesse an der Hinausschiebung bestehe. Auch die seitens des Antragstellers in einem Vieraugengespräch mit dem Rektor der Beigeladenen am 19.12.2019 geäußerte grundsätzliche Zustimmung zu einer potentiell möglichen Aufschiebung seines Renteneintritts für den Fall, dass es der Beigeladenen nicht möglich sein sollte, rechtzeitig einen geeigneten Nachfolger für seine Professur zu finden, kann trotz Formfreiheit des Antrags nach § 39 Satz 1 LBG nicht als derartiger Antrag aufgefasst werden. Unter den in der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers geschilderten Voraussetzungen eines informellen Vieraugengesprächs, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt eine – der zuständigen personalverwaltenden Stelle zuzuleitende – rechtsverbindliche Äußerung tätigen wollte. Zudem bekundete der Antragsteller in dem zugrunde liegenden Gespräch stets nur für den hypothetischen Fall einer Bitte um Aufschiebung seines Renteneintritts seitens der Beigeladenen seine grundsätzliche Bereitschaft. Ein Antrag nach § 39 Satz 1 LBG ist jedoch bedingungsfeindlich, weshalb diesbezügliche Äußerungen des Antragstellers gegenüber dem Rektor der Beigeladenen unter diesen Umständen gerade nicht als Antrag nach § 39 Satz 1 LGB angesehen werden können. Mit seinem schriftlichen Antrag auf Hinausschiebung seines Eintritts in den Ruhestand vom 19.05.2020 hat der Antragsteller jedoch die Jahresfrist des § 45 Abs. 2 Satz 4 LHG gerade nicht eingehalten. |
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| Diese ist ihrem Wortlaut nach – „Der Antrag soll spätestens ein Jahr vor dem Erreichen der Altersgrenze gestellt werden.“ – im Gegensatz zu der in § 39 Satz 3 LBG geregelten Frist, so zu verstehen, dass der betroffene Beamte in der Regel seinen Antrag ein Jahr vor Eintritt seines Ruhestands zu stellen hat. Es soll dem Dienstherrn ausschließlich in begründeten Ausnahmefällen möglich sein, auch einen später gestellten Antrag noch zu berücksichtigen. Denn eine „Soll“-Vorschrift ermöglicht es dem Dienstherrn gerade nicht, sich über eine Fristversäumnis nach freiem Ermessen hinwegzusetzen. Vielmehr stellt sie eine Regelung dar, die einzuhalten ist, sofern nicht ein atypischer Sonderfall gegeben ist. Folglich ist auch die Befugnis des Dienstherrn zur Berücksichtigung eines verspäteten Antrags beschränkt. Je näher der Zeitpunkt der Antragstellung an den Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand heranrückt, desto strenger müssen die Anforderungen an die Besonderheit der zugrunde liegenden Ausnahmesituation sein, um auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift zur Gewährleistung eines Mindestmaßes an Planungssicherheit sowie etwa der Ermöglichung einer medizinischen Abklärung der weiteren Leistungsfähigkeit des Beamten im Rahmen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn aus § 45 BeamtStG noch gerecht werden zu können. Denn der betroffene Dienstherr wird im Rahmen seiner Personalplanung regelmäßig nicht lediglich die Veränderungen durch den Renteneintritt eines einzelnen Beamten aus einem bestimmten Jahrgang zu berücksichtigen haben, sondern sich vielmehr auf eine Vielzahl solcher Fälle einrichten müssen. Dieses Verständnis lässt sich auch der Begründung des Gesetzgebers – LT-Drucks. 15/4684, S. 216 – entnehmen, in der es heißt, dass bei gegenseitigem Einvernehmen der Beteiligten auch nach Ablauf der Frist des § 45 Abs. 2 Satz 4 LHG eine Hinausschiebung des Eintritts in den Ruhestand statthaft sein soll. Mit der Modifikation der Frist für das verbeamtete Hochschulpersonal, sollte – ausweislich der Gesetzesbegründung – sichergestellt werden, dass es den Hochschulen auch in der täglichen Praxis möglich ist, ihre umfangreiche und zeitintensive Stellenausschreibung ordnungsgemäß durchzuführen, was sich in der Vergangenheit mit einer lediglich sechsmonatigen Frist als nicht praktikabel erwiesen hatte. |
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| Einen besonderen Ausnahmefall, der die Fristversäumnis rechtfertigen könnte, hat der Antragsteller indes nicht nachvollziehbar dargetan. Ein solcher Ausnahmefall könnte vorliegen, wenn das Fristversäumnis maßgeblich – ohne eigenes Verschulden des antragstellenden Beamten – auf das Verhalten der Behörde zurückzuführen wäre und sich der Beamte daher auf die Ausschlussfrist nicht hätte einstellen können oder dieser aus vom Dienstherrn zu berücksichtigenden Gründen unverschuldet – beispielsweise aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung – gehindert gewesen wäre, einen fristgerechten Antrag zu stellen. Das vom Antragsteller vorgetragene Gespräch mit dem Rektor der Beigeladenen im Dezember 2019 hingegen genügt – entgegen der Auffassung des Antragstellers – für sich genommen nicht zur Begründung eines das Fristversäumnis rechtfertigenden, atypischen Sonderfalls. Denn eine vorsorgliche Antragstellung im Hinblick auf eine potentiell erfolglose Stellenausschreibung wäre dem Antragsteller auch zum Gesprächszeitpunkt zumutbar gewesen, wobei auch zu diesem Zeitpunkt eine Einhaltung der Jahresfrist bereits nicht mehr möglich gewesen wäre. Der Antragsteller hat vielmehr seinen fristgerechten Antrag vom Mai 2019 seinerseits zurückgenommen, da ihm die Hochschule bereits signalisiert hatte, dass kein dienstliches Interesse an seiner Weiterbeschäftigung bestehe. Folglich hat nicht die möglicherweise in dem informellen Gespräch mit dem Rektor der Beigeladenen signalisierte Abkehr von der ursprünglichen Meinung und die fehlende Bitte an den Antragsteller zum Fristversäumnis geführt, sondern die Antragsrücknahme seitens des Antragstellers. Auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand dürfte vorliegend am Verschulden des Antragstellers an dem Fristversäumnis scheitern. |
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| Nach alledem dürfte der Antrag auf Hinausschiebung des Eintritts in den Ruhestand vorliegend unabhängig davon, ob die Fristenregelung des § 39 Satz 3 LBG – wie vom Antragsgegner vorgetragen – neben die Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 4 LHG tritt oder ob diese – wie vom Antragsteller vorgebracht – diese vollständig ersetzt, nicht mehr fristgerecht gestellt worden sein. Denn der Antragsteller hat vorliegend sogar beide Fristen versäumt und keinen atypischen Sonderfall zur Rechtfertigung dieses Umstands plausibel dargetan, weshalb sein Antrag in jedem Falle nicht fristgerecht gestellt und damit seitens seines Dienstherrn nicht berücksichtigungsfähig ist. |
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| b. Darüber hinaus setzt der Anordnungsanspruch nach § 39 Satz 1 LBG voraus, dass seitens des Dienstherr ein dienstliches Interesse an der Aufschiebung des Eintritts des Beamten in den Ruhestand besteht. Ein derartiges dienstliches Interesse dürfte vorliegend indes nicht gegeben sein. Die diesbezügliche Einschätzung durch den Antragsgegner ist nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. |
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| Der Begriff des dienstlichen Interesses beschreibt das Interesse des Dienstherrn an einer sachgemäßen und reibungslosen Aufgabenerfüllung (vgl. BeamtVwV vom 19.04.2016 – Az.: 1-0310.3/57 – zu § 39 LGB 20.2). Er umfasst nicht allein die Fortführung der Dienstgeschäfte des jeweiligen Beamten – sowohl in seiner bisherigen Position, als auch infolge einer Umorganisation in einer anderen Position – sondern auch organisatorische, personelle und fiskalische Beweggründe. Das Interesse an der Weiterbeschäftigung eines eingearbeiteten Beamten und der Verzögerung eines Verlusts von Erfahrungswissen genügt indes für sich genommen nicht, um ein dienstliches Interesse anzunehmen, da dies typischerweise mit dem Eintritt eines Beamten in den Ruhestand verbunden ist. Auswirkungen, die üblicherweise mit der Weiterbeschäftigung des Beamten über den Zeitpunkt seines Eintritts in den Ruhestand hinaus verbunden sind, stellen keine beachtlichen entgegenstehenden dienstlichen Interessen dar (vgl. insgesamt Bodanowitz in: Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 10. Aufl., 2020, § 5 Ruhestand, Rn. 14). Eine Störung oder Erschwerung des Dienstbetriebs durch die Weiterbeschäftigung des jeweiligen Beamten, darf dessen Antrag jedoch nicht entgegenstehen (vgl. insgesamt Bodanowitz in: Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 10. Aufl., 2020, § 5 Ruhestand, Rn. 13, 14). Im Rahmen des dienstlichen Interesses sind insbesondere greifbare arbeitsmarktpolitische Erwägungen, wie Einsparungen oder der Wegfall der derzeit von dem beantragenden Beamten besetzten Stelle, sowie eine negative Prognose hinsichtlich der weiteren Leistungsfähigkeit des Beamten über den Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand hinaus zu berücksichtigen. Neben dem Interesse des Dienstherrn an einer effektiven Aufgabenerfüllung sind aufgrund von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 20 LV sowie § 3 LHG auch die individuellen Interessen des Hochschulprofessors und die institutionellen Interessen der betroffenen Hochschule einzubeziehen. Daher ist allein der Kostenfaktor einer Vakanz der in Rede stehenden Professur bzw. deren vertretungsweise Neubesetzung nicht als entgegenstehendes Interesse zu bewerten (vgl. Frenzel in: Coelln/Haug, BeckOK Hochschulrecht Baden-Württemberg, 17. Ed., 2019, § 45 LHG, Rn.12). |
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| Nach Überzeugung der Kammer haben sowohl die Beigeladene als auch der Antragsgegner im Rahmen der Einschätzungsprärogative nicht nur das Fehlen dienstlicher Interessen an der Weiterbeschäftigung des Antragstellers, sondern darüber hinaus sogar eine Erschwerung des Dienstbetriebs durch diese nachvollziehbar dargetan. Insbesondere die aus organisatorischer Sicht sinnvolle Zusammenführung der Institutsleitung mit der Professur für das Institut für Musik stellt ein bedeutsames, zu berücksichtigendes dienstliches Interesse des Dienstherrn gegen eine Weiterbeschäftigung des Antragstellers dar. Aufgrund der persönlichen Schwierigkeiten, die das Vertrauensverhältnis zwischen dem Antragsteller und den weiteren Mitarbeitern des Instituts erschüttert haben sollen, übernahm dieser die Funktion des Institutsleiters seit nunmehr fünf Jahren nicht mehr. Mit dem Eintritt in den Ruhestand sowohl des Antragstellers als auch der Professorin, die die Institutsleitung von diesem übernommen hatte, wird dem Dienstherrn nunmehr eine Reorganisation der vom Antragsteller besetzten Professur zurück zu der ursprünglich geplanten Ausgestaltung, die lediglich wegen des Antragstellers aufgegeben worden war, ermöglicht. Dieser Umstand stellt ein legitimes Interesse im Rahmen personalplanerischer sowie organisatorischer Kompetenzen des Dienstherrn dar, zumal eine ordnungsgemäße Weiterführung von Lehre und Institutsleitung durch die Einstellung eines Vertreters bis zur endgültigen Neubesetzung der Stelle gewährleistet ist. Hiergegen hat der Antragsteller auch nichts Substantiiertes eingewandt. Insbesondere sein pauschaler Verweis auf Einarbeitungsschwierigkeiten und zu geringe personelle Kapazitäten vermag die Kammer nicht zu überzeugen. |
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| Auch das übrige Vorbringen des Antragstellers hinsichtlich der coronabedingten Einschränkungen des Hochschulbetriebs erscheint der Kammer als Begründung für die Hinausschiebung seines Eintritts in den Ruhestand nicht nachvollziehbar. Für den Eintritt der vom Antragsteller vorgetragenen Befürchtungen ergeben sich aus dem Vorbringen der Beteiligten keine Anhaltspunkte. Auch die Einwände des Antragstellers hinsichtlich persönlicher Motive bei der Ablehnung seines Antrags finden in der glaubhaften Stellungnahme der Beigeladenen keine Grundlage. Dass der Antragsgegner sich bei der Ablehnungsentscheidung von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, ist für die Kammer ebenfalls nicht ersichtlich. Darüber hinaus obliegt es nicht dem Antragsteller, das dienstliche Interesse seines Dienstherrn für seine Weiterbeschäftigung zu beurteilen. Mit dem vom Antragsteller vorgebrachten Einwand hinsichtlich des Verlusts von Erfahrungswissen und der erforderlichen Einarbeitung eines potentiellen Nachfolgers, die typischerweise mit einem Eintritt in den Ruhestand verbunden sind, dringt er ebenfalls nicht durch. Denn diese vermögen für sich genommen ein Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand nicht zu rechtfertigen, weil anderenfalls die Intention des § 39 Satz 1 LBG unterlaufen würde. |
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| Vor diesem Hintergrund steht dem Antragsteller nach summarischer Prüfung ein Anordnungsanspruch nach § 39 Satz 1 LGB nicht zu. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO sowie hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf § 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, weshalb sie kein Kostenrisiko eingegangen ist. Es entspricht daher der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da sie auch sonst das Verfahren nicht wesentlich gefördert hat. |
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| Die Festsetzung des Streitwerts richtet sich nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 4 GKG und entspricht der Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge in der Besoldungsstufe C3 (6 x 7.609,25 EUR). Eine Reduzierung des Streitwerts ist im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angesichts der hier erstrebten Vorwegnahme der Hauptsache nicht geboten (vgl. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der zuletzt beschlossenen Änderung vom 18.07.2013). |
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