Beschluss vom Verwaltungsgericht Köln - 33 K 1513/13.PVB
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers zu der dauerhaften Zuweisung der TPAfr T. -C. C1. -T1. beachtlich gewesen ist.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Beachtlichkeit der Verweigerung der Zustimmung des Antragstellers zu einer Personalmaßnahme der Beteiligten.
4Mit E-Mail vom 17.10.2012 bat die Beteiligte den Antragsteller unter Hinweis auf verschiedene auf dem elektronischen Laufwerk befindlicher Unterlagen um Zustimmung zu einer beabsichtigten dauerhaften Zuweisung einer nach der BBesO A 11 bewerteten Tätigkeit einer Referentin Managementsupport bei der Vivento Custumer Services GmbH (VCS) an die bislang bei der Vivento beschäftigte Technische Postamtfrau (TPAfr – BBesO A 11) C1. -T1. gem.§ 4 Abs. 4 Postpersonalrechtsgesetz (PostPersRG). Bei dem Betrieb Vivento handelt es sich um einen rechtlich unselbständigen Betrieb innerhalb der Beteiligten.
5Mit Schreiben vom 25.10.2012 versagte der Antragsteller die beantragte Zustimmung zu der beabsichtigten Zuweisung. Er machte weiteren Informationsbedarf geltend und bat im Einzelnen um Erläuterung der Dauerhaftigkeit der Zuweisung und der Erforderlichkeit des mit der Zuweisung verbundenen Laufbahnwechsels. Das dringende betriebliche oder personalwirtschaftliche Interesse der Zuweisung sei nicht nachgewiesen. Alternative amtsangemessen und wohnortnahe Beschäftigungsmöglichkeiten seien nach den vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend geprüft worden. Im Übrigen sei die TPAfr C1. -T1. als Ersatzmitglied des Betriebsrates der W. vor einer Zuweisung von Tätigkeiten geschützt.
6Unter dem 11.12.2012 bat die Beteiligte die Antragstellerin erneut um Zustimmung zu der beabsichtigten Zuweisung. Zur Begründung führte sie aus, dass es im Konzern Deutsche Telekom nach erfolgtem Outsourcing keine Beschäftigungsmöglichkeiten mehr für Beamte gebe, die wie Frau TPAfr C1. -T1. ein Studium der Architektur absolviert hätten. Ohne den mit der Zuweisung verbundenen Laufbahnwechsel in den nichttechnischen Dienst wäre die Beamtin dauerhaft beschäftigungslos. Der besondere Versetzungsschutz gem. § 24 PostPersRG i.V.m. § 103 Abs. 3 BetrVG stehe der beabsichtigten Zuweisung nicht entgegen. Für Ersatzmitglieder greife der Versetzungsschutz uneingeschränkt nur, wenn sie endgültig in den Betriebsrat nachgerückt seien. Nicht dauerhaft nachgerückten Ersatzmitgliedern – wie Frau C1. -T1. – stehe ein Versetzungsschutz nur für die Zeit zu, während sie ein zeitweilig verhindertes BR-Mitglied verträten. Für den Fall, dass Frau C1. -T1. zum vorgesehenen Zuweisungszeitpunkt ein zeitweilig verhindertes BR-Mitglied vertrete, werde die Zuweisung unmittelbar im Anschluss an diese Vertretungszeit vorgenommen.
7Unter dem 20.12.2012 lehnte der Antragsteller die beabsichtigte Zuweisung erneut ab. Zur Begründung führte er aus, dass auch Ersatzmitglieder des BR, die zeitweise die Vertretung eines BR-Mitgliedes übernommen hätten, für eine Nachwirkungszeit von einem Jahr nach Beendigung des jeweiligen von § 103 Abs. 3 BetrVG geschützt seien. Im Übrigen bestehe noch Informationsbedarf. Im Einzelnen bat er um Mitteilung, ob Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb W. geprüft worden seien. Es sei nicht dargelegt, warum nur Frau TPAfr C1. -T1. für die zuzuweisende Aufgabe ausgewählt worden sei. Die in Aussicht gestellte Qualifizierung zum Laufbahnwechsel könne ebenso im Betrieb W. erfolgen. Ob die zugewiesene Stelle bei der VCS O. ausgeschrieben worden sei, sei nicht nachgewiesen.
8Mit E-Mail vom 14.01.2013 teilte die Beteiligte mit, dass sie die Verweigerung der Zustimmung als unbeachtlich ansehe. Der Antragsteller sei ausreichend informiert worden. Weil er innerhalb der gesetzlichen Wochenfrist keine beachtlichen Ablehnungsgründe genannt habe, gelte seine Zustimmung gem. § 29 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG als erteilt. Sie werde deshalb die Zuweisung zum 04.02.2013 verfügen. Die beabsichtigte Zuweisung sei nicht zu beanstanden, weil für die Beamtin C1. -T1. , die über ein abgeschlossenes Architekturstudium verfüge, keine Beschäftigungsmöglichkeit im Konzern Deutsche Telekom bestehe.
9Der Antragsteller hat am 26.02.2013 das vorliegende personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Zu Begründung trägt er vor, er habe sich mit seinem Schreiben vom 20.12.2012 auf beachtliche Zustimmungsverweigerungsgründe i.S.v. § 77 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BPersVG berufen. Sein Schreiben vom 20.12.2012 erfülle die Mindestvoraussetzungen für eine beachtliche Zustimmungsverweigerung. Diese seien gegeben, wenn das Vorbringen des Betriebsrates aus Sicht eines sachkundigen Dritten es zumindest als möglich erscheinen lässt, dass einer der gesetzlichen Versagungsgründe gegeben sei. Nur wenn dies offensichtlich nicht der Fall sei, sei die Zustimmungsverweigerung unbeachtlich. Er habe zu Recht Versagungsgründe daraus abgeleitet, dass die bei der Zuweisung zu treffende Ermessensentscheidung im Hinblick auf die Besetzung des Postens mit anderen Beschäftigten und im Hinblick auf den nach § 103 Abs. 3 BetrVG geregelten Versetzungsschutz nicht nachvollziehbar sei. Im Falle eines Ermessensfehlers verstoße die beabsichtigte Zuweisung gegen ein Gesetz (§ 4 Abs. 4 PostPersVG) und auch gegen interne Zuweisungsrichtlinien. Damit habe er einen beachtlichen Versagungsgrund gem. § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG geltend gemacht. Über das Vorliegen des Versagungsgrundes könne nicht der Dienststellenleiter einseitig entscheiden. Vielmehr hätte die Einigungsstelle angerufen werden müssen.
10Der Antragsteller beantragt,
11festzustellen, dass seine Zustimmungsverweigerung zu der dauerhaften Zuweis ung der TPAfr T. -C. C1. -T1. beachtlich gewesen ist.
12Die Beteiligte beantragt,
13den Antrag abzulehnen.
14Ihrer Auffassung nach ist die Zustimmungsverweigerung unbeachtlich. Der Antragsteller sei über die vorgesehene Zuweisung umfassend informiert worden. Er sei über die persönlichen Verhältnisse der TPAfr C1. -T1. , die zugewiesene Tätigkeitkeit, die Gründe für den Laufbahnwechsel sowie über die von ihr angestellten Ermessenserwägungen ausreichend informiert worden. Beachtliche Ablehnungsgründe habe der Antragsteller nicht dargelegt. Er habe seine ablehnende Haltung im wesentlichen auf eine mangelhafte Information gestützt. Ein Informationsmangel habe aber nicht bestanden. Soweit der Antragsteller weitere Informationen eingefordert habe, seien ihm auch insbesondere Informationen zu der nach § 4 Abs. 4 PostPersRG zu treffenden Ermessensentscheidung vorgelegt worden. Die vom Antragsteller geltend gemachte Ersatzmitgliedschaft der Beamtin C1. -T1. im Betriebsrat der W. hindere die Zuweisung ohne Zustimmung des Betriebsrates nicht. Für Ersatzmitglieder gelte der erhöhte Versetzungsschutz des § 103 Abs. 3 BetrVG nur für die Zeit ihrer Vertretung im Betriebsrat. Uneingeschränkt geschützt seien Ersatzmitglieder nur dann, wenn das Ersatzmitglied nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BetrVG endgültig in den Betriebsrat nachgerückt sei. Dies sei bei der Beamtin C1. -T1. nicht der Fall.
15II.
16Das Beteiligtenrubrum war von Amts wegen zu ändern, weil es sich bei der W. Deutsche Telekom um einen rechtlich unselbständigen Betrieb der Deutschen Telekom AG handelt.
17Der Antrag hat Erfolg.
18Der Antragsteller besitzt trotz Vollzug der streitigen Zuweisung das erforderliche Feststellungsinteresse. Der Antragsteller hat einen Anspruch darauf, dass die Beteiligte das im Falle der Zuweisung der Tätigkeit an die Beamtin C1. -T1. abgebrochene Mitbestimmungsverfahren fortführt. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ist nicht dadurch untergangen, dass die mitbestimmungspflichtige Personalmaßnahme bereits vollzogen wurde. Durch einen gesetzeswidrigen Vollzug der mitbestimmungspflichtigen Maßnahme geht das Beteiligungsrecht der Personalvertretung nicht unter. Spätestens wenn sich im nachzuholenden Mitbestimmungsverfahren ergibt, dass die Zustimmung der Personalvertretung weder erteilt noch ersetzt wird, ist der Dienststellenleiter objektiv-rechtlich verpflichtet, die unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts der Personalvertretung vollzogene Personalmaßnahme zu beenden,
19vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.01.2008 – 6 P 5/07 -, juris; Beschluss vom 07.12.1994 – 6 P 35/92 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 17.11.2009 – 16 A 3277/07.PVB -,juris.
20Die Beteiligte ist zur Fortführung des Mitbestimmungsverfahrens im Falle der Zuweisung der Tätigkeit bei der VCS an die Beamtin C1. -T1. verpflichtet. Sie war nicht zum einseitigen Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens befugt. Die Bestimmung des § 29 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG räumt dem Arbeitgeber zwar ausnahmsweise die Befugnis ein, das Mitbestimmungsverfahren einseitig abzubrechen, wenn die von der Personalvertretung fristgerecht schriftlich mitgeteilte Begründung der Zustimmungsverweigerung bestimmten Mindestanforderungen nicht genügt. Die im Gesetzeswortlaut nicht genannte Möglichkeit muss allerdings auf Ausnahmefälle beschränkt sein. Sonst wäre die unter dem Druck kurzer Äußerungsfristen stehende Personalvertretung überfordert und die Mitbestimmung mit ihren dort festgelegten Verfahrensregularien in ihrem Wesenskern gefährdet. Die Mindestanforderungen bestehen darin, dass die Zustimmungsverweigerung auf den speziellen Einzelfall bezogen, hinreichend konkretisiert sein muss und nicht offensichtlich außerhalb des Bereichs liegen darf, auf den sich die Mitbestimmung erstreckt,
21vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.03.1990 – 6 P 34/87 -, juris m.w.N für die vergleichbare Bestimmung des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG.
22Nach diesen Grundsätzen war die mit Schreiben vom 20.12.2012 erfolgte Zustimmungsversagung beachtlich. Der Antragsteller hat seine Zustimmungsverweigerung vom 20.12.2012 im Wesentlichen mit unzureichender Information begründet. Der Personalrat ist zwar nicht berechtigt, die Zustimmung allein wegen mangelnder Unterrichtung zu verweigern. Der Informationsanspruch des Betriebsrats ist vielmehr dadurch geschützt, dass die Äußerungsfrist mit der von ihr erfassten Billigungsfiktion für den Fall, dass eine Äußerung nicht abgegeben wird, erst mit der vollständigen Unterrichtung des Betriebsrates zu laufen beginnt.
23Der Antragsteller hat aber auch beanstandet, dass in der Ermessensentscheidung der Beteiligten nicht dargelegt werde, warum nur die Beamtin C1. -T1. und nicht auch andere Beamte für die zuzuweisende Tätigkeit in Betracht kommen. Damit hat der Antragsteller sinngemäß die Fehlerhaftigkeit der nach § 4 Abs. 4 PostPersRG zu treffenden Ermessensentscheidung gerügt und einen nach § 29 Abs. 1 Post i.V.m. § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG (Verstoß gegen ein Gesetz) beachtlichen Ablehnungsgrund gel-
24tend gemacht.
25Für die Zustimmungsverweigerung reicht es aus, dass darin gerügt wird, die beabsichtigte Maßnahme sei unter Verstoß gegen eine für die Entscheidung des Arbeitgebers maßgebliche Norm – hier § 4 Abs. 4 PostPersRG – getroffen worden. Ob ein Verstoß gegen die Norm des § 4 Abs. 4 PostPersRG tatsächlich gegeben ist, ist nicht Voraussetzung für die Beachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung, sondern ist im Einigungsverfahren nach § 29 PostPersRG zu klären. Ob die Zuweisung zu Recht auf § 4 Abs. 4 PostPersRG gestützt werden konnte, muss deshalb im vorliegenden personalvertretungsrechtlichen Verfahren nicht entschieden werden.
26Hat der Antragsteller somit mit der Rüge der Nichtbeachtung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 PostPersVG einen beachtlichen Ablehnungsgrund vorgebracht, muss nicht entschieden muss werden, ob der Antragsteller mit dem von ihm geltend gemachten Verstoß gegen den speziellen Versetzungsschutz des § 103 Abs. 3 BetrVG im vorliegenden Mitbestimmungsverfahren gem. § 29 Abs. 1 PostPersVG gehört werden kann. Es spricht Überwiegendes dafür, dass der Streit über das Bestehen eines Zustimmungsverweigerungsrechts des Betriebsrates in dem speziellen Verfahren nach § 103 Abs. 3 Satz 2 BetrVG, also vor dem zuständigen Arbeitsgericht geführt werden muss,
27vgl. Kröll für die vergleichbare Bestimmung § 47 BPersVG, in: Altvater/Baden, BPersVG, 8. Aufl. § 47 Rn. 67.
28Nach § 103 Abs. 3 Satz 2 BetrVG kann das Arbeitsgericht die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung eines Mitglieds des Betriebsrates auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen. In diesem Verfahren kann auch geklärt werden, ob das vom Betriebsrat geltend gemachte Zustimmungsrecht für ein Ersatzmitglied des Betriebsrates überhaupt besteht. Verwaltungsgerichte sind für das spezielle Verfahren nach § 103 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht zuständig. Nach § 24 Abs.1 PostPersRG findet in der Deutschen Telekom AG das BetrVG Anwendung, soweit im PostPersRG nichts anderes bestimmt ist. Für das Verfahren nach § 103 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist im PostPersRG nichts anderes geregelt. Die Bestimmung des § 29 Abs. 9 PostPersRG erklärt die Verwaltungsgerichte nur in Streitigkeiten nach § 29 Abs. 1 bis 8 BetrVG für zuständig.
29Einer Kostenentscheidung bedarf es in personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht.
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Referenzen
- PostPersRG § 24 Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes 2x
- PostPersRG § 29 Verfahren 4x
- BPersVG § 47 1x
- BetrVG § 103 Außerordentliche Kündigung und Versetzung in besonderen Fällen 9x
- BPersVG § 77 3x
- § 4 Abs. 4 PostPersVG 2x (nicht zugeordnet)
- PostPersRG § 4 Beamtenrechtliche Regelungen 5x
- BetrVG § 25 Ersatzmitglieder 1x
- BPersVG § 69 1x
- § 29 Abs. 1 PostPersVG 1x (nicht zugeordnet)
- BetrVG § 29 Einberufung der Sitzungen 1x
- 6 P 5/07 1x (nicht zugeordnet)
- 6 P 35/92 1x (nicht zugeordnet)
- 16 A 3277/07 1x (nicht zugeordnet)
- 6 P 34/87 1x (nicht zugeordnet)