Urteil vom Verwaltungsgericht Köln - 7 K 5245/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist am 00.00.1950 in A. , Kreisgebiet Omsk, in Russland geboren. Mit Datum vom 10.05.1992 beantragte der Kläger beim Bundesverwaltungsamt (BVA) erstmals die Aufnahme als Aussiedler nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG). Für seine Ehefrau sowie für die beiden gemeinsamen Kinder wurde ebenfalls ein Aufnahmeantrag gestellt.
3Zum Nachweis seines beruflichen Werdeganges legte der Kläger u.a. das Arbeitsbuch als Kolchosbauer vor. Daraus ergab sich, dass der Kläger in der Zeit vom 01.09.1968 bis 01.07.1973 ein Studium an der Omsker Landwirtschaftlichen Hochschule absolvierte. Etwa 8 Monate nach seiner ersten Anstellung als Agronom wurde der Kläger am 01.03.1974 als Chefagronom in seiner Kolchose eingesetzt. Im Jahr 1984 wurde er zum Vorsitzenden der M. -Kolchose gewählt. Am 23.03.1990 wurde er zum Vorsitzenden des P. S. der Volkskontrolle, vier Monate später wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden des S. der Volksabgeordneten ernannt.
4Mit Bescheid vom 30.05.1996 lehnte das BVA den Aufnahmeantrag des Klägers ab. Die Behörde verzichtete auf eine eingehende Prüfung der deutschen Volkszugehörigkeit, da nach Auswertungen der Antragsangaben der Ausschlusstatbestand des § 5 Nr. 1 d) BVFG in der seinerzeit gültigen Fassung vorliege und eine Anerkennung als Spätaussiedler damit ausgeschlossen sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass Personen deutscher Volkszugehörigkeit in der politischen und gesellschaftlichen Ordnung der ehemaligen Sowjetunion ein solcher Aufstieg ermöglicht worden wäre, wenn sie nicht bereit gewesen wären, die mit dieser jeweiligen Stellung verbundenen Kompetenzen und Befugnisse zu erlangen. Unabhängig von diesen Feststellungen erfülle der Kläger allerdings die Voraussetzungen für eine Einreise nach § 8 Abs. 2 BVFG, er werde daher im Sinne dieser Vorschrift in den Aufnahmebescheid seiner Ehegattin einbezogen. In dem Aufnahmebescheid der Ehefrau wurde darauf hingewiesen, dass weitere Familienangehörige im Sinne des § 8 Abs. 2 BVFG keine Leistungen als Spätaussiedler nach § 4 BVFG oder als Ehegatte nach § 7 Abs. 2 BVFG erhalten könnten.
5Der Kläger reiste am 14.07.1997 gemeinsam mit seiner Familie in das Bundesgebiet ein.
6Mit Schreiben vom 05.01.2016 seines seinerzeitigen Verfahrensbevollmächtigten beantragte der Kläger beim BVA erneut die Aufnahme nach dem BVFG. Er verwies darauf, dass ein Verfahren beim Sozialgericht Q. anhängig sei, in dem geklärt werde, welche sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse auf seine Altersrente angerechnet werden könnten. Das Verfahren sei ausgesetzt worden, um zunächst die Spätaussiedlereigenschaft zu klären. Im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens trug der Kläger u.a. vor, der Ausschlussgrund des § 5 Nr. 1 d) BVFG greife nicht ein. Der berufliche Erfolg sei allein auf die deutschen Wurzeln und den engen Zusammenhalt der Volksdeutschen in Russland zurückzuführen. Darüber hinaus berief sich der Verfahrensbevollmächtigte auf das 10. Änderungsgesetz zum BVFG.
7Mit Bescheid vom 24.05.2018 lehnte das BVA den Aufnahmeantrag ab. Die Behörde wertete das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten als Antrag auf Wiederaufgreifen des vertriebenenrechtlichen Aufnahmeverfahrens mit dem Ziel der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG. Da der Kläger vor Inkrafttreten des 10. Änderungsgesetzes zum BVFG nach Deutschland übergesiedelt sei, finde die Vorschrift im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Anwendung. Auch ein Wiederaufgreifen nach den allgemeinen Grundsätzen lehnte die Behörde ab.
8Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das BVA mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2018 unter Wiederholung der Begründung des Ablehnungsbescheides zurück. Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ein Anspruch auf erneute Entscheidung nach den allgemeinen Vorschriften komme ebenfalls nicht in Betracht. Insoweit wurde auf die Ausführungen im Ablehnungsbescheid Bezug genommen.
9Der Kläger hat am 23.07.2018 Klage erhoben.
10Er ist der Auffassung, über den Antrag, den Kläger in den Aufnahmebescheid seiner Ehefrau einzubeziehen, sei noch nicht entschieden worden. Aufgrund der im vorliegenden Fall geltenden Rechtslage zum Zeitpunkt der Übersiedlung des Klägers, sei diesem ein Einbeziehungsbescheid zu erteilen, denn gemäß § 27 Abs. 1 S. 2 BVFG in der hier geltenden Fassung sei der Ehegatte des Spätaussiedlers in dessen Aufnahmebescheid auf Antrag einzubeziehen. § 5 BVFG a.F. gelte für den Einzubeziehenden nicht. Die angefochtenen Bescheide des BVA würden sich zu einem Einbeziehungsantrag nicht verhalten. Der Kläger habe schon vor der Registrierung einen Antrag auf Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung gestellt, dieser sei aber daran gescheitert, dass er nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens eingereist sei. Der Kläger meint, der Antrag auf Aufnahme enthalte hauptsächlich den Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides und als Minus den Antrag auf Einbeziehung. Diesen Antrag auf Einbeziehung habe die Beklagte bislang nicht entschieden
11Der Kläger beantragt,
12das vorliegende Verfahren im Hinblick auf einen Antrag der Ehefrau des Klägers auf dessen Einbeziehung auszusetzen.Im Übrigen beantragt der Kläger,den Bescheid des BVA vom 24.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2018, zugestellt am 26.06.2018, aufzuheben.Hilfsweise wird beantragt,unter Aufhebung der genannten Bescheide, das Bundesverwaltungsamt zu verpflichten, dem Kläger eine Spätaussiedlerbescheinigung zu erteilen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen. Der Kläger sei nicht im Wege des vertriebenenrechtlichen Aufnahmeverfahrens, sondern aufgrund ausländerrechtlicher Be-stimmungen eingereist. Voraussetzung für die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG sei zunächst einmal die Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härtewege. Dies könne der Kläger jedoch nur im Wege des Wiederaufgreifens seines im Jahr 1996 bestandskräftig abgeschlossenen Aufnahmeverfahrens erreichen. Daher sei sein Antrag als Wiederaufgreifensantrag mit dem Ziel der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG gewertet worden. Nach Auffassung der Beklagten könne kein Aufnahmebescheid im Wege des § 27 Abs. 1 S. 2 BVFG erteilt werden. Die von dieser Norm erfassten Härtefälle setzten einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Ausreise und Antragsstellung voraus. Da die Antragstellung 19 Jahre nach Übersiedlung erfolgt sei, sei ein zeitlicher Zusammenhang hier nicht mehr gegeben.
16Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG jedenfalls an der Vorschrift des § 15 Abs. 2 S. 2 BVFG scheitere. Nach dieser Vorschrift könne eine Spätaussiedlerbescheinigung nach Absatz 1 nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden sei. Der ursprüngliche Antrag des Klägers sei unter dem 30.05.1996 abgelehnt worden. Diese von § 15 Abs. 2 S. 2 BVFG zusätzlich geschaffene Voraussetzung finde nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) grundsätzlich auch auf Personen Anwendung, die vor dem 01.01.2005 eingereist seien. Die Anwendung des § 15 Abs. 2 S. 2 BVFG führe jedenfalls dann nicht zu einer unzulässigen Rückwirkung, wenn der Antrag auf Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nicht mehr in zeitlichem Zusammenhang mit der Einreise gestellt wurde. Der erstmals im Jahr 2016 gestellte Antrag auf Erlass einer Spätaussiedlerbescheinigung stehe vorliegend nicht mehr in zeitlichem Zusammenhang der Aussiedlung im Jahr 1997.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des BVA Bezug genommen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
19Die Klage hat keinen Erfolg.
20Dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 148 Abs. 1 ZPO war nicht stattzugeben. Nach § 148 Abs. 1 ZPO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens liegen nicht vor. Die Entscheidung des hier zu beurteilenden Rechtstreits hängt nicht von der Entscheidung des BVA über den Einbeziehungsantrag der Ehefrau des Klägers ab. Offen bleiben kann dabei, ob das Verfahren beim BVA schon anhängig ist. Die Aussetzung ist grundsätzlich auch möglich, um das Verwaltungsverfahren erst noch einzuleiten.
21Vgl. Fritsche, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 148 Rn. 12; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2020, § 148 ZPO Rn. 6a.
22Die Entscheidung des BVA über den Antrag der Ehefrau des Klägers ist jedoch nicht vorgreiflich für die im hiesigen Verfahren zu treffende Entscheidung. Vorgreiflichkeit setzt voraus, dass in dem anderen Prozess, über ein Rechtsverhältnis, also eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen Person bzw. Gegenständen, welches im auszusetzenden Prozess Vorfrage ist, entschieden wird. Es bedarf daher einer präjudiziellen Wirkung.
23Vgl. Fritsche, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 148 Rn. 5; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2020, § 148 ZPO Rn. 5.
24Dies ist hier nicht der Fall. Nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung ist Ziel des Klägers die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG. Der Kläger kann seine Rechtsstellung in Bezug auf die begehrte Spätaussiedlerbescheinigung durch die nachträgliche Einbeziehung in den Aufnahmebescheid der Ehefrau jedoch nicht mehr verbessern. Zwar würde ein Einbeziehungsbescheid nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG dazu führen, dass der Kläger „im Wege des Aufnahmeverfahrens“ nach Deutschland eingereist wäre. Dies ist aber nur eine von mehreren Voraussetzungen für die Erteilung der begehrten Spätaussiedlerbescheinigung. Der Anspruch auf Erlass einer Bescheinigung scheitert jedoch, wie noch weiter ausgeführt werden wird, nicht an dem Merkmal „im Wege des Aufnahmeverfahrens eingereist“, sondern an der Vorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG.
25Der Hauptantrag des Klägers, den Bescheid des BVA vom 24.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2018 aufzuheben, ist bereits mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Durch die isolierte Aufhebung der angefochtenen Bescheide kann der Kläger seine Rechtsstellung unter keinem Gesichtspunkt verbessern. Die Aufhebung der Bescheide würde weder dazu führen, dass der Kläger einen Aufnahmebescheid erhält, noch dass er als Spätaussiedler anerkannt würde. An seiner bisherigen Rechtstellung würde sich nichts ändern. Der Hauptantrag entspricht auch nicht dem wirklichen Rechtsschutzziel des Klägers, wie sich aus dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag und dem Klagevorbringen generell ergibt. Tatsächlich begehrt der Kläger allein die Anerkennung als Spätaussiedler aufgrund der damit verbundenen rentenrechtlichen Vorteile. Zur Klärung der Spätaussiedlereigenschaft wurde auch das beim Sozialgericht Q. anhängige Gerichtsverfahren ausgesetzt.
26Der hilfsweise gestellte Antrag, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide zu verpflichten, eine Spätaussiedlerbescheinigung zu erteilen, ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des BVA vom 24.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.06.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG.
27Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG stellt das Bundesverwaltungsamt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Sie kann jedoch nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Dies gilt erst recht für Personen, die - wie der Kläger - nach § 8 Abs. 2 BVFG und damit nicht als einbezogene Ehegatten oder Abkömmlinge im Wege des Aufnahmeverfahrens eingereist sind. Diese Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG liegen nicht vor.
28Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts findet § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG grundsätzlich auch auf Personen Anwendung, die vor dem 1. Januar 2005, d.h. vor Inkrafttreten der Regelung, eingereist sind.
29Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 1 C 21/16 -, juris Rn. 18, 19.
30Dass sich die Beurteilung der Spätaussiedlereigenschaft im Bescheinigungsverfahren nach der Rechtslage bei Aufnahme in das Bundesgebiet richtet, bezieht sich allein auf die Spätaussiedlereigenschaft und nicht auf die hiervon zu trennenden weiteren Voraussetzungen für die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung. Hierfür verlangt der Gesetzgeber mit dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG von dem Antragsteller, dass er vor der Einreise ein nicht bestandskräftig negativ abgeschlossenes Aufnahmeverfahren in Gang gesetzt hat. Diese zusätzliche Voraussetzung ist nicht im Wege einer Modifikation des Spätaussiedlerbegriffs eingeführt, sondern - systematisch getrennt von § 4 BVFG - allein bezogen auf das Bescheinigungsverfahren.
31Der Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG steht kein schutzwürdiges Vertrauen entgegen. Auf ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der Möglichkeit, eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG noch nach der Einreise erhalten zu können, können sich nur Personen berufen, die vor 2005 mit einem Einbeziehungsbescheid eingereist sind und ihr Vertrauen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung durch einen Antrag auf Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG betätigt haben.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 1 C 21/16 -, juris Rn. 25, 26.
33Das trifft auf den Kläger, der als Person i.S.d. § 8 Abs. 2 BVFG in das Bundesgebiet gekommen ist und 19 Jahre hat verstreichen lassen, ehe er eine Statusklärung in Angriff genommen hat, offensichtlich nicht zu.
34Die Tatbestandsvoraussetzungen des - mithin anwendbaren - § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG sind nicht erfüllt. Der Kläger hat zwar vor seiner Ausreise einen Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG gestellt. Dieser ist jedoch durch Bescheid des BVA vom 30.05.1996 bestandskräftig abgelehnt worden.
35Die Tatsache, dass im Zeitpunkt der Ausreise die Erteilung eines Aufnahmebescheides bestandskräftig abgelehnt gewesen ist, kann nach der Ausreise im Übrigen auch nicht mehr für die Zwecke der Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 und 2 Satz 2 BVFG ex tunc durch einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG beseitigt werden.
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 1 C 21/16 -, juris Rn. 25, 26.
37§ 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG stellt unabhängig von den Wirkungen eines, auch im Ergebnis erfolgreichen, Wiederaufgreifens nach § 51 VwVfG im Übrigen für den Zeitpunkt der bestandskräftigen Ablehnung des Aufnahmebescheides auf den Zeitpunkt der Übersiedlung ab. Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 VwVfG kann daher die anspruchshindernde Wirkung der Ablehnung der Aufnahme als Spätaussiedler nicht mehr zum Wegfall bringen. Das Aufnahmeverfahren hat mit seiner (vorläufigen) Prüfung der Spätaussiedlereigenschaft vorrangig Lenkungs- und Ordnungsfunktion. Dieser Zweck ist erfüllt, wenn es erfolgreich durchlaufen wurde, gleichgültig, ob dies bezogen auf die Eigenschaft als Spätaussiedler oder auf die Eigenschaft als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers erfolgt ist. Da das Aufnahmeverfahren einen temporalen Bezug zum Aussiedlungsvorgang hat, ist eine Aufnahme nach endgültigem Abschluss des Aussiedlungsvorgangs nicht mehr - auch nicht im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens - möglich. Mit dem Abschluss des Aussiedlungsvorgangs ist eine rechtliche Grenze für die im Aufnahmeverfahren berücksichtigungsfähigen Umstände erreicht.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 1 C 21/16 -, juris Rn. 25, 26.
39Aus diesem Grunde kann im Ergebnis dahin stehen, ob dem Kläger ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG bzw. § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG zustand, wobei nichts dafür ersichtlich ist, dass hier die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens vorgelegen haben.
40Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
42Rechtsmittelbelehrung
43Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
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1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
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2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
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3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
51Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
52Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
53Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
54Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
55Beschluss
56Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
575.000,00 €
58festgesetzt.
59Gründe
60Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert (§ 52 Abs. 2 GKG).
61Rechtsmittelbelehrung
62Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
63Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
64Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
65Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
66Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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Referenzen
- BVFG § 8 Verteilung 4x
- § 52 Abs. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit 4x
- BVFG § 27 Anspruch 4x
- BVFG § 15 Bescheinigungen 20x
- BVFG § 7 Grundsatz 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- VwVfG § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes 1x
- VwGO § 173 1x
- VwVfG § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes 1x
- VwGO § 154 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- 1 C 21/16 4x (nicht zugeordnet)
- BVFG § 4 Spätaussiedler 2x
- VwGO § 113 1x
- VwGO § 167 1x
- VwVfG § 51 Wiederaufgreifen des Verfahrens 4x
- VwGO § 55a 1x