Urteil vom Verwaltungsgericht Magdeburg (15. Kammer) - 15 A 4/16
Tatbestand
- 1
Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter bei der Beklagten im Rang eines Kriminalobermeisters und wendet sich gegen eine Disziplinarmaßnahme in Form eines Verweises.
- 2
Mit der streitbefangenen Disziplinarverfügung vom 05.02.2015 wird dem Kläger - wohl zuletzt - der Pflichtenverstoß vorgehalten, dass er seit dem 19.02.2013 ein Einzelgewerbe betreibe welches im Gewerberegister wie folgt eingetragen ist:
- 3
„Erbringung von Dienstleistungen im Veranstaltungsbereich, im Bereich Messe und Bühnenbau, Durchführung von Schulungen im Brandschutz und Sicherheitsbereich, Ordnertätigkeit (nicht nach gewerbsmäßiger Erlaubnis gemäß § 34 a GewO).“
- 4
Weiter werde der Kläger auf einer der Landeshauptstadt B-Stadt vorliegenden Liste als Mitarbeiter der „P...“ benannt. In den Unterlagen der Landeshauptstadt befinde sich auch eine Kopie der Ernennungsurkunde des Klägers zum Beamten auf Lebenszeit.
- 5
Diese Tätigkeiten seien als Nebentätigkeiten zu bewerten, welche von dem Kläger nicht beim Dienstherrn angezeigt worden seien. Dadurch habe der Kläger schuldhaft gegen seine Pflicht zur Anzeige von Nebentätigkeiten nach § 40 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) sowie die Wohlverhaltenspflicht aus § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen und somit ein Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Bereits mit der Anmeldung des Einzelgewerbes im Gewerberegister habe der Kläger eine gewerbliche Tätigkeit aufgenommen und dies nach außen dokumentiert. Unerheblich sei insoweit, ob er tatsächlich bereits tätig geworden sei und vielmehr bestehe die Pflicht zur Anzeige der Nebentätigkeit bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung beim Gewerberegister.
- 6
Aufgrund der Nennung des Klägers auf einer bei der Landeshauptstadt B-Stadt befindlichen Mitarbeiterliste der „P...“ sei davon auszugehen, dass der Kläger auch für dieses Unternehmen tätig sei. Dafür spreche auch seine Anwesenheit bei verschiedenen von diesem Unternehmen betreuten Veranstaltungen. So habe der Kläger selbst eingeräumt, teilweise als Fahrer des Inhabers der Firma, Herrn D., tätig gewesen zu sein. Auch unentgeltliche gewerbliche Tätigkeiten seien grundsätzlich als Nebentätigkeit anzuzeigen.
- 7
In der Gesamtbetrachtung sei die Verhängung eines Verweises angemessen und auch ausreichend, um dem disziplinarrechtlichen Zweck Rechnung zu tragen.
- 8
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2015 als unbegründet zurück und verwies dabei auf die Ausführungen des Ausgangsbescheides.
- 9
Mit der fristgerecht erhobenen Klage wendet sich der Kläger weiter gegen die Disziplinarverfügung und ist der Auffassung, dass er keiner Nebentätigkeit im Sicherheitsgewerbe nachgehe. Der diesbezügliche Nachweis sei durch die Beklagte nicht erbracht worden. Tatsache sei, dass er für Herrn D. und damit für die „P...“ nicht gearbeitet habe. Er habe seinen Freund D. hin und wieder mit dem Kraftfahrzeug gefahren, als diesem ein Fahrverbot auferlegt worden sei. Die Nennung seines Namens auf einer Mitarbeiterliste sei unerklärlich. Allein die Anmeldung im Gewerberegister stelle keine anzeigepflichtige Aufnahme einer Nebentätigkeit dar.
- 10
Der Kläger beantragt,
- 11
die Disziplinarverfügung der Beklagten vom 05.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2015 aufzuheben.
- 12
Die Beklagte beantragt,
- 13
die Klage abzuweisen
- 14
und verteidigt die streitbefangene Disziplinarverfügung. Auch aus den Bewerbungsunterlagen des Herrn D. für die Durchführung der sogenannten Hessentage vom 06.06. bis 15.06.2015 in Bensheim (Hessen) sei der Kläger als Mitarbeiter geführt worden. Dies ergebe sich aus einer Mitteilung des LKA Hessen.
- 15
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis darüber erhoben, ob der Kläger für die Firma „P...“ tätig war durch Vernehmung des Zeugen D..
- 16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und das Sitzungsprotokoll sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
- 17
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitbefangene Disziplinarbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme in Form eines Verweises stellt sich ebenso nicht als unzweckmäßig dar (§ 59 Abs. 3 DG LSA).
- 18
1.) Eine wie auch immer geartete anzeigepflichtige Nebentätigkeit des Klägers bei der Firma „P...“ ist ihm nicht nachzuweisen. Die diesbezüglich vom Gericht in der mündlichen Verhandlung durchgeführte Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen D. führte nicht dazu, derartige Anhaltspunkte festzustellen. Der Zeuge D. konnte glaubhaft und in sich schlüssig davon berichten, dass zwischen ihm und dem Kläger eine Freundschaft besteht, wonach der Kläger ihn während eines Fahrverbotes hin und wieder mit dem Kraftfahrzeug gefahren hat. Eine daraus resultierende Tätigkeit für die Sicherheitsfirma des Zeugen kann nicht angenommen werden. Ebenso ist die Tatsache der Nennung des Namens des Klägers auf einer oder mehrerer Mitarbeiterlisten der „P...“ nicht weiter aufklärbar. Insoweit mag die Aussage des Zeugen eine Erklärung sein, dass er die aufgrund gemeinsamer Kreditverbindlichkeiten in seinen Händen befindliche Ernennungsurkunde des Klägers, eigenmächtig den Mitarbeitern der Landeshauptstadt zur Prüfung etwaiger späterer Mitarbeiterdienste vorgelegt hat. Wenngleich dies nicht gänzlich überzeugend klingt, ist es doch im Rahmen des Vorstellbaren und nicht widerlegbar. Ebenso wenig belastbar ist der erst im Klageverfahren aufgrund eines Hinweises vom LKA Hessen vorgetragene Sachverhalt, dass der Kläger auf einer dortigen Mitarbeiterliste für den sogenannten Hessentag aufzufinden sei. Denn auch insoweit hatte der Zeuge D. während seiner Vernehmung glaubhaft und glaubwürdig bekundet, dass eine Mitarbeiterliste erst bei einem Zuschlag des Sicherheitsunternehmens für die Durchführung der Veranstaltung übermittelt wird. Vorliegend ging es jedoch allein um die Bewerbung anlässlich der Hessentage. Dass zu diesem Zeitpunkt keine Mitarbeiterliste der Bewerbung beigelegt wird, erscheint plausibel und nachvollziehbar.
- 19
Die in der Disziplinarverfügung weiteren - wohl zur Abrundung - vorgenommenen Erläuterungen hinsichtlich der gemeinsam mit Herrn D. besuchten Veranstaltungen, führen ebenso nicht weiter. Denn insoweit stellen diese reine Vermutungen dar und ist nicht belegbar. Unstreitig ist, dass der Kläger den Zeugen D. aus reinen Freundschaftsdiensten heraus während eines Fahrverbotes mit dem Kraftfahrzeug gefahren hat. Dies allein begründet noch keine irgendwie geartete anzeigepflichtige Nebentätigkeit. Gleiches gilt für etwaige Kleidung, welche den Kläger in die Nähe der Sicherheitskräfte rücken könnte. Darüber hinaus hat der Zeuge D. auch dies durch die Beschreibung des Outfits seiner Security-Mitarbeiter entkräftet. Danach tragen diese gerade unterschiedlich gefärbte T-Shirts, wohin gehend derartige Kleidung bei dem Kläger nicht behauptet wurde.
- 20
2.) Hingegen greift der disziplinarrechtliche Vorwurf hinsichtlich einer anzeigepflichtigen Nebentätigkeit bezüglich der vom Kläger unstreitig vorgenommenen Anmeldung eines Einzelgewerbes im Gewerberegister. Bereits mit der Anmeldung eines Gewerbes beim Gewerbeamt beginnt die Ausübung einer Nebentätigkeit (VG Berlin, Urt. v. 16.06.2015, 80 K 7.14OL; juris). Ob und wie viel Kunden tatsächlich die Dienste des Klägers in Anspruch genommen haben, ist für die Frage, ob überhaupt eine Nebentätigkeit vorlag, nicht relevant. Nach § 40 Satz 1 BeamtStG sind Nebentätigkeiten grundsätzlich anzeigepflichtig. Dabei handelte es sich ausweislich der Gewerbeanmeldung auch um eine solche Nebentätigkeit die ein Verbot nach § 76 LBG LSA nach sich ziehen dürfte. Denn insbesondere Nebentätigkeiten von Polizeivollzugsbeamten im Bereich des Sicherheitsgewerbes sind kritisch zu sehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.01.2007, 1 D 16.05; juris). Der Beamte hat aufgrund seiner Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf seine Arbeitskraft grundsätzlich dem Dienstherrn und der Allgemeinheit zu widmen; der Dienstherr hat in Form von Dienstbezügen und Alters- sowie Hinterbliebenenversorgung für angemessenen Lebensunterhalt des Beamten und dessen Familie zu sorgen. Angesichts dieser korrespondierenden Pflichten liegt das Interesse des Dienstherrn auf der Hand, ihm eine Prüfungs- und Entscheidungsmöglichkeit einzuräumen, wenn der Beamte durch eine nichtdienstlich veranlasste Nebentätigkeit seine geistigen und körperlichen Kräfte außerhalb des Dienstes nutzbar machen will. Die in diesem Zusammenhang bestehende Genehmigungspflicht soll sicherstellen, dass die Behörde schon vor der Aufnahme einer Nebentätigkeit Kenntnis erhält, das sie sachgerecht prüfen kann, ob sich die Ausübung der beabsichtigten Nebentätigkeit mit dem Amt vereinbaren lässt. Das ist schon deshalb notwendig, weil die Öffentlichkeit gegenüber der Nebentätigkeit von Beamten ohnehin meist sehr kritisch eingestellt ist, so dass es auch schon den Anschein möglicher Interessen- und Loyalitätskonflikte zu vermeiden gilt (BVerwG, Urt. v. 25.01.1990, 2 C 10.89; juris).
- 21
Demnach hat der Kläger durch die ungenehmigte Nebentätigkeit gegen seine Pflicht aus § 40 Satz 1 BeamtStG i. V. m. der sogenannten Wohlverhaltenspflicht nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen. Dies stellt ein - wenn auch - minderschweres Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG dar. Das Dienstvergehen ist wegen der unmittelbaren Nähe zu den dienstlichen Pflichten des Klägers als Polizeivollzugsbeamter auch als innerdienstlich zu qualifizieren. Die danach ausgesprochene Disziplinarmaßnahme in Form eines Verweises ist verhältnismäßig und dem Pflichtenverstoß angemessen. Es geht darum, dem Kläger insbesondere in Bezug auf eine gewisse Nähe zum Sicherheitsgewebe die besonderen Pflichten eines Polizeivollzugsbeamten vor Augen zu führen. Auch wenn die streitbefangene Disziplinarverfügung insoweit von – wohl - zwei Pflichtenverstößen ausging und das Disziplinargericht nunmehr nur noch eine davon als einschlägig ansieht, ist im Ergebnis die Disziplinarmaßnahme zu halten.
- 22
Unter Beachtung der Gesamtumstände hält auch das Disziplinargericht den Ausspruch eines Verweises im vorliegenden Fall als verhältnismäßig, angemessen und auch zweckmäßig im Rahmen der Prüfung nach § 59 Abs. 3 DG LSA. Zur weiteren Begründung darf das Gericht daher auf die ausführlichen Erwägungen in dem Disziplinarbescheid, dem Widerspruchsbescheid und dem Vorbringen der Beklagten im gerichtlichen Verfahren verweisen und sich diesen Ausführungen anschließen (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
- 23
3.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 72 Abs. 4 DG LSA i. V. m. § 154 Abs.1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 3 DG LSA, § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- GewO § 34a Bewachungsgewerbe; Verordnungsermächtigung 1x
- LBG § 76 1x
- § 3 DG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- BeamtStG § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten 2x
- BeamtStG § 47 Nichterfüllung von Pflichten 2x
- VwGO § 113 1x
- § 59 Abs. 3 DG 2x (nicht zugeordnet)
- BeamtStG § 40 Nebentätigkeit 2x
- VwGO § 117 1x
- § 72 Abs. 4 DG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x