Urteil vom Verwaltungsgericht Magdeburg (3. Kammer) - 3 A 244/16

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer der Beilgeladenen erteilten Zulassung eines Hauptbetriebsplans für einen Kiessandtagebau.

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Die Beigeladene ist Inhaberin der bergrechtlichen Bewilligung für die Gewinnung des bergfreien Bodenschatzes Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen im Bewilligungsfeld M.. Das Bewilligungsfeld umfasst eine Fläche von insgesamt 530,46 ha. Mit Planfeststellungsbeschluss vom 30. September 2008 ließ der Beklagte auf Antrag der Beigeladenen vom 31. August 2004 einen Rahmenbetriebsplan für die Errichtung und Führung eines Betriebes zu Aufsuchung und Gewinnung des bergfreien Bodenschatzes Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen im Bewilligungsfeld M. im Nassschnitt einschließlich der notwendigen Betriebseinrichtung und allen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden baulichen Arbeiten sowie Maßnahmen auf einer Gesamtfläche von ca. 68 ha und die Wiedernutzbarmachung auf den im landschaftspflegerischen Begleitplan dargestellten Flächen zu. Die Zulassung wurde bis zum 31. Dezember 2040 befristet. Die Antragsunterlagen der Beigeladenen waren zuvor bei der Stadtverwaltung in A-Stadt ausgelegt. Nicht ortsansässige Grundstückseigentümer wurden von der Stadt A-Stadt über das Planfeststellungsverfahren informiert. Einwendungen in Bezug auf die heute im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücke wurden nicht erhoben. Auch der erlassene Planfeststellungsbeschluss wurde nicht angefochten.

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Unter dem 19. November 2012 beantragte die Beigeladene die Zulassung des 1. Hauptbetriebsplans, welcher die Auffahrung der Lagerstätte, den Bau einer Erschließungsstraße, die Einrichtung der Betriebsanlagen sowie den Beginn der Abbautätigkeit auf einer Fläche von ca. 7,1 ha vorsah. Zu den von der Abbaufläche erfassten Flurstücken gehört auch das im Eigentum der Klägerin stehende Flurstück 6./., Flur 1 der Gemarkung M.. Nach der Planung sollten außerdem u. a. die ebenfalls im Eigentum der Klägerin stehenden Flurstücke 3./. für den Bau der Erschließungsstraße und 4., Flur .. der Gemarkung M. für die Betriebsfläche bzw. das Kieswerk als solches in Anspruch genommen werden. Die vorgenannten Flächen werden von der Klägerin landwirtschaftlich bewirtschaftet.

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Der Beklagte ließ diesen Hauptbetriebsplan mit Bescheid vom 15. Februar 2013 befristet bis zum 31. Dezember 2014 zu. In Ziffer 3 der Nebenbestimmungen dieser Zulassung bestimmte der Beklagte, dass die Aufnahme der Gewinnungstätigkeit erst dann erfolgen dürfe, wenn die Sonderbetriebspläne für das schwimmende Gewinnungsgerät und für die Aufbereitungsanlage durch ihn zugelassen worden seien.

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Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 beantragte die Beigeladene die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 2008 im Hinblick auf die Zufahrt zum Tagebau. Entgegen einer ursprünglich geplanten etwa 400 m langen Betriebsstraße mit direkter Anbindung an die K1…. solle eine etwa 100 m lange Betriebsstraße mit Anbindung an die Zuwegung der Firma S. GmbH und der Firma S./Firma R. errichtet werden und die Anbindung an die K1… über die Mitbenutzung der bestehenden Zuwegung erfolgen. Mit dieser Verkürzung solle insbesondere die Betroffenheit von Grundstückseigentümern verringert werden. Der Beklagte ließ die Planänderung mit Bescheid vom 6. November 2013 im vereinfachten Verfahren zu.

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Unter dem 8. Juli 2013 beantragte die Beigeladene die Zulassung des Sonderbetriebsplanes für die Errichtung und den Betrieb einer Aufbereitungsanlage für den Kiessandtagebau M. innerhalb der planfestgestellten Fläche. Der geplante Standort dieser Aufbereitungsanlage umfasst auch Grundstücksflächen, die im Eigentum der Klägerin stehen. Mit Bescheid vom 12. Februar 2014 ließ der Beklagte den Sonderbetriebsplan zu. Die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage wies das erkennende Gericht mit rechtskräftigem Urteil vom 30. November 2016 (Az. 3 A 145/16 MD).

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Mit Schreiben vom 25. September 2015 legte die Beigeladene den 1. Hauptbetriebsplan mit unverändertem Inhalt zur erneuten Zulassung vor, nachdem sie von der bis zum 31. Dezember 2014 befristeten Zulassung vom 15. Februar 2013 keinen Gebrauch gemacht hatte. Mit Bescheid vom 5. Februar 2016 ließ der Beklagte den Hauptbetriebsplan nach Beteiligung der örtlich betroffenen Gemeinde befristet bis zum 31. Dezember 2017 zu. Der Beklagte wies dabei darauf hin, die Beigeladene habe sicherzustellen, dass sie für die im Rahmen der bergbaulichen Arbeiten in Anspruch zu nehmenden Grundstücke entsprechende Eigentums- bzw. Nutzungsrechte erwerbe.

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Am 24. Oktober 2016 hat die Klägerin bei dem erkennenden Gericht Klage erhoben.

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Zur Begründung trägt sie vor, die streitgegenständliche Hauptbetriebsplanzulassung sei ihr nicht bekannt gegeben worden, obwohl sie vom Vorhaben der Beigeladenen betroffen sei. Die Klage sei daher nicht verfristet. Als Eigentümerin von durch das Vorhaben in Anspruch zu nehmenden Grundstücken sei sie in eigenen Rechten betroffen, da dem Hauptbetriebsplan eine Gestaltungswirkung zukomme. Die Hauptbetriebsplanzulassung sei rechtswidrig, da der Planfeststellungsbeschluss, mit dem der Beklagte den Rahmenbetriebsplan der Beigeladenen zugelassen habe, welcher Grundlage des Hauptbetriebsplans sei, zwischenzeitlich außer Kraft getreten sei. Die Beigeladene habe innerhalb der gesetzlichen Fünfjahresfrist nicht mit den notwendigen Maßnahmen zur Durchführung des Rahmenbetriebsplans begonnen. Abgesehen davon habe der Beklagte vor der Zulassung des streitgegenständlichen Hauptbetriebsplans keine öffentliche Beteiligung durchgeführt, insbesondere nicht die von der Zulassungsentscheidung betroffenen Grundstückseigentümer beteiligt. Dies sei aber notwendig gewesen, da es sich bei dem Antrag der Beigeladenen auf Zulassung des Hauptbetriebsplans um einen Neuantrag gehandelt habe, nachdem die frühere Zulassung mit Ablauf des 31. Dezember 2014 außer Kraft getreten sei. Überdies habe der Hauptbetriebsplan aufgrund bestehender Zweifel an der Zuverlässigkeit des früheren Geschäftsführers und heute noch Handlungsbevollmächtigten der Beigeladenen nicht zugelassen werden dürfen. Gegen diesen würden mehrere Ermittlungsverfahren wegen Nötigung und Urkundenfälschung geführt, wobei die Tatvorwürfe im Zusammenhang mit den hier streitgegenständlichen Flächen und insbesondere dem bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren stünden.

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Nachdem die Klägerin zunächst die gerichtliche Aufhebung der mit Bescheid des Beklagten vom 5. Februar 2016 erfolgten Zulassung des Hauptbetriebsplans 2015 bis 2017 für den Kies- und Sandtagebau M. der Beigeladenen begehrt hat, beantragt sie nunmehr,

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festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten über die Betriebsplanzulassung vom 5. Februar 2016 über den Hauptbetriebsplan 2015 bis 2017 für den Kies- und Sandtagebau M. der Beigeladenen rechtswidrig gewesen ist.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er tritt der Klage mit der Begründung entgegen, der Klägerin fehle bereits die Klagebefugnis. Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen für die Zulassung eines Hauptbetriebsplans hätten keine drittschützende Wirkung. Die Belange der Eigentümer der von einem Tagebau betroffenen Grundstücke würden bei der Zulassung eines Rahmenbetriebsplans wegen der dort erforderlichen umfassenden Gesamtabwägung der öffentlichen Interessen, zu denen auch die Belange der Grundeigentümer zählten, Berücksichtigung finden. Mit der – hier bestandskräftigen – Zulassung des Rahmenbetriebsplans der Beigeladenen sei festgestellt worden, dass die beabsichtigte Gewinnung nicht aus überwiegenden öffentlichen Interessen, also auch nicht unter Berücksichtigung des Eigentumsschutzes, zu beschränken oder zu untersagen sei. Diese Rechtswirkung erstrecke sich auch auf nachfolgende Hauptbetriebsplanzulassungen. Die grundsätzliche Zulassungsfähigkeit des Gesamtvorhabens könne bei der Zulassung der Hauptbetriebspläne somit nicht erneut in Frage gestellt werden, zumal es sich bei Hauptbetriebsplänen um räumlich wie zeitlich begrenzte Konzeptionen handele, im Rahmen deren Prüfung eine nochmalige umfassende Planungsentscheidung einschließlich einer ergebnisoffenen Überprüfung aller Enteignungsvoraussetzungen nicht geleistet werden könne. Die Klägerin sei diesbezüglich vielmehr auf den gegebenen Rechtsschutz gegen spätere Grundabtretungs- und Besitzeinweisungsentscheidungen zu verweisen. Die Klägerin verkenne zudem, dass die Hauptbetriebsplanzulassung selbst nicht zum Entzug von fremdem Eigentum berechtige. Mangels Betroffenheit durch den Hauptbetriebsplan hätten Grundstückseigentümer wie die Klägerin auch nicht vor der Zulassungsentscheidung angehört werden müssen. Angesichts der Unzulässigkeit der Klage komme es auf die übrigen Einwände der Klägerin nicht an.

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Die Beigeladene beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie tritt der Klage aus den Gründen entgegen, die auch der Beklagte vorgetragen hat.

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Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Gerichts.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unzulässig.

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Die Klage ist zwar als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Auf der Grundlage dieser Vorschrift spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung ein Kläger ursprünglich mit der Klage begehrt hat, rechtswidrig gewesen ist, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt vor der gerichtlichen Entscheidung über die Anfechtungsklage erledigt hat. So verhält es sich hier. Die Zulassung des Hauptbetriebsplans 2015 bis 2017 der Beigeladenen für den Kies- und Sandtagebau M. mit Bescheid des Beklagten vom 5. Februar 2016 war bis zum 31. Dezember 2017 befristet und entfaltet somit im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aufgrund Zeitablaufs keine rechtlichen Wirkungen mehr (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG). Für die ursprünglich vor Ablauf der Geltungsdauer der streitgegenständlichen Hauptbetriebsplanzulassung gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte Anfechtungsklage ist dadurch das Rechtsschutzbedürfnis entfallen. Eine Fortführung der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage ist grundsätzlich zulässig, wenn – wie sich aus § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ergibt – der Kläger an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des sich hier nach Erhebung der Anfechtungsklage erledigenden Verwaltungsaktes ein berechtigtes Interesse hat. Ob ein solches Interesse der Klägerin im vorliegenden Fall gegeben ist, bedarf keiner Erörterung. Jedenfalls muss auch für eine Fortsetzungsfeststellungsklage eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gegeben sein (vgl. Riese in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 113 Rn. 147), vor allem wenn – wie hier – die Klage zunächst als statthafte Anfechtungsklage erhoben worden ist, für deren Zulässigkeit das Vorliegen einer Klagebefugnis unzweifelhaft eine Sachurteilsvoraussetzung darstellt.

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Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine bloße (verbale) Behauptung der eigenen Betroffenheit genügt insoweit nicht. Bei sogenannten Drittrechtsbehelfen ist, anders als bei der Anfechtung durch den Adressaten des Verwaltungsaktes selbst, der Verwaltungsakt nicht allgemein auf seine Rechtswidrigkeit zu untersuchen. Vielmehr ist das Gericht darauf beschränkt festzustellen, ob der angefochtene Verwaltungsakt drittschützende Normen verletzt. Drittschutz vermitteln nur solche Vorschriften, die nach dem in ihnen enthaltenen, durch Auslegung zu ermittelnden Entscheidungsprogramm für die Behörde auch der Rücksichtnahme auf Interessen eines individualisierbaren, d.h. sich von der Allgemeinheit unterscheidenden Personenkreises dienen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16. März 1989 - 4 C 36.85 - "Moers-Kapellen", juris Rz. 31).

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Den für die Zulassung von Hauptbetriebsplänen maßgeblichen Rechtsvorschriften lässt sich ein drittschützender Charakter nicht beimessen. Dies gilt insbesondere für § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG. Danach kann in anderen Fällen als denen des Absatzes 1 und des § 15 BBergG, unbeschadet anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften, die für die Zulassung von Betriebsplänen zuständige Behörde eine Aufsuchung oder eine Gewinnung beschränken oder untersagen, soweit ihr überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Das VG Cottbus hat in seinem Urteil vom 21. Dezember 2016 (Az. 3 K 77/15, juris) hierzu ausgeführt:

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„Der Begriff der entgegenstehenden öffentlichen Interessen ist weit gefasst. Er bezieht sich in Abgrenzung zu § 55 Abs. 1 BBergG gerade auf andere Belange als den Schutz vor betrieblichen Gefahren im engeren Sinne. § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG stellt einen Auffangtatbestand dar (vgl. Kullmann/Herbert/Weller BbergG, 1. Aufl. 2012, § 48 Rn. 1-2, beck-online). Nach ihm sind die Belange zu prüfen und abzuarbeiten, die nicht bereits im Rahmen von § 55 BBergG oder in Verfahren geprüft werden, die mangels einer Konzentrationswirkung der Zulassungsentscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlich sind (§ 48 Abs. 1 BBergG).

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Ein Hauptbetriebsplan ist unter Berücksichtigung seiner Zielkonzeption, insbesondere seines sowohl zeitlich wie planerisch begrenzten Inhalts – anders als der Rahmenbetriebsplan – einer umfassenden Gesamtabwägung von öffentlichen Interessen nicht zugänglich und ist daher nicht geeignet, (effektiven) Drittschutz im Sinne des § 48 Abs. 2 S. 1 BbergG zu vermitteln.

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Hauptbetriebspläne sind für die Errichtung und Führung eines Betriebes aufzustellen. Sie sollen in bestimmten Zeitabständen – in der Regel (wie vorliegend) zwei Jahre – einen Überblick über die geplanten (konkreten) Arbeiten und Anlagen vermitteln. Hintergrund der gesetzlich vorgegebenen kurzen Befristung von Hauptbetriebsplänen ist die dynamische Betriebsweise der typischen Bergbaubetriebe in Gestalt des Abbaus von Bodenschätzen, die durch kurze zeitliche Befristung einer regelmäßigen behördlichen Überprüfung unterzogen werden soll (vgl. Boldt/Weller, BBergG, § 52, Rn. 2). Nach Fristablauf verliert der Hauptbetriebsplan seine Gültigkeit. Er muss entweder nach § 52 Abs. 4 S. 2 BBergG verlängert oder gemäß § 51 Abs. 1 BBergG neu aufgestellt werden. In der vergleichsweise sehr kurzen Befristung der Hauptbetriebspläne zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zu den anderen Betriebsplänen. So sind Sonderbetriebspläne und die Rahmenbetriebspläne auf wesentlich längere Zeit befristet (vgl. Piens, in: Piens/Schulte/Graf-Vitzthum, Bundesberggesetz, 2. Aufl. 2013, § 52, Rn. 8ff.).

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Dies ist insoweit gerechtfertigt, als dass der Rahmenbetriebsplan allgemeine Angaben über das Vorhaben enthält, die dazu dienen, einen längerfristigen – in der Zulassungsentscheidung durch Befristung festzulegenden – Rahmen des Vorhabens abzustecken, um dem Bergwerksunternehmer so eine über die typischerweise auf zwei Jahre befristete Hauptbetriebsplanzulassung hinausgehende Planungssicherheit zu geben. Denn die Gesamtabwägung aller für und gegen ein Großvorhaben, wie den Tagebau W., sprechenden Belang ist ein komplexer Vorgang, der in großem Umfang von Tatsachenfeststellungen, Bewertungen und prognostischen Einschätzungen abhängt (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 –, Rn 323, juris). Hierfür bietet der zeitlich und räumlich befristete Hauptbetriebsplan jedoch keine geeignete Grundlage, wie auch daran deutlich wird, dass sowohl das Bundesverfassungsgericht wie auch das Bundesverwaltungsgericht in den genannten Leitentscheidungen jeweils auf das „Vorhaben“ in seiner Gesamtheit abstellen, dessen Überprüfung im Rahmen einer Gesamtabwägung zwar auf der Ebene des Rahmenbetriebsplans möglich, dem Hauptbetriebsplanverfahren jedoch aufgrund dessen räumlich wie zeitlich begrenzter Konzeption entzogen ist. Bei der Betriebsplanzulassung handelt es sich zudem nicht um eine Planungsentscheidung. Der allgemeine Grundsatz der Problembewältigung findet im Betriebsplanverfahren keine Anwendung. Auch § 48 Abs. 1 BBergG ermächtigt die Bergbehörde nicht zu einer planerischen oder fachplanerischen Entscheidung. Das allgemeine drittschützende Abwägungsgebot gilt nicht, weshalb auch die Grundsätze über Abwägungsfehler und ihrer Folgen nicht anwendbar sind (vgl. Piens, aaO., § 51, Rn. 16 m.w.N., Rn. 136 m.w.N.).

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Eine andere Wertung folgt nicht aus der hier gegebenen Situation, dass der vorliegend zugrunde liegende Rahmenbetriebsplan im Jahr 1993 zugelassen wurde. Rechtsschutzlücken sind nicht zu befürchten. Dies gilt auch in Ansehung der vom Bundesverfassungsgericht in der Garzweiler II-Entscheidung geforderten Garantie effektiven Rechtsschutzes gegen Verletzungen der Eigentumsgarantie in Form eines rechtzeitigen Rechtsschutzes gegen ein die Enteignung erforderndes Vorhaben.

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Eine „ergebnisoffene Überprüfung aller Enteignungsvoraussetzungen“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08, 1BvR 3386/08 -, juris) kann nämlich auf der Ebene des Hauptbetriebsplans aus den genannten Gründen nicht geleistet werden und ist daher auch nicht geeignet, wirkungsvollen Rechtsschutz zu vermitteln. Das aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Teil herausgelesene Postulat eines „vorgezogenen Rechtsschutzes“ in Verbindung mit einer „doppelten Angemessenheitsprüfung“ (vgl. Dammert, jM 2014, 288-292, juris), ist kein Selbstzweck, welcher dazu führen kann, dass die grundsätzliche Systematik des Bergrechts inklusive der unterschiedlichen Genehmigungsstufen und der Eigenarten der einzelnen Betriebspläne unbeachtet bliebe.

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Gegen das Aufkommen von Rechtsschutzlücken spricht auch, dass das Bundesverfassungsgericht speziell für Enteignungen gestützt auf Art. 14 Abs. 1 GG, für den Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren das Gebot effektiven Rechtsschutzes betont und dabei vor allem rechtzeitigen Rechtsschutz eingefordert hat, der jedenfalls auch eine Gesamtabwägung der für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange erfasst (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 –, juris; BVerfG, Beschluss vom 14. September 2016 – 1 BvR 1335/13 –, juris). Bei dem in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Enteignung unverzichtbaren Element der Gesamtabwägung handelt es sich demnach zum einen um eine materielle Entscheidungsvorgabe im Rahmen des Art. 14 GG. Darüber hinaus steht die Gesamtabwägung auch in Bezug zur Garantie des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Dieser wird zwar nur genügt, wenn Rechtsschutz gegen einen Eigentumsentzug so rechtzeitig eröffnet wird, dass im Hinblick auf Vorfestlegungen oder den tatsächlichen Vollzug des die Enteignung erfordernden Vorhabens eine grundsätzlich ergebnisoffene Überprüfung aller Enteignungsvoraussetzungen erwartet werden kann (vgl. BVerfG aaO.). Diese Wertung kann jedoch vorliegend aus den genannten Gründen nicht dazu führen, dass auf der Ebene des Hauptbetriebsplans eine Gesamtabwägung durchgeführt werden müsste. Vielmehr ist der Rechtsschutz auf den nachfolgenden Stufen der Besitzeinweisung und der Grundabtretung zu suchen. Diese Möglichkeit ist auch nach der Garzweiler-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein wesentliches Element effektiven Rechtsschutzes und erlangt angesichts der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 14. September 2016 – 1 BvR 1335/13, juris und Urteil vom 17. Dezember 2013 – 1 BvR 3139/08, 1BvR 3386/08 -, juris), nach welcher insbesondere bei Enteignungen im Wege von bergrechtlichen Besitzeinweisungen im Rahmen auch des einstweiligen Rechtsschutzes eine eingehende tatsächliche und rechtliche Prüfung sowie Gesamtabwägung erfolgen muss, sofern irreparable Entscheidungen drohen, eine wirkungsvolle Verstärkung.“

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Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung an. Sind die Interessen der von einem Vorhaben betroffenen Grundstückseigentümer somit bereits im Rahmen der umfassenden Abwägung bei der Zulassung eines Rahmenbetriebsplans zu berücksichtigen und können die betroffenen Grundstückseigentümer hieran anknüpfend einen Rahmenbetriebsplan der gerichtlichen Überprüfung zuführen, fordert das Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) als wesentliches Element der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 -, juris Rz. 190 ff.) nicht die Möglichkeit, die betroffenen Eigentümerrechte in einem gerichtlichen Verfahren gegen die Zulassung eines Hauptbetriebsplans erneut geltend machen zu können. Die mit der Zulassung des Rahmenbetriebsplans festgestellte grundsätzliche Zulassungsfähigkeit des Gesamtvorhabens kann bei der Zulassung des Hauptbetriebsplans – vorbehaltlich einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse – demnach nicht erneut in Frage gestellt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20. Oktober 2008 - 7 B 21.08 -, juris Rz. 16). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass zwar erst der Hauptbetriebsplan selbst in Bezug auf die konkreten Vorhabensschritte eine Gestattungswirkung entfaltet, indes nicht bereits zu einem Entzug einzelner Eigentümerpositionen führt. Darauf hat der Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid zutreffend hingewiesen. Setzt die konkrete Durchführung des Vorhabens, das Gegenstand eines Hauptbetriebsplans ist, die Inanspruchnahme von im Eigentum Dritter stehenden Grundstücksflächen voraus, muss der Vorhabensträger – hier die Beigeladene – sich also zunächst die erforderlichen Eigentums- bzw. Nutzungsrechte verschaffen und ist ggf. ein Grundabtretungsverfahren durchzuführen. Vor einem den Entzug der konkreten Eigentumsposition herbeiführenden Grundabtretungsbeschluss ist wiederum im Hinblick darauf, dass eine Enteignung verhältnismäßig sein muss, eine Gesamtabwägung sämtlicher für und gegen das Vorhaben sprechender Belange vorzunehmen, zu denen auch die Rechte Privater zählen, deren Eigentum für das Vorhaben in Anspruch genommen werden soll. Insoweit ist wiederum Rechtsschutz möglich (vgl. BVerfG, Urt. v. 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 -, a. a. O. Rz. 216 [m. w. N.]). Im Ergebnis ist den betroffenen Grundstückseigentümern damit sowohl gegen den Rahmenbetriebsplan als auch eine spätere Grundabtretung Rechtsschutz eröffnet, in dessen Rahmen sie ihre Eigentumsrechte geltend machen können. Art. 19 Abs. 4 GG fordert hingegen nicht, dass sämtliche Verfahrensschritte zur Durchführung eines komplexen, über viele Jahre mehrere Entscheidungsebenen umfassenden Vorhabens – wie eines Tagebaus – dem Rechtsschutz privater Dritter zugänglich sind, so lange von den verbleibenden Rechtsschutzmöglichkeiten faktisch und zumutbar Gebrauch gemacht werden kann (vgl. BVerfG, Urt. v. 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 -, a. a. O. Rz. 223 f.). Dass dies vorliegend nicht der Fall wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären, weil die Beigeladene einen Antrag gestellt hat und damit ihrerseits das Risiko eingegangen ist, im Falle eines Unterliegens gemäß § 154 Abs. 3 VwGO Kosten zu tragen.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 Sätze 1 und 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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