Beschluss vom Verwaltungsgericht Magdeburg (8. Kammer) - 8 E 136/18

Gründe

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Der zulässige Antrag der Beklagten vom 15.02.2018 auf Entscheidung des Gerichts (§§ 165, 151 VwGO) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.02.2018 in dem Verfahren 8 A 781/16 MD ist unbegründet. Die Urkundsbeamten der Geschäftsstelle hat zu Recht die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemachte (fiktive) Terminsgebühr angesetzt.

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Nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG entsteht die Terminsgebühr auch, wenn u. a. nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor. Das erkennende Gericht hat in dem asylrechtlichen Dublin-Ausgangsverfahren (8 A 781/16 MD) mit Gerichtsbescheid vom 25.07.2017 der Klage stattgegeben und den streitbefangenen Bescheid der Beklagten aufgehoben. Gegen diesen Gerichtsbescheid konnte gemäß § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO entweder die Zulassung der Berufung oder die mündliche Verhandlung beantragt werden; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen.

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Das Gericht folgt nicht der von der Beklagten und Teilen der Rechtsprechung (vgl. zur Übersicht nur: VG Hamburg, Beschluss v. 09.11.2017, 1 KO 8346/17; juris m. w. Nachw.) vertretenen Auffassung, wonach die Änderung von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV- RVG zum 01.08.2013 der Erhebung der fiktiven Terminsgebühr entgegensteht. Zur Begründung dieser Änderung heißt es im Gesetzesentwurf (BT-Drs. 17/11471 [neu], S. 275):

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"Die Entstehung der fiktiven Terminsgebühr soll konsequent auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann, weil nur in diesem Fall eine Steuerungswirkung notwendig ist. Im Fall des Gerichtsbescheids sowohl im Verfahren nach der VwGO als auch im Verfahren nach dem SGG liegt es allein in der Entscheidungsbefugnis des Gerichts, das Verfahren ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu beenden. Die Beteiligten können in beiden Verfahrensarten nur dann eine mündliche Verhandlung beantragen, wenn gegen den Gerichtsbescheid kein Rechtsmittel gegeben ist. Das Entstehen der Terminsgebühr, ohne dass ein Termin stattgefunden hat, soll daher auf diese Fälle beschränkt werden."

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Die Änderung ist nicht so zu verstehen, dass die fiktive Terminsgebühr nur entsteht, wenn gegen den Gerichtsbescheid ausschließlich mündliche Verhandlung beantragt werden kann; also nur im Fall von § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Denn dieser tatbestandliche Anwendungsbereich ist gegenwärtig auf die Fälle beschränkt, in denen das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner Zuständigkeit als erstinstanzliches Gericht durch Gerichtsbescheid entscheidet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Auflage 2011, § 84 Rz. 36 mit Verweis auf: BT-Dr. 11/7030, 27). Ob der Anwendungsbereich auch eröffnet ist, wenn das Verwaltungsgericht eine Klage nach dem Asylgesetz aufgrund von § 78 Abs. 1 AsylG als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet durch Gerichtsbescheid abweist (so: VG Hamburg, Beschluss v. 09.11.2017, 1 KO 8346/17; juris) obwohl § 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG nur eine unanfechtbare Entscheidung durch Urteil und eben nicht durch Gerichtsbescheid vorsieht, ist nicht entscheidend. Denn es ist fernliegend, dass ausschließlich in diesen wenigen von § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO umfassten möglichen Fällen eine Termingebühr anfallen sollte, ohne dass die in der Formulierung von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG ausdrücklich kenntlich gemacht worden wäre (VG Hamburg, Beschluss v. 09.11.2017, 1 KO 8346/17; juris).

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In asylrechtlichen Entscheidungen ist ein Antrag auf mündliche Verhandlung nach Gerichtsbescheid stets statthaft. Denn nach dem AsylG darf das Verwaltungsgericht die Berufung nicht zulassen (§ 78 Abs. 2 Satz 1 AsylG) und die Revision findet gegen erstinstanzliche Urteile nicht statt (§ 78 Abs. 2 Satz 2 AsylG).

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Darüber hinaus stellt die Beklagte nur darauf ab und verkürzt damit den Anwendungsbereich der Vorschrift, ob der Prozessbevollmächtigte des Klägers als obsiegende Partei einen zulässigen Antrag auf mündliche Verhandlung stellen kann. Die Vorschrift geht aber eindeutig davon aus, dass „die Beteiligten eine mündliche Verhandlung beantragen“ können.

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Die Beklagte versucht die Vorschrift nur auf den von ihr als Beklagte vertretenen asylrechtlichen Anwendungsbereich zu beschränken und lässt allein fiskalische Vorgaben vermuten. Dafür findet sich in der Vorschrift aber keine Stütze. So sind verwaltungsgerichtliche Anwendungsbereiche außerhalb des Asylrechts vorstellbar, wo auch auf Beklagtenseite eine anwaltliche Vertretung stattgefunden hat. Dieser unterliegende Beteiligte könnte dann eine fiktive Terminsgebühr im Gegensatz zu obsiegenden Beteiligten geltend machen, was zu Wertungswidersprüchen und rechtstaatlichen Verwerfungen führen würde (VG Hamburg, Beschluss v. 09.11.2017, 1 KO 8346/17; juris).

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Gleiches gilt, wenn argumentativ auf die Entlastung der Gerichte abgestellt wird. Gerade diese Entlastung gebietet es aber auch für den prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt eine Motivation zum Einverständnis zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid herbeizuführen. Denn bei dem Verzicht zur mündlichen Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO entsteht die fiktive Terminsgebühr. Auch wenn das Einverständnis bei der Entscheidungsform des Gerichtsbescheides nicht erforderlich ist, müssen die Beteiligten doch dazu angehört werden und das Gericht wird im Regelfall bei fehlendem Einverständnis von der Entscheidungsform durch Gerichtsbescheid absehen. Sinn und Zweck der fiktiven Terminsgebühr ist aber die Beteiligten zu motivieren, an einer ökonomischen und sparsamen Verfahrensführung und Verfahrensbeendigung zu beteiligen umso die Gerichte zu entlasten (VG Magdeburg, Beschluss v. 02.02.2017, 5 E 41/17 MD; n.v.). Würde die hier in Rede stehende fiktive Terminsgebühr im Falle des asylrechtlichen Gerichtsbescheides nicht anfallen, würde diese gerichtliche Entlastungsfiktion gerade nicht entstehen.

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Zur weiteren Begründung darf auf die zitierten Entscheidungen (ausführlich nur: VG Hamburg, Beschluss v. 09.11.2017, 1 KO 8346/17; juris m.w.Nachw) und die am erkennenden Gericht herrschende Rechtsauffassung verwiesen werden (vgl. VG Magdeburg, Beschluss v. 02.02.2017, 5 E 41/17 MD; n.v.¸ Beschluss v. 15.11.2017, 5 E 485/17 MD; juris).


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