Urteil vom Verwaltungsgericht Mainz (1. Kammer) - 1 K 1463/17.MZ
Tenor
1. Der Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2017 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 19.465,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten sowie Ziffer 2 des Tenors vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Erstattung von im Rahmen der Jugendhilfe aufgewendeten Kosten für einen unbegleiteten minderjährigen Ausländer.
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Der am ... September 1996 geborene somalische Staatsangehörige M. I. A. reiste am 4. Oktober 2013 unbegleitet in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er kam am 5. Oktober 2013 in der Landesaufnahmestelle des Saarlandes an. Das Jugendamt des Beklagten nahm den Jugendlichen vom 7. Oktober 2013 bis einschließlich 2. Februar 2014 in Obhut. Mit Bescheid vom 4. Februar 2014 wurde dem Jugendlichen rückwirkend ab dem 3. Februar 2014 eine Hilfe zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII gewährt. Mit Bescheid vom 29. September 2014 gewährte das Jugendamt des Klägers dem Betroffenen rückwirkend ab dem 18. September 2014 eine Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 i.V.m. § 34 SGB VIII. Die Hilfe wurde zum 31. März 2015 beendet, nachdem sich der junge Volljährige am 6. März 2015 ins Kirchenasyl begeben hatte, da sein Asylantrag bereits am 21. August 2014 abgelehnt und sein Aufenthaltstitel bis zum 12. März 2015 begrenzt worden war.
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Bereits mit Bescheid vom 14. Februar 2014, Eingang bei dem Beklagten am 18. Februar 2014, hatte das Bundesverwaltungsamt das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung des Beklagten als überörtlichen Träger der Jugendhilfe bestimmt. Unter dem 6. Juli 2015 (Ab-Vermerk: 6. Juli 2015) machte der Kläger seinen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89d SGB VIII dem Grunde nach geltend.
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Mit Schreiben vom 14. Dezember 2016 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass der Kostenerstattungsantrag vom 6. Juli 2015 bei ihm eingegangen sei. Die Inobhutnahme sei ab dem 3. Februar 2014 in eine Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27 f. SGB VIII umgewandelt worden. Gemäß § 111 SGB X sei der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht worden sei, geltend mache. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2015 (Az.: 5 C 9/15) sei die Inobhutnahme im Sinne des § 42 SGB VIII eine (eigenständige) Leistung im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X. Da der Kostenerstattungsantrag des Klägers drei Monate nach dem Ende der Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27 f. SGB VIII bei dem Beklagten eingereicht worden sei, könne die Kostenerstattung gemäß § 89d Abs. 3 SGB VIII ab dem 3. Februar 2014 bis zum 31. März 2015 für die vom Kläger angegebene Jugendhilfemaßnahme erfolgen. Für die Zeit der Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII vom 7. Oktober 2013 bis 2. Februar 2014 könne dem Kostenerstattungsantrag aufgrund des vorgenannten Urteils nicht stattgegeben werden. Mit Schreiben vom 15. Mai 2017 erkannte der Beklagte seine Kostenerstattungspflicht gemäß § 89d Abs. 3 SGB VIII für die Zeit ab 3. Februar 2014 bis längstens zum 18. Oktober 2014 bzw. bis zum Wegfall der Voraussetzungen für die Hilfegewährung oder der Kostenerstattungspflicht an.
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Mit Schreiben vom 16. Mai 2017, Zugang am 18. Mai 2017, teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die eingereichte Kostenrechnung vom 14. Oktober 2015 und 12. Mai 2017 für die Zeit vom 7. Oktober 2013 bis 31. März 2015 erhalten und geprüft worden seien. Die darin enthaltenen Beträge, die den Zeitraum vom 7. Oktober 2013 bis zum 2. Februar 2014 beträfen, könnten allerdings nicht übernommen werden. Dies folge daraus, dass ausschließlich eine Kostenerstattung ab dem 3. Februar 2014 bewilligt worden sei. Darüber hinaus könnten Kosten, die über das 18. Lebensjahr des Betroffenen hinausgingen, nur bis zum 18. Oktober 2014 erstattet werden, da vom Kläger keine Aufenthaltsgenehmigung für den kompletten Zeitraum vorgelegt worden sei. Alle nach diesem Datum aufgewandten Kosten des Klägers seien deshalb nicht erstattungsfähig und seien entsprechend gekürzt worden. Insgesamt ergebe sich ein Rechnungsbetrag in Höhe von 36.655,84 €. Dem Schreiben war eine Rechtsbehelfsbelehrung mit dem Hinweis auf die mögliche Erhebung eines Widerspruchs beigefügt.
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In der Folgezeit fand hierzu am 16. und 18. Mai 2017 ein E-Mail-Wechsel zwischen Kläger und Beklagtem statt. Darin reichte der Kläger u.a. Unterlagen (Krankenbehandlungsscheine) nach und erkundigte sich nach dem voraussichtlichen Umfang der Kürzung des Rechnungsbetrags durch den Beklagten.
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Mit E-Mail vom 27. Oktober 2017 und entsprechendem Schreiben vom 22. November 2017 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass für den Betroffenen eine Duldung bis zum 12. März 2015 vorgelegen habe. Dies ergebe sich aus dem angehängten Auszug aus dem Ausländerzentralregister. Es werde daher um nachträgliche Anweisung des gekürzten Betrages für den Zeitraum 19. Oktober 2014 bis 31. März 2015 gebeten. Der Betroffene sei im Rahmen des betreuten Wohnens untergebracht gewesen. Da er sich am 6. März 2015 bereits ins Kirchenasyl begeben habe und dies nicht absehbar gewesen sei, habe der Kläger aufgrund von vertraglichen Pflichten die Miete noch bis Ende des Monats März zahlen müssen. Ebenso sei die Pflegeversicherung immer monatlich fällig gewesen. Da es sich im vorliegenden Fall um eine Kostenerstattung zwischen zwei Behörden handele und somit kein Verwaltungsakt vorliege, bestehe hier auch nicht die Notwendigkeit eines Widerspruchs. Für die Kostenerstattung gälten vielmehr die gesetzlichen Verjährungsfristen.
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Der Kläger hat am 21. Dezember 2017 Klage erhoben. Er trägt vor, dass im Hinblick auf den Zeitraum vom 7. Oktober 2013 bis 2. Februar 2014 die Verweigerung der Kostenerstattung bezüglich eines Betrages von 19.524,19 € unter Berufung auf die Ausschlussfrist nach § 111 SGB X zu Unrecht erfolgt sei. Die Kostenerstattungsregelung richte sich nach Spezialvorschriften des SGB VIII und gerade nicht nach den §§ 104 ff. SGB X. Jedenfalls müsse nach Sinn und Zweck der Verzicht auf die Einrede der Verjährung auch für die Ausschlussfrist des § 111 SGB X angewandt werden. Denn es habe gerade bundesweit Einvernehmen darüber bestanden, dass innerhalb des Jahres 2015 bei den aufnehmenden und leistenden Jugendämtern ein immenser Arbeitsaufwand entstanden sei und daher trotz gerade erst neu eingeführter Fristen für die sog. Altfälle, zu denen auch dieser gehöre, eine längere Bearbeitungszeit unumgänglich gewesen sei. Daher sei das Schreiben des Beklagten vom 4. November 2016 für Abrechnungsfälle aus dem Jahr 2015 selbstverständlich auch hier anzuwenden.
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Nachgewiesen worden seien zudem Kosten für den Zeitraum der Kostenzusage vom 3. Februar 2014 bis zum 18. Oktober 2014 in Höhe von 39.016,89 €. Erstattet worden seien lediglich 36.655,84 €. Der Differenzbetrag von 2.163,05 € sei ebenfalls zu erstatten.
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In Bezug auf den Zeitraum ab dem 19. Oktober 2014 und den darauf entfallenden Betrag von 17.104,40 € sei ebenfalls die Kürzung zu Unrecht vorgenommen worden. Sofern der Beklagte sich dahingehend auf das Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitels berufe, sei dies nunmehr hinreichend aufgeklärt und der Vorgang an den Beklagten lückenlos übersendet worden. Der gesamte geltend gemachte Erstattungszeitraum sei damit abgedeckt.
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Der Kläger beantragt,
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1. den Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2017 aufzuheben;
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2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 38.989,64 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Eine Klageerwiderung erfolgte zunächst nicht. Mit Schreiben vom 19. Juli 2018 trägt der Beklagte unter anderem vor, dass die Kosten für den Zeitraum ab dem 18. Oktober 2014 nach Vorlage des Auszugs aus dem Ausländerzentralregister übernommen werden könnten. Allerdings seien in den Zeiträumen ab dem 3. Februar 2014 auch Krankenhilfekosten enthalten, die offensichtlich auf der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) basierten. Diese seien einmal gekürzt und einmal übernommen worden. Die Kürzung sei deshalb erfolgt, da die Kosten nach dem 18. Oktober 2014 angefallen seien.
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Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten des Klägers verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat teilweise Erfolg, da sie hinsichtlich beider Klageanträge zulässig, allerdings nur teilweise begründet ist.
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Hinsichtlich des von dem Beklagten erlassenen Bescheids vom 16. Mai 2017 (Klageantrag zu 1.), der die Zahlung des streitgegenständlichen Betrages ablehnt, ist die Anfechtungsklage statthaft. Dies gilt auch, soweit es – wie hier – um die Aufhebung eines rein formellen Verwaltungsakts geht (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 4 R 71/06 R –, BeckRS 2006, 44566, Rn. 16; BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 1993 – 6 B 5/92 –, NVwZ-RR 1993, 251 [252]; siehe ferner BayVGH, Urteil vom 2. August 2016 – 22 B 16.619 –, BeckRS 2016, 50120, Rn. 35, 41 ff.; a. A. VG Wiesbaden, Urteil vom 5. März 2007 – 7 E 1536/06 –, NVwZ-RR 2007, 613: Feststellungsklage). Obwohl der Beklagte sich äußerlich der Form des Verwaltungsaktes bedient hat, wie sich unter anderem aus der angehängten Rechtsbehelfsbelehrung ergibt, waren die materiellen Voraussetzungen des § 31 SGB X nicht gegeben (sog. formeller Verwaltungsakt). Hier besteht „trotz des äußeren Scheins in Wahrheit kein Verwaltungsakt“ (BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 1993 – 6 B 5/92 –, NVwZ-RR 1993, 251 [252]; tendenziell anders noch BVerwG, Beschluss vom 9. November 1984 – 7 C 5/84 –, juris, LS 1: „anfechtbarer Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG“). Konsequenterweise spricht auch das Bundesverwaltungsgericht in dem vorgenannten Beschluss vom 18. Januar 1993 nur von der Aufhebung eines „offensichtlich rechtswidrigen Aktes“ (Hervorhebung d. d. Kammer).
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Es fehlte hier bereits an dem Merkmal einer hoheitlichen Maßnahme, da sich Kläger und Beklagter auf Gleichordnungsebene gegenüberstehen und damit kein für die Annahme einer hoheitlichen Maßnahme erforderliches Über-/Unterordnungsverhältnis besteht (vgl. BSG, Urteil vom 14. Oktober 1970 – 10 RV 483/68 –, juris, Rn. 19; BayLSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – L 8 SO 128/14 –, juris, Rn. 32). Eine hoheitliche Maßnahme und eine damit zusammenhängende Verwaltungsaktbefugnis kann zwischen Hoheitsträgern nur ausnahmsweise durch den Gesetzgeber begründet werden (vgl. BSG, Urteil vom 21. April 1993 – 14a RKa 6/92 –, NJW-RR 1994, 788 [790] m.w.N.). Dies ist hier allerdings nicht anzunehmen, weil das Bestehen oder die Höhe eines Erstattungsanspruchs bereits kraft Gesetzes feststeht und – über die Bestimmung des zuständigen Kostenträgers gemäß § 89d Abs. 3 SGB VIII a. F. hinaus – keiner gesonderten Festsetzung durch Verwaltungsakt mehr bedarf (vgl. zu den §§ 102 ff. SGB X: Weber, in: BeckOK Sozialrecht, 47. Edition, Stand: 1. Dezember 2017, § 102 SGB X, Rn. 43).
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Dass der Kläger gegen den Bescheid vom 16. Mai 2017 keinen Widerspruch erhoben hat und damit die Voraussetzungen der §§ 68 ff. VwGO nicht vorliegen, ist unerheblich. Ein rein formeller Verwaltungsakt kann nicht in Bestandskraft erwachsen und ist ungeachtet der für die Anfechtungsklage in Bezug auf materielle Verwaltungsakte geltenden Fristen anfechtbar (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 4 R 71/06 R –, BeckRS 2006, 44566, Rn. 20; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 35, Rn. 17 mit Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 1993 – 6 B 5/92 –, NVwZ-RR 1993, 251 [252]). Denn die an die Handlungsform Verwaltungsakt geknüpften Rechtsfolgen richten sich – anders als für die statthafte Klageart – nach dem Inhalt der Maßnahme, nicht alleine nach ihrer Form (BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 4 R 71/06 R –, BeckRS 2006, 44566, Rn. 20; VG Wiesbaden, Urteil vom 5. März 2007 – 7 E 1536/06 –, NVwZ-RR 2007, 613; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 35, Rn. 17).
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Dem Kläger kommt auch insgesamt ein Rechtschutzinteresse an der Aufhebung zu. Obwohl der Bescheid vom 16. Mai 2017 – abgesehen von seiner Form – hinsichtlich der Ablehnung der Kostenerstattung für den Zeitraum vom 7. Oktober 2013 bis zum 2. Februar 2014 keinen der tatsächlichen Rechtslage entgegenstehenden Rechtsschein begründet, war er insgesamt aufzuheben. Eine nur teilweise Aufhebung würde dahingehend dem Rechtsverkehr eine zumindest teilweise Bestandskraft vorspiegeln, die wiederum – wie oben dargelegt – nicht der Sachlage entspräche.
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Die Anfechtungsklage ist auch insgesamt begründet, da dem Beklagten bereits aufgrund des zwischen ihm und dem Kläger bestehenden Gleichordnungsverhältnisses – wie oben dargelegt – keine Verwaltungsaktbefugnis zukommt. Der eine Erstattung ablehnende Bescheid ist schon aufgrund der fehlenden Verwaltungsaktbefugnis (zumindest) rechtswidrig und aus Gründen der Rechtsklarheit auch im Tenor aufzuheben (vgl. für einen nicht ordnungsgemäß bekanntgegebenen Verwaltungsakt: OVG RP, Urteil vom 25. Juni 1986 – 8 A 92/85 –, NVwZ 1987, 899).
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Die Klage ist im Übrigen als Leistungsklage zulässig, da der begehrten Erstattung – wie oben dargelegt – kein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X vorausgehen muss (so ausdrücklich BayLSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – L 8 SO 128/14 –, juris, Rn. 32). Auch liegen die Voraussetzungen einer objektiven Klagehäufung vor.
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Die Klage ist hinsichtlich der allgemeinen Leistungsklage teilweise begründet, da der Kläger einen Anspruch auf die mit seinem Klageantrag zu 2. begehrte Leistung in Höhe von 19.465,45 € hat. Im Übrigen, also bezüglich der Kosten für die Inobhutnahme vom 7. Oktober 2013 bis zum 2. Februar 2014 in Höhe von 19.524,19 €, besteht kein Erstattungsanspruch, sodass die Klage insoweit unbegründet ist.
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Der Kläger hat einen Anspruch gemäß §§ 89d Abs. 1, Abs. 3 (a. F.), 89f Abs. 1 SGB VIII auf Erstattung der Kosten der Hilfegewährung im Zeitraum vom 3. Februar bis zum 17. September 2014 gemäß § 34 SGB VIII sowie im Zeitraum vom 18. September 2014 bis zum 31. März 2015 gemäß §§ 34, 41 SGB VIII. Nach § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind Kosten, die ein örtlicher Träger aufgewendet hat, vom erstattungspflichtigen Land zu erstatten, wenn an einen jungen Menschen oder einen Leistungsberechtigten nach § 19 SGB VIII innerhalb eines Monats nach der Einreise Jugendhilfe gewährt wird und sich die örtliche Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt dieser Person oder nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde richtet. Gemäß § 89d Abs. 3 Satz 1 SGB VIII – in der bis 30. Juni 2017 geltenden Fassung (vgl. BGBl. I 2015, 1802) – wurde, sofern (wie hier) die Person im Ausland geboren ist, das erstattungspflichtige Land auf der Grundlage eines Belastungsvergleichs vom Bundesverwaltungsamt bestimmt.
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Vorliegend findet § 89d Abs. 3 SGB VIII in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 Anwendung. Nach Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher (VerbaKJUVBG) vom 28. Oktober 2015 (BGBl. I 2015, 1802) wurde § 89d Abs. 3 SGB VIII aufgehoben, wobei Art. 5 Abs. 1 VerbaKJUVBG bestimmt, dass Art. 1 Nr. 9 VerbaKJUVBG zum 1. Juli 2017 in Kraft tritt. Weder die Vorschriften des VerbaKJUVBG noch des SGB VIII enthalten insoweit eine Übergangsreglung, etwa dergestalt, dass laufende Verwaltungsverfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen sind. Da der Gesetzgeber keine Übergangsregelung erlassen hat, sind in Ermangelung derartiger Vorschriften die Regeln des intertemporalen Rechts anzuwenden.
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Danach wird der unmittelbar nur die Anwendbarkeit des neuen Rechts betreffende Grundsatz der Sofortwirkung und Nicht-Rückwirkung durch den Grundsatz „tempus regit actum“ ergänzt, nachdem die Beurteilung eines Sachverhalts sich grundsätzlich, insbesondere auch für in der Vergangenheit liegende oder eingetretene Tatsachen nach dem Recht richtet, das im entsprechenden Zeitpunkt in Geltung war (EuGH, Urteil vom 21. September 2017 – C-88/15 –, juris, Rn. 38; BFH, Urteil vom 8. November 2006 – X R 45/02 –, juris, Rn. 22; OVG RP, Urteil vom 11 März 1997 – 6 A 10700/96.OVG –, juris, Rn. 29 ff.). Außer Kraft getretene Rechtsnormen bleiben danach anwendbar auf Sachverhalte, die während ihrer Geltung verwirklicht worden sind. Demgemäß finden auf das vorliegende Verfahren die bisherigen Vorschriften des SGB VIII Anwendung.
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Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs gilt die Bagatellgrenze des § 89f Abs. 2 SGB VIII von 1.000 € ausdrücklich im Rahmen von § 89d SGB VIII nicht. Der Umfang der Kostenerstattung ergibt sich demnach vornehmlich aus § 89f Abs. 1 SGB VIII. Unmittelbare ergänzende Anwendung finden darüber hinaus grundsätzlich die §§ 108 Abs. 1 und 109 sowie 111 bis 113 SGB X (vgl. Wiesner, SGB VIII, 5. Auflage 2015, § 89f, Rn. 1), soweit das SGB VIII keine speziellere Regelung beinhaltet.
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Der Anspruch ist mit Schreiben vom 6. Juli 2015 auch rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des § 42d Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, also vor dem 1. August 2016, geltend gemacht worden. Es besteht auch kein Ausschluss gemäß § 89d Abs. 4 SGB VIII. Die geltend gemachten Kosten sind im Zeitraum vom 7. Oktober 2013 bis 31. März 2015 und damit vor dem 1. November 2015 entstanden (vgl. § 42d Abs. 4 und 5 SGB VIII).
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Die konkrete Ausschlussfrist des § 42d Abs. 4 SGB VIII tritt indessen zusätzlich neben § 37 Abs. 1 SGB I i.V.m. § 111 SGB X (vgl. BMFSJ, JAmt 2016, 302), ohne diese Regelung zu verdrängen (vgl. zur generellen Anwendbarkeit des § 111 SGB X im Rahmen des § 89d SGB VIII: BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 – 5 C 14/09 –, NVwZ-RR 2011, 67, Rn. 13 f.). Dabei hat § 42d Abs. 4 SGB VIII eine andere Zielrichtung als § 111 SGB X. Insoweit bezweckt letztere Vorschrift zum einen, dass der erstattungspflichtige Träger innerhalb kurzer Zeit nach der Leistungserbringung darüber Kenntnis erlangt, welche Ansprüche auf ihn zukommen können und er ggf. entsprechende Rückstellungen bilden kann, zum anderen dient sie der raschen Abwicklung des Erstattungsverfahrens (vgl. BSG, Urteil vom 28. November 1990 – 5 RJ 50/89 –, juris, Rn. 23). Dagegen zielt § 42d Abs. 4 SGB VIII darauf ab, die Geltendmachung von Erstattungsansprüche aus dem „Altverfahren“ nach § 89d Abs. 3 SGB VIII a. F. durch Setzung einer einheitlichen Frist „neun Monate nach Einführung des Verteilungsverfahrens durch Inkrafttreten des Gesetzes“ auszuschließen (BT-Drs. 18/5921, S. 28). Die Regelung verfolgt also den (einmaligen) primären Zweck, einen klaren Übergang zwischen den Neu- und Altverfahren zu schaffen, während § 111 SGB X (durchgehend) vornehmlich der Beschleunigung und zeitnahen Abwicklung des Erstattungsverfahrens dient.
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Hier ist der Erstattungsanspruch des Klägers hinsichtlich der Kosten für die Inobhutnahme des jungen Menschen vom 7. Oktober 2013 bis einschließlich 2. Februar 2014 in Höhe von 19.524,19 € gemäß § 37 Abs. 1 SGB I i.V.m. § 111 SGB X ausgeschlossen, da der Anspruch vom Kläger insoweit nicht fristgerecht bei dem Beklagten geltend gemacht worden ist. Im Übrigen wurde die Frist zur Geltendmachung gewahrt.
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Bei der Bestimmung der fristgerechten Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs ist von einer ganzheitlichen Betrachtung auszugehen. Damit korrespondierend beginnt die zwölfmonatige Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X grundsätzlich mit Ablauf des letzten Tages, an dem die jeweilige (Gesamt-)Leistung im Sinne dieser Vorschrift erbracht wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2017 – 5 C 8/16 –, juris, Rn. 12; Urteil vom 17. Dezember 2015 – 5 C 9/15 –, NVwZ 2016, 947, Rn. 14 m.w.N.). Dabei stellt die Inobhutnahme eine eigen- bzw. selbstständige Leistung im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X dar, sodass die Ausschlussfrist für die Inobhutnahme eigenständig zu prüfen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 5 C 9/15 –, NVwZ 2016, 947, Rn. 10 ff.). Keine im Sinne des Jugendhilferechts einheitliche Leistungen können – auch bei einem wie vorliegend an sich nicht qualitativ veränderten Bedarf – die in § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII den sonstigen Aufgaben der Jugendhilfe zugeordnete Inobhutnahme und die in § 2 Abs. 2 SGB VIII genannten Leistungen bilden (so ausdrücklich für eine Inobhutnahme – § 42 SGB VIII – mit daran unmittelbar anschließender Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung – § 34 SGB VIII –: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 5 C 9/15 –, NVwZ 2016, 947, Rn. 13). Die Inobhutnahme endete hier gemäß § 42 Abs. 4 Nr. 2 SGB VIII spätestens durch die formale „Entscheidung“ über die zum 3. Februar 2014 rückwirkende Hilfegewährung gemäß § 34 SGB VIII mit Bescheid vom 4. Februar 2014 (insoweit auf die tatsächliche Hilfegewährung abstellend: Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 42, Rn. 104; Trenczek, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 42, Rn. 51).
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Hier hat der Kläger seinen Erstattungsanspruch erst mit Schreiben vom 5. Juli 2015 und damit nicht innerhalb der vorgenannten Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. Sie beginnt mit Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde. Der Kläger hat durch Bescheid vom 4. Februar 2014 die Inobhutnahme (mittelbar) einem bestimmten Zeitraum zugeordnet (7. Oktober 2013 bis 2. Februar 2014), sodass der Ablauf des letzten Tages dieses Zeitraums für den Fristbeginn maßgebend ist (vgl. auch Kater, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 99. EL Mai 2018, § 111 SGB X, Rn. 38; Roller, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 111, Rn. 6). Daraus folgt, dass die Frist mit Ablauf des 2. Februar 2015 endete (vgl. § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB). Ein anderes Ergebnis würde sich auch nicht aus einer Anwendung des § 111 Satz 2 SGB X ergeben, sodass dies an dieser Stelle offenbleiben kann (ebenso offengelassen BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 5 C 9/15 –, NVwZ 2016, 947, Rn. 20 ff.). Bei der insoweit für den Fristbeginn maßgeblichen Anknüpfung an die Kenntnis der Bestimmung des erstattungspflichtigen Trägers durch das Bundesverwaltungsamt mit Bescheid vom 14. Februar 2014 (Zugang bei dem Kläger am 18. Februar 2014) wäre die Ausschlussfrist hier mit dem oben genannten Schreiben des Klägers vom 5. Juli 2015 ebenfalls nicht gewahrt gewesen.
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Aus dem vom Kläger angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2016 (– 5 C 35/15 –, NVwZ-RR 2017, 499) ergibt sich insoweit auch nichts abweichendes. Das Bundesverwaltungsgericht führte darin aus, dass die Inobhutnahme in dem von ihm zu entscheidenden Fall wie eine Leistung zu behandeln sei und auch in einen bereits (längere Zeit) vor Beginn der Inobhutnahme begründeten Leistungszusammenhang im Sinne des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs einzubeziehen sein könne (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2016 – 5 C 35/15 –, NVwZ-RR 2017, 499, Rn. 20). Etwas anderes könne in Fallkonstellationen gelten, in denen der Inobhutnahme schon keine Jugendhilfeleistung vorausgegangen sei (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2016 – 5 C 35/15 –, NVwZ-RR 2017, 499, Rn. 20 mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 – 5 C 12/09 –, NVwZ-RR 2010, 686). So liegt die Sache hier. Im hiesigen Fall ging der Inobhutnahme gerade keine Jugendhilfeleistung im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VIII voraus. Daraus folgt, dass in diesen Fällen der Übergang von einer Inobhutnahme zur Gewährung von Hilfe zur Erziehung (hier in Form der Heimerziehung) – auch bei einem an sich nicht qualitativ veränderten Bedarf – weiterhin nicht mit einem bloßen Wechsel innerhalb des Leistungskatalogs des § 2 Abs. 2 SGB VIII gleichzusetzen ist und daher von vornherein auch nicht gemeinsam mit der Heimerziehung eine einheitliche Leistung bildet (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 5 C 9/15 –, NVwZ 2016, 947, Rn. 13; Urteil vom 25. März 2010 – 5 C 12/09 –, NVwZ-RR 2010, 686, Rn. 22 f.). Die Ausführungen des Klägers zur Beendigung eines (einheitlichen) Leistungszusammenhangs verfangen vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht, da für die Inobhutnahme in § 42 Abs. 4 Nr. 2 SGB VIII ein spezieller Beendigungstatbestand normiert ist, der auch den Übergang zu einer Leistung der Jugendhilfe im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VIII erfasst.
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Der Anwendung der Ausschlussfrist des § 111 SGB X steht auch nicht der von dem Kläger behauptete „Verzicht“ des Beklagten entgegen. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass es sich – anders als bei der Verjährung – um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt, die auch seitens des Gerichts von Amts wegen zu berücksichtigen ist (Kater, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 99. EL Mai 2018, § 111 SGB X, Rn. 56). Ein Verzicht käme allgemein nur bei subjektiven (prozessualen) Rechten in Betracht (z. B. Einrede der Verjährung), was aber bei einer Ausschlussfrist nicht der Fall ist. Ein Verzicht auf die Ausschlussfrist des § 111 SGB X scheidet demnach aus (Roller, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 111, Rn. 16; Kater, a.a.O.). Zudem wird auch in dem vom Kläger angeführten Schreiben für den dort erklärten Verzicht ausdrücklich zwischen Verjährung und materiell-rechtlichen Ausschlussfristen (insbesondere § 42d SGB VIII) differenziert. Damit konnte nicht davon ausgegangen werden, dass ein vom Kläger behaupteter Verzicht – sofern er denn zulässig wäre – überhaupt erklärt worden ist.
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Soweit der Anspruch des Klägers nicht gemäß § 111 SGB X ausgeschlossen ist, steht ihm auch nicht die Einrede der Verjährung entgegen, da diese von dem Beklagten jedenfalls nicht wirksam erhoben worden ist. Von Amts wegen wird die Verjährung nicht beachtet (vgl. BSG, Urteil vom 6. Dezember 1989 – 2 RU 30/89 –, juris, Rn. 12; Roller, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 113, Rn. 12).
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Darüber hinaus sind die fristgerecht geltend gemachten Kosten gemäß § 89f SGB VIII nur erstattungsfähig, soweit die Aufgabenerfüllung den Vorschriften des SGB VIII entspricht (sog. Grundsatz der Gesetzeskonformität; vgl. dazu etwa Loss, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Auflage 2015, § 89f, Rn. 3). Ziel ist es, damit einerseits sicherzustellen, dass der erstattungsberechtigte Jugendhilfeträger bei der Leistungsgewährung nicht in Erwartung einer Erstattungsleistung die durch das SGB VIII gezogenen Grenzen überschreitet und andererseits den erstattungspflichtigen Jugendhilfeträger davor zu bewahren, Aufwendungen für solche Leistungen zu erstatten, die bei ordnungsgemäßer Leistungsgewährung nach Art oder Umfang so nicht hätten erbracht werden müssen (BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 – 5 C 30/12 –, BeckRS 2013, 55000, Rn. 14 m.w.N.).
- 39
Dabei gelten die Grundsätze, die im Bereich des tätig gewordenen örtlichen Trägers zur Zeit des Tätigwerdens angewandt werden (vgl. § 89f Abs. 1 Satz 2 SGB VIII; sog. „Vor-Ort-Prinzip“; dazu auch etwa Kunkel/Pattar, in: Kunkel/Kepert/Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 89f, Rn. 22 ff.). Dazu zählen Dienstanweisungen, Richtlinien und Vereinbarungen mit Dritten (Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Auflage 2015, § 89f, Rn. 8; Winkler, in: BeckOK SozR, 47. Edition, Stand: 1. Dezember 2017, § 89f SGB VIII, Rn. 8). Ermessensentscheidungen kann der erstattungspflichtige Träger der Jugendhilfe ausschließlich auf deren Rechtmäßigkeit, nicht hingegen auf ihre Zweckmäßigkeit hin überprüfen (Wiesner, a.a.O.; siehe auch Winkler, a.a.O.). Dabei ist die Entscheidung über die individuell erforderlichen Hilfemaßnahmen von dem erstattungsberechtigten Jugendhilfeträger in eigener Verantwortung zu treffen und daher dessen Einschätzung für den erstattungspflichtigen Träger maßgeblich (BVerwG, Urteil vom 8. Juli 2004 – 5 C 63/03 –, juris, Rn. 17).
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Hier gewährte der Kläger dem jungen Menschen ab dem 3. Februar 2014 bis zum 17. September 2014 eine Hilfe zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII. Daran schloss sich ab dem 18. September 2014 eine Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 i.V.m. § 34 SGB VIII an. Die Hilfe wurde zum 31. März 2015 beendet, nachdem sich der Hilfeempfänger am 6. März 2015 ins Kirchenasyl begeben hatte. Dass die Voraussetzungen für die vorgenannten Hilfen dem Grunde nach vorlagen, hat der Beklagte weder in Abrede gestellt noch ist Gegenteiliges anderweitig ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger den von dem Beklagten geforderten Nachweis der ausländerrechtlichen Duldung vorgelegt, sodass auch § 6 Abs. 2 SGB VIII einer Leistungserbringung ab dem 18. Oktober 2014 nicht entgegensteht.
- 41
Der Kläger hat die einzelnen Kostenpositionen auch hinreichend belegt (vgl. Blatt 23 der Gerichtsakte und die Rechnungen in der Verwaltungsakte des Klägers). Es ist insoweit nicht ersichtlich, warum seitens des Beklagten mit Schreiben vom 16. Mai 2017 lediglich ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 36.655,84 € für den Zeitraum vom 3. Februar bis zum 18. Oktober 2014 angenommen wurde. Den Fehlbetrag von 2.361,05 € hat der Beklagte weder im vorgenannten Schreiben noch im Klageverfahren begründet, sodass von einer zutreffenden Darlegung durch den Kläger auszugehen war.
- 42
Der Vortrag des Beklagten im Hinblick auf die nach Maßgabe der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechneten Krankenhilfekosten, ist nicht durchgreifend. So hat der Beklagte dies erst mit Schriftsatz vom 19. Juli 2018 im gerichtlichen Verfahren und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung erklärt. Die Erklärung des Beklagten war daher gemäß § 87b Abs. 3 VwGO zurückzuweisen, da eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der einzelnen Kostenpositionen in den Rechnungen der behandelnden Ärzte voraussichtlich eine weitere mündliche Verhandlung erfordert hätte. Auf diese Rechtsfolge wurde der Beklagte auch mit der Ladung vom 18. April 2018 unter Fristsetzung für weiteres Vorbringen bis zum 25. Mai 2018 hingewiesen. Zudem geht aus dem Vortrag des Beklagten nicht eindeutig hervor, ob die betreffenden Kostenpositionen nun nach dortiger Auffassung als erstattungsfähig eingestuft werden oder nicht. Insoweit geht die Kammer – basierend auf dem Wortlaut der vorgenannten Erklärung – davon aus, dass der fehlende Aufenthaltstitel das (einzige) Erstattungshindernis war, dieses aber nunmehr weggefallen ist.
- 43
Im Übrigen ist nach der bisherigen Rechtsprechung der Kammer auch eine privatärztliche Abrechnung – jedenfalls im Rahmen einer Inobhutnahme – zulässig und dementsprechend auch erstattungsfähig (vgl. VG Mainz, Urteil vom 22. Februar 2018 – 1 K 862/17.MZ –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die insoweit dargelegten Erwägungen sind auch dem Grunde nach auf den hiesigen Fall übertragbar. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass die §§ 47 bis 52 SGB XII im Rahmen des § 40 SGB VIII vornehmlich den „Umfang“ der durch die behandelnden Ärzte zu erbringenden Leistungen bestimmen und ansonsten auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Rechtsmaterie der Jugendhilfe anzuwenden sind (vgl. Kunkel/Pattar, in: Kunkel/Keppert/Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 40, Rn. 9).
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Insoweit dürfte davon auszugehen sein, dass dem Kläger auch bei einer Leistung der Jugendhilfe in Form der Heimerziehung gemäß § 34 SGB VIII (ab dem 18. September 2014 in Verbindung mit § 41 SGB VIII) ein Ermessensspielraum dahingehend zukam, ob der Hilfeempfänger in die gesetzliche Krankenversicherung eingesteuert (§ 264 SGB V) oder im Wege der unmittelbaren Abrechnung mit den Ärzten wahlweise auf privat- (GOÄ) oder kassenärztlicher (EBM) Grundlage behandelt wird. Ebenso dürfte vor dem oben dargestellten Hintergrund § 52 Abs. 3 Satz 2 SGB XII im Rahmen der Krankenhilfe nach § 40 SGB VIII für den Jugendhilfeträger keine zwingende Wirkung entfalten, da dort krankenversicherungsrechtliche Begrenzungen der Leistungshöhe gerade nicht gelten sollen (vgl. § 40 Sätze 2 und 3 SGB VIII; Kunkel/Pattar, in: Kunkel/Keppert/Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 7. Auflage 2018, § 40, Rn. 12).
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Es ist insoweit nicht ersichtlich, dass durch die „Zwischenschaltung“ einer gesetzlichen Krankenversicherung oder der unmittelbaren Abrechnung nach Maßgabe des EBM mit den Ärzten erheblich geringere Kosten für die konkreten Krankenbehandlungen entstanden wären. Der Beklagte hat auch (nach Schluss der mündlichen Verhandlung) ausschließlich auf die Abrechnungsmethode hingewiesen, nicht aber die Kosten der Höhe nach beanstandet. Ein Verstoß gegen den erstattungsrechtlichen Interessenwahrungsgrundsatz oder das allgemeine Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit kann damit ebenfalls nicht angenommen werden.
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Ein Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich für den Kläger in entsprechender Anwendung von §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. Wiesner, SGB VIII, 5. Auflage 2015, § 89f, Rn. 12). Dahingehend schließt § 89f Abs. 2 Satz 2 SGB VIII zwar Verzugszinsen, aber keine Prozesszinsen aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2001 – 5 C 34/00 –, NVwZ 2001, 1057 [1058]).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 VwGO. Dabei erstreckt sich bei rein formellen Verwaltungsakten die Rechtsfolge des § 167 Abs. 2 VwGO nicht auf die Leistungsklage (anders bei der Aufhebung von Verwaltungsakten im materiellen Sinne etwa: BFH, Urteil vom 16. Juli 1980 – VII R 24/77 –, BeckRS 1980, 22005403; HessVGH, Teilurteil vom 5. November 1986 – 1 UE 700/85 –, NVwZ 1987, 517).
Beschluss der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 3. Juli 2018
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Der Streitwert wird auf 38.989,64 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
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