Urteil vom Verwaltungsgericht Minden - 11 K 652/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger und sein Bruder betreiben Landwirtschaft. Sie sind mit ihren Flächen am Flurbereinigungsverfahren C. beteiligt. Aufgrund von Erbfolge wurde der Kläger am 19. Januar 2007 als Eigentümer u.a. von mehreren landwirtschaftlich genutzten Flächen ins Grundbuch eingetragen. Ein Teil der Flächen, zu diesen zählt die Fläche Gemarkung (neu), war an seinen Bruder verpachtet gewesen. Diesen Pachtvertrag kündigte der Kläger. Mit Urteil des Amtsgerichts Halle (Westfalen) vom 17. April 2008 – 2 C 280/08 – wurde dem Bruder des Klägers in einem einstweiligen Verfügungsverfahren das Betreten dieser Grundstücke verboten und zugleich bestätigt, dass dem Kläger das Besitzrecht an den Grundstücken zustehe. Im Tatbestand des Urteils heißt es: „Die Parteien sind Brüder, aber verfeindet.“
3Im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens ist allen Beteiligten im September 2011 ein endgültiger Abwicklungsplan bekanntgegeben worden. Gegen diesen Flurbereinigungsplan erhob der Kläger Klage vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen – 9a D 79/11.G –, über die noch nicht entschieden ist. Am 25. November 2011 erließ die Bezirksregierung E. auf Grundlage der §§ 65 und 62 Abs. 2 und 3 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) eine vorläufige Besitzeinweisung mit Überleitungsbestimmungen – für den Bruder des Klägers bezüglich der Fläche Gemarkung (neu) –, die für sofort vollziehbar erklärt wurde. In der vorläufigen Besitzeinweisung mit Überleitungsbestimmungen heißt es unter Punkt 2: „Mit dem in den Überleitungsbestimmungen bestimmten Zeitpunkt 01.12.2011 gehen der Besitz, die Verwaltung und die Nutzung der neuen Grundstücke auf die in der neuen Feldeinteilung benannten Empfänger über (§ 66 Abs. 1 FlurbG). Die Besitz-, Verwaltungs- und Nutzungsrechte an den alten Grundstücken erlöschen. Gleichwohl bleiben die Teilnehmer zunächst noch Eigentümer ihrer alten Grundstücke“. Die vorläufige Besitzeinweisung mit Überleitungsbestimmungen erlangte Bestandskraft.
4Am 24. April 2012 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Betriebsprämie 2012. In seinem Flächenverzeichnis gab er unter lfd. Nr. 11 auch die Fläche Gemarkung mit einer Größe von 1,79 ha an.
5Am 21. Mai 2012 begann der Bruder des Klägers auf der o.g. Fläche Gras zu mähen. Der Kläger untersagt ihm daraufhin mit polizeilicher Hilfe die Fortsetzung der Mäharbeiten und berief sich ausdrücklich auf das im Verfahren 2 C 280/08 ergangene Urteil des Amtsgerichts Halle (Westfalen).
6Mit Schreiben vom 28. August 2012 hörte der Beklagte den Kläger dazu an, dass auch sein Bruder bezüglich der streitbefangenen Fläche einen Antrag auf Auszahlung der Betriebsprämie gestellt habe. Daraufhin übersandte der Kläger das Urteil des Amtsgerichts Halle (Westfalen) und verwies sinngemäß darauf, dass er die Fläche rechtmäßig genutzt habe.
7Mit Urteil vom 16. Oktober 2012 hob das Amtsgericht Halle (Westfalen) im Verfahren 2 C 280/08 die einstweilige Verfügung vom 07. April 2008 hinsichtlich des Grundstücks Gemarkungauf. Zur Begründung führte es an, der Bruder des Klägers habe glaubhaft gemacht, dass aufgrund des Bescheides der Bezirksregierung E. vom 25. November 2011 über die vorläufige Besitzeinweisung mit Überleitungsbestimmungen seit dem 01. Dezember 2011 die bestehenden Besitz-, Verwaltungs- und Nutzungsrechte an dem Grundstück Gemarkung (neu) erloschen seien. Der Besitz sei daher ab dem 01. Dezember 2011 auf den Bruder des Klägers übergegangen. Die Flurbereinigungsbehörde habe die sofortige Vollziehung angeordnet. Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sei nicht gestellt und durchgesetzt worden. Ungeachtet der Klage gegen die endgültige Ausführungsanordnung müsse der Kläger die vorläufige Besitzeinweisung respektieren.
8Unter dem 31. Oktober 2012 übersandte der Bruder des Klägers dem Beklagten eine Ausfertigung des vorgenannten Urteils vom 16. Oktober 2012 und wies darauf hin, dass, soweit der Kläger auf der streitbefangenen Fläche gearbeitet habe, es sich bei der Bewirtschaftung um verbotene Eigenmacht i.S.d. § 858 BGB gehandelt habe.
9Im Dezember 2012 legte der Kläger dem Beklagten eine Rechnung vom 22. Oktober 2012 des Lohnbetriebes H. über Mäharbeiten und das Umpacken von Heu im Oktober 2012 sowie eine Bestätigung des Lohnunternehmers Everding vom 17. November 2012 über eine Heuernte im Juni 2012 auf dem Grundstück (neu) vor.
10Mit Bescheid vom 22. Januar 2013 gewährte der Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag vom 24. April 2012 Betriebsprämie 2012 in Höhe von 3.143,68 €. Dabei erkannte er hinsichtlich der lfd. Nr. 11 des Flächenverzeichnisses Teilschlag 8 a statt beantragter 1,79 ha eine Fläche von 0,35 ha an. Ferner teilte er dem Kläger mit Schreiben vom 25. Januar 2013 mit, er sichere ihm schriftlich zu, dass er auch nach Ablauf der Klagefrist von einem Monat gegen den im Betreff genannten Bescheid die Sach- und Rechtslage erneut überprüfen und dann einen entweder inhaltlich gleichen oder geänderten Bescheid erlassen werde. Mit dem Erlass des dann inhaltlich gleichlautenden oder geänderten Bescheides beginne die Klagefrist von einem Monat erneut zu laufen. Den bisher erlassenen Bescheid werde er dann aufheben.
11Am 18. Februar 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, ihm stehe Betriebsprämie 2012 für die Fläche Gemarkung, (neu) in einem Umfang von weiteren 1,44 ha zu. Er habe diese Fläche im Jahre 2012 durchgehend bewirtschaftet und die tatsächliche Bewirtschaftung durch die vorgelegten Bescheinigungen der Lohnunternehmer nachgewiesen. Verbotene Eigenmacht habe er nicht begangen. Zwar habe die vorläufige Besitzeinweisung der Bezirksregierung E. vom 25. November 2011 Bestandskraft erlangt, dies bedeute aber nicht, dass sein Bruder hierdurch ab dem 01. Dezember 2011 auch den unmittelbaren Besitz an der Fläche habe. Hierzu hätte es eines weiteren Rechtsaktes bedurft, wie dies z.B. in Fällen der streitigen Auflösung von Pachtverhältnissen der Fall sei. Darüber hinaus hätte die Bezirksregierung E. mit Blick darauf, dass das Flurbereinigungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, gar keine vorläufige Besitzeinweisung vornehmen dürfen. Hinzu komme, dass das Urteil des Amtsgerichts Halle vom 16. Oktober 2012 – 2 C 280/08 – erst mit der Rücknahme der Berufung am 09. Juli 2013 vor dem Landgericht Bielefeld Rechtskraft erlangt habe. So lange habe das Betretungs- und Befahrungsverbot für seinen Bruder bezüglich der streitbefangenen Fläche Bestand gehabt. Darüber hinaus sei er als Eigentümer der Fläche zur Ausübung des Besitzrechtes berechtigt.
12Der Kläger beantragt,
13der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 22. Januar 2013 verpflichtet, ihm auf seinen Antrag vom 24. April 2012 zusätzlich für die Fläche laufende Feldblocknummer 11, Feldblock für den doppelt beantragten Überlauf von
141,44 ha Betriebsprämie 2012 zu gewähren.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Er macht geltend, auf die tatsächliche Nutzung der streitbefangenen Fläche durch den Kläger komme es nicht an. Mit Blick darauf, dass die vorläufige Besitzeinweisung seitens der Bezirksregierung E. Bestandskraft erlangt habe, sei der Bruder des Klägers mit Wirkung ab dem 01. Dezember 2011 unmittelbarer Besitzer der streitbefangenen Fläche geworden. Die Einräumung des unmittelbaren Besitzes ergebe sich unmittelbar aus der entsprechenden Verfügung der Bezirksregierung E. . Für die Frage der rechtmäßigen Bewirtschaftung einer Fläche komme es nicht auf eigentumsrechtliche, sondern allein auf besitzrechtliche Verhältnisse an der Fläche an. Die streitbefangene Fläche sei dem Betrieb des Klägers daher nicht zuzurechnen gewesen. Überdies liege ein Fall der verbotenen Eigenmacht vor.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Heft) Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die statthafte Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg. Das Gericht lässt offen, ob und in welchem Umfang das Schreiben des Beklagten vom 25. Januar 2013 Auswirkungen auf das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers hat, denn die Klage ist in jedem Fall unbegründet.
21Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Betriebsprämie für das Jahr 2012 in Höhe von 447,32 € (1,44 x 310,64 €) für weitere 1,44 ha bezüglich der Fläche mit der lfd. Nr. 11 des Flächenverzeichnisses Feldblock. Der insoweit entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 22. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 VwGO).
22Nach Art. 33 und 34 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 kann der Betriebsinhaber die Betriebsprämienregelung nur in Anspruch nehmen, wenn er über entsprechende Zahlungsansprüche und beihilfefähige Flächen verfügt. Gemäß Art. 34 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 wird dem Betriebsinhaber grundsätzlich eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähiger Hektarfläche gewährt. Nach Art. 35 der vorgenannten Verordnung hat der Betriebsinhaber die Parzellen anzumelden, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Diese Parzellen müssen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedsstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen. § 3 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie – Betriebsprämiendurchführungsverordnung (BetrPrämDurchfV) i.V.m. § 7 der Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoSV) bestimmt insoweit, dass der 15. Mai des Jahres, für das die Zahlung beantragt wird, der maßgebliche Zeitpunkt ist. Ausgehend hiervon, kann nur derjenige eine Betriebsprämienzahlung gewährt bekommen, der am 15. Mai 2012 über die streitbefangene Fläche verfügte.
23Zur Frage, wann eine Fläche einem landwirtschaftlichen Betrieb zur Verfügung steht, hat der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 14. Oktober 2010 – C 61/09 –, juris) hinsichtlich Art. 44 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 entschieden, dass die Zuordnung einer landwirtschaftlichen Fläche zum Betrieb des Landwirts nicht voraussetze, dass sie diesem aufgrund eines Pachtvertrages oder eines anderen gleichartigen Überlassungsvertrages gegen Entgelt zur Verfügung stehe. Weder Abs. 2 noch Abs. 3 des Art. 44 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 bestimme näher die Art des Rechtsverhältnisses, auf dessen Grundlage die betreffende Fläche genutzt werde. Die Fläche gehöre dann zum Betrieb des Landwirtes, wenn dieser befugt sei, sie zum Zwecke der Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwalten. Der Begriff der Verwaltung bedeute dabei nicht, dass dem Landwirt uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die Fläche in Bezug auf deren landwirtschaftliche Nutzung zustehen müsse. Der Landwirt müsse jedoch hinsichtlich dieser Fläche über eine hinreichende Selbständigkeit bei der Ausübung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit verfügen, also in der Lage sein, bei der Nutzung der betreffenden Fläche eine gewisse Entscheidungsbefugnis auszuüben. Darüber hinaus dürften die streitigen Flächen in dieser Zeit nicht von einem Dritten landwirtschaftlich genutzt werden. Um zu verhindern, dass mehrere Landwirte geltend machten, dass die betreffenden Parzellen zu ihrem Betrieb gehörten, sei es nämlich erforderlich, dass diese Flächen in dieser Zeit nicht im Sinne der Betriebsprämienregelung dem Betrieb anderer Landwirte zugeordnet werden könnten.
24Diese Ausführungen des EuGH sind in der Rechtsprechung der nationalen Gerichte – mit zum Teil unterschiedlicher Akzentuierung – berücksichtigt worden. Das OVG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 05. Mai 2011 – 2 L 170/09 –, juris Rdnr. 60) sieht es für die Zuordnung einer Fläche zu einem Betrieb für erforderlich an, dass der jeweilige Betriebsinhaber auch zur Nutzung der betreffenden Fläche berechtigt ist. Das Sächsische OVG (Beschluss vom 01. November 2012 – 1 A 613/09 –, juris Rdnr. 6) ordnet tatsächliche Maßnahmen der Bewirtschaftung dem nach nationalem Recht Nutzungsberechtigten zu. Nach dem Bay. VGH (Beschluss vom 30. Januar 2012 – 21 ZB 11.223 –, juris Rdnr. 5) ist bei Doppelbeantragungen der ordnungsgemäße Nachweis des Nutzungsrechts sogar stets eine zwingende Voraussetzung für die Beantragung der Förderung. Das VG Augsburg hat in jüngster Zeit (Urteil vom 16. April 2013 – Au 3 K 12.158 –, juris Rdnr. 31 m.w.N) die zu dem Thema ergangene Rechtsprechung dahingehend zusammengefasst, dass für die Frage nach der subjektiven Zuordnung der Flächen vorrangig auf die tatsächliche Nutzung im maßgeblichen Zeitpunkt, d.h. die tatsächliche Bewirtschaftung abzustellen ist. Lediglich in den Fällen, in denen von mehreren Antragstellern gleichzeitig eine Förderung in Bezug auf ein und dieselbe Fläche beansprucht wird („Doppelantragstellung“), sowie bei angemaßter Besitzerstellung aufgrund verbotener Eigenmacht soll ergänzend die zivilrechtlich-vertragliche Nutzungsberechtigung als Kollisionsregel herangezogen werden.
25Ausgehend hiervon scheidet eine Zuordnung der streitbefangenen Fläche zum Betrieb des Klägers aus. Im vorliegenden Fall ist – und dies hat der Beklagte nicht in Abrede gestellt – zwar eine tatsächliche Nutzung der streitbefangenen Fläche durch den Kläger gegeben. Dies ergibt sich bereits aus den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bescheinigungen und Rechnungen der Lohnunternehmer bezüglich der für das Jahr 2012 geleisteten Arbeiten. Gleichwohl war die streitbefangene Fläche im Rahmen der Gewährung von Betriebsprämie 2012 nicht dem klägerischen Betrieb zuzurechnen, da der Kläger mit Blick auf die sofort vollziehbare und bestandskräftige zu Gunsten seines Bruders ergangene vorläufige Besitzeinweisung der Bezirksregierung E. vom 25. November 2011 nicht befugt war, die Fläche ab dem 01. Dezember 2011 zu nutzen. Da keine Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Verfügung vom 25. November 2011 gegeben sind, kann offen bleiben, ob diese überhaupt ergehen durfte.
26Mit der vorläufigen Besitzeinweisung nach § 65 FlurbG und dem Übergang von Besitz und Nutzung nach § 66 FlurbG treten nur die aus dem Besitz folgenden Rechtswirkungen ein. Es gehen mit dem Besitz die Verwaltung und die Nutzung der neuen Grundstücke auf die Empfänger über. Die Teilnehmer bleiben Eigentümer der betroffenen Grundstücke. Eine Handlung der Teilnehmer für den Besitzübergang, d.h. eine Besitzergreifung, ist nicht erforderlich. Es bedarf – entgegen der Auffassung des Klägers – daher keiner Übergabe des Grundstücks zur Begründung des Besitzes (vgl. § 854 BGB), der Besitz geht vielmehr durch die Anordnung selbst zu dem in den Überleitungsbestimmungen festgesetzten Zeitpunkt kraft Gesetzes auf den Empfänger über wie im Erbfall.
27Vgl. Schwantag/Wingerter, Flurbereinigungsgesetz, Kommentar, 8. Auflage 2008, § 66 Rdnr. 1; Steuer, Flurbereinigungsgesetz, Kommentar, 1956, § 66 Seite 226.
28Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall ein Fall der sog. verbotenen Eigenmacht i.S.d. §§ 858, 861 BGB gegeben. Verbotene Eigenmacht im vorgenannten Sinne kann nur gegen den unmittelbaren Besitzer, nicht aber gegen einen mittelbaren Besitzer verübt werden.
29Vgl. BGH, Urteil vom 06. Juli 1977 – VIII ZR 277/75 –, juris.
30Eine angemaßte Besitzerstellung des Klägers ergibt sich hier daraus, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung durch die Bewirtschaftung der Fläche seinen Bruder, mithin den unmittelbaren Besitzer, aus dessen Besitzerstellung gedrängt und ihm so den Besitz daran entzogen hatte. Unerheblich ist dabei, dass das Amtsgericht Halle (Westfalen) erst mit Urteil vom 16. Oktober 2012 – 2 C 280/08 – das Betretungs- und Befahrverbot zu Lasten des Bruders des Klägers aufgehoben hat. Wie bereits oben dargetan, ist dem Bruder des Klägers mit der Verfügung vom 25. November 2011 unmittelbar das Besitz- und Nutzungsrecht ab dem 01. Dezember 2011 kraft Gesetzes – und damit unabhängig von der Rechtswirkung des vorgenannten Urteils – eingeräumt worden.
31Entgegen der Auffassung des Klägers konnte er aus seiner Stellung als Eigentümer der Fläche auch kein Besitzrecht ableiten. Die eingewiesenen Besitzer genießen ab dem jeweiligen Stichtag Besitzschutz auch gegenüber dem Eigentümer nach §§ 861, 862 BGB.
32Vgl. Schwantag/Wingerter, a.a.O., § 66 Rdnr. 2.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
- 1 A 613/09 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- 9a D 79/11 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 861 Anspruch wegen Besitzentziehung 1x
- BGB § 862 Anspruch wegen Besitzstörung 1x
- FlurbG § 66 1x
- VIII ZR 277/75 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- 2 C 280/08 5x (nicht zugeordnet)
- 2 L 170/09 1x (nicht zugeordnet)