Urteil vom Verwaltungsgericht Münster - 5 K 2391/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der am 00.00.0000 geborene Kläger leistete seinen Grundwehrdienst bei der Bundeswehr vom 1. Juli 1982 bis zum 30. September 1983 ab. Teilweise zeitlich überlappend schrieb er sich zum am 1. September 1983 beginnenden Wintersemester als Student an der Fachhochschule N. ein. Nach erfolgreich absolvierter Diplomprüfung exmatrikulierte sich der Kläger mit Wirkung vom 18. Januar 1988. Im Anschluss trat er in den Dienst der Deutschen Bundespost ein; mit Wirkung vom 1. Februar 1993 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Bis zu seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand aufgrund Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 31. Dezember 2012 stand der Kläger als Beamter im technischen Dienst der Deutschen Telekom AG als Nachfolgeunternehmen der Bundespost, zuletzt eingruppiert in die Besoldungsgruppe A 11.
3Mit Bescheid vom 18. Februar 2013 setzte die Deutsche Telekom AG die Versorgungsbezüge auf der Grundlage eines Ruhegehaltssatzes von 59,98 v.H. fest. Bei der Zusammenstellung der ruhegehaltfähigen Dienstzeiten berücksichtigte sie die Zeit des nichtberufsmäßigen Wehrdienstes des Klägers vom 1. Juli 1982 bis zum 30. September 1983. Als Zeit einer Hochschulausbildung anerkannte die Deutsche Telekom AG das Fachhochschulstudium des Klägers in T. /N. dem Grunde nach vom 1. September 1983 bis 8. Januar 1986, berücksichtigte hiervon als ruhegehaltfähige Dienstzeit aufgrund der Überschneidung mit dem Wehrdienst des Klägers im Monat September aber nur die Zeit vom 1. Oktober 1983 bis 8. Januar 1986.
4Hiergegen legte der Kläger mit am 13. März 2013 bei der Deutschen Telekom AG eingegangenen Schreiben vom 11. März 2013 Widerspruch ein. Er trug vor, der Anfang des Studiums müsse auf den 1. Oktober 1983 geändert und entsprechend das (berücksichtigungsfähige) Ende des Studiums um einen Monat nach hinten verschoben werden. Seine Immatrikulation sei zwar zum 1. September 1983 erfolgt, aber die Vorlesungen begännen im Allgemeinen erst Ende September/Anfang Oktober; er habe das Studium aufgrund der Ableistung seines Wehrdienstes nicht vor dem 1. Oktober 1983 aufgenommen; zudem habe er Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) auch erst ab Oktober 1983 erhalten. Durch den angegriffenen Bescheid werde ihm entweder ein Monat der Bundeswehrzeit oder aber des Studiums gestrichen, dies könne nicht gesetzeskonform sein.
5Mit am 27. Juni 2013 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2013 wies die Deutsche Telekom AG den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung berief sie sich auf die für die Berücksichtigung der Ausbildungszeiten ihrer Ansicht nach maßgebliche Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 69f Abs. 2 BeamtVG. Die hiernach höchstens als ruhegehaltfähig zu berücksichtigende Zeit betrage für den Kläger 860 Tage. Diese rechne nach Tz. 12.1.1 Satz 1, 2. Hs. BeamtVGVwV vom tatsächlichen Beginn des Studiums an, wobei ein Semester gemäß Tz. 12.1.7 BeamtVGVwV ohne Rücksicht auf den Tag der Immatrikulation oder den Beginn der Vorlesung mit sechs Monaten zu berücksichtigen sei. Als formeller Beginn des Studiums sei beim Kläger vom 1. September 1983 auszugehen. Da die Zeit des im September 1983 zeitgleich absolvierten nichtberufsmäßigen Wehrdienstes des Klägers vorrangig nach § 9 BeamtVG zu berücksichtigen sei, könnten von der Studienzeit nur 830 Tage – vom 1. Oktober 1983 bis 8. Januar 1986 – nach § 12 BeamtVG als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden.
6Der Kläger hat am 24. Juli 2013 Klage erhoben. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Widerspruch und ergänzt, auch die Wartezeitauskunft der Rentenversicherung Westfalen vom 15. Januar 1983 gehe von einer Hochschulausbildung seit Oktober 1983 aus; Tz. 12.1.7 BeamtVGVwV als Verwaltungsvorschrift könne den Anwendungsbereich von § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG nicht einschränken. Zudem liege ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 und Art. 14 Abs. 1 GG vor.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Deutschen Telekom AG vom 18. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2013 zu verpflichten, einen Ruhegehaltssatz von 60,16 v.H. festzusetzen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsbescheid.
12In dem Termin zur mündlichen Verhandlung ist für die Beklagte niemand erschienen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
15Das Gericht konnte in der Sache mündlich verhandeln und entscheiden, obwohl für die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist. Denn sie wurde mit Hinweis auf diese Möglichkeit ordnungsgemäß zum Termin geladen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
16Die zulässige Klage ist unbegründet.
17Der angefochtene Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 18. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen höheren als den festgesetzten Ruhegehaltssatz von 59,98 v.H.
181. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, greift er die Festsetzung seiner Versorgungsbezüge gemäß § 14 BeamtVG allein insoweit an, als die Deutsche Telekom AG im Rahmen der Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit die Zeit seiner Hochschulausbildung nicht korrekt berücksichtigt habe. Die Berücksichtigung dieser Ausbildungszeit richtet sich maßgeblich nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG.
19Die Vorschrift ist in der aktuellen Fassung anzuwenden. Die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit erfolgt nicht gemäß § 85 Abs. 1 BeamtVG nach dem bis 31. Dezember 1991 geltenden Recht, obwohl der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt im Beamtenverhältnis stand und bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand ununterbrochen darin verblieben ist, da § 85 Abs. 4 BeamtVG einen Günstigkeitsvergleich zwischen der bis dahin geltenden und der aktuellen Rechtslage vorsieht und letztere nach den vom Kläger nicht beanstandeten Berechnungen der Beklagten zu einem für ihn günstigeren höheren Ruhegehaltssatz führt. Ebenso wenig findet – wie von der Beklagten zugunsten des Klägers angenommen – § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 11. Februar 2009 geltenden Fassung i.V.m. § 69f Abs. 2 BeamtVG Anwendung. § 69f Abs. 2 BeamtVG sieht eine Übergangsregelung für Versorgungsfälle vor, die nach dem 11. Februar 2009 und bis zum 31. Dezember 2012 eingetreten sind. Der Versorgungsfall trat hier jedoch erst am 1. Januar 2013 ein, da der Kläger mit Ablauf des 31. Dezember 2012 in den Ruhestand versetzt wurde.
20Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der aktuellen Fassung kann die nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit) als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, die Zeit einer Fachschul- oder Hochschulausbildung einschließlich der Prüfungszeit bis zu 855 Tagen.
21Die Regelung ermöglicht, einen Ausgleich in der unterschiedlichen Ausgangslage der Beamten in den einzelnen Laufbahnen wegen der verschieden langen Dauer der Vorbildung in Bezug auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit herbeizuführen. Das Gesetz begrenzt damit die der Behörde eingeräumte Ermächtigung, nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen die Zeit einer Hochschulausbildung als ruhegehaltfähige Dienstzeiten zu berücksichtigen, auf die als Voraussetzung für die Ablegung der Prüfung vorgeschriebene Mindestzeit einschließlich der Prüfungszeit bis zu hier 855 Tage.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 1994 - 2 C 16.93 -, DokBer B 1994, 326 = juris, Rn. 14; BayVGH, Beschluss vom 9. April 2014 - 3 ZB 11.2523 -, juris, Rn. 6; jeweils zu § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F.
232. Die Beklagte hat im Rahmen der Berechnung des Ruhegehaltssatzes nach § 14 BeamtVG in einer den Kläger rechtlich nicht belastenden Weise einerseits als höchstens anrechenbaren Zeitraum seiner Hochschulausbildung die Zeit vom 1. September 1983 bis zum 8. Januar 1986 (860 Tage) angesehen, andererseits aufgrund der Überschneidung mit dem Wehrdienst des Klägers um 30 Tage im Monat September 1983 aber lediglich 830 Tage (1. Oktober 1983 bis 8. Januar 1986) als ruhegehaltfähige Dienstzeit nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG anerkannt. Für die vom Kläger beanspruchte zusätzliche Anerkennung weiterer 30 Tage vom 9. Januar 1987 bis 7. Februar 1987 gibt es keine Rechtsgrundlage. Dies ergibt sich teilweise – im Hinblick auf fünf Tage – bereits daraus, dass die Beklagte zu seinen Gunsten fälschlicherweise auf der Grundlage von § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 11. Februar 2009 geltenden Fassung i. V. m. § 69f Abs. 2 BeamtVG 860 Tage und nicht 855 Tage als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt hat. Aber auch im Übrigen – hinsichtlich der weiteren 25 Tage – kann der Kläger keine zusätzliche Berücksichtigung seiner Hochschulausbildung als ruhegehaltfähige Dienstzeit beanspruchen.
24a) Die für den Kläger höchstens als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigende Zeit einer Hochschulausbildung beträgt gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG 855 Tage. Diese Zeit beginnt mit dem tatsächlichen Beginn des Hochschulstudiums, d.h. dem offiziellen Semesterbeginn.
25(1) Diese Ermittlung des anerkennungsfähigen Zeitraums ist zunächst hinsichtlich der ersten Einschränkung der anrechenbaren Ausbildungszeit auf die Mindestzeit anerkannt. Aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG „verbrachte Mindestzeit“ der Hochschulausbildung ergibt sich, dass der Gesetzgeber von dem tatsächlichen Verlauf der Hochschulausbildung ausgeht. Die verbrachte Zeit des Hochschulstudiums beginnt mit ihrem tatsächlichen Beginn (so auch Nr. 12.1.1. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVGVwV - vom 3. November 1980, GMBl S. 742).
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 1994 - 2 C 16.93 -, DokBer B 1994, 326 = juris, Rn. 16; BayVGH, Beschluss vom 9. April 2014 - 3 ZB 11.2523 -, juris, Rn. 7; jeweils zu § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F.
27(2) Aber auch hinsichtlich der weiteren Beschränkung der anrechenbaren Zeit der Hochschulausbildung auf bis zu 855 Tage kann für die Berechnung des Zeitraumes nichts anderes gelten. Auch diese Zeit beginnt mit dem tatsächlichen Beginn des Hochschulstudiums.
28Vgl. H. Strötz, in: Fürst, GKÖD, Bd. 3b, O § 12 Rn. 38 (Stand: 2001); R. Schmalhofer/S. Weinbrenner, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Bd. 1, Erl. 11.2 zu § 12 (Stand: 2009); M. Groepper/C. Tegethoff, in: Plog/Wiedow, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz mit Beamtenversorgungsgesetz, Bd. 2, § 12 Rn. 70 (Stand: 2013).
29Hierfür spricht in systematischer Hinsicht zunächst, dass sich die eine zusätzliche Beschränkung der Anrechnungszeiten darstellende Höchstgrenze von 855 Tagen nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG innerhalb des Rahmens der Mindestzeit bewegen muss. Insofern liegt es nahe, diese an der Art der Berechnung der verbrachten Mindestzeit teilnehmen zu lassen.
30Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 7. Mai 2012 - 3 K 426/11.WI -, juris, Rn. 22.
31Darüber hinaus streitet die historische Auslegung für das vom erkennenden Gericht zu Grunde gelegte Verständnis des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG. Denn die Einführung einer zusätzlichen, über die Mindestzeit als Höchstgrenze hinausgehenden Begrenzung der anrechenbaren Hochschulausbildungszeiten mit Art. 4 Nr. 4 a) des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) vom 24. Februar 1997 (BGBl. I, S. 322) auf seinerzeit drei Jahre stand im Zusammenhang mit einer Änderung des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI, bei der die rentenrechtlichen Anrechnungszeiten wegen u.a. Hochschulausbildung von sieben auf drei Jahre beschränkt wurden.
32Vgl. H. Strötz, in: Fürst, GKÖD, Bd. 3b, O § 12 Rn. 2 (Stand: 2001); R. Schmalhofer/S. Weinbrenner, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Bd. 1, Erl. 4.3 zu § 12 (Stand: 2009).
33Auch die spätere Modifikation der Höchstgrenze durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 5. Februar 2009, mit dem u.a. die höchstens anrechenbare Zeit einer Hochschulausbildung von drei Jahren auf 855 Tage gesenkt wurde, erfolgte unter bewusster Anlehnung des Gesetzgebers an Änderungen im Rentenrecht und in der Intention, die „Änderungen bei der Berücksichtigung von Ausbildungszeiten im Rentenrecht […] wirkungsgleich auf die Versorgung zu übertragen“.
34Vgl. BT-Drs. 16/7076, S. 156.
35Im Rentenrecht aber gibt § 122 Abs. 3 SGB VI vor, dass die am weitesten zurückliegenden Kalendermonate zunächst berücksichtigt werden, wenn – wie im Falle des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI – Zeiten bis zu einer Höchstdauer zu berücksichtigen sind.
36Vgl. zur Übertragung der rentenrechtlichen Regelung des § 122 Abs. 3 SGB VI auf die Beamtenversorgung auch H. Strötz, in: Fürst, GKÖD, Bd. 3b, O § 12 Rn. 38, 40 (Stand: 2001).
37Diesem Verständnis des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG lässt sich schließlich nicht der Wortlaut der Norm entgegenhalten. Denn dieser bleibt letztlich unergiebig. Er lässt sowohl eine Auslegung im hier vertretenen Sinne zu als auch jene, dass die höchstens anerkennungsfähige Tageszahl aus jeder Phase der Mindestzeit entstammen kann.
38(3) Der Zeitpunkt des tatsächlichen Beginns des Studiums ist der offizielle Semesterbeginn. Dies hat nicht nur die höchstrichterliche Rechtsprechung ganz selbstverständlich in Anwendung der zuvor aufgestellten Grundsätze zum Ausdruck gebracht,
39vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 1994 - 2 C 16.93 -, DokBer B 1994, 326 = juris, Rn. 16; BayVGH, Beschluss vom 9. April 2014 - 3 ZB 11.2523 -, juris, Rn. 7; jeweils zu § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F.,
40sondern ist letztlich mit Blick auf die andernfalls auftretenden erheblichen Schwierigkeiten bei der sicheren Fixierung des individuellen Studienbeginns die einzig praktikable Anwendungsform der Vorschrift. Zudem ist insbesondere in die Auslegung einzubeziehen, dass der Gesetzgeber mit der in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG festgelegten Mindeststudienzeit nicht auf das tatsächliche Studienverhalten während des Studiums abgestellt, sondern pauschalierend die Mindestzeit als berücksichtigungsfähig anerkannt hat. Für ein nachgewiesenes Semester im Rahmen der Mindeststudienzeit kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Umfang diese Zeit tatsächlich dem Studium zugutegekommen ist.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 1994 - 2 C 16.93 -, DokBer B 1994, 326 = juris, Rn. 17 zu § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F.
42(4) In Anwendung dieser Grundsätze ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den 1. September 1983 als den für den Beginn der Zeit der Hochschulausbildung maßgeblichen Zeitpunkt zu Grunde gelegt hat. Ausweislich der Exmatrikulationsbescheinigung der Fachhochschule N. vom 27. Januar 1988 beginnt das dortige Wintersemester zum 1. September des Jahres; auch der Kläger hat eigeräumt, sich zum genannten Termin immatrikuliert zu haben. Demgegenüber kommt es nach den dargetanen Maßstäben nicht darauf an, dass sowohl der offizielle als auch der tatsächliche Vorlesungsbeginn womöglich zu einem späteren Zeitpunkt stattfanden und der Kläger nach seinem Vortrag das Studium erst frühestens zum 1. Oktober 1983 aufgenommen hat. Aus der maximal anrechenbaren Zeit von 855 Tagen ergibt sich sodann der 3. Januar 1986 als letzter berücksichtigungsfähiger Tag.
43b) Rechtsfehlerfrei hat die Beklagte den 30 Tage währenden September 1983 aufgrund der Überschneidung mit dem Wehrdienst des Klägers nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG anerkannt, sondern gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG berücksichtigt. Hierdurch verlängert sich auch nicht die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG berücksichtigungsfähige Zeit um 25 Tage – 30 Tage abzüglich 5 Tage, da § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der aktuellen Fassung anzuwenden ist – auf den Zeitraum vom 4. Januar 1987 bis 2. Februar 1987.
44Denn fallen in den Zeitraum der Mindeststudienzeit bzw. höchstens anrechenbaren Zeit Zeiten für Wehrübungen – oder wie hier im Monat September 1983 für nicht berufsmäßigen Wehrdienst –, die anders als nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG (Kann-Vorschrift) nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG zu berücksichtigen sind (Ist-Vorschrift), so bestimmt sich die Frage der Berücksichtigung nach dem Konkurrenzverhältnis beider Vorschriften. Da eine doppelte Berücksichtigung dieser Zeiten der Wehrübungen bzw. des nicht berufsmäßigen Wehrdienstes nicht möglich ist, gebührt der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG der Vorrang. Die Zeiträume, die bereits unter die zwingende Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG für ihre Berücksichtigung als ruhegehaltfähige Dienstzeit fallen, können nicht noch einmal zum Gegenstand einer Ermessensentscheidung über die Berücksichtigung als ruhegehaltfähige Dienstzeit nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG gemacht werden. Da aber andererseits der Zeitraum für die Ermessensentscheidung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG auf den Zeitraum ab dem Tag des tatsächlichen Studienbeginns für – hier – 855 Tage begrenzt ist, ergibt sich, dass der Zeitraum, der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden kann, sich um die Zeiten verringert, die bereits nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG anzurechnen sind. Die abweichende Auffassung, diese Zeiten auch nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG zu berücksichtigen, ließe sich nur dann rechtfertigen, wenn insoweit eine Unterbrechung des Studiums stattgefunden hätte. In diesem Falle läge aber im Ergebnis keine Verlängerung der Mindeststudienzeit bzw. höchstens anrechenbaren Zeit vor, sondern diese wäre nur um die Zeit der Unterbrechung hinausgeschoben. Als Unterbrechung des Studiums kommt lediglich eine rechtliche Unterbrechung des Studiums in Betracht, wie z.B. durch Ex- und erneute Immatrikulation oder Beurlaubung. Eine Unterbrechung der Studienzeit hat der Kläger nicht vorgetragen; hierfür hat das Gericht auch keine Anhaltspunkte. Die andere Auffassung bedeutet im Ergebnis, dass entweder der Zeitraum des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG verlängert oder eine Doppelanrechnung vorgenommen wird. Weder eine Verlängerung der Mindeststudienzeit bzw. höchstens anrechenbaren Zeit noch eine doppelte Berücksichtigung derselben Zeiten sind indes gesetzlich vorgesehen.
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 1994 - 2 C 16.93 -, DokBer B 1994, 326 = juris, Rn. 17 f.; siehe auch BayVGH, Beschluss vom 9. April 2014 - 3 ZB 11.2523 -, juris, Rn. 8; jeweils zu § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F.
46Auch im Rentenrecht sind nach § 122 Abs. 3 SGB VI die Zeiten, in denen rentenrechtlich berücksichtigungsfähige Ausbildungszeiten mit anderen, vorrangig zu Grunde zu legenden anrechnungsfähigen Zeiten wie beispielsweise Zeiten freiwilliger Beitragszahlung zusammentreffen, im Rahmen der Höchstdauer zu berücksichtigen.
47Vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18. Februar 2014 - L 2 R 400/13 -, juris, Rn. 42 ff.
48c) Die Beklagte war auch nicht im Rahmen des ihr nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG zustehenden Ermessens gehalten, weitere 25 Tage als ruhegehaltfähige Dienstzeit anzuerkennen. Denn die Einschränkungen der anzurechnenden Ausbildungszeiten sind von vornherein, also bereits vor der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen.
49Vgl. R. Schmalhofer/S. Weinbrenner, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Bd. 1, Erl. 10 zu § 12 (Stand: 2009).
50Der Dienstherr ist nicht befugt, über die Mindestzeit bzw. den Zeitraum von hier 855 Tagen hinausgehende Zeiten bei der Kann-Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG zu berücksichtigen.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 1994 - 2 C 16.93 -, DokBer B 1994, 326 = juris, Rn. 16; BayVGH, Beschluss vom 9. April 2014 - 3 ZB 11.2523 -, juris, Rn. 7; jeweils zu § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a.F.
52d) Für die hier vorgenommene Auslegung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG spielt es keine Rolle, dass der Bewilligungszeitraum des BAföG-Bescheides des Kläger vom 28. November 1983 erst mit Oktober 1983 beginnt. Dieser Bescheid beruht auf anderen rechtlichen Grundlagen, die keinen Einfluss auf diejenigen des Versorgungsrechts haben. Ebenso wenig kann sich der Kläger auf die Wartezeitauskunft der Deutschen Rentenversicherung vom 15. Januar 2013 berufen, in der die Hochschulausbildung als mit dem 1. Oktober 1983 beginnend ausgewiesen wird. Unabhängig vom rechtlichen Charakter dieser Auskunft ist die korrekte Ermittlung der dort ausweislich des Versicherungsverlaufs im Versicherungskonto gespeicherten Daten nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
533. Schließlich hat das erkennende Gericht – unabhängig von der Frage, welche Auswirkungen ein solcher Verstoß für den geltend gemachten Anspruch des Klägers hätte – keine Anhaltspunkte für einen Verstoß des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG gegen Vorschriften der Verfassung. Weder Art. 14 GG noch Art. 33 Abs. 5 GG sind verletzt.
54Die Beamten gezahlten Versorgungsbezüge sind öffentlich-rechtliche vermögensrechtliche Ansprüche, die ihre Grundlage in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis haben, das in Art. 33 Abs. 5 GG eine verfassungsrechtliche Sonderregelung erfahren hat. Bei solchen Ansprüchen geht Art. 33 Abs. 5 GG als lex specialis Art. 14 GG vor.
55Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 -, BVerfGE 76, 256 = juris, Rn. 83.
56Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Gesetzgeber, bei beamtenversorgungsrechtlichen Regelungen den Kernbestand der Strukturprinzipien, welche die Institution des Berufsbeamtentums tragen und von jeher anerkannt sind, zu beachten und gemäß ihrer Bedeutung zu wahren. Ihm verbleibt jedoch ein weiter Spielraum gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit, innerhalb dessen er die Versorgung der Beamten den besonderen Gegebenheiten, den tatsächlichen Notwendigkeiten sowie der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen kann.
57Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 -, BVerfGE 76, 256 = juris, Rn. 85.
58Die Anerkennung von Ausbildungszeiten nach § 12 BeamtVG als ruhegehaltfähig ist jedoch kein überliefertes Prinzip der Beamtenversorgung. Es gibt keinen Grundsatz, dass Ausbildungszeiten zwingend zu einer Erhöhung des Ruhegehaltes beitragen müssen.
59Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. November 2000 - 2 C 23.99 -, DVBl 2001, 735 = juris, Rn. 16 und vom 28. Februar 2007 - 2 C 18.06 -, DokBer 2007, 191 = juris, Rn. 30.
604. Der als Minus in dem Vornahmeantrag enthaltene zulässige Bescheidungsantrag ist ebenfalls nicht begründet. Der Kläger hat – wie sich bereits aus der obigen Darstellung ergibt – gegenüber der Beklagten auch keinen Anspruch auf Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- § 122 Abs. 3 SGB VI 3x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 933/82 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- BeamtVG § 85 Ruhegehaltssatz für am 31. Dezember 1991 vorhandene Beamte 1x
- 3 K 426/11 1x (nicht zugeordnet)
- BeamtVG § 69f Übergangsregelungen zur Berücksichtigung von Hochschulausbildungszeiten 3x
- § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- VwGO § 102 1x
- BeamtVG § 12 Ausbildungszeiten 32x
- VwGO § 113 2x
- VwGO § 167 1x
- VwGO § 154 1x
- 2 R 400/13 1x (nicht zugeordnet)
- BeamtVG § 14 Höhe des Ruhegehalts 1x
- BeamtVG § 9 Nichtberufsmäßiger Wehrdienst und vergleichbare Zeiten 6x