Urteil vom Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (1. Kammer) - 1 K 498/15.NW

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Beihilfeleistungen zu seinen Aufwendungen für diverse Präparate sowie für ärztliche Behandlungsleistungen.

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Der dem Grunde nach mit einem Bemessungssatz von 70 v.H. beihilfeberechtigte, dienstunfähige Kläger ist Verwaltungsbeamter bei dem Beklagten.

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Mit Beihilfeantrag vom 25.2.2014 (bei dem Beklagten eingegangen am 3.3.2014) beantragte der Kläger unter Vorlage entsprechender Rezepte und Rechnungen unter anderem Beihilfe zu seinen Aufwendungen für die Produkte "Pro EM San Pur“ und "Pro Basan Complete“ in Höhe von 242,69 €, "Zink + C MensSana LUT“ und "Immuno MensSana KAP“ in Höhe von 36,90 €, "Cissus Quadrangularis-Kapseln" in Höhe von 33,00 €.

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Mit weiterem Beihilfeantrag vom 22.3.2014 (bei dem Beklagten eingegangen am 27.3.2014) reichte er unter anderem Belege zu seinen Aufwendungen für "DHEA-Kapseln" in Höhe von 65,99 € sowie für "DHEA-Kapseln", "Testosteron-WBSN-Creme 0,5%" und "Estradiol-WBSN-Creme 0,005%" in Höhe von 148,82 € ein. Weiterhin reichte er zur Beihilfegewährung eine Arztrechnung vom 26.2.2014 der Privatpraxis Dr. T. Y., Frauenheilkunde und Geburtshilfe, ein, die unter anderem unter Position 2 die GOÄ-Ziffer 34 in Höhe von 40,22 € und unter Position 6 die GOÄ-Ziffer 652a in Höhe von 119,32 € ausweist. In der Rechnung heißt es unter Position 2 vom 3.12.2013, Ziffer 34: "Erörterung (Dauer mind. 20 Min) der Auswirkung einer Erkrankung/Dysregulation auf die Lebensgestaltung, ggf. unter Einbeziehung einer Bezugsperson.“ Unter Position 6, Ziffer 652a heißt es: "Herzfrequenzvariabilitätsmessung/VNS Analyse. Zweitmessung unter Therapie mit Atemtakter.“

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Mit Bescheid vom 12.3.2014 und vom 8.4.2014 lehnte der Beklagte Beihilfeleistungen zu den oben bezeichneten Aufwendungen ab: Es sei nicht erkennbar, ob Frau Dr. Y. als Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe Allgemeinärztin sei sowie, ob sie die in ihrer Liquidation angeführten Diagnosen stellen dürfe; aus diesem Grund und weil es sich bei den Präparaten um nicht beihilfefähige Nahrungsergänzungsmittel handle, sei eine Beihilfe zu versagen. Da der Kläger den Beklagten diesbezüglich um nochmalige Überprüfung bat, legte dieser daraufhin, im Einverständnis mit dem Kläger, die mit den Beihilfeanträgen eingereichten Belege dem amtsärztlichen Dienst der Abteilung "Gesundheit und Verbraucherschutz“ des Beklagten mit der Bitte um Prüfung hinsichtlich der Beihilfefähigkeit vor. Mit Schreiben vom 17.6.2014 nahm der Amtsarzt und Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen Herr Dr. X zur Beihilfefähigkeit Stellung und verneinte die Beihilfefähigkeit der im vorliegenden Verfahren im Streit stehenden Aufwendungen.

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Mit Bescheid vom 30.6.2014 versagte der Beklagte, unter Berücksichtigung der amtsärztlichen Stellungnahme vom 17.6.2014, Beihilfe zu den Aufwendungen des Klägers für die ärztlichen Leistungen entsprechend Position 2 und 6 der Arztrechnung vom 26.2.2014 und zu den oben angeführten Präparaten.

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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 8.8.2014 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, der Bescheid sei nicht begründet und nicht nachvollziehbar.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 7.5.2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus: Die Präparate "Pro EM San Pur“ und "Pro Basan Complete“ seien im Onlineshop des Anbieters "Tisso Naturprodukte" als Nahrungsergänzungsmittel deklariert. Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe d), Nr. 2 Beihilfenverordnung (BVO) seien Aufwendungen, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen sowie Geriatrika und Stärkungsmittel nicht beihilfefähig. Gleiches gelte für die Präparate "Zink + C MensSana LUT“ und "Immuno MensSana KAP“. Auch diese seien auf der Internetseite des Herstellers "MensSana AG" als Nahrungsergänzungsmittel deklariert. Hinsichtlich der "Cissus Quadrangularis-Kapseln" lasse die Produktbeschreibung auf der Internetseite des Herstellers "Fairvital" erkennen, dass es sich um ein Produkt handle, welches vorwiegend für Leistungssportler bzw. für Menschen mit körperlich anstrengender Tätigkeit geeignet sei. Es zähle daher zu den Nahrungsergänzungsmitteln beziehungsweise zu den "Lifestyle-Produkten“, so dass wiederum die Beihilfefähigkeit nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe d), Nr. 2 BVO ausgeschlossen sei. Die "DHEA-Kapseln" seien ebenfalls nicht beihilfefähig. Sie seien der "Anti-Aging-Medizin“ zugehörig. Es handle sich zudem um ein Produkt, das zu den "Individuellen Gesundheitsleistungen“ (IGeL) zähle. Der Patient habe daher die betreffenden Aufwendungen selbst zu tragen. Ausweislich des Instituts für Allgemeinmedizin Frankfurt handle es sich bei diesem Präparat sogar um ein Dopingmittel. Es lägen auch bezüglich der Wirksamkeit des Produkts keine wissenschaftlichen Studien vor. Daher sei das Produkt nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe d) bzw. Nr. 2 BVO nicht beihilfefähig. Die "Testosteron-Creme" zähle einerseits zur "Anti-Aging-Medizin“ und andererseits zu den Geriatrika und sei daher nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe d) bzw. Nr. 2 BVO nicht beihilfefähig. Auch die "Estradiol-WBSN-Creme" sei nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 BVO nicht beihilfefähig, da auch dieses Präparat zu den Geriatrika zähle. Schließlich seien auch die Positionen 2 und 6 der Rechnung vom 26.2.2014 der Frau Dr. Y. nicht beihilfefähig. Zur Begründung verwies er auf den Bescheid vom 30.6.2014 und trug ergänzend vor, Position 2 der Rechnung sei nicht beihilfefähig, da aufgrund der mitgeteilten Diagnose diese nicht nachvollziehbar und im Übrigen Nr. 34 der GOÄ nicht korrekt wiedergegeben sei. Position 6 sei nicht beihilfefähig, weil Nr. 652a GOÄ nicht analog auf Herzfrequenzvariabilitätsmessung/VNS Analyse anwendbar sei.

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Der Kläger hat am 8.6.2015 Klage erhoben.

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Zur Begründung ergänzt er unter Vorlage einer Stellungnahme von Dr. Y. vom 1.11.2015 sein Vorbringen: Bei den Präparaten "Pro EM San Pur“, "Pro Basan Complete“, "Zink + C MensSana LUT“ und "Immuno MensSana KAP“ handle es sich nicht um "Nahrungsergänzungsmittel“. Er könne die von ihm eingenommenen Präparate nicht durch eine entsprechende Ernährung kompensieren. Die Einnahme von "Zink + C MensSana LUT“ sowie "Immuno MensSana KAP“ habe zudem zu einer Verbesserung seiner "Infektanfälligkeit“ geführt. Beim Kläger sei zudem im Rahmen einer durchgeführten Darmdiagnostik eine deutliche Fäulnisflora gerade unter der Ernährung des Klägers festgestellt worden, weshalb die Präparate "Pro EM San Pur“ und "Pro Basan Complete“ unabdingbar gewesen seien. Bei den "Cissus Quadrangularis-Kapseln", den "DHEA-Kapseln" sowie der "Testosteron-" und "Estradiol-WBSN-Creme" handle es sich weder um "Lifestyle-Produkte“ noch um Dopingmittel oder Geriatrika. Der Kläger sei bei Frau Dr. Y. aufgrund eines veränderten Hormonstatus in Behandlung. Eine Hormonanalyse habe einen deutlichen Hormonmangel und einen Testosteronspiegel im unteren Bereich des "niedrig normalen Wertes“ ergeben. Aufgrund des zu niedrigen Testosteronspiegels sei eine medikamentöse Behandlung erforderlich gewesen. Mit der Behandlung seien die Hormone angestiegen und es habe sich der Zustand des Klägers deutlich gebessert. Gleiches gelte für die "DHEA-Kapseln". Hierbei handle es sich um ein in Deutschland zulassungspflichtiges Arzneimittel. DHEA sei eine Vorstufe der männlichen Sexualhormone. Der DHEA-Spiegel des Klägers sei vermindert. gewesen. Dies habe zu einer verminderten Stresstoleranz, einer reduzierten Immunabwehr, einem erhöhten kardiovaskulären Risiko sowie zu einer Einschränkung des Allgemeinbefindens geführt. Diese Symptome seien aufgrund der verordneten "DHEA-Kapseln" erfolgreich behandelt worden. Die "Cissus Quadrangularis-Kapseln" seien zum Muskelaufbau und zur Gewichtsreduktion verordnet worden, da der Kläger unter Übergewicht und Gelenkschmerzen leide. Durch eine Diät könne keine Gewichtsreduktion erreicht werden. Die Kletterpflanze "Cissus Quadrangularis“ werde seit Jahrhunderten in der traditionellen indischen Gesundheitskunde genutzt. Es sei bei ihr eine "Regenerationseigenschaft“ sowie der Aufbau fettfreier Masse und eine schnelle Regeneration der Muskulatur ersichtlich. Ausweislich der Studie: Greenway F.L., Bray G.A. "Combination drugs for treating obesity“ Current Diabetes Reports 2010 10:2 (108-115), führe die Einnahme von "Cissus Quadrangularis“ zu einer signifikanten Reduktion des Gewichts, zu einer Normalisierung des Blutzuckerspiegels sowie zur Senkung des LDL-Cholesterins und der Triglyzeride. Der ärztlichen Verordnung der rezeptierten Arzneimittel sei die ärztliche Feststellung immanent, dass der Kläger einen Vitamin- bzw. Hormonmangel habe, der durch die Ernährung nicht ausgeglichen werden könne. Frau Dr. Y. sei hierzu nicht ausreichend von dem Beklagten angehört worden. Eine Anamnese des Klägers zum Vitaminmangel und zum Hormonstatus habe der Beklagte nicht durchgeführt. Auch eine amtsärztliche Untersuchung des Klägers auf Basis der Befunde der Frau Dr. Y. sei nicht erfolgt. Es bestehe Behandlungsbedürftigkeit bezüglich des Vitaminmangels und des zu niedrigen Hormonspiegels. Daher seien die diesbezüglichen Aufwendungen notwendig und angemessen im Sinne des § 5 BVO. Der Amtsarzt hätte Frau Dr. Y. zur Klärung der Beihilfefähigkeit der Herzfrequenzvariabilitätsmessung kontaktieren müssen.

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Der Kläger beantragt sinngemäß,

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den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung des Beihilfebescheids vom 30.6.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.5.2015, Beihilfe in der Gesamthöhe von 480,86 € zu den Aufwendungen für das Rezept über Pro EM San Pur“ und "Pro Basan Complete“ -Rechnungsbetrag 242,69 €-, für das Rezept über "Zink + C MensSana LUT“ und "Immuno MensSana KAP“ -Rechnungsbetrag 36,90-, für das Rezept über "Cissus Quadrangularis Kapseln“ -Rechnungsbetrag 33,00 €-, für die Rechnung der Frau Dr. T. Y. vom 26.2.2014 -Rechnungsbetrag in Höhe von 159,54 €, für das Rezept über "DHEA-Kapseln", "Testosteron-" und "Estradiol-WBSN-Creme" -Rechnungsbetrag 148,82 €-, sowie für das Rezept über "DHEA-Kapseln" -Rechnungsbetrag 65,99 €-, zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er trägt vor, bei den Präparaten "Pro EM San Pur“, "Pro Basan Complete“, "Zink + C MensSana LUT“, "Immuno MensSana KAP“ und bei den "Cissus Quadrangularis-Kapseln" handle es sich ausweislich der Produktbeschreibungen um gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe d) BVO nicht beihilfefähige Nahrungsergänzungsmittel. Diese würden der allgemeinen Lebenshaltung dienen und unabhängig von einer Erkrankung von jedermann erworben und benutzt werden können. Eine Ausnahme nach Abs. 3 dieser Vorschrift liege nicht vor. Auch eine beihilferechtliche Anerkennung der verordneten "DHEA-Kapseln" sowie der "Testosteron-" und "Estradiol-WBSN-Creme" sei nicht möglich. Hierbei handle es sich um "Anti-Aging-Medizin“ bzw. "Lifestyle-Arzneimittel“. Sie würden zu den "Individuellen Gesundheitsleistungen" (IGeL) und damit nicht zum festgeschriebenen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehören, da sie medizinisch nicht notwendig seien. Beim Kläger ermittelte Laborwerte lägen zudem im Normbereich. Die Rechnung vom 26.2.2014 der Frau Dr. Y. habe nicht vollständig anerkannt werden können. Nummer 34 GOÄ werde in der Rechnung mit einem Leistungstext aufgeführt, der nicht deren Leistungsbeschreibung entspreche. Nummer 34 GOÄ verlange die Erörterung der Auswirkungen einer Krankheit auf die Lebensgestaltung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohenden Erkrankung. In der Rechnung vom 26.2.2014 fehle ein Bezug zu einer solchen Erkrankung. Die Messung der Herzfrequenzvariabilität gehöre nicht zum festgeschriebenen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen sondern zu den IGeL, weil sie nicht medizinisch notwendig sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Der Klage bleibt der Erfolg versagt, denn die Ablehnung einer weiteren Beihilfe durch Bescheid des Beklagten vom 30.6.2014 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine weitere Beihilfegewährung (§ 113 Abs. 5 VwGO).

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

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Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger die nach § 70 Abs. 1 VwGO zu beachtende Monatsfrist für die Erhebung des Widerspruchs eingehalten hat. Insoweit findet sich in der Verwaltungsakte kein Hinweis darauf, wann der Ablehnungsbescheid des Beklagten zur Post gegeben oder dem Kläger auf andere Weise bekannt gemacht wurde. Allerdings hat der Beklagte den Widerspruch in seinem Widerspruchsbescheid vom 7.5.2015 sachlich verbeschieden, so dass dem Vorverfahrenserfordernis des § 54 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) genüge getan wurde. Es kann weiter unterstellt werden, dass die Klage vom 8.6.2015 innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO erhoben wurde. Die vorgelegte Verwaltungsakte enthält zwar keinen Nachweis über die gebotene Zustellung des Widerspruchsbescheids vom 7.5.2015 (§ 73 Abs. 3 VwGO), allerdings wurde der Widerspruchsbescheid erst am 11.5.2015 unterschrieben, so dass mit der Klageerhebung vom 8.6.2015 zweifelsfrei die Klagefrist gewahrt wurde. Zudem fiel der 8.6.2015 auf einen Montag.

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Die Klage hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

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1) Rechtsgrundlage des Beihilfebescheids ist hier § 66 Abs. 2 und Abs. 5 Landesbeamtengesetz (LBG) in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1, 8, 11 und 21 BVO. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35/04). Die streitgegenständlichen Aufwendungen wurden hier im Zeitraum von Dezember 2013 bis Februar 2014 getätigt. Soweit nach diesem Zeitraum zum Teil Änderungen in den anspruchsbegründenden Normen erfolgten - § 66 Abs. 2 LBG wurde mit Wirkung zum 22.8.2015 und § 8 BVO zum 1.10.2014 geändert -, sind diese Änderungen hier nicht bedeutsam.

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2) Der Bescheid vom 30.6.2014 ist formell rechtmäßig.

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Der Beklagte ist sachlich und örtlich für die Bewilligung der Beihilfe nach §§ 125 Abs. 1, 4 Abs. 2 LBG in Verbindung mit § 41 Abs. 2 Satz 1 LKO zuständig, da der Kläger Kommunalbeamter des Rhein-Pfalz-Kreises ist.

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3) Der Bescheid vom 30.6.2014 ist auch materiell rechtmäßig.

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a) Dem Kläger steht ein Anspruch auf Beihilfebewilligung zu seinen Aufwendungen für die streitgegenständlichen Präparate nicht zu. Nach den §§ 66 Abs. 2 LBG; 8 Abs. 1 BVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Ob Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit entstanden und medizinisch notwendig sind, ergibt sich aus der Diagnose des Arztes (§ 8 Abs. 2 BVO). Dies gilt auch für Arznei- und Hilfsmittel. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BVO sind beihilfefähig die im Rahmen einer Behandlung von einem Arzt vor der Beschaffung schriftlich verordneten Arzneimittel. Allerdings kann deren Beihilfefähigkeit nach § 66 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 Buchstabe d) LBG begrenzt oder ausgeschlossen werden. Aufgrund dieser gesetzlichen Ermächtigung schließt § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO die Beihilfefähigkeit für Mittel aus, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Gemäß der in der Vorschrift enthaltenen (nicht abschließenden) Auflistung gehören hierzu u.a. Nahrungsergänzungsmittel, Diätkost, ballaststoffreiche Kost oder glutenfreie Nahrung. § 21 Abs. 3 BVO formuliert eine Rückausnahme von dem in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO normierten Ausschluss von Mitteln, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.

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b) Nach diesen gesetzlichen Vorgaben sind die streitgegenständlichen Präparate nicht beihilfefähig. Es handelt sich bei diesen nicht um beihilfefähige Arzneimittel im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO. Dies hat bereits der Amtsarzt Dr. X. in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 17.6.2014 vollumfänglich bestätigt. Eine Einordnung als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts ist Grundvoraussetzung für die Beihilfefähigkeit eines Produkts nach § 66 Abs. 2 LBG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 BVO und jeder Frage eines etwaigen Ausschlusses nach § 21 Abs. 2 BVO vorgelagert (vgl. OVG RP, Urteil vom 15.12.2015 - 2 A 10542/15).

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aa) Der Begriff des Arzneimittels wird im rheinland-pfälzischen Beihilferecht weder im Landesbeamtengesetz noch in der Beihilfenverordnung definiert. Eine Definition erfolgt auch nicht durch eine Bezugnahme auf den Arzneimittelbegriff des § 2 Arzneimittelgesetzes – AMG – und gegebenenfalls weitergehende Vorgaben zur Apotheken- und/oder Verschreibungspflichtig, die nach §§ 43, 47 AMG begrifflich letztlich ein (zugelassenes) Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes voraussetzen. Die Annahme eines formellen Arzneimittelbegriffs im Sinne des Arzneimittelgesetzes, lässt sich aus der rheinland-pfälzischen Beihilfenverordnung, der bisherigen Rechtsprechung zum beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff und in Abgrenzung zu inhaltlich anderslautenden Regelungen im Bund und in anderen Ländern nicht ableiten. Ungeachtet dessen kann die arzneimittelrechtliche Definition auch ohne ausdrückliche Bezugnahme zumindest als Ausgangspunkt zur Bestimmung des beihilferechtlichen Arzneimittelbegriffs herangezogen werden. Allerdings kommt es aufgrund des andersartigen Zwecks des Arzneimittelgesetzes, das nach § 1 AMG im Wesentlichen ein Gefahrenabwehr- und Verbraucherschutzgesetz darstellt, gerade nicht auf die formelle Einordnung als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts an. Dies hat zur Folge, dass eine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 AMG) oder die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen "Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel zwar durchaus einen Anhaltspunkt für eine Arzneimitteleigenschaft im Sinne des Beihilferechts bietet, gleichzeitig jedoch aus einer fehlenden Registrierung oder Listung nicht bereits der Schluss auf einen fehlenden Arzneimittelcharakter im beihilferechtlichen Sinn gezogen werden kann. Nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften, die aufgrund der Fürsorgepflicht auf die Beteiligung des Dienstherrn an den Kosten der Behandlung in Krankheitsfällen von Beamten und dessen Angehörigen gerichtet sind, ist vielmehr darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist. Gestützt auf diese Erwägungen sind unter Arzneimitteln im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. In Bezug auf den materiellen Zweckcharakter ist dabei die – nach wissenschaftlicher und allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende – objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des in Rede stehenden Mittels, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper – im Sinne einer Anwendung am oder im menschlichen Körper – zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen (vgl. zu den vorstehenden Ausführungen: OVG RP, Urteil vom 15.12.2015, a.a.O.).

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bb) Die Kriterien zur Begründung eines sogenannten Funktionsarzneimittels im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) AMG und die hierzu – da § 2 AMG der Umsetzung von Art. 1 Nr. 2 Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.11.2001 dient - aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs folgenden qualitativen Anforderungen begründen für die vorgenannte Definition des materiellen Arzneimittelbegriffs des rheinland-pfälzischen Beihilferechts keine zusätzlichen Vorgaben. Dies liegt weniger in einer formalen – dieses Ergebnis indes ebenfalls stützenden – Betrachtung des § 2 AMG begründet, der nämlich sowohl das die Grundlage der beihilferechtlichen Begriffsbestimmung bildende Präsentationsarzneimittel als auch das Funktionsarzneimittel als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts bestimmt. Vielmehr folgt dies aus der am Gesetzeszweck orientierten Auslegung und Anwendung des Funktionsarzneimittelbegriffs im Arzneimittelrecht. Die Richtlinie 2001/83/EG ist ausweislich ihrer Erwägungsgründe 2 bis 5 primär dem Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit verpflichtet, hat diesen Belang jedoch in Ausgleich zum Grundsatz des freien Warenverkehrs zu bringen. Dieser Ausgangspunkt begründet es, auch qualitative Anforderungen an die Tatbestandsvoraussetzungen aufzustellen und aus dem Funktionsarzneimittelbegriff Stoffe auszunehmen, die zwar auf den menschlichen Körper wirken, sich aber nicht nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und somit dessen Funktionsbedingungen nicht wirklich beeinflussen. Insoweit fehlt es letztlich an einem Schutzbedürfnis für die Einordnung als Arzneimittel, das die mit dem Regelungssystem des Arzneimittelrechts zusammenhängenden Hemmnisse rechtfertigen könnte. Aus Sicht des Gesundheitsschutzes formuliert, bedarf es unterhalb der genannten Erheblichkeitsschwelle, die sowohl hinsichtlich der physiologischen Beeinflussung als auch der pharmakologischen Wirkungsweise gefordert wird, nicht des besonderen Schutzes des Arzneimittelrechts. Die vorgenannten, die Bedeutung des Funktionsarzneimittels und dessen Auslegung prägenden Erwägungen sind indes auf die Bestimmung des beihilferechtlichen Arzneimittelbegriffs aufgrund seiner abweichenden Zweckrichtung nicht übertragbar; es verbleibt insoweit bei der materiellen Begriffsbestimmung des § 21 Abs. 1 BVO. Auf die Frage einer pharmakologischen Wirkung der in Streit stehenden Präparate, die zwar ebenfalls eine indizielle Bedeutung erlangen kann, kommt es danach nicht maßgeblich an (vgl. zu den vorstehenden Ausführungen: OVG RP, Urteil vom 15.12.2015, a.a.O.).

29

cc) Dies gilt auch, soweit mit Blick auf die arzneimittelrechtliche Begriffsbestimmung nach § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG Medizinprodukte keine Arzneimittel sind und gemäß § 3 Nr. 1 Buchstabe a) Medizinproduktegesetz – MPG – Medizinprodukte eben auch Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen sind, die der Behandlung oder Linderung von Krankheiten zu dienen bestimmt sind, deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper jedoch weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird. Auch wenn die pharmakologische Wirkung in diesem Normgefüge also das maßgebliche Abgrenzungskriterium zwischen Arzneimittel und (arzneimittelähnlichen) Medizinprodukten darstellt, lassen sich für die beihilferechtliche Begriffsbestimmung – abermals aufgrund des anderweitigen Gesetzeszweckes – keine inhaltlichen Anforderungen ableiten (vgl. zu den vorstehenden Ausführungen: OVG RP, Urteil vom 15.12.2015, a.a.O.).

30

dd) Keine Arzneimittel sind gemäß der – für die beihilferechtliche Beurteilung gleichfalls als Ausgangspunkt heranzuziehenden – Abgrenzung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches – LFGB – in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juni 2013 (BGBl. I S. 1426), zuletzt geändert durch Gesetzes vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2178). Die Norm definiert den Begriff des Lebensmittels nicht selbst, sondern verweist auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (Lebensmittel-Basisverordnung). Nach Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 178/2002 sind "Lebensmittel“ alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Diese weite Definition der hier maßgeblichen Verordnung stellt zur Konkretisierung des Lebensmittelbegriffs – anders als der alte Lebensmittelbegriff des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen – nicht auf Ernährungs- oder Genusszwecke ab. Unabhängig davon, ob man eine entsprechende Einschränkung auch in Bezug auf die Lebensmittel-Basisverordnung annimmt, ergibt sich in Bezug auf die in besonderem Maße zu Arzneimitteln abzugrenzenden Nahrungsergänzungsmittel und diätischen Lebensmittel, dass es sich um Lebensmittel handelt, die die allgemeine Ernährung ergänzen (vgl. § 1 Abs. Nr. 1 der Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel – NemV – vom 24.5.2004 [BGBl. I S. 1011], zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.8.2015 [BGBl. I S. 1474]) bzw. für eine besondere Ernährung bestimmt sind (vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung über diätetische Lebensmittel – DiätV – in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.4.2005 [BGBl. I S. 1161], zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.8.2015 [BGBl. I S. 1474]). Keine Lebensmittel wiederum sind nach Art. 2 Abs. 3 Buchstabe d) VO (EG) 178/2002 Arzneimittel. Mithin ergibt sich aus § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG einerseits und Art. 2 Abs. 3 Buchstabe d) VO (EG) 178/2002 andererseits für den Bereich des Arznei- und Lebensmittelrechts zwar ein formelles Ausschlussverhältnis zwischen Arznei- und Lebensmitteln, ohne dass sich jedoch aus dem jeweils zugunsten des anderen formulierten Ausschluss inhaltliche Abgrenzungskriterien ergeben; soweit in der Literatur zum Teil ein Regel-Ausnahme-Verhältnis für das eine oder das andere angenommen oder auch jegliches Regel-Ausnahme-Verhältnis abgelehnt wird lässt sich – insbesondere mit Blick auf die unterschiedlichen Gesetzeszwecke – daraus für die auch im Beihilferecht vorzunehmende Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmittel unmittelbar nichts herleiten (vgl. zu den vorstehenden Ausführungen: OVG RP, Urteil vom 15.12.2015, a.a.O.).

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ee) Für die materielle Begriffsdefinition des Beihilferechts kommt es zur Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmittel demnach auf den überwiegenden objektiven Zweck an, dem das Mittel nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung zu dienen bestimmt ist.

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Nicht maßgeblich ist, ob das Mittel im konkreten Fall zu therapeutischen Zwecken eingenommen werden soll. Die heranzuziehende Verkehrsauffassung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung des Produktes kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflusst sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt. Allerdings kann es aus systematischen Erwägungen heraus im Rahmen der Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmitteln im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO – und dabei insbesondere bei der Abgrenzung zu Nahrungsergänzungsmitteln und diätetischen Lebensmitteln (Diätkost) – nicht immer auf die formelle Einordnung nach den arznei- und lebensmittelrechtlichen Vorschriften und die damit korrespondierende Herstellerbezeichnung ankommen, die vor dem Hintergrund vom Beihilferecht abweichender Gesetzeszwecke zu sehen sind. Erfolgte zur Bestimmung des beihilferechtlichen Arzneimittelbegriffs nämlich eine Übernahme der arznei- und lebensmittelrechtlichen Abgrenzungskriterien durch eine maßgebliche Orientierung an der nach diesen Regeln vorzunehmenden Bezeichnung, fehlte Nahrungsergänzungsmitteln und diätetischen Lebensmitteln von vornherein die für eine Beihilfefähigkeit nach § 21 Abs. 1 BVO vorausgesetzte Arzneimitteleigenschaft. Dies hätte wiederum zur Folge, dass der in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) BVO formulierte Ausschluss der Beihilfe vollständig redundant wäre, soweit – in dem beispielhaften Katalog vor allem aufgezählte – Lebensmittel betroffen sind, zu denen grundsätzlich eben auch Nahrungsergänzungsmittel und Diätkost gehören (vgl. zu den vorstehenden Ausführungen: OVG RP, Urteil vom 15.12.2015, a.a.O.).

33

c) Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich bei den Produkten "Pro EM San Pur“, "Pro Basan Complete“, "Zink + C MensSana LUT“ und „Immuno MensSana KAP“ nicht um beihilfefähige Arzneimittel im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO.

34

Bei den bezeichneten Produkten handelt es sich um Produkte, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, und die damit nicht beihilfefähig sind (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2d BVO). Im Sinne der Beihilfevorschriften sind Güter des täglichen Bedarfs diejenigen, die zur allgemeinen Lebenshaltung zählen und deshalb unabhängig von einer Erkrankung grundsätzlich von jedermann benutzt werden (können). Beihilferechtlich maßgeblich ist die objektive Eignung des Mittels, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, so dass es bei objektiver Eignung, z.B. als Nahrungsersatz oder Bestandteil der Ernährung, weder darauf ankommt, ob das Mittel aus therapeutischen Zwecken konsumiert wird noch, ob es im Einzelfall auch ohne die Erkrankung beschafft worden wäre (OVG RP, Urteil vom 15.12.2015, a.a.O.). Die bezeichneten Produkte dienen zugleich als Stärkungsmittel und Geriatrika im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVO, also substituierend, roborierend (allgemeintherapeutische Maßnahmen, die der Kräftigung des Patienten dienen) sowie stimulierend im Sinne einer Steigerung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit von alten Menschen (vgl. OVG RP, Urteil vom 15.12.2015, a.a.O.) und unterfallen keiner Beihilfegewährung.

35

Für die Annahme, dass es sich hier um Güter des täglichen Bedarfs ersetzende Produkte handelt, sprechen schon die Angaben des Herstellers, der die Artikel im Rahmen der jeweiligen Produktbeschreibung ausdrücklich als "Nahrungsergänzungsmittel" bezeichnet. Allein dieser Hinweis auf die Wirkung der Mittel ist ausreichend, die Klage insoweit abzuweisen (so ausdrücklich OVG RP, Beschluss vom 26.5.2015 - 2 A 10111/15). Dieser Rechtsprechung ist mit Ausnahme atypischer Fälle (s. OVG RP, Urteil vom 15.12.2015, a.a.O.) zuzustimmen.

36

Weiter spricht für die Einordnung als "Gut des täglichen Bedarfs" der Umstand, dass im Rahmen der Produktbeschreibungen eine "Verzehrempfehlung“ erteilt wird. Nach der allgemeinen Verkehrsanschauung - zuvörderst aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsbürgers - wird der Begriff "Verzehr“ ausschließlich bzw. überwiegend im Zusammenhang mit Lebensmitteln und nicht in Verbindung mit Arzneimitteln verwendet. Arzneimittel werden auch nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht "verzehrt“. Diese Produkte sind zudem unstreitig nicht in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen "Roten Liste“ aufgeführt. Das Fehlen der Nennung hat zwar nach den obigen Ausführungen keine maßgebliche Bedeutung für die hier gebotene Abgrenzung zum beihilfefähigen Arzneimittel, besitzt aber für die Verkehrsanschauung durchaus indizielle Bedeutung. Auch die freie Verkäuflichkeit (OVG RP, Urteil vom 15.12.2015, a.a.O.; Beschluss vom 26.5.2015 - 2 A 10110/15) und die unbedenkliche Einnahme der Mittel sprechen aus Verbrauchersicht gegen die Arzneimitteleigenschaft des Produkts. Für eine Einordnung als Lebensmittel spricht weiter der Umstand, dass diese Produkte nicht überwiegend zweckgerichtet medizinisch-therapeutisch eingesetzt werden, um etwaige Gesundheitsstörungen und Krankheiten zu heilen oder zu lindern. Es handelt sich nach ihrem überwiegenden objektiven Zweck vielmehr um Nahrungsergänzungsmittel, da sie der allgemeinen Lebenshaltung dienen und unabhängig von einer Erkrankung von jedermann erworben und benutzt werden können. Sie zielen lediglich auf die vermehrte Zufuhr von in der Nahrung des Menschen vorkommende Nähr- oder Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente oder sonstige Stärkungsmittel (i.E. ähnlich: OVG RP, Beschluss vom 26.5.2015, a.a.O.). Gleiches gälte im Übrigen auch für probiotische Bakterienkulturen (OVG RP, Beschluss vom 26.5.2015 - 2 A 10111/15). Es liegen damit überwiegend Gesichtspunkte vor, die für eine objektive Zweckbestimmung des Mittels als Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel sprechen.

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Hauptbestandteile des Präparats "Zink + C MensSana LUT“ sind ausweislich der Produktbeschreibung Vitamin C und Zink (vgl. Blatt 73 ff. d.A. und www.menssana.de/produkte/). Bei Vitaminen und Spurenelementen wie Zink handelt es sich um Nahrungsbestandteile, die dazu bestimmt sind und bei denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden, was der Definition in Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2002 entspricht, auf die § 2 Abs. 2 LFGB verweist. Eine pharmakologische Wirkung im Sinne einer gezielten Einwirkung auf den Zustand und die Funktion des Körpers wurde weder von Klägerseite dargelegt noch ist diese den Herstellerangaben zu entnehmen. Vielmehr dient dieses Mittel nach seiner typischen Wirkung der Deckung eines beeinträchtigten oder höheren Bedarfs des Vitamins C und des Spurenelements Zink. Es soll demnach einen (vorübergehenden) erhöhten Vitamin- bzw. Zinkbedarf ausgleichen. Auch ein verständiger Durchschnittsverbraucher käme bei der Zufuhr von Vitaminen und Zink sowie der "Verzehrempfehlung" des Herstellers nicht auf die Idee, diese als Arzneimittel einzustufen.

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Gleiches gilt auch für das Produkt "Immuno MensSana KAP“, dessen Hauptbestandteile ausweislich der Produktbeschreibung die Vitamine A, B6, B12, C, D3, E sowie Zink sind. Hinzukommt, dass auf der Internetstartseite des Unternehmens "Menssana" ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass es sich um "…ein junges Unternehmen im Bereich der Orthomolekularen Medizin und der Ernährungsmedizin …" handle. Dessen Präparate ersetzen hier Nahrungsbestandteile durch eine gezielte Zufuhr von verschiedenen Vitaminen, Mineralstoffen und sonstigen Stärkungsmitteln. Diese werden jedoch üblicherweise schon über die natürliche Nahrung zugeführt. Die Präparate dienen damit als Substitut für Nahrungsbestandteile, mithin für Güter des täglichen Lebens. Gerade der Hinweis, dass die Präparate Bestandteil der sog. orthomolekularen Therapie sind, belegt diese Einschätzung. Dieser alternativmedizinische Therapieansatz geht davon aus, dass unsere Lebensweise und der industrielle Umgang mit Lebensmitteln zu einem Mangel an mehr als vierzig "lebenswichtigen“ Nährstoffen wie Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen sowie bestimmten Fett- und Aminosäuren geführt habe und dieses Defizit nur durch die zusätzliche Einnahme dieser "richtigen“ (= ortho) kleinen Bausteine (= molekular) ausgeglichen werden könne. Damit wird deutlich, dass die Präparate der täglichen Anwendung für alle Personen dienen, nicht aber – was notwendig wäre – der gezielten Medikation bei einem konkret umrissenen Krankheitsbild oder der Heilung bzw. Behebung organischer Fehlfunktionen. Nach alledem bestehen keine vernünftigen Zweifel, dass es sich objektiv nicht um Arzneimittel, sondern vielmehr um Güter des täglichen Bedarfs im Sinne von § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d) BVO handelt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 26.5.2015 - 2 A 10110/15).

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Gleiches gilt für die hier streitbefangenen Produkte der Firma "Tisso Naturprodukte" (vgl. www.shop.tisso.de), deren Kernkompetenzen "…die Entwicklung, die Herstellung und die Vermarktung von natürlichen Nahrungsergänzungsprodukten…" sind. Ausweislich der Produktbeschreibung dieser Firma enthalten "Pro EM San Pur“ und "Pro Basan Complete“ vorwiegend Bakterienkulturen sowie Auszug aus Schwarzkümmelsamen, Ling Zhi und Traubenkernextrakt ("Pro EM San Pur“) bzw. Biotin, Enzyme und die Vitamine B1, B2, B3, B5, B6 und B12 ("Pro Basan Complete“). Hierbei handelt es sich durchweg um Nahrungsbestandteile, die nach ihrer objektiven Zweckbestimmung primär dazu bestimmt sind, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Dass sie im Einzelfall geeignet sind das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern, führt nicht zu einer Qualifizierung als Arzneimittel. Nach wissenschaftlicher und allgemeiner Verkehrsanschauung besteht keine überwiegende objektive Eignung dieser Mittel, insbesondere ihrer Bestandteile, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Daran ändert auch der klägerische Vortrag, die Präparate seien ärztlich verordnet worden und hätten zu einer Besserung bzw. Linderung seiner geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden geführt, nichts. Denn nach ständiger Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz, ist es nicht maßgeblich, ob das Mittel im konkreten Fall zu therapeutischen Zwecken verordnet wird oder eingenommen werden soll (vgl. oben Punkt 3 b ee). Maßgeblich ist vielmehr dessen objektive Einstufung. Demnach ist auch eine (behauptete) Besserung der Symptome nicht entscheidend und eine daran anknüpfende evidenzbasierte Gewährung von Beihilfe nicht möglich. Soweit der Kläger weiter vorträgt, er könne die Dosis der verordneten Präparate nicht durch eine entsprechende Ernährung erreichen, ändert dies nichts an der generellen Wirkungsweise der Produkte. Der hauptsächliche Zweck der Präparate bleibt unabhängig davon die Nahrungsergänzung, weshalb der Hersteller auch beide Präparate als "Nahrungsergänzungsmittel" bewirbt und "Verzehrempfehlungen" ausspricht. Die Dosierung der einzelnen Bestandteile ist für die rechtliche Abgrenzung ohne Belang. Eine Vielzahl von Nahrungsergänzungsmitteln enthält eine weitaus höhere Dosis an Inhaltsstoffen, als sie mit gewöhnlicher Ernährung aufgenommen werden könnte. Die hohe Dosierung erhöht bestenfalls den Nutzen der Präparate im Rahmen der Nahrungsergänzung, führt aber nicht dazu, dass nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine Wirkung wie von einem Arzneimittel zu erwarten ist.

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d) Gleiches gilt auch für das Präparat "Cissus Quadrangularis-Kapseln“. Auch hierbei handelt es sich nicht um ein beihilfefähiges Arzneimittel im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO. Hierfür spricht die freie Verkäuflichkeit des Präparats. Auch die Angaben des Herstellers (www.fairvital.com), der sich als "Europas größter Online.Shop für Vitalstoffe" bezeichnet, bestätigen diese Einschätzung. Er bewirbt dieses Produkt in seiner Verzehrempfehlung ausdrücklich als Nahrungsergänzungsmittel. Auch hier gilt, dass allein dieser Hinweis auf die Wirkung des Mittels im Regelfall ausreichend ist, die Klage insoweit abzuweisen (OVG RP, Beschluss vom 26.5.2015, a.a.O.). Auch die Vermarktung als Produkt für Sportler (z.B. Bl. 76 d. A. mit Verweis auf Bodybuilding) spricht gegen die beihilferechtliche Arzneimitteleigenschaft des Produkts. Der Vortrag des Klägers, die "Cissus Quadrangularis-Kapseln“ seien zum Muskelaufbau und zur Gewichtsreduktion verordnet worden, da der Kläger unter Übergewicht und Gelenkschmerzen leide, ändert an dieser Einordnung nichts. Es ist nicht maßgeblich, ob das Mittel im konkreten Fall zu therapeutischen Zwecken verordnet wird oder eingenommen werden soll (vgl. oben Punkt 3 b ee). Schließlich kann auch der klägerische Vortrag, durch eine bloße Diät könne er keine Gewichtsreduktion erreichen, nicht überzeugen, denn insoweit scheitert die Beihilfefähigkeit auch an § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1b BVO. Losgelöst von diesem Vortrag liegen in Folge der näheren Produktbeschreibung des Herstellers überwiegend Gesichtspunkte vor, die nach allgemeiner Verkehrsanschauung für eine objektive Zweckbestimmung des Mittels als Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel sprechen. Einer weiteren Ermittlung durch das Gericht bedarf es insoweit nicht, denn die Angaben zur Zusammensetzung des Präparats und die Bewerbung des Produkts durch dessen Hersteller als "Nahrungsergänzungsmittel" sind eindeutig.

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e) Die "DHEA-Kapseln“ sind gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 d), Abs. 2 Nr. 2 BVO der Beihilfefähigkeit entzogen. da sie als Produkt anzusehen sind, die ein Gut des täglichen Bedarfs ersetzen oder als "Geriatrikum und Stärkungsmittel" zu bewerten sind. Zum einen werden die "DHEA-Kapseln“ vom Hersteller als "Anti-Aging-Medizin“ vermarktet (vgl. Bl. 78 d.A.; www.vitabasix.com). DHEA wird dort von dem Hersteller als "…derzeit eine der wichtigsten Substanzen in der Anti-Aging-Medizin…" bezeichnet. Schon aufgrund dieser Bezeichnung wird ein verständiger Durchschnittsverbraucher nicht annehmen, dass es sich bei diesen Präparaten tatsächlich um beihilfefähige Arzneimittel im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO handelt, sondern davon ausgehen, dass diese lediglich zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens im Alter dienen. Zudem sieht wohl auch die medizinische Fachwelt (vgl. die Pharmakologische Zeitung Nr. 29/2001; das Deutsche Ärzteblatt Heft 31-32 von August 2001; letzter Absatz auf www.hormonzentrum-an-der-oper.de/hormone/steroidhormon-dhea.html) DHEA zumindest überwiegend nicht als Arznei- sondern als Nahrungsergänzungsmittel an (vgl. auch VG Hannover, Urteil vom 3.12.2002 - 13 A 892/02). Dies trifft auf die DHEA-Kapseln, vor allem im Hinblick auf die Vermarktung als "Anti-Aging-Medizin“ (vgl. die vorgelegten Produktinformationen Bl. 78 d.A.), ohne Weiteres zu. Zudem handelt es sich bei den "DHEA-Kapseln" um Mittel, die der Steigerung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit des "alten“ Menschen dienen und damit um Geriatrika im Sinne dieser Vorschrift. Auch der Umstand, dass der Kläger das Präparat aufgrund einer ärztlichen Verordnung erworben hat, kann die Beihilfefähigkeit dieser Aufwendungen nicht begründen. In diesem Zusammenhang ist auch der klägerische Vortrag, sein DHEA-Spiegel sei vermindert gewesen und dies habe zu einer verminderten Stresstoleranz, einer reduzierten Immunabwehr, einem erhöhten kardiovaskulären Risiko sowie einer Einschränkung des Allgemeinbefindens geführt, unerheblich. Wie bereits dargelegt, kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht darauf an, ob das Mittel im konkreten Fall zu therapeutischen Zwecken verordnet wird oder eingenommen werden soll oder tatsächlich oder vermeintlich eine "positive" Wirkung erzielt. Eine evidenzbasierte Gewährung der Beihilfe ist mit dem derzeitigen System der BVO nicht vereinbar.

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f) Schließlich sind auch die Aufwendungen für die Testosteron- und Estradiol-WBSN-Creme nicht beihilfefähig. Gegen eine Einordnung als Arzneimittel im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO spricht bereits, dass diese Cremes nicht überwiegend zweckgerichtet medizinisch-therapeutisch eingesetzt werden. Im Hinblick auf die Vermarktung als "Anti-Aging-Medizin“ (vgl. z.B. www.receptura.de) werden sie erwartungsgemäß nach wissenschaftlicher und allgemeiner Verkehrsanschauung nicht nur und auch nicht überwiegend von Personen eingenommen, die einen Testosteronspiegel unterhalb des Normalbereichs aufweisen. Gleiches gilt auch für Estradiol, ein weibliches Sexualhormon (!), das in erster Linie bei Frauen mit Beschwerden in Folge eines Mangels an Östrogen als Hormonersatz angewandt wird. Es wird als Creme etwa bei östrogenmangelbedingten frauentypischen Beschwerden verwendet. Da nicht maßgeblich ist, ob das Mittel im konkreten Fall zu therapeutischen Zwecken verordnet wird oder eingenommen werden soll, kann auch dahinstehen, dass sich der Testosteronspiegel des Klägers nach den Angaben seiner behandelnden Ärztin noch innerhalb des Normalwertes befindet. Für die Einordnung als Arzneimittel im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO ist allein die objektive Zweckbestimmung maßgeblich. Es kann aber letztlich offen bleiben, ob es sich bei diesen Präparaten um Arzneimittel im Sinne des § 21 Abs. 1 BVO handelt. Denn sie unterfallen jedenfalls dem Ausschluss nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 BVO. Denn bei der Testosteron- und Estradiol-WBSN-Creme handelt es sich um Mittel, die der Steigerung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit des "alten“ Menschen dienen und damit um Geriatrika im Sinne dieser Vorschrift.

43

Selbst wenn man mit dem OVG RP (Urteil vom 15.12.2015, a.a.O.) davon ausgeht, dass sich der Arzneimittelbegriff und der Begriff "Güter des täglichen Bedarfs" nicht zwingend ausschließen, ändert sich am vorstehenden Ergebnis nichts, denn nach der Systematik der BVO wären diese Mittel dennoch nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe d) BVO der Beihilfefähigkeit entzogen. Nach alledem handelt es sich bei den Präparaten um Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel, so dass diesbezügliche Aufwendungen von dem Kläger aus seinen Bezügen zu bestreiten sind.

44

Für die Annahme eines Ausnahmetatbestandes im Sinne des § 21 Abs. 3 BVO gibt der Fall nichts her.

45

bb.) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Beihilfebewilligung zu seinen Aufwendungen für die ärztlichen Leistungen der Frau Dr. T. Y. entsprechend den Positionen 2 (Ziffer 34 der GOÄ) und 6 (Herzfrequenzvariabilitätsmessung/VNS Analyse) der Rechnung vom 26.2.2014.

46

Nach § 66 Abs. 2 LBG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 BVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind zwar die Aufwendungen für ärztliche Leistungen aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BVO bestimmt aber, dass sich die Angemessenheit der Aufwendungen für ärztliche Leistungen nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) beurteilt.

47

Ausweislich der Rechnung vom 26.2.2014 der Frau Dr. Y. wird unter Position 2 "Ziffer 34 der GOÄ“ ausgeführt: "Erörterung (Dauer mind. 20 Min) der Auswirkung einer Erkrankung/Dysregulation auf die Lebensgestaltung, ggf. unter Einbeziehung einer Bezugsperson.“ Dieser in der Rechnung angegebene Leistungstext entspricht jedoch nicht den Anforderungen der Ziffer 34 der Anlage Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen zur GOÄ. Denn nach Ziffer 34 kann sie nur im Falle der "Erörterung der Auswirkung einer Krankheit auf die Lebensgestaltung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohenden Erkrankung - ggf. einschließlich Planung eines operativen Eingriffs und Abwägung seiner Konsequenzen und Risiken -, einschließlich Beratung - ggf. unter Einbeziehung von Bezugspersonen“, in Abrechnung gebracht werden. Der Kläger hat weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch eine nachhaltig lebensverändernde Erkrankung im spezifischen Kontext der in der Rechnung vom 26.2.2014 abgerechneten Erörterung tragfähig dargelegt. Schließlich hat auch der besonders fachkundige Amtsarzt Dr. X. die Beihilfefähigkeit ausdrücklich verneint.

48

Auch die unter Position 6 der Rechnung vom 26.2.2014 geltend gemachten Aufwendungen für eine "Herzfrequenzvariabilitätsmessung/VNS Analyse“ sind nicht beihilfefähig. Ziffer 652a der Anlage Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen zur GOÄ, wie sie von der behandelnden Ärztin in Rechnung gestellt wurde, existiert ausweislich der in Juris eingestellten Fassung der GOÄ sowie der im Netz verfügbaren GOÄ-Fassung nicht. Ziffer 652 ist weder direkt noch analog anwendbar. Eine direkte Anwendung scheidet offensichtlich aus, da nach Ziffer 652 lediglich eine "Elektrokardiographische Untersuchung unter fortschreibender Registrierung (mindestens neun Ableitungen) in Ruhe und bei physikalisch definierter und reproduzierbarer Belastung (Ergometrie) -gegebenenfalls auch Belastungsänderung“ in Abrechnung gebracht werden kann. Eine solche Untersuchung wurde nach dem verfügbaren Sach- und Streitstand nicht durchgeführt. Eine HRV-Messung kann im Übrigen auch mit Hilfe sog. Fitnessuhren oder-bänder durchgeführt werden. Auch eine analoge Anwendung der Ziffer 652 scheidet aus. Zwar können nach § 6 Abs. 2 GOÄ selbständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Denn bei der durchgeführten "Herzfrequenzvariabilitätsmessung/VNS Analyse“ handelt es sich schon der Art nach nicht um eine mit der Elektrokardiographischen Untersuchung vergleichbare Untersuchung. Dies hat der Amtsarzt Dr. X. bestätigt. Zudem hat die behandelnde Ärztin keine § 6 Abs. 2 GOÄ genügende Leistungsbeschreibung vorgelegt, die hier eine entsprechende Anwendung oder Erweiterung der GOÄ Tatbestände erfordert. Hierzu hatte sie seit der Versagung der Beihilfe durch den Beklagten und ihrer Unterstützung des Klägers bereits im Vorverfahren ausreichend Gelegenheit.

49

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

50

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus §§ 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO, 708 ff. Zivilprozessordnung.

51

Beschluss

52

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 480,86 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

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