Urteil vom Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (3. Kammer) - 3 K 914/20.NW
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um den Widerruf der Feststellung der Zuverlässigkeit des Klägers nach § 7 des Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG).
- 2
Der Kläger ist als Mechaniker/Mechatroniker für ein Busunternehmen tätig, das hauptsächlich Fahrten auf dem Gelände des Frankfurter Flughafens durchführt. Im Zuge seiner Tätigkeit muss er von Zeit zu Zeit das Flughafengelände betreten, um im Falle einer Panne den Schaden an dem jeweiligen Fahrzeug vor Ort zu beheben.
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Im Jahr 2010 führte die Staatsanwaltschaft Ingolstadt gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall. Der Ausgang des Verfahrens ist nicht bekannt.
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Im Jahr 2014 wurden gegen den Kläger von der Staatsanwaltschaft Koblenz ebenfalls ein Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall geführt, das gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt wurde.
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Am 22.3.2019 beantragte der Kläger die Ausstellung eines Flughafendienstausweises. Im Zuge der daraufhin auf Veranlassung der Fraport AG durchgeführten Sicherheitsprüfung wurde die Zuverlässigkeit des Klägers nach § 7 LuftSiG mit Bescheid der zuständigen Luftsicherheitsbehörde vom 8.4.2019 für fünf Jahre bis zum 7.4.2024 bestätigt.
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Nachdem die zuständige Luftsicherheitsbehörde in der Folge Kenntnis über eine mögliche Eintragung des Klägers im Personenfahndungssystem für den Schengenraum erlangte, wurde am 20.12.2019 von Amts wegen eine weitere Zuverlässigkeits(nach-)überprüfung eingeleitet. Auf eine in diesem Zusammenhang an das Bundeskriminalamt gerichtete Anfrage teilte dieses mit Schreiben vom 12.2.2020 mit, dass der Kläger am 9.10.2019 durch Polen im Schengen Informationssystem zur polizeilichen Beobachtung aus Gründen der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr aufgrund von Diebstählen von Kraftfahrzeugen in Deutschland ausgeschrieben worden sei und eine weitere, nationale Ausschreibung in Polen bestehe. Am 3.12.2015 sei der Kläger durch die Zentrale Kriminalinspektion Ludwigshafen wegen besonders schweren Diebstahls erkennungsdienstlich behandelt worden.
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Daraufhin wurde der Kläger von der zuständigen Luftsicherheitsbehörde mit Schreiben vom 24.2.2020 dazu aufgefordert, bis zum 9.3.2020 ein Europäisches Führungszeugnis vorzulegen.
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Mit Schreiben vom 27.3.2020 hielt die zuständige Luftsicherheitsbehörde dem Kläger vor, dass ihr im Rahmen der Zuverlässigkeitsüberprüfung folgende Erkenntnisse mitgeteilt worden seien:
- 9
1. Staatsanwaltschaft in Olsztyn
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Nationale Ausschreibung in Polen
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2. Polizei Polen
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Ausschreibung im Schengenraum
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Delikt: Diebstähle von Kraftfahrzeugen in Deutschland
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Ausschreibungsdatum: 9.10.2019
- 15
Diese Erkenntnisse und die fruchtlose Aufforderung zur Vorlage eines Europäischen Führungszeugnisses - so die zuständige Luftsicherheitsbehörde weiter - begründeten Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers. Zugleich wurde ihm Gelegenheit zur Äußerung bis zum 22.4.2020 eingeräumt. Eine Stellungnahme des Klägers hierauf erfolgte nicht.
- 16
Mit Bescheid vom 20.5.2020 wurde die dem Kläger am 8.4.2019 festgestellte Zuverlässigkeit widerrufen.
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Hiergegen hat der Kläger am 10.6.2020 Widerspruch erhoben.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 25.9.2020 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die bestehende nationale Ausschreibung in Polen sowie die supranationale Ausschreibung im Schengenraum wegen des Diebstahls von Kraftfahrzeugen sei eine sonstige Erkenntnis im Sinne des § 7 Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 LuftSiG. Vor diesem Hintergrund sei auch das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Ingolstadt wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall aus 2010 neu zu bewerten. Darüber hinaus habe der Kläger durch die Nichtvorlage des europäischen Führungszeugnisses seine Mitwirkungspflichten verletzt. Dieser Verstoß und die vorliegenden Erkenntnisse seien zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Ohne den Widerruf sei das öffentliche Interesse gefährdet. Dieses wiege aufgrund der vorgenannten Erkenntnisse sogar besonders schwer. Gewichtige, entgegenstehende Belange des Klägers lägen nicht vor. Der Widerruf stehe zwar im behördlichen Ermessen, die in § 7 LuftSiG angelegte Wertung des Gesetzgebers führe jedoch dazu, dass das Ermessen in Richtung des Widerrufs intendiert oder sogar regelmäßig auf Null reduziert sei. Insbesondere in Ansehung der geschützten Rechtsgüter erweise sich der Widerruf auch dann nicht als unverhältnismäßig, weil der Betreffende dadurch möglicherweise seinen Arbeitsplatz verliere. Im konkreten Fall seien Umstände, die ausnahmsweise eine andere Ermessensentscheidung zugunsten des Klägers rechtfertigten, weder dargetan, noch ersichtlich.
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Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids (1.10.2020) hat der Kläger am 17.10.2020 die vorliegende Klage erhoben.
- 20
Er trägt vor: Die Eintragungen seien fehlerhaft. Entsprechende Ermittlungsverfahren in Deutschland seien ihm nicht bekannt. Die Beklagte habe weder die entsprechenden Aktenzeichen verifiziert, noch Einsicht in die Ermittlungsakten der deutschen Strafverfolgungsbehörden genommen, um den tatsächlichen Sachstand festzustellen. Der Widerruf der einmal ausgesprochenen Zuverlässigkeit beruhe daher nur auf vagen Angaben, die sich anhand der Akte nicht nachprüfen ließen. Die Vorwürfe aus Polen seien ihm nicht bekannt. Er habe sich in den letzten Wochen in Polen erkundigt. Angeblich habe ihn jemand vor sieben oder acht Jahren dort belastet. Er sei jedoch weder von der Polizei noch von der Staatsanwaltschaft oder einem Gericht angehört, zu einer Vernehmung vorgeladen oder gar vernommen worden. Was ihm konkret in Polen zur Last gelegt worden sei, habe er nicht in Erfahrung bringen können. Er sei definitiv unschuldig und habe sich in Polen nichts zu Schulden kommen lassen. Er fahre regelmäßig nach Polen, sei mehrmals kontrolliert und dabei nie mit einem Vorwurf konfrontiert worden.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid vom 20.5.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.9.2020 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er erwidert: Das bei erstmaliger Prüfung der Zuverlässigkeit bekannte Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Ingolstadt wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall aus dem Jahr 2010 sei aufgrund der neuen Erkenntnisse neu zu bewerten, da es eine vergleichbare Straftat betreffe. Dadurch entstehe zumindest der begründete Verdacht, der Kläger könne wiederholt und fortgesetzt (gleichartige) Straftaten begehen, was in höchstem Maße gegen seine Zuverlässigkeit spreche. Der Vortrag des Klägers, dass die Eintragungen fehlerhaft und ihm Ermittlungsverfahren nicht bekannt seien, sei widersprüchlich. Der Beklagte habe seine Amtsermittlungspflicht erfüllt. Es gebe keine Anhaltspunkte, an der Richtigkeit der im Rahmen der Nachprüfung bekannt gewordenen behördlichen Eintragungen zu zweifeln. Zudem habe der Kläger mehrfach Gelegenheit gehabt, sich zu den Erkenntnissen zu äußern oder sie gar auszuräumen. Wenn er jegliche Stellungnahme im behördlichen Verfahren unterlasse und darüber hinaus Mitwirkungspflichten verletze, könne er sich schon aus diesem Grund bezüglich der mitgeteilten Erkenntnisse nicht auf eine unvollständige Amtsermittlung berufen. Andernfalls könnte der Kläger durch Zurückhalten relevanter Informationen die Entscheidung der Behörde im Nachgang zu seinen Gunsten beeinflussen. Im Gegenteil habe er im Prüfungsverfahren an einer vollumfänglichen Aufklärung der relevanten Tatsachen mitzuwirken.
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Die Beteiligten haben übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
- 27
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen. Dieser war Gegenstand der Beratung des Gerichts.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage, über die das erkennende Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), hat keinen Erfolg. Der Widerrufsbescheid des Beklagten vom 20.5.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main vom 25.9.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die am 8.4.2019 erfolgte Zuverlässigkeitsfeststellung des Klägers im Sinne des § 7 Luftsicherheitsgesetz – LuftSiG – wurde zu Recht gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz – HVwVfG – widerrufen, da unter Berücksichtigung der Gesamtumstände Zweifel an der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit bestehen.
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A) Der angegriffene Bescheid ist formell rechtmäßig.
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1) Die Zuständigkeit des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main ergibt sich aus §§ 49 Abs. 5 i.V.m. 3 HVwVfG i.V.m. §§ 2 Satz 2 Nr. 2 und 16 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 LuftSiG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung – LuftSiZÜV – i.V.m. § 2 Abs. 2 der hessischen Verordnung zur Bestimmung von luftverkehrsrechtlichen Zuständigkeiten und Zuständigkeiten nach dem Luftsicherheitsgesetz sowie dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (Luftverkehrszuständigkeits-Verordnung – LVkZVO –).
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2) Weiter wurde der Kläger mit Schreiben vom 27.3.2020 vor Erlass des Widerrufsbescheids gemäß § 28 HVwVfG angehört.
- 33
B) Der streitgegenständliche Bescheid ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtmäßig. Eine spezielle luftverkehrsrechtliche Widerrufsregelung existiert zwar nicht. Der Widerruf bleibt aber dennoch nach allgemeinen Bestimmungen eröffnet (a.e. § 7 Abs. 11 Nr. 1 lit. b, Nr. 2 lit. b, Abs. 12 LuftSiG). Das Polizeipräsidium Frankfurt am Main hat den Widerruf der Zuverlässigkeit zu Recht auf § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 HVwVfG gestützt.
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1) Gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 HVwVfG darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
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Die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit des Klägers im Sinne des § 7 LuftSiG war letztmals am 8.4.2019 festgestellt worden. Die Feststellung hat eine Gültigkeit von fünf Jahren, vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 3 Abs. 5 Satz 1 LuftSiZÜV. Da die Feststellung der Zuverlässigkeit Verwaltungsaktqualität hat, war deren Widerruf nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 HVwVfG – bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen – grundsätzlich möglich.
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2) Aufgrund nachträglich eingetretener Umstände in Form der Ausschreibung des Klägers in Polen und im Schengenraum und der Berücksichtigung der Gesamtumstände hätte die Feststellung der Zuverlässigkeit des Klägers nicht erfolgen dürfen.
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a) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftSiG hat die Luftsicherheitsbehörde zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs die Zuverlässigkeit von Personen, denen zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nur gelegentlich Zugang zum Sicherheitsbereich des Geländes eines Flugplatzes gewährt werden soll auf deren Antrag hin (§ 7 Abs. 2 Satz 1 LuftSiG) zu überprüfen. An der Zuverlässigkeit des Betroffenen dürfen keine Zweifel verbleiben (§ 7 Abs. 6 LuftSiG, § 5 Abs. 1 Satz 1 LuftSiZÜV). Die persönliche Zuverlässigkeit stellt dabei einen unbestimmten Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum dar, der voller gerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.7.2004 - 3 C 33/03). Zuverlässig im Sinne des § 7 LuftSiG ist nur, wer die Gewähr dafür bietet, die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen und Sabotageakten, jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen. Wegen des gerade beim Luftverkehr hohen Gefährdungspotentials und der Hochrangigkeit der zu schützenden Rechtsgüter sind dabei strenge Anforderungen zu stellen. Die Zuverlässigkeit im Sinne des § 7 LuftSiG ist bereits dann zu verneinen, wenn an ihr auch nur geringe Zweifel bestehen (BVerwG, Urteile vom 15.7.2004, a.a.O. und vom 14.4.2011 - 3 C 20/10; BVerfG, Beschluss vom 4.8.2009 - 1 BvR 1726/09). Die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit kann insbesondere dann nicht festgestellt werden, wenn ausreichende Gründe und Anknüpfungspunkte für Zweifel vorhanden sind, die auf einen charakterlichen Mangel oder eine sonstige Schwäche der Persönlichkeit hinweisen, welche sich ihrerseits gefährdend auf die Belange der Luftsicherheit auswirken können (vgl. BayVGH, Beschluss 10.8.2010 - 8 CS 10.1566; OVG NRW, Beschluss vom 15.6.2009 – 20 B 148/09). Während § 7 Abs. 1a Satz 2 Nrn. 1-3 LuftSiG den Katalog der Regeltatbestände enthält, die eine Unzuverlässigkeit indizieren, soweit nicht besondere Gründe ein anderes Ergebnis rechtfertigen, formuliert § 7 Abs. 1 a Satz 3 LuftSiG einen Auffangtatbestand zu sonstigen Verurteilungen und dem Vorliegen sonstiger Erkenntnisse. Als sonstige Erkenntnisse gelten gemäß § 7 Abs. 1a Satz 4 Nr. 1 LuftSiG insbesondere laufende oder eingestellte Ermittlungsverfahren. Da auch bei der Zuverlässigkeitsprüfung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß § 4 LuftSiG zu beachten ist, genügt im Einzelfall nicht jedes laufende oder eingestellte Ermittlungsverfahren, da sich nicht aus jedem ein Strafverfahren oder auch nur der Vorwurf eines in Bezug auf die Luftsicherheit relevanten Verhaltens entwickelt (vgl. Buchberger, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 7 LuftSiG Rn. 20). Unabhängig davon verpflichtet § 7 Abs. 3 Satz 2 LuftSiG die betroffene Person ausdrücklich, an ihrer Überprüfung mitzuwirken und hierbei nach § 3 Abs. 4 lit. b LuftSiZÜV sowie § 4 Abs. 7 Satz 2 LuftSiZÜV weitere Nachweise vorzulegen. Kommt der Betroffene dieser Verpflichtung nicht nach und verbleiben aus diesem Grunde Zweifel, darf die Luftsicherheitsbehörde die Zuverlässigkeit nicht feststellen und der betroffenen Person Zugang zum Sicherheitsbereich des Flugplatzgeländes nicht gewährt werden, § 7 Abs. 6 Satz 1 und 2 LuftSiG.
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b) Nach diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Fall Zweifel an der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers begründet, die durch den Kläger im laufenden Verfahren nicht ausgeräumt wurden.
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Dabei kann dahinstehen, ob die Vorgänge, die Gegenstand der Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Ingolstadt aus dem Jahr 2010 sowie der Staatsanwaltschaft Koblenz aus dem Jahr 2014 waren, belastbare Rückschlüsse auf eine Unzuverlässigkeit des Klägers zulassen und ob eine entsprechende Indizwirkung angesichts des in der Zwischenzeit eingetretenen Zeitablaufs bei der Bewertung der Zuverlässigkeit gegebenenfalls vollständig verblasst ist (vgl. OVG RP, Beschluss vom 5.2.2008 – 8 B 10001/08.OVG). Weiter kann dahinstehen, ob die – ausweislich der entsprechenden Auskunft des Bundeskriminalamtes vom 12.2.2020 – in Polen laufenden Ermittlungsverfahren einen solchen Rückschluss zulassen oder eine hinreichende Indizwirkung entfalten. Denn der Kläger hat jedenfalls die aus § 7 Abs. 3 Satz 2 LuftSiG erwachsende Mitwirkungspflicht verletzt, indem er das von der zuständigen Luftsicherheitsbehörde geforderte Europäische Führungszeugnis bis zuletzt nicht vorlegt hat. Dabei durfte die Beklagte zunächst die ihr bekannt gewordenen Informationen über das Vorliegen eines Treffers in der Personenfahndung Schengen zum Anlass nehmen, gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LuftSiG weitere Informationen bei dem Bundeskriminalamt einzuholen. Aufgrund der besonderen Gefährdung des Luftverkehrs durch terroristische Angriffe und der hieraus erwachsenden Erforderlichkeit zumutbarer Mitwirkung des Betroffenen, die ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/2361, S. 17) die Vorlage von Dokumenten zu früheren Tätigkeiten im Ausland und Zeugnissen ausländischer Sicherheitsbehörden umfasst, durfte der Beklagte die von dem Bundeskriminalamt mit Schreiben vom 12.2.2020 mitgeteilten Informationen weiter zum Anlass nehmen, den Kläger zur Ausräumung der hieraus erwachsenden Zweifel an seiner Zuverlässigkeit dazu aufzufordern, ein Europäisches Führungszeugnis vorzulegen. Dieser Aufforderung ist der Kläger nicht nachgekommen. Der Kläger konnte dabei eine Mitwirkung auch nicht deshalb verweigern, weil die zuständige Behörde ihrerseits ihrer Amtsermittlungspflicht nur unzureichend nachgekommen ist. Zwar dürfte die mit dem Widerruf der Zuverlässigkeitsfeststellung ebenso wie mit der Versagung ihrer positiven Feststellung einhergehende, nicht nur unerhebliche Beschränkung der beruflichen Betätigungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund der gesetzlichen Wertung des § 7 Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 6 Satz 2 LuftSiG nur dann gerechtfertigt sein, wenn bestehende Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen auch nach Ausschöpfung aller verfügbaren und nach Lage der Dinge zumutbaren Erkenntnisquellen nicht ausgeräumt werden können (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 26.5.2020 – 9 K 455/20 –). Der so konturierten Amtsermittlungspflicht ist die zuständige Luftsicherheitsbehörde jedoch in nicht zu beanstandender Weise nachgekommen, indem sie sich zur Überprüfung der von ihr nach Feststellung der Zuverlässigkeit gewonnenen Erkenntnisse in einem ersten Schritt zunächst an das Bundeskriminalamt wandte, das eine Eintragung im Schengen Informationssystem bestätigte. Lag es danach an der Behörde aufzuklären, welche Umstände sie zum Anlass für Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen nimmt und ihm gegebenenfalls konkrete Mitwirkungshandlungen aufzugeben (vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 14.8.2015 – B 1 K 14.587), so hat die zuständige Luftsicherheitsbehörde auch diese Verpflichtung erfüllt, indem sie in einem zweiten Schritt den Kläger – ausgehend von den durch das Bundeskriminalamt übermittelten Informationen – bereits mit Schreiben vom 24.2.2020 zur Vorlage eines Europäischen Führungszeugnisses aufforderte. Die Kammer verkennt nicht, dass auch die zuständige Luftsicherheitsbehörde nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LuftSiG, § 4 Abs. 2 Satz 3 LuftSiZÜV i.V.m. § 41 Abs. 1 Nr. 13 Bundeszentralregistergesetz – BZRG – dazu berechtigt ist, die Registerbehörde nach dem BZRG um eine unbeschränkte Auskunft zu ersuchen, die auch solche Eintragungen umfasst, die in § 30b Satz 1 Satz 1 BZRG („Europäisches Führungszeugnis“) aufgeführt sind. Dabei ist jedoch in den Blick zu nehmen, dass die Ermächtigung zur Informationsbeschaffung in § 7 Abs. 3 LuftSiG als Ermessensvorschrift ausgestaltet ist, weshalb die zuständige Luftsicherheitsbehörde nicht zwingend alle in § 7 Abs. 3 LuftSiG genannten Behörden anfragen muss, um die Zuverlässigkeit überprüfen zu können (vgl. Buchberger, in: Schenke/Graulich/Ruthig, a.a.O., § 7 LuftSiG Rn. 20). Ergaben sich im konkreten Fall bereits aufgrund der von der zuständigen Luftsicherheitsbehörde im Rahmen der Auskunftserteilung durch das Bundeskriminalamt erlangten Informationen Zweifel an der luftverkehrsrechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers, erscheint es nicht ermessensfehlerhaft, diesem – auch zu dessen eigenem Schutz – die Beantragung eines Europäischen Führungszeugnisses aufzugeben, statt – gewissermaßen ins Blaue hinein – sogleich um Erteilung einer – eingriffsintensiveren – unbeschränkten Auskunft zu ersuchen. Denn die Erteilung eines Führungszeugnisses an eine Behörde auf deren Antrag kommt gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BZRG grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn eine Aufforderung an die betroffene Person, ein Führungszeugnis vorzulegen, nicht sachgemäß ist oder erfolglos bleibt. Soweit die Regelungen der § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LuftSiG, § 4 Abs. 2 Satz 3 LuftSiZÜV i.V.m. § 41 Abs. 1 Nr. 13 BZRG diesen Grundsatz durchbrechen, erweist es sich für den Kläger, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Zuverlässigkeitsüberprüfung nur auf Antrag und im Interesse des Betroffenen erfolgt, als weniger eingriffsintensiv und damit ermessensfehlerfrei, wenn ihm in Ansehung seiner Mitwirkungspflichten nach § 7 Abs. 3 Satz 2 LuftSiG, §§ 3 Abs. 4 lit. b und 4 Abs. 7 Satz 2 LuftSiZÜV zunächst die Beantragung eines Führungszeugnisses gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 BZRG aufgegeben wird. Denn nur in diesem Fall kann er gemäß § 30 Abs. 5 Satz 3 BZRG verlangen, dass das Führungszeugnis, wenn es Eintragungen enthält, zunächst an ein von ihm benanntes Amtsgericht übersandt wird und sodann – nach Einsichtnahme – gemäß § 30 Abs. 5 Satz 6 BZRG einer Weiterleitung an die Behörde widersprechen, woraufhin das Führungszeugnis von dem Amtsgericht der Vernichtung zugeführt wird. Die Bestimmungen des § 30 BZRG sind auf das Europäische Führungszeugnis entsprechend anwendbar, § 30b Abs. 1 Satz 3 BZRG. Kam der Kläger der ihm im konkreten Fall aufgegebenen Mitwirkungspflicht in Form der Beantragung eines Europäischen Führungszeugnisses insgesamt nicht nach, brachte er damit zugleich zum Ausdruck, dass ein hinreichendes Interesse an der Ausräumung bestehender Zweifel und damit an der Feststellung seiner Zuverlässigkeit nicht besteht und war es der Luftsicherheitsbehörde nicht zumutbar, weitere Ermittlungstätigkeiten zu entfalten.
- 40
Die aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Klägers verbleibenden Zweifel an seiner Zuverlässigkeit wurden auch nicht durch sein sonstiges Verhalten im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren glaubhaft widerlegt oder ausgeräumt. Dabei ist eine Gesamtwürdigung der Umstände vorzunehmen, die auch die Person des Klägers selbst in den Blick nimmt (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 14.1.2015 – W 6 K 13.541). Im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren hat der Kläger keinerlei Stellungnahme abgegeben. Soweit er sich zu den der zuständigen Luftsicherheitsbehörde bekannt gewordenen, laufenden Ermittlungsverfahren in Polen im laufenden Klageverfahren eingelassen hat, so beschränken sich seine Ausführungen darauf, Anlass und Inhalt der Ermittlungsverfahren pauschal zu bestreiten. Seine Einlassung, jemand habe ihn zu Unrecht vor sieben oder acht Jahren beschuldigt, passt nicht zu dem recht aktuellen Eintrag im Schengen Informationssystem vom 9.10.2019 durch Polen, wonach der Kläger zur polizeilichen Beobachtung aus Gründen der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr aufgrund von Diebstählen von Kraftfahrzeugen in Deutschland ausgeschrieben worden sei und eine weitere, nationale Ausschreibung in Polen bestehe. Gründe, die die Verweigerung der Vorlage eines Europäischen Führungszeugnisses nachvollziehbar oder berechtigt erscheinen ließen, hat der Kläger dabei bis zuletzt nicht genannt. Schließlich wäre das europäische Führungszeugnis auch ggf. zusammen mit anderen Indizien geeignet, die bestehenden Zuverlässigkeitszweifel auszuräumen, da dieses sowohl die Angaben eines Führungszeugnisses, als auch die Mitteilung über Eintragungen in den Strafregistern anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union umfasst.
- 41
3) Nach alledem war die zuständige Luftsicherheitsbehörde dazu berechtigt, die am 8.4.2019 festgestellte Zuverlässigkeit zu widerrufen. Der Widerruf erweist sich auch nicht als ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 25.9.2020 verwiesen, § 117 Abs. 5 VwGO, der sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt.
- 42
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 43
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt den §§ 167 VwGO, 708 ff. VwGO.
Beschluss
- 44
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
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