Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (12. Kammer) - 12 A 132/17
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren
Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages leistet.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt eine Erlaubnis als Immobilien-Darlehensvermittler.
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Der im Jahr 1973 geborene Kläger ist gelernter Bankkaufmann. Unter dem 01.01.1999 erhielt er eine Erlaubnis nach § 34 c Gewerbeordnung (GewO) als Grundstücksmakler und Darlehensvermittler.
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Unter dem 22.06.2016 wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet.
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Mit Schreiben vom 02.08.2016 beantragte er die Erteilung einer Erlaubnis nach § 34 i Abs. 1 GewO als Immobilien-Darlehensvermittler.
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Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 21. 03.2017 ab und wies im Wesentlichen auf die fehlende Zuverlässigkeit des Klägers aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und seinen zahlreichen Eintragungen im Schuldnerverzeichnis hin. Den dagegen eingelegten Widerspruch, in dem der Kläger unter anderem auf das sogenannte vereinfachte Verfahren hinwies, wonach eine Prüfung der Zuverlässigkeit und der Vermögensverhältnisse nicht stattfinde, wenn man bereits im Besitze er Erlaubnis nach § 34 c GewO sei, wies die Beklagte nach weiteren Ermittlungen durch Bescheid vom 28.07.2017 zurück.
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Zur Begründung führte sie aus, dass vorliegend ein Ausschluss der Prüfung der Vermögensverhältnisse nicht in Betracht komme, weil es ausreichend Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Kläger unzuverlässig sei und er sich nicht in geordneten Vermögensverhältnissen befinde. Über sein Vermögen sei das Insolvenzverfahren eröffnet und noch nicht beendet worden. Er weise diverse Eintragungen im Schuldnerverzeichnis aus und habe keinen Nachweis erbracht, dass er dennoch in geordneten Vermögensverhältnissen lebe. Die angekündigte Restschuldbefreiung stelle lediglich eine abstrakte Möglichkeit der Schuldbefreiung dar, sei indes kein Nachweis geordneter Vermögensverhältnisse. Auch aus der inzwischen freigegebenen selbständigen Tätigkeit des Klägers könne kein Schluss auf geordnete Vermögensverhältnisse gezogen werden. Schließlich sei § 34 i Abs. 2 GewO nicht durch § 12 GewO ausgeschlossen.
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Der Kläger hat am 17.08.2017 Klage erhoben.
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Er trägt im Wesentlichen vor, dass er nicht in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebe. Dies werde belegt durch die inzwischen erteilte Freigabe durch den Insolvenzverwalter für seine – inzwischen ausgeübte – selbständige Tätigkeit, deren Erlöse nicht in die Insolvenzmasse fließen würden, sondern ihm zustünden. Die Beklagte sei wegen der Insolvenzeröffnung darin gehindert, die Erlaubnis zu versagen. Die fehlende Berufshaftpflichtversicherung könne nicht die Annahme ungeordneter Vermögensverhältnisse begründen. Schließlich sei auch die angekündigte Restschuldbefreiung ein Indiz für einen untypischen Fall und dafür, dass die Annahme, er lebe in ungeordneten Vermögensverhältnissen, widerlegt sei.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2.103.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2017 zu verpflichten, ihm die Erlaubnis nach § 34 i GewO zu erteilen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, dass die durch den Insolvenzverwaltererteilte Freigabe nicht zur Erlaubniserteilung führen könne. Auch die fehlende Berufshaftpflichtversicherung stelle einen Versagungsgrund gemäß § 34 i Abs. 2 Nr. 3 GewO dar. Die angekündigte Restschuldbefreiung sei kein Indiz für einen atypischen Fall. Entgegen der früheren Rechtslage wirke sich nach dem ab 01.07.2014 geltenden Recht eine angekündigte Restschuldbefreiung, über die eine Entscheidung durch das Insolvenzgericht bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergehe, nur dahin aus, dass der Schuldner frühzeitig Klarheit über die Erfolgsaussichten seines Antrages auf Restschuldbefreiung erhalte. Es werde keine Aussage dahingehend getroffen, dass mit der Annahme des Antrages geordnete Vermögensverhältnisse anzunehmen seien.
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Auch wenn von den ursprünglichen Eintragungen im Schuldnerverzeichnis wegen Fristablaufs nur noch eine vorhanden sei, weise der Kläger zwei neue Eintragungen im Schuldnerverzeichnis auf, von der eine das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermögen betreffe.
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Die Kammer hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 18.04.2019 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch darauf, dass ihm eine Erlaubnis nach § 34 i GewO erteilt wird (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Nach der Bestimmung des § 34 i Abs. 1 GewO bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer gewerbsmäßig den Abschluss vom Immobiliar-Verbraucher-Darlehensverträgen iSd § 491 Abs. 3 BGB oder entsprechende entgeltliche Finanzierungshilfen iSd § 506 BGB vermitteln oder Dritte zu solchen Verträgen beraten will (Immobilien-Darlehensvermittler).
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Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn der Antragsteller in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt; dies ist in der Regel der Fall, wenn über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden oder er in das Schuldnerverzeichnis nach § 882 b der Zivilprozessordnung eingetragen ist oder er den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung oder gleichwertigen Garantie nicht erbringen kann (§ 34 i Abs. 2 Nr. 2 und 3 GewO).
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Danach hat die Beklagte dem Kläger zu Recht die begehrte Erlaubnis versagt. Er erfüllt die Versagungsgründe des Abs. 2 Nr. 2 und 3 des § 34 i GewO. Das hat die Beklagte zutreffend in ihrem Widerspruchsbescheid vom 28.07.2017 festgestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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Ergänzend bzw. vertiefend ist noch Folgendes auszuführen:
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Der Kläger lebt in ungeordneten Vermögensverhältnissen. Über sein Vermögen wurde durch Beschluss des Amtsgerichts XXXXX vom 22.06.2016 das Insolvenzverfahren eröffnet XXXXX; dieses ist noch nicht abgeschlossen. Diesen (Regel-)Versagungsgrund (§ 34 i Abs. 2 Nr. 2 2. Halbsatz 1. Alternative GewO) hat der Kläger auch nicht widerlegt; es liegt kein atypischer Fall vor, der zu einer abweichenden Bewertung Anlass geben könnte.
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Zunächst kann der Kläger sich nicht mit Erfolg auf § 12 GewO berufen. Danach finden Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind, und während der Überwachung und Erfüllung eines Insolvenzplanes (§ 260 der Insolvenzordnung) keine Anwendung in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde. Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich bereits entnehmen, dass ihr Anwendungsbereich beschränkt ist auf Verfahren betreffend die Untersagung eines (bereits vorhandenen bzw. ausgeübten) Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer (erteilten) Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist. Sie greift im Falle des Klägers deshalb nicht ein, weil zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Kläger gerade kein Gewerbe betrieben hat. Die Vorschrift ist einer analogen Anwendung auf Verfahren, in denen es um die Erteilung einer Erlaubnis für ein noch nicht ausgeübtes Gewerbe gestritten wird, nicht zugänglich. Nach der Gesetzesbegründung hat die Vorschrift keine Bedeutung für Gewerbe, die der Schuldner – wie hier – nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnen will (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 25.09.2014 – 7 PA 29/14 – juris Rdnr. 6 mit Hinweis auf weitere Rechtsprechung und auf BT-Drs. 12/3803, 103; Pielow, GewO, § 12 Rdnr. 62).
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Auch das sogenannte vereinfachte Verfahren nach § 160 Abs. 2 GewO, wonach das Genehmigungsverfahren nach § 34 i GewO erleichtert wird für Gewerbetreibende, die – wie der Kläger – bereits eine Erlaubnis nach § 34 c GewO haben, kommt dem Kläger nicht zugute. Zwar heißt es dort unter Abs. 2, dass eine Prüfung der Zuverlässigkeit und der Vermögensverhältnisse nicht erfolgt, wenn die Erlaubnis unter Vorlage der bisherigen Erlaubnisurkunde beantragt wird. Dies bedeutet indes nicht, dass die zuständige Behörde nicht – wenn entsprechende Indizien vorliegen – im Rahmen der einschlägigen allgemeinen rechtlichen Vorgaben das Bestehen der Zuverlässigkeit sowie geordnete Vermögensverhältnisse überprüfen dürfte (Pielow, aaO, § 160 Rdnr. 9). Vorliegend war die Beklagte deshalb berechtigt, aufgrund der von ihr ermittelten Tatsachen, eine nähere Prüfung durchzuführen.
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Die Freigabe der selbständigen Tätigkeit des Klägers gemäß § 35 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO) durch den Insolvenzverwalter führt ebenfalls nicht zur Annahme geordneter Vermögensverhältnisse. Die Freigabe der selbständigen Tätigkeit bewirkt – wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat – die Abspaltung von der Insolvenzmasse. Selbst wenn dem Kläger aufgrund der Freigaben regelmäßig Einnahmen zufließen würden, ließe dies nicht zwingend den Schluss darauf zu, dass er sich in geregelten Vermögensverhältnissen befindet. Denn – worauf die Beklagte ebenfalls zutreffend hingewiesen hat – wären die Einnahmeaussichten allenfalls neben der Höhe der Verbindlichkeiten und der Zeit bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens im Rahmen einer Gesamtschau von Belang. Im Übrigen spricht gegen eine für den Kläger positive Bewertung – worauf noch einzugehen sein wird –, dass die neueste Eintragung des Klägers im Schuldnerverzeichnis gerade sein freigegebenes Vermögen betrifft.
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Auch die Ankündigung der Restschuldbefreiung führt zu keiner für den Kläger günstigeren Betrachtungsweise. Das Gericht folgt der Einschätzung der Beklagten, wonach die im Jahre 2014 eingetretene Rechtsänderung den Zweck verfolgt, den Schuldner frühzeitig Klarheit über die Erfolgsaussichten seines Antrages auf Rechtsschutzbefreiung zu ermöglichen. Die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Zulässigkeit eines Antrages auf Rechtsschutzbefreiung am Anfang des Insolvenzverfahrens beinhaltet keine Aussage dahingehend, dass mit der Annahme des Antrages geordnete Vermögensverhältnisse anzunehmen sind. Es geht allein um die Frage, ob der Antrag als solcher Erfolg hat. Somit bedeutet die Ankündigung der Rechtsschutzbefreiung nicht mehr den Übergang in die Wohlverhaltensphase, in der geordnete Vermögensverhältnisse nach früher Rechtslage vielfach angenommen werden konnten, weil die Rechtsschutzbefreiung gerade zum Abschluss des Insolvenzverfahrens angekündigt wurde. Insoweit kommt dem Antrag auf Restschuldbefreiung nicht mehr die gleiche Bedeutung zu wie bei einer Entscheidung erst am Ende des Insolvenzverfahrens.
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Schließlich musste dem Kläger die Erlaubnis auch deshalb versagt werden, weil er im Schuldnerverzeichnis nach § 882 b ZPO eingetragen ist. Der Versagungsgrund des § 34 i Abs. 2 Nr. 2 2. Halbsatz 2. Alternative GewO ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn Einträge im Schuldnerverzeichnis vorhanden sind. Auch wenn ein Großteil der Einträge inzwischen aufgrund Zeitablaufs erloschen sind, zeigt doch der Umstand, dass der Kläger erneut zweimal im Schuldnerverzeichnis eingetragen worden ist, wobei ein Eintrag sogar das freigegebene Vermögen betrifft, dass von geordneten Vermögensverhältnissen nach wie vor nicht ausgegangen werden kann.
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Liegen beim Kläger bereits die Versagungstatbestände der Bestimmung des § 34 i Abs. 2 Nr. 2 GewO vor, braucht nicht mehr entschieden zu werden, ob auch der Versagungsgrund des § 34 i Abs. 2 Nr. 3 GewO einschlägig ist, weil der Kläger nicht den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung oder gleichwertigen Garantie, deren Abschluss grundsätzlich Erlaubnisvoraussetzung für das Gewerbe des Immobilien-Darlehensvermittlers iSd § 34 i GewO ist, erbracht hat.
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Nach allem ist es dem Kläger nicht gelungen, die (zwingenden) Versagungsgründe des § 34 i Abs. 2 Nr. 2 und 3 GewO zu widerlegen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.; sie ist gemäß §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.
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Referenzen
- GewO § 12 Insolvenzverfahren 2x
- ZPO § 882b Inhalt des Schuldnerverzeichnisses 1x
- BGB § 506 Zahlungsaufschub, sonstige Finanzierungshilfe 1x
- BGB § 491 Verbraucherdarlehensvertrag 1x
- GewO § 34i Immobiliardarlehensvermittler 15x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 167 Rückwirkung der Zustellung 1x
- VwGO § 113 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- VwGO § 117 1x
- GewO § 160 Übergangsregelungen zu den §§ 34c und 34i 1x
- GewO § 34c Makler, Bauträger, Baubetreuer 2x
- VwGO § 154 1x
- 7 PA 29/14 1x (nicht zugeordnet)