Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (11. Kammer) - 11 B 22/20
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Streitwert wird auf 20.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Die Antragsteller wenden sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen.
- 2
Die Antragsteller, armenische Staatsangehörige, reisten 2015 ins Bundesgebiet ein und stellten im November 2015 Asylanträge. Die Asylanträge wurden mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) vom 18.05.2017 abgelehnt. Die Antragsteller wurden unter Androhung der Abschiebung nach Armenien aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland binnen 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Hiergegen erhoben die Antragsteller Klage.
- 3
Ab dem Wintersemester 2018 war die Antragstellerin zu 2 an der Universität B-Stadt zum Masterstudiengang Interdisziplinäre Public und Nonprofit Studien eingeschrieben. Zur Aufnahme einer Tätigkeit als Werkstudentin bei der Firma xxx GmbH beantragte sie im März 2019 eine Beschäftigungserlaubnis. Hierzu erteilte die Bundesagentur für Arbeit ihre Zustimmung auf Grundlage von § 39 AufenthG i.V.m. § 61 Abs. 2 AsylG. Die Zustimmung war bis zum 31.03.2020 befristet. Der Antragsgegner erteilte daraufhin eine Beschäftigungserlaubnis bis zum 31.03.2020. In der Erlaubnis war vermerkt, dass diese nur in Verbindung mit einer gültigen Aufenthaltsgestattung und der darin enthaltenen Genehmigung gelte.
- 4
Die gegen den Bescheid des Bundesamts erhobene Klage wurde mit Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 02.10.2019 – 8 A 216/17 – abgewiesen. Das Urteil ist seit dem 15.11.2019 rechtskräftig.
- 5
Bei einer Vorsprache am 29.11.2019 wurden den Antragstellern erstmalig Duldungen erteilt. Zudem wurden sie aufgefordert, bis zum 31.12.2019 ihre Pässe vorzulegen. Für den Fall, dass sie nicht im Besitz von Pässen seien, sollten sie alle sonstigen Unterlagen zur Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit vorlegen und darlegen, welche Bemühungen zur Pass(ersatz)beschaffung vorgenommen wurden.
- 6
Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.12.2019 wurde beantragt, den Antragstellern Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin zu 2 absolviere derzeit ein Studium an der Universität B-Stadt. Sie habe bereits 2017 das Sprachzertifikat B1 erworben. Mittlerweile habe sie Sprachkenntnisse auf dem Niveau C1.
- 7
Der Antragsteller zu 1 habe an der Brückenmaßnahme „Umwelthandwerker“ teilgenommen. Er sei erfolgreich an mehreren ehrenamtlichen Ausbildungen im Rahmen diverser Projekte beteiligt gewesen. Sie seien bestens in die deutschen Lebensverhältnisse integriert. Außerdem lägen dringende persönliche und humanitäre Gründe für einen weiteren Verbleib in Deutschland vor, da sich die Antragsteller in der Berufsausbildung befänden.
- 8
Zudem wurde gebeten, die Frist zur Passbeschaffung bis zum 31.01.2020 zu verlängern.
- 9
Dem Antrag waren der Werkstudentenvertrag vom 15.04.2019 sowie diverse Unterlagen über Sprachkenntnisse und weitere Integrationsleistungen beigefügt.
- 10
Mit Schreiben vom 07.02.2020 wurde der Antrag weiter begründet. Der Lebensunterhalt werde gesichert werden können, sobald die die beabsichtigte Erwerbstätigkeit erlaubt werde. Der Antragsteller zu 1 könne ab dem 01.03.2020 bei der Firma xxx GmbH im Kfz-Zulassungsdienst arbeiten. Die Antragstellerin zu 1 könne ab dem 01.04.2020 neben dem Masterstudium als kaufmännische Aushilfe bei der Firma xxx GmbH eingestellt werden.
- 11
Mit Bescheid vom 17.02.2020 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, es liege keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise vor, daher könne keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden, auch ein Duldungsanspruch bestehe nicht. Die Voraussetzungen der §§ 25a und 25b AufenthG lägen nicht vor. Weder aus dem Studium noch aus der Beschäftigung als Werkstudentin ergäben sich Rechtsansprüche.
- 12
Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller Widerspruch. Sie haben am 04.03.2020 um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht.
- 13
Sie machen geltend, der Ablehnungsbescheid sei bereits aus formellen Gründen rechtswidrig. Die Begründung werde den Anforderungen den § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht gerecht. Darüber hinaus sei der Bescheid auch materiell rechtswidrig. Diesbezüglich wiederholen sie ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren und beziehen sich auf die eingereichten Unterlagen zu den Integrationsleistungen der Antragsteller zu 1 und 2. Bei der vom Antragsteller zu 1 beabsichtigten Tätigkeit handele es sich um eine qualifizierte Erwerbstätigkeit. Bei der Antragstellerin zu 2 könne bereits jetzt die Prognose getroffen werden, dass sie im nächsten Jahr ihr Masterstudium abschließen werde. Des Weiteren sei die Abschiebung aufgrund der ausgebrochenen Corona-Pandemie auszusetzen. Die Abschiebung sei aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Die Vollziehung der Abschiebung sei unzumutbar und deshalb unverhältnismäßig. Abschiebungen in Drittstaaten seien ohnehin generell ausgesetzt worden.
- 14
Die Antragsteller beantragen,
- 15
1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17.02.2020 anzuordnen und
- 16
2. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Abschiebung der Antragsteller bis zur Entscheidung über den Antrag auszusetzen.
- 17
Der Antragsgegner beantragt,
- 18
den Antrag abzulehnen.
- 19
Er bezieht sich im Wesentlichen auf seinen Bescheid.
- 20
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend Bezug genommen auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Antragsgegners sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten.
II.
- 21
Die Anträge haben keinen Erfolg.
- 22
Der Antrag zu 1. ist unzulässig (1.), der Antrag zu 2. ist zulässig, aber unbegründet (2.).
1.
- 23
Der Antrag zu 1. ist unzulässig.
- 24
Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unstatthaft, da hinsichtlich der Versagung der Aufenthaltserlaubnisse nicht gemäß § 123 Abs. 5 VwGO vorrangig einstweiliger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zu gewähren ist. Denn die Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse durch den Bescheid vom 17.02.2020 hat keine belastende Rechtsfolge ausgelöst, die im Sinne von § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung suspendierbar wäre. Den Antragstellern kam vor dem Erlass des ablehnenden Bescheids nicht die Erlaubnisfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG zugute, da diese einen rechtmäßigen Aufenthalt ohne Aufenthaltstitel voraussetzt. Die Antragsteller waren jedoch nur im Besitz von Duldungen und hielten sich demnach nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Auf die Ausführungen zu § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO kommt es daher nicht an. Zudem läge auch bei Annahme einer Fiktionswirkung gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ohnehin ein Fall des gesetzlichen Wegfalls der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs vor, sodass es keiner Begründung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO bedürfte.
2.
- 25
Der Antrag zu 2. ist nach §§ 122 Abs. 1, 88 VWGO dahingehend zu verstehen ist, dass die Antragsteller bis zur abschließenden Entscheidung über den Antrag auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen begehren, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschont zu bleiben. Der so verstandene Antrag ist zulässig. Er ist insbesondere als Antrag gerichtet auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft.
- 26
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
- 27
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes als auch einen sicherungsfähigen Anspruch voraus. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgeblich sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
- 28
Die Antragsteller haben keinen Anordnungsanspruch nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht.
- 29
Trotz der nach § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG fehlenden Fiktionswirkung eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann eine Aussetzung der Abschiebung nach § 123 VwGO für die Dauer des Aufenthaltserlaubnisverfahrens erwirkt werden, wenn dies erforderlich ist, um sicherzustellen, dass eine ausländerrechtliche Regelung, die einen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzt, den möglicherweise Begünstigten zu Gute kommt (vgl. dazu OVG Münster Beschluss vom 19. Juni 2017 – 18 B 336/17 –, juris, Rn. 2; Beschluss vom 5. Dezember 2011 - 18 B 910/11 –, juris, Rn. 35 ff., unter Verweis auf die Ausführungen zu § 25 Abs. 5 AufenthG in BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 - 1 C 5.10 –, juris, Rn. 10; Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02. März 2020 – 4 MB 5/20 –, juris, Rn. 11). In solchen Fällen scheidet die Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes gegen die Abschiebung nicht aus gesetzessystematischen Gründen aus.
- 30
An einer solchen sicherungsfähigen Rechtsposition der Antragsteller fehlt es.
- 31
Die Integrationsleistungen der Antragsteller zu 1 und 2 sind vor dem Hintergrund eines humanitären Aufenthaltsrechts nach Kapitel 2, Abschnitt 5 des AufenthG zu prüfen.
- 32
Sie führen jedoch nicht zu einem Anspruch nach § 25b AufenthG. Nach § 25b AufenthG wird regelmäßig vorausgesetzt, dass sich die Betroffenen seit mindestens acht Jahren, im Fall einer häuslichen Gemeinschaft mit einem minderjährigen ledigen Kind seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten haben. Die Antragsteller zu 1 und 2, für die wegen der häuslichen Gemeinschaft mit den Antragstellern zu 3 und 4 die Sechs-Jahres-Regelfrist gilt, halten sich seit November 2015 gestattet bzw. geduldet im Bundesgebiet auf und erfüllen diese Voraussetzung demnach nicht. Ob aufgrund der anerkennenswerten Integrationsleistungen ein atypischer Fall vorliegt, der zu einer zwingenden Abweichung der Regelerteilungsvoraussetzung führt, kann dahinstehen. Denn jedenfalls erfüllen die Antragsteller nicht die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen, die grundsätzlich heranzuziehen sind, soweit sie nicht durch speziellere Regelungen verdrängt werden (Zühlcke in: HTK-AuslR / § 25b AufenthG / zu Abs. 1, Stand: 29.08.2019, Rn. 27). Die Antragsteller erfüllen nicht die Passpflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Auch ist das gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffnete Ermessen hinsichtlich eines Absehens der Anwendung der Erteilungsvoraussetzungen nicht auf Null reduziert. Die Antragsteller haben keine Bemühungen zur Passbeschaffung dargelegt, trotz ausdrücklicher Aufforderung des Antragsgegners. Sie haben um Verlängerung der Frist zur Vorlage der Pässe bzw. zum Nachweise der Bemühungen gebeten und sich auch nach Ablauf dieser Frist nicht weiter dazu geäußert.
- 33
Aus demselben Grund besteht auch kein Anspruch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG. Daher kann offenbleiben, inwieweit eine nachhaltige Integration im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG geltend gemacht werden kann. In der Regel kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Aufenthaltsrechte aufgrund von Integrationsleistungen hinreichend in §§ 25a, 25b AufenthG abgebildet werden, ggf. unter Berücksichtigung einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung der Normen im Hinblick auf die EMRK, z.B. in Fällen einer sog. Verwurzelung. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG hat damit nicht mehr die Funktion eines allgemeinen Auffangtatbestandes (Zeitler in: HTK-AuslR / § 25 AufenthG / zu Abs. 5 - rechtliche Unmöglichkeit, Stand: 19.03.2018, Rn. 57 ff.; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 04. März 2019 – 11 S 459/19 –, juris, Rn. 8; OVG Lüneburg, Urteil vom 08. Februar 2018 – 13 LB 43/17 –, juris, Rn. 86).
- 34
Ebenfalls an der Erfüllung der Passpflicht scheitern die geltend gemachten Ansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen des Studiums (§§ 16, 16b Abs. 1 AufenthG) und der beabsichtigten Erwerbstätigkeit (§§ 18, 18a bzw. 18b AufenthG), sofern diese im Wege des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden können, entgegen dem Grundsatz, dass das Verfahren auf Erteilung des Aufenthaltstitels vielmehr vom Heimatland aus zu betreiben ist, wenn keine Fiktionswirkung eingetreten ist (vgl. dazu Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02. März 2020 – 4 MB 5/20 –, juris, Rn. 10 m.w.N.).
- 35
Im Übrigen setzt die Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnisse regelmäßig die Einreise mit dem entsprechenden nationalen Visum nach § 6 Abs. 3 AufenthG voraus. Eine Ausnahme wegen Unzumutbarkeit bzw. ein Anspruch auf Absehen von dem Erfordernis, bei dem das Ermessen auf Null reduziert ist (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG), ist nicht ersichtlich. Auf die besonderen Voraussetzungen der §§ 18 ff. AufenthG kommt es daher nicht an.
- 36
Zudem steht der Erteilung die Titelerteilungssperre nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG entgegen, wonach einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden darf. Eine Ausnahme besteht gemäß Satz 3 im Fall eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. Dies setzt einen strikten Rechtsanspruch, der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, voraus (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – 1 C 37.07 –, juris, Rn. 21; zum „Anspruch“ nach § 39 AufenthV und § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG: BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 1 C 15.14 –, juris, Rn. 15). Ein solcher Anspruch ist nach dem oben Gesagten nicht gegeben. Auch hinsichtlich des Aufenthaltszwecks zum Studium nach §§ 16, 16b AufenthG fehlt es mangels Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen an einem strikten Rechtsanspruch.
- 37
Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf eine weitergehende Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG, insbesondere beabsichtigen die Antragsteller nicht, eine qualifizierte Berufsausbildung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 60c AufenthG aufzunehmen.
- 38
Ein sicherungsfähiger Anspruch auf Duldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bis zum Abschluss des Verfahrens ergibt sich auch nicht aufgrund der derzeit vorherrschenden COVID 19-Pandemie.
- 39
Eine generelle Aussetzung von Abschiebungen in Drittstaaten nach § 60a Abs. 1 AufenthG ist nicht von der obersten Landesbehörde angeordnet worden (vgl. dazu den Erlass des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume und Integration vom 06.04.2020 – IV 202-21440/2020 (COVID 19-Erlass Nr. 3), Ziffer 5: „Rückführungen im Wege der Abschiebung sind in Übereinstimmung mit den übrigen Bundesländern derzeit nicht generell ausgesetzt. Tatsächlich aber scheitern derzeit faktisch sämtliche Maßnahmen entweder aufgrund fehlender Flugverbindungen und/oder „Annahmeverweigerungen“ der Zielländer.“).
- 40
Zudem haben sich die Antragsteller mit diesem neuen Vortrag, der sich auf Umstände bezieht, die erst nach dem Ersuchen um Eilrechtsschutz entstanden sind, zunächst an den Antragsgegner zu wenden. Hinsichtlich der Erteilung von Duldungen ist in dem o.g. Erlass unter Ziffer 7 ausgeführt:
- 41
„Duldungen, die bereits vor Beginn der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID 19-Pandemie ausgestellt wurden, werden aus den bisherigen Gründen, jedoch mit großzügiger
Befristung, weiter erteilt.“
- 42
Es ist demnach nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner eine Neuausstellung von Duldungsbescheinigungen ablehnen wird, wenn die Abschiebung der Antragsteller nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer aktuellen Duldungen wegen fehlender Flugverbindungen oder fehlender Kooperation von Zielstaaten faktisch scheitern sollte.
- 43
Darüber hinaus begründet die aktuelle Lage, die von einer dynamischen Entwicklung geprägt ist, keinen Duldungsanspruch bis zum Abschluss des Verfahrens über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
- 44
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
- 45
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da die Antragsteller trotz gerichtlicher Aufforderung vom 05.03.2020 die gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 117 Abs. 2 ZPO erforderliche Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht abgegeben haben.
- 46
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Dabei ist der Auffangstreitwert für jeden Antragsteller einzeln festzusetzen. In Verfahren, die die Abschiebung zum Gegenstand haben, wird für jeden Antragsteller der Auffangwert von 5.000,00 Euro festgesetzt (OVG Schleswig, Beschluss vom 25.04.2018 – 4 MB 53/18 –). Beide Sachanträge betreffen dasselbe Begehren, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschont zu bleiben, so dass eine weitere Addition nach § 39 Abs. 1 GKG nicht angezeigt ist.
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