Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (11. Kammer) - 11 B 10008/21

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen.

2

Er ist nordmazedonischer Staatsangehöriger und meldete sich unter dem Einzugsdatum 24.08.2020 im Kreisgebiet des Antragsgegners (H-Straße xy, 12345 xy) an.

3

Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.11.2020 beantragte er die sofortige Erteilung einer Duldung von mindestens sechs Monaten mit der Nebenbestimmung, dass die Beschäftigung von der Zustimmung der Ausländerbehörde abhängig ist, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, hilfsweise die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 29, 30 Abs. 1 Nr.3 e) AufenthG. Zur Begründung gab er an, er sei wegen der Schwangerschaft seiner Ehefrau eingereist. Diese sei im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG. Er sei visumfrei eingereist, allerdings laufe der Zeitraum der Visumfreiheit bald ab. Die Duldung sei wegen der bevorstehenden Geburt gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG zu erteilen. Eine Trennung der Familieneinheit sei mit Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht vereinbar. Wegen der Ausübung der elterlichen Sorge und des Umgangs liege ein rechtliches Abschiebehindernis vor, weshalb ein Anspruch nach § 25 Abs. 5 AufenthG bestehe. Das Ermessen sei auf Null reduziert. Auch die Voraussetzungen für eine Familienzusammenführung seien gegeben. Die Ehe habe bereits vor der Erteilung des Titels nach § 25a AufenthG bestanden. Der Nachweis über den Besuch des Deutschkurses werde demnächst nachgereicht.

4

Am xx.xx.xxxx wurde der Sohn des Antragstellers und seiner Ehefrau geboren.

5

Mit E-Mail vom 08.02.2021 bat der Antragsgegner um Vorlage einer Kopie des Nationalpasses, der Heiratsurkunde, des Mietvertrags, des Arbeitsvertrags nebst Gehaltsnachweisen und des A1-Zertifikats. Daraufhin legte der Antragsteller eine Kopie des Passes (ohne Reisestempel) sowie einen Auszug aus dem Standesregister der Gemeinde Vasilevo (Nordmazedonien) vor, aus dem sich ergibt, dass die Eheschließung am 29.06.2020 in Vasilevo erfolgte. Ein Arbeitsvertrag könne noch nicht vorgelegt werden, da eine Beschäftigungserlaubnis noch nicht vorliege. Hierauf stellte der Antragsgegner dem Antragsteller am selben Tag eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aus.

6

Auszüge aus einem Mietvertrag (Übergabeprotokoll datiert auf den 24.11.2020, vermutlich unterzeichnet von der Ehefrau des Antragstellers) und eine Wohnungsgeberbestätigung darüber, dass der Antragsteller am 15.02.2021 in eine Wohnung in der xx W-Straße xy, A-Stadt, eingezogen sei, reichte er kurz darauf nach.

7

Nach Anhörung zu einer beabsichtigten Ablehnung seines Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis beantragte der Antragsteller am 07.06.2020 noch hilfsweise die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25a Abs. 2 Satz 3 AufenthG. Er machte geltend, sobald ihm die Beschäftigung erlaubt werde, liege auch die Lebensunterhaltssicherung vor. Zudem trug er weiter vor, er sei visumfrei eingereist und könne nun gemäß § 39 Nr. 5 Alt. 3 AufenthV den Aufenthaltstitel im Inland beantragen. Wegen der Beistandsgemeinschaft sei von dem Visumverfahren abzusehen.

8

Mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom 05.10.2021 bat der Antragsteller um Entscheidung über seinen Antrag, da weder er – mangels Beschäftigungserlaubnis – noch seine Ehefrau derzeit einer Beschäftigung nachgingen und der Lebensunterhalt bestritten werden müsse.

9

Mit Bescheid vom 18.10.2021 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, nach §§ 29, 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 e) AufenthG und nach § 25a Abs. 2 Satz 3 AufenthG ab. Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Nordmazedonien aufgefordert, das Bundesgebiet bis zum 20.11.2021 zu verlassen. Zur Begründung führte er an, die Aufenthaltserlaubnis nach §§ 29, 30 AufenthG sei ausgeschlossen, da der Antragsteller seinen Lebensunterhalt nicht gesichert habe und nicht über die erforderlichen Sprachkenntnisse verfüge. Zudem lägen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 3 AufenthG nicht vor. Die für § 25 Abs. 5 AufenthG erforderliche Unmöglichkeit der Ausreise sei nicht gegeben. Da der Antragsteller von Anfang an einen langfristigen Aufenthalt geplant habe, hätte er mit einem Visum einreisen müssen. Die Ehefrau des Antragstellers lebe seit 2013 im Bundesgebiet und sei seit 2017 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG. Sie beziehe aktuell Leistungen nach dem SGB II. Die Verlegung des Wohnsitzes nach Nordmazedonien sei durchaus zumutbar. Die Erteilung des Aufenthaltstitels nach § 25a Abs. 2 Satz 3 AufenthG sei ebenfalls abzulehnen, da der Lebensunterhalt nicht durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert sei. Zudem fügte der Antragsgegner eine Grenzübertrittbescheinigung bei, in der die zur Erfüllung der Ausreisepflicht gesetzte Frist vermerkt ist.

10

Hiergegen erhob der Antragsteller am 08.11.20212 Widerspruch und beantragte, die Grenzübertrittbescheinigung über den 20.11.2021 hinaus zu verlängern, den Sofortvollzug aufzuheben, hilfsweise eine Vorabzustimmung schriftlich zu erteilen.

11

Der Antragsteller hat am 17.11.2021 um Eilrechtsschutz nachgesucht.

12

Er wiederholt seinen Vortrag aus dem bisherigen Verfahren und trägt zunächst vor, er sei im November 2020 eingereist. Seine Ehefrau habe zu diesem Zeitpunkt eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG besessen, die ihr 2017 erteilt worden war und sei im 8. Monat schwanger gewesen. Er habe während seines bisherigen Aufenthalts keine Erwerbstätigkeit finden können und keinen Sprachkurs beginnen können, weil er nur im Besitz der Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG gewesen sei. Die Ausreise sei mit Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht vereinbar, da er seit der Geburt seines Sohnes mit diesem in familiärer Lebensgemeinschaft lebe. Auf das Visumverfahren könne man ihn nicht verweisen, da die Nachholung in seinem Fall ohnehin ausgeschlossen sei. Der Familiennachzug sei aus Rechtsgründen nicht möglich. Außerdem seien die Wartezeiten zu berücksichtigen. Es sei nicht absehbar, wie lange ein Verfahren bei der Deutschen Botschaft in Skopje dauere. Auch könne man den Antragsteller nicht darauf verweisen, dass er jeweils für 90 Tage innerhalb von 180 Tagen visumfrei einreisen könne. Hinsichtlich der Sprachkenntnisse sei es möglich, den Antragsteller zur Teilnahme an einem Sprachkurs im Bundesgebiet zu verpflichten. Der Sofortvollzug sei rechtswidrig, da der Antragsteller genügend Zeit haben müsse, um die Angelegenheit zu klären. Schließlich sei die Vorabzustimmung zu erteilen, da dies der einzig garantierte Weg für die Familienzusammenführung wäre.

13

Ergänzend trägt er vor, die Ehefrau habe nun eine unbefristete Arbeitsstelle gefunden, die sie ab dem 01.12.2021 beginnen werde. Die monatliche Bruttovergütung betrage 2.170 €, zusammen mit dem Kindergeldbezug sei der Lebensunterhalt gesichert. Zudem habe die Ehefrau einen weiteren Nebenjob gefunden. Hierzu legt er zwei Arbeitsverträge (vom 18.11.2021 und vom 22.11.2021) vor. Zu einem der beiden Verträge, legt er eine Bescheinigung über eine Arbeitsaufnahme der Ehefrau (befristete Stelle, max. 22 Std. moantlich) vom 04.12.2021 vor. Der Antragsteller werde dann die Kinderbetreuung übernehmen. Eine Ausreise würde zum Verlust der Arbeitsstellen der Ehefrau führen.

14

§ 29 Abs. 3 AufenthG sei problematisch im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Jedenfalls seien geringere Anforderungen an das Vorliegen eines humanitären Grundes zu stellen. Ein dringender humanitärer Grund liege insbesondere dann vor, wenn die Familieneinheit auf absehbare Zeit nur im Bundesgebiet hergestellt werden könne. Der Verweis des Antragsgegners, die Familie könne die Lebensgemeinschaft in Mazedonien fortführen greife hier nicht. Denn die Ehegattin des Antragstellers, lebe seit über 8 Jahren in Deutschland. Sie sei als 15-Jährige in das Bundesgebiet eingereist, so dass die prägende Zeit ihrer Persönlichkeit und Entwicklung hier im Bundesgebiet stattgefunden habe. Zudem sei nicht außer Betracht zu lassen, dass die Ehegattin des Antragstellers als Asylsuchende eingereist sei und dieser Umstand dafür spricht, dass sie oder ihre Eltern in ihrem Heimatland nicht leben könnten. Vor diesem Hintergrund habe sich die Ehefrau dem Land Nordmazedonien entfremdet und könne nur schwer ein neues Leben dort aufbauen. Was die Erklärung über die Ausreise 2019 betreffe, sei nicht klar, ob sie alles verstanden habe, da keine Übersetzung vorliege. Außerdem werde die Ehefrau in absehbarer Zeit die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erfüllen. Um diese Möglichkeit nicht zu verlieren, müsse sie im Bundesgebiet bleiben. Bis zur Erteilung der Niederlassungserlaubnis dürfe die Familie nicht getrennt werden, gerade im Hinblick auf das Alter des Sohnes. Es fehle noch an Aufenthaltszeiten, so lange dürfe die Familie nicht getrennt werden. Nordmazedonien sei außerdem aktuell ein Hochrisikogebiet. Der Antragsteller sei in Verhandlungen über eine unbefristete Anstellung.

15

Der Antragsteller beantragt,

16

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 08.11.2021 gegen den Bescheid vom 18.10.2021 anzuordnen,

17

hilfsweise, dem Antragsgegner zu untersagen, bis zur Entscheidung in der Hauptsache aufenthaltsbeendende Maßnahmen eizuleiten,

18

höchsthilfsweise, dem Antragsgegner auszugeben, den Sofortvollzug außer Kraft zu setzen,

19

höchsthilfsweise, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller eine Vorabzustimmung zu erteilen,

20

weiter hilfsweise, die Grenzübertrittbescheinigung bis zu einer Entscheidung zu verlängern.

21

Der Antragsgegner beantragt,

22

den Antrag abzulehnen.

23

Er bezieht sich auf seinen Bescheid und macht geltend, die Schwangerschaft sei am 21.07.2020, also über einen Monat vor der Einreise ohne Visum festgestellt worden. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei der Zeitraum von 90 Tagen bereits abgelaufen gewesen. Die für den Familiennachzug gemäß § 29 Abs. 3 AufenthG erforderlichen völkerrechtlichen oder humanitären Gründe seien nicht gegeben, auch diene die Erteilung nicht der Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Der unter dem Druck des Eilverfahrens abgeschlossene Arbeitsvertrag der Ehefrau sei nicht geeignet, den Lebensunterhalt dauerhaft zu sichern. Zum Zeitpunkt der Einreise sei bereits ein Daueraufenthalt geplant gewesen. Nachträglich seien keine Anspruchsvoraussetzungen entstanden. Damit sei der Regelungsbereich des § 39 Nr. 3 AufenthV nicht berührt. Die Ausreise sei nicht rechtlich unmöglich. Die Ehefrau und das Kind seien ebenfalls nordmazedonische Staatsangehörige. Die Ehefrau sei 2013 im Alter von 15 Jahren eingereist. Sie habe den überwiegenden Teil ihres Lebens in Nordmazedonien verbracht und habe 2019 einen dauerhaften dortigen Verbleib geplant. Hierzu legt der Antragsgegner eine von der Ehefrau unterschriebene Erklärung vom 05.09.2019 vor, wonach sie am 17.09.2019 nach Nordmazedonien ausreisen und voraussichtlich dort dauerhaft bleiben werde. Zumindest zur Heirat und zur Passverlängerung sei sie 2020 und 2021 dort gewesen. Die Lebensgemeinschaft könne auch dort hergestellt werden.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend Bezug genommen auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Antragsgegners sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten.

II.

25

Die Anträge haben keinen Erfolg.

1.

26

Der Hauptantrag ist unzulässig.

27

Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wäre nur dann statthaft und demzufolge gemäß § 123 Abs. 5 VwGO vorrangig zu gewähren, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels ein zunächst eingetretenes fiktives Bleiberecht nach § 81 AufenthG beendet hat, wenn also der Aufenthalt nach Stellung des Antrages auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels nach § 81 AufenthG zunächst als erlaubt oder als geduldet galt, d.h. die gesetzliche Erlaubnis- oder Duldungsfiktion ausgelöst hat (vgl. Dittrich/Breckwoldt in: HTK-AuslR / Rechtsschutz / 2.1.3, Stand: 23.09.2019, Rn. 30 ff. m.w.N.).

28

Gemessen daran ist der Antrag unstatthaft, da die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch den Bescheid vom 18.10.2021 keine belastende Rechtsfolge ausgelöst hat, die im Sinne von § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung suspendierbar wäre. Dem Antragsteller kam vor dem Erlass des ablehnenden Bescheids weder die Erlaubnisfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG noch die Duldungsfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zugute.

29

Die Erlaubnisfiktion des Satz 1 scheidet – ungeachtet der Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts aufgrund des anfänglich geplanten Daueraufenthalts – bereits deshalb aus, weil der Antragsteller den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erst nach Ablauf von 90 Tagen nach Einreise in das Bundesgebiet gestellt hat. Als nordmazedonischer Staatsangehöriger bedurfte er zwar als sog. Positivstaater/Anhang-II-Staater gemäß § 15 AufenthV i.V.m. Art. 20 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ), Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Nr. 1 der EU-Visa-VO 2018, Art. 6 Abs. 1 a, c, d, e Schengener Grenzkodex (SGK) für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, grundsätzlich keines Visums. Dieser Zeitraum war aber zum Zeitpunkt der Antragstellung überschritten. Entgegen teilweise anderslautender Angaben des Antragstellers im Eilverfahren, er sei erst im November 2020 eingereist, ergibt sich nach Aktenlage, dass er spätestens am 24.08.2020 einreiste, da er bei der Meldebehörde diesen Tag als Einzugsdatum angab. Ob er sich bereits zuvor im Bundesgebiet aufhielt, kann nicht festgestellt werden, da der Antragsteller lediglich eine Kopie des Personalienblatts seines Passes vorlegte, aus dem die Reisebewegungen nicht erkennbar sind.

30

Auch die Duldungsfiktion gemäß § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG kam ihm vor Erlass des Ablehnungsbescheides nicht zugute. Diese setzt neben der verspäteten Antragstellung ebenfalls einen vorherigen rechtmäßigen Aufenthalt voraus (Zeitler in: HTK-AuslR / § 81 AufenthG / zu Abs. 3 und 4, Stand: 27.05.2021). Dieser ist trotz der Befreiung von der Visumpflicht nicht gegeben. Ein visumfreier Aufenthalt ist nur dann als rechtmäßig im Sinne des § 81 Abs. 3 AufenthG anzusehen, wenn der beabsichtigte Aufenthaltszweck nur auf einen Kurzaufenthalt gemäß Art. 4 Abs. 1 EU-Visa-VO 2018 gerichtet ist. Dabei ist maßgeblich, welche Absichten der Betroffene im Zeitpunkt der Einreise in Bezug auf die Aufenthaltsdauer hat. Ein Staatsangehöriger eines der in Anhang II der EU-Visa-VO 2018 genannten Staaten begründet demnach dann keinen rechtmäßigen Aufenthalt, wenn er bereits bei der Einreise die Absicht hat, sich länger als 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen im Bundesgebiet aufzuhalten (Beschluss der Kammer vom 09. Januar 2019 – 11 B 163/18 –, juris, Rn. 17 m.w.N.; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. September 2018 – 11 S 1973/18 –, juris, Rn. 14; Bergmann/Dienelt/Samel, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 81 Rn. 33-41; a.A.: Zeitler in: HTK-AuslR / § 81 AufenthG / zu Abs. 3 und 4, Stand: 27.05.2021; Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08. September 1995 – 4 M 86/95 –, juris, Rn. 5 allerdings zur alten Rechtslage). Die Anknüpfung an subjektive Merkmale kann sich zwar im Einzelfall als schwierig gestalten, doch ergibt sie sich nach Ansicht der Kammer aus der Gesamtsystematik der Visavorschriften. Art. 2 Nr. 2 a) der VO (EG) Nr. 810/2009 – Visakodex sowie in Art. 6 SGK regeln einen „geplanten“ Aufenthalt, insofern ist den Normen ein subjektives Element immanent. Daher ist der nach den Gesamtumständen zu beurteilende Aufenthaltszweck bei der Frage des rechtmäßigen Aufenthalts nach § 81 Abs. 3 AufenthG zu berücksichtigen und nicht lediglich objektiv auf die Einhaltung der visumfreien Zeiträume zu achten.

31

Gemessen daran lag im Fall des Antragstellers kein rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne des § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vor. Die Anmeldung des Wohnsitzes in xy am xx.xx.xxxx spricht dafür, dass anfänglich ein Daueraufenthalt geplant war, ebenso die kurz zuvor erfolge Eheschließung und die bevorstehende Geburt. Der Antragsteller trägt zudem auch selbst nicht vor, dass er zunächst nur zu Besuchszwecken eingereist ist.

32

Der Antrag ist auch nicht aufgrund der vom Antragsgegner ausgestellten Fiktionsbescheinigungen nach § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG statthaft, da diese keine konstitutive Wirkung entfalten. Entscheidend ist vielmehr, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Fiktionswirkung vorliegen (Zeitler, HTK-AuslR / § 81 AufenthG / Abs. 5, Stand: 25.01.2018, Rn. 2; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 03. Juni 1997 – 1 C 7/96 –, juris, Rn. 27 allerdings zur alten Rechtslage).

2.

33

Aus diesen Gründen ist der dem Antragsteller drohenden Abschiebung nur durch den mit dem ersten Hilfsantrag begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO entgegenzuwirken.

34

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

35

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Voraussetzung hierfür ist, dass sowohl ein Anordnungsanspruch, d. h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachsucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Sicherung begründet, glaubhaft gemacht werden, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

36

Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

37

Trotz der nach § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG fehlenden Fiktionswirkung eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann eine Aussetzung der Abschiebung nach § 123 VwGO für die Dauer des Aufenthaltserlaubnisverfahrens erwirkt werden, wenn dies erforderlich ist, um sicherzustellen, dass eine aufenthaltsrechtliche Regelung, die einen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzt, den möglicherweise Begünstigten zu Gute kommt (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14. Oktober 2021 – 4 MB 49/21 –, juris, Rn. 4). In solchen Fällen scheidet die Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes gegen die Abschiebung nicht aus gesetzessystematischen Gründen aus.

a.

38

An einer solchen sicherungsfähigen Rechtsposition des Antragstellers fehlt es.

39

In Betracht kommt zunächst ein möglicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 Satz 3 AufenthG. Danach soll dem Ehegatten oder Lebenspartner, der mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung nicht aufgrund falscher Angaben oder aufgrund von Täuschungen über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder mangels Erfüllung zumutbarer Anforderungen an die Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert wird und der Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert ist. Dabei handelt es sich um eine aufenthaltsrechtliche Regelung, die einen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzt. Dies ergibt sich bereits aus den Tatbestandsvoraussetzungen. Die Anknüpfung an das Mitwirkungsverhalten bezüglich aufenthaltsbeendender Maßnahmen spricht dafür, dass ein Aufenthalt im Bundesgebiet unterstellt wird. Auch wird vorausgesetzt, dass der Ehegatte mit dem Begünstigten in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und diese nicht erst hergestellt wird. Da die Begünstigten sich zuvor seit mindestens vier Jahren im Bundesgebiet aufgehalten haben müssen, dürfte § 25a Abs. 2 Satz 3 AufenthG nicht auf den Zuzug aus dem Ausland zugeschnitten sein, zumindest sind derartige Konstellationen schwer denkbar. Dies wird auch durch die Gesetzessystematik in den Vorschriften zum Familiennachzug (§§ 27 ff. AufenthG) bestätigt. Denn der Familiennachzug zu Personen, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG sind, ist gemäß § 29 Abs. 3 AufenthG auf völkerrechtliche oder humanitäre Gründe oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 AufenthG grundsätzlich voraussetzt, dass die Betroffenen bereits im Bundesgebiet leben (Zühlcke in: HTK-AuslR / § 25a AufenthG / zu Abs. 1, Stand: 21.08.2020, Rn. 8; Wittmann in: GK-AufenthG, § 25a, Stand: November 2021, Rn. 192 f.; BeckOK AuslR/Hecker, 31. Ed. 1.10.2021, AufenthG § 25a Rn. 13-16) und nur dann eine Erleichterung im Vergleich zu § 29 Abs. 3 AufenthG greift. Demnach würde eine Ausreise des Antragstellers zum Verlust der möglichen Rechtsposition führen.

40

Allerdings liegen die Erteilungsvoraussetzungen im Fall des Antragstellers nicht vor.

41

Nach dem oben Gesagten ist es bereits fraglich, ob eine Konstellation, in der – wie hier – der Ehegatte nach Heirat im Ausland einreist und dann erst die familiäre Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet begründet, überhaupt von § 25a Abs. 2 Satz 3 AufenthG umfasst ist, da es sich dabei eigentlich um einen Familiennachzug aus dem Ausland handelt, der nur unter den Beschränkungen des § 29 Abs. 3 AufenthG möglich ist; hier wäre ggf. der nun mittlerweile einjährige Zeitraum, in dem der Antragsgegner ihm Duldungen bzw. Fiktionsbescheinigungen ausgestellt hat, zu berücksichtigen.

42

Jedenfalls aber fehlt es an der eigenständigen Lebensunterhaltssicherung durch Erwerbstätigkeit gemäß § 25a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG. Der insoweit eindeutige Wortlaut, lässt keine anderweitige Form der Unterhaltssicherung zu. Die Feststellung der Sicherung des Lebensunterhalts erfordert die positive Prognose, dass der Ausländer in Zukunft in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes auf Dauer aus eigener Erwerbstätigkeit ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu sichern (§ 2 Abs. 3 AufenthG). Erforderlich ist mithin (im Fall der unselbständigen Erwerbstätigkeit) ein bestehendes oder jedenfalls bereits vertraglich vereinbartes Arbeitsverhältnis, das die begründete Prognose hinreichend stabiler und dauerhafter Einkommensverhältnisse erlaubt (Zühlcke in: HTK-AuslR / § 25a AufenthG / zu Abs. 2, Stand: 04.08.2020, Rn. 47).

43

Eine positive Prognose ist im Fall des Antragstellers nicht gegeben. Er trägt zwar vor, ab Erteilung der Aufenthaltserlaubnis oder einer Beschäftigungserlaubnis könne er den Lebensunterhalt sichern. Seit seiner Einreise hat er jedoch kein konkretes Arbeitsplatzangebot vorgelegt, das eine Prognose überhaupt ermöglicht. Der pauschale Vortrag, er sei derzeit in Vertragsverhandlungen, ist nicht ausreichend.

b.

44

Ein sicherungsfähiger Anspruch steht dem Antragsteller auch nicht gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG zu. Danach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise kann sich aus familiären Gründen gemäß Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, Art. 8 EMRK ergeben. Da der Anspruch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG nur aus dem Inland geltend gemacht werden kann, ist er im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO grundsätzlich sicherungsfähig (Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03. Januar 2022 – 4 MB 68/21 –, juris, Rn. 9).

45

Allerdings ist die Ausreise hier nicht rechtlich unmöglich. Zwar ist zu berücksichtigen, dass eine längere oder gar dauerhafte Trennung gerade vor dem Hintergrund des sehr jungen Alters des Sohns des Antragstellers problematisch ist. Auch wird vom Antragsgegner nicht in Zweifel gezogen, dass der Antragsteller seit der Geburt seines Sohnes mit diesem und seiner Ehefrau in familiärer Lebensgemeinschaft lebt. Jedoch ist bei der Frage nach der rechtlichen Unmöglichkeit aus familiären Gründen auch zu berücksichtigen, ob die Lebensgemeinschaft nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden kann, die Ausreise also zwingend zu einer räumlichen Trennung führen würde. Dies kann der Fall sein, wenn etwa das Kind deutscher Staatsangehörigkeit ist und ihm wegen der Beziehungen zu seiner Mutter das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist (Zeitler in: HTK-AuslR / § 25 AufenthG / zu Abs. 5 - rechtliche Unmöglichkeit, Stand: 19.03.2018, Rn. 35). Eine solche Konstellation liegt indes nicht vor. Sowohl die Ehefrau des Antragstellers als auch das gemeinsame Kind sind ebenfalls nordmazedonische Staatsangehörige, sodass die familiäre Lebensgemeinschaft grundsätzlich auch in Nordmazedonien hergestellt werden kann.

46

Dem steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Ehefrau seit 2017 und auch aktuell im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG ist. Dieser Status führt nicht per se zur Unzumutbarkeit der Herstellung der Lebensgemeinschaft in Nordmazedonien für die Ehefrau. Denn insoweit ist die Wertung des § 29 Abs. 3 AufenthG zu beachten. Danach ist der Familiennachzug zu Inhabern von humanitären Aufenthaltserlaubnissen erheblich eingeschränkt. Dem liegt der gesetzgeberische Wille zu Grunde, die Möglichkeiten einer humanitären Aufnahme durch die Bundesrepublik Deutschland nicht durch einen generellen Anspruch auf Familiennachzug einzuschränken (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drs. 15/420, S. 81). Nicht familiäre Bindungen allein, sondern alle Umstände, die eine humanitäre Dringlichkeit begründen, seien für die Entscheidung maßgeblich, ob und wann welche Ausländer aus humanitären Gründen aufgenommen und ihnen der Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt werden solle. Ein dringender humanitärer Grund liegt insbesondere vor, wenn die Familieneinheit auf absehbare Zeit nur im Bundesgebiet hergestellt werden könne. Daher ist unter Betrachtung aller Angehörigen der familiären Lebensgemeinschaft zu prüfen, ob humanitäre Gründe vorliegen. An diese sind zwar aufgrund von Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, Art. 8 EMRK keine zu hohen Anforderungen in Form einer Ausnahmesituation zu stellen, allerdings reicht allein der Wille zur Familienzusammenführung nicht aus, ansonsten hätte es der Einschränkung nicht bedurft. Humanitäre Gründe liegen dann vor, wenn die Herstellung der Familieneinheit im Ausland aus zwingenden persönlichen Gründen unmöglich ist (Marx in: GK-AufenthG, § 29, Stand: April 2021, Rn. 166). Dies dürfte im Regelfall gegeben sein, wenn der Stammberechtigte eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG besitzt, da dies voraussetzt, dass die Ausreise in den Herkunftsstaat oder einen anderen Staat für den Stammberechtigten nicht möglich und zumutbar ist. Dies trifft auf die Ehefrau des Antragstellers jedoch nicht zu, ihr Asylantrag blieb ohne Erfolg und die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG wurde aufgrund der gelungenen Integration erteilt, ohne dass gleichzeitig die Unzumutbarkeit oder gar Unmöglichkeit einer Ausreise zu Grunde gelegt wurde. Anderweitige zwingende persönliche Gründe, die die Herstellung der Familieneinheit im Ausland unmöglich machen, sind nicht ersichtlich. Dabei ist zwar unerheblich, dass die Ehefrau, die in Nordmazedonien geboren ist und dort bis zu ihrem 16. Lebensjahr gelebt hat, bereits 2019 eine dauerhafte Niederlassung in Nordmazedonien erwogen hat, da es sich in keiner Weise um eine aufenthaltsrechtlich bindende Erklärung handelt und sie als Inhaberin einer Aufenthaltserlaubnis selbstverständlich ihre persönlichen Pläne ändern kann. Zwingende Gründe sind dennoch nicht vorgetragen worden, aus dem Besitz der Aufenthaltserlaubnis und den hierfür zu Grunde liegenden Integrationsleistungen allein ergeben sie sich jedenfalls nicht. Auch die Möglichkeit, in Zukunft eine Niederlassungserlaubnis zu erlangen (und damit auch den regulären Familiennachzug zu ermöglichen) spricht in diesem Fall nicht zwingend gegen die Herstellung der Familieneinheit im Ausland. Denn ob die Ehefrau kurzfristig die Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 AufenthG erfüllen wird, ist nicht absehbar. Bislang wurde ihre Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG erteilt und (wohl) gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sowie in entsprechender Anwendung des § 34 Abs. 3 AufenthG verlängert. Die nun im Eilverfahren vorgetragene Aufnahme einer Erwerbstätigkeit lässt noch nicht hinreichend sicher erwarten, dass in absehbarer Zeit ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis entstehen wird.

47

Da nach alledem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, bedarf es keiner Ermessensentscheidung des Antragsgegners. Dementsprechend liegt auch kein sicherungsfähiger Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung vor (vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03. Januar 2022 – 4 MB 68/21 –, juris, Rn. 22).

c.

48

Ein sicherungsfähiger Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung aus familiären Gründen liegt nicht vor. Insoweit wird auf die Ausführungen zu § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG verwiesen.

49

Soweit der Antragsteller sich auf einen Anspruch auf Familiennachzug nach den §§ 29, 30 AufenthG beruft, kann er diesen Anspruch im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht geltend machen (Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02. März 2020 – 4 MB 5/20 –, juris, Rn. 10 m.w.N.). Sollte der Vortrag des Antragstellers dahingehend zu verstehen sein, dass er das Absehen vom Visumverfahren als sicherungsfähige Rechtsposition geltend macht, scheitert der zu Grunde liegende Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis jedenfalls an § 29 Abs. 3 AufenthG.

3.

50

In dem weiteren Hilfsantrag, den Sofortvollzug außer Kraft zu setzen, kann die Kammer kein Begehren erkennen, das über das im Hauptantrag geprüfte Begehren hinausgeht. Sollte er sich hiermit auf § 80 Abs. 4 Satz 1 AufenthG beziehen, so wäre dieser an die Behörde zu richtende Antrag im gerichtlichen Verfahren unzulässig.

4.

51

Der Antrag auf Erteilung einer Vorabzustimmung (wohl gemäß § 31 Abs. 3 AufenthV) ist unzulässig, da es sich dem Wesen nach nicht um ein im Eilrechtsschutz statthaftes vorläufiges Begehren handelt, sondern die endgültige Erteilung beantragt wird. Der anwaltlich vertretene Antragsteller hat den Antrag nicht auf eine vorläufige Regelung begrenzt. Ob ein solches Begehren in der Hauptsache unzulässig wäre, weil es sich bei der Vorabzustimmung nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um ein Internum im Rahmen des Visumverfahrens handelt, kann offenbleiben.

5.

52

Der Antrag, die Grenzübertrittbescheinigung zu verlängern, ist mangels Antragsbefugnis ebenfalls unzulässig. Die im Aufenthaltsgesetz nicht vorgesehene Bescheinigung dokumentiert die dem Ausländer gewährte Ausreisefrist und ist beim Grenzübertritt abzugeben. Einen eigenen Regelungscharakter enthält sie nicht.

6.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

54

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2, § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG. Dabei war neben dem einheitlichen Begehren, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vorläufig verschont zu bleiben (Hauptantrag, Hilfsanträge 1 und 2) zusätzlich für die hilfsweise geltend gemachten Begehren, die Vorabzustimmung zu erteilen und die Grenzübertrittbescheinigung zu verlängern, ein eigener Auffangstreitwert festzusetzen, da sie nicht mehr denselben Gegenstand betreffen.


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