Urteil vom Verwaltungsgericht Schwerin (7. Kammer) - 7 A 1609/10

Tenor

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen werden jedoch nicht erstattet.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in der Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

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Der Kläger, ein kommunaler Abwasserzweckverband, wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Erlaubnis.

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Ihm ist u. a. von der Mitgliedsgemeinde B-Dorf neben der Trinkwasserversorgung die Aufgabe der Schmutzwasserbeseitigung übertragen, wofür er die Grundstücke der Ortslage B-Dorf an seine zentrale Schmutzwasserentsorgungsanlage anschloss.

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Im Außenbereich der Gemeinde liegt das Grundstück Flurstück 3/9 der Flur x, bebaut mit dem Wohn- und einem ehemaligen Stallgebäude. Hinsichtlich dieses und weiterer Grundstücke im B-Dorfer Außenbereich beantragte der Kläger am 28. Januar 2003 bei der — damals männlich bezeichneten — Beklagten seine Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht nach § 40 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 des Wassergesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern – LWaG – und trug vor: Eine zentrale Abwasserentsorgung würde einen unvertretbaren Aufwand verursachen, da Einzelanschlüsse von 400 bis 800 m erforderlich wären und dies die weiträumige Siedlungsstruktur für 18 Einwohner nicht rechtfertige. Vorzugslösung sei eine Abwasserbeseitigung auf den Einzelgrundstücken; dies entspreche auch dem klägerischen Abwasserkonzept von Juli 2000 und einem Beschluss der Verbandsversammlung vom Januar 2001. Das öffentliche Wohl werde nicht gefährdet, da ein Trinkwasserschutzgebiet nicht bestehe und eine Vorflut in Ortsnähe vorhanden sei. Hierauf befreite die Beklagte den Kläger am 31. März 2003 antragsgemäß von der Abwasserbeseitigungspflicht; die Befreiung ist bis zum 31. März 2018 befristet.

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Der Beigeladene erwarb 2006 das zuvor für einige Jahre unbewohnte Grundstück, um die Gebäude zu sanieren und das Stallgebäude für fünf Ferienwohnungen umzubauen. Ein Orkan Anfang 2007 und Verfügungen der Beklagten, die ihm wegen der Außenbereichslage zunächst die Baugenehmigung für Umbau und Umnutzung des Stallgebäudes ver- sowie die Durchführung von Sicherungsarbeiten untersagte, verzögerten die Umsetzung der Planungen erheblich. Am 3. Dezember 2009 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Erteilung einer Erlaubnis zur Gewässerbenutzung durch Einleitung von Abwasser in der Gestalt „sonstigen Aufbringens“ nach § 5 LWaG für häusliches Abwasser aus einer Kleinkläranlage nach DIN 4261. Die bisherige Abwassergrube des Grundstücks soll durch diese zur Behandlung des Abwassers von bis zu zwölf Personen geeignete Anlage ersetzt, das geklärte Abwasser in einen vorhandenen Teich geleitet werden. Parallel beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Förderung der Investition in die neue Kleinkläranlage mit einem Zuschuss nach der Richtlinie zur Förderung von Abwasseranlagen (FöRi-AW) vom 16. Oktober 2007 (AmtsBl. M-V S. 535). Mit dem angegriffenen Bescheid vom 12. Februar 2010 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die wasserrechtliche Erlaubnis zur Abwassereinleitung in der vorgesehenen Weise im Umfang von höchstens 1,8 m³ pro Tag. Die Erlaubnis ist mit diversen Auflagen versehen, unter dem Vorbehalt des Widerrufs und nachträglicher Anordnungen und Maßnahmen zum Gewässerschutz erteilt und bis zum 12. Februar 2025 befristet.

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Gegen die wasserrechtliche Erlaubnis legte der Kläger am 12. April 2010 bei der Beklagten Widerspruch ein. Diesen begründete er damit, dass die Laufzeiten der wasserrechtlichen Erlaubnis und der ihm, dem Kläger, erteilten Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht nicht übereinstimmten. Er wies auf seine Stellungnahme in einem B-Plan-Aufstellungsverfahren hin, in der er den Anschluss des Grundstücks an die zentralen Schmutzwasseranlagen wegen des zu erwartenden höheren Abwasseranfalls gefordert habe. Bei Rechtskraft des B-Plans werde er keinen erneuten Befreiungsantrag über den 18. März 2018 hinaus stellen. Die Beklagte forderte den Kläger zu Angaben auf, ob er kurzfristig einen Anschluss des — noch nicht mit der Kleinkläranlage versehenen — Grundstücks herstellen könne, ob er dies unabhängig von der — von der Gemeinde nicht weiter verfolgten — B-Planung vorhabe und wie die Konditionen lauteten. Der Kläger brachte vor, er halte am Widerspruch fest und werde eine Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht über den 31. März 2018 hinaus nicht beantragen. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

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Mit der Klage vom 12. November 2010 verfolgt der Kläger seine Anfechtung weiter. Die Befristung der wasserrechtlichen Erlaubnis sei zu langfristig; dies untergrabe seine, Klägers, Entsorgungspflicht und seine Entscheidungsfreiheit bezüglich der Frage, ab wann in welchem Ortsnetz eine zentrale Entsorgung erfolgen solle. Könnten Begünstigte auf eine lange Dauer ihrer wasserrechtlichen Erlaubnis vertrauen, so erschwere dies die Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs für zentrale Anlagen, zumal angesichts der Dauer gerichtlicher Verfahren. Nach Teilrücknahme der Klage in der mündlichen Verhandlung, soweit die Geltung der Erlaubnis bis zum 31. März 2018 angegriffen gewesen ist, beantragt der Kläger noch,

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den Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2010 aufzuheben, soweit dieser eine Befristung über den 31. März 2018 hinaus vorsieht.

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Die Beklagte beantragt

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Klageabweisung,

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hält die Klage für unzulässig und verteidigt vorsorglich die erteilte Erlaubnis.

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Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Hinweisschreiben des Berichterstatters vom 16. November und 2. Dezember 2010, auf die vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten (eine Heftung) sowie auf die Gerichtsakten zu den Verfahren 2 B 449/07 (OVG 3 M 200/07), 2 B 609/07 und 2 A 22/08 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Soweit die Klage teilweise zurückgenommen worden ist, ist im Urteil entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – zu verfahren.

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Die Klage im Übrigen ist unzulässig und daher abzuweisen.

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Dies beruht allerdings nicht auf der Form der Klageerhebung, bei der die anwaltlich abgefasste Klageschrift im „Rubrum“ den — aktiv nicht prozessual beteiligungsfähigen — Verbandsvorsteher und nicht den Zweckverband als Kläger aufführt. Zwar ist auch nach dem Hinweis des Berichterstatters an den Kläger mit Schreiben vom 18. November 2010, versandt am 18. November 2010, in Schriftsätzen vom 24. und 30. November 2010 und auch wieder vom 15. Februar 2011 die vorbereitende Korrespondenz unter einem entsprechenden Kurzrubrum fortgesetzt worden, doch hat der Kläger zwischenzeitlich zutreffend einen Antrag auf Rubrumsberichtigung gestellt, dem bereits der Berichterstatter gefolgt ist. Denn bei der Klägerbezeichnung handelt es sich um ein offensichtliches, durch Auslegung der Klageschrift und der ihr beigefügten Unterlagen überwindbares Versehen, dessen Bereinigung dem Gericht obliegt (vgl. den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG – vom 22. März 2001 – 8 B 262.00 –, bei Buchholz Nr. 20 zu § 82 VwGO [310]). Dem bei Klageerhebung vorgelegten Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2010 ist die Zurückweisung eines Rechtsbehelfs des Klägers zu entnehmen, nicht seines Verbandsvorstehers; dass Letzterer als Person oder Behörde durch die angegriffene Entscheidung irgendwie in eigenen Rechten betroffen sein könnte, ist nie behauptet worden und liegt — mehr noch als beim Kläger selbst — fern. Hiernach drängt sich die vorgenommene Berichtigung auf, zumal die Falschbezeichnung durch die in der weit überwiegenden Zahl der Fälle vom Verbandsvorsteher des Klägers eingenommene prozessuale Rolle als wegen eigener Verwaltungsakte zu verklagender Behörde (§ 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO und Art. 1 § 14 Abs. 2 des Gerichtsorganisationsgesetzes vom 10. Juni 1992; s. aber die Kritik an einer entsprechenden, zwischenzeitlich fortgefallenen nordrhein-westfälischen Vorschrift von Klenke, Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter 2004, S. 85 [87 f.]) verursacht worden sein dürfte (vgl. auch die entsprechende Verfahrensweise in Parallelfällen im Gerichtsbescheid des Einzelrichters bei der 6. Kammer des erkennenden Gerichts vom 20. Mai 2008 – 6 A 580/07 –, juris Rdnr. 19, sowie in den Urteilen der 6. Kammer vom 19. September 2008 – 6 A 990/01 –, juris Rdnr. 19, und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Mecklenburg-Vorpommern – OVG M-V – vom 1. September 2010 – 1 L 13/09 –, juris Rdnr. 25 f., jeweils m. w. Nachw.); das „Beharren“ auf der Falschbezeichnung in — offenbar automatisch erstellten — Kurzrubren auch nach der Rubrumsberichtigung eingereichter klägerischer Schriftsätze ist demgegenüber ohne Aussagekraft (vgl. etwa die Argumentation unter II. 1. der Klageerwiderung der Beklagten vom 24. Januar 2011, die auch nicht recht zum dort verwandten Kurzrubrum „passt“). Im Hinblick auf die Beteiligungsfähigkeit der Klägerseite und die Einhaltung der Klagefrist bestehen hiernach keine Zulässigkeitsprobleme; Gleiches gilt mangels ersichtlicher Bekanntgabe des angegriffenen Bescheids durch die Beklagte dem Kläger gegenüber für die Frage der Rechtzeitigkeit von dessen Widerspruch (während die Bescheidung des klägerischen Widerspruchs als unbegründet in diesem Zusammenhang unmaßgeblich ist, da es sich um die Drittanfechtung eines den Beigeladenen begünstigenden Verwaltungsaktes handelte).

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Jedoch fehlt dem Kläger für seine Anfechtung der Einleiterlaubnis vom 12. Februar 2010 die notwendige Klagebefugnis. Nach § 42 Abs. 2 VwGO wäre die Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend machen könnte, durch den angegriffenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Die die Klagebefugnis begründende Möglichkeit einer Beeinträchtigung klägerischer Rechte oder rechtlich geschützter Interessen ist indessen nicht ersichtlich.

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So handelt es sich beim Streitfall nicht um einen solchen des „wasserrechtlichen Nachbarrechtsschutzes“. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass individuell schutzfähig ausgestaltete materielle Rechtspositionen auch Begünstigungen Dritter nach dem wasserrechtlichen Benutzungsregime ungeachtet der Art des Gestattungstatbestands entgegengehalten werden können (s. das Urteil des BVerwG vom 20. Oktober 1972 – IV C 107.67 –, amtliche Entscheidungssammlung BVerwGE Bd. 41, S. 58 ff.) und dass das objektivrechtliche Gebot der Rücksichtnahme auch bei der Anwendung des Wasserrechts in rechtsschutzfähiger Weise die ermessensgerechte Berücksichtigung der Belange Betroffener erfordert (Urteil des BVerwG vom 15. Juli 1987 – 4 C 56.83 –, BVerwGE Bd. 78, S. 40 ff.); für die Klagebefugnis ist insoweit erforderlich, dass durch die gestattete Gewässerbenutzung die individuelle Rechtsposition des klagenden Dritten in qualifizierter Weise Beeinträchtigungen erfahren kann. Indessen verfügt der Kläger nicht über derlei Rechtspositionen: Er ist im Einwirkungsbereich der projektierten Anlage des Beigeladenen nicht Grundeigentümer oder Inhaber sonstiger beeinträchtigungsfähiger Rechte an Grundstücken. Auch die Auswirkungen der Anlage auf den Wasserhaushalt können ihn nicht betreffen, da er z. B. nach eigenen Angaben in dem betroffenen Gebiet kein Trinkwasser gewinnt und auf den ungestörten Fortbestand des Wasserhaushalts in der derzeitigen Form auch nicht für die Funktion seiner Abwasserbeseitigungsanlage angewiesen wäre (vgl. zu derlei Fällen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 2010 – 22 B 09. 1951 –, und dessen Beschluss vom 29. Mai 2008 –, 22 ZB 08.77 –, jeweils juris), geschweige denn jenseits seiner Verbandsaufgaben kommunale Belange geltend machen könnte (s. zu solchen etwa die Urteile des OVG M-V vom 29. Juni 1995 – 3 M 27/95 –, NVwZ-RechtsprechungsReport 1996, S. 197 ff. [Konflikt genehmigter Fischzucht mit Belangen eines Seebads], und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 14. Juni 2004 – 14 A 424/01 –, juris Rdnr. 62 ff. [Konflikt genehmigter Abwassereinleitung mit dem erstrebten Gepräge eines Fremdenverkehrsorts]).

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Alleiniges Ziel der Klage ist vielmehr die Wahrung einer unbeschränkten Planungshoheit des Klägers. In dieser ist er jedoch nicht in einer seine Klagebefugnis begründenden Weise betroffen.

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Wenn mit Ablauf des 31. März 2018 und der bis dahin befristeten Befreiung des Klägers die Pflicht, die übertragene gemeindliche Aufgabe der Abwasserbeseitigung wahrzunehmen, für den Kläger auch hinsichtlich des besiedelten B-Dorfer Außenbereichs (in vollem Umfange, nicht nur der in seiner Verantwortung verbliebenen Entsorgung von Klärrückständen) grundsätzlich wieder auflebt, wird das Grundstück des Beigeladenen weiter von der streitgegenständlichen Einleiterlaubnis begünstigt sein. Welche rechtlichen Folgen dies für die Gestaltungs- und Einwirkungsmöglichkeiten des Klägers hat, ist § 40 Abs. 3 LWaG nicht eindeutig zu entnehmen. Problematisch ist die Bedeutung von Nr. 5 der Vorschrift, wonach für Abwasser, dessen Einleitung in ein Gewässer — wie beim Grundstück des Beigeladenen — wasserrechtlich erlaubt ist, die (kommunale) Pflicht zur Abwasserbeseitigung nach § 40 Abs. 1 LWaG und die Pflicht zur Überlassung des Abwassers an die Beseitigungspflichtigen nach § 40 Abs. 2 LWaG entfällt. Denn es ist nicht klar, ob auch in diesen Fällen der letzte Satz des § 40 Abs. 3 LWaG Anwendung findet, wonach zur Beseitigung „dieses Abwassers“ derjenige verpflichtet ist, bei dem das Abwasser anfällt, „anderweitige Regelungen“ in „Ortssatzungen“ aber unberührt bleiben. Die Unklarheit beruht auf dem Gang der Gesetzgebung und der Formulierung der Vorschrift: § 40 Abs. 3 LWaG wurde durch Art. 1 Nr. 25 Buchst. b des Gesetzes zur Bereinigung des Landeswasserrechts vom 23. Februar 2010 (GVOBl. M-V S. 101) neu gefasst, wobei laut dem Protokoll der 89. Sitzung des Landtags der 5. Wahlperiode am 23. Februar 2010, S. 23, der Gesetzesbeschluss den Entwurf der Koalitionsfraktionen (LTDrs. 5/3027) in der Gestalt der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses (LTDrs. 5/3261) bil-ligte. In den beiden genannten Dokumenten ist — im Unterschied allerdings zur Bekanntgabe im Gesetz- und Verordnungsblatt — der letzte Satz des § 40 Abs. 3 LWaG ebenso wie der jeweilige Text der numerierten Aufzählungspunkte 1 bis 7 eingerückt, so dass dieser Satz nicht als ein Satz 2 des § 40 Abs. 3 LWaG erscheint, sondern als zweiter Satz von dessen Nr. 7, der Vorschrift über die Befreiung des Beseitigungspflichtigen von der Abwasserbeseitigungspflicht. Laut dem — insoweit unverändert übernommenen — Koalitionsentwurf (LTDrs. 5/3027, S. 43) soll — mit Ausnahme des eliminierten Vorbehalts zu Abwasserbeseitigungsplänen — § 40 Abs. 3 LWaG der Neufassung unverändert der bisherigen Regelung entsprechen, die aber zur Wahrnehmung einer neuen bundesrechtlichen Ermächtigung habe bestätigt werden müssen. Die bisherige Fassung von § 40 Abs. 3 LWaG blieb seit der Verabschiedung der Urfassung des Gesetzes vom 30. November 1992 (GVOBl. M-V S. 669) unverändert; bei ihr war (wie im zugrunde liegenden Regierungsentwurf [LTDrs. 1/1266, S. 32], der insoweit bei den Ausschussberatungen nicht geändert wurde [LTDrs. 1/2489]) der letzte Satz jedoch ebenso wie der Abschluss des vorhergehenden Satzes nicht eingerückt, so dass nach der drucktechnischen Gestaltung seine Zuordnung zu allen Aufzählungspunkten des Absatzes in Betracht kam. Grammatisch ist nur der Anschluss des Passus „und dadurch das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird“ allein an den „wenn“-Satz der Nr. 7 zwingend, während der letzte Satz auch auf Nr. 1 bis 7 bezogen werden kann; allerdings stützt die stilistisch am sichersten an Nr. 7 anknüpfende Formulierung „dieses Abwassers“ wie auch der nicht immer vereinbare Inhalt von Nr. 1 bis 6 einerseits und des besagten letzten Satzes andererseits (vgl. etwa zur lediglich verzögert eingreifenden, nicht aber von der kommunalen Körperschaft auf den Grundstückseigentümer übergegangenen Abwasserbeseitigungspflicht im Falle von § 40 Abs. 3 Nr. 4 Var. 1 LWaG das Urteil des OVG M-V vom 22. Juni 2011 – 2 L 261/06 –, juris Rdnr. 48) die Annahme, dass es sich um eine eigenständige Regelung der Rechtsfolgen lediglich der Befreiung der abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaft durch wasserbehördliche Entscheidung nach Nr. 7 handelt, wenn auch der Ordnungswidrigkeiten-Tatbestand in § 134 Abs. 1 Nr. 12 (früher Nr. 5 Buchst. g) von einer „Pflicht […] zur Beseitigung von Abwasser nach § 40 Abs. 3 Satz 2“ handelt. Die Materialien des Gesetzgebers geben über Reichweite und Zweck etwaiger Differenzierungen keinen Aufschluss (vgl. LTDrs. 1/1266, S. 32, 72, 99 f. und 121, LTDrs. 1/2489, passim und S. 16, LTDrs. 5/3027, S. 17 f., 30, 43 und 50, schließlich LTDrs. 5/3261, S. 27 – 29, 51). Folge ist die Ungewissheit darüber, ob mit Bezug auf das Grundstück des Beigeladenen der Vorbehalt im zweiten Halbsatz des bezeichneten Satzes gilt, wonach „anderweitige Regelungen in Ortssatzungen unberührt [bleiben]“, d. h. etwa ob der Kläger, dessen Satzungsgewalt vor dem Hintergrund von § 40 Abs. 1 Satz 1 und 4 LWaG sowie § 151 Abs. 2 der Kommunalverfassung den Erlass von „Ortssatzungen“ im Sinne der Vorschrift ermöglichen dürfte, auf diese Weise (ungeachtet des Fortfalls von Abwasserbeseitigungs- und -überlassungspflicht nach § 40 Abs. 3 LWaG) auch hinsichtlich der Grundstücke mit einer wirksamen wasserrechtlichen Einleiterlaubnis wie beim Beigeladenen einen Anschluss- und Benutzungszwang für seine zu erweiternde Schmutzwasserentsorgungsanlage ausüben könnte und ob der Beigeladene einer Befreiung hiervon seitens des Klägers bedürfte, um seine Einleiterlaubnis für ihren gesamten Geltungszeitraum ausnutzen zu können. Von der Rechtmäßigkeit der Ausübung des Anschluss- und Benutzungszwangs ist auf der Grundlage eines — eindeutig auch den Fällen einer bestehenden wasserrechtlichen Einleiterlaubnis zuzuordnenden — Vorbehalts in § 63 Abs. 6 Satz 3, 2. Halbsatz, des Sächsischen Wassergesetzes das Sächsische Oberverwaltungsgericht ausgegangen (Urteil vom 2. März 2011 – 5 A 343/08 –, juris Rdnr. 45 ff.), wenn es der Vorschrift auch lediglich klarstellende Bedeutung beimaß (a. a. O. Rdnr. 45). Einen solchen Geltungsvorrang satzungsrechtlicher Gestaltung der abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaft kann die Kammer für den Fall der dem Beigeladenen erteilten Einleiterlaubnis angesichts des dargestellten Normbefunds im hiesigen Landeswasserrecht nicht feststellen. Wenn dann aber auch davon auszugehen sein könnte, dass der Kläger ab April 2018 das Grundstück des Beigeladenen als „Enklave“ in seinem Verbandsgebiet vorfinden wird, hinsichtlich der er bis 2025 — weiterhin — nicht abwasserbeseitigungspflichtig ist und nicht die Überlassung anfallenden Abwassers gemäß seinem, Klägers, dann eventuell fortgeschriebenen Abwasserbeseitigungskonzept wird verlangen können, so berührte ihn allein dies noch nicht in einer seine Klagebefugnis begründenden Weise. Vielmehr würde er diesen Umstand als vorgefundene Gegebenheit bei seinen planerischen Abwägungen hinsichtlich eines etwaigen Ausbaus seiner zentralen Abwasserentsorgungsanlagen zu berücksichtigen haben; denn es ist nach wie vor weder ersichtlich noch vorgetragen, dass das Abwasserentsorgungsregime auf dem Grundstück des Beigeladenen mit klägerischen Planungen konkret in Konflikt geriete oder den Kläger bei der Ausübung seiner — in B-Dorf auch nicht durch die Kommunalabwasserverordnung eingeschränkten — Dispositionsfreiheit wesentlich behinderte. Als bloßer „Freihaltebelang“ genießt das Anliegen des Klägers, nach Ablauf der eigenen Befreiung 2018 wasserrechtlich „tabulam rasam“ vorzufinden, aber keinen rechtlichen Schutz (vgl. auch das genannte Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 14. Juni 2004 – 14 A 424/01 –, juris Rdnr. 46 ff., zum fehlenden Schutz der Ausgangslage für zukünftige, noch nicht konkretisierte gemeindliche Planungen). Überdies dürfte durch den mit der Einleiterlaubnis des Beigeladenen verbundenen Widerrufs- und Anordnungsvorbehalt jedwede Beeinträchtigung schützenswerter Belange auch des Klägers zuverlässig ausgeschlossen sein.

20

Hiernach unterliegt die Einleiterlaubnis des Beigeladenen nicht einer vom Kläger initiierten gerichtlichen Kontrolle.

21

Wäre die Klage gleichwohl zulässig, hätte sie aber im Übrigen auch keinen Erfolg. Denn der angegriffene Bescheid könnte nicht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgehoben werden, weil er rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Wegen der zutreffend angegebenen Rechtsgrundlage und deren tatbestandlicher Anwendung nimmt die Kammer nach § 117 Abs. 5 VwGO auf die Darstellung in der Begründung des angegriffenen Widerspruchsbescheids Bezug, gleichfalls wegen der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung durch die Beigeladene unter Abwägung der klägerischen Belange gegen diejenigen des Beigeladenen; hervorzuheben ist die Begründung der Dauer der fünfzehnjährigen Befristung der wasserrechtlichen Erlaubnis des Beigeladenen vor dem Hintergrund von Nr. 2 (a. E.) der Vollzugshinweise zu § 40 LWaG (ministerieller Erlass vom 23. September 1998, AmtsBl. M-V S. 1291, geändert am 11. Januar 1999, AmtsBl. M-V S. 89) mit der fehlenden Erkennbarkeit klägerischer Planungen zur zentralen Abwasserentsorgung im B-Dorfer Außenbereich sowie vor dem Hintergrund von Punkt 6.2.2 der FöRi-AW, wonach der Beigeladene eine Zuwendung in voller Höhe zurückzuzahlen hätte, da dies der Fall ist, wenn eine bauliche Anlage aus dem Förderbereich II (u. a. Kleinkläranlagen abwasserbeseitigungspflichtiger natürlicher Personen) nach Ablauf des Bewilligungszeitraums weniger als zehn Jahre für den Zuwendungszweck genutzt wird. Einen vergleichbaren Interessenausgleich nimmt übrigens das Sächsische Wassergesetz in § 63 Abs. 6 Satz 5 vor.

22

Die Kostenentscheidung zu Lasten des unterlegenen Klägers folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Von einer Anordnung zugunsten des Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO sieht die Kammer nach billigem Ermessen ab, weil dieser sich nicht durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat (s. § 154 Abs. 3 VwGO).

23

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11 und § 711 der Zivilprozessordnung sowie § 167 VwGO.

24

Beschluss

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Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes auf 5.000 Euro festgesetzt.

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