Urteil vom Verwaltungsgericht Schwerin (16. Kammer) - 16 A 4446/17 As SN

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Das Urteil ist (wegen der Kosten) vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrags leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

2

Sie sind nach eigenen Angaben und den Feststellungen der Beklagten syrische Staatsangehörige arabischer Volkszugehörigkeit und sunnitischen Glaubens. Die Kläger zu 1. und 3. verließen Syrien im Frühjahr illegal über die türkische Grenze und begaben sich sodann nach Libyen. Seinen noch 2014 in Damaskus ausgestellten und für sechs Jahre gültigen Reisepass nutzte der Kläger zu 1. bei der Grenzüberquerung nicht. Die Klägerin zu 2. reiste separat von den übrigen Klägern aus: Sie reiste über Damaskus zunächst in den Sudan und begab sich sodann zum Rest der Familie, ihr syrischer Reisepass wurde am 28.05.2016 in al-Hassaka durch die Passbehörde ausgestellt. Im Juli 2017 flohen die Kläger aufgrund sich verschlechternder Gesamtumstände aus Libyen über das Mittelmeer am 14.07.2017 nach Italien und begaben sich von dort am 18.07.2017 in die Bundesrepublik Deutschland, wo sie am 28.07.2017 Asylanträge stellten.

3

Bei der persönlichen Anhörung gaben die Kläger sinngemäß an, dass sie Syrien aus Angst vor dem IS verlassen hätten und, weil man ihnen dort seitens des Regimes – zu Unrecht – eine Kollaboration mit Regimegegnern unterstelle. Auf die Niederschriften zur persönlichen Anhörung bei dem Bundesamt wird Bezug genommen.

4

Mit Bescheid vom 09.11.2017 zum Geschäftszeichen 7170288 - 475, der dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 14.11.2017 zugestellt wurde, hat die Beklagte den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuerkannt. Im Übrigen hat sie die Asylanträge sinngemäß mit der Begründung abgelehnt, dass Anhaltspunkte für eine individuelle und konkrete Verfolgung nicht vorlägen.

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Mit dem Ziel die Anerkennung seiner Mandanten als Flüchtlinge zu erreichen, hat der Prozessbevollmächtigte am 28.11.2017 um 20:35 Uhr ein zwölfseitiges digitales Fax („Digifax“) bei Gericht eingereicht. Aufgrund eines Fehlers am Faxgerät des Gerichts wurde dieses Schreiben unvollständig nur bis zur Seite 8 ausgedruckt. Auch war dieser mit „Klage“ überschriebene Schriftsatz auf der letzten ausgedruckten Seite nicht unterschrieben und es ist augenscheinlich, dass diese Seite nur unvollständig – nämlich zur Hälfte – ausgedruckt wurde. Das Digifax ist – aus nicht näher nachvollziehbaren Umständen und entgegen der üblichen Aktenanlage – weder zum digitalen Gerichtsposteingang noch in die Gerichtsanwendung „Eureka-Fach“ gelangt. Die Daten des digitalen Faxes sind bei Gericht in keiner Form gespeichert worden, einzig der ausgedruckte aber unvollständige Schriftsatz ist in haptischer Form zur Gerichtsakte gelangt. Im Zuge der Eingangsverfügung hat das Gericht den Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 05.12.2017 auf folgendes hingewiesen (Hervorhebung wie im Original):

6

Die Klage ist am 28.11.2017 unvollständig und ohne Unterschrift per Telefax eingegangen. Die Übertragung wurde auf Seite 8 abgebrochen.

7

Das Original der Klage ist vollständig am 04.12.2017 bei Gericht eingegangen.

8

Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 20.12.2017, das am 27.12.2017 bei Gericht eingegangen ist, sinngemäß vorgetragen, dass er um Überprüfung der Eingangsnachricht bitte. Insoweit habe er am 28.11.2017 selbst festgestellt, dass die Übertragung seiner 12-seitigen Klageschrift an das Gericht „durch Abbruch auf der 8. Seite“ gescheitert ist. Er habe diesen Mangel bemerkt und sodann die „Notfallmaßnahme“ ergriffen, eine einseitige Klageschrift inklusive Unterschrift am 28.11.2017 um 22:35 Uhr an das Gericht zu faxen, was erfolgreich gewesen sei. Zum Nachweis dieses Vortrags hat der Prozessbevollmächtigte die Kopie einer einseitigen ordnungsgemäß unterschriebenen Klageschrift nebst eines Dokuments, das mit „Nachweis Faxversand“ überschrieben ist, zu den Gerichtsakten gereicht. Ausweislich des letzteren Dokuments – das aus Platzgründen den unteren Teil der einseitigen Klageschrift, der die (etwaige) Unterschrift enthält, nicht abbildet – hat der Prozessbevollmächtigte am 28.11.2017 um 22:35:43 Uhr ein Digifax mit seinem Endgerät in den Status „versandt“ versetzt, überdies erging insoweit die Mitteilung in seinem Endgerät „0000/Erfolgreich verarbeitet“.

9

In der mündlichen Verhandlung am 03.09.2018 hat der Prozessbevollmächtigte hinsichtlich der vom Gericht vorgetragenen Bedenken zur Zulässigkeit der ggf. verfristeten Klage mitgeteilt, dass er jetzt erstmals von dem Umstand Kenntnis erlangt habe, das auch seine zweite – nur eine Seite umfassende – Klageschrift am 28.11.2017 nicht zu den Gerichtsakten gelangt ist. Insoweit hat er sodann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und überdies ausgeführt, dass ihm wegen der Mängel beim Gerichtsfax ohnehin von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei.

10

Das Gericht hat in diesem Zusammenhang überdies die Feststellungen getroffen, dass auch ein zweites Digifax des Prozessbevollmächtigten – aus nicht näher nachvollziehbaren Umständen und entgegen der üblichen Aktenanlage – weder zum digitalen Gerichtsposteingang noch in die Gerichtsanwendung „Eureka-Fach“ gelangt ist. Entgegen des ersten Digifaxes ist dieses Digifax in keiner Weise zu Gericht gelangt, vielmehr hat das auf den 28.11.2017 datierte Original dieses Schriftsatzes das Gericht erst am 04.11.2017 auf dem Postweg erreicht, wie auch aus der o.g. Eingangsverfügung deutlich wird. Die genauen Umstände für die Fehlfunktion des Digifaxes vermochte das Gericht nicht festzustellen, insoweit geht es zu Gunsten der Kläger allerdings von einer Fehlfunktion des Empfangsgeräts bei Gericht aus.

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Die Kläger beantragen,

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die Ziffer 2. des Bescheides der Beklagten vom 09.11.2017 * 7 170 288 - 475 * aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kläger als Flüchtlinge im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 anzuerkennen (= Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen).

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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

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die Klage abzuweisen.

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Sie nimmt auf die Gründe des angefochtenen Bescheids Bezug.

16

Die Kammer hat mit Beschluss vom 19.01.2018 den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Diese sowie die bei der Kammer zu Syrien geführten Erkenntnismittel waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend und auch nicht vertreten war, weil die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass das Gericht beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandeln und entscheiden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.

19

I. Die Klage ist bereits unzulässig, da verfristet. Angesichts der Zustellung des Bescheids an den Prozessbevollmächtigten am 14.11.2017 (Dienstag) endete die zweiwöchige Klagefrist am 28.11.2017 (Dienstag) um Mitternacht, indes ist eine den Anforderungen des § 81 VwGO genügende – insbesondere unterschriebene – Klage erst am 04.12.2017 bei Gericht eingegangen. Mithin ist der den Klägern die Flüchtlingszuerkennung verweigernde streitgegenständliche Bescheid am 28.11.2017 bestandskräftig geworden. Insbesondere ist das Verschulden des Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der verfristeten Klageerhebung gemäß § 85 Abs. 2 ZPO und § 173 VwGO den Klägern wie eigenes Verschulden zuzurechnen (siehe nur Krausnick in: Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 60, Rn. 48 und Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 60, Rn. 20 jeweils m.w.N.). Überdies enthielt die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids auch nicht den Zusatz „in deutscher Sprache abgefasst“, der von Teilen der Rechtsprechung als unrichtig angesehen wird (vgl. zum Streitstand: VGH München NVwZ 2018, 838).

20

1. Durch das nicht unterschriebene Dokument ist die Klage nicht wirksam erhoben worden, denn es mangelt an der Schriftform. Insbesondere kann die Unterschrift auch nicht nach Ablauf der Klagefrist nachgeholt werden.

21

Überdies liegt auch keiner der anerkannten Fallgruppen vor, die ausnahmsweise den ohnehin eher großzügig auszulegenden Anforderungen an die Schriftform nach § 81 VwGO gerecht werden könnten. Insbesondere haben die Kläger das nicht unterschriebene Schriftstück weder persönlich bei Gericht eingereicht noch weist das Schreiben eine von den Klägern eigenhändig geschriebene Absenderadresse auf (vgl. diese und weitere Fallgruppen m.w.N. bei: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 81, Rn. 6). Zwar verlangt die VwGO nicht explizit die Einreichung einer unterschriebenen Klageschrift. Vorliegend ist aber dem Grundgedanken des das Schriftformerfordernis postulierenden § 81 VwGO – nämlich der Maßgabe, einen sicheren Nachweis darüber zu haben, dass das Schriftstück vom angegebenen Absender stammt – Rechnung zu tragen (vgl. Ortloff/Riese in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL 2017, § 81, Rn. 9). Nach dem Erscheinungsbild des anwaltlichen Schriftsatzes ist indes völlig offen, ob es sich lediglich um einen Entwurf handelt, der ohne Wissen und Wollen des Absenders in den Rechtsverkehr gekommen ist (näher hierzu m.w.N. Koehl, NVwZ 2017, 1089, 1090). Insoweit ist gerade nicht ohne Weiteres feststellbar gewesen, ob der Schriftsatz als Klage gemeint ist. Auch nach den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG NJW 1989, 1175, 1176) liegt nach dem oben Gesagten kein Fall vor, in dem das vollständige Fehlen der Unterschrift die Formgerechtigkeit nicht schlechthin ausschließt.

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2. Das unterschriebene Dokument vom 28.11.2017, das am 04.12.2017 bei Gericht eingegangen ist, genügt zwar mühelos den Anforderungen der VwGO an eine ordnungsgemäße Klageschrift, ist aber nach den o.g. Datumsangaben verfristet.

23

a) Eine Widereinsetzung von Amts wegen war dem Gericht verwehrt, da diese gemäß § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO nur den Wiedereinsetzungsantrag, aber gerade nicht die rechtzeitige Nachholung der versäumten Rechtshandlung durch den säumigen Beteiligten ersetzt (Bier/Steinbeiß-Winkelmann in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juli 2017, § 60, Rn. 66). Mit anderen Worten vermag die Widereinsetzung von Amts wegen den hier vorliegenden Mangel der rechtzeitigen Vorlage einer ordnungsgemäßen Klageschrift nicht zu heilen. Denn hierfür hätte der auf den 20.12.2017 datierte und am 27.12.2017 bei Gericht eingegangene Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten jedenfalls vor Ablauf der Zwei-Wochen-Frist nach Erteilung des Hinweises in der richterlichen Eingangsverfügung bei Gericht eingehen müssen. In dem o.g. fett gedrucktem Hinweis kommt klar zum Ausdruck, dass ein Empfangsfehler vorliegt, mit anderen Worten führte dieser Hinweis zur Kenntniserlangung vom Wegfall des Hinderungsgrunds beim Antragsteller bzw. hätte dazu führen müssen (vgl. Kopp/Schenke, § 60, Rn. 18; Krausnick in: Gärditz, VwGO, § 60, Rn. 48 m.w.N.). Das Gericht hat dem Prozessbevollmächtigten diesen Hinweis auf dem einfachen Postweg am 05.12.2018 übersandt. Entsprechend der Drei-Tages-Fiktion ist damit von einem Zugang am 08.12.2018 auszugehen, sodass ab diesem Zeitpunkt der Prozessbevollmächtigte Kenntnis vom Hinderungsgrund hätte erlangt haben müssen, denn der Hinderungsgrund ist behoben, sobald das Fortbestehen der Verhinderung nicht mehr unverschuldet ist (BVerwG NJW 1997, 2966, 2970). Der Beginn der Antragsfrist setzt gerade keine positive Kenntnis von der Fristversäumnis voraus, sondern beginnt bereits dann, wenn sich Zweifel an der Einhaltung der Frist ergeben müssen (Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 60, Rn. 26 m.w.N.). Die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist ist mithin 22.12.2017 (einem Freitag) um Mitternacht fruchtlos verstrichen, denn der auf den 20.12.2017 datierende Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten ist erst am 27.12.2017 – und damit verspätet – bei Gericht eingegangen.

24

Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des Prozessbevollmächtigten, ist das Hindernis nach dem oben Gesagten bereits im Dezember 2017, als ihm mit der gerichtlichen Eingangsverfügung der o.g. fettgedruckte Hinweis erteilt worden ist, – und nicht erst am Tag der mündlichen Verhandlung – weggefallen. Denn der dem Prozessbevollmächtigten in der gerichtlichen Eingangsverfügung erteilte Hinweis lässt zweifelsfrei erkennen, dass die Klage „am 28.11.2017 unvollständig und ohne Unterschrift per Telefax eingegangen“ ist. Die insoweit in der mündlichen Verhandlung vom Prozessbevollmächtigten vorgetragene Auslegung dieses Hinweises dergestalt, dass er davon ausgegangen sei, dass die Klage durch sein zweites Digifax am 28.11.2017 noch vollständig und fristgemäß bei Gericht eingegangen ist, vermag das Gericht angesichts des klaren Wortlaut des Hinweises nicht zu teilen. Denn dieser ist nach seinem eindeutigen Inhalt weder auslegungsfähig noch auslegungsbedürftig, insbesondere wird aus diesem unzweifelhaft aus dem bloßen Wortlaut deutlich, dass die eingereichte Klage „o h n e Unterschrift per Telefax“ eingegangen ist, was hier nochmals zu betonen ist. Mithin musste der Prozessbevollmächtigte bereits im Dezember 2017 sicher davon ausgehen, dass – entgegen seiner Erwartungshaltung – das zweite Digifax nicht bei Gericht eingegangen war. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass der Prozessbevollmächtigte in seinem Schriftsatz vom 20.12.2017, der am 27.12.2017 bei Gericht eingegangen ist, die Sicherheitsvorteile des alten Faxsystems gegenüber dem neuen Digifaxsystem selbst geltend gemacht und ausführlich erörtert hat. So hat er umfangreich dazu vorgetragen dass mit der Einführung des neuen Systems „Verbindungsabbrüche indes leider an der Tagesordnung“ sind, wohingegen die alte Technik „keine zeitlichen Verzögerungen erlaubt hat“ und es daher „keine Verbindungsabbrüche wegen einer ‚zu späten‘ Reaktion eines der miteinander verbundenen Geräte gab“. Damit steht für das Gericht fest, dass es sich auch und gerade dem Prozessbevollmächtigen – der nach eigenem Bekunden seit mehr als drei Jahrzehnten Rechtsanwalt ist und überdies nach dem Eindruck des Gerichts aus dem Schriftverkehr und in der mündlichen Verhandlung technikerfahren und technikaffin – spätestens mit dem Zugang der gerichtlichen Eingangsverfügung zweifelsfrei hätte aufdrängen müssen, dass auch das zweite Fax das Gericht nicht ordnungsgemäß erreicht hat. Auch nach den Maßstäben der Rechtsprechung des BVerwG ist der Hinderungsgrund weggefallen, sobald das Fortbestehen der Verhinderung nicht mehr unverschuldet ist (BVerwG NJW 1997, 2966, 2970), nach dem oben Gesagten hätten sich dem Prozessbevollmächtigen durch Kenntnisnahme des Hinweise mindestens Zweifel an der Fristeinhaltung ergeben müssen (vgl. BFH NJW 1989, 2423) bei deren Weiterverfolgung das Fristversäumnis aufgedeckt worden wäre (vgl. BGH NJW 1974, 994). Insbesondere stellt der Zugang der gerichtlichen Eingangsverfügung den Regelfall für eine erforderliche Überprüfung der Einhaltung von Fristen dar (Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 60, Rn. 26 unter Verweis auf VGH Kassel NJW 1993, 748), was nach der Rechtsprechung des OVG Münster sogar dann gelten soll, wenn diese keinen Hinweis auf die Fristversäumnis enthält (OVG Münster NWVBl 1998, 408).

25

b) Soweit der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung überdies geltend gemacht hat, der Eingang der unterschrieben Klageschrift am 28.11.2018 bei Gericht sei durch das von ihm vorgelegte Dokument „Nachweis Faxversand“ bewiesen, ist das Gericht dem nicht gefolgt. Vielmehr misst das Gericht diesem Dokument lediglich den Beweiswert zu, dass es den ordnungsgemäßen Versand eines Digifaxes belegt. In diesem Zusammenhang ist auch zu betonen, dass dieses Dokument insbesondere auch ungeeignet ist, die Übersendung einer unterschriebenen Klageschrift zu beweisen, weil aus diesem Einzeldokument gerade nicht ersichtlich ist, dass das versendete Dokument auch unterschrieben gewesen ist. Überdies ist auch festzustellen, dass der „Nachweis Faxversand“ keinerlei Angaben darüber enthält, ob das Fax den Empfänger auch ordnungsgemäß erreicht hat im Sinne des früheren „OK“-Vermerks bei klassischen Faxgeräten. Ferner erachtet das Gericht den diesbezüglichen Vortrag des Prozessbevollmächtigten als widerlegt, dass dieses Dokument den Zugang des streitgegenständlichen Digifaxes bei Gericht beweise, denn dieses hat das Gericht weder in digitaler noch in Papierform erreicht (hierzu siehe bereits oben).

26

c) Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Wiedereinsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten war als verfristet zurückzuweisen. Denn nach dem oben Gesagten ist das Hindernis am 08.12.2017 weggefallen und der Prozessbevollmächtigte hätte seit diesem Zeitpunkt davon ausgehen müssen, dass seine Klageerhebung verfristet war. Nach Maßgabe von § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO hätte es nunmehr innerhalb der Zwei-Wochen-Frist eines Wiedereinsetzungsantrags bedurft, den entsprechenden Antrag stellte der Prozessbevollmächtigte hingegen erst in der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2018, da nach seinem Dafürhalten erst an diesem Tag das Hindernis weggefallen war (s. o.)3 a 1691/18

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27

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO. Das Gerichtsverfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

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