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| Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). |
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| Die zulässige Klage ist begründet. Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Ihm steht daher ein Anspruch auf deren Aufhebung und auf Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum Oktober 2006 bis einschließlich Januar 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). |
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| Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob der Kläger gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus beanspruchen kann. Danach wird für eine angemessene Zeit über die Förderungshöchstdauer hinaus Ausbildungsförderung geleistet, wenn die Förderungshöchstdauer aus schwerwiegenden Gründen überschritten worden ist. Diese Voraussetzungen sind beim Kläger gegeben. |
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| Der Kläger hat die Förderungshöchstdauer, bis zu deren Ablauf für ein Hochschulstudium nach § 15 Abs. 2 BAföG grundsätzlich nur Ausbildungsförderung geleistet wird, überschritten. Diese beträgt für das von ihm betriebene Studium der Rechtswissenschaft gemäß § 15a Abs. 1 BAföG acht Semester (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 HRG i. V. m. § 4 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung der Landesregierung über die Ausbildung und Prüfung der Juristen i. d. F. vom 07.05.1993, GBl. S. 314, zuletzt geändert durch Änderungsverordnung vom 25.09.2000, GBl. S. 665, - JAPrO 1993 -); die Vorschriften der JAPrO 1993 finden auf den Kläger Anwendung, da er vor dem Wintersemester 2003/2004 das Studium aufgenommen und im Herbsttermin 2006 erstmals an der Ersten juristischen Staatsprüfung teilgenommen hat (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 JAG i. d. F. vom 16.07.2003, GBl. S. 354 und § 62 Abs. 1 Satz 1 JAPrO i. d. F. vom 08.10.2002, GBl. S. 391). Von der Förderungshöchstdauer wird nicht nur die Studienzeit, sondern auch die Examenszeit erfasst (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 HRG; ferner BVerwG, Urt. v. 27.03.1980 - 5 C 45/78 -, FamRZ 1980, 1161). Das achte Fachsemester des Klägers endete am 30. September 2006, so dass die hier im Streit befindlichen Monate der Examenszeit nach dem Ende der Förderungshöchstdauer liegen. |
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| Die Überschreitung der Förderungshöchstdauer erfolgte aus schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG. |
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| Als „schwerwiegend“ im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG können nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig nur solche Gründe berücksichtigt werden, die der Auszubildende nicht zu vertreten hat. Dabei müssen solche Tatsachen vorliegen, die für die Verzögerung der erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung innerhalb der Förderungsdauer von erheblicher Bedeutung sind und die die Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus unter Beachtung ihres Zwecks rechtfertigen. War es dem Auszubildenden möglich und zumutbar, die Verzögerung zu verhindern, kommt eine Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus nicht in Betracht. Eine Verlängerung der Studienzeit, die bei zumutbarer Studienplanung und rationeller Durchführung des Studiums vermeidbar gewesen wäre, rechtfertigt eine Verlängerung der Studienzeit nicht (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 27.03.1980, a. a. O.). Grundsätzlich können auch eine besonders lange Prüfungsdauer oder sonstige wesentliche Diskrepanzen zwischen den normativen Vorgaben des jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsrecht und der Ausbildungs- und Prüfungspraxis zu berücksichtigen sein, wobei sich das Bedürfnis, diesen Umständen härtemildernd durch eine gleichsam individuelle Verlängerung der Förderungshöchstdauer Rechnung zu tragen, auch bei einer ganzen Gruppe von Auszubildenden ergeben kann (vgl. BVerwG; Urt. v. 25.04.1991 - 5 C 15/87 -, BVerwGE 88, 151). |
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| Dass der Kläger die Erste juristische Staatsprüfung nicht bis zum Ende seines achten Fachsemesters abschließen konnte, wurde dadurch veranlasst, dass er sich erst zum Herbsttermin 2006 zum Examen gemeldet hat und deshalb die schriftlichen Arbeiten erst in der ersten Hälfte des Septembers 2006 anfertigen sowie die mündliche Prüfung im Januar 2007 ablegen konnte (vgl. VwV d. JuM v. 11.07.2005, Die Justiz, S. 387). Der Kläger hätte das (nur) zu vertreten, wenn es ihm möglich und zumutbar gewesen wäre, sich bereits bis zum 31.10.2005 zum Examen zu melden und damit die Prüfungsleistungen im Frühjahrstermin 2006 zu erbringen. Dies vermag die Kammer nicht festzustellen. |
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| Es wäre dem Kläger zwar prinzipiell möglich gewesen, sich bereits zum Ende des siebten Fachsemesters zum Examen zu melden. Denn bei einer ordnungsgemäßen Planung des rechtswissenschaftlichen Studiums wird in aller Regel das achte Fachsemester nicht mehr zum Erwerb von Leistungsnachweisen benötigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.03.1980, a. a. O. zum sog. Kampagnensystem in Rheinland-Pfalz). Gleichwohl ist es dem Kläger subjektiv nicht vorwerfbar, dass er sich für eine Teilnahme am Frühjahrstermin 2006 nicht gemeldet hat, weil die tatsächliche Gestaltung des Studiengangs Rechtswissenschaft durch die Universität T. von den normativen Vorgaben des § 4 Abs. 3 JAPrO 1993 (Regelstudienzeit acht Semester) abgewichen ist. Regelstudienzeit ist die Zeit, in der ein Auszubildender bei normalem Studienablauf einen ersten oder weiteren berufsqualifizierenden Abschluss erreichen kann. Sie ist maßgebend u. a. für die Gestaltung der Studiengänge und des Prüfungsverfahrens (§ 10 Abs. 2 Satz 3 HRG; § 4 Abs. 3 Satz 2 JAPrO 1993). Die Regelstudienzeit ist als „Soll-Zeit“ festgelegt, von der die tatsächliche Studienzeit im einzelnen Fall aus den verschiedensten Gründen abweichen kann. Unterstellt wird damit ein „durchschnittlicher“ Auszubildender sowohl im Hinblick auf die individuelle Leistungsfähigkeit als auch die Studiengangsplanung (vgl. Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, Kommentar, 4. Auflage 2005, § 15a Rdnr.4). Ausgehend von diesen normativen Vorgaben hätte das tatsächliche Angebot der Lehrveranstaltungen der Hochschule einschließlich der Examensvorbereitung, um der Regelstudienzeit von acht Semestern zu entsprechen, dergestalt zugeschnitten sein müssen, dass für den durchschnittlichen Studenten eine Meldung zum Examen zum Ende des siebten Fachsemesters vorgesehen war. Nur dann wäre es dem Kläger nicht nur möglich, sondern auch zumutbar gewesen, sich für eine Teilnahme am Frühjahrstermin 2006 zu melden. Diesem Erfordernis wurde die für den Kläger maßgebliche Gestaltung des rechtswissenschaftlichen Studiums durch die Universität T. jedoch nicht gerecht. Nach dem auf Grundlage des Studienplans vom 06.07.1993 sowie der JAPrO 1993 nach Maßgabe des Erlasses des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung vom 28.10.1992 unter Berücksichtigung der Promotionsordnung und der Magisterstudienordnung neugefassten, ab dem Wintersemester 1999/2000 gültigen Studienplan (vgl. ... ) wurden in den ersten sechs Semestern im Umfang von 21 bis 26 Semesterwochenstunden die Pflichtveranstaltungen, Zusatzveranstaltungen zu einem Pflichtfach und Wahlpflichtveranstaltungen angeboten, außerdem die Übungen für Anfänger und Fortgeschrittene im Zivilrecht, Strafrecht und öffentlichen Recht; die praktische Studienzeit (insgesamt drei Monate) sollte zwischen dem dritten und sechsten Semester in den Semesterferien erbracht werden. Für das siebte und achte Semester sah der Studienplan das Examensrepetitorium sowie jeweils einen Ferien- und Semesterklausurenkurs vor; dabei wird nach dem Angebot der Lehrveranstaltungen deutlich, dass das Examensrepetitorium auf zwei Semester angelegt war, insbesondere bauten die Veranstaltungen im achten Semester (Examensrepetitorium Zivilrecht II, Öffentliches Recht II, Strafrecht II) erkennbar auf denjenigen im siebten Semester auf. Nach der Gestaltung des Studienganges durch die Universität T. war demnach vorgesehen, dass sich der durchschnittliche Student erst zum Ende des achten Semesters zum Examen meldet. Da die tatsächliche Ausbildungspraxis mithin wesentlich von den normativen Vorgaben des § 4 Abs. 3 JAPrO 1993 abwich, war es auch dem Kläger - ungeachtet des dreimaligen Wechsels des Studienortes - nicht zuzumuten, sich bereits zum Frühjahrstermin 2006 zur Ersten juristischen Staatsprüfung zu melden. Er hat die Verzögerungen, die bewirkten, dass er seine Erste juristische Staatsprüfung erst nach Ende der Förderungshöchstdauer am 12.01.2007 abschloss, nicht zu vertreten. |
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| Der Kläger kann daher vom Beklagten gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus beanspruchen; mit dieser Maßgabe steht ihm ein Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum Oktober 2006 bis einschließlich Januar 2007 zu. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht macht von der Möglichkeit, das Urteil nach § 167 Abs. 2 VwGO hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, keinen Gebrauch. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. |
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| Die Berufung gegen dieses Urteil war durch das Verwaltungsgericht nicht gem. § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Unbenommen bleibt der Antrag auf Zulassung (vgl. die Rechtsmittelbelehrung), über den gem. § 124a Abs. 4, 5 VwGO der VGH Baden-Württemberg entscheidet. |
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