Der Bescheid des Landratsamts Ludwigsburg vom 17.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 14.6.2006 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin über ihren Antrag auf Förderung der Ausbildung zur Arbeitserzieherin nach der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.
Die Klägerin trägt ein Viertel, der Beklagte drei Viertel der Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Klägerin war notwendig.
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Die im Jahr 1964 geborene Klägerin schloss im Jahr 1979 die Hauptschule ab, bestand im Jahr 1982 die Prüfung als Bekleidungsschneiderin, besuchte von 1993 bis 1995 eine Fachschule für Bekleidungstechniker und erwarb mit dem Bestehen der Abschlussprüfung außerdem die Fachschulreife. Am 15.8.2005 beantragte sie die Förderung einer Aufstiegsfortbildung zur Arbeitserzieherin in Vollzeitform von Oktober 2005 bis September 2007 an einer Fachschule für Arbeitserziehung in Neckargemünd.
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Das Landratsamt Ludwigsburg lehnte den Antrag durch Bescheid vom 17.8.2005 ab mit der Begründung, die Fortbildung zur Bekleidungstechnikerin sei dem jetzt angestrebten Fortbildungsabschluss mindestens gleichwertig. Die Klägerin legte am 23.8.2005 Widerspruch ein und berief sich auf die gesetzliche Möglichkeit der Förderung für ein zweites Fortbildungsziel wegen besonderer Umstände des Einzelfalles. Hierzu führte sie aus, sie sei seit Januar 2005 arbeitslos und finde trotz intensivster Bemühungen keine Stelle als Bekleidungstechnikerin, aber auch als Damenschneiderin habe sie wegen ausgeprägter struktureller Arbeitslosigkeit in der gesamten Textilbranche praktisch keine Möglichkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26.5.2006 machte sie ferner unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung geltend, erst ihr bisheriger Berufsabschluss habe die Ausbildung zur Arbeitserzieherin ermöglicht, und sie könne ihren Beruf, bei dem es oft zu Zwangshaltungen komme, auch wegen des sich ständig verschlechternden Zustands der Wirbelsäule nicht mehr ohne nachhaltige Gesundheitsgefährdung ausüben, was sie ihre letzte Anstellung gekostet habe und in Unkenntnis der Bedeutung für einen wichtigen Grund bisher nicht vorgetragen worden sei.
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Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch durch Bescheid vom 14.6., zugestellt am 19.6.2006, zurück und führte aus: Selbst wenn die Ausbildung zur Arbeitserzieherin überhaupt förderungsfähig ist, obwohl sie keine sachdienliche Erstausbildung voraussetze, sei die Förderung des zweiten Aufstiegsfortbildungsziels nicht durch besondere Umstände des Einzelfalles gerechtfertigt. Da die Klägerin zunächst nur die Arbeitsmarktlage angeführt habe, die aber den ersten Fortbildungsabschluss nicht generell unverwertbar gemacht habe, seien die - für eine Bekleidungstechnikerin ohnehin nicht hinreichend schwerwiegenden - gesundheitlichen Gründe nicht ausschlaggebend gewesen.
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Die Klägerin hat am 19.7.2006 Klage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zur Gewährung von Aufstiegsfortbildungsförderung zu verpflichten. Sie trägt vor, sie habe immer als Schneiderin gearbeitet und nicht in der Bekleidungstechnik, wo sie keine Arbeitsstelle gefunden habe und ebenfalls Zwangshaltungen hätte einnehmen müssen. Zu ihren Wirbelsäulenproblemen mit Gefühlsstörungen in den Händen hat sie kopierte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und ärztliche Befunde vorgelegt und sich auf das Zeugnis ihres Orthopäden berufen. In der mündlichen Verhandlung hat sie noch folgendes geltend gemacht: Der Beruf als Arbeitserzieherin ermögliche ihr den medizinisch gebotenen Wechsel der Körperhaltungen sowie beim Umgang mit Stoffen und Maschinen auch eine Nutzung ihres bisherigen Berufsfeldes, in dem ihr die Öffnung Chinas etwa im Jahr 2000 wiederholte Arbeitslosigkeit und keine angemessene Beschäftigung mehr gebracht habe. Die Ausbildung zur Bekleidungstechnikerin sei durch Darlehen gefördert gewesen, und die jetzige, erfolgreich verlaufene Ausbildung eröffne ihr gute Beschäftigungsmöglichkeiten.
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Die Klägerin beantragt zuletzt,
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den Bescheid des Landratsamts Ludwigsburg vom 23.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 14.6.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, sie über ihren Antrag auf Förderung der Ausbildung zur Arbeitserzieherin nach der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
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Er hält die Ausbildung zur Arbeitserzieherin schon deshalb nicht für förderfähig, weil sie keine auf dem bisherigen Beruf aufbauende Weiterbildungs-, sondern eine Umschulungsmaßnahme sei. Außerdem seien die gesundheitlichen Gründe für das zweite Fortbildungsziel nicht nachgewiesen und auch unerheblich, weil die erste Fortbildung nicht deshalb, sondern wegen der Arbeitsmarktsituation keine Anstellung als Bekleidungstechnikerin erbracht habe.
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Dem Gericht liegen die einschlägigen Behördenakten vor.
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Das Verfahren ist einzustellen, soweit die Verpflichtungsklage auf Förderung der Klägerin auf erneute Bescheidung ihres Förderungsantrags reduziert und damit teilweise zurückgenommen worden ist (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
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Die verbliebene Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten der Vorsitzende als Berichterstatter entscheiden kann (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO), ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Neubescheidung nach der Rechtsauffassung des Gerichts; die entgegenstehenden Bescheide sind rechtswidrig und verletzen sie in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.1.2002, BGBl. I S. 402, zuletzt geändert durch Gesetz vom 31.10.2006, BGBl I S. 2407) - AFBG - wird Förderung vorbehaltlich der Regelung in Absatz 3 nur für die Vorbereitung auf ein erstes Fortbildungsziel im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und nur für die Teilnahme an einer einzigen Maßnahme geleistet. Ein solches Fortbildungsziel hat die Klägerin unstreitig mit der Ausbildung zur Bekleidungstechnikerin erreicht, trotz des damit verbundenen Erwerbs der Fachschulreife, die Voraussetzung für eine Fortbildung sein kann. Unbegründet ist hingegen die weitere, nicht näher erläuterte Annahme des Beklagten, dass die Förderung nach Satz 2 ausgeschlossen sei, weil die Klägerin auch eine berufliche Qualifikation habe, die dem nun angestrebten Fortbildungsabschluss mindestens gleichwertig sei (z.B. Hochschulabschluss, vgl. Trebes/Reifers, AFBG-Kommentar, August 2006, Erl. 2 zu § 6). Der nicht in diesem Satz 2, aber in Satz 1 vorbehaltene und damit hier anwendbare Absatz 3 lautet:
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Die Vorbereitung auf ein zweites Fortbildungsziel im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 wird gefördert, wenn dem Teilnehmer oder der Teilnehmerin der Zugang erst durch das Erreichen des ersten Fortbildungsziels eröffnet worden ist. Abweichend von Satz 1 kann die Vorbereitung auf ein zweites Fortbildungsziel auch dann gefördert werden, wenn besondere Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigen. Besondere Umstände des Einzelfalls sind insbesondere dann gegeben, wenn ein wichtiger Grund der Ausübung des Berufs entgegensteht, zu dem die erste Fortbildung qualifiziert hat.
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Eine Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme einer Fachschule für Arbeitserziehung mit dem Ziel Arbeitserzieher(in) ist gemäß § 2 Abs. 1 AFBG förderungsfähig. Die Klägerin erfüllt mit der Fachschulreife und einer zweijährigen Berufsausbildung wie auch mit Hauptschulabschluss, einer zweijährigen Berufsausbildung und zweijähriger beruflicher Tätigkeit (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über Schulen für Arbeitserziehung und Heilerziehungshilfe v. 30.3.2004, GBl. S. 178) die Voraussetzungen sowohl des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AFBG als auch der Zulassung zu dieser Ausbildung, die auf eine öffentlich-rechtliche Abschlussprüfung gemäß §§ 53, 54 und 56 BBiG vorbereitet (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AFBG). Die Fortbildung erfüllt nach der vorliegenden Bestätigung der Fachschule auch die Anforderungen des § 2 Abs. 3 AFBG für Maßnahmen in Vollzeitform.
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Das Fehlen eines fachlichen Zusammenhangs zwischen Erstausbildung und Fortbildung steht der Förderung nicht entgegen (vgl. Trebes/Reifers, AFBG-Kommentar, August 2006, Erl. 2.3 zu § 2). Insbesondere gibt es gerade wichtige, etwa gesundheitliche Gründe für einen Berufswechsel (vgl. § 6 Abs. 3 S. 3 AFBG), dessen andere Fachrichtung deshalb die Förderung eines zweiten wie auch eines ersten Fortbildungsziels „im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2“ nicht ausschließen kann.
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Der Klägerin ist der Zugang zum zweiten Fortbildungsziel nicht erst durch das Erreichen des ersten Fortbildungsziels eröffnet worden (§ 6 Abs. 3 S. 1 AFBG), obwohl sie mit dem Bestehen der Abschlussprüfung zur Bekleidungstechnikerin außerdem die Fachschulreife erworben hat. Denn sie erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen ohnedies, weil ihr Hauptschulabschlusses und die jahrelange berufliche Tätigkeit der Fachschulreife gleichstehen (§ 4 Abs. 1 VO v. 30.3.2004; vgl. Trebes/Reifers a.a.O. Erl. 5. zu § 6).
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Als weitere Ausnahme von § 6 Abs. 1 AFBG eröffnet Abs. 3 Satz 2 das Ermessen zur Förderung der Vorbereitung auf ein zweites Fortbildungsziel bei besonderen Umständen des Einzelfalles, wofür Satz 3 eine beispielhafte Erläuterung enthält. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Voraussetzung für eine Ermessensentscheidung gegeben, weshalb deren Fehlen dem Zweck der Ermächtigung widerspricht und die Ablehnung rechtswidrig macht (§ 114 S. 1 VwGO, § 40 LVwVfG).
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Der Maßstab des wichtigen Grundes für die besonderen Umstände des Einzelfalles findet sich wieder in § 7 Abs. 2 und 3 AFBG für Förderungen nach Abbruch oder Wechsel einer Maßnahme, wo die Anforderungen gegenüber der früheren Fassung von „unabweisbaren“ Gründen für einen zwingenden Abbruch herabgestuft wurden und die BAföG-VwV zu § 7 Abs. 3 BAföG für den Fachrichtungswechsel als Auslegungshilfe herangezogen werden kann (vgl. Trebes/Reifers a.a.O. Erl. 3.1. zu § 7). Dabei sind allerdings auch die Grundsätze der einschlägigen Rechtsprechung und die unterschiedlichen gesetzlichen Förderungsziele (vgl. § 1 BAföG und § 1 AFBG) zu berücksichtigen. Ein wichtiger Grund ist hiernach gegeben, wenn die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller im Rahmen des Gesetzes erheblichen Umstände einschließlich der mit der Förderung verbundenen persönlichen und öffentlichen Interessen nicht mehr zugemutet werden kann (Tz 7.3.7 BAföGVwV 2001, bei Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 5. Aufl., Teil I 3; Rothe/Blanke a.a.O. RdNr. 42.3 zu § 7 m.w.N.). Insbesondere können hier wie dort objektive Gründe wie mangelnde bzw. geschwundene körperliche Eignung bei der gebotenen Abwägung mit dem grundsätzlich formulierten Interesse an der Förderungsbeschränkung auf nur eine Ausbildung durchschlagend sein, auch wenn sie nicht sogleich, sondern erst später zusätzlich zu anderen Gründen für den Wechsel vorgetragen werden. Typischerweise gehören dazu einschneidende Veränderungen der Verhältnisse, die den Verbleib im bisherigen Ziel oder Beruf der Aufstiegsfortbildung unzumutbar machen oder gar ausschließen. Denn die Förderung dient nicht nur dem persönlichen „Aufstieg“, sondern unter Anderem auch der Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt (vgl. Trebes/Reifers a.a.O., Vorbemerkung 1) und damit der Eindämmung der Arbeitslosigkeit, mithin dem gleichen Ziel, dem dann auch die weitere Fortbildung dienen kann. Deshalb kann auch Tz 7.3.14 BAföGVwV, wonach eine „allgemeine Verschlechterung der Berufsaussichten“ kein wichtiger Grund sei, einem durch konkrete Berufsaussichten bedingten zweiten Aufstiegsfortbildungsförderung nicht ohne weiteres entgegengehalten werden.
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Gründe dieses Gewichts und damit besondere Umstände des Einzelfalles sind bei der Klägerin nach ihrem unwidersprochenen, glaubhaften und für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinreichend belegten Vortrag gegeben. Eine strenge Betrachtungsweise ist nicht angebracht, da eine dementsprechende Gesetzesformulierung wie früher in § 7 AFBG nicht verwendet wurde und bei der Ermessensausübung nicht sachgerechte Förderungen immer noch vermieden werden können. Ob die besonderen Umstände des Einzelfalles die Förderung „rechtfertigen“, ist unter Heranziehung etwa der bei Trebes/Reifers (a.a.O. Erl. 6 zu § 6) angeführten Kriterien für die Handhabung des Ermessens zu entscheiden. Die dort genannten Erwägungen
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- Perspektive durch die zweite Fortbildung |
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- vorrangige andere Förderungen, z. B. SGB III im Falle der Arbeitslosigkeit und |
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- Zusammenhang zwischen beiden Fortbildungen (Berufswechsel/Fachliche Weiterführung) |
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setzen gerade einen wichtigen Grund voraus, können also der Zulässigkeit einer zweiten Fortbildung nicht schlechthin entgegen stehen. Dies gilt insbesondere in Abgrenzung zu Tz 7.3.14 BAföGVwV, wonach eine „allgemeine Verschlechterung der Berufsaussichten“ kein wichtiger Grund für Ausbildungsförderung ist. Wenn die Klägerin sogar ihre erworbenen Fachkenntnisse teilweise weiternutzen kann, spricht dies wie die weitgehende Selbstfinanzierung der ersten Fortbildung und die meisten anderen angeführten Kriterien für eine positive Entscheidung, ohne dass darüber hier zu befinden ist.
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Das Verfahren ist einzustellen, soweit die Verpflichtungsklage auf Förderung der Klägerin auf erneute Bescheidung ihres Förderungsantrags reduziert und damit teilweise zurückgenommen worden ist (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
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Die verbliebene Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten der Vorsitzende als Berichterstatter entscheiden kann (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO), ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Neubescheidung nach der Rechtsauffassung des Gerichts; die entgegenstehenden Bescheide sind rechtswidrig und verletzen sie in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.1.2002, BGBl. I S. 402, zuletzt geändert durch Gesetz vom 31.10.2006, BGBl I S. 2407) - AFBG - wird Förderung vorbehaltlich der Regelung in Absatz 3 nur für die Vorbereitung auf ein erstes Fortbildungsziel im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und nur für die Teilnahme an einer einzigen Maßnahme geleistet. Ein solches Fortbildungsziel hat die Klägerin unstreitig mit der Ausbildung zur Bekleidungstechnikerin erreicht, trotz des damit verbundenen Erwerbs der Fachschulreife, die Voraussetzung für eine Fortbildung sein kann. Unbegründet ist hingegen die weitere, nicht näher erläuterte Annahme des Beklagten, dass die Förderung nach Satz 2 ausgeschlossen sei, weil die Klägerin auch eine berufliche Qualifikation habe, die dem nun angestrebten Fortbildungsabschluss mindestens gleichwertig sei (z.B. Hochschulabschluss, vgl. Trebes/Reifers, AFBG-Kommentar, August 2006, Erl. 2 zu § 6). Der nicht in diesem Satz 2, aber in Satz 1 vorbehaltene und damit hier anwendbare Absatz 3 lautet:
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Die Vorbereitung auf ein zweites Fortbildungsziel im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 wird gefördert, wenn dem Teilnehmer oder der Teilnehmerin der Zugang erst durch das Erreichen des ersten Fortbildungsziels eröffnet worden ist. Abweichend von Satz 1 kann die Vorbereitung auf ein zweites Fortbildungsziel auch dann gefördert werden, wenn besondere Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigen. Besondere Umstände des Einzelfalls sind insbesondere dann gegeben, wenn ein wichtiger Grund der Ausübung des Berufs entgegensteht, zu dem die erste Fortbildung qualifiziert hat.
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Eine Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme einer Fachschule für Arbeitserziehung mit dem Ziel Arbeitserzieher(in) ist gemäß § 2 Abs. 1 AFBG förderungsfähig. Die Klägerin erfüllt mit der Fachschulreife und einer zweijährigen Berufsausbildung wie auch mit Hauptschulabschluss, einer zweijährigen Berufsausbildung und zweijähriger beruflicher Tätigkeit (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über Schulen für Arbeitserziehung und Heilerziehungshilfe v. 30.3.2004, GBl. S. 178) die Voraussetzungen sowohl des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AFBG als auch der Zulassung zu dieser Ausbildung, die auf eine öffentlich-rechtliche Abschlussprüfung gemäß §§ 53, 54 und 56 BBiG vorbereitet (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AFBG). Die Fortbildung erfüllt nach der vorliegenden Bestätigung der Fachschule auch die Anforderungen des § 2 Abs. 3 AFBG für Maßnahmen in Vollzeitform.
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Das Fehlen eines fachlichen Zusammenhangs zwischen Erstausbildung und Fortbildung steht der Förderung nicht entgegen (vgl. Trebes/Reifers, AFBG-Kommentar, August 2006, Erl. 2.3 zu § 2). Insbesondere gibt es gerade wichtige, etwa gesundheitliche Gründe für einen Berufswechsel (vgl. § 6 Abs. 3 S. 3 AFBG), dessen andere Fachrichtung deshalb die Förderung eines zweiten wie auch eines ersten Fortbildungsziels „im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2“ nicht ausschließen kann.
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Der Klägerin ist der Zugang zum zweiten Fortbildungsziel nicht erst durch das Erreichen des ersten Fortbildungsziels eröffnet worden (§ 6 Abs. 3 S. 1 AFBG), obwohl sie mit dem Bestehen der Abschlussprüfung zur Bekleidungstechnikerin außerdem die Fachschulreife erworben hat. Denn sie erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen ohnedies, weil ihr Hauptschulabschlusses und die jahrelange berufliche Tätigkeit der Fachschulreife gleichstehen (§ 4 Abs. 1 VO v. 30.3.2004; vgl. Trebes/Reifers a.a.O. Erl. 5. zu § 6).
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Als weitere Ausnahme von § 6 Abs. 1 AFBG eröffnet Abs. 3 Satz 2 das Ermessen zur Förderung der Vorbereitung auf ein zweites Fortbildungsziel bei besonderen Umständen des Einzelfalles, wofür Satz 3 eine beispielhafte Erläuterung enthält. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Voraussetzung für eine Ermessensentscheidung gegeben, weshalb deren Fehlen dem Zweck der Ermächtigung widerspricht und die Ablehnung rechtswidrig macht (§ 114 S. 1 VwGO, § 40 LVwVfG).
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Der Maßstab des wichtigen Grundes für die besonderen Umstände des Einzelfalles findet sich wieder in § 7 Abs. 2 und 3 AFBG für Förderungen nach Abbruch oder Wechsel einer Maßnahme, wo die Anforderungen gegenüber der früheren Fassung von „unabweisbaren“ Gründen für einen zwingenden Abbruch herabgestuft wurden und die BAföG-VwV zu § 7 Abs. 3 BAföG für den Fachrichtungswechsel als Auslegungshilfe herangezogen werden kann (vgl. Trebes/Reifers a.a.O. Erl. 3.1. zu § 7). Dabei sind allerdings auch die Grundsätze der einschlägigen Rechtsprechung und die unterschiedlichen gesetzlichen Förderungsziele (vgl. § 1 BAföG und § 1 AFBG) zu berücksichtigen. Ein wichtiger Grund ist hiernach gegeben, wenn die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller im Rahmen des Gesetzes erheblichen Umstände einschließlich der mit der Förderung verbundenen persönlichen und öffentlichen Interessen nicht mehr zugemutet werden kann (Tz 7.3.7 BAföGVwV 2001, bei Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 5. Aufl., Teil I 3; Rothe/Blanke a.a.O. RdNr. 42.3 zu § 7 m.w.N.). Insbesondere können hier wie dort objektive Gründe wie mangelnde bzw. geschwundene körperliche Eignung bei der gebotenen Abwägung mit dem grundsätzlich formulierten Interesse an der Förderungsbeschränkung auf nur eine Ausbildung durchschlagend sein, auch wenn sie nicht sogleich, sondern erst später zusätzlich zu anderen Gründen für den Wechsel vorgetragen werden. Typischerweise gehören dazu einschneidende Veränderungen der Verhältnisse, die den Verbleib im bisherigen Ziel oder Beruf der Aufstiegsfortbildung unzumutbar machen oder gar ausschließen. Denn die Förderung dient nicht nur dem persönlichen „Aufstieg“, sondern unter Anderem auch der Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt (vgl. Trebes/Reifers a.a.O., Vorbemerkung 1) und damit der Eindämmung der Arbeitslosigkeit, mithin dem gleichen Ziel, dem dann auch die weitere Fortbildung dienen kann. Deshalb kann auch Tz 7.3.14 BAföGVwV, wonach eine „allgemeine Verschlechterung der Berufsaussichten“ kein wichtiger Grund sei, einem durch konkrete Berufsaussichten bedingten zweiten Aufstiegsfortbildungsförderung nicht ohne weiteres entgegengehalten werden.
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