Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (3. Kammer) - 3 K 666/12.TR

Tenor

Gegen den Beklagten wird eine Geldbuße in Höhe von 500,- Euro verhängt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen des behördlichen Disziplinarverfahrens haben der Kläger zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5 zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den jeweiligen Vollstreckungsschuldnern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger betreibt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.

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Der am ... in ...(Polen) geborene Beklagte steht als Kriminalhauptkommissar im Dienst des klagenden Landes. Nach der Grundschule besuchte er von 1964 bis 1974 das ... Gymnasium in ... Danach verrichtete der bis zum 30. Juni 1976 seinen Wehrdienst und im Anschluss studierte er an der Deutschen Sporthochschule in ... Am 1. April 1982 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Kriminalkommissaranwärter der Bundesrepublik Deutschland eingestellt. Nach seiner am 1. April 1985 erfolgten Ernennung zum Kriminalkommissar z. A. unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe wurde er am 19. September 1987 zum Kriminalkommissar, am 1. Dezember 1990 zum Kriminaloberkommissar und am 1. Dezember 1994 zum Kriminalhauptkommissar ernannt.

3

Nach seiner Ausbildung und dienstlichen Verwendung bis zum 31. März 1990 beim Bundeskriminalamt Wiesbaden wurde er zum Land Rheinland-Pfalz versetzt und vom 1. April 1990 bis 15. September 1991 beim Polizeipräsidium ... verwendet. Am 16. September 1991 wurde der Beamte zur Polizeidirektion ... versetzt und nach der Neuorganisation der Polizei am 1. September 1993 bei der Kriminalinspektion ... verwendet. Zwischen dem 25. Oktober 1995 und 31. August 1997 wurde er als stellvertretender Leiter des Kommissariats 22 eingesetzt. Danach wurde er zur Polizeiinspektion ... umgesetzt. Anlässlich des anhängigen Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte sodann am 21. Dezember 2009 vorübergehend für die Dauer des Verfahrens zur regionalen Kriminalinspektion ... umgesetzt und war dort im Kommissariat ... eingesetzt. Eine weitere Umsetzung erfolgte mit Wirkung vom 1. Februar 2011 zur Kriminalinspektion ...

4

Zum 16. September 1987 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Seit dem 1. Juni 2011 befindet sich der Beklagte in Altersteilzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden bis zum Eintritt in den Ruhestand am 31. Oktober 2015.

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Der Beklagte ist geschieden und hat zwei Kinder im Alter von 18 und 16 Jahren.

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In der letzten Anlassbeurteilung zum 22. April 1999 wurde er mit der Gesamtbewertung „C“ (normale Leistung) beurteilt.

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Straf- und disziplinarrechtlich ist er bis auf die hier in Rede stehenden Verfehlungen nicht in Erscheinung getreten.

8

Dem Disziplinarverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

9

Für die Zeit vom 11. August 2008 bis zum 4. März 2009 legte der Beklagte Dienstunfähigkeitsbescheinigungen seines ihn behandelnden Privatarztes ..., Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, vor. In der Zeit vom 9. Dezember 2008 bis zum 6. Januar 2009 befand er sich in der ..., Fachklinik für psychosomatische Medizin, in stationärer Behandlung. Danach wurde der Beamte regelmäßig bis zum 28. Februar 2010 durch Frau Dr. ..., Ärztin für Psychotherapie, krankgeschrieben. Auf Veranlassung des Dienstherrn wurden amtsärztliche Untersuchungen durchgeführt durch das Gesundheitsamt ... am 20. August 2008 und durch das Gesundheitsamt ... am 16. März 2009. Letzteres kam mit Gutachten vom 28. April 2009 zu dem Ergebnis kam, der Beklagte sei weiterhin dienstunfähig erkrankt, da bei ihm eine deutliche depressive Symptomatik mit Antriebsverlust, Konzentrationsproblemen, sozialem Rückzug, rasche Erschöpfbarkeit, Störungen der Merkfähigkeit und Schlafstörungen vorliege. Eine weitere amtsärztliche Untersuchung erfolgte durch die zentrale medizinische Untersuchungsstelle (ZMU) am 28. September 2009. Diese kam mit Gutachten vom 1. Oktober 2009 zu dem Ergebnis, dass der Beklagte weiterhin dienstunfähig erkrankt sei und erst nach der Durchführung einer stationären psychosomatischen Behandlung im Rahmen einer Wiedereingliederung eine Dienstverrichtung wieder möglich wäre. Als voraussichtliche Dienstunfähigkeit wurde Ende 2009 angegeben.

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Mit Verfügung vom 20. August 2009 wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts eingeleitet, dass er während seiner Erkrankung regelmäßig einer Tätigkeit als Schiedsrichter ... nachgegangen, für Mannschaftsmeisterschaften im Tennis gemeldet und parteipolitisch tätig gewesen sei und er hierdurch gegen seine Hingabepflicht, seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten und gegen seine nebentätigkeitsrechtlichen Pflichten verstoßen habe. Der Beklagte wurde umfassend über seine Rechte belehrt.

11

Unter dem 11. November 2009 wurde das Disziplinarverfahren erweitert auf den Vorwurf, der Beklagte habe trotz seiner im Jahr 2009 bestehenden Dienstunfähigkeit an sechs Segelregatten teilgenommen. Gleichzeitig wurde der Beklagte darauf hingewiesen, dass ein Gutachten durch Professor Dr. ..., Zentrum für Psychiatrie, ..., zu der Frage erstellt werden solle, ob bei ihm seit 11. August 2008 eine Dienstunfähigkeit gegeben sei bzw. ob der Beklagte derzeit dienstunfähig erkrankt sei und ob die ausgeübten Tätigkeiten im Widerspruch zu seiner Dienstunfähigkeit stünden. Die Untersuchung bei Prof. Dr. ... fand am 7. Dezember 2009 statt.

12

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass laut Gutachten des Prof. Dr. ... vom 9. Dezember 2009 von dessen Dienstfähigkeit bereits ab dem 1. März 2009 auszugehen sei. Er wurde aufgefordert, am Tag nach Erhalt des Schreibens den Dienst wieder anzutreten. Entgegenstehende privatärztliche Atteste würden nicht mehr akzeptiert. Sollte er nicht erscheinen, läge ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst vor. Nachfolgend nahm der Beklagte in Absprache mit dem Kläger Erholungsurlaub.

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Unter dem 25. Januar 2010 nahm der Beklagte umfassend zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung. Gleichzeitig legte er einen Befundbericht der ihn behandelnden Ärztin, Frau Dr. ..., Fachärztin für Psychotherapie, vor. Prof. Dr. ... erstellte hierzu am 11. Februar 2010 ein Ergänzungsgutachten.

14

In der Zeit vom 16. Februar 2010 bis zum 13. April 2010 befand der Beklagte sich in stationärer Therapie in der ...-Klinik ... Unter dem 9. April 2010 wurde von dort ein Antrag auf Wiedereingliederung des Beklagten beginnend mit dem 26. April 2010 gestellt. Der Beklagte wurde als arbeitsunfähig entlassen; dennoch nahm er am 26. April 2010 seinen Dienst wieder auf. Unter dem 14. Juni 2010 und dem 1. Juli 2010 nahm Prof. Dr. ... erneut Stellung.

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Am 5. Juli 2010 wurde das Disziplinarverfahren aufgrund eines gegen den Beklagten geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft ... wegen des Vorwurfs des Betruges zulasten des Dienstherrn ausgesetzt.

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Unter dem 3. März 2011 wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt und erweitert um den Vorwurf, der Beamte habe sich am 16. Februar 2011 und 17. Februar 2011 nicht ordnungsgemäß krank gemeldet.

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Auf Anraten seines behandelnden Arztes ... vom 17. Februar 2011 wurde das Arbeitspensum des Beklagten ab dem 1. März 2011 auf sechs Stunden pro Tag reduziert. Um nach Einholung einer weiteren ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. ... vom 30. März 2011 nicht dem Vorwurf des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst für die Dauer von jeweils zwei Stunden pro Tag ausgesetzt zu sein, beantragte der Beklagte ab dem 28. Februar 2011 eine Reduzierung der Stundenzahl unter Kürzung der Dienstbezüge. Dem Antrag wurde entsprochen. Mit Verfügung gleichen Datums wurde das Disziplinarverfahren im Hinblick auf das noch andauernde Strafverfahren erneut ausgesetzt.

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Im Strafverfahren gab Professor Dr. ... auf entsprechenden Beschluss des Landgerichts ... am 23. Mai 2011 eine ergänzende Stellungnahme ab. Nachfolgend lehnte das Landgericht ... mit rechtskräftigem Beschluss vom 31. Mai 2011 (6006 Js 10578/10 5 ...) die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Tatnachweis eines Betruges zu Lasten des Dienstherrn werde in der Hauptverhandlung nicht zu führen sein. Hierzu sei die Feststellung erforderlich, dass der Angeschuldigte es in dem genannten Zeitraum zumindest irgendwann für möglich gehalten habe, arbeitsfähig zu sein. Dies lasse sich nach Aktenlage nicht belegen. Dass er der Einschätzung seines psychischen Zustandes durch die ihn behandelnde Ärztin vertraut habe, sei nicht auszuschließen.

19

Im Hinblick auf diesen Beschluss forderte der Beklagte mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 25. August 2011 die Einstellung des Disziplinarverfahrens.

20

Unter dem 16. September 2011 wurde das Disziplinarverfahren abermals erweitert und fortgesetzt. Dem Beklagten wurde nunmehr auch vorgeworfen, dass er nach einem Sturz auf seine rechte Schulter Ende April 2011 durch den Facharzt für Orthopädie, Dr. ..., ..., bis zum 7. August 2011 krankgeschrieben worden sei obgleich aufgrund von Beobachtungen im privaten Bereich und aufgrund einer amtsärztlich durchgeführten Untersuchung unter Einschluss einer von dort veranlassten fachorthopädischen Begutachtung durch Professor Dr. ..., Uniklinik ..., vom 18. August 2011 keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten festgestellt werden können, die seine Dienstunfähigkeit begründeten. Ein ergänzendes Fachgutachten hinsichtlich einer durch Professor Dr. ... aufgeworfenen möglichen psychosomatischen Erkrankung werde eingeholt.

21

Nach Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Prof. Dr. ... (Gutachten vom 31. Oktober 2011) und einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. ... (21. November 2011) wurde die Staatsanwaltschaft ... unter dem 1. März 2012 über einen erneuten Verdacht des Betruges unterrichtet.

22

Mit Verfügung vom 10. August 2012 wurde das strafrechtliche Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StGB eingestellt (Az.: 6006 Js 4259/12). Es wurde im Wesentlichen ausgeführt, auf der Grundlage der vorliegenden Befundberichte und der im Ermittlungsverfahren durchgeführten Zeugenvernehmungen sei nicht auszuschließen, dass der Beschuldigte im tatrelevanten Zeitraum ein derart starkes subjektives Schmerzempfinden im rechten Arm gehabt habe, dass es ihm tatsächlich unmöglich gewesen sei, den Arm in ausreichendem Maß zu heben und zu belasten. Das Gutachten Prof. Dr. ... stehe dieser Einschätzung nicht entgegen, da dessen Würdigung die weiteren Befunde seit der am 27. Oktober 2011 erfolgten Exploration nicht berücksichtige.

23

Das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen im Disziplinarverfahren wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 zur Kenntnis gegeben. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, weitere Ermittlungen zu beantragen und sich abschließend zu äußern. Hiervon machte der Beklagte nachfolgend umfassend Gebrauch.

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Auf Antrag des Klägers auf Beteiligung des Gesamtpersonalrats des Polizeipräsidiums ... verweigerte dieser unter dem 27. Januar 2012 die Zustimmung zur Erhebung einer Disziplinarklage. Im Rahmen eines Einigungsverfahrens stimmte der Hauptpersonalrat des Ministeriums des Inneren und für Sport der Erhebung der Disziplinarklage zu.

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Am 22. Juni 2011 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben und begehrt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst. Ihm werden folgende Dienstpflichtverletzungen vorgeworfen:

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1. Trotz einer vom Beklagten angezeigten Dienstunfähigkeit im Zeitraum 8. November 2008 bis 20. Dezember 2009 öffentlichen Tätigkeiten nachgegangen zu sein, indem er

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a) Eine nicht angezeigte Nebentätigkeit als Schiedsrichter des ... Fußballvereins ausgeübt habe.

28

Seit 20 Jahren gehe der Beklagte einer Nebentätigkeit als Schiedsrichter des ... Fußballverbandes nach. In den letzten Jahren sei er in der ... Fußball-Liga in der Klasse „Bezirksliga“ eingesetzt gewesen. Im Juni/Juli des Jahres 2008 habe der Beklagte dem zuständigen Schiedsrichter-Obmann des ... Fußballverbandes mitgeteilt, dass er krankheitsbedingt für einen längeren Zeitraum als Schiedsrichter nicht mehr zur Verfügung stehe. Obwohl er im Zeitraum vom 11. August 2008 bis 19. Dezember 2009 dienstunfähig erkrankt gewesen sei, habe er bereits Ende 2008 erneut den Schiedsrichter-Obmann aufgesucht und ihn davon in Kenntnis gesetzt, dass er ab der neuen Saison, beginnend ab März 2009, wieder zur Verfügung stehen werde. Bereits im November/Dezember 2008 sei der Beklagte bei fünf Fußballspielen eingesetzt gewesen. Mit Beginn der Fußballrückrunde sei er schließlich wieder am 1. März 2009 eingesetzt gewesen und habe in der Folgezeit bis 29. November 2009 insgesamt 30 Fußballspiele geleitet. Daneben habe er regelmäßig an sogenannten Schiedsrichter-Lehrabenden teilgenommen. Für die Schiedsrichtertätigkeit in der Bezirksliga erhalte der Beklagte vom Verband pro Spiel eine Aufwandsentschädigung von 22 Euro zuzüglich einer Kilometerpauschale.

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Damit stehe fest, dass der Beklagte eine Nebentätigkeit ausgeübt habe, die er nach § 5 Abs. 1 Nebentätigkeitsverordnung vor seiner Aufnahme hätte schriftlich anzeigen müssen. Erschwerend komme hinzu, dass die ausgeübte Nebentätigkeit aufgrund der lang andauernden dienstunfähigen Erkrankung hätte widerrufen werden müssen. Weiterhin müsse berücksichtigt werden, dass der Beklagte dieser Tätigkeit trotz der Einleitung des Disziplinarverfahrens am 20. August 2009 weiterhin nachgegangen sei, und in der Folgezeit noch bei 14 Fußballspielen eingesetzt gewesen und damit die Nebentätigkeit uneingeschränkt weiterhin ausgeübt habe. Zur raschen Wiederherstellung seiner uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit wäre erforderlich gewesen, dass er seine Kräfte schont und sie nicht vorzeitig, insbesondere zu Erwerbszwecken einsetzt.

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b) An acht Segelregatten, unter anderem an den Europameisterschaften in Wien und Weltmeisterschaften in Canada, teilgenommen habe.

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Trotz der bestehenden Dienstunfähigkeit im angegebenen Zeitraum habe der Beklagte insgesamt an acht Segelregatten in der Klasse „...“ teilgenommen. Die Auftaktveranstaltung sei eine Regatta am ... vom 24. April bis 26. April 2009 gewesen. Bei insgesamt sechs Regatten, die in der Regel zwei bis drei Tage gedauert hätten, habe sich sein Team zur Teilnahme an der Europameisterschaft auf dem ... vom 28. Mai bis 2. Juni 2009 qualifiziert, die der Beklagte mit seinem Team schließlich gewonnen habe. Darüber hinaus habe er an den Weltmeisterschaften in ... vom 18. August bis 30. August 2009 teilgenommen. Bei einer Regatta würden bis zu zehn einzelne Wettfahrten durchgeführt, insgesamt habe der Beklagte an 43 solcher Wettfahrten auf dem Segelboot teilgenommen. Über die internationalen Erfolge des Beklagten sei auch umfangreich in den Medien berichtet worden.

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Ein dienstunfähig erkrankter Beamter verstoße grundsätzlich gegen das Gebot zu achtungswürdigem Verhalten, wenn er sich seiner Krankheit zum Trotz öffentlich darstelle, da ein derartiges Gebaren in der Regel sowohl beim Dienstherrn als auch bei der Allgemeinheit auf Unverständnis stoße und Zweifel an der Integrität des Beamten wecke.

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c) Parteipolitische Betätigungen ausgeübt habe.

34

Der Beklagte habe sich weiterhin während Zeiten seiner Dienstunfähigkeit parteipolitisch, und zwar öffentlichkeitswirksam, betätigt. Laut einer Veröffentlichung in der Zeitung „...“ vom 25. Mai 2009 sei er für die ... „Grünen“ als Ortsvertrauensmann tätig gewesen. Am 4. Juni 2009 sei der Beklagte in der gleichen Tageszeitung auf einem Bild mit weiteren Kandidaten der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ für die ... Stadtratswahlen abgebildet gewesen. Daneben habe er auch an mehreren Treffen im Vorfeld der Wahl teilgenommen. Von einer Erkrankung hätten die anderen Mitglieder nichts gewusst. Allen Zeugen sei bekannt gewesen, dass er Polizeibeamter sei.

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Auch hierdurch habe er abermals erneut gegen seine Dienstpflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten und auch gegen seine besondere Dienstpflicht als Polizeibeamter verstoßen.

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2. Trotz einer bestehenden Dienstfähigkeit vom 1. März 2009 bis 20. Dezember 2009 unentschuldigt dem Dienst fern geblieben zu sein.

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Der Beklagte habe erstmalig durch den Privatarzt ... am 11. August 2008 eine Dienstunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt, nachdem er bereits in der Vergangenheit durch überdurchschnittlich häufige krankheitsbedingte Fehlzeiten aufgefallen sei. In der Folgezeit sei ihm regelmäßig die weitere Dienstunfähigkeit bis zum 28. Februar 2010 attestiert worden. Aufgrund der Vielzahl der festgestellten Aktivitäten im Disziplinarverfahren sei Professor Dr. ... mit der Erstellung eines Fachgutachtens zur angegebenen Dienstunfähigkeit beauftragt worden. Dieser sei schließlich mit Gutachten vom 9. Dezember 2009 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagte zwischen dem 8. November 2008 und 6. Dezember 2008, sowie spätestens ab dem 1. März 2009 wieder voll dienstfähig gewesen sei. Entsprechende ergänzende gutachterliche Stellungnahmen vom 11. Februar 2010 und 23. Mai 2009 bestätigten die Einschätzung. Zwar habe das Landgericht ... mit Beschluss vom 31. Mai 2011 nach Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft ... die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, dies stehe jedoch einer Weiterverfolgung des Vorwurfs im Disziplinarverfahren nicht entgegen, da diese Entscheidung nicht überzeuge. Vielmehr müsse dem Beklagten nach wie vor unterstellt werden, dass ihm sehr wohl bewusst gewesen sei, dass er zumindest eingeschränkt dienstfähig gewesen sei. Das Landgericht lasse bei seiner Bewertung die Zeugenaussagen als auch den Umfang der von dem Beklagten während seiner Erkrankung ausgeübten Tätigkeiten im Wesentlichen unberücksichtigt. Gerade diese Erkenntnisse seien jedoch die Grundlage für den Fachgutachter ..., zu dem aufgezeigten Ergebnis zu gelangen. Die Aussage des Arztes ... entfalte für die disziplinarrechtliche Bewertung keine Bedeutung, da er die Behandlung des Beklagten lediglich bis Januar 2009 durchgeführt habe. Auch Frau Dr. ... habe im Rahmen ihrer Vernehmung am 8. Januar 2010 lediglich angeben können, dass ihr bekannt gewesen sei, dass der Beklagte einer Tätigkeit als Schiedsrichter nachgegangen sei und an Segelregatten teilgenommen habe. So habe sie auch im Rahmen eines ärztlichen Befundberichts vom 21. Januar 2010 lediglich angeführt, dass die Schiedsrichtertätigkeit sowie alle sportlichen Betätigungen therapeutisch besprochen und unterstützt worden seien. Über den genauen Umfang der Tätigkeit, das Leistungsbild des Beklagten bei den einzelnen Veranstaltungen sowie der Teilnahme an Segelwettbewerben, habe Frau Dr. ... keine Angaben gemacht. Sowohl der Zeuge ... als auch die Zeugin ... hätten den tatsächlichen Umfang der ausgeübten Tätigkeiten und das von dem Beklagten gezeigte Leistungsbild nicht gekannt.

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Hierzu habe jedoch der Zeuge ... im Disziplinarverfahren umfangreich Auskunft gegeben. Der Beklagte sei ab März 2009 bis Dezember 2009 insgesamt in dreißig Fällen als Schiedsrichter in der Bezirksliga, der vierthöchsten Liga im ..., eingesetzt gewesen, sogar teilweise mehrmals pro Woche. Hinsichtlich der Durchführung der Segelregatten habe der Zeuge ... ausführlich bestätigt, dass der Beklagte körperlich überdurchschnittlich fit gewesen und sogar manchmal nach dem Segeln noch joggen gegangen sei. Zu berücksichtigen seien auch die massiven psychischen und physischen Belastungen bei derartigen Wettkämpfen.

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Die Aussage der Zeugin Dr. ..., dass sie über die umfangreichen Segelregatten Kenntnis gehabt habe, schließe auch ein schuldhaftes Handeln des Beklagten nicht aus, da auch diese Aussage erheblich angezweifelt werden müsse. Es dränge sich der Verdacht auf, dass die gebotene Objektivität im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses bei der Zeugin nicht mehr gegeben gewesen sei. Den beigezogenen Unterlagen der Zeugin Dr. ... könne lediglich entnommen werden, dass der Beklagte die Zeugin mit dem Thema „Segeln“ am 17. April 2009 als auch am 28. April 2009 im Rahmen von Therapiegesprächen konfrontiert habe. Auch im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung im Strafverfahren habe sie lediglich angegeben, dass sie gewusst habe, dass der Beklagte an Wettkämpfen habe teilnehmen wollen. Auffallend sei auch gewesen, dass die Zeugin bei ihren Vernehmungen keinerlei Unterlagen mit sich geführt habe, so dass sie lediglich aus ihrer Erinnerung habe berichten können.

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Aufgrund dieser vorhandenen Erkenntnisse müsse deshalb dem Fachgutachter ... gefolgt werden, dass der Beklagte aufgrund seiner umfangreichen Tätigkeiten habe wissen müssen, dass er zumindest eingeschränkt dienstfähig gewesen sei. Anlässlich der Zeugenaussagen müsse davon ausgegangen werden, dass er seine behandelnden Ärzte nicht detailliert über den Umfang seiner tatsächlichen Tätigkeiten in Kenntnis gesetzt habe. Diese Schlussfolgerung werde noch verstärkt durch den Entlastungsbericht der Psychosomatischen Klinik ... Hier sei lediglich ausgeführt, dass der Beklagte versucht habe, sich in der zurückliegenden Zeit über „sportliche Aktivitäten“ zu stabilisieren bzw. zu regenerieren. Angesichts der Ausführungen des Fachgutachters Professor Dr. ... müsse diese Ausführung vor dem Hintergrund der objektiv nachgewiesenen sportlichen Aktivitäten nur als euphemistische Untertreibung der von dem Beklagten tatsächlich stattgehabten sportlichen Betätigung interpretiert werden

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Infolgedessen sei davon auszugehen, dass der Beklagte zumindest ab dem 1. März 2009 dienstfähig gewesen sei und er damit gemäß § 81 Abs. 1 LBG bedingt vorsätzlich dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben sei.

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3. Trotz einer zumindest eingeschränkt bestehenden Dienstfähigkeit vom 30. Mai 2011 bis 7. August 2011 unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben zu sein und auch in der Folgezeit seinen Dienst nur eingeschränkt verrichtet zu haben, obwohl er bereits uneingeschränkt dienstfähig gewesen sei.

43

Im Rahmen eines Skiurlaubs sei der Beklagte am 28. April 2011 auf seine rechte Schulter gestürzt. Aufgrund dieser erlittenen Verletzungen sei er durch Dr. ..., Facharzt für Orthopädie, krankgeschrieben worden. Nachdem der Beklagte am 17. Juni 2011 bei einer Musikveranstaltung gesehen worden sei und auch bei einer Observation körperliche Betätigungen unter Inanspruchnahme des rechten Armes hätten beobachtet werden können, sei das Gesundheitsamt ... mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden. Dieses habe mit Schreiben vom 14. Juli 2011 auf noch deutliche schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen zum Zeitpunkt der Untersuchung am 13. Juli 2011, verwiesen, jedoch vor dem Hintergrund der Observationsfeststellungen eine zusätzliche fachärztliche orthopädische Stellungnahme für erforderlich gehalten. Der beauftragte Professor Dr. ... sei mit Gutachten vom 18. August 2011 zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund der durchgeführten Tätigkeiten des Beklagten, insbesondere die dieser im Rahmen des Verstauens einer Bierkiste in seinen Pkw getätigt habe, eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Untersuchungsbefund und dem Bewegungsmaß des rechten Schultergelenks bestehe, welches von dem Beklagten demonstriert worden sei. Eine psychosomatische Erkrankung sei jedoch für möglich gehalten worden. Eine nachfolgend in Auftrag gegebene Begutachtung des Beklagten durch Professor Dr. ... sei am 31. Oktober 2011 zu dem Ergebnis gelangt, dass die vom Beklagten durchgeführten Tätigkeiten eindeutig dessen vorgegebenem Beschwerdebild widersprächen. Die durchgeführte Observation ließe schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen definitiv ausschließen. Auch eine psychosomatische Störung könne nicht bestätigt werden. Bereits ab dem Tag der durchgeführten Observation am 30. Juni 2011 sei definitiv eine uneingeschränkte Dienstfähigkeit des Beklagten gegeben. Er habe das Bewusstsein gehabt, eine entsprechende Einschränkung nur „demonstriert“ bzw. angegeben zu haben. Mit ergänzendem Gutachten vom 21. November 2011 habe Professor Dr. ... mitgeteilt, dass aufgrund der Erkenntnisse aus dem Gutachten ... davon auszugehen sei, dass die bei dem Skiunfall verursachte Distorsion der rechten Schulter in der Regel nach ca. acht Wochen ausgeheilt sei. Aus diesem Grund sei der Beklagte auch aus orthopädischer Sicht ab dem 30. Juni 2011 wieder uneingeschränkt dienstfähig gewesen. Eine eingeschränkte Dienstfähigkeit sei ca. 4 Wochen nach dem Skiunfall wieder gegeben gewesen. Aufgrund dessen, dass der Beklagte am 29. April 2011 den Skiunfall erlitten habe, müsse von einer eingeschränkten Dienstfähigkeit ab dem 30. Mai 2011 ausgegangen werden. Da er seinen Dienst erst am 8. August 2011 wieder angetreten habe, müsse für den Zeitraum vom 30. Mai bis 7. August 2011 von einer zumindest eingeschränkten Dienstfähigkeit ausgegangen werden, obwohl der Beklagte in diesem Zeitraum durch seinen behandelnden Arzt krankgeschrieben gewesen sei.

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Wahrheitswidrig habe der Beklagte zudem gegenüber seinen Vorgesetzten in der Folgezeit angegeben, dass er Außendienst und Bereitschaftsdienste nicht verrichten könne. Erst am 16. November 2011 habe sich der Beklagte wieder bereiterklärt, seinen Dienst uneingeschränkt zu verrichten.

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4. Sich am 16. Februar 2011 nicht ordnungsgemäß krank gemeldet zu haben.

46

Am 16. Februar 2011, gegen 8.55 Uhr, habe der Beklagte bei seinem Vorgesetzten angerufen und mitgeteilt, dass er noch beim Arzt sei und später zum Dienst erscheinen werde. Um 9.55 Uhr habe er sich bei seinem Vorgesetzten zurückgemeldet und habe ordnungsgemäß einen Arztbesuch eingetragen. Gegen 11.00 Uhr habe der Beklagte erneut seinem Vorgesetzten mitgeteilt, dass er noch einen weiteren Arzttermin zur Blutentnahme in der Mittagspause habe, nun aber von der Praxis gebeten worden sei, früher zu kommen. Die Wahrnehmung des Termins sei dem Beklagten sodann gestattet worden. Um 14.00 Uhr habe der Beklagte im Dienst nicht angetroffen werden können. Nachdem der Beklagte am 17. Februar 2011, gegen 8.00 Uhr, immer noch nicht seinen Dienst angetreten habe, sich auch nicht gemeldet habe, habe der Vorgesetzte mehrfach versucht, den Beklagten auf dessen Festnetzanschluss zu erreichen und auf dem Anrufbeantworter die Bitte hinterlassen, dringend zurückzurufen. Mehrere Anrufe auf dessen Handy seien nicht zustande gekommen. Während es anfangs mehrere Minuten besetzt gewesen sei, habe es später durchgeklingelt, bis sich die Mailbox gemeldet habe. Der Vorgesetzte habe die Nachricht hinterlassen, dass er dringend zurückrufen solle. Als der Beklagte sich auch in der Folgezeit nicht gemeldet habe, seien zwei Kollegen zu der Wohnung des Beklagten gefahren, ohne jedoch dort Hinweise auf den Verbleib des Beklagten zu erlangen. Am 17. Februar 2011 gegen 11.50 Uhr sei der Vorgesetzte durch das Geschäftszimmer der Kriminaldirektion davon in Kenntnis gesetzt worden, dass der Beklagte dort angerufen und darauf hingewiesen habe, dass er seit gestern krank sei. Er habe angegeben, dass die Krankmeldung im Fach des Vorgesetzten liege. Der Vorgesetzte habe daraufhin erfolglos den Postein- und -auslauf kontrolliert. In seinem persönlichen Fach habe er schließlich ganz hinten, unter Papieren, welche schon seit Wochen unberührt in dem Fach gelegen hätten (quasi versteckt) ein verschlossenes Kuvert mit der Krankmeldung gefunden, wonach der Beklagte vom 16. Februar 2011 bis 27. Februar 2011 erkrankt sei. Üblich sei es, das Post an das Kommissariat bzw. die KI-Leitung in das Posteinlauffach gelegt würden, was dem Beklagten auch bekannt gewesen sei.

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Professor Dr. ... sei mit Gutachten vom 30. März 2011 u.a. zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagte trotz seiner möglicherweise subjektiv empfundenen Einschränkungen am 16. Februar 2011 in der Lage gewesen sei, sich ordnungsgemäß krank zu melden, da er auch immerhin einen Termin mit seinem behandelnden Arzt habe vereinbaren bzw. ändern können.

48

Durch dieses Verhalten habe er gegen die Dienstvereinbarung über die Dienst- und Arbeitszeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Polizeipräsidiums ... sowie § 214 LBG verstoßen. Es wäre dem Beklagte ohne weiteres zumutbar gewesen, seinen Vorgesetzten über die Krankheit und die Krankschreibung in Kenntnis zu setzen.

49

Aufgrund des Gesamtverhaltens sei das Vertrauen des Dienstherrn sowie der Allgemeinheit gegenüber dem Beklagten unwiderleglich zerstört. Besonders schwer wiege, dass der Beklagte jahrelang immer wieder versucht habe, sich seiner Dienstleistungspflicht zu entziehen. Dabei habe er auch in Kauf genommen, seine behandelnden Ärzte sowie die von Seiten des Klägers beauftragten Fachgutachter zu täuschen. Vorrangig hätten für den Beklagten dessen Teilzeittätigkeiten im Vordergrund gestanden. Obwohl bereits im Jahr 2009 aufgrund des Vorwurfs des unentschuldigten Fernbleibens ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei, sei es in der Folgezeit erneut zu einem einschlägigen Fehlverhalten gekommen. Wie insbesondere die Observationen belegt hätten, beschränkten sich die von dem Beklagten angegebenen Erkrankungen immer nur auf den Dienst, während seine angeblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in seinem Privatleben anscheinend keine Rolle gespielt hätten. Milderungsgründe zugunsten des Beklagten seien nicht ersichtlich. Insbesondere aus einer Stellungnahme des Vorgesetzen vom 29. November 2011 ergebe sich, dass der Beklagte wenig Interesse an seinem Beruf gezeigt und alles versucht habe, dem Dienst auszuweichen. Das gesamte Verhalten des Beklagten sowohl in Bezug auf sein dienstliches Engagement als auch seinen Umgang mit Kollegen sei auf erhebliche Kritik im Kreis der Kollegen gestoßen.

50

Der Kläger beantragt,

51

den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

54

Der Beklagte rügt zunächst Mängel des behördlichen Disziplinarverfahren dergestalt, dass entlastende Umstände nicht ausreichend ermittelt worden seien. In Bezug auf seine Schulterverletzung sei nicht berücksichtigt worden, dass er sich tatsächlich weiter aufgrund der dauerhaften Schultererkrankung in stationärer orthopädischer Behandlung vom 15. Oktober 2011 bis 25. Oktober 2011 befunden habe, zwischenzeitlich diesbezüglich operiert worden sei und anhand der ärztlichen Berichte eindeutig feststehe, dass die Schultererkrankung nicht ausgeheilt und ebenso eine dauerhafte Dienstunfähigkeit, wie seinerseits von den Ärzten bescheinigt, zutreffend gewesen sei. Auch das diesbezüglich angestrengte Strafverfahren sei mittlerweile eingestellt worden.

55

Die Klageschrift genüge zudem nicht der Substantiierungspflicht. Insbesondere sei nicht dargestellt, welche Fußballspiele von ihm als Schiedsrichter geleitet worden seien. Auch sei bezüglich der Segelregatten nicht dargestellt worden, wann konkret die Segelregatten stattgefunden hätten. Eine Darstellung der Berichterstattung in den Medien fehle. Hinsichtlich der parteipolitischen Betätigung sei nicht dargelegt worden, was er überhaupt an parteipolitischer Betätigung absolviert haben solle.

56

In der Sache macht er geltend, dass die Schiedsrichtertätigkeit dem Kläger bekannt gewesen sei und diese im Übrigen keine Nebentätigkeit im Sinne der Nebentätigkeitsverordnung darstelle, sondern lediglich eine rein sportliche Betätigung, die von einem objektiven Beobachter auch allenfalls als ehrenamtliche sportliche Betätigung aufgefasst werde. Insbesondere könne aus einer Aufwandsentschädigung kein Rückschluss darauf gezogen werden, ob eine Tätigkeit eine Nebentätigkeit darstelle. Auch werde nicht berücksichtigt, dass er hauptsächlich Jugendmannschaften gepfiffen habe und nicht ausschließlich Spiele zur Bezirksliga. Er sei lediglich berechtigt, bis zur Bezirksliga zu pfeifen. Demzufolge entsprächen die aufgeführten Auslagenentschädigungen in Höhe von 22,00 Euro nicht den Tatsachen. Schließlich sei ihm diesbezüglich kein subjektiver Vorwurf zu machen, weil sowohl der Arzt ... als auch die Ärztin Dr. ... ihn zu dieser Tätigkeit ermuntert hätten. Von daher sei er insgesamt davon ausgegangen, dass diese Tätigkeit die Genesung und Wiederherstellung seiner Leistungsfähigkeit fördere. Objektiv habe der Kläger auch keine Feststellungen getroffen, dass der Einsatz als Schiedsrichter zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes geführt habe.

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Die Teilnahme an Segelregatten sei ebenso von den behandelnden Ärzten befürwortet worden. Körperlich sei er stets fit gewesen. Insoweit könne auch die sportliche Betätigung nicht im Widerspruch zu seiner bestehenden Dienstunfähigkeit gesehen werden. Auch diesbezüglich sei ihm ein Vorsatz oder fahrlässiges Verhalten nicht vorzuwerfen.

58

Parteipolitisch habe er sich nicht betätigt. Auch die befragten Zeugen hätten keinerlei überprüfbare Feststellungen tätigen können. Sein einziger Auftritt sei ein Fototermin im März/April 2009 gewesen.

59

Ein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst in der Zeit von März 2009 bis Dezember 2009 könne ihm nicht vorgeworfen werden. Seine Dienstunfähigkeit sei seinerzeit durch den Kläger nicht angezweifelt worden. Auch hätten keine entgegenstehenden ärztlichen Befunde existiert. Für den gesamten Zeitraum lägen durchgehend akzeptierte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Auch amtsärztlicherseits sei für diesen Zeitraum vollumfänglich bestätigt worden, dass er dienstunfähig gewesen sei. Noch in dem Bericht der ZMU vom 1. Oktober 2009 sei ausgeführt, dass baldmöglichst eine stationäre psychosomatische Behandlung in die Wege zu leiten sei. Insofern gelte grundsätzlich der Vorrang der amtsärztlichen Feststellungen. Dafür, dass er den Amtsärzten oder den ihn behandelnden Ärzten irgendetwas verschwiegen habe, gebe es keine objektivierbare Grundlage. Vielmehr entbehre das Gutachten von Professor Dr. ... jeglicher Grundlage. Hierbei handele es sich um ein reines Privatgutachten, welches nicht von einem Amtsarzt in Auftrag gegeben worden sei, sondern von einem Ermittlungsführer bzw. dem Vorgesetzten. Lediglich dann, wenn ein Amtsarzt einen Facharzt einschalte, um die medizinische Sachkunde zu gewährleisten und sich dessen medizinischer Beurteilung anschließe, gelte die Stellungnahme des Facharztes der eines Amtsarztes gleich.

60

Im Übrigen könne ihm kein Verschulden vorgehalten werden, da die vorgeworfenen „Aktivitäten“ sämtlich in Absprache mit den Ärzten entfaltet worden seien. Erst mit Schreiben vom 15. Februar 2010 sei er darauf hingewiesen worden, dass zukünftig keine privatärztlichen Atteste mehr im Hinblick auf die von dem Sachverständigen Dr. ... überprüfte Erkrankung anerkannt werden könnten. Professor Dr. ... sei im Übrigen kein geeigneter Sachverständiger gewesen. Vielmehr hätte ein dem Formenkreis der Psychosomatik betrauter Facharzt mit einer Begutachtung beauftragt werden müssen.

61

Hinsichtlich seiner Schulterverletzung lägen mittlerweile neue medizinische Erkenntnisse vor, die gerade bestätigten, dass er auch in dem hier in Rede stehenden Zeitraum vollumfänglich dienstunfähig, demnach auch nicht eingeschränkt dienstfähig, gewesen sei. Soweit der Kläger sich auf Erkenntnisse aus einer Observation berufe, habe Prof. Dr. ... das vorliegende Bildmaterial nicht ausreichend gewürdigt. Er selbst sei konsequenter Rechtshänder und auf der Videoaufnahme sei zu erkennen, dass er den Getränkekasten links getragen habe. Ebenso habe er nach Öffnen des Kofferraums den Kasten mit der linken Hand hochgehoben und lediglich mit der rechten Hand gleichfalls den Kasten ergriffen. Gleichzeitig sei deutlich erkennbar, dass er das rechte Knie angehoben habe, damit die rechte Seite des Kastens von unten angehoben werde und somit die rechte Hand lediglich als Führhand genutzt wurde. Beim Herunterziehen des Kofferraumdeckels mit der rechten Hand sei kein Kraftaufwand erforderlich gewesen. Auch die Schlussfolgerung, die bei dem Skiunfall verursachte Distorsion hätte in der Regel nach ca. acht Wochen ausgeheilt werden müssen, sei widerlegt durch die weiteren erfassten medizinischen Erkenntnisse, insbesondere die hierdurch notwendig gewordene Operation. Dass seine Schulter nicht ausgeheilt gewesen sei, bestätigten im Übrigen zwei Schießtermine im Jahr 2011 und 2012, die zu einer erheblichen Aggravierung wegen der kontraproduktiven Stoßbelastung durch die jeweils ca. 100 Schläge bei den Schießübungen geführt hätten. Jedenfalls sei ihm diesbezüglich ebenso kein Schuldvorwurf zu machen, da er auf die ärztlichen Feststellungen habe vertrauen können.

62

Der Vorwurf, er habe sich nicht ordnungsgemäß am 16. Februar 2011 krank gemeldet, sei ebenso nicht haltbar. Insoweit entspreche die Sachverhaltsschilderung bereits nicht den Tatsachen. Ein Posteinlauffach habe zum 16. Februar 2011 im ... nicht existiert. Es habe sich lediglich um ein Postauslauffach gehandelt, in das üblicherweise sämtliche Vorgänge der einzelnen Sachbearbeiter tagsüber, somit laufend, gelegt würden. Nicht in dieses Fach, sondern in das persönliche Fach des ... hab er die Krankmeldung gelegt. Weshalb seine Bescheinigung überdeckt worden sei, entziehe sich seiner Kenntnis. Er habe keinen Grund gehabt, ein derartiges Attest verstecken zu wollen.

63

Die zu seinen Lasten angeführten Umstände seien unsubstantiiert und entbehrten jeglicher Grundlage. Zu seinen Gunsten hätte berücksichtigt werden müssen, dass das Disziplinarverfahren bereits seit einer übermäßig langen Zeit andauere und auch die Strafverfahren für ihn mit einer erheblichen psychischen Belastung verbunden gewesen seien. Er habe zudem immense Kosten für die ärztliche Behandlung, die nicht durch die Beihilfe gedeckt worden seien, aufbringen müssen.

64

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie auf die Personal- und Verwaltungsvorgänge und auf die Strafakten 6006 Js 10578/10 5 ... und 6006 Js 4259/12 der Staatsanwaltschaft ... verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

65

Der Beklagte hat sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht (§ 47 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG - ), welches unter Berücksichtigung des Umfangs, in dem der Beamte seine Pflichten verletzt und das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit beeinträchtigt hat und unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten, mit einer Geldbuße in Höhe von 500 € zu ahnden ist ( §§ 11 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 1 LDG). Soweit der Kläger die Verhängung der Höchstmaßnahme begehrt, ist die Klage mangels eines entsprechend schwerwiegenden Dienstvergehens – teilweise - abzuweisen.

66

Dabei ist zunächst festzustellen, dass das Disziplinarverfahren nicht an einem wesentlichen Verfahrensfehler leidet. Der Einwand nicht ausreichender Ermittlungen verfängt bereits deswegen nicht, da das Disziplinarklageverfahren das Spiegelbild zum behördlichen Disziplinarverfahren ist, mit der Folge, dass das Gericht nach Amtsermittlungsgrundsätzen ebenso wie die Disziplinarbehörde die notwendigen Beweise erhebt (§ 67 Abs. 1 LDG). Ein dahingehender Ermittlungsmangel wäre von daher ohne Rechtsbeschränkung des Beamten in jedem Fall im Klageverfahren heilbar. Ein weitergehender Ermittlungsbedarf stellte sich dem Gericht jedoch nicht, wie aus den nachfolgenden Gründen des Urteils zu entnehmen ist.

67

Auch der Einwand der nicht ausreichenden Substantiierung der Klageschrift ist nicht belastbar. Insoweit genügt, dass das angeschuldigte Dienstvergehen nach Zeit, Ort und Begehungsweise derart hinreichend dargelegt ist, dass dem Beamten die Möglichkeit einer ausreichenden Verteidigung eröffnet wird. Dies ist vorliegend in Bezug auf die einzelnen Verfehlungen der Fall. Insbesondere im Hinblick auf die vorgehaltenen Fußballspiele und Segelregatten wurde der Zeitraum dargelegt und die Anzahl der Tätigkeiten bzw. sportlichen Aktivitäten benannt. Im Übrigen ergeben sich die Daten aus den Auflistungen in den Ermittlungsakten, die dem Gericht eine ausreichende Entscheidungsgrundlage bieten. Dies gilt auch für die erwähnten Veröffentlichungen, die sich allesamt in den Ermittlungsakten befinden.

68

Ein wesentlicher Verfahrensmangel ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Beklagten erst mit dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst in zwei Fällen vorgehalten wurde. Dieser sowohl tatbestandlich als auch qualitativ mit den bis dahin einbezogenen Verfehlungen der privaten Aktivitäten während Zeiten dienstunfähiger Erkrankung nicht wesensgleiche Vorwurf wurde jedenfalls wirksam mit der Bezeichnung im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen im Wege der Ausdehnung (§24 Abs. 1 LDG) in das Disziplinarverfahren eingeführt. Diesbezüglich wurde dem Beklagten sowohl mit der abschließenden Anhörung als auch im Klageverfahren ausreichend rechtliches Gehör gewährt, so dass auch insoweit kein beachtlicher Verfahrensverstoß zu erinnern ist.

69

In der Sache steht fest, dass der Beklagte sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht hat. Nach § 47 Abs. 1 BeamtStG begeht der Beamte ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist ein Dienstvergehen dann, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Zu den elementaren und im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes unabdingbaren Verhaltensanforderungen gehört die sich aus § 34 S. 3 BeamtStG ergebende Pflicht des Beamten, sein Verhalten so auszurichten, dass es der Achtung und Vertrauen gerecht wird, die sein Beruf erfordert. Nach § 214 Landesbeamtengesetz in der hier maßgeblichen Fassung vom 14. Juli 1970 (GVBl. S. 241), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juni 2007 (GVBl. S. 77), hat der Polizeibeamte zudem die Pflicht, die im Polizeiwesen begründeten besonderen Pflichten und das Ansehen der Polizei zu wahren. Gegen diese Dienstpflichten hat der Beklagte in nicht unerheblicher Weise dadurch verstoßen, dass er während seines Krankenstandes regelmäßig am Wochenende eine Schiedsrichtertätigkeit ausgeübt und auch an Segelregatten im In- und sogar Ausland teilgenommen hat.

70

Demgegenüber war der Beklagte vom schwerer wiegenden Vorwurf des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst über zwei längere Zeiträume sowie des Vorwurfs der politischen Betätigung während Zeiten dienstunfähiger Erkrankung freizustellen (§§ 81 LBG, 34 S. 3 BeamtStG). Hinsichtlich der vorgehaltenen nicht ordnungsgemäßen Krankmeldung ist allenfalls von einer Bagatellverstoß gegen die Gehorsamspflicht (§ 35 Satz 2 BeamtStG) ohne eigenes disziplinarrechtliches Gewicht auszugehen.

71

Dieser Würdigung liegen folgende Erwägungen zugrunde:

I.

72

Ein unerlaubtes Fernbleibens vom Dienst in der Zeit vom 1. März 2009 bis 20. Dezember 2009 ist dem Beklagte sowohl nach den Ermittlungen im behördlichen Disziplinarverfahren als auch unter Berücksichtigung der Erkenntnisse im Klageverfahren unter Einschluss derjenigen aus den gegen den Beklagten geführten Strafverfahren nicht nachzuweisen.

73

Ein disziplinarrechtlich relevantes unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst nach Maßgabe des § 81 LBG wäre im Falle des privatärztlicherseits für die gesamte Dauer als arbeitsunfähig krankgeschriebenem Beklagten nur dann anzunehmen, wenn er tatsächlich nicht dienstunfähig gewesen und ihm diesbezüglich ein Verschulden vorzuwerfen wäre. Dabei handelt ein Beamter hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „Dienstfähigkeit“ mit bedingtem Vorsatz dann, wenn er es ernsthaft für möglich hält, dienstfähig zu sein, und im Hinblick darauf billigend in Kauf nimmt, die Dienstleistungspflicht zu verletzen. Disziplinarrechtlich beachtliche Fahrlässigkeit fällt ihm dann zur Last, wenn er die Dienstfähigkeit zwar aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten erkennen muss, aber darauf vertraut, dienstunfähig zu sein und demzufolge nicht gegen seine Dienstleistungspflicht zu verstoßen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 – 1 D 2.05 -, juris).

74

Unabhängig davon, ob der Beklagte in dem vorliegend relevanten Zeitraum tatsächlich dienstfähig gewesen ist, wofür nach den Ausführungen des Prof. Dr. ... in den im Disziplinarverfahren eingeholten Sachverständigengutachten vieles spricht, kann dem Beklagten aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles jedenfalls hinsichtlich einer vermeintlichen Dienstfähigkeit kein Verschulden vorgehalten werden. Dem Dienstherrn obliegt die materielle Beweislast für den Sachverhalt, dass der Beklagte dienstfähig und ihm diesbezüglich auch ein Verschulden vorzuwerfen ist. Dem Beamten obliegt insoweit lediglich eine Mitwirkungspflicht, als er auf Verlangen des Dienstherrn verpflichtet ist, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zum Zwecke der Feststellung seiner Dienstfähigkeit zu stellen (vgl. BVerwG vom 26. August 1993, Az.: 1 DB 15/93 hinsichtlich des Wegfalls der Dienstbezüge – juris -).

75

Entsprechende amtsärztliche Begutachtungen auf Aufforderung des Dienstherrn sind beim Beklagten durchgeführt worden am 20. August 2008, 16. März 2009 sowie am 28. September 2009. Sämtliche amtsärztliche Untersuchungen führten zu dem Ergebnis, dass der Beklagte nicht nur zum Zeitpunkt der Untersuchung, sondern auch auf absehbare Zeit dienstunfähig war. So führte das Gesundheitsamt ... in seinem Gutachten vom 12. September 2008 zusammenfassend aus, dass der Beklagte seit dem 11. August 2008 infolge eines depressiven Erschöpfungszustandes dienstunfähig erkrankt sei. Es sei zurzeit davon auszugehen, dass die Dienstfähigkeit durch eine stationäre Reha-Maßnahme innerhalb von sechs bis acht Wochen wiederhergestellt werden könne. Nach Durchführung einer stationären Behandlung in der Zeit vom 9. Dezember 2008 bis zum 6. Januar 2009 in der Fachklinik für psychosomatische Medizin, ..., die in ihrem Entlassungsbericht vom 28. Januar 2009 vermerkt, „aufgrund der noch vorhandenen depressiven Restsymptomatik, der noch vorhandenen kognitiven Einschränkungen und dadurch gegebenen Leistungseinschränkungen wurde der Patient von hier aus arbeitsunfähig entlassen. Es ist davon auszugehen, dass bei konsequenter Fortführung der Psychotherapie in einem Zeitraum von sechs bis acht Wochen die Arbeitsfähigkeit, ggf. auch mit Hilfe einer Wiedereingliederungsmaßnahme wiederhergestellt werden kann“, befundete das Gesundheitsamt bei der Kreisverwaltung ... mit Gutachten vom 28. April 2009, dass bei der Untersuchung am 16. März 2009 eine deutliche depressive Symptomatik mit Antriebsverlust, Konzentrationsproblemen, sozialem Rückzug, rascher Erschöpfbarkeit, Störungen der Merkfähigkeit und Schlafstörungen bestanden hätten. Während der Reha-Maßnahme sei eine ambulante Psychotherapie eingeleitet worden, die der Beklagte motiviert wahrnehme. Nach Rücksprache mit der betreuenden Fachärztin für Psychotherapie sei die Behandlung des Beklagten voraussichtlich bis mindestens Ende des Jahres erforderlich. So lange sei keine Dienstfähigkeit gegeben. Langfristig sei jedoch von einer Besserung auszugehen. Abschließend kam das Gesundheitsamt zu dem Ergebnis, es bestehe zurzeit keine Dienstfähigkeit und mit einem Dienstantritt könne frühestens Ende 2009 gerechnet werden. Von daher werde eine Nachuntersuchung Ende des Jahres 2009 empfohlen. Die ambulante Psychotherapie bei der betreuenden Fachärztin für Psychotherapie solle unbedingt fortgeführt werden. Die nachfolgend mit der Untersuchung des Beklagten zur Frage der dauernden Dienstunfähigkeit beauftragte Zentrale Medizinische Untersuchungsstelle (ZMU), Mainz, kam aufgrund der Untersuchung des Beklagten am 28. September 2009 mit Gutachten vom 1. Oktober 2009 zu dem Ergebnis, dass der Beklagte zurzeit noch aufgrund seelischer Gesundheitsstörungen vorübergehend dienstunfähig erkrankt sei. Erkrankungen mit der Folge dauernder Dienstunfähigkeit bestünden jedoch nicht. Ergänzend wurde bemerkt, dass die laufende ambulante Behandlung im Hinblick auf eine zeitnahe berufliche Wiedereingliederung als nicht ausreichend anzusehen sei. Baldmöglichst solle eine stationäre psychosomatische Behandlung in die Wege geleitet werden. Nach der Krankenhausbehandlung sei von der Wiederherstellung der Gesundheit und der Dienstfähigkeit auszugehen. Für eine Wiedereingliederung wurde ein Arbeitsbeginn nach Krankenhausbehandlung ab Januar 2010 mit 50 % der Wochenstundenzahl über einen Zeitraum von 6 Wochen empfohlen. Anschließend sei mit einer Arbeits- und Leistungsfähigkeit von weiteren 6 Wochen zu rechnen. Der Beklagte solle dann aus gesundheitlichen Gründen für 3 Monate keinen Nachtdienst leisten. Nach Ablauf dieser Zeit sei mit der Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit zu rechnen. Die jeweiligen Amtsärzte haben ausweislich der vorliegenden Gutachten die beim Beklagten bestehenden Erkrankungen und die maßgeblichen Befundberichte berücksichtigt.

76

Diese amtsärztlichen Gutachten sind aus sich heraus überzeugend und nachvollziehbar. Für den Beklagten bestanden infolge dessen zu keinem Zeitpunkt objektivierbare Anhaltspunkte dahingehend, an der Richtigkeit der amtsärztlichen Aussagen, die sich im Übrigen mit denen der ihn behandelnden Privatärzte ... und Dr. ... deckten, zu zweifeln. Im guten Glauben auf die Richtigkeit dieser Aussagen durfte er darauf vertrauen, dass er infolge dienstunfähiger Erkrankung vom Dienst fernbleiben durfte.

77

Sofern der Kläger sich demgegenüber auf das nachträglich ohne Absprache oder Anraten der Amtsärzte eingeholte Gutachten des Prof. Dr. ... beruft, welches eine Dienstfähigkeit entgegen der Einschätzung der Amtsärzte für den gesamten Zeitraum bejaht, vermag dies unabhängig von der Frage der Vorrangigkeit der amtsärztlichen Aussagen, eine andere Einschätzung der Sach- und Rechtslage nicht zu begründen. Unbeschadet dessen, dass vieles für die Richtigkeit der medizinischen Diagnose des Gutachters ... und der daraus resultierenden Dienstfähigkeit des Beklagten spricht, kann dem Beamten dennoch nicht vorgehalten werden, seine Dienstfähigkeit gekannt zu haben bzw. gekannt haben zu müssen.

78

Die dahingehende Würdigung des Klägers findet nämlich gerade keine Stütze in den von Prof. Dr. ... erstellten Gutachten. Dieser kommt vielmehr bereits in seinem Gutachten vom 9. Dezember 2009 ebenso schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Befundbeschreibungen der Frau Dr. ... vom 25. November 2009 und auch der Kreisverwaltung ... vom 28. April 2009 die Diagnose einer „Dysthymie“ zu stellen gewesen wäre. Hierbei handele es sich gemäß ICD – 10 lediglich um eine chronisch-depressive Verstimmung, die jedoch nach Schweregrad und Dauer der einzelnen Episoden gegenwärtig noch nicht einmal die Kriterien auch nur für eine leichte oder gar mittelgradige rezidivierende depressive Störung erfülle. Die Verteilung zwischen den einzelnen Episoden einer leichten Depression und dazwischen liegenden Perioden vergleichsweiser Normalität sei bei diesem Krankheitsbild gemäß ICD – 10 sehr unterschiedlich; die davon Betroffenen hätten jedoch gewöhnlich zusammenhängende Perioden von Tagen oder Wochen, in denen sie ein gutes Befinden hätten. Dennoch fühlten sie sich oft monatelang müde und depressiv, alles sei für sie eine Anstrengung und nichts werde genossen. Sie grübelten und beklagten sich, schliefen schlecht und fühlten sich unzulänglich, seien aber dennoch in der Regel fähig, mit den wesentlichen Anforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden. Damit habe eine Dysthymie sehr viel mit den Konzepten der depressiven Neurose bzw. der neurotischen Depression gemeinsam, so dass insofern die beschriebene depressive Verstimmtheit des Beklagten bzw. seine damalige subjektive Schmerzempfindung, soweit sie nicht auf organischer Grundlage erklärbar seien, nur unter dem Blickwinkel einer Dysthymie zu interpretieren seien. Weiter führt der Gutachter hierzu aus, es sei geradezu kontraproduktiv, einen derart „Kranken“ in seiner subjektiven Krankheitsempfindung weiter zu bestärken (z.B. in Form einer längerfristigen Krankschreibung usw.), sondern die Behandlung eines derart „Kranken“ (besser: Gestörten) könne nur darin bestehen, sukzessiv von außen vermehrt Belastungen an ihn heranzutragen und ihn mit der Unumgänglichkeit derselben zu konfrontieren. Insoweit handele es sich dabei also lediglich um überwindbare und nicht etwa um unüberwindbare psychische Hemmungen, da der Beklagte, auf sich allein gestellt, durchaus in der Lage sei, seinen haushaltlichen bzw. sozialen bzw. nebenberuflichen Verpflichtungen nachzukommen und sein allgemeines Interessenspektrum wie z.B. seine Schiedsrichtertätigkeit oder die Segelregatten zu bewältigen. Merkmale, die auf unüberwindbare psychische Hemmungen beim Beklagten hindeuten könnten, seien seiner Ansicht nach nicht gegeben. Neben den fehlenden äußeren Faktoren käme noch hinzu, dass vorliegend auch ein objektvierbares psychopathologisches Defizit beim Beklagten fehle. Infolge dieser nachvollziehbaren Ausführungen bemerkt Prof. Dr. ... zu den Befundberichten im Weiteren, dass der Schweregrad psychischer Krankheiten aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum, die soziale Interaktionsfähigkeit und die (neben)berufliche Kompetenz usw. abgeleitet und daran gemessen werde, so dass es seines Erachtens seinerzeit auch unbedingt erforderlich gewesen wäre, gerade diese Teilbereiche explorativ zu erforschen bzw. entsprechend zu würdigen; dies sei jedoch gerade nicht im Einzelnen geschehen, so dass die genannten Befundberichte und gutachterlichen Beurteilungen usw. seines Erachtens in dieser für eine psychiatrische Beurteilung äußerst wichtigen Hinsicht unvollständig seien (S. 190 des Gutachtens). Auch die erhebliche Diskrepanz zwischen den nur subjektiv empfundenen Beschwerdeangaben seitens des Beklagten und den objektiven Befunden hätten insofern einer eingehenden Diskussionen bedurft, d.h. auch diesbezüglich seien die entsprechenden Befundunterlagen bzw. gutachterlichen Stellungnahmen gegenteiliger Auffassung unvollständig.

79

Unter Zugrundelegung dieser fundierten medizinischen Ausführungen ist der sichere Schluss gerechtfertigt, dass der Beklagte im hier maßgeblichen Zeitraum ein Beschwerdebild gezeigt hat, das auch nach Ansicht des Prof. Dr. ... Krankheitswert insoweit entfaltete, als es im Sinne der IC-10 als „Dysthymie“ zu bezeichnen war. Mithin legt auch Prof. Dr. ... zugrunde, dass die vom Beklagten im hier relevanten Zeitraum geschilderten subjektiven Beschwerden, wie sie sich auch aus den vielfältigen Befundberichten der Privatärzte, aber auch der Amtsärzte ergeben, wie Müdigkeit, Energieverlust oder Erschöpfung, Schlaflosigkeit etc. tatsächlich vorgelegen haben, sämtliche Ärzte jedoch in der Vergangenheit aufgrund einer fehlenden weiteren Exploration wesentlicher Teilbereiche eine falsche Diagnose gestellt haben. Dies mit der Folge, dass der Beklagte durch die privatärztlicherseits erfolgten Krankschreibungen statt durch eine Konfrontation mit den Unumgänglichkeiten des Lebens nachfolgend falsch therapiert wurde.

80

Auf der Grundlage dieser wesentlichen Kernaussagen des Gutachtens Prof. Dr. ..., die dieser in seinen nachfolgenden Stellungnahmen weiterhin bestätigt hat, ist der Schluss gerechtfertigt, dass dem Beklagten gerade nicht vorgehalten werden kann, dass er seine Dienstfähigkeit hätte kennen müssen. Wenn selbst Fachärzte über einen Zeitraum von über einem Jahr die subjektiven Beschwerden des Patienten falsch beurteilen, kann von einem sich tatsächlich krank fühlenden Beamten mit allenfalls laienhaften medizinischen Kenntnissen nicht erwartet werden, in objektiver Hinsicht zu dem Ergebnis zu gelangen, er sei dienstfähig. Dies gilt umso mehr, als auch der Sachverständige ... in seiner kurzen ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 23. Mai 2011 auf den Beschluss des Landgerichts ... vom 4. Mai 2011 ausdrücklich bestätigt, dass er an der Richtigkeit der allgemeinen Angaben des Beklagten zu seinem Befinden keine Zweifel hatte, dh. der Beklagte also seine Beschwerden nicht simuliert hat. Zudem ist zu berücksichtigen, dass ebenso der Sachverständige ... in seinem Gutachten vom 30. März 2011 eingeräumt hat, dass bei Beginn der neurotischen Störung die Beschreibungen und Leitlinien einer leichten depressiven Episode vorübergehend erfüllt gewesen sein könnten.

81

Ein Verschulden kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Beklagte möglicherweise gegenüber seinen behandelnden und auch gegenüber den Amtsärzten fehlerhafte Angaben hinsichtlich seiner sportlichen Betätigungen gemacht hat. Nach den dem Gericht vorliegenden umfangreichen und auch schlüssigen Aussagen sowohl des Arztes ... als auch der ihn hier maßgeblich behandelnden Privatärztin Frau Dr. ... wurden sämtliche sportlichen und auch politischen Aktivitäten - zumindest umfassend - mit Frau Dr. ... abgesprochen. Diese führt in ihren Aussagen schlüssig aus, dass der Beklagte sie nicht nur bezüglich der Schiedsrichtertätigkeit, sondern auch bezüglich der Teilnahme an Segelregatten um Rat gefragt und sie ihm diesbezüglich zugeraten habe, sich sportlich zu betätigen. Nachvollziehbar erläutert sie, dass sie gerade im Sportstudium des Beklagten und in seinen sportlichen Fähigkeiten einen hilfreichen Therapieansatz gesehen habe und den Beklagten infolgedessen gerade dazu ermuntert habe, diese sportlichen Aktivitäten auch in Form von Wettkämpfen zu betreiben, um ihn psychisch zu festigen. Sämtliche Darstellungen von Frau. Dr. ... überzeugen in ihrer systematischen Schilderung der Anamnese, der Diagnose und der durchgeführten Therapie. Sie vermitteln den Eindruck, dass sie von einer nachhaltigen Überzeugungsgewissheit getragen und den medizinischen Kenntnissen der Ärztin entsprochen haben. Konkret befragt nach dem bekannten Umfang der sportlichen Aktivitäten, erklärt die Zeugin im Straf- und auch im Disziplinarverfahren ohne Umschweife, dass ihr der jeweilige Umfang sehr wohl bekannt und jeweils mit ihr abgesprochen gewesen sei. Anhaltspunkte, die berechtigte Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Ärztin begründen könnten, drängen sich dem Gericht auch unter Berücksichtigung des engen Arzt-Patienten-Verhältnisses nicht auf. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang angemerkten Glaubwürdigkeitszweifel, die daraus herrühren sollen, dass die Ärztin ohne Unterlagen zum Vernehmungstermin erschienen ist und auf die Frage, ob ihr bekannt gewesen sei, dass der Beklagte wieder eine private Beziehung eingegangen sei, nervös reagiert habe, verfangen als bloß subjektiv wahrgenommene Empfindungen insgesamt nicht und vermögen die überzeugenden Darstellungen nicht zu erschüttern. Entsprechendes ergibt sich auch nicht aus den beschlagnahmten Unterlagen. Denn gerade diese nur stichpunktartigen Vermerke belegen, dass tatsächlich auch die sportlichen Aktivitäten thematisiert wurden. Einer weiteren Beweisaufnahme zur Frage der Kenntnis der behandelnden Privatärztin von den sportlichen Betätigungen – wie vom Kläger angeregt - bedurfte es von daher nicht.

82

Ferner haben beide Ärzte nachvollziehbar erläutert, dass die Initiative für die jeweilige Krankschreibung nicht vom Beklagten ausgegangen sei. Infolgedessen steht weiterhin fest, dass dem Beklagten auch unter diesem Aspekt kein Verschulden an der vom Gutachter ... in den Raum gestellten falschen Diagnose anzulasten ist.

83

Maßgeblich von all diesen Angaben hängt jedoch eine Vorwerfbarkeit gegenüber dem Beklagten ab, wie dies auch Prof. Dr. ... in seinem Gutachten vom 9. Dezember 2009 (Bl. 51) folgerichtig festgestellt hat. Wenn der Gutachter hier ausführt „die Beurteilung, inwieweit Herr G. im Hinblick auf die seitens Frau Dr. ... attestierte Dienstunfähigkeit (diesen Umstand als gegeben unterstellt) vertrauen durfte (oder nicht), stellt ausschließlich eine Rechtsfrage dar…. Gegebenenfalls wäre es zweckmäßig, noch die genauen Behandlungsdaten des Herrn G. bei Frau Dr. ... für diesen Zeitraum zu eruieren … Schlussendlich wäre ggf. spezifisch über Frau Dr. ... zu eruieren, von wem die Initiative zur Dienstunfähigkeitsattestierung für den genannten Zeitraum der Behandlung bei ihr ausging: Wenn die Initiative diesbezüglich von Herrn G. ausgegangen wäre, dann wäre ihm auch die entsprechende Verantwortlichkeit diesbezüglich vollumfänglich zuzuordnen; wenn die entsprechende Initiative jedoch von Frau Dr. ... ausgegangen wäre, dann könnte man unter neurotisch-psychiatrischen Gesichtspunkten diese Dienstunfähigkeitsattestierung ihrerseits nicht nachvollziehen, insbesondere im Hinblick auf seine regelmäßig nebenberufliche Tätigkeit als Schiedsrichter (sofern dieser Umstand Frau Dr. ... überhaupt in diesem Ausmaß von vorneherein bekannt war)“, kann seiner abschließenden Äußerung auf den Beschluss des Landgerichts ... vom 4. Mai 2011, dass aufgrund des Umstands, dass die subjektiv empfundenen Hemmungen des Beklagten sich nicht in allen Lebensbereichen gleichermaßen gezeigt hätten, diesem habe bewusst sein müssen, dass er konsekutiv nicht dienstunfähig gewesen sei, bereits aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Die dahingehende Einschätzung obliegt allein dem Gericht. Zudem ist zu sehen, dass gerade dieses, seine Schlussfolgerung der positiven Kenntnis belegende Argument für den Gutachter maßgebliche Stütze seiner Diagnose der Dysthymie ist, die, wie die unterschiedlichen Einschätzungen des Prof. Dr. ... einerseits und der Privat- und Amtsärzte andererseits zeigen, tiefgreifenden medizinischen Sachverstand erfordern, der beim Beklagten gerade nicht zu erwarten war.

84

Mithin geht das Gericht mit dem Landgericht ... in dessen Beschluss vom 31. Mai 2011 davon aus, dass es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beklagten im angeschuldigten Zeitraum bewusst war oder bewusst wurde, er sei arbeitsfähig. Auch hätte ihm nicht im Sinne eines Fahrlässigkeitsvorwurfs bewusst sein müssen, in der Zeit vom 1. März 2009 bis 20. Dezember 2009 dienstfähig zu sein.

85

Entsprechendes gilt für den weitergehenden Zeitraum des angeschuldigten Fernbleibens vom Dienst vom 30. Mai 2011 bis 7. August 2011. Bedingt durch einen Sturz auf die rechte Schulter im Skiurlaub am 28. April 2011 wurde der Beklagte durch seinen behandelnden Facharzt für Orthopädie, Dr. ..., bis zum 7. August 2011 mit der Diagnose einer Distorsion des rechten Schultergelenks und einer AC-Gelenksarthose krankgeschrieben. Hinsichtlich dieses Zeitraums ist dem Kläger weder der Nachweis gelungen, dass der Beklagte tatsächlich dienstfähig gewesen ist, noch, dass dem Beklagten insoweit aufgrund bewusster Simulation von Schmerzen gegenüber den ihn untersuchenden Ärzten ein Verschulden vorzuhalten ist.

86

Insoweit geht das erkennende Gericht von folgendem Sachverhalt aus:

87

Aus dem MRT-Befund der rechten Schulter vom 11. Mai 2011 geht hervor, dass beim Beklagten eine Schultergelenksarthrose mit leichtem Knochenmarksödem und diskretem Gelenkerguss feststellbar war. Die amtsärztliche Untersuchung des Beklagten auf Veranlassung des Klägers kam mit Gutachten des Gesundheitsamtes des ... vom 14. Juli 2011 zu dem Ergebnis, dass am Untersuchungstag (13. Juli 2011) noch deutliche schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen bestanden. Der in Absprache mit dem Amtsarzt mit der Erstellung eines orthopädisch-chirurgischen Gutachtens beauftragte Prof. Dr. ... führt in seinem Gutachten vom 18. August 2011 aus, dass die Untersuchung des rechten Schultergelenks des Beklagten nur sehr erschwert möglich sei. Der Beklagte spanne die Muskulatur bei geringen Bewegungen im rechten Schultergelenk sofort an. Er gebe bei Bewegungen sofort Schmerzen an und müsse für einige Sekunden pausieren. Eine Abduktion sowie eine Elevation über 90 Grad sei nicht möglich. Ein Schürzen- und Nackengriff könne mit der rechten Schulter nicht erreicht werden. Eine Außen- und Innenrotation könne durchgeführt werden, sei aber stark schmerzhaft. Zusammenfassend gab er an: Eine Distorsion des rechten Schultergelenks und eine mögliche Verletzung der Sehne des musculus teres major erklärten nicht ausreichend die fortbestehenden, stärksten Schmerzen des rechten Schultergelenks. Aufgrund des Ergebnisses der Observation des Beklagten sei eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Untersuchungsbefund und dem Bewegungsausmaß des rechten Schultergelenks auszumachen, jedoch könne eine depressive Verstimmung das Schmerzempfinden verstärken. Die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens wurde empfohlen. Der beauftragte Prof. Dr. ... kam in seinem nachfolgenden Gutachten vom 31. Oktober 2011 zu dem Ergebnis, dass eine schmerzbedingte Bewegungseinschränkung in dem rechten Schultergelenk des Beklagten sich aufgrund des Bildmaterials vom 30. Juni 2011 nicht nur nicht nachweisen lasse, sondern anhand dessen sogar definitiv ausgeschlossen sei. Dies begründete er damit, wenn tatsächlich schmerzhafte/und schmerzhaft empfundene Muskelstrukturen, Venenstrukturen, Gelenkstrukturen bzw. nervale Strukturen usw. vorlägen, komme es bei einer Überdehnung dieser durch eine Krankheit veränderten Strukturen auch regelhaft (nämlich schmerzreflektorisch) zu einer schmerzinduzierten (und somit aktiv nicht unterdrückbaren bzw. aktiv nicht überwindbaren) Aktivierung der gegenläufig wirkenden Muskulatur, um jede weitere passive bzw. aktive Überdehnung dieser dann als schmerzhaft empfundenen Strukturen zu verhindern. Dem stünden die Bewegungen, die der Beklagten am 30. Juni 2011 beim Verladen einer Getränkekiste gezeigt habe, entgegen. Diese Diskrepanz könne auch keineswegs durch eine psychosomatische Störung begründet sein. Psychosomatische Störungen unüberwindbaren Charakters würden sich vielmehr in allen Lebensbereichen gleichförmig und im selben Ausmaß niederschlagen (d.h. sowohl dienstlich als auch privat), wohingegen eine derart ausgeprägte Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk, wie seitens des Beklagten angegeben und demonstriert, die nur im dienstlichen, nicht jedoch im privaten Bereich ihren Niederschlag finden würden, nur als entsprechende Simulationstendenz seinerseits im Sinne einer bewussten Zweckreaktion interpretiert werden könne. Insofern sei es dem Beklagten auch vollumfänglich bewusst gewesen, dass er spätestens ab dem 30. Juni 2011 wieder voll dienstfähig gewesen sei. Diesen Ausführungen hat sich nachfolgend Prof. Dr. ... unter Berücksichtigung eines normalen Heilungsverlaufs einer Schulterdistorsion angeschlossen.

88

Den Einschätzungen des Prof. Dr. ... kann bereits nur soweit gefolgt werden, als diese auf neurologischem Fachgebiet getätigt wurden, wobei sie in ihrer orthopädischen Wertung ohnehin in Widerspruch zu den vorherigen maßgeblichen Ausführungen des Facharztes für Orthopädie ... stehen. Die Begründung beider Fachärzte belegen dennoch letztendlich, dass maßgeblich das Verladen der Getränkekiste am 30. Juni 2012 der medizinischen Einschätzung der Dienstfähigkeit zugrunde gelegt wurde. Aus Gründen der allgemeinen Lebenserfahrung hält es das Gericht jedoch bereits für bedenklich, die Dienstfähigkeit des Beamten punktuell mit der Observation einer einzigen Begebenheit zu begründen. Nach dem Observationsbericht hat der Beklagte an dem besagten Tag zudem gerade den Getränkekasten mit der linken Hand getragen, obwohl er Rechtshänder ist. Sodann hat er die Heckklappe seines PKW mit der rechten Hand geöffnet und den Bierkasten offenkundig mit beiden Händen in den Kofferraum gehoben. Danach hat er die Heckklappe mit der rechten Hand geschlossen und ist mit seinem PKW über die Globus-Ausfahrt wieder zurück in Richtung Schwarzenbach gefahren. Allein diese Observationsbeschreibung legt nach ebenso allgemeiner Lebenserfahrung eher die Vermutung nahe, dass er den Bierkasten mit der linken Hand getragen hat, um die rechte zu schonen.

89

Unbeschadet dessen widerlegt der nachfolgende Geschehensablauf die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe tatsächlich nicht unter Schulterschmerzen gelitten, sondern habe solche lediglich bei seinen ärztlichen Untersuchungen simuliert. Nach der sich zum Entscheidungszeitpunkt bietenden Aktenlage ist unter Heranziehung der Strafakte 6006 Js 4259/12 vielmehr zugrunde zu legen, dass der Beklagte im hier relevanten Zeitraum ein derart starkes subjektives Schmerzempfinden im rechten Arm hatte, dass es ihm tatsächlich nicht möglich war, den Arm in ausreichendem Maße zu heben und zu belasten. Insofern folgt das erkennende Gericht den Ausführungen der Staatsanwaltschaft ... in ihrer Einstellungsverfügung vom 10. August 2012, da sie ihrerseits schlüssig und nachvollziehbar auf den Aussagen der im Strafverfahren vernommenen Zeugen sowie der berücksichtigten medizinischen Unterlagen beruhen. So belegen die nach der Begutachtung durch die beiden Fachärzte durchgeführten weiteren Untersuchungen, dass im Bereich der rechten Schulter des Beklagten tatsächlich krankhafte Veränderungen vorlagen. Wurde bereits mit MRT-Befund vom 11. Mai 2011 eine Schultergelenksarthrose mit leichtem Knochenmarködem und diskretem Gelenkerguss beschrieben, so ergab die Kernspintomographie vom 19. Januar 2012 den Befund eines Gelenksergusses, erheblich hypertrophe AC-Arthrose mit steilem Akromyom und erheblicher subakromialer Enge. Die ... Kliniken diagnostizierten Anfang Oktober 2011 eine Schultersteife rechts, die zu einem teilstationären Aufenthalt unter anderem mit Cortikoid-Therapie führte. Anfang Mai 2012 erfolgte auf dieser Basis im Kreiskrankenhaus St. Ingbert ein operativer Eingriff. Ausweislich des Entlassungsberichts erfolgten folgende Maßnahmen: Arthroskopie der rechten Schulter mit arthroskopischer subacromialer Dekompression, arthroskopische subakromiale Bursektomie, arthroskopische Resektion eines lateralen Claviculaspornes, arthroskopisch partitielle Synovektomie, arthroskopische AC-Resektion. In dem Zeitraum zwischen dem Skiunfall und dem operativen Eingriff nahm der Beklagte zudem viele Behandlungstermine bei Dr. ... wahr und über 60 physiotherapeutische Termine. Der behandelnde Orthopäde Dr. ... und der behandelnde Physiotherapeut ... bestätigen in ihren Zeugenaussagen im Strafverfahren, dass die Erkenntnisse aus der polizeilichen Observation nicht im Widerspruch zu der aufgefundenen Diagnose und den vom Beklagten geschilderten Einschränkungen stünden. So führte Dr. ... nachvollziehbar aus, dass das Heben mit Last am hängenden Arm bei dieser Verletzung unproblematisch möglich sei. Lediglich Bewegungen über Kopf würden Schmerzen verursachen, ebenso die Bewegung, wenn man z.B. eine Jacke auszieht. Der Physiotherapeut ... führte im Einklang hierzu aus, dass das Heben von Gewichten von vorne, also frontal, mit fixiertem Arm am Oberkörper völlig unproblematisch sei. Da machten auch Gewichte von 10 kg nichts aus, da hierbei überwiegend der Bizeps arbeite.

90

All diese medizinischen Fakten stehen deutlich im Widerspruch zur pauschalen Behauptung des Klägers, der Beklagte habe seine Schmerzen im hier relevanten Zeitraum lediglich simuliert. Es widerspricht zudem allgemeiner Lebenserfahrung, dass sich jemand einem solchen - auch kostenintensiven - medizinischen Aufwand unterzieht, der tatsächlich nicht unter einem immensen Leidensdruck steht. Die Aussagen des Prof. Dr. ... sowie die des Prof. Dr. ... müssen von daher als durch den tatsächlichen Geschehensablauf überholt angesehen werden. Insbesondere legt der nachfolgende Geschehensablauf die Vermutung nahe, dass neben dem Skiurlaub noch weitere mögliche Ursachen der vom Beklagten dargestellten Beschwerden denkbar waren, die von keinem der beauftragten Gutachter in Erwägung gezogen wurden. Dies erstaunt umso mehr als Prof. Dr. ... bereits in seinem Gutachten vom 30. März 2011 anlässlich der psychosomatischen Begutachtung des Beklagten, d.h. vor dem Skiurlaub, eine eingeschränkte Oberarmhebung im rechten Schultergelenk im Vergleich zu seiner Voruntersuchung für erwähnenswert hielt (Bl. 8 des Gutachtens). Bestanden demzufolge bereits nachweislich vor dem Skiunfall Schultergelenksprobleme, wäre es naheliegend gewesen, weitere mögliche pathologische Ursachen der Schulterschmerzen zu erforschen. Stattdessen wird von Seiten beider Gutachter ein einmaliges (Mit-)Anheben eines Bierkastens mit der rechten Hand und das Schließen einer Heckklappe sowie die regelmäßige Genesungszeit nach einer Distorsion des Schultergelenks nach Skiunfall der Beurteilung der Dienstfähigkeit sowie dem Vorwurf des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst zugrunde gelegt. Vor diesem Hintergrund kann dem Beklagten weder eine Simulation seiner Beschwerden für den hier maßgeblichen Zeitpunkt noch eine Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis seiner zumindest gegebenen Dienstfähigkeit ab dem 7. August 2011 vorgehalten werden.

91

Im Weiteren freizustellen ist der Beklagte vom Vorwurf der parteipolitischen Betätigung in Zeiten seiner dienstunfähigen Erkrankung. Eine von einem Privatarzt attestierte Dienstunfähigkeit eines Beamten kann grundsätzlich nicht schlichtweg die Folge haben, dass der Beamte sich in dieser Zeit, sofern es sich nicht um eine bettlägerige Erkrankung handelt, nicht in der Öffentlichkeit bewegt. Sofern es zudem – wie hier - nicht nachweisbar ist, dass bestimmte außenwirksame Tätigkeiten der Genesung des Beamten zuwiderlaufen, müssen ihm in gewissem Rahmen auch privilegierte staatspolitische Betätigungen erlaubt bleiben. Diese sind auch nicht zwangsläufig disziplinarrechtlich angreifbar, sofern eine solche Betätigung durch Medien im hier beschränkten Umfang offenbar wird. Zudem muss im jeweiligen Einzelfall der konkrete Umfang der Betätigung berücksichtigt werden. Dieser erschöpfte sich im Fall des Beklagten ausweislich der in den Ermittlungsakten befindlichen Unterlagen lediglich in drei- bis viermaligen Treffen der Partei, der Teilnahme an einem Fototermin sowie in der Erklärung der Bereitschaft, sich als Ortsvertrauensmann für die Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ aufstellen zu lassen. Ein derart geringfügiges Engagement, welches zudem in Absprache mit seiner behandelnden Ärztin erfolgte, da es als der Genesung dienlich angesehen wurde, kann einem Beamten nicht als schuldhafter Verstoß gegen die generelle Pflicht, zu achtungs-und vertrauenswürdigem Verhalten vorgehalten werden.

II.

92

Der Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung ist jedoch gerechtfertigt in Bezug auf die nicht angezeigte Nebentätigkeit als Schiedsrichter des ... Fußballverbandes sowie die Teilnahme an acht Segelregatten in der Zeit vom 8. November 2008 bis zum 20. Dezember 2009.

93

Dabei legt das Gericht seiner Würdigung folgenden Sachverhalt zugrunde:

94

Seit 20 Jahren geht der Beklagte einer Nebentätigkeit als Schiedsrichter des ... Fußballverbandes nach. Bis zum Jahr 1997 war der Beklagte im Besitz einer Nebentätigkeitsgenehmigung für die Tätigkeit als Fußballtrainer. Eine Anzeige seiner Schiedsrichtertätigkeit erfolgte ausweislich der Personalakte nicht. Während der Dauer seiner angezeigten Dienstunfähigkeit im Zeitraum vom 8. November 2008 bis 20. Dezember 2009 nahm er bei insgesamt 35 Fußballspielen unterschiedlicher Klassen die Funktion des Schiedsrichters wahr (tabellarische Auflistung auf Bl. 54 der Disziplinarakte). Die zu erstattenden Spesen jeweils für aktive Mannschaften in der Bezirksliga und Jugendmannschaften der unterschiedlichen Spielklassen lagen zwischen 12 € und 22 € (Tabelle Bl. 61 der Ermittlungsakte). Zuzüglich wurden Fahrtkosten erstattet.

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Ebenso hat der Beklagte im vorgenannten Zeitraum an insgesamt acht Segelregatten in der Klasse „...“ teilgenommen. Die Auftaktveranstaltung war eine Regatta am ... vom 24. bis 26. April 2009. Bei insgesamt sechs Regatten, die in der Regel zwei bis drei Tage angedauert haben, hat sich das Team um den Beklagten (drei Mitglieder) zur Teilnahme an der Europameisterschaft auf dem Neusiedlersee bei Wien vom 28. Mai bis 2. Juni 2009 qualifiziert, die das Team schließlich gewonnen hat. Darüber hinaus hat er an den Weltmeisterschaften in Ontario/Kanada vom 18. bis 30. August 2009 teilgenommen. Er selbst befand sich hierfür 1 ½ Wochen in Kanada. Bei diesen Regatten werden bis zu 10 einzelne Wettfahrten durchgeführt, insgesamt hat der Beklagte an 43 derartigen Wettfahrten auf dem Segelboot teilgenommen. Der Beamte war entsprechend der gemeldeten Teilnahmelisten in der Broschüre „...“ geführt. Seine Siege sind abrufbar über die Internetseite ... Ebenso wurde in der „... Zeitung“ vom ... über den Sieg der ... auf dem ... berichtet. Entsprechend berichtete der ... in seiner Newsletter-Ausgabe Nr. ...

96

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der disziplinarrechtlichen Ermittlungen und wird vom Beklagten auch nicht substantiiert in Abrede gestellt.

97

Durch die nicht angezeigte Tätigkeit eines Schiedsrichters hat der Beklagte zunächst gegen §§ 73, 74 LBG, § 5 Nebentätigkeitsverordnung Rheinland-Pfalz – NebVO – verstoßen. Zwar gilt die auf Dauer und regelmäßig und im Wege einer pauschalierten Aufwandsentschädigung vergütete beachtliche Nebentätigkeit eines Schiedsrichters nach § 3 Nr. 6 des Einkommenssteuergesetz als allgemein genehmigt, jedoch regelt § 5 NebVO eine diesbezügliche Anzeigepflicht. Dieser Anzeigepflicht ist der Beklagte nachweislich nicht nachgekommen. Die Anzeige- bzw. Genehmigungspflicht hätte sich ihm aufgrund der jahrelang beantragten und auch genehmigten bzw. teilweise auch nur angezeigten vergleichbaren Tätigkeit als Fußballtrainer aufdrängen müssen, so dass ihm auch ein dahingehendes Verschulden vorzuhalten ist.

98

Neben diesem rein formalen Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht ist gegen den Beklagten sowohl in Bezug auf seine Schiedsrichtertätigkeit als auch im Besonderen in Bezug auf die Teilnahme an Segelregatten im In- und sogar im Ausland der Vorwurf zu erheben, hierdurch gegen seine unabdingbare Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten und gegen seine besondere Pflicht, das Ansehen der Polizei zu wahren, verstoßen zu haben. Der Beklagte war unstreitig in dieser Zeit wegen einer psychischen Erkrankung dienstunfähig gemeldet. Nicht nur die Ausübung einer regelmäßigen Tätigkeit als Schiedsrichter, sondern auch die wettkampfmäßige Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen sind jedoch geeignet, bei einem unbefangenen Betrachter Zweifel am Vorliegen einer tatsächlichen Erkrankung zu wecken. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Art der Erkrankung des Beklagten, da diese äußerlich nicht erkennbar war. Ein Dienstherr, der solche Tätigkeiten duldet, setzt sich dem Verdacht aus, Bedenken gegen das Vorliegen einer krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit nicht mit dem gebotenen Nachdruck nachzugehen. Auch wenn dem Beklagten ärztlicherseits eine positive Wirkung seiner Betätigung im Hinblick auf seine Erkrankung bestätigt wird, hätte sich der Beamte vor dem Hintergrund der ihm obliegenden generellen Wohlverhaltenspflicht aufdrängen müssen, derart in der Öffentlichkeit weitreichend wahrgenommene sportliche Betätigungen mit seinem Dienstherrn zuvor abzusprechen, um diesem damit nicht nur die Möglichkeit zu geben, auf entsprechende Vorhalte von außen sachgemäß reagieren zu können, sondern auch ggf. auf eine Einschränkung der öffentlichkeitswirksamen sportlichen Betätigungen hinzuwirken. Insbesondere hätte dem Dienstherrn durch die gebotene Mitteilung der Teilnahme an Sportwettkämpfen im Ausland die Möglichkeit gegeben werden müssen, darüber zu befinden, ob der Beklagte entsprechend seinen im Privatbereich gezeigten Fähigkeiten im Dienst eingeschränkt zu verwenden ist und entsprechende körperliche Untersuchungen durchführen zu lassen. Jedem Beamten muss klar sein, dass er sich in Zeiten krankheitsbedingt entschuldigten Fernbleibens vom Dienst in seinem äußeren Auftreten größtmögliche Zurückhaltung aufzuerlegen und soweit wie möglich alles zu unterlassen hat, was den Eindruck aufkommen lassen könnte, er sei entweder gar nicht dienstunfähig oder er lasse es an den notwendigen Bemühungen zur Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit fehlen. Dass die Allgemeinheit in Bezug auf durchgehend alimentierte Beamte diesbezüglich sensibel und mit Unverständnis reagieren und Zweifel an der Integrität des Beamtentums geweckt werden können, hätte sich ihm als besonnenen Beamten aufdrängen müssen. Er wäre unbedingt gehalten gewesen, seine Aktivitäten einvernehmlich ggf. unter Einschaltung eines Amtsarztes mit dem Dienstherrn abzusprechen. Diese Verpflichtung gilt auch unabhängig davon, dass dem Beklagten sämtliche Aktivitäten durch seine behandelnde Privatärztin empfohlen wurden. Wenn ihn diese medizinische Einschätzung zwar vom Vorwurf der Verletzung seiner Gesunderhaltungspflicht entbindet, so gilt dies jedoch nicht hinsichtlich der grundlegenden, ihm durch das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis auferlegten Obliegenheiten.

99

Soweit dem Beklagten darüber hinaus eine nicht ordnungsgemäße Krankmeldung am 16. Februar 2011 vorgehalten wird, kann dahingestellt bleiben, ob das Hinterlegen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 16. Februar 2011 nicht bereits dem Erfordernis einer ordnungsgemäßen Krankmeldung nach Nr. 10 der Dienstvereinbarung über die Dienst- /Arbeitszeit entspricht und ob dem Beklagten ein bewusstes Verstecken der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgehalten werden kann. Angesichts der Tatsache, dass der Beklagte unstreitig die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in das persönliche Fach des Kommissariatsleiters gelegt und sich am nächsten Tag auch telefonisch krankgemeldet hat, kann in dem Vorwurf, dass er sich nicht auch noch persönlich beim Dienstvorgesetzten unmittelbar am 16. Februar 2011 (telefonisch) gemeldet hat, soweit eine dahingehende Verpflichtung überhaupt aus der Dienstvereinbarung zu entnehmen ist, lediglich eine Bagatellverfehlung ohne eigenes disziplinarrechtliches Gewicht gesehen werden.

100

Verbleiben damit lediglich die Vorwürfe der sportlichen Betätigung im Zeitraum 8. November 2008 bis 20. Dezember 2009, so gilt es für diese Verfehlungen nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens eine Disziplinarmaßnahme zu bestimmen. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall für das damit feststehende Dienstvergehen (§ 47 Abs. 1 BeamtStG) erforderlich ist, richtet sich gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 LDG nach dessen Schwere unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und dem Umfang der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung.

101

Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der disziplinaren Maßnahme ist demnach die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflicht, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

102

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tat. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Einen Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt auch tätige Reue dar, wie sie durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt.

103

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

104

Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze ist im vorliegenden Einzelfall bereits ausgehend von der Schwere des im Vergleich zur Anschuldigungspflicht verbliebenen Dienstvergehens lediglich die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme im mittleren bis unteren Bereich der gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen (§ 3 LDG) angezeigt. Zwar hat das Dienstvergehen ein nicht unerhebliches Gewicht. Denn der Beklagte hat durch sein offensichtlich unreflektiertes Verhalten während Zeiten, in denen er seinem Dienstherrn aufgrund seiner Erkrankung seine Arbeitskraft vorenthalten hat, jedoch durch konstante Teilnahme an Sportwettkämpfen und durch die regelmäßige Ausübung einer Schiedsrichtertätigkeit den Anschein gesetzt hat, in Wahrheit nicht dienstunfähig zu sein, eine beachtliche Pflichtvergessenheit gezeigt. Nicht nur im Beamtenverhältnis, sondern auch in jedem privaten Arbeitsverhältnis ist ein Mindestmaß an Loyalität gegenüber dem Arbeitnehmer bzw. dem Dienstherrn unabdingbare Voraussetzung für ein vertrauensvolles Miteinander in dem auf Dauer angelegten Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis. Dies gebietet in dem einen wie auch in dem anderen Fall eine größtmögliche Zurückhaltung in Bezug auf öffentlichkeitswirksame Tätigkeiten im Krankenstand. Dies gilt im von Steuergeldern finanzierten Beamtenstatus nicht nur mit Rücksicht auf die Kollegen, die in diesen Zeiten die Arbeit des Erkrankten miterledigen müssen, sondern auch in Bezug auf das Ansehen des Dienstherrn in der Öffentlichkeit. Ein sich dieser Notwendigkeit verschließender Beamter zeigt eine nicht unerhebliche Gleichgültigkeit im Hinblick auf das Vertrauen seines Dienstherrn und auch das Ansehen des Beamtentums.

105

Im Rahmen der Maßnahmebemessung und der erforderlichen Gesamtwürdigung (§ 11 Abs. 1 LDG) ist zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass er einem langandauernden Disziplinarverfahren mit zudem wesentlich schwerwiegenderen Vorwürfen ausgesetzt gewesen ist und auch zwei Strafverfahren mit dem schwerwiegenden Vorwurf eines Betruges zu Lasten des Dienstherrn gegen ihn geführt wurden, der sich jedoch letztendlich als haltlos erwiesen hat. Die dennoch trotz Einstellung der Strafverfahren im Disziplinarverfahren weiterverfolgten schweren Vorwürfe des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst in zwei Fällen konnten dem Beklagten letztendlich ebenso nicht angelastet werden. Ein derartiger Verfahrensgang legt die Vermutung nahe, dass bereits dieser und die damit verbundenen psychischen Belastungen erzieherisch auf den Beklagten gewirkt haben.

106

Weiterhin ist im Rahmen der Maßnahmenbemessung ist weiterhin zu sehen, dass der Beklagte unverzüglich nach Aufforderung des Dienstherrn, seinen Dienst anzutreten, Urlaub in Anspruch genommen bzw. einen Antrag auf Reduzierung seiner Arbeitszeit gestellt hat, um nach mehrfach erkennbarer Zugrundelegung des Ergebnisses des Gutachtens Prof. Dr. ... nicht dem Vorwurf des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst ausgesetzt zu sein. Dies zeigt deutlich, dass der Beklagte die Einschätzung seines Dienstherrn ernst genommen hat, was vermuten lässt, dass der Beklagte sich auch bei früherem Einschreiten des Dienstherrn dessen Würdigung gebeugt hätte. Dies zeigt ein in jedem Fall vorhandenes Maß an Einsichtsfähig- und -willigkeit in Bezug auf seine beamtenrechtlichen Pflichten. Dass er trotz Einleitung des Disziplinarverfahrens weiterhin seine Schiedsrichtertätigkeit ausgeübt hat, kann dem Beklagten nicht – wie geschehen – gleichfalls erschwerend vorgehalten werden, da nicht ersichtlich ist, dass er dies abermals während eines Krankenstandes getan hat und es dem Dienstherrn oblegen hätte, die lediglich anzeigepflichtige und ihm aufgrund des Disziplinarverfahrens bekannte Tätigkeit zu untersagen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

107

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hinterließ der Beklagte ebenso wenig das Bild eines überwiegend pflichtvergessenen und uneinsichtigen Beamten, bei dem es angezeigt wäre, eine nachhaltigere Pflichtenmahnung für die verbleibende Dauer seiner aktiven Dienstzeit auszusprechen. Auch unter Berücksichtigung seiner zwar nicht herausragenden Leistungen, aber dennoch seiner unbeanstandeten langen Dienstzeit und seiner strafrechtlichen und disziplinarrechtlichen Unbescholtenheit in der Vergangenheit hält das Gericht die Verhängung der ausgesprochenen Geldbuße für angemessen, aber auch ausreichend, um dem Beklagten den Unwertgehalt seines Verhaltens vor Augen zu führen.

108

Die Kostenentscheidung beruht auf § 99 Abs. 1 S. 2 LDG. Unter Berücksichtigung des Verhältnisses der angeschuldigten Verfehlungen im Vergleich zu den der Entscheidung zugrunde gelegten entspricht die verhältnismäßige Teilung der Kosten, wie im Tenor geschehen, der Billigkeit.

109

Verfahren nach dem Landesdisziplinargesetz sind gebührenfrei (§ 109 Abs. 1 LDG).

110

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 21 LDG, 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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