Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (7. Kammer) - 7 K 5601/18.TR
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich 1/3 der für die Beklagte vollstreckbaren Kosten ohne Abwendungsbefugnis. Im Übrigen darf die Klägerin die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die am ... Oktober 1955 geborene Klägerin, aserbaidschanische Staatsangehörige, reiste am 2. Oktober 2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 12. Oktober 2017 einen förmlichen Asylantrag.
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Zuvor war ihr am 7. September 2017 von den lettischen Behörden ein Visum erteilt worden, welches vom 15. September 2017 bis zum 6. Oktober 2017 gültig war (Bl. 5, 6 der elektronischen Asylakte, Az. 7240193 – 425). Ausweislich einer Mitteilung der lettischen Behörden vom 10. November 2017 wurde das Visum stellvertretend für die Slowenischen Behörden erteilt („on behalf of the Slovenian responsible authorithies“, freie Übersetzung der Berichterstatterin; Bl. 82 der elektronischen Asylakte, Az. 7240193 – 425).
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Am 13. November 2017 richtete die Beklagte ein Aufnahmegesuch an Slowenien, welches die slowenischen Behörden am 29. Dezember 2017 unter Berufung auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-Verordnung annahmen (Bl. 98 der elektronischen Asylakte, Az. 7240193 – 425).
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Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge – im Folgenden: Bundesamt – vom 16. Januar 2018, zugestellt am 22. Januar 2018, hat das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1), festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - nicht vorliegen (Ziffer 2) und die Abschiebung nach Slowenien angeordnet (Ziffer 3). Schließlich wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4).
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Hiergegen hat die Klägerin am 29. Januar 2018 Klage erhoben.
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Am 28. Februar 2018 wurde sie nach Slowenien überstellt. Den daraufhin erhobenen Eilantrag der Klägerin lehnte das Gericht mit Beschluss vom 8. März 2018 (7 L 1673/18.TR) ab.
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Am 11. November 2018 reiste die Klägerin erneut nach Deutschland ein. In der Folge richtete die Beklagte am 22. Oktober 2018 abermals ein Aufnahmegesuch an Slowenien, welches die slowenischen Behörden am 25. Oktober 2018 unter Bezugnahme auf Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-Verordnung annahmen (Bl. 69 der elektronischen Asylakte, Az. 7634120-425).
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Mit Bescheid vom 29. Oktober 2018, zugestellt am 2. November 2018, ordnete die Beklagte erneut die Abschiebung der Klägerin nach Slowenien an (Ziffer 1) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 24 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 2).
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Hiergegen hat die Klägerin am 9. November 2018 Klage erhoben und einen Eilantrag gestellt, welcher mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 5. Dezember 2018 (7 L 5602/18.TR) abgelehnt wurde.
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Nachdem die Klägerin in ihrer Klage gegen den Bescheid vom 16. Januar 2018 zunächst geltend gemacht hat, sie habe in Lettland keinen Asylantrag gestellt und bewusst kein Visum beantragt, trägt sie nunmehr vor, sie sei mit dem Flugzeug von Georgien aus mit Hilfe des Visums eingereist, welches der Schlepper beantragt habe. Des Weiteren sei sie mit ihrem Sohn (...), dessen Ehefrau (...) sowie deren beiden Kindern (... und ...) – deren Asylanträge mit Bescheid vom 14. August 2018 abgelehnt wurden (Streitgegenstand im Verfahren 2 K 4403/18.TR) – nach Deutschland eingereist. Sowohl der Sohn, als auch die Schwiegertochter der Klägerin würden unter schweren psychischen Beeinträchtigungen leiden, die durch ihre traumatischen Erlebnisse hervorgerufen worden seien. Insbesondere der Sohn der Klägerin habe mehrere Wochen in einer geschlossenen Psychiatrie verbringen müssen. Sie halte sich in der weit überwiegenden Zeit bei ihrem Sohn auf und übernachte auch dort. Ihre Schwiegertochter habe Angst, mit dem Sohn der Klägerin allein zu bleiben. Hingegen könne die Klägerin erkennen, ob es ihrem Sohn gut oder schlecht gehe und in Situationen, in denen es ihm schlecht gehe, bei ihm bleiben und den anderen sagen, dass sie ihn in Ruhe lassen sollen. Als die Klägerin in Lettland gewesen sei, habe ihr Sohn seine Arme aufgeschnitten und mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen, weshalb er sich Kopfverletzungen zugezogen habe. Auch die Schwiegertochter kümmere sich um den Sohn der Klägerin und sei fast die ganze Zeit daheim. Es widerspreche humanitären Grundsätzen, die Klägerin in dieser Situation und angesichts ihres fortgeschrittenen Alters von ihrer Familie zu trennen. Die Klägerin selber habe gesundheitliche Probleme mit ihren Beinen, dem Hals und Reizhusten. Sie sei aus Slowenien zurückgekehrt, da man dort nicht gut versorgt würde. Jedoch habe es dreimal täglich Essen gegeben und die Möglichkeit bestanden, sich selbst sowie die Kleider zu waschen.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit die Klage auf die Aufhebung der Ziffern 3) und 4) des Bescheids der Beklagten vom 16. Januar 2018 gerichtet war.
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Die Klägerin beantragt nunmehr,
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die Ziffern 1) und 2) des Bescheids der Beklagten vom 16. Januar 2018 sowie den Bescheid vom 29. Oktober 2018 aufzuheben,
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hilfsweise, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, festzustellen, dass im Hinblick auf die Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bezieht sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung.
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Mit Beschluss vom 20. Februar 2019 hat das erkennende Gericht die vormals unter den Aktenzeichen 7 K 806/18.TR und 7 K 5601/18.TR unter letzterem Aktenzeichen zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
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Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitgegenstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten, den vorgelegten Verwaltungsvorgängen der Beklagten zur Klägerin mit den Aktenzeichen 7634120-425 und 7240193 – 425, den Verwaltungsakten zu dem Sohn der Klägerin (...) sowie dessen Frau (...) und Kindern (... und ...) mit dem Aktenzeichen 7240081-425 sowie der Gerichtsakte zum vorliegenden Verfahren, der Gerichtsakte im Verfahren der o. g. Angehörigen der Klägerin mit dem Aktenzeichen 2 K 4403/18.TR und den Unterlagen zu den asyl- und abschiebungsrelevanten Verhältnissen in Slowenien, die jeweils Gegenstand der Entscheidung sind.
Entscheidungsgründe
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Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die Erledigungserklärung seitens der Beklagten ergibt sich hierbei aus der „Allgemeinen Prozesserklärung des Bundesamtes in Verwaltungsstreitsachen wegen Verfahren nach dem Asylgesetz“ vom 25. Februar 2016 in der Fassung vom 27. Juni 2017.
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Im Übrigen hat die Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten die Berichterstatterin entscheiden kann (§ 87 a Abs. 2, 3 VwGO), keinen Erfolg. Das Gericht ist dabei durch das Ausbleiben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht gehindert, diese Entscheidung zu treffen, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und mit der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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I. Soweit die Klägerin sich mit dem Hauptantrag gegen die Entscheidung über die Unzulässigkeit (Ziffer 1) des Bescheids vom 16. Januar 2018) wendet, handelt es sich bei der Anfechtungsklage um die statthafte Klageart, denn das Begehren der Klägerin, dass sich die Beklagte für zuständig erklärt und ihren Asylantrag inhaltlich prüft, lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein durch Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung im Rahmen einer Anfechtungsklage erreichen, da ein „Durchentscheiden“ des Gerichts nicht möglich ist (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016, - 1 C 4.16 -, Rn. 16 f., juris). Wird die Unzulässigkeitsentscheidung auf die Anfechtungsklage hin aufgehoben, ist auch die gegebenenfalls ergangene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz – AufenthG – nicht vorliegen, nebst Abschiebungsanordnung aufzuheben, denn beide Entscheidungen sind dann jedenfalls verfrüht ergangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016, a. a. O., Rn. 21). Hieraus resultiert zugleich, dass vorliegend auch die Abschiebungsanordnung im Bescheid vom 29. Oktober 2018 aufzuheben wäre, da sie ebenfalls verfrüht ergangen wäre.
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Die Entscheidung über die Unzulässigkeit des klägerischen Asylantrags gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG hat sich auch nicht infolge der illegalen Wiedereinreise der Klägerin gemäß § 43 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz ̵1; VwVfG – erledigt, denn ihre regelnde Wirkung besteht fort (vgl. zur Definition: Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 43 Rn. Randnummer 204, beck-online; entgegen: VG Gießen, Beschluss vom 20. März 2018 – 6 K 4516/17.GI.A –, juris). Es bleibt insofern bei dem Grundsatz, dass eine Änderung der für den Erlass eines Verwaltungsaktes maßgeblichen Sach- und Rechtslage die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes unberührt lässt (Kopp/Schenke, VwVfG, 18. Auflage 2017, § 43 Rn. 42 a).
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Ein Ausnahmefall, in welchem die Änderung der Sach- und Rechtslage den Verwaltungsakt ausnahmsweise gegenstandslos werden lässt (hierzu: BVerwG, Urteil vom 09. Mai 2012 – 6 C 3/11 –, BVerwGE 143, 87-118, Rn. 25), liegt nicht vor. Zwar hat die illegale Wiedereinreise eines zuvor im Dublin-Verfahren abgelehnten und überstellten Asylbegehrenden nach der Rechtsprechung des EuGHs zur Folge, dass eine neue Überstellung erst erfolgen darf, wenn überprüft wurde, ob die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags nach der Überstellung auf einen anderen Mitgliedstaat übergegangen ist (EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 – C-360/16 –, Rn. 41 ff., juris). Diese Prüfung hat das Bundesamt von Amts wegen durchzuführen, ohne dass es einer entsprechenden Antragstellung des Asylbegehrenden bedarf (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 – C-360/16 –, Rn. 46 f., 51., a. a. O.) oder insoweit ein Ermessensspielraum bestünde.
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Hieraus resultiert jedoch nicht, dass die zuvor ergangene Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG ab dem Zeitpunkt der illegalen Wiedereinreise keine Rechtswirkungen mehr entfalten würde, denn weder ist der Regelungsgegenstand – d. h. der vor der erfolgten Überstellung gestellte Asylantrag – durch die Wiedereinreise entfallen, noch ergibt sich aus der Rechtsprechung des EuGHs, dass ihr schon im Vorgriff auf das Ergebnis der Prüfung per se ihre Wirksamkeit abzusprechen wäre.
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Vielmehr bleibt die Unzulässigkeitsentscheidung während der Prüfung, ob die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags nach der Überstellung auf einen anderen Mitgliedstaat übergegangen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 – C-360/16 –, Rn. 54 f., a. a. O.) bestehen. Erst wenn die Beklagte hierbei zu dem Ergebnis kommt, dass die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags im Zeitraum nach der Überstellung auf einen anderen Mitgliedstaat übergegangen ist, muss sie den nach Abschluss des vorangegangenen Dublin-Verfahrens erlassenen Bescheid infolge der Rechtsprechung des EuGHs (EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 – C-360/16 –, a. a. O.) von Amts wegen aufheben und wieder in das Asylverfahren eintreten.
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Maßgeblich ist insoweit die in § 51 Abs. 1 VwVfG zum Ausdruck kommende Wertung (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 09. Mai 2012 – 6 C 3/11 –, BVerwGE 143, 87-118, Rn. 25, juris). Hiernach führt der Umstand, dass die Rechtmäßigkeit eines Bescheids aufgrund nachträglicher Änderungen der Sach- und Rechtslage durch die zuständige Behörde überprüft werden muss, nicht dazu, dass der betreffende Bescheid seine Wirksamkeit verliert. Obschon die Vorschrift des § 51 Abs. 1 VwVfG anders als das vorliegende Verfahren bestandskräftige Bescheide betrifft, ist diese Wertung hier entsprechend heranzuziehen, denn es widerspräche der Prozessökonomie, der Unzulässigkeitsentscheidung allein aufgrund der illegalen Wiedereinreise die Wirkung abzusprechen, obschon sie unter Umständen nach wie vor zutreffend ist – mit der Folge, dass das Bundesamt nach Abschluss der Prüfung eine gleichlautende Unzulässigkeitsentscheidung erlassen müsste. Insbesondere wäre dies mit Sinn und Zweck der Dublin III-Verordnung unvereinbar, denn diese soll nach dem Willen des Verordnungsgebers eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates ermöglichen, um den effektiven Zugang zum Verfahren zur Gewährung des internationalen Schutzes zu gewährleisten (Erwägungsgrund Nr. 4 zur Dublin III-Verordnung). Entsprechend hebt auch der EuGH in seiner Entscheidung vom 25. Januar 2018 hervor, dass die erneute Überprüfung der Zuständigkeit das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz nicht in Frage stellen soll (EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 – C-360/16 –, Rn.54, a. a. O.).
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Schließlich stehen der Heranziehung der Wertung des § 51 Abs. 1 VwVfG keine schutzw2;rdigen Belange der betreffenden Asylbegehrenden entgegen, denn ihnen droht während der Prüfung durch das Bundesamt keine erneute Abschiebung auf der Grundlage der bestehenden Unzulässigkeitsentscheidung. Erst wenn die Prüfung abgeschlossen und ein neues Dublin-Verfahren durchgeführt wurde, können sie auf der Grundlage einer neuen Überstellungsentscheidung in den zuständigen Mitgliedstaat überstellt werden (EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 – C-360/16 –, Rn.55, a. a. O.). Ferner kommt es hierdurch zu keiner Verkürzung ihres Rechts auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG –, denn die nachträglich eingetretene Rechtswidrigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung kann in dem bereits anhängigen Klageverfahren geltend gemacht werden und ist nach § 77 Abs. 1 S. 1 HS 1 AsylG bei der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen.
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II. Der Hauptantrag bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, denn der Bescheid vom 16. Januar 2018 ist hinsichtlich der unter Ziffer 1) getroffenen Unzulässigkeitsentscheidung rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zur Begründung wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG i.V.m. § 117 Abs. 5 VwGO zunächst auf die Begründung der streitbefangenen Bescheide sowie des gerichtlichen Eilbeschlusses vom 8. März 2018 – 7 L 1673/18.TR – verwiesen.
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1. Maßgeblich ist insoweit nach Art. 12 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 und 2 Dublin III-Verordnung, dass die Klägerin gemäß dem vorliegenden Treffer im Visainformationssystem – VIS-Treffer – im Zeitpunkt der erstmaligen Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland (Art. 7 Abs. 2 Dublin III-Verordnung) am 12. Oktober 2017 gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-Verordnung im Besitz eines weniger als sechs Monate abgelaufenen Visums war, welches Lettland stellvertretend für Slowenien erteilt hat (Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung). Dies ergibt sich aus der Mitteilung Lettlands vom 10. November 2017 und wird durch das Antwortschreiben Sloweniens vom 29. Dezember 2017, in dem ausdrücklich auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-Verordnung Bezug genommen wird, bestätigt.
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Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin im vorliegenden Verfahren anfangs geltend gemacht hat, bewusst kein Visum beantragt zu haben. Zum einen hat sie diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung nicht aufrechterhalten, sondern bestätigt, dass der Schlepper ein Visum beantragt habe, mit dem sie auf dem Luftweg nach Deutschland eingereist sei.
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Zum anderen ist unerheblich, ob ihr zuvor bewusst war, dass der Schlepper ein Visum beantragen würde, denn indem sie sich damit einverstanden erklärt hat, dass ihr Sohn die Ausreise unter Zuhilfenahme eines Schleppers organisiert, hat sie jedenfalls auch in Kauf genommen, dass ein Visum auf ihren Namen beantragt wird. Eine subjektive Kenntnis des Asylbegehrenden von der Beantragung des Visums ist in dieser Situation nicht erforderlich. Weder enthält Art. 12 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1, 2 Dublin III-Verordnung ein entsprechendes Tatbestandsmerkmal, noch erfordern Sinn und Zweck der Vorschrift eine derartige Kenntnis. Vielmehr hat die Dublin III-Verordnung zum Ziel, den zuständigen Mitgliedstaat auf der Grundlage objektiver und für die Mitgliedstaaten und die Betroffenen gerechter Kriterien rasch zu bestimmen (Erwägungsgrund Nr. 5 der Dublin III-Verordnung). Dieser Intention liefe es zuwider, wenn die Mitgliedstaaten trotz Vorliegen eines VIS-Treffers zunächst klären müssten, ob der Betreffende subjektiv Kenntnis von der Beantragung des Visums hatte. Zum einem stellt dies kein objektives Kriterium dar und zum anderen hätte die Aufklärung der Kenntnislage des Antragstellers unter Umständen bedeutende Verzögerungen bei der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zufolge. Schließlich erfordern auch Sinn und Zweck des Art. 12 Abs. 2, 4 Dublin III-Verordnung keine subjektive Kenntnis des Antragstellers, denn für die hier geregelte Zuständigkeit ist ausschlaggebend, dass der das Visum ausstellende Staat durch seine Maßnahme die Einreise des Antragstellers in den Schengenraum ermöglicht hat und damit die Verantwortung für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz trägt (Koehler, Praxiskommentar zum Europäischen Asylzuständigkeitssystem, 2018, Art. 12 Rn. 1). Diese Erwägung gilt unabhängig davon, ob der Antragsteller Kenntnis davon hatte, dass für ihn ein Visum beantragt wurde.
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Schließlich ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass die Zuständigkeit zur Prüfung des klägerischen Asylbegehrens nach der erfolgten Überstellung auf einen anderen Mitgliedstaat übergegangen wäre – zumal Slowenien am 25. Oktober 2018 unter Berufung auf Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-Verordnung ausdrücklich erklärt hat, die Klägerin aufzunehmen.
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2. Des Weiteren droht der Klägerin weder während des Asylverfahrens noch nach Abschluss des Asylverfahrens in Slowenien eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 4 der EU-Grundrechtecharta – GRC –.
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Zwar bezieht sich Art. 3 Abs. 2 UA 2, 3 Dublin III-Verordnung seinem Wortlaut nach nur auf die Situation, in der sich die tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC aus systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Personen, die internationalen Schutz beantragen, in dem Mitgliedstaat ergibt, der nach dieser Verordnung als für die Prüfung des Antrags zuständig bestimmt ist. Jedoch ist bei der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates auch die Situation anerkannter Schutzberechtigter im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 4 GRC zu prüfen, denn bei der Anwendung dieser Vorschrift ist gleichgültig, ob es zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss dazu kommt, dass die betreffende Person aufgrund ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin-III-Verordnung einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren (EuGH, Urteil vom 19.03.2019, C-163/17, Celex-Nr. 62017CJ0163, Rn. 87 ff., juris).
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Hierbei gilt zunächst im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und insbesondere der Dublin-III-Verordnung, die auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens beruht und durch eine Rationalisierung der Anträge auf internationalen Schutz deren Bearbeitung im Interesse sowohl der Antragsteller als auch der teilnehmenden Staaten beschleunigen soll, die Vermutung, dass die Behandlung dieser Antragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der GRC, dem am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (United Nations Treaty Series, Bd. 189, S. 150, Nr. 2545 [1954]) und der EMRK steht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2011, N. S. u. a., C-411/10 und C-493/10, EU:C:2011:865, Rn. 78 bis 80) (EuGH, Urteil vom 19.03.2019, C-163/17, a. a. O., Rn. 82).
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Dieser Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten hat im Unionsrecht fundamentale Bedeutung, da er die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Raums ohne Binnengrenzen ermöglicht. Konkret verlangt der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens, namentlich in Bezug auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, von jedem Mitgliedstaat, dass er, abgesehen von außergewöhnlichen Umständen, davon ausgeht, dass alle anderen Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. April 2016, Aranyosi und Căldăraru, C-404/15 und C-659/15 PPU, EU:C:2016:198, Rn. 78, sowie vom 25. Juli 2018, Minister for Justice and Equality [Mängel des Justizsystems], C-216/18 PPU, EU:C:2018:586, Rn. 36) (EuGH, Urteil vom 19.03.2019, C-163/17, a. a. O., Rn. 81.)
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Insoweit ist das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung befasste Gericht in dem Fall, dass es über Angaben verfügt, die die betreffende Person zum Nachweis des Vorliegens eines solchen Risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen (vgl. entsprechend Urteil vom 5. April 2016, Aranyosi und Căldăraru, C-404/15 und C-659/15 PPU, EU:C:2016:198, Rn. 89) (zu Vorstehendem: EuGH, Urteil vom 19.03.2019, C-163/17, a. a. O., Rn. 87 ff.).
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Entsprechende Schwachstellen fallen jedoch nur dann unter Art. 4 GRC, der Art. 3 der EMRK entspricht und nach Art. 52 Abs. 3 GRC die gleiche Bedeutung und Tragweite hat, wie sie ihm in der EMRK verliehen wird, fallen, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt (vgl. EGMR, 21. Januar 2011, M.S.S./Belgien und Griechenland, CE:ECHR:2011:0121JUD003069609, § 254). Diese besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit wäre erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (vgl. in diesem Sinne EGMR, 21. Januar 2011, M.S.S./Belgien und Griechenland, CE:ECHR:2011:0121JUD003069609, §§ 252 bis 263). Diese Schwelle ist daher selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann (Zu Vorstehendem: EuGH, Urteil vom 19.03.2019, a. a. O., Rn. 91 ff.; EuGH, Urteil vom 19.03.2019, C-297/17, Celex-Nr. 62017CJ0297, Rn. 87 ff., juris)
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Anhaltspunkte für derartige Schwachstellen, aufgrund derer der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens widerlegt wäre, vermag das Gericht auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der aktuellen Erkenntnismittel zu Slowenien nicht festzustellen.
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a. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Situation Asylbegehrender (Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-Verordnung). Insoweit geht das Gericht in Übereinstimmung mit der einhelligen Rechtsprechung davon aus, dass Asylbegehrenden keine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 4 GRC droht (vgl. VG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 04. Februar 2019 – A 1 K 189/19 –, juris; VG Augsburg, Urteil vom 20. Juni 2018 - Au 6 K 18.50565-Beck-online, VG Frankfurt, B.v. 23. April 2018 – 6 L 1029/18.F.A – juris Rn. 8 ff.; VG Karlsruhe, B.v. 12. April 2018 – A 1 K 2045/18 – juris Rn. 5). Entgegenstehendes wurde weder von der Klägerin substantiiert vorgetragen, noch liegen dem Gericht Erkenntnisse dazu vor, dass sachverständige Institutionen, Nicht-Regierungsorganisationen oder insbesondere der UNHCR vom Vorliegen derartiger systemischer Mängel ausgingen.
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Vielmehr ergibt sich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln, dass in Slowenien ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit existiert (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Slowenien, Österreicher Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Gesamtaktualisierung 18. Januar 2018, S. 6, milo).
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Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Slowenien ab. Wurde vor der Ausreise ein Asylverfahren eröffnet, das noch läuft, wird dieses bei Dublin-Rückkehrern fortgesetzt. In sog. "take-charge"-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen. Sollte für den Rückkehrer bei Rücküberstellung bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliegen, wird er zunächst im Zentrum für Fremde untergebracht und er hat das Recht die Eröffnung eines erneuten Verfahrens zu beantragen. Wird dem stattgegeben, kann der Rückkehrer einen neuen Asylantrag stellen und in ein offenes Zentrum verlegt werden. Dublin-Rückkehrer haben Zugang zu materieller Unterstützung wie Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung und Kleidung (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Slowenien, a. a. O., S. 7).
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Generell haben Asylbewerber ab Antragstellung das Recht auf Unterbringung in einem Zentrum für Asylbewerber, wo Verpflegung, Kleidung und Toilettenartikel bereitgestellt werden (http://www.vlada.si/en/helping_refugees/slovenias_response/, zuletzt abgerufen am 25. März 2019). Asylbewerber, die privat untergebracht sind, haben Anspruch auf eine finanzielle Unterstützung. Asylbewerber haben außerdem das Recht auf notwendige medizinische Versorgung, Bildung, usw. Asylbewerber haben Zugang zu Sprachkursen, die täglich stattfinden. 2017 haben bis Juli 293 Asylbewerber an solchen Kursen teilgenommen. (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Slowenien, a. a. O., S. 10).
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Slowenien verfügt über zwei Asylzentren in Laibach (im Vorort Vič) und in Logatec. Das Asylsystem in Slowenien funktioniert gut und es gibt ausreichend Plätze um die Asylbewerber zu versorgen. In einem Zentrum untergebrachte Asylbewerber erhalten ein Handgeld von 18 Euro im Monat. Außerdem gibt es noch ein geschlossenes Zentrum für Fremde (Schubhaftzentrum) in Postojna mit 240 Plätzen und getrennten Unterbringungsmöglichkeiten für verschiedene soziale Gruppen. Es ist in gutem Zustand, der Zugang zu medizinischer und psychologischer Versorgung ist sehr gut. Zudem haben Asylbewerber nach 9 Monaten ab Antragstellung Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn ihr Verfahren zu diesem Zeitpunkt ohne eigenes Verschulden noch nicht entschieden ist (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Slowenien, a. a. O., S. 10).
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Im Übrigen haben erwachsene Asylbewerber ein Recht auf notwendige medizinische Versorgung, während Minderjährige denselben Zugang zu medizinischer Versorgung haben, wie slowenische Bürger. Vulnerable Antragsteller haben das Recht auf zusätzliche Behandlung. Die medizinische Versorgung von Asylbewerbern in Slowenien funktioniert offenbar gut und ist hochgradig individualisiert (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Slowenien, a. a. O., S. 10).
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Zwar wird zuweilen bemängelt, dass die Asylverfahren in einigen Fällen schleppend laufen (VG Augsburg, Urteil vom 20. Juni 2018 - Au 6 K 18.50565, Amnesty International, Slowenien 2017, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2017/slowenien, zuletzt abgerufen am 25. März 2019), allerdings resultiert allein aus einer Verfahrensdauer von über sechs Monaten keine Situation extremer materieller Not für die betroffenen Antragsteller. Dem Eintritt einer solchen Situation wird zudem dadurch entgegengewirkt, dass Asylwerber nach 9 Monaten ab Antragstellung Zugang zum Arbeitsmarkt haben, wenn ihr Verfahren zu diesem Zeitpunkt ohne eigenes Verschulden noch nicht entschieden ist (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Slowenien, a. a. O., S. 10). Auf diese Weise werden sie in die Lage versetzt, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
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Schließlich zeigt der Umstand, dass Slowenien jüngst freiwillig fünf Schiffsflüchtlinge aus Malta aufgenommen hat, dass Slowenien nach wie vor bereit ist, zur gerechten Verteilung von Flüchtlingen beizutragen (Slowenien nimmt fünf Flüchtlinge aus Malta auf, 19. Januar 2019, https://orf.at/stories/3107243/).
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Eine andere Wertung folgt schließlich nicht mit Blick auf das Alter von 63 Jahren der Klägerin, selbst wenn man davon ausgeht, dass sie insofern einer der in Art. 20 Abs. 3 EU- Qualifikationsrichtlinie genannten Personengruppen – hier der Gruppe älterer Menschen – angehört. Allein die Zugehörigkeit zu einer schutzbedürftigen Personengruppe führt nicht schematisch zur Anwendung des Art. 3 Abs. 2 Dublin III- Verordnung. Vielmehr ist auch insofern maßgeblich, dass der Klägerin in Slowenien selbst unter Berücksichtigung ihrer besonderen Verletzlichkeit keine Situation extremer materieller Not droht, welche die Schwelle zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung erreichen würde. Dies ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil die Klägerin gemäß den vorstehenden Ausführungen im Falle ihrer Rückkehr nach Slowenien Zugang zu einer Unterkunft und umfangreicher Unterstützung hätte. Auch ihre Schilderungen in der mündlichen Verhandlung bestätigen, dass sie in der Vergangenheit in Slowenien in menschenrechtskonformer Weise in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht war und ihre Grundbedürfnisse befriedigen konnte. Ihre Befürchtung, in Slowenien auf sich allein gestellt zu sein, wird durch die vorliegenden Erkenntnismittel hingegen nicht bestätigt. Vielmehr belegen diese, dass Dublin- Rückkehrer in einem der zwei Asylzentren in Laibach und in Logatec untergebracht werden können, wo ihnen Verpflegung, Kleidung und Toilettenartikel bereitgestellt werden. Insbesondere im Hinblick auf die Unterbringung von vulnerablen Personen wird in Slowenien auf spezielle Bedürfnisse Rücksicht genommen. Diese werden in Spezialzentren (z.B. Altersheimen) untergebracht. Sofern eine Unterbringung in diesen Spezialzentren im Einzelfall nicht geeignet ist, wird eine finanzielle Unterstützung für eine alternative Unterbringung gewährt. Um die besonderen Unterbringungsbedürfnisse zu erkennen, existiert ein Identifikationsmechanismus für Vulnerabilität, der auf internen Anweisungen beruht, und der zum Teil in Zusammenarbeit mit NGOs entwickelt wurde. Es werden keine Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Früherkennungsmechanismus berichtet. (vgl. zu Vorstehendem: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Slowenien, a. a. O., S. 8).
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b. Auch anerkannten Schutzberechtigten droht in Slowenien keine Situation extremer materieller Not, die mit Art. 4 Charta unvereinbar wäre.
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Schutzberechtigte haben dieselben Rechte wie slowenische Bürger, darunter das Recht auf medizinische Versorgung, Sozialhilfe, Bildung und Arbeit, sowie Integrationshilfe. Aufgrund der geringen Zahl an Flüchtlingen in Slowenien gibt es personalisierte Integrationspläne inklusive follow-up für drei Jahre. Die Integration von Flüchtlingskindern funktioniert ziemlich reibungslos. Im März 2017 wurde ein Office for Migrant Care and Integration geschaffen, das die Integration Schutzberechtigter in die slowenische Gesellschaft steuern soll. Bis zur Auszahlung der ersten Sozialhilfeleistungen kann es zu einer Verzögerung von zwei bis drei Monaten kommen (CoE 11.7.2017a). Asylberechtigte erhalten einen offiziellen Betreuer (Personalstand: 50 Betreuer), welcher auch NGOs in die Integrationsmaßnahmen einbindet und koordiniert. Schutzberechtigte haben mit Statuszuerkennung sofort Zugang zum Arbeitsmarkt und sie erhalten Sprachkurse im Ausmaß von 300 Stunden (in begründeten Fällen 100 Stunden mehr). Es gibt Integrationszentren in Marburg (Kapazität: 30 Plätze) und Laibach (Kapazität: 15 Plätze), in denen ein Aufenthalt bis max. 18 Monate möglich ist. Es gibt Integrationswohnungen, u.a. in Koper (40 Plätze) und Velenje (30 Plätze) (VB 20.12.2017). Schutzberechtigte haben Anspruch auf Unterbringung in einem der beiden Integrationshäuser in Marburg oder Laibach, für bis zu einem Jahr. Wenn spezielle Gründe vorliegen (etwa medizinische) kann der Aufenthalt um sechs Monate verlängert werden. Viele Vermieter haben Vorurteile gegen Flüchtlinge, was in der Vergangenheit das Finden einer Unterkunft erschwerte. Die Betroffenen mussten oft länger in staatlichen Unterbringungseinrichtungen bleiben. Aber NGOs halfen bei der Suche nach einer Unterkunft. Unbegleitete Minderjährige mit Schutztitel werden in den Internaten in Nova Gorica und Postojna umfassend weiter betreut. Privat untergebrachte Schutzberechtigte ohne ausreichende Mittel, haben das Recht auf eine finanzielle Unterstützung für 18 Monate ab Statuszuerkennung. Wenn sie bestimmte Integrationsleistungen erbringen, kann dieser Zeitraum um weitere 18 Monate verlängert werden. In Bezug auf Bildung (Vorschule, Schule, Universität) haben Schutzberechtigte dieselben Rechte wie slowenische Bürger. Sie werden beim Einstig in das slowenische Bildungssystem entsprechend beraten (Zu Vorstehendem: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Slowenien, a. a. O., S. 11, 12).
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Angesichts dieser umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen und insbesondere dem Zugang anerkannt Schutzberechtigter zur Sozialhilfe vermag das Gericht auch nicht zu erkennen, dass der Klägerin nach der Zuerkennung internationalen Schutzes aufgrund ihres Alters und einer damit einhergehenden besonderen Verletzlichkeit in Abweichung von den vorstehenden Ausführungen eine Situation extremer materieller Not im Sinne der Rechtsprechung des EuGHs (EuGH, Urteil vom 19.03.2019, C-163/17, a. a. O.) drohen würde. Entsprechende Anhaltspunkte wurden von der Klägerin weder vorgetragen, noch sind solche sonst ersichtlich.
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3. Des Weiteren ist die Anwendung des Art. 12 Abs. 4 Dublin III-Verordnung nicht deshalb ausgeschlossen, weil vorrangig Art. 10 oder 11 Dublin III-Verordnung zu beachten wären. Diese Vorschriften finden vorliegend keine Anwendung, da es sich bei dem volljährigen Sohn der Klägerin sowie dessen Familie nicht um Familienangehörige im Sinne des Art. 2 g) Dublin III-Verordnung handelt.
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4. Ferner besteht kein Anspruch auf Selbsteintritt der Beklagten gemäß Art. 16 Dublin III-VO. Zweck des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO ist es wegen einer aktuellen Hilfsbedürftigkeit Hilfeleistung, Unterstützung und familiäre Fürsorge, etwa auch für ein volljähriges Kind, zu ermöglichen (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 15. Oktober 2018 – W 2 K 18.50341 –, Rn. 17, juris).; eine Trennung soll vermieden werden. Voraussetzung für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Dublin III-VO ist, dass anhand von Attesten glaubhaft ist, dass der Betreffende an einer schweren Krankheit leidet, aufgrund der er zwingend auf die Unterstützung angewiesen wäre (vgl. Koehler, Praxiskommentar zum europäischen Asylzuständigkeitssystem, 2018, Art. 16 Rn. 5). Dabei ist das die Zuständigkeit begründete Abhängigkeitsverhältnis auf Ausnahmesituationen besonderer Hilfsbedürftigkeit beschränkt (vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 – W 8 S 17.50344 –, Rn. 18, juris).
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a. Der Klägerin ist es nicht gelungen, zu belegen, dass ihr Sohn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) an einer schweren Erkrankung leidet, denn sie hat kein den vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 – NJW 2008, S. 330 aufgestellten Anforderungen an die Darlegung psychischer Erkrankungen sowie den qualitativen Anforderungen nach § 60a Abs. 2c AufenthG genügendes aktuelles ärztliches Attest vorgelegt (vgl. zum Erfordernis der Vorlage eines Attests: Koehler, Praxiskommentar zum europäischen Asylzuständigkeitssystem, 2018, Art. 16 Rn. 5) Aus diesem (fachärztlichen Attest) muss sich angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes einer posttraumatischen Belastungsstörung und seiner vielfältigen Symptome nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist.
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Vorliegend fehlt es gänzlich an einem aktuellen ärztlichen Attest, aus dem sich der Gesundheitszustand des Sohnes der Klägerin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ergeben würde. Vielmehr liegen dem Gericht lediglich die Atteste vom 21. Dezember 2017, 4. Januar 2018, 20. März 2018, 30. Mai 2018 und 21. September 2018 vor, wobei selbst das zuletzt genannte Attest bereits über sechs Monate alt ist. Mangels aktueller ärztlicher Unterlagen vermag das Gericht indes – ohne, dass es darauf ankäme, ob die vorgelegten Atteste den vorstehend dargestellten Anforderungen genügen – weder festzustellen, ob der Sohn der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nach wie vor an einer Anpassungsstörung (siehe hierzu die Atteste vom 4. Januar 2018, 20. März 2018 und 30. Mai 2018) und/oder den im Attest vom 21. September 2018 diagnostizierten Erkrankungen (Posttraumatische Belastungsstörung, generalisierte Angststörung, Ein- und Durchschlafstörungen und rez. mittelgradigen Depression) leidet und welche Schwere eine möglicherweise noch vorliegende Erkrankung aufweist, noch, ob und welcher Behandlung er aktuell bedarf, ob die in den Attesten empfohlene psychotherapeutische sowie die medikamentöse Behandlung Erfolg gezeigt haben und welche Folgen sich derzeit aus den behaupteten Erkrankungen ergeben.
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b. Ebenso wenig ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass der Sohn der Klägerin im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-Verordnung von der Unterstützung seiner Mutter abhängig wäre. Dies ist schon deshalb nicht feststellbar, weil gemäß den vorstehenden Ausführungen nicht erkennbar ist, dass der Sohn der Klägerin im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung schwer erkrankt ist.
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Ungeachtet dessen lässt sich den Schilderungen der Klägerin – das Vorliegen einer schweren Erkrankung ihres Sohnes unterstellt – nicht entnehmen, dass dieser zwingend auf die Unterstützung der Klägerin angewiesen wäre. Vielmehr ist das Gericht der Überzeugung, dass die Unterstützung des Sohnes der Klägerin ebenso durch dessen Frau erfolgen kann, die mit ihm zusammenlebt, sich nach den Angaben der Klägerin überwiegend zu Hause aufhält und bereits jetzt für ihn sorgt. Hierbei ist nicht erkennbar, dass die Schwiegertochter der Klägerin nicht auch deren Unterstützungsleistungen übernehmen könnte – zumal diese ausweislich des Vortrags in der mündlichen Verhandlung primär darin bestehen, dem Sohn der Klägerin Gesellschaft zu leisten, wenn es ihm schlecht geht und dafür zu sorgen, dass er ansonsten ungestört bleibt. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, zu dem Vorfall vom 20. März 2018, bei dem ihr Sohn sich die Unterarme aufgeschnitten hat, sei es nur gekommen, weil sie sich während dieser Zeit in Lettland befand, wird dies durch das Attest vom 20. März 2018 nicht belegt. Vielmehr hat der Sohn der Klägerin dort als Auslöser angegeben, er habe aus der Aufnahmeeinrichtung in eine andere Einrichtung verlegt werden sollen, jedoch befürchtet, dass er abgeschoben werden solle. Daraufhin sei er ausgerastet. Die Abwesenheit seiner Mutter fand hierbei keine Erwähnung. Ein entsprechender Zusammenhang resultiert ferner nicht aus dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, denn auch hieraus folgt, dass der Auslöser der „Kontakt zu Aserbaidschan“ war, nicht jedoch die Abschiebung der Klägerin. Soweit diese meint, sie hätte durch ihre Anwesenheit den Vorfall verhindern können, handelt es sich letztlich um eine bloße Mutmaßung. Sollte es in Zukunft erneut zu derartigen Anf8;llen kommen, könnte die Schwiegertochter der Klägerin ihrerseits beruhigend auf ihren Mann einwirken, oder, falls dies vergeblich wäre, den Notdienst rufen.
- 60
c. Des Weiteren befindet sich der Sohn der Klägerin – ebenso wie seine restliche Familie – selbst noch im Klageverfahren gegen seinen ablehnenden Asylbescheid (2 K 4403/18.TR) und hält sich nicht rechtmäßig in Deutschland auf. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Sinne von Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO setzt nämlich voraus, dass dieser durch einen exekutiven oder legislativen Akt legalisiert wurde (Koehler, Praxiskommentar zum Europäischen Asylzuständigkeitssystem, 2018, Art. 16, Rn. 10, 11). Eine Gestattung nach § 55 Abs. 1 AsylG stellt keine derartige Legalisierung dar (vgl. VG München, B.v. 30.12.2015 – M 12 S 15.50773 – juris). § 55 Abs. 1 AsylG vermittelt nur ein vorübergehendes verfahrensbegleitendes Aufenthaltsrecht, aber keinen dauerhaft rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne des Art. 16 Dublin III-VO (VG Berlin, B.v. 20.8.2015 – 33 L 244.15 A – juris; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 – W 8 S 17.50344 –, Rn. 21, juris).
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5.Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die ein Selbsteintrittsrecht der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 VO 604/2013/EU begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat abweichend von Artikel 3 Absatz 1 der Dublin III-VO beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen.p>
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Durch Art. 9 ff. und 16 Dublin- III Verordnung wird schutzwürdigen familiären Belangen umfassend Rechnung getragen. Angesichts dieser abschließenden Regelungen ist in den hiervon nicht erfassten Fällen grundsätzlich nicht von einer aus familiären Beziehungen resultierenden besonderen Schutzbedürftigkeit der Antragsteller auszugehen, so dass insoweit keine Veranlassung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts besteht. Ebenso ist der vorliegende Fall gelagert, da es sich bei den vorstehend genannten Verwandten der Antragstellerin nicht um Familienangehörige im Sinne des Art. 2 g) Dublin III- Verordnung handelt, die Voraussetzungen des Art. 16 Dublin III-Verordnung nicht vorliegen und andere Gesichtspunkte, die ausnahmsweise dennoch einen Selbsteintritt der Klägerin erfordern könnten, weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich sind.
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III. Der auf die Feststellung von Abschiebungsverboten und entsprechende Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide gerichtete Hilfsantrag bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
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Zwar ist er in Form einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Insbesondere hat sich die unter Ziffer 2) des Bescheids vom 16. Januar 2018 gemäß § 31 Abs. 3 S. 1 AsylG getroffene Feststellung, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG nicht vorliegen, ebenso wie die Unzulässigkeitsentscheidung unter Ziffer 1) dieses Bescheids nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin nach ihrer Überstellung erneut illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Vielmehr bleibt diese Entscheidung als „Annex“ der Unzulässigkeitsentscheidung (vgl. § 31 Abs. 3 S. 1 AsylG, hierzu: BeckOK AuslR/Heusch, 21. Ed. 1.2.2019, AsylG § 31 Rn. 17 ff.) gleichfalls bestehen und ist nur dann aufzuheben, wenn sich herausstellt, dass zwischenzeitlich ein anderer EU-Mitgliedstaat zuständig geworden ist oder das Bundesamt bei der Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass einer neuen Abschiebungsanordnung feststellt, dass zwischenzeitlich Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG aufgetreten sind. In letzterem Fall wäre das Bundesamt verpflichtet, anstelle einer neuen Abschiebungsanordnung in einem neuen Bescheid unter Aufhebung der bisherigen Feststellung nach § 31 Abs. 3 S. 1 AsylG festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG vorliegen.
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Jedoch hat der Hilfsantrag in der Sache keinen Erfolg, denn die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2) des Bescheids vom 16. Januar 2018) und die Abschiebungsanordnung (Ziffer 1) des Bescheids vom 29. Oktober 2018) sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
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1. Infolge der illegalen Wiedereinreise der Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland bedurfte es vor einer abermaligen Überstellung der Klägerin nach Slowenien einer neuen Abschiebungsanordnung (§ 34 a Abs. 1 AsylG), denn die Abschiebungsanordnung im Bescheid vom 16. Januar 2018 hat sich in dem Moment, in dem die Klägerin sich wieder im Bundesgebiet Deutschland befand, erledigt (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. April 2018 – 12 L 950/18.A –, juris; weitergehend mit der Auffassung, der gesamte Bescheid habe sich erledigt: VG Gießen, Beschluss vom 20. März 2018 – 6 K 4516/17.GI.A –, juris). Anders als die Überstellungsentscheidung konnte die Abschiebungsanordnung ab diesem Zeitpunkt keine Rechtswirkungen mehr entfalten (§ 43 Abs. 2 VwVfG), da sie bereits vollzogen wurde und eine erneute Abschiebung auf der Grundlage dieser Abschiebungsanordnung wegen der Erforderlichkeit eines erneuten Wiederaufnahmeverfahrens nach Art. 24 Dublin III-Verordnung (EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 – C-360/16 –, Rn. 41 ff., a. a. O.) nicht möglich war.
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Ein derartiges Wiederaufnahmeverfahren hat nicht lediglich die Überprüfung der vor der Überstellung getroffenen Abschiebungsordnung zum Gegenstand, sondern es handelt sich hierbei um ein selbstständiges Verfahren. Erst nach Abschluss dieses Verfahrens kann eine neue Überstellungsentscheidung im Sinne der Dublin III-Verordnung (hier die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung vom 29. Oktober 2018) erlassen werden (vgl. Art. 26 Abs. 1 S. 1 Dublin III-Verordnung). Diese stellt eine von der vorigen Abschiebungsanordnung vom 16. Januar 2018 unabhängige, eigenständige Sachentscheidung dar, was insbesondere daran deutlich wird, dass sie einem eigenen Rechtsbehelf zugänglich ist (Art. 26 Abs. 2 Dublin III-Verordnung). Zudem wird durch das erneute Dublin-Verfahren gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin III-Verordnung abermals eine sechsmonatige Überstellungsfrist auslöst.
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2. Hiervon ausgehend hat die Beklagte in rechtmäßiger Weise erneut die Abschiebung der Klägerin nach Slowenien angeordnet, denn Abschiebungshindernisse liegen nicht vor.
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a. Inländische Abschiebungshindernisse, die gemäß § 34 a Abs. 1 S. 1 AsylG dem Erlass einer Abschiebungsanordnung entgegenstehen würden, liegen nicht vor. Insbesondere kann die Klägerin sich mit Blick auf ihre in Deutschland befindlichen Angehörigen (Sohn, Schwiegertochter und Enkelkinder) nicht auf ein inländisches Abschiebungsverbot gemäß § 34 a AsylG, § 60 a Abs. 2 S. 1 AufenthG i. V. m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK berufen. Maßgeblich ist insoweit, dass nicht jede eheliche Lebensgemeinschaft und jedwede familiäre Beziehung zu einer rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung führen (VGH Mannheim InfAuslR 2001, 381 f.). Vielmehr muss eine unzumutbare Beeinträchtigung der Familieneinheit durch die (vorübergehende) Trennung von Familienangeh6;rigen vorliegen, wie bspw. im Falle der Trennung kleiner Kinder von ihren Eltern oder auch bei kranken und pflegebedürftigen Familienangehörigen (BVerfG BeckRS 1999, 22630; VGH Mannheim InfAuslR 2001, 381–382, zu Vorstehendem: BeckOK AuslR/Kluth AufenthG § 60a Rn. 12-21, beck-online).
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Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Aus den im Zusammenhang mit Art. 16 Dublin III-Verordnung dargestellten Gründen ergibt sich vielmehr, dass die Trennung der Klägerin von ihrem volljährigen Sohn und dessen Familie, zumutbar ist, da weder ersichtlich ist, dass der volljährige Sohn der Klägerin im Zeitpunkt dieser Entscheidung schwer erkrankt ist, noch, dass er zwingend auf die Hilfe der Klägerin angewiesen ist. Insofern wird vollumfänglich auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen und ergänzend auf die Ausführungen im Eilbeschluss vom 5. Dezember 2018 verwiesen.
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Hinzu kommt, dass die Familie der Klägerin gemäß obigen Ausführungen ohnehin kein dauerhaftes Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland hat. Bei der Prüfung des Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG sind indes grundsätzlich nur die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise</em> im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und angemessen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 2001 – 2 BvR 2625/10 – und Beschluss vom 22. Dezember 2003 – 2 BvR 2108/00 –, jeweils juris). Ein Anspruch auf Schutz des Familienlebens eines Ausländers im Bundesgebiet kann sich daher in der Regel nur dann ergeben, wenn feststeht, dass der weitere Aufenthalt des Angehörigen, zu dem eine Familieneinheit besteht, im Bundesgebiet gesichert ist (vgl. zu dem Erfordernis eines gesicherten Bleiberechts grundlegend BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1987 – 2 BvR 1226/83 –, juris; vgl. auch VG Sigmaringen, Urteil vom 16. November 2017, a.a.O.; VG Augsburg, Urteil vom 22. Februar 2005 – Au 3 K 04.30850 –, juris; VG Trier, Beschluss vom 4. Juli 2012 – 1 L 671/12.TR 211;, juris Rn. 9 f.). An diesem Erfordernis fehlt es vorliegend.
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Schließlich wurden sonstige – über den Bestand der Familieneinheit hinausgehende – besondere Umstände, die ausnahmsweise zur Unzumutbarkeit der Abschiebung der Klägerin führen würden, weder vorgetragen, noch sind derartige Umstände sonst ersichtlich.
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b. Soweit der Hilfsantrag die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG betrifft, wird auf die vorstehenden, umfangreichen Ausführungen verwiesen, aus denen sich ergibt, dass der Klägerin in Slowenien keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 3 EMRK droht.
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c. Die Klägerin kann sich mit Blick auf die in der mündlichen Verhandlung geschilderten gesundheitlichen Beschwerden auch nicht auf ein gesundheitsbedingtes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG berufen.
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Eine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (§ 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG; so bereits zuvor: BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2006 – 1 B 118/05 –, juris). Erforderlich ist, dass die drohende Gesundheitsgefahr von besonderer Intensität ist und die zu erwartende Gesundheitsverschlechterung alsbald nach Rückkehr in den Zielstaat einzutreten droht (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 – 9 C 58/96 –, NVwZ 1998, 524). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, nach § 60a Abs. 2c AufenthG, der auch auf das Bestehen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote Anwendung findet (OVG RP, Beschluss vom 02. Oktober 2018 – 6 A 11552/17.OVG; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28. September 2017 – 2 L 85/17 –, Rn. 6, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 03. Februar 2017 – 6a K 2802/15.A –, Rn. 24, juris), durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten.
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Ein derartiges qualifiziertes ärztliches Attest wurde von der Klägerin nicht vorgelegt, obschon hierzu sowohl im Verwaltungs- als auch im Klageverfahren ausreichend Gelegenheit bestanden hätte. Auf dieser Grundlage vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass es sich bei den geschilderten Beschwerden um schwere oder gar lebensbedrohliche Erkrankungen handelt, die sich im Falle einer Abschiebung nach Slowenien wesentlich verschlechtern würden – zumal dort gemäß den obigen Ausführungen der Zugang zur medizinischen Versorgung gesichert ist.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht bezüglich des entschiedenen Teils auf § 154 Abs.1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit resultiert aus § 83 b AsylG.
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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beruht die Kostenentscheidung auf § 161 Abs. 2 VwGO. Hiernach entspricht es billigem Ermessen, der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, da diese nach bisherigem Sach- und Streitstand mit ihrer Klage erfolglos geblieben wäre. Soweit sie bei sachgerechter Auslegung (§ 88 VwGO) mit ihrem Hauptantrag vom 29. Januar 2018 unter Berufung auf die Rechtswidrigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung die Aufhebung des Bescheids vom 16. Januar 2018 – einschließlich der Ziffern 3) und 4) – beantragt hat, folgt dies aus den vorstehenden Ausführungen zur Ziffer 1) des Bescheids vom 16. Januar 2018 sowie der Begründung des Eilbeschlusses vom 8. März 2018 (7 L 1673/18.TR), auf welche hier vollumfänglich Bezug genommen wird. Hinsichtlich des auf die Feststellung von Abschiebungsverboten gerichteten Hilfsantrags – welcher bei einer am klägerischen Begehr orientierten Auslegung die entsprechende Aufhebung des Bescheids vom 16. Januar 2018 umfasst hat – ist maßgeblich, dass bis zur Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen keine Abschiebungshindernisse vorlagen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides der Beklagten vom 16. Januar 2017 sowie die vorstehenden Ausführungen zum Fehlen von Abschiebungshindernissen Bezug genommen.
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V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung. Die Entscheidung über die Abwendungsbefugnis der Klägerin hinsichtlich des streitig entschiedenen Teils der Klage (2/3 der Kosten) beruht auf § 711 ZPO i.V.m. § 167 VwGO (vgl. VG München, Urteil vom 09. Dezember 2013 – M 24 K 13.1725 –, Rn. 57, juris, m. w. N.).
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- § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG 1x (nicht zugeordnet)
- 7 L 5602/18 1x (nicht zugeordnet)
- § 77 Abs. 1 AsylG 2x (nicht zugeordnet)
- § 11 Abs. 1 AufenthG 1x (nicht zugeordnet)
- 6 K 4516/17 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 87a 1x
- VwGO § 88 1x