Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 8 S 1081/19

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Dezember 2014 - 13 K 2249/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens - BVerwG 4 C 6.17 -.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids über die planungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzungsänderung einer Teilfläche im Erdgeschoss eines dreigeschossigen Parkhauses.
In Bezug auf die von ihr beabsichtigte Nutzungsänderung von Parkflächen zu einem Getränkemarkt beantragte die Klägerin am 06.07.2012 die Erteilung eines Bauvorbescheids zu der Frage, „ob der Einbau eines Getränkemarkts mit 790 m2 Verkaufsfläche gemäß Punkt A, GE1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes Aldinger Straße (Mühl 76) im EG des bestehenden Parkhauses ausnahmsweise planungsrechtlich zulässig ist“.
Das Parkhaus befindet sich auf dem Grundstück Flst. Nr. ... der Gemarkung Stuttgart-Mühlhausen, ... Straße ..., das im Geltungsbereich des am 25.11.1999 als Satzung beschlossenen Bebauungsplans „Aldinger Straße Mühlhausen“ (Mühl 76) liegt. Dieser weist für den betroffenen Grundstücksbereich ein Gewerbegebiet (GE1) aus, für das er folgende textliche Festsetzungen enthält:
„Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO i.V.m. § 1 (5) BauNVO)
GE1 Zulässig sind nur nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe, die das Wohnen nordwestlich der Aldinger Straße (L 1100) nicht wesentlich stören. Dieser Schutz bezieht sich nicht auf das Wohnen im GE1.
Einzelhandelsbetriebe können nur ausnahmsweise zugelassen werden. Lagerhäuser und Lagerstätten sind nicht Bestandteil des Bebauungsplans.“
Für den südwestlich angrenzenden Grundstücksbereich setzt der Bebauungsplan ein Sondergebiet (SO1) fest, das der Unterbringung eines Einkaufszentrums - verwirklicht als „..."-Filiale - mit maximal 5.000 m2 Verkaufsfläche dient. Im Untergeschoss und in den Obergeschossen sind zudem Nutzungen für nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe nach Maßgabe der Festsetzungen zum GE1, Büronutzungen und Räume für freie Berufe sowie als Ausnahme bestimmte Vergnügungsstätten zulässig.
Im Nordwesten des Baugrundstücks verläuft die ... Straße (...) mit der Stadtbahnlinie U 14 unmittelbar am Baugrundstück entlang. Jenseits der Aldinger Straße befinden sich ein als Mischgebiet festgesetzter und ein der Baustaffel 7 nach der Ortsbausatzung für Stuttgart vom 25.06.1935 („Wohngebiet“) zugeordneter Bereich. Im Südosten fließt der Neckar am Baugrundstück vorbei. Nordöstlich des bestehenden Parkhauses befinden sich im Gewerbegebiet GE1 ein Fastfood-Restaurant und eine Tankstelle mit einem sog. „Tankstellenshop“, der von der Beklagten als Einzelhandel ausnahmsweise zugelassen wurde.
Vor der Neuplanung im Jahr 1999 lag die für die Umnutzung vorgesehene Fläche jeweils teilweise in den Geltungsbereichen der Bebauungspläne „Aldinger Straße zwischen Hofener Brücke und Mönchfeldstraße“ (Mühl 30) vom 25.03.1965 und „Aldinger Straße“ (Mühl 58) vom 01.07.1971 in einem als Industriegebiet festgesetzten Bereich. Beide Vorgänger-Bebauungspläne wurden - gemeinsam mit anderen Bebauungsplänen - am 07.03.1991 auf die BauNVO 1990 umgestellt.
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Am 22.05./19.06.1998 schlossen die damalige Grundeigentümerin und die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über eine Bebauungsplanänderung zur Ermöglichung eines Handels- und Gewerbeschwerpunkts einschließlich eines Verbrauchermarkts, dem die Bauherrin des Verbrauchermarkts, ein zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörendes Unternehmen und Rechtsvorgängerin der Klägerin, beitrat. Einen weiteren öffentlich-rechtlichen Vertrag schlossen die Beteiligten am 22.12.1999/17.01.2000 nach dem Satzungsbeschluss. In diesem wurde neben einer sortimentsbezogenen Begrenzung der Verkaufsfläche (3.000 m2 für Lebensmittel und bis zu 1.500 m2 für Non-food-Artikel) vereinbart, dass nicht mehr als 450 Stellplätze verwirklicht und diese im westlichen Baufenster des Gebiets GE1 hergestellt werden sollen.
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Am 28.12.1999 erkannte die damalige Bauherrin die Festsetzungen des damals noch nicht in Kraft getretenen Bebauungsplans Mühl 76 für sich und ihre Rechtsnachfolger nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB an Die „Errichtung eines Verbrauchermarkts sowie Erstellung eines Parkierungsgebäudes“ wurde mit Baugenehmigung vom 24.01.2000 und Nachtragsbaugenehmigung vom 23.08.2001 als gemeinsames Vorhaben genehmigt.
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Mit Bescheid vom 20.09.2012 lehnte die Beklagte die Erteilung des von der Klägerin beantragten Bauvorbescheids ab. Die für die Einrichtung eines Getränkemarkts erforderliche Ausnahme vom Bebauungsplan werde nicht erteilt. Angesichts der bereits bestehenden Nutzungen (Tankstelle, Fastfood-Restaurant) entstünde durch den Getränkemarkt ein Übergewicht an Einzelhandelsnutzungen im Bereich GE1 und würden damit die Zielsetzungen des Bebauungsplans insgesamt unterlaufen.
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Den von der Klägerin hiergegen am 23.10.2012 erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2013 zurück. Zur Begründung heißt es darin ergänzend, eine Ausweitung des Einzelhandelsstandorts durch die zusätzliche Errichtung eines Getränkemarktes mit 790 m2 Verkaufsfläche widerspräche auch dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Beklagten, so dass eine Ausnahme im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung nicht erteilt werden könne.
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Am 03.07.2013 hat die Klägerin Verpflichtungsklage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 16.12.2014 abgewiesen hat. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf den beantragten Bauvorbescheid, weil das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspreche. Bei dem Getränkemarkt handle es sich zwar nicht um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb, so dass dessen Zulassung im Wege einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB grundsätzlich in Betracht komme. Die Beklagte habe jedoch die Erteilung einer Ausnahme ermessensfehlerfrei abgelehnt, da andernfalls angesichts der bereits bestehenden Nutzungen die Zielsetzung des Bebauungsplans, eine Mischung von Handel, Dienstleistung, Handwerk und Gewerbe zu schaffen, unterlaufen würde. Durch die Zulassung des Getränkemarkts würde das Getränkesortiment aus dem verkaufsflächenbegrenzten Sondergebiet in das Gewerbegebiet „ausgelagert“ mit der Folge, dass in dem großflächigen Einzelhandelsbetrieb Verkaufsflächen frei würden, die für eine Ausweitung des dort geführten Sortiments genutzt werden könnten. Dies hätte Folgen für den innerstädtischen Einzelhandel und würde dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Beklagten zuwiderlaufen. Schließlich habe die Beklagte berücksichtigen dürfen, dass mit der Zulassung des Getränkemarkts der Einzelhandel auf der als (eingeschränktes) Gewerbegebiet ausgewiesenen Fläche ein zu großes Gewicht erhielte. Der Senat hat mit Beschluss vom 30.07.2015 - 8 S 147/15 - auf den Antrag der Klägerin die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen.
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Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin zur Unzulässigkeit der im Bebauungsplan Mühl 76 für das GE1 getroffenen Festsetzungen aus. Sie sei - ungeachtet der von ihrer Rechtsvorgängerin abgegebenen Anerkenntniserklärung - rechtlich nicht gehindert, sich auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zu berufen. Im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans sei der geplante Getränkemarkt bauplanungsrechtlich zulässig, ohne dass es auf die Erteilung einer Ausnahme ankomme. Selbst bei Annahme der Wirksamkeit des Bebauungsplans sei das Vorhaben zulässig, weil nur auf die Fassung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts abgestellt werden könne, die bei Inkrafttreten des Bebauungsplans gültig gewesen sei.
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Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit des Bebauungsplans für rechtsmissbräuchlich.
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Mit Urteil vom 10.10.2017 - 8 S 1606/15 - hatte der Senat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin könne sich aufgrund des erklärten Anerkenntnisses der planerischen Festsetzungen nicht auf eine etwaige Unwirksamkeit des Bebauungsplans berufen.
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Auf die Revision der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht diese Entscheidung mit Urteil vom 12.12.2018 - 4 C 6.17 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen. Die Erwägung, die Klägerin könne sich infolge des Anerkenntnisses auch nach Inkrafttreten des Bebauungsplans nicht auf dessen Unwirksamkeit berufen, sei mit Bundesrecht nicht vereinbar. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen lasse sich jedoch nicht abschließend beurteilen, ob der Senat einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids im Ergebnis zu Recht abgelehnt habe. Hierfür sei zu prüfen, ob es der Klägerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gleichwohl verwehrt sei, sich auf die Unwirksamkeit des anerkannten Bebauungsplans zu berufen. Anderenfalls komme es auf die vom Senat in dem aufgehobenen Berufungsurteil nicht abschließend entschiedene Frage der Wirksamkeit des Bebauungsplans an. Diese könne nur offenbleiben, wenn unabhängig hiervon von der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens der Klägerin auszugehen wäre. So könnte der Getränkemarkt zusammen mit dem bestehenden Verbrauchermarkt ein Einkaufszentrum bilden, das nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO außer in Kerngebieten nur in dafür festgesetzten Sondergebieten zulässig sei. Ausgehend davon, dass die damalige Bauherrin den Verbrauchermarkt und das Parkhaus bei ihrer Errichtung als einheitliches Vorhaben zur Genehmigung gestellt und beide (Teil-)Vorhaben dadurch miteinander verklammert habe, könnte sich durch die Umwandlung einer Teilfläche des Parkhauses in einen Getränkemarkt außerdem die bauplanungsrechtliche Zulässigkeitsfrage hinsichtlich des bisherigen Gesamtvorhabens „Verbrauchermarkt mit Parkhaus“ insgesamt neu stellen.
19 
Am 19.03.2019 fasste die Beklagte den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans „Gewerbegebiet Aldinger Straße“ (Mühl 89). Ihr Gemeinderat hat hierauf bezogen am 11.04.2019 eine Veränderungssperre für das Vorhabengrundstück als Satzung beschlossen (Mühl 89/1).
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Die Klägerin trägt zur weiteren Begründung der Berufung vor, die Veränderungssperre könne dem Vorhaben wegen der Notwendigkeit der Anrechnung von Zeiten „faktischer Zurückstellung“ seit Ablehnung ihrer Bauvoranfrage entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht entgegengehalten werden. Wenn schon zulässige Verzögerungen auf die Laufzeit einer Veränderungssperre angerechnet würden, müsse dies bei rechtswidrigen Verzögerungen erst Recht gelten. Bestätigt werde dies durch die Regelung des § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB, die zeige, dass alle über den dort genannten Zeitraum hinausgehenden Verzögerungen auf die Laufzeit der Zurückstellung angerechnet werden müssten. Hierbei komme es nicht darauf an, ob eine solche Verzögerung von der Gemeinde zu verantworten sei. Es sei auch nicht gerechtfertigt, Fälle von der entsprechenden Anwendung der Anrechnungsregelung auszunehmen, in denen der Bauantrag aus anderen Gründen als zur Sicherung einer beabsichtigten Bauleitplanung nicht beschieden oder abgelehnt worden sei. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass die Klägerin mit der Veränderungssperre keine neuen Planungsabsichten schützen wolle, sondern die Neuplanung ebenso wie bereits die Ablehnung der Bauvoranfrage der Verwirklichung ihres Einzelhandels- und Zentrenkonzepts diene. Auch der Bebauungsplan Mühl 76 stehe dem Vorhaben nicht entgegen. Er sei unwirksam, weil es für die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung im GE1 mit der dort vorgenommenen Einschränkung in Bezug auf die Zulässigkeit von Gewerbebetrieben an einer Rechtsgrundlage fehle. Aufgrund vergleichbarer Mängel seien auch die Vorgänger-Bebauungspläne unwirksam. Die Berufung auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans stelle auch kein widersprüchliches oder sonst rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Aus dem zeichnerischen Teil des Bebauungsplans Mühl 30 ergebe sich, dass zuvor ein Industrieviertel im Sinne der Württembergischen Bauordnung vom 08.08.1910 (WürttBO) festgesetzt gewesen sei, in dem Einzelhandelsbetriebe wie der geplante Getränkemarkt uneingeschränkt zulässig seien.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Dezember 2014 - 13 K 2249/13 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 20.09.2012 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 12.06.2013 zu verpflichten, ihr einen (positiven) Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Nutzungsänderung eines Parkdecks im Parkhaus Aldinger Straße 70 in Stuttgart in einen Getränkemarkt gemäß ihrem Bauantrag vom 29.06.2012 zu erteilen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
25 
Zeiten „faktischer Zurückstellung“ der Bauvoranfrage lägen nicht vor, so dass die Veränderungssperre der planungsrechtlichen Zulassung des Vorhabens entgegenstehe. § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB könne nur analog angewendet werden, wenn die Rechtswidrigkeit einer Ablehnungsentscheidung anders als hier gerichtlich festgestellt sei. Anderenfalls wäre sie nun schlechter gestellt, als wenn bereits das Verwaltungsgericht (im Jahr 2014) die Ablehnung der Bauvoranfrage als rechtswidrig angesehen hätte. Denn in diesem Fall hätte sie ohne Weiteres eine wirksame Veränderungssperre erlassen und eine Neuplanung unter Berücksichtigung der Fristen des § 17 BauGB rechtzeitig zum Abschluss bringen können. Im Übrigen könne sich die Klägerin nicht auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans Mühl 76 berufen, weil dies ungeachtet der formalen Reichweite des von ihrer Rechtsvorgängerin erklärten Anerkenntnisses treuwidrig sei. Die Festsetzung der zulässigen Nutzungen im GE1 sei überdies nicht zu beanstanden. Durch sie würden die Eigenschaften der im GE1 zulässigen Anlagen in rechtmäßiger Weise im Sinne von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO geregelt. Ungeachtet dessen sei das Vorhaben selbst bei Annahme der Unwirksamkeit des Bebauungsplans unzulässig. Insbesondere könne es nicht losgelöst von dem vorhandenen Verbrauchermarkt betrachtet werden. Ein Industrieviertel nach Art. 59 WürttBO liege auch bei Annahme der Unwirksamkeit der Vorgänger-Bebauungspläne nicht vor. Die nachrichtlich übernommene Festsetzung „I“ stamme aus dem Bebauungsplan „Auwiesen“ aus dem Jahr 1960 (1960/39), der in nichtöffentlicher Sitzung als Satzung beschlossen und deswegen unwirksam sei.
26 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten sowie die Verfahrens-akte des Verwaltungsgerichts vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird darauf sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
27 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage der Klägerin im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil der Erteilung des beantragten Bauvorbescheids von der Beklagten zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Die beabsichtigte Nutzungsänderung ist bauplanungsrechtlich unzulässig. Dies ergibt sich zwar nicht aus den Festsetzungen des Bebauungsplans „Aldinger Straße Mühlhausen“ (Mühl 76) vom 25.11.1999 und einer auf dessen Grundlage rechtmäßig versagten Ausnahme (siehe nachfolgend unter 1.). Der Erteilung des begehrten Bauvorbescheids steht jedoch die zwischenzeitlich erlassene Veränderungssperre entgegen (siehe nachfolgend unter 2.).
28 
1. Der Bebauungsplan „Aldinger Straße Mühlhausen“ (Mühl 76) ist unwirksam (siehe nachfolgend a). Hierauf kann sich die Klägerin auch berufen (siehe nachfolgend b).
29 
a) Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Bebauungsplans, dass in dem Gewerbegebiet GE1 nur nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe zulässig sind, „die das Wohnen nordwestlich der Aldinger Straße (L 1100) nicht wesentlich stören“ (aa). Diese Festsetzung ist außerdem nicht hinreichend bestimmt (bb). Dies führt zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans (cc).
30 
aa) Zwar hält sich eine Festsetzung eines Gewerbegebiets, in dem nur Gewerbebetriebe zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören, noch im Rahmen der in der Baunutzungsverordnung vorgenommenen Typisierung. Danach dienen Gewerbegebiete vorwiegend der Unterbringung nicht erheblich belästigender Gewerbebetriebe (§ 8 Abs. 1 BauNVO). Da eine Gebietsfestsetzung auch mit einer solchen Einschränkung noch dem durch diese allgemeine Zweckbestimmung gekennzeichneten Typus des Gewerbegebiets entspricht, ist sie für sich genommen grundsätzlich zulässig (vgl. zum „eingeschränkten Gewerbegebiet“ BVerwG, Beschlüsse vom 15.04.1987 - 4 B 71.87 -, Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 7, und vom 08.11.2004 - 4 BN 39.04 -, Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 20).
31 
Eine Beschränkung der im Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässigen gewerblicher Nutzungen kann im Wege der durch § 1 Abs. 4, 5 oder 9 BauNVO eröffneten Festsetzungsmöglichkeiten erfolgen. Eine solche Festsetzung stellt die vorliegende Beschränkung der Nutzungsart jedoch nicht dar.
32 
(1) Die Festsetzung lässt sich entgegen der von der Beklagten weiterhin vertretenen Auffassung nicht auf § 1 Abs. 4 BauNVO stützen. Hierfür wäre erforderlich, dass durch sie eine Gliederung des Baugebiets (§ 1 Abs. 4 Satz 1 BauNVO) oder eine baugebietsübergreifende Gliederung des Gemeindegebiets (§ 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO) erreicht werden soll und auch kann. Dies ist hier nicht der Fall.
33 
Eine Binnengliederung nach der Art der zulässigen Nutzung (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauNVO) wird durch die Festsetzung nicht bewirkt. Durch sie wird das Gewerbegebiet insbesondere nicht nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften im Sinne von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO gegliedert. Weder knüpft die Festsetzung an bestimmte Eigenschaften von Betrieben an noch ordnet sie hiervon ausgehend räumlich deren Zulässigkeit im Gewerbegebiet. Eine Gliederung des Gebiets nach dem Emissionsverhalten von Gewerbebetrieben, die mit der Festlegung von Emissionsgrenzwerten in Form flächenbezogener Schallleistungspegel bzw. von Emissionskontingenten möglich wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2017 - 4 CN 7.16 -, BVerwGE 161, 53 sowie Beschlüsse vom 09.03.2015 - 4 BN 26.14 -, BauR 2015, 943, vom 02.10.2013 - 4 BN 10.13 -, BauR 2014, 59, vom 27.01.1998 - 4 NB 3.97 -, Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 24 und vom 18.12.1990 - 4 N 6.88 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50), liegt in der Anknüpfung an die Störintensität für das Wohnen jenseits der Aldinger Straße nicht. Denn mit ihr wird nicht nach den von einem Betrieb ausgehenden Emissionen und damit einer konkret feststellbaren und insoweit verbindlich geregelten „Eigenschaft“ unterschieden (ähnlich NdsOVG, Urteil vom 03.07.2000 - 1 K 2107/99 -, NVwZ-RR 2001, 499). Allenfalls wird mit der Festsetzung ein Immissionsgeschehen beschrieben, was jedoch dem der Baugebietsfestsetzung der Baunutzungsverordnung zugrundeliegenden Gedanken der anlagen- und betriebsbezogenen Typisierung (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 -, BVerwGE 131, 86 Rn. 15) fremd ist und deswegen kein taugliches Gliederungskriterium darstellt (vgl. in Bezug auf sog. „Zaunwerte“ bzw. „Summenpegel“ BVerwG, Urteil vom 16.12.1999 - 4 CN 7.98 -, BVerwGE 110, 193 sowie Beschlüsse vom 10.08.1993 - 4 NB 2.93 -, Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 18 und vom 02.10.2013, a.a.O. = juris Rn. 5 und vom 09.03.2015, a.a.O. = juris Rn. 5). Zudem dient die Anwendung der Lärmemissionskontingentierung in einem Bebauungsplan nicht nur dazu, die Belastung außerhalb des Plangebiets liegender Immissionsorte zu begrenzen, sondern zugleich einer sachgerechten Verteilung von „Lärmrechten“ zwischen den einzelnen Betrieben oder Anlagen (vgl. BayVGH, Urteil vom 28.07.2016 - 1 N 13.2678 -, juris Rn. 23; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.06.2014 - 7 D 98/12.NE -, BauR 2014, 1912). Auch dem wird die planerische Festsetzung der Beklagten nicht gerecht. Hinzu kommt, dass es zur Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung selbst bei zulässiger Festsetzung von Emissionsbegrenzungen in einem Gewerbegebiet ein Teilgebiet geben muss, in dem grundsätzlich alle nach § 8 BauNVO zulässigen Betriebe zugelassen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2017 - 4 CN 7.16 -, BVerwGE 161, 53; NdsOVG, Urteil vom 18.07.2019 - 1 KN 78/17 -, juris Rn. 52 ff. m.w.N.). Dies wird durch die Festsetzung ebenfalls nicht gewährleistet. Insbesondere bleibt der Senat bei seiner im Urteil vom 10.10.2017 bereits geäußerten Auffassung, dass sich aus der Anknüpfung an die Wohnbebauung jenseits der Aldinger Straße insbesondere keine örtliche Stufung dahingehend ableiten lässt, dass etwa die Betriebe bei stärkerem Emissionsverhalten stets einen größeren Abstand zur Straße halten müssten. Unter Zugrundelegung der getroffenen Festsetzung kommt es vielmehr darauf an, ob gerade auf der Höhe eines Bauvorhabens jenseits der Straße überhaupt Wohnbebauung vorhanden und wie weit diese ggf. von dem Bauvorhaben entfernt liegt.
34 
Ebenso wenig wird mit der Bezugnahme auf die benachbarte Wohnbebauung eine baugebietsübergreifende Gliederung erreicht. Die Wirksamkeit einer solchen gebietsübergreifenden Gliederung von Gewerbegebieten nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO ist davon abhängig, dass ihr ein darauf gerichteter planerischer Wille der Gemeinde zugrunde liegt, der in geeigneter Weise im Bebauungsplan selbst oder seiner Begründung dokumentiert worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2017, a.a.O. Rn. 17; Beschluss vom 21.10.2019 - 4 BN 24.19 -, juris). Von anderen Gewerbegebieten ist in den Planunterlagen aber bereits nicht die Rede.
35 
(2) Die Festsetzung kann auch nicht auf § 1 Abs. 5 oder § 1 Abs. 9 BauNVO gestützt werden.
36 
Nach § 1 Abs. 5 BauNVO kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten in einem Baugebiet allgemein zulässiger Nutzungen nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Der Bebauungsplan schließt aber nicht bestimmte Nutzungsarten abstrakt aus, was wie oben ausgeführt in Form einer Beschränkung der zulässigen gewerblichen oder handwerklichen Nutzung auf Betriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören, durchaus zulässig gewesen wäre. Vielmehr soll mit der Festsetzung - wie die Beklagte im Berufungsverfahren selbst eingeräumt hat und sich aus der Einschränkung, der Schutz beziehe sich nicht auf das Wohnen im GE1 ergibt - die Zulässigkeit von Gewerbebetrieben konkret an ihrer Störwirkung für bestimmte Wohnnutzungen, nämlich denjenigen jenseits der Aldinger Straße, gemessen werden. Eine solche Festsetzung stellt schließlich auch keine Feinsteuerung im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO dar. Denn dies würde ebenfalls voraussetzen, dass das gewählte Differenzierungskriterium an einen Anlagentyp anknüpft, den es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.06.2014 - 4 BN 8.14 -, ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 10 m.w.N.).
37 
bb) Mit der Anknüpfung an das „Wohnen nordwestlich der Aldinger Straße“ erfüllt die Festsetzung auch nicht die Anforderungen, die an die Bestimmtheit einer planerischen Festsetzung aufgrund des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 25 Abs. 2 LV) zu stellen sind. Die Festsetzungen eines Bebauungsplans müssen aus sich heraus so eindeutig und verständlich sein, dass die von ihnen Betroffenen vorhersehen können, welchen Regelungen ihre Grundstücke unterworfen werden und welche Einwirkungen von Nachbargrundstücken zu erwarten sein können (vgl. hierzu Senatsurteil vom 28.11.2019 - 8 S 2792/17 -, BauR 2020, 588 = juris Rn. 107 m.w.N.). Dem wird die Festsetzung nicht gerecht, da für die Betroffenen nicht abstrakt feststellbar ist, welcher Störgrad für die angrenzenden Wohnnutzungen noch hinnehmbar ist (vgl. insoweit bereits Senatsurteil vom 05.05.2011 - 8 S 2773/08 -, VBlBW 2012, 105 = juris Rn. 58). Mit dem Abstellen auf konkret vorhandene Wohnnutzungen unterliegt die Einschränkung außerdem dem Wandel der Zeit und ist gleichermaßen auch ihre Vollzugsfähigkeit kaum gewährleistet.
38 
Insgesamt verlässt die Beklagte mit dieser Regelung den durch die Baunutzungsverordnung gesteckten Rahmen zulässiger Baugebietsfestsetzungen.
39 
cc) Die Unwirksamkeit erfasst den gesamten Bebauungsplan. Da die Beklagte ersichtlich kein uneingeschränktes Gewerbegebiet festsetzen, sondern nahegelegene Wohnnutzungen vor den Lärmeinwirkungen gewerblicher Nutzungen schützen wollte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie im Zweifel auch eine Satzung dieses - aus dem Wegfall der unwirksamen Beschränkung folgenden - Inhalts beschlossen hätte. Mangels eines entsprechenden Normsetzungswillens ist nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB deswegen von einer Gesamtunwirksamkeit auszugehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.2016 - 4 BN 23.16 -, NVwZ 2017, 165 = juris Rn. 5 m.w.N.).
40 
b) Der Klägerin ist die Berufung auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt.
41 
Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Revisionsurteil entschieden hat, steht das nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB von der Rechtsvorgängerin der Klägerin erklärte Anerkenntnis einer Berufung auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans nicht entgegen. Aus der Anerkenntniserklärung, die allein mit Blick auf das damalige Baugenehmigungsverfahren abgegeben wurde und dessen Wirkung sich in der Kompensation der damals fehlenden Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans (nur) bis zu dessen Inkrafttreten beschränkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.2018 - 4 C 6.17 -, BVerwGE 164, 40 Rn. 16 ff.), kann - auch unter Berücksichtigung der flankierend zu der damaligen Planaufstellung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen Verträge - keine weitergehende Bindung der Klägerin abgeleitet werden.
42 
Die Geltendmachung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans ist auch nicht etwa verwirkt und stellt sich auch sonst nicht als rechtsmissbräuchlich dar. Eine Verwirkung würden neben dem bloßen Zeitablauf eine Vertrauensgrundlage sowie einen Vertrauenstatbestand auf Seiten der Beklagten voraussetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11.13 -, BVerwGE 149, 211 Rn. 30 m.w.N. zur st.Rspr.), die hier ersichtlich nicht vorliegen. Da auch keine eigene Pflichtverletzung der Klägerin vorliegt (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 31 m.w.N.), stellt die Berufung auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans ebenso wenig eine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Klägerin setzt sich hiermit auch nicht in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch zu ihrem eigenen früheren Verhalten (vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2019 - 4 B 28.18 -, juris Rn. 6, und vom 19.12.2018 - 4 B 6.18 -, ZfBR 2019, 275 = juris Rn. 11, jeweils m.w.N.). Insbesondere ist die vorliegende Konstellation nicht mit derjenigen bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan (§ 12 BauGB) vergleichbar, bei dem eine Treuwidrigkeit - unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls - gerade deswegen in Betracht kommen kann, weil der Plan auf Wunsch des Vorhabenträgers und in Abstimmung mit diesem erlassen wird (vgl. Senatsurteil vom 08.03.2018 - 8 S 1464/15 -, VBlBW 2018, 339; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, - 3 S 153/17 -, BauR 2018, 237). Demgegenüber ist einem Bauherrn nicht bereits deswegen die Möglichkeit abgeschnitten, seine Interessen später mit Einwänden gegen die Wirksamkeit eines Bebauungsplans durchzusetzen, weil er von einer auf dessen Grundlage erteilten Baugenehmigung Gebrauch gemacht hat (vgl. Senatsurteil vom 08.03.2018, a.a.O. = juris Rn. 93). Nichts anderes folgt hier aus dem Umstand, dass die Klägerin die Erteilung des begehrten Bauvorbescheids zunächst auf Grundlage des Bebauungsplans beantragt und dessen Unwirksamkeit erst im Berufungsverfahren geltend gemacht hat. Es ist vielmehr legitim und nachvollziehbar, dass sie sich erst nach Abweisung ihrer Klage durch das Verwaltungsgericht veranlasst gesehen hat, die Wirksamkeit des Bebauungsplans in Frage zu stellen, nachdem sie zuvor davon ausgegangen war, mit ihrem Vorhaben von der darin vorgesehenen Ausnahmemöglichkeit für Einzelhandelsnutzungen im Gewerbegebiet GE1 profitieren zu können. Insoweit ist darüber hinaus nicht zu übersehen, dass die Versagung der Ausnahmeerteilung nicht zuletzt auch auf das erst im Jahr 2008 entsprechend überarbeitete Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Beklagten gestützt wurde.
43 
2. Trotz der Unwirksamkeit des Bebauungsplans kann der Klägerin der begehrte Bauvorbescheid nicht erteilt werden, weil dem die zwischenzeitlich erlassene Veränderungssperre entgegensteht. Diese schließt die Durchführung von Bauvorhaben wie des zur Genehmigung gestellten auf dem Baugrundstück aus (§ 3 der textlichen Festsetzungen). Es kommt deswegen nicht darauf an, wie die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB zu beurteilen wäre, nachdem die Vorgängerbebauungspläne Mühl 30 und Mühl 58 aufgrund der darin vorgenommenen Beschränkung industrieller Nutzungen im damals festgesetzten Industriegebiet auf nicht erheblich belästigende Betriebe und Anlagen ebenso unwirksam sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.04.2015 - 3 S 328/15 -, VBlBW 2015, 426 = juris Rn. 22 m.w.N.; Senatsurteil vom 10.12.1993 - 8 S 994/12 -, UPR 1994, 455; BVerwG, Beschluss vom 06.05.1993 - 4 NB 32.92 -, Buchholz 406.12 § 9 BauNVO Nr. 6) wie der verfahrensfehlerhaft in nichtöffentlicher Sitzung beschlossene (§§ 35, 37 GemO, vgl. hierzu Senatsurteil vom 12.03.2020 - 8 S 1542/18 -, juris Rn. 31 ff. m.w.N.) Bebauungsplan „Auwiesen“ aus dem Jahr 1960.
44 
a) Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Hauptantrags ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Verpflichtungsklage eines Bauherrn auf Erteilung einer Baugenehmigung bzw. hier eines Bauvorbescheids für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG findet eine sogenannte „Günstigerprüfung“ nicht statt, da nur eine erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn eine (relativ) gesicherte eigentumsrechtliche Position vermittelt (vgl. Senatsurteile vom 08.03.2018, a.a.O., und vom 06.04.2010 - 8 S 1529/08 -, VBlBW 2011, 67 = juris Rn. 17 m.w.N.).
45 
b) Die Veränderungssperre ist wirksam zustande gekommen. Sie leidet weder an formellen noch an materiellen Mängeln.
46 
Nach § 214 BauGB beachtliche Verfahrensfehler sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Gemeinderat hat die Veränderungssperre am 11.04.2019 in öffentlicher Sitzung als Satzung beschlossen (§ 16 Abs. 1 BauGB); am 18.04.2019 erfolgte die ortsübliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Beklagten (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB).
47 
Die Veränderungssperre begegnet auch materiell-rechtlich keinen Bedenken. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Ein wirksamer Aufstellungsbeschluss für den zu sichernden Bebauungsplan „Gewerbegebiet Aldinger Straße“ (Mühl 89) lag zum 11.04.2019 vor. Die Planaufstellung wurde am 19.03.2019 durch den Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik (§ 39 Abs. 1 Satz 1 GemO i.V.m. § 9 Abs. 2 der Hauptsatzung der Beklagten) beschlossen und am 28.03.2019 öffentlich bekannt gemacht. Der Planaufstellung liegt ausweislich der Begründung des Aufstellungsbeschlusses eine hinreichend konkrete, positive Planungskonzeption zugrunde (vgl. zu diesem Erfordernis Senatsurteil vom 05.12.2019 - 8 S 909/18 -, BauR 2020, 613 = juris Rn. 30 m.w.N.), die von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt wird.
48 
c) Die Veränderungssperre ist auch der Klägerin gegenüber wirksam. Eine Anrechnung von Zeiten sog. „faktischer“ Zurückstellung seit Ablehnung der Bauvoranfrage am 20.09.2012 in Analogie zu § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB steht dem nicht entgegen.
49 
Die richterliche Rechtsfortbildung im Wege der Analogie setzt eine Gesetzeslücke in Form einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. BVerfG, Urteil vom 11.07.2012 - 1 BvR 3142/07 u.a. -, BVerfGE 132, 99 = juris Rn. 75; BVerwG, Urteile vom 17.07.2014 - 5 C 20.13 -, Buchholz 428.41 § 3 EntschG Nr. 13 = juris Rn. 16, vom 12.09.2013 - 5 C 35.12 -, BVerwGE 148, 13 = juris Rn. 27, und vom 18.04.2013 - 5 C 18.12 -, Buchholz 436.511 § 93 SGB VIII Nr. 5 = juris Rn. 22, jeweils m.w.N.). Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine eigene Lösung ersetzen. Ob eine Gesetzeslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfassten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung erfasst sein sollten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.07.2014, a.a.O.).
50 
Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze geht das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 11.11.1970 - IV C 79.68 -, Buchholz 406.11 § 17 BBauG Nr. 1 S. 2 sowie Beschlüsse vom 27.04.1992 - 4 NB 11.92 -, Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 5, vom 05.05.2011 - 4 B 12.11 -, BRS 78 Nr. 130 und vom 21.03.2013 - 4 B 1.13 -, BauR 2013, 1254; hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.09.2015 - 3 S 276/15 -, VBlBW 2016, 27, vom 28.10.1999 - 5 S 439/98 -, BRS 62 Nr. 121, und vom 11.02.1993 - 5 S 2471/92 -, VBlBW 1993, 348; Senatsurteil vom 10.12.1993, a.a.O.; grds. ablehnend Sennekamp, in: Brügelmann, BauGB, 113. Lfg. Jan. 2020, § 17 Rn. 21 ff.) bezogen auf die Geltungsdauer einer Veränderungssperre von einer durch analoge Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB zu schließenden Regelungslücke aus, wenn und soweit ein Antrag auf eine Baugenehmigung oder einen Bauvorbescheid eine „faktische“ Zurückgestellung erfährt, indem er nicht hinreichend zügig bearbeitet, sonstwie verzögert oder rechtswidrig abgelehnt wird. Dem liegen mehrere Erwägungen zugrunde, die insgesamt die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke sowie einer Vergleichbarkeit der Interessenlage mit den in § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB geregelten Fällen rechtfertigen. So können „faktische“ Formen der Zurückstellung eine mit einer förmlichen Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB vergleichbare Wirkung entfalten. Dies hat zur Folge, dass die Anforderungen des § 15 BauGB sowie die Anrechnungsregelung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB unschwer unterlaufen werden könnten, indem die Genehmigungsbehörden Bauanträge nicht förmlich, sondern lediglich „faktisch“ zurückstellen. Ein Lückenschluss durch entsprechende Heranziehung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB rechtfertigt sich unter derartigen Voraussetzungen auch durch den Erst-Recht-Schluss, dass die Verwaltung, wenn sie sich - bei direkter Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB - schon nach § 15 BauGB zulässige Verzögerungen anrechnen lassen muss, dies im gleichen Umfang für Verzögerungen gelten muss, die sie auf rechtswidrige Weise erreicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.1970, a.a.O. = juris Rn. 18).
51 
Diese Argumentation trägt freilich nur, wenn eine einer förmlichen Zurückstellung vergleichbare Konstellation tatsächlich vorliegt. An der die Annahme einer Regelungslücke rechtfertigenden Gleichartigkeit der Interessenlage fehlt es jedoch in Fällen, in denen sich die Frage einer förmlichen Zurückstellung nach § 15 BauGB gar nicht stellt, weil sich die Behörde auf Grundlage des geltenden Planungsrechts zur Ablehnung des Baugesuchs berechtigt glaubt. Stellt sich nach einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren - gerade wie hier über mehrere Instanzen - im Nachhinein die Rechtswidrigkeit der Ablehnung heraus, ist dies mit Fällen einer Zurückstellung von Baugesuchen nicht im Ansatz vergleichbar. Beruht die Rechtswidrigkeit der ablehnenden Entscheidung auf einer bis dahin nicht erkannten und auch nicht evidenten Unwirksamkeit eines Bebauungsplans, hat die Gemeinde, die sich insoweit auf die ihr verfassungsrechtlich garantierte Planungshoheit berufen kann (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV), deswegen die Möglichkeit einer mittels einer Veränderungssperre geschützten Neuplanung. Dem entspricht, dass eine solche Veränderungssperre selbst noch im Wege der Vollstreckungsabwehrklage einem rechtkräftigen Verpflichtungsausspruch entgegengehalten werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.09.2002 - 4 C 10.01 -, BVerwGE 117, 44 = juris Rn. 13).
52 
Aus alldem folgt, dass nicht jede Art von Rechtswidrigkeit einer ablehnenden behördlichen Entscheidung mit der Zurückstellung eines Baugesuchs gleichgestellt werden kann und insoweit zur Annahme einer planwidrigen Regelungslücke als Voraussetzung für eine Analogie führt. Ein solches Verständnis liegt auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ersichtlich nicht zugrunde, wie nicht zuletzt auch der Vergleich mit der weiteren von ihm genannten Fallgruppe des „faktischen Liegenlassens“ zeigt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte vielmehr Fälle im Blick, in denen Ablehnungsentscheidungen greifbar rechtswidrig auf künftige Planungsabsichten gestützt werden (vgl. insoweit den Sachverhalt in BVerwG, Urteil vom 11.11.1970, a.a.O. = juris Rn. 2). Eine analoge Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB kommt bei der rechtswidrigen Ablehnung eines Bauantrags daher nur dann in Betracht, wenn ein innerer Zusammenhang zwischen der Ablehnung und der durch die später erlassene Veränderungssperre geschützten Planung besteht. Dies setzt jedenfalls voraus, dass bei Ablehnung des Bauantrags bzw. der Bauvoranfrage die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre nach § 14 BauGB oder die Zurückstellung des Baugesuchs nach § 15 BauGB vorgelegen haben. Denn nur dann liegt eine mit den Fällen einer Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB vergleichbare Interessenlage und insoweit eine Regelungslücke vor, die durch eine analoge Anwendung der Anrechnungsregelung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB geschlossen werden kann. Dies kommt hingegen nicht in Betracht, wenn der Bauantrag bzw. - wie hier - die Bauvoranfrage aus anderen Gründen als zur Sicherung einer künftigen Planung abgelehnt wird. Denn in solchen Fällen kommt das wesentliche Argument, aus dem sich die Annahme einer Regelungslücke als Voraussetzung eine Analogie begründet, dass nämlich die von § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB angeordnete Anrechenbarkeit förmlicher Zurückstellungen ansonsten einfach unterlaufen werden könnte, nicht zum Tragen. Deswegen kann die rechtswidrige Ablehnung eines Bauantrags in ihren Wirkungen auch nicht stets mit der Zurückstellung im Sinne von § 15 BauGB gleichgesetzt werden. Dies ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn sie einer Zurückstellung faktisch gleichkommt, was bei einer ablehnenden Behördenentscheidung, die nicht mit dem Schutz von Planungsabsichten begründet und deren Rechtswidrigkeit (erst) in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren festgestellt wird, nicht der Fall ist. Dies wird auch daran deutlich, dass die Gemeinde als Trägerin der Bauleitplanung ansonsten bereits im Laufe eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehalten wäre, vorsorglich eine Neuplanung vorzunehmen. Denn ansonsten - bei einer unterschiedslosen Behandlung von Fällen der rechtswidrigen Ablehnung von Baugesuchen - riskierte sie in Anbetracht der gewöhnlichen Laufzeiten eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, später nicht mehr mit einer solchen durch eine Veränderungssperre flankierten Neuplanung auf ihren planerischen Vorstellungen zuwiderlaufende Bauvorhaben reagieren zu können. Für eine parallele Neuplanung besteht während eines Gerichtsverfahrens, das gerade der Klärung der Rechtmäßigkeit einer Verwaltungsentscheidung dient, aber regelmäßig kein Anlass. Dies zeigt sich hier auch daran, dass die streitige Ablehnungsentscheidung zunächst in zwei Instanzen bestätigt wurde. In einer Konstellation wie der vorliegenden führt der Hinweis auf die eingetretene Verzögerung des Bauvorhabens ebenfalls nicht weiter, da deren Länge maßgeblich durch die nicht in der Einflusssphäre der Beteiligten liegenden gerichtlichen Verfahrenslaufzeiten bedingt wird. Auch aus § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ableiten, dass jede Art der Verzögerung auf die Laufzeit einer Veränderungssperre angerechnet werden müsste. Ebenso wenig trägt der Schluss, dass auf rechtswidrige Weise erreichte Verzögerungen erst Recht auf die Laufzeit einer Veränderungssperre angerechnet werden müssen, wenn dies schon bei einer rechtmäßigen Zurückstellung der Fall ist, sofern die eingetretene Verzögerung wie hier auf der legitimen Wahrnehmung prozessualer Rechte beruht. Eine Ausweitung der Anrechnungsregelung über das Gesetz hinaus auch auf solche Fälle würde die Mittel zur Durchsetzung der kommunalen Planungshoheit unzulässig einschränken, ohne dass die Voraussetzungen für eine richterliche Rechtsfortbildung vorliegen (vgl. im Ergebnis ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.06.2012 - 2 B 18.11 -, juris Rn. 34 ff.; OVG Berlin, Urteil vom 03.01.1991 - 2 A 10.90 -, BauR 1991, 188; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 136. Ergl. 2019, § 17 Rn. 20; a.A. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.09.2015, a.a.O. = juris Rn. 53; Beschluss vom 21.02.2019 - 3 S 2157/18 -; Hornmann, in: Spannowsky/Uechtritz, BeckOK BauGB, 48. Ed. 2020, § 17 Rn 4; Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 17 Rn. 2; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 17 Rn. 5a).
53 
Ein innerer Zusammenhang zwischen der Ablehnung der Bauvoranfrage und der später beschlossenen Veränderungssperre, der eine Gleichstellung der Ablehnungsentscheidung mit einer förmlichen Zurückstellung nach § 15 BauGB und deswegen eine Analogie zu § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB der Klägerin gegenüber rechtfertigen könnte, wird hier auch nicht schon dadurch hergestellt, dass der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan der Umsetzung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts der Beklagten dienen soll, das bereits im Rahmen des Ausnahmeermessens in der angegriffenen Ablehnungsentscheidung herangezogen wurde. Eine Neuplanung und im Hinblick darauf eine förmliche Zurückstellung oder der Erlass einer Veränderungssperre stand bei Ablehnung der Bauvoranfrage der Klägerin überhaupt nicht im Raum, so dass letztere einer Zurückstellung derselben auch nicht faktisch gleichkommt. Ebenso wenig soll nach der Begründung des Aufstellungsbeschlusses (vgl. dort S. 3 f.) die vorangegangene Planung durch den mit der Veränderungssperre abgesicherten Bebauungsplan in seinem Grundkonzept schlicht - unverändert - weitergeführt werden. Vielmehr geht es um die Umsetzung des erst 2008 weiterentwickelten und schon von daher dem unwirksamen Plan nicht zugrundeliegenden Einzelhandels- und Zentrenkonzepts sowie auch der weiteren Entwicklung des Gewerbestandorts mit Einzelhandelsausschluss zugunsten einer Mischung aus Dienstleistung, Handel und Gewerbe. Ob eine „faktische“ Zurückstellung auch dann in Betracht käme, wenn im Fall der Unwirksamkeit eines Bebauungsplans mit einer neuerlichen Bebauungsplanung für das Grundstück des von der Zurückstellung in der Vergangenheit betroffenen Eigentümers im Wesentlichen das Plankonzept verfolgt wird, das bereits der unwirksamen Bebauungsplanung zugrunde lag (so OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.07.1997 - 7 A 3458/93 -, juris), mag hier dahinstehen. Denn die Beantwortung der Frage des Vorliegens einer unzulässigen, mit der Zurückstellung eines Baugesuchs vergleichbaren Verzögerung im Fall einer rechtswidrigen Ablehnung eines Bauantrags bzw. einer Bauvoranfrage hinge auch dann maßgeblich von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.
II.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Sie umfasst zugleich die Kosten des Revisionsverfahrens. Obwohl die Klägerin dort insoweit erfolgreich war, als das Bundesverwaltungsgericht das Berufungsurteil vom 10.10.2017 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an den Senat zurückverwiesen hat, ist sie auch insoweit zur Kostentragung verpflichtet. Dies folgt aus dem Prinzip der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung und dem Umstand, dass ihr Rechtsmittel in der Sache letztlich keinen Erfolg hatte (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.04.2013 - 9 S 233/12 -, juris Rn. 188, und vom 30.07.2009 - DB 16 S 2045/08 -, juris Rn. 57; Neumann/Korbmacher, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 144 Rn. 48).
55 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere hat die Rechtssache auch mit Blick auf die vom Senat unter den gegebenen Umständen verneinte analoge Anwendbarkeit des § 17 Abs. 1 Satz 2 VwGO und die hierzu ergangene Rechtsprechung keine grundsätzliche Bedeutung. Hinsichtlich der Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von Rechtsnormen, nämlich der Notwendigkeit des Vorliegens einer planwidrigen und aufgrund vergleichbarer Interessenlage durch analoge Anwendung einer Rechtsnorm zu schließenden Regelungslücke, besteht allgemein Einigkeit. Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist außerdem geklärt, dass diese Voraussetzungen in Fällen einer sog. „faktischen“ Zurückstellung erfüllt sind und eine solche auch bei der rechtswidrigen Ablehnung von Baugesuchen vorliegen kann. Die Frage, wann eine solche rechtswidrige Behördenentscheidung in ihren Wirkungen der Zurückstellung eines Baugesuchs gleichkommt und deswegen eine analoge Anwendung der Anrechnungsregelung erfordert, beurteilt sich demgegenüber maßgeblich nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls und lässt sich im Übrigen mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung beantworten (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 07.04.2020 - 6 B 15.20 -, juris Rn. 4 m.w.N.).
56 
Beschluss vom 27. Mai 2020
57 
Der Streitwert wird in Anknüpfung an den Beschluss des Senats vom 24. Oktober 2017 - 8 S 1606/15 - für das gesamte Verfahren auf 59.250,-- EUR festgesetzt.
58 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
27 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage der Klägerin im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil der Erteilung des beantragten Bauvorbescheids von der Beklagten zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Die beabsichtigte Nutzungsänderung ist bauplanungsrechtlich unzulässig. Dies ergibt sich zwar nicht aus den Festsetzungen des Bebauungsplans „Aldinger Straße Mühlhausen“ (Mühl 76) vom 25.11.1999 und einer auf dessen Grundlage rechtmäßig versagten Ausnahme (siehe nachfolgend unter 1.). Der Erteilung des begehrten Bauvorbescheids steht jedoch die zwischenzeitlich erlassene Veränderungssperre entgegen (siehe nachfolgend unter 2.).
28 
1. Der Bebauungsplan „Aldinger Straße Mühlhausen“ (Mühl 76) ist unwirksam (siehe nachfolgend a). Hierauf kann sich die Klägerin auch berufen (siehe nachfolgend b).
29 
a) Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Bebauungsplans, dass in dem Gewerbegebiet GE1 nur nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe zulässig sind, „die das Wohnen nordwestlich der Aldinger Straße (L 1100) nicht wesentlich stören“ (aa). Diese Festsetzung ist außerdem nicht hinreichend bestimmt (bb). Dies führt zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans (cc).
30 
aa) Zwar hält sich eine Festsetzung eines Gewerbegebiets, in dem nur Gewerbebetriebe zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören, noch im Rahmen der in der Baunutzungsverordnung vorgenommenen Typisierung. Danach dienen Gewerbegebiete vorwiegend der Unterbringung nicht erheblich belästigender Gewerbebetriebe (§ 8 Abs. 1 BauNVO). Da eine Gebietsfestsetzung auch mit einer solchen Einschränkung noch dem durch diese allgemeine Zweckbestimmung gekennzeichneten Typus des Gewerbegebiets entspricht, ist sie für sich genommen grundsätzlich zulässig (vgl. zum „eingeschränkten Gewerbegebiet“ BVerwG, Beschlüsse vom 15.04.1987 - 4 B 71.87 -, Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 7, und vom 08.11.2004 - 4 BN 39.04 -, Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 20).
31 
Eine Beschränkung der im Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässigen gewerblicher Nutzungen kann im Wege der durch § 1 Abs. 4, 5 oder 9 BauNVO eröffneten Festsetzungsmöglichkeiten erfolgen. Eine solche Festsetzung stellt die vorliegende Beschränkung der Nutzungsart jedoch nicht dar.
32 
(1) Die Festsetzung lässt sich entgegen der von der Beklagten weiterhin vertretenen Auffassung nicht auf § 1 Abs. 4 BauNVO stützen. Hierfür wäre erforderlich, dass durch sie eine Gliederung des Baugebiets (§ 1 Abs. 4 Satz 1 BauNVO) oder eine baugebietsübergreifende Gliederung des Gemeindegebiets (§ 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO) erreicht werden soll und auch kann. Dies ist hier nicht der Fall.
33 
Eine Binnengliederung nach der Art der zulässigen Nutzung (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauNVO) wird durch die Festsetzung nicht bewirkt. Durch sie wird das Gewerbegebiet insbesondere nicht nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften im Sinne von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO gegliedert. Weder knüpft die Festsetzung an bestimmte Eigenschaften von Betrieben an noch ordnet sie hiervon ausgehend räumlich deren Zulässigkeit im Gewerbegebiet. Eine Gliederung des Gebiets nach dem Emissionsverhalten von Gewerbebetrieben, die mit der Festlegung von Emissionsgrenzwerten in Form flächenbezogener Schallleistungspegel bzw. von Emissionskontingenten möglich wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2017 - 4 CN 7.16 -, BVerwGE 161, 53 sowie Beschlüsse vom 09.03.2015 - 4 BN 26.14 -, BauR 2015, 943, vom 02.10.2013 - 4 BN 10.13 -, BauR 2014, 59, vom 27.01.1998 - 4 NB 3.97 -, Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 24 und vom 18.12.1990 - 4 N 6.88 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50), liegt in der Anknüpfung an die Störintensität für das Wohnen jenseits der Aldinger Straße nicht. Denn mit ihr wird nicht nach den von einem Betrieb ausgehenden Emissionen und damit einer konkret feststellbaren und insoweit verbindlich geregelten „Eigenschaft“ unterschieden (ähnlich NdsOVG, Urteil vom 03.07.2000 - 1 K 2107/99 -, NVwZ-RR 2001, 499). Allenfalls wird mit der Festsetzung ein Immissionsgeschehen beschrieben, was jedoch dem der Baugebietsfestsetzung der Baunutzungsverordnung zugrundeliegenden Gedanken der anlagen- und betriebsbezogenen Typisierung (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 -, BVerwGE 131, 86 Rn. 15) fremd ist und deswegen kein taugliches Gliederungskriterium darstellt (vgl. in Bezug auf sog. „Zaunwerte“ bzw. „Summenpegel“ BVerwG, Urteil vom 16.12.1999 - 4 CN 7.98 -, BVerwGE 110, 193 sowie Beschlüsse vom 10.08.1993 - 4 NB 2.93 -, Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 18 und vom 02.10.2013, a.a.O. = juris Rn. 5 und vom 09.03.2015, a.a.O. = juris Rn. 5). Zudem dient die Anwendung der Lärmemissionskontingentierung in einem Bebauungsplan nicht nur dazu, die Belastung außerhalb des Plangebiets liegender Immissionsorte zu begrenzen, sondern zugleich einer sachgerechten Verteilung von „Lärmrechten“ zwischen den einzelnen Betrieben oder Anlagen (vgl. BayVGH, Urteil vom 28.07.2016 - 1 N 13.2678 -, juris Rn. 23; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.06.2014 - 7 D 98/12.NE -, BauR 2014, 1912). Auch dem wird die planerische Festsetzung der Beklagten nicht gerecht. Hinzu kommt, dass es zur Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung selbst bei zulässiger Festsetzung von Emissionsbegrenzungen in einem Gewerbegebiet ein Teilgebiet geben muss, in dem grundsätzlich alle nach § 8 BauNVO zulässigen Betriebe zugelassen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2017 - 4 CN 7.16 -, BVerwGE 161, 53; NdsOVG, Urteil vom 18.07.2019 - 1 KN 78/17 -, juris Rn. 52 ff. m.w.N.). Dies wird durch die Festsetzung ebenfalls nicht gewährleistet. Insbesondere bleibt der Senat bei seiner im Urteil vom 10.10.2017 bereits geäußerten Auffassung, dass sich aus der Anknüpfung an die Wohnbebauung jenseits der Aldinger Straße insbesondere keine örtliche Stufung dahingehend ableiten lässt, dass etwa die Betriebe bei stärkerem Emissionsverhalten stets einen größeren Abstand zur Straße halten müssten. Unter Zugrundelegung der getroffenen Festsetzung kommt es vielmehr darauf an, ob gerade auf der Höhe eines Bauvorhabens jenseits der Straße überhaupt Wohnbebauung vorhanden und wie weit diese ggf. von dem Bauvorhaben entfernt liegt.
34 
Ebenso wenig wird mit der Bezugnahme auf die benachbarte Wohnbebauung eine baugebietsübergreifende Gliederung erreicht. Die Wirksamkeit einer solchen gebietsübergreifenden Gliederung von Gewerbegebieten nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO ist davon abhängig, dass ihr ein darauf gerichteter planerischer Wille der Gemeinde zugrunde liegt, der in geeigneter Weise im Bebauungsplan selbst oder seiner Begründung dokumentiert worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2017, a.a.O. Rn. 17; Beschluss vom 21.10.2019 - 4 BN 24.19 -, juris). Von anderen Gewerbegebieten ist in den Planunterlagen aber bereits nicht die Rede.
35 
(2) Die Festsetzung kann auch nicht auf § 1 Abs. 5 oder § 1 Abs. 9 BauNVO gestützt werden.
36 
Nach § 1 Abs. 5 BauNVO kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten in einem Baugebiet allgemein zulässiger Nutzungen nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Der Bebauungsplan schließt aber nicht bestimmte Nutzungsarten abstrakt aus, was wie oben ausgeführt in Form einer Beschränkung der zulässigen gewerblichen oder handwerklichen Nutzung auf Betriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören, durchaus zulässig gewesen wäre. Vielmehr soll mit der Festsetzung - wie die Beklagte im Berufungsverfahren selbst eingeräumt hat und sich aus der Einschränkung, der Schutz beziehe sich nicht auf das Wohnen im GE1 ergibt - die Zulässigkeit von Gewerbebetrieben konkret an ihrer Störwirkung für bestimmte Wohnnutzungen, nämlich denjenigen jenseits der Aldinger Straße, gemessen werden. Eine solche Festsetzung stellt schließlich auch keine Feinsteuerung im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO dar. Denn dies würde ebenfalls voraussetzen, dass das gewählte Differenzierungskriterium an einen Anlagentyp anknüpft, den es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.06.2014 - 4 BN 8.14 -, ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 10 m.w.N.).
37 
bb) Mit der Anknüpfung an das „Wohnen nordwestlich der Aldinger Straße“ erfüllt die Festsetzung auch nicht die Anforderungen, die an die Bestimmtheit einer planerischen Festsetzung aufgrund des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 25 Abs. 2 LV) zu stellen sind. Die Festsetzungen eines Bebauungsplans müssen aus sich heraus so eindeutig und verständlich sein, dass die von ihnen Betroffenen vorhersehen können, welchen Regelungen ihre Grundstücke unterworfen werden und welche Einwirkungen von Nachbargrundstücken zu erwarten sein können (vgl. hierzu Senatsurteil vom 28.11.2019 - 8 S 2792/17 -, BauR 2020, 588 = juris Rn. 107 m.w.N.). Dem wird die Festsetzung nicht gerecht, da für die Betroffenen nicht abstrakt feststellbar ist, welcher Störgrad für die angrenzenden Wohnnutzungen noch hinnehmbar ist (vgl. insoweit bereits Senatsurteil vom 05.05.2011 - 8 S 2773/08 -, VBlBW 2012, 105 = juris Rn. 58). Mit dem Abstellen auf konkret vorhandene Wohnnutzungen unterliegt die Einschränkung außerdem dem Wandel der Zeit und ist gleichermaßen auch ihre Vollzugsfähigkeit kaum gewährleistet.
38 
Insgesamt verlässt die Beklagte mit dieser Regelung den durch die Baunutzungsverordnung gesteckten Rahmen zulässiger Baugebietsfestsetzungen.
39 
cc) Die Unwirksamkeit erfasst den gesamten Bebauungsplan. Da die Beklagte ersichtlich kein uneingeschränktes Gewerbegebiet festsetzen, sondern nahegelegene Wohnnutzungen vor den Lärmeinwirkungen gewerblicher Nutzungen schützen wollte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie im Zweifel auch eine Satzung dieses - aus dem Wegfall der unwirksamen Beschränkung folgenden - Inhalts beschlossen hätte. Mangels eines entsprechenden Normsetzungswillens ist nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB deswegen von einer Gesamtunwirksamkeit auszugehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.2016 - 4 BN 23.16 -, NVwZ 2017, 165 = juris Rn. 5 m.w.N.).
40 
b) Der Klägerin ist die Berufung auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt.
41 
Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Revisionsurteil entschieden hat, steht das nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB von der Rechtsvorgängerin der Klägerin erklärte Anerkenntnis einer Berufung auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans nicht entgegen. Aus der Anerkenntniserklärung, die allein mit Blick auf das damalige Baugenehmigungsverfahren abgegeben wurde und dessen Wirkung sich in der Kompensation der damals fehlenden Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans (nur) bis zu dessen Inkrafttreten beschränkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.2018 - 4 C 6.17 -, BVerwGE 164, 40 Rn. 16 ff.), kann - auch unter Berücksichtigung der flankierend zu der damaligen Planaufstellung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen Verträge - keine weitergehende Bindung der Klägerin abgeleitet werden.
42 
Die Geltendmachung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans ist auch nicht etwa verwirkt und stellt sich auch sonst nicht als rechtsmissbräuchlich dar. Eine Verwirkung würden neben dem bloßen Zeitablauf eine Vertrauensgrundlage sowie einen Vertrauenstatbestand auf Seiten der Beklagten voraussetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11.13 -, BVerwGE 149, 211 Rn. 30 m.w.N. zur st.Rspr.), die hier ersichtlich nicht vorliegen. Da auch keine eigene Pflichtverletzung der Klägerin vorliegt (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 31 m.w.N.), stellt die Berufung auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans ebenso wenig eine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Klägerin setzt sich hiermit auch nicht in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch zu ihrem eigenen früheren Verhalten (vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2019 - 4 B 28.18 -, juris Rn. 6, und vom 19.12.2018 - 4 B 6.18 -, ZfBR 2019, 275 = juris Rn. 11, jeweils m.w.N.). Insbesondere ist die vorliegende Konstellation nicht mit derjenigen bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan (§ 12 BauGB) vergleichbar, bei dem eine Treuwidrigkeit - unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls - gerade deswegen in Betracht kommen kann, weil der Plan auf Wunsch des Vorhabenträgers und in Abstimmung mit diesem erlassen wird (vgl. Senatsurteil vom 08.03.2018 - 8 S 1464/15 -, VBlBW 2018, 339; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, - 3 S 153/17 -, BauR 2018, 237). Demgegenüber ist einem Bauherrn nicht bereits deswegen die Möglichkeit abgeschnitten, seine Interessen später mit Einwänden gegen die Wirksamkeit eines Bebauungsplans durchzusetzen, weil er von einer auf dessen Grundlage erteilten Baugenehmigung Gebrauch gemacht hat (vgl. Senatsurteil vom 08.03.2018, a.a.O. = juris Rn. 93). Nichts anderes folgt hier aus dem Umstand, dass die Klägerin die Erteilung des begehrten Bauvorbescheids zunächst auf Grundlage des Bebauungsplans beantragt und dessen Unwirksamkeit erst im Berufungsverfahren geltend gemacht hat. Es ist vielmehr legitim und nachvollziehbar, dass sie sich erst nach Abweisung ihrer Klage durch das Verwaltungsgericht veranlasst gesehen hat, die Wirksamkeit des Bebauungsplans in Frage zu stellen, nachdem sie zuvor davon ausgegangen war, mit ihrem Vorhaben von der darin vorgesehenen Ausnahmemöglichkeit für Einzelhandelsnutzungen im Gewerbegebiet GE1 profitieren zu können. Insoweit ist darüber hinaus nicht zu übersehen, dass die Versagung der Ausnahmeerteilung nicht zuletzt auch auf das erst im Jahr 2008 entsprechend überarbeitete Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Beklagten gestützt wurde.
43 
2. Trotz der Unwirksamkeit des Bebauungsplans kann der Klägerin der begehrte Bauvorbescheid nicht erteilt werden, weil dem die zwischenzeitlich erlassene Veränderungssperre entgegensteht. Diese schließt die Durchführung von Bauvorhaben wie des zur Genehmigung gestellten auf dem Baugrundstück aus (§ 3 der textlichen Festsetzungen). Es kommt deswegen nicht darauf an, wie die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB zu beurteilen wäre, nachdem die Vorgängerbebauungspläne Mühl 30 und Mühl 58 aufgrund der darin vorgenommenen Beschränkung industrieller Nutzungen im damals festgesetzten Industriegebiet auf nicht erheblich belästigende Betriebe und Anlagen ebenso unwirksam sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.04.2015 - 3 S 328/15 -, VBlBW 2015, 426 = juris Rn. 22 m.w.N.; Senatsurteil vom 10.12.1993 - 8 S 994/12 -, UPR 1994, 455; BVerwG, Beschluss vom 06.05.1993 - 4 NB 32.92 -, Buchholz 406.12 § 9 BauNVO Nr. 6) wie der verfahrensfehlerhaft in nichtöffentlicher Sitzung beschlossene (§§ 35, 37 GemO, vgl. hierzu Senatsurteil vom 12.03.2020 - 8 S 1542/18 -, juris Rn. 31 ff. m.w.N.) Bebauungsplan „Auwiesen“ aus dem Jahr 1960.
44 
a) Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Hauptantrags ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Verpflichtungsklage eines Bauherrn auf Erteilung einer Baugenehmigung bzw. hier eines Bauvorbescheids für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG findet eine sogenannte „Günstigerprüfung“ nicht statt, da nur eine erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn eine (relativ) gesicherte eigentumsrechtliche Position vermittelt (vgl. Senatsurteile vom 08.03.2018, a.a.O., und vom 06.04.2010 - 8 S 1529/08 -, VBlBW 2011, 67 = juris Rn. 17 m.w.N.).
45 
b) Die Veränderungssperre ist wirksam zustande gekommen. Sie leidet weder an formellen noch an materiellen Mängeln.
46 
Nach § 214 BauGB beachtliche Verfahrensfehler sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Gemeinderat hat die Veränderungssperre am 11.04.2019 in öffentlicher Sitzung als Satzung beschlossen (§ 16 Abs. 1 BauGB); am 18.04.2019 erfolgte die ortsübliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Beklagten (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB).
47 
Die Veränderungssperre begegnet auch materiell-rechtlich keinen Bedenken. Eine Gemeinde kann gemäß § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen mit dem Inhalt, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (Nr. 1) bzw. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen (Nr. 2), sobald der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Ein wirksamer Aufstellungsbeschluss für den zu sichernden Bebauungsplan „Gewerbegebiet Aldinger Straße“ (Mühl 89) lag zum 11.04.2019 vor. Die Planaufstellung wurde am 19.03.2019 durch den Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik (§ 39 Abs. 1 Satz 1 GemO i.V.m. § 9 Abs. 2 der Hauptsatzung der Beklagten) beschlossen und am 28.03.2019 öffentlich bekannt gemacht. Der Planaufstellung liegt ausweislich der Begründung des Aufstellungsbeschlusses eine hinreichend konkrete, positive Planungskonzeption zugrunde (vgl. zu diesem Erfordernis Senatsurteil vom 05.12.2019 - 8 S 909/18 -, BauR 2020, 613 = juris Rn. 30 m.w.N.), die von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt wird.
48 
c) Die Veränderungssperre ist auch der Klägerin gegenüber wirksam. Eine Anrechnung von Zeiten sog. „faktischer“ Zurückstellung seit Ablehnung der Bauvoranfrage am 20.09.2012 in Analogie zu § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB steht dem nicht entgegen.
49 
Die richterliche Rechtsfortbildung im Wege der Analogie setzt eine Gesetzeslücke in Form einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. BVerfG, Urteil vom 11.07.2012 - 1 BvR 3142/07 u.a. -, BVerfGE 132, 99 = juris Rn. 75; BVerwG, Urteile vom 17.07.2014 - 5 C 20.13 -, Buchholz 428.41 § 3 EntschG Nr. 13 = juris Rn. 16, vom 12.09.2013 - 5 C 35.12 -, BVerwGE 148, 13 = juris Rn. 27, und vom 18.04.2013 - 5 C 18.12 -, Buchholz 436.511 § 93 SGB VIII Nr. 5 = juris Rn. 22, jeweils m.w.N.). Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine eigene Lösung ersetzen. Ob eine Gesetzeslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfassten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung erfasst sein sollten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.07.2014, a.a.O.).
50 
Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze geht das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 11.11.1970 - IV C 79.68 -, Buchholz 406.11 § 17 BBauG Nr. 1 S. 2 sowie Beschlüsse vom 27.04.1992 - 4 NB 11.92 -, Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 5, vom 05.05.2011 - 4 B 12.11 -, BRS 78 Nr. 130 und vom 21.03.2013 - 4 B 1.13 -, BauR 2013, 1254; hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.09.2015 - 3 S 276/15 -, VBlBW 2016, 27, vom 28.10.1999 - 5 S 439/98 -, BRS 62 Nr. 121, und vom 11.02.1993 - 5 S 2471/92 -, VBlBW 1993, 348; Senatsurteil vom 10.12.1993, a.a.O.; grds. ablehnend Sennekamp, in: Brügelmann, BauGB, 113. Lfg. Jan. 2020, § 17 Rn. 21 ff.) bezogen auf die Geltungsdauer einer Veränderungssperre von einer durch analoge Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB zu schließenden Regelungslücke aus, wenn und soweit ein Antrag auf eine Baugenehmigung oder einen Bauvorbescheid eine „faktische“ Zurückgestellung erfährt, indem er nicht hinreichend zügig bearbeitet, sonstwie verzögert oder rechtswidrig abgelehnt wird. Dem liegen mehrere Erwägungen zugrunde, die insgesamt die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke sowie einer Vergleichbarkeit der Interessenlage mit den in § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB geregelten Fällen rechtfertigen. So können „faktische“ Formen der Zurückstellung eine mit einer förmlichen Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB vergleichbare Wirkung entfalten. Dies hat zur Folge, dass die Anforderungen des § 15 BauGB sowie die Anrechnungsregelung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB unschwer unterlaufen werden könnten, indem die Genehmigungsbehörden Bauanträge nicht förmlich, sondern lediglich „faktisch“ zurückstellen. Ein Lückenschluss durch entsprechende Heranziehung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB rechtfertigt sich unter derartigen Voraussetzungen auch durch den Erst-Recht-Schluss, dass die Verwaltung, wenn sie sich - bei direkter Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB - schon nach § 15 BauGB zulässige Verzögerungen anrechnen lassen muss, dies im gleichen Umfang für Verzögerungen gelten muss, die sie auf rechtswidrige Weise erreicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.1970, a.a.O. = juris Rn. 18).
51 
Diese Argumentation trägt freilich nur, wenn eine einer förmlichen Zurückstellung vergleichbare Konstellation tatsächlich vorliegt. An der die Annahme einer Regelungslücke rechtfertigenden Gleichartigkeit der Interessenlage fehlt es jedoch in Fällen, in denen sich die Frage einer förmlichen Zurückstellung nach § 15 BauGB gar nicht stellt, weil sich die Behörde auf Grundlage des geltenden Planungsrechts zur Ablehnung des Baugesuchs berechtigt glaubt. Stellt sich nach einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren - gerade wie hier über mehrere Instanzen - im Nachhinein die Rechtswidrigkeit der Ablehnung heraus, ist dies mit Fällen einer Zurückstellung von Baugesuchen nicht im Ansatz vergleichbar. Beruht die Rechtswidrigkeit der ablehnenden Entscheidung auf einer bis dahin nicht erkannten und auch nicht evidenten Unwirksamkeit eines Bebauungsplans, hat die Gemeinde, die sich insoweit auf die ihr verfassungsrechtlich garantierte Planungshoheit berufen kann (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV), deswegen die Möglichkeit einer mittels einer Veränderungssperre geschützten Neuplanung. Dem entspricht, dass eine solche Veränderungssperre selbst noch im Wege der Vollstreckungsabwehrklage einem rechtkräftigen Verpflichtungsausspruch entgegengehalten werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.09.2002 - 4 C 10.01 -, BVerwGE 117, 44 = juris Rn. 13).
52 
Aus alldem folgt, dass nicht jede Art von Rechtswidrigkeit einer ablehnenden behördlichen Entscheidung mit der Zurückstellung eines Baugesuchs gleichgestellt werden kann und insoweit zur Annahme einer planwidrigen Regelungslücke als Voraussetzung für eine Analogie führt. Ein solches Verständnis liegt auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ersichtlich nicht zugrunde, wie nicht zuletzt auch der Vergleich mit der weiteren von ihm genannten Fallgruppe des „faktischen Liegenlassens“ zeigt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte vielmehr Fälle im Blick, in denen Ablehnungsentscheidungen greifbar rechtswidrig auf künftige Planungsabsichten gestützt werden (vgl. insoweit den Sachverhalt in BVerwG, Urteil vom 11.11.1970, a.a.O. = juris Rn. 2). Eine analoge Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB kommt bei der rechtswidrigen Ablehnung eines Bauantrags daher nur dann in Betracht, wenn ein innerer Zusammenhang zwischen der Ablehnung und der durch die später erlassene Veränderungssperre geschützten Planung besteht. Dies setzt jedenfalls voraus, dass bei Ablehnung des Bauantrags bzw. der Bauvoranfrage die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre nach § 14 BauGB oder die Zurückstellung des Baugesuchs nach § 15 BauGB vorgelegen haben. Denn nur dann liegt eine mit den Fällen einer Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB vergleichbare Interessenlage und insoweit eine Regelungslücke vor, die durch eine analoge Anwendung der Anrechnungsregelung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB geschlossen werden kann. Dies kommt hingegen nicht in Betracht, wenn der Bauantrag bzw. - wie hier - die Bauvoranfrage aus anderen Gründen als zur Sicherung einer künftigen Planung abgelehnt wird. Denn in solchen Fällen kommt das wesentliche Argument, aus dem sich die Annahme einer Regelungslücke als Voraussetzung eine Analogie begründet, dass nämlich die von § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB angeordnete Anrechenbarkeit förmlicher Zurückstellungen ansonsten einfach unterlaufen werden könnte, nicht zum Tragen. Deswegen kann die rechtswidrige Ablehnung eines Bauantrags in ihren Wirkungen auch nicht stets mit der Zurückstellung im Sinne von § 15 BauGB gleichgesetzt werden. Dies ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn sie einer Zurückstellung faktisch gleichkommt, was bei einer ablehnenden Behördenentscheidung, die nicht mit dem Schutz von Planungsabsichten begründet und deren Rechtswidrigkeit (erst) in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren festgestellt wird, nicht der Fall ist. Dies wird auch daran deutlich, dass die Gemeinde als Trägerin der Bauleitplanung ansonsten bereits im Laufe eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehalten wäre, vorsorglich eine Neuplanung vorzunehmen. Denn ansonsten - bei einer unterschiedslosen Behandlung von Fällen der rechtswidrigen Ablehnung von Baugesuchen - riskierte sie in Anbetracht der gewöhnlichen Laufzeiten eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, später nicht mehr mit einer solchen durch eine Veränderungssperre flankierten Neuplanung auf ihren planerischen Vorstellungen zuwiderlaufende Bauvorhaben reagieren zu können. Für eine parallele Neuplanung besteht während eines Gerichtsverfahrens, das gerade der Klärung der Rechtmäßigkeit einer Verwaltungsentscheidung dient, aber regelmäßig kein Anlass. Dies zeigt sich hier auch daran, dass die streitige Ablehnungsentscheidung zunächst in zwei Instanzen bestätigt wurde. In einer Konstellation wie der vorliegenden führt der Hinweis auf die eingetretene Verzögerung des Bauvorhabens ebenfalls nicht weiter, da deren Länge maßgeblich durch die nicht in der Einflusssphäre der Beteiligten liegenden gerichtlichen Verfahrenslaufzeiten bedingt wird. Auch aus § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ableiten, dass jede Art der Verzögerung auf die Laufzeit einer Veränderungssperre angerechnet werden müsste. Ebenso wenig trägt der Schluss, dass auf rechtswidrige Weise erreichte Verzögerungen erst Recht auf die Laufzeit einer Veränderungssperre angerechnet werden müssen, wenn dies schon bei einer rechtmäßigen Zurückstellung der Fall ist, sofern die eingetretene Verzögerung wie hier auf der legitimen Wahrnehmung prozessualer Rechte beruht. Eine Ausweitung der Anrechnungsregelung über das Gesetz hinaus auch auf solche Fälle würde die Mittel zur Durchsetzung der kommunalen Planungshoheit unzulässig einschränken, ohne dass die Voraussetzungen für eine richterliche Rechtsfortbildung vorliegen (vgl. im Ergebnis ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.06.2012 - 2 B 18.11 -, juris Rn. 34 ff.; OVG Berlin, Urteil vom 03.01.1991 - 2 A 10.90 -, BauR 1991, 188; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 136. Ergl. 2019, § 17 Rn. 20; a.A. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.09.2015, a.a.O. = juris Rn. 53; Beschluss vom 21.02.2019 - 3 S 2157/18 -; Hornmann, in: Spannowsky/Uechtritz, BeckOK BauGB, 48. Ed. 2020, § 17 Rn 4; Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 17 Rn. 2; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 17 Rn. 5a).
53 
Ein innerer Zusammenhang zwischen der Ablehnung der Bauvoranfrage und der später beschlossenen Veränderungssperre, der eine Gleichstellung der Ablehnungsentscheidung mit einer förmlichen Zurückstellung nach § 15 BauGB und deswegen eine Analogie zu § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB der Klägerin gegenüber rechtfertigen könnte, wird hier auch nicht schon dadurch hergestellt, dass der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan der Umsetzung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts der Beklagten dienen soll, das bereits im Rahmen des Ausnahmeermessens in der angegriffenen Ablehnungsentscheidung herangezogen wurde. Eine Neuplanung und im Hinblick darauf eine förmliche Zurückstellung oder der Erlass einer Veränderungssperre stand bei Ablehnung der Bauvoranfrage der Klägerin überhaupt nicht im Raum, so dass letztere einer Zurückstellung derselben auch nicht faktisch gleichkommt. Ebenso wenig soll nach der Begründung des Aufstellungsbeschlusses (vgl. dort S. 3 f.) die vorangegangene Planung durch den mit der Veränderungssperre abgesicherten Bebauungsplan in seinem Grundkonzept schlicht - unverändert - weitergeführt werden. Vielmehr geht es um die Umsetzung des erst 2008 weiterentwickelten und schon von daher dem unwirksamen Plan nicht zugrundeliegenden Einzelhandels- und Zentrenkonzepts sowie auch der weiteren Entwicklung des Gewerbestandorts mit Einzelhandelsausschluss zugunsten einer Mischung aus Dienstleistung, Handel und Gewerbe. Ob eine „faktische“ Zurückstellung auch dann in Betracht käme, wenn im Fall der Unwirksamkeit eines Bebauungsplans mit einer neuerlichen Bebauungsplanung für das Grundstück des von der Zurückstellung in der Vergangenheit betroffenen Eigentümers im Wesentlichen das Plankonzept verfolgt wird, das bereits der unwirksamen Bebauungsplanung zugrunde lag (so OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.07.1997 - 7 A 3458/93 -, juris), mag hier dahinstehen. Denn die Beantwortung der Frage des Vorliegens einer unzulässigen, mit der Zurückstellung eines Baugesuchs vergleichbaren Verzögerung im Fall einer rechtswidrigen Ablehnung eines Bauantrags bzw. einer Bauvoranfrage hinge auch dann maßgeblich von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.
II.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Sie umfasst zugleich die Kosten des Revisionsverfahrens. Obwohl die Klägerin dort insoweit erfolgreich war, als das Bundesverwaltungsgericht das Berufungsurteil vom 10.10.2017 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an den Senat zurückverwiesen hat, ist sie auch insoweit zur Kostentragung verpflichtet. Dies folgt aus dem Prinzip der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung und dem Umstand, dass ihr Rechtsmittel in der Sache letztlich keinen Erfolg hatte (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.04.2013 - 9 S 233/12 -, juris Rn. 188, und vom 30.07.2009 - DB 16 S 2045/08 -, juris Rn. 57; Neumann/Korbmacher, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 144 Rn. 48).
55 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere hat die Rechtssache auch mit Blick auf die vom Senat unter den gegebenen Umständen verneinte analoge Anwendbarkeit des § 17 Abs. 1 Satz 2 VwGO und die hierzu ergangene Rechtsprechung keine grundsätzliche Bedeutung. Hinsichtlich der Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von Rechtsnormen, nämlich der Notwendigkeit des Vorliegens einer planwidrigen und aufgrund vergleichbarer Interessenlage durch analoge Anwendung einer Rechtsnorm zu schließenden Regelungslücke, besteht allgemein Einigkeit. Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist außerdem geklärt, dass diese Voraussetzungen in Fällen einer sog. „faktischen“ Zurückstellung erfüllt sind und eine solche auch bei der rechtswidrigen Ablehnung von Baugesuchen vorliegen kann. Die Frage, wann eine solche rechtswidrige Behördenentscheidung in ihren Wirkungen der Zurückstellung eines Baugesuchs gleichkommt und deswegen eine analoge Anwendung der Anrechnungsregelung erfordert, beurteilt sich demgegenüber maßgeblich nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls und lässt sich im Übrigen mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung beantworten (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 07.04.2020 - 6 B 15.20 -, juris Rn. 4 m.w.N.).
56 
Beschluss vom 27. Mai 2020
57 
Der Streitwert wird in Anknüpfung an den Beschluss des Senats vom 24. Oktober 2017 - 8 S 1606/15 - für das gesamte Verfahren auf 59.250,-- EUR festgesetzt.
58 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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