Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 3 S 559/19

Tenor

Der Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Gemeinde Schwarzach vom 29. November 2017 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Gültigkeit des am 8.3.2018 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Antragsgegnerin vom 29.11.2017, durch den unter anderem ein Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von bis zu 1.200 m² zugelassen wird.
Die Antragstellerin ist eine Gemeinde mit rund 1.850 Einwohnern. Sie grenzt nach Südwesten an das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin, die ca. 2.900 Einwohner zählt und ihrerseits im Süden an den Hauptort der Gemeinde Aglasterhausen angrenzt. Gemeinsam bilden die drei Gemeinden den Gemeindeverwaltungsverband Kleiner Odenwald, dem die vorbereitende Bauleitplanung für das Verbandsgebiet obliegt. Von den Verbandsgemeinden ist im für den baden-württembergischen und den rheinland-pfälzischen Teil des Verbandsgebietes verbindlichen Einheitlichen Regionalplan Rhein Neckar vom 27.09.2013 (ERP) nur die rund 4.800 Einwohner zählende Gemeinde Aglasterhausen als zentraler Ort (Kleinzentrum) eingestuft.
Das Einzelhandelsangebot auf der Gemarkung der Antragstellerin besteht im Wesentlichen aus einem ehrenamtlich betriebenen und finanziell von der Gemeinde gestützten ... Markt mit einer Verkaufsfläche von ca. 240 m² in zentraler Ortskernlage. Auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin ist der Einzelhandel weitgehend auf eine vom genannten ... Markt ca. 3 km entfernte Standortagglomeration im Bereich des Plangebiets konzentriert. In diesem ist ein Lebensmittelmarkt (nunmehr ... Markt, zuvor ... Supermarkt) mit einer Verkaufsfläche von im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ca. 765 m² untergebracht. Die Gemeinde Aglasterhausen verfügt über einen aufgelockerten Facheinzelhandelsbesatz und Lebensmitteleinzelhandel (..., ..., ... und ...) mit Verkaufsflächen zwischen 840 m² und 1170 m² im Wesentlichen in zwei Gewerbegebieten.
Das Plangebiet umfasst die insgesamt 5.439 m² großen Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ..., ... und ..., auf der Gemarkung des Ortsteils Unterschwarzach der Antragsgegnerin. Der im Jahre 2006 in Kraft getretene Bebauungsplan „Ortsmitte“ der Antragsgegnerin sah bislang für diesen Bereich ein Mischgebiet vor; im Flächennutzungsplan des Gemeindeverwaltungsverbands ist er ebenso wie seine Umgebung als gemischte Baufläche dargestellt.
Das von Wohn- sowie Gewerbebebauung umgebene Plangebiet liegt rund 60 m westlich der Hauptstraße und ist weitgehend durch einen ausgedehnten, im Jahre 1999 baurechtlich genehmigten und errichteten Gebäudekomplex (Nahversorgungszentrum) sowie durch Stellplätze und Zufahrten überbaut. Die Gebäude und Einrichtungen wurden zunächst durch den Lebensmittelmarkt sowie einen Getränkemarkt mit einer Verkaufsfläche von ca. 300 m², einen Drogeriemarkt mit einer Verkaufsfläche von rund 180 m² und weitere Dienstleistungsbereiche (Bank, Friseur und Bürgerbüro mit Postfiliale) genutzt. Nach Schließung des Drogerie- und des Getränkemarkts ist von den Einzelhandelsnutzungen nur der Lebensmittelmarkt verblieben.
Der Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Antragsgegnerin weist das Plangebiet als sonstiges Sondergebiet - Nahversorgungszentrum - (§ 11 BauNVO) aus und setzt als Maß der baulichen Nutzung eine Grund- und Geschoßflächenzahl von 0,8 bei maximal einem zulässigen Vollgeschoss fest. Die durch Baugrenzen zeichnerisch festgesetzte überbaubare Fläche deckt sich in großen Teilen mit dem von der bestehenden Bebauung in Anspruch genommenen Grundstücksbereich. Gleiches gilt für die Umgrenzung der Stellplatzflächen. Nach Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen dient das Sondergebiet vorwiegend der Unterbringung von Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben für die örtliche Nah- und Grundversorgung. Ausdrücklich als zulässig festgesetzt wird durch die genannte Regelung u. a. ein Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von maximal 1.200 m² bei einem Verkaufsflächenanteil für Drogeriewaren und/oder Nicht-Lebensmittel von mindestens 20 % sowie ein selbstständiger Backshop mit einer auf die angeführte Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes anzurechnenden Verkaufsfläche von maximal 40 m².
Dem Bebauungsplan liegt folgendes Verfahren zu Grunde:
Angesichts drohender weiterer Betriebsaufgaben, u. a. des seinerzeitigen ... ...-Supermarkts leitete die Antragsgegnerin bereits im Dezember 2014 ein Bebauungsplanverfahren ein, das darauf gerichtet war, auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... großflächigen Einzelhandel mit einer Verkaufsfläche von bis zu 1.250 m² zuzulassen. Aufgrund von Einwendungen der Antragstellerin, der Gemeinde Aglasterhausen sowie des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis und des Regierungspräsidiums Karlsruhe gegen die Verkaufsflächengröße verfolgte die Antragsgegnerin die Planungen zunächst nicht weiter.
Da Vermittlungsgespräche mit den Nachbargemeinden aus Sicht der Antragsgegnerin nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung geführt hatten, beschloss ihr Gemeinderat am 19.7.2017 erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB mit dem Ziel der Zulassung eines großflächigen Lebensmittelmarktes. Diesem Beschluss lagen die vom Gemeindeverwaltungsverband bzw. der Antragsgegnerin selbst eingeholten Auswirkungsanalysen der Gesellschaft für ... (G...) vom Februar 2015, des Büros für ... ... vom 4.11.2015 (Büro ...), das von der Antragstellerin eingeholte Marktverträglichkeitsgutachten der Unternehmensberatung ... ... (Büro U...) vom Dezember 2015 und die von der Antragsgegnerin erhobene Stellungnahme des Büros ... (Büro D...) vom 8.5.2017 zu Grunde. Während die G... sowie das Büro E... eine raumordnerische Zulässigkeit selbst der eine Verkaufsfläche von 1.250 m² betreffenden ursprünglichen Erweiterungsplanung bestätigt hatten und das Büro D... ... hierzu eine Beschränkung der Verkaufsfläche auf „z. B. 1.200 m²“ und eine Mindestverkaufsfläche für Drogeriewaren bzw. andere Nicht-Lebensmittel von „z. B. 20 %“ vorgeschlagen hatte, war das Büro U... zu dem Ergebnis gekommen, ein Markt mit einer Verkaufsfläche von 1.250 m² verstoße gegen Raumordnungsrecht, insbesondere das Kongruenzgebot und das Beeinträchtigungsverbot.
10 
Nach ortsüblicher Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 27.7.2017 wurden der Planentwurf und dessen Begründung in der Zeit vom 7.8. bis zum 22.9.2017 im Rathaus der Antragsgegnerin öffentlich ausgelegt. Daraufhin wandten die ... eG und ein in der Nähe des Plangebiets ansässiger Metzgereibetrieb mit Schreiben vom 13.9.2017 bzw. vom 20.9.2017 gegen die Planung ein, sie befürchteten Umsatzeinbußen bis hin zur Existenzgefährdung.
11 
Im Rahmen der zeitgleich erfolgten Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange machten das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde unter dem 18.9.2017 und der Raumordnungsverband Region Rhein-Neckar mit Schreiben vom 25.9.2017 geltend, sie gingen davon aus, dass das Erweiterungsvorhaben zumindest bezogen auf den ... Markt in Neunkirchen gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verstoße. Auch die Gemeinde Aglasterhausen und die Antragstellerin erhoben mit Schreiben vom 6.9.2017 bzw. vom 21.9.2017 Einwendungen gegen die Planung, die sie u. a. auf von ihnen angenommene Verstöße gegen raumordnungsrechtliche Ziele und einen Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot stützten.
12 
Die Antragsgegnerin holte daraufhin die weitere Stellungnahme des Büros D... vom 21.11.2017 ein. Darin ist ausgeführt, die Bebauungsplanänderung halte die landes- und regionalplanerischen Kernregelungen ein.
13 
In der öffentlichen Sitzung vom 29.11.2017 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan als Satzung. Noch am selben Tage wurde der Bebauungsplan vom Bürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt. Er trat mit seiner öffentlichen Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 8.3.2018 in Kraft. In der öffentlichen Bekanntmachung wurde auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB hingewiesen.
14 
Die von der Kommunalaufsicht des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis wegen eines Verstoßes gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot in Bezug auf den Gemeinderatsbeschluss vom 29.11.2017 erlassene Beanstandungsverfügung vom 26.7.2018 wurde auf den von der Antragsgegnerin erhobenen Widerspruch vom Regierungspräsidium Karlsruhe aufgehoben. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 23.1.2019 - 12 K 8508/18 - den Sofortvollzug der Verfügung ausgesetzt, da es keine hinreichend belastbaren Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Beeinträchtigungsverbot festzustellen vermochte.
15 
Am 27.2.2019 hat die Antragstellerin den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Mit am 28.2.2019 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Schreiben vom 27.2.2019 hat sie Einwendungen gegen die Gültigkeit der Planung erhoben.
16 
In der Folgezeit hat das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis am 17.6.2019 eine Baugenehmigung zum Umbau und zur Erweiterung des im Plangebiet gelegenen Verbrauchermarkts auf eine Verkaufsfläche von knapp 1.200 m² erteilt. Hiergegen hat die Antragstellerin am 11.7.2020 Widerspruch erhoben, über den bislang nicht entschieden ist. Ihren gegen den Sofortvollzug der Baugenehmigung gerichteten Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 6.3.2020 - 12 K 5237/19 - abgelehnt, da die Baugenehmigung bei summarischer Prüfung das interkommunale Abstimmungsgebot aus § 2 Abs. 2 BauGB nicht zu ihren Lasten verletze.
17 
Mit Schriftsätzen vom 6.5.2019 und vom 14.2.2020 hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag begründet. Sie macht geltend, ihre Antragsbefugnis ergebe sich aus dem interkommunalen Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB, bei dem es sich um eine besondere Ausprägung des allgemeinen Abwägungsgebots handle. Dieses sei zu ihren Gunsten drittschützend, da unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art des zugelassenen Einzelhandels mit einer Verkaufsfläche von bis zu 1.200 m² unter anderem auf die verbrauchernahe Versorgung auf ihrem Gemeindegebiet zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen seien. Denn die Planung führe zu einem erheblichen Kaufkraftabfluss aus ihrem Gemeindegebiet. Die damit einhergehende wesentliche Umsatzreduzierung gefährde die Existenz ihres ... Marktes als einziger Einrichtung der Grund- und Nahversorgung in ihrer Gemeinde. Das folge auch aus der Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO und dem Umstand, dass die zugelassene Verkaufsfläche deutlich oberhalb der nach dieser Vorschrift maßgeblichen Geschossflächengrenze von 1200 m² liege. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Büro E... in der Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015 zu dem Ergebnis komme, bereits geringe Umsatzrückgänge beeinflussten die ökonomische Tragfähigkeit des ... Markts negativ. Gleichwohl sei die Antragsgegnerin nach der Begründung des Bebauungsplans davon ausgegangen, dass trotz nicht auszuschließender Umsatzeinbußen keine Gefährdung der ökonomischen Tragfähigkeit des ... Markts in Neunkirchen bestehe. Dies werde dem für ein „Wegwägen“ ihres Belangs im Rahmen des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB bestehenden erhöhten Rechtfertigungsbedarf nicht gerecht.
18 
Ihre Antragsbefugnis folge aber auch aus § 2 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. BauGB. Denn es sei nicht ausgeschlossen, dass sich Kaufkraftabflüsse nachteilig auf ihre Bemühungen um die Entwicklung und Stärkung ihres Ortszentrums als zentralem Versorgungsbereich auswirken könnten. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin weise sie mit ihrem Ortszentrum einen zentralen Versorgungsbereich auf. Dieses Merkmal müsse im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebots keinen Bezug zum Raumordnungsrecht aufweisen. Erfasst würden insoweit auch Grund- oder Nahversorgungsbereiche, die darauf angelegt seien, einen fußläufigen Einzugsbereich zu versorgen, wobei Struktur und Größe der betroffenen Gemeinde zu berücksichtigen seien. Diese Versorgungsfunktion erfülle der auf ihrem Gemeindegebiet befindliche ... Markt. Angesichts der nicht auszuschließenden Umsatzeinbußen und des nach Einschätzung des Büros E... negativen Einflusses bereits geringer Umsatzrückgänge auf die ökonomische Tragfähigkeit des ... Markts, seien nicht nur unerhebliche nachteilige Auswirkungen auf ihren zentralen Versorgungsbereich anzunehmen. Dies genüge für ein Eingreifen der Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Einer nachhaltigen Störung der Funktionsfähigkeit bedürfe es hierfür nicht.
19 
Unabhängig davon ergebe sich ihre Antragsbefugnis auch aus Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 BauGB, der grundsätzlich auf nachbargemeindliche Rücksichtnahme gerichtet sei und ihren durch die Planungen gefährdeten ... Markt schütze. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Gemeindeverwaltungsverband bereits derzeit eine Überversorgung im Bereich der Lebensmittel- und Drogerieartikelversorgung bestehe. Jede Erweiterung von Verkaufsflächen in diesen Segmenten habe damit negative Auswirkungen auf die bestehende Nahversorgung. Zudem werde die bereits derzeit durch Kaufkraftabflüsse von ihrem Gemeindegebiet in dasjenige der Antragsgegnerin bestehende Konfliktlage durch die Planung verschärft.
20 
Im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB zu berücksichtigen sei auch, dass die Antragsgegnerin den ... Markt bei der Bewertung der Grundversorgung und des Einzugsgebiets des geplanten großflächigen Marktes gleichsam für unerheblich und für nicht überlebensfähig erklärt habe.
21 
Darüber hinaus seien ihre Belange aus § 1 Abs. 6 Nr. 4, Nr. 8a und Nr. 11 BauGB auch im Rahmen der Abwägung § 1 Abs. 7 fehlerhaft nicht berücksichtigt worden.
22 
In der Sache habe der Bebauungsplan aus mehreren Gründen nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellt werden dürfen. Zum einen könne im beschleunigten Verfahren zwar ein Bebauungsplan, der von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abweiche, auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt worden sei. Indes dürfe die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets, hier des Gebiets des für die Flächennutzungsplanung zuständigen Gemeindeverwaltungsverbandes, nicht beeinträchtigt werden. Da die Planung erhebliche Auswirkungen auch auf ihrem Gemeindegebiet zeitige und sie zudem von den Vorgaben des Raumordnungsrechts abweiche, liege eine solche Beeinträchtigung hier vor. Zum anderen sei das Verfahren nach § 13a BauGB auch deshalb nicht zulässig, weil eine Verpflichtung zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. mit den Nrn. 18.6.2, 18.8 der Anlage 1 hierzu bestehe. Eine solche sei auch nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Wahl der rechtswidrigen Verfahrensart führe dazu, dass die Voraussetzungen des Regelverfahrens nach den §§ 2 ff. BauGB nicht hinreichend beachtet worden seien. Dies beziehe sich insbesondere auf die Unterlassung einer Umweltprüfung bzw. der Erstellung eines Umweltberichts. Hierbei handle es sich um nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB beachtliche Fehler.
23 
Der Bebauungsplan leide auch an beachtlichen materiellen Mängeln.
24 
Zunächst sei er nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Die verbrauchernahe Versorgung bzw. die Grund- und Nahversorgung der Bevölkerung der Antragsgegnerin sei durch den bestehenden Markt und die Lebensmittelhandwerker sichergestellt. Soweit betriebswirtschaftliche Entscheidungen dazu geführt hätten, dass der bestehende Markt von einem Betreiber nicht weiter betrieben worden sei, so sei darauf beispielsweise mit einer Reduzierung der Miete, einer Modernisierung der Räumlichkeiten, einer Verbesserung der Angebotsstruktur und der Marktpräsentation sowie der Ansprache anderer Betreiber zu reagieren. Eine planerische Lösung sei nicht das geeignete Mittel. Ferner sei der geplante Markt für die verbrauchernahe Versorgung der Gemeinde der Antragsgegnerin völlig überdimensioniert. Da der Markt in seiner derzeitigen Größe von einem neuen Betreiber (...) übernommen worden sei, sei anzunehmen, dass die Planung nicht den Zweck habe, eine verbrauchernahe Versorgung zu gewährleisten, sondern im Interesse des Immobilieneigentümers erfolgt sei. Dementsprechend treffe auch die Annahme nicht zu, der Betrieb eines großflächigen Marktes sei alternativlos. Dies verdeutliche das Beispiel ihres ... Marktes.
25 
Der Bebauungsplan verstoße ferner gegen Ziele der Raumordnung und damit das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB.
26 
Die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Konzentrationsgebot nach Plansatz 1.7.2.2 ERP lägen für die Antragsgegnerin, der keine zentralörtliche Funktion zukomme, nicht vor. Insbesondere sei die Vergrößerung des Marktes angesichts der bestehenden guten Versorgungssituation in der Gemeinde sowie des nahegelegenen ... Marktes in Aglasterhausen nicht geboten. Die Annahme, der bestehende Markt auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin könne bei unverändertem Zustand nicht überleben, sei, wie angeführt, unzutreffend. Soweit die Antragsgegnerin darauf abhebe, dieser Markt decke auch die Grund- und Nahversorgung von anderen Gemeinden bzw. deren Ortsteilen ab, greife dies nicht durch. Denn die Versorgungsaufgabe sei ausschließlich auf ihr Gemeindegebiet beschränkt. Die Annahme der Antragsgegnerin, die Grundversorgung erstrecke sich nicht wesentlich auf andere Gemeinden, sei durch verschiedene Einzelhandelsgutachten widerlegt. Nach der Auswirkungsanalyse des Büros E... werde der vorgesehene Markt über 45 % der Umsätze durch Kunden außerhalb des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin erwirtschaften. Demgemäß sei auch der von der Antragsgegnerin für ihre Planung in Ansatz gebrachte Einzugsbereich zu groß. In diesem Zusammenhang sei im Übrigen auf die im Gebiet des Gemeindeverwaltungsverbandes bereits derzeit bestehende Überversorgung im Lebensmittel- und Drogerieartikelbereich hinzuweisen.
27 
Angesichts des genannten Anteils der außerhalb des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin wohnhaften Kunden am Umsatz des geplanten Marktes sei ferner das Kongruenzgebot nach Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 des Landesentwicklungsplan 2002 (LEP) und Plansatz 1.7.2.3 ERP verletzt. Denn nach dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg liege bereits bei einem Umsatzanteil von 30 % ein Indiz dafür vor, dass der zentralörtliche Verflechtungsbereich wesentlich überschritten sei. Darüber hinaus sei von einer abnehmenden Bevölkerung der Antragsgegnerin auszugehen. Denn infolge der vorgesehenen Inklusion Behinderter werde sich die Zahl der Heimbewohner der im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin ansässigen ... verringern.
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Der Bebauungsplan verstoße auch gegen das raumplanerische Beeinträchtigungsverbot nach Plansatz 3.3.7.1 LEP und Plansatz 1.7.2.4 ERP. Von einer wesentlichen Beeinträchtigung sei auszugehen, wenn aufgrund des zu erwartenden Kaufkraftabflusses Geschäftsaufgaben drohten. Orientierungswert hierfür sei unter Berücksichtigung der Nummer 3.2.2.3 des Einzelhandelserlasses Baden-Württemberg ein Umsatzverlust bei nahversorgungsrelevanten Sortimenten von ca. 10 %. Diese Schwelle sei nach dem Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... mit einem Umsatzverlust von 17 % bei dem ... ... Markt auf ihrem Gemeindegebiet überschritten. Der Vorwurf, das Gutachten weise deshalb fachliche Schwächen auf, weil es mit ungewöhnlich kleinen Zahlen operiere, treffe nicht zu. Im Übrigen sei auch bei Umsatzverlusten unterhalb von 10 % von einer Beeinträchtigung des ... Marktes auszugehen, da dieser nach der Auswirkungsanalyse des Büros E... besonderer Rücksicht und Sensibilität bedürfe. Auszuschließen sei eine Beeinträchtigung auch nach den von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten und ihrer eigenen Einschätzung nicht. Dass die Umsatzverluste des ... Marktes nach den genannten Gutachten aufgrund des geringen Umsatzes dieses Marktes nicht prognostizierbar seien, gehe zu Lasten der Antragsgegnerin. Von einem Verstoß der Planung gegen das Beeinträchtigungsverbot gingen mit Blick auf den ... Markt auch das Regierungspräsidium als höhere Raumordnungsbehörde und der Regionalverband aus. Darüber hinaus würden in den von der Antragsgegnerin herangezogenen Gutachten die Umsatzeinbußen für die auf deren Gemeindegebiet ansässigen Lebensmittelhandwerker nicht ausreichend berücksichtigt.
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Die Planung verletze ferner das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Angesichts der nicht auszuschließenden erheblichen Beeinträchtigung des ... Marktes, der fehlerhaften Berücksichtigung desselben und der rücksichtslosen Verschärfung einer bestehenden Konfliktlage infolge des bereits derzeit erheblichen Kaufkraftabflusses sei darüber hinaus das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB verletzt. Daher liege auch ein Abwägungsmangel i. S. des § 1 Abs. 7 BauGB bzw. ein Ermittlungs- und Bewertungsfehler i. S. des § 2 Abs. 3 BauGB vor.
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Die Antragstellerin beantragt,
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den Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Gemeinde Schwarzach vom 29. November 2017 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Sie trägt vor, der Normenkontrollantrag sei bereits unzulässig, da es der Antragstellerin an der erforderlichen Antragsbefugnis fehle.
35 
Zu Unrecht mache die Antragstellerin eine Missachtung des interkommunalen Abstimmungsgebots i. S. des § 2 Abs. 2 BauGB geltend. Zwar könnten sich Nachbargemeinden nach dieser Vorschrift auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen von Bauleitplänen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen. Indes komme der Antragstellerin keine zentralörtliche Funktion zu und verfüge sie auch nicht über einen zentralörtlichen Versorgungsbereich. Der ... Markt könne eine solche Funktion nicht erfüllen, da er lediglich eine ergänzende Lebensmittelversorgung sicherstelle, nicht aber beispielsweise die Grundversorgung mit Drogerieartikeln und anderen Artikeln des täglichen Bedarfs. Im Übrigen sei im Rahmen der Bauleitplanung auch den Ermittlungspflichten in Bezug auf die regionalplanerisch bedeutsamen Belange der Antragstellerin Genüge getan worden. Entsprechende Auswirkungen hätten, da nicht weiter ermittelbar, auf der Grundlage der eingeholten Gutachten mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können. Vorsorglich sei die Verkaufsfläche von 1.250 m² auf 1.199 m² beschränkt worden. Die Verletzung eines Ziels der Raumordnung könne die Antragstellerin mithin nicht schlüssig vortragen. Das Gutachten des Büros U... vermöge die Annahme relevanter Kaufkrafteinbußen des ... Markts methodisch nicht zu tragen. Dies ergebe sich aus den Gutachten der Büros ... und D... und sei zudem sowohl vom Verwaltungsgericht als auch vom Regierungspräsidium bestätigt worden. Die Belange der Antragstellerin seien demnach gewahrt. Der von der Antragstellerin vorgetragene qualifizierte Abstimmungsbedarf in Bezug auf raumordnungsrechtliche Gesichtspunkte sei bereits im Rahmen der Zielanpassung erfüllt worden. Andere im Rahmen der Abwägung schützenswerte Belange habe die Antragstellerin nicht vorgetragen. Ihre Planungshoheit werde nicht beeinträchtigt. Das Interesse an einer Vermeidung von Konkurrenzsituationen für bestehende Läden werde durch § 2 Abs. 2 BauGB nicht geschützt.
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Der Normenkontrollantrag sei aber auch nicht begründet.
37 
In formeller Hinsicht sei der Anwendungsbereich des § 13a BauGB eröffnet, so dass eine Entwicklung des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan nach § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB nicht erforderlich gewesen sei. Zum einen betrage die zulässige überbaubare Grundstücksfläche im Plangebiet nur 4.351 m². Zum anderen handle es sich nicht um ein Vorhaben, dass der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 4 BauGB bzw. einer Vorprüfungspflicht unterliege. Das gelte sowohl für die Rechtslage vor als auch nach dem 16.5.2017. Denn nach § 3b Abs. 3 Satz 4 UVPG a. F. und den Nrn. 18.8 und 18.6 der Anlage hierzu komme es bei der Planung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes im Innenbereich nur auf den Umfang der jeweiligen Änderung oder Erweiterung an. Gleiches gelte unter Zugrundelegung des nunmehr geltenden § 9 Abs. 2 Satz 2 UVPG i. V. mit den Nrn. 18.8 und 18.6 der Anlage 1 hierzu. Angesichts der Erweiterung der Verkaufsfläche um lediglich 400 m² werde damit die Schwelle der Vorprüfungspflicht, die bei 1.200 m² Geschossfläche liege, nicht erreicht. Soweit in der Begründung des Bebauungsplans auf die gesamte Verkaufsfläche des vorgesehenen Marktes abgestellt werde, beruhe dies auf unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen in verschiedenen Rechtsbereichen.
38 
In materieller Hinsicht sei die Planung erforderlich gewesen. So habe sie hinreichend gewichtige private Belange zum Anlass der Bauleitplanung nehmen und sich dabei an den Wünschen der Grundstückseigentümer orientieren dürfen, da sie auch städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolgt habe. Soweit die Antragstellerin vortrage, die verbrauchernahe Versorgung werde durch den derzeitigen Markt sichergestellt und sie darüber hinaus Wege zum Erhalt des bestehenden Marktes aufzeige, überspanne sie die Anforderungen an die Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 BauGB. Die Standortgemeinde habe den Bebauungsplan für erforderlich halten dürfen, um sowohl die Leerstandsprobleme zu lösen als auch die Nahversorgung für die Zukunft zu sichern.
39 
Der Bebauungsplan sei an die Ziele der Raumordnung angepasst.
40 
So sei das Konzentrationsgebot nach Plansatz 1.7.2.2 ERP eingehalten. Den entsprechenden Ergebnissen in den von ihr eingeholten Gutachten habe sich die höhere Raumordnungsbehörde in ihrer Stellungnahme vom 18.9.2017 angeschlossen. Dies gelte insbesondere mit Blick auf das Vorliegen einer Ausnahme im Sinne des genannten Plansatzes und des gleichlautenden Plansatzes nach Nr. 3.3.7 LEP. Die Einwände der Antragstellerin, der großflächige Markt sei zur Sicherung der Nahversorgung nicht geboten und lasse negative Auswirkungen auf Ziele der Raumordnung erwarten, seien widerlegt bzw. unzutreffend. Zwar sei die Nahversorgung derzeit durch den bestehenden Markt gesichert. Indes sei dieser nach der Auswirkungsanalyse des Büros E... wegen seiner Größe und Ausstattung nicht überlebensfähig. Auch sei ihre Annahme, bei Wegfall des bestehenden Marktes bestehe in weitem Umkreis keine Nahversorgungsmöglichkeit mehr, zutreffend. Denn sie beziehe sich allein auf ihre nicht mobile Bevölkerung. Diese auf eine Versorgung in einer Entfernung von mehr als 1,5 km zu verweisen, entspreche nicht dem Regionalplan. Ferner sei eine Betriebsaufgabe nicht infolge der Übernahme des Marktes durch ... auszuschließen. Denn der derzeitige Betrieb sei vorläufig und stehe unter dem Vorbehalt der Erteilung der Genehmigung für einen großflächigen Markt. ... habe kein Interesse an den nicht wirtschaftlichen kleineren Räumlichkeiten. Eine Verletzung des Konzentrationsgebots liege auch nicht mit Blick auf die gutachterliche Annahme vor, der geplante Markt sichere nicht nur die Grundversorgung in der Standortgemeinde, sondern auch die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin und in Ortsteilen der umliegenden Gemeinden. Der Absatz von Einzelhandelsgroßprojekten in nicht-zentralen Gemeinden dürfe sich im Bereich der Grundversorgung nur nicht wesentlich auf andere Gemeinden erstrecken. Die genannten Orte bzw. Ortsteile ohne eigene zentralörtliche Funktion seien aufgrund der raumstrukturellen Gegebenheiten von den Gutachten in das Versorgungsgebiet einzubeziehen gewesen. Denn sie seien verkehrlich direkt mit ihrem Gemeindegebiet verbunden, verfügten selbst nicht über ein eigenes entsprechendes Angebot und könnten eigene großflächige Einzelhandelsbetriebe nicht planen, da ihnen ohne das Einzugsgebiet der Gemeinde Schwarzach die erforderliche Kaufkraft fehle.
41 
Angesichts dessen sei das Kongruenzgebot nach Plansatz 1.7.3 ERP bzw. Plansatz 3.3.7.1 LEP ebenfalls eingehalten.
42 
Ein Verstoß gegen das Beeinträchtigungsverbot nach Plansatz 1.7.2.4 ERP bzw. Plansatz 3.3.7.1 LEP liege gleichfalls nicht vor. Im Gegensatz zu § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, wonach großflächiger Einzelhandel schon dann nur in festgesetzten Sondergebieten zulässig sei, wenn er sich wahrscheinlich auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung auswirke, bedürfe es des Vorliegens konkreter Anhaltspunkte für eine bevorstehende Beeinträchtigung der betroffenen Versorgungsbereiche. Dies habe sie im Rahmen der Planung geprüft und verneint. Demgegenüber habe die höhere Raumordnungsbehörde in der Stellungnahme vom 18.9.2017 eine Verletzung des Beeinträchtigungsverbots unter Hinweis auf mögliche, lediglich nicht auszuschließende Beeinträchtigungen bejaht und damit einen unzutreffenden Beurteilungsmaßstab gewählt. Im Übrigen gehe die höhere Raumordnungsbehörde selbst davon aus, dass die Nahversorgung der Antragstellerin durch das Vorhaben noch verbessert werde und habe sie von der ihr zustehenden Eingriffsbefugnis nach § 20 Abs. 1 LPlG keinen Gebrauch gemacht.
43 
Mängel bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials sowie Mängel der Abwägung selbst lägen nicht vor.
44 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die dem Senat vorliegenden Verfahrensakten der Antragsgegnerin betreffend den Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ verwiesen. Dem Senat liegen darüber hinaus der Bebauungsplan „Ortsmitte“ und die Akten des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis betreffend das Beanstandungsverfahren und das Baugenehmigungsverfahren aus dem Jahre 2019 sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe aus den oben genannten Eilverfahren 12 K 8508/18 sowie 12 K 5237/19 vor. Auf diese wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
45 
Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung scheidet aus, obschon dem Senat der genaue Inhalt des Einwendungsschreibens der Antragstellerin vom 27.2.2019 und der Zeitpunkt des Zugangs desselben bei der Antragsgegnerin erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2020 bekannt geworden ist. Zum einen ist die Wiedereröffnung bereits deshalb ausgeschlossen, weil die instanzabschließende Entscheidung durch förmliche Übergabe des unterschriebenen Entscheidungstenors an die Geschäftsstelle des Senats (vor Bekanntwerden von Inhalt und Zugangszeitpunkt des genannten Schreibens) wirksam geworden ist (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019 RdNr. 14 zu § 104). Zum anderen kommt es für die gerichtliche Entscheidung auch nicht auf das Schreiben vom 27.2.2019 an.
46 
Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist zulässig (1.) und begründet (2.).
47 
1. Der statthafte (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntmachung des Bebauungsplans (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) gestellte Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ermangelt es der Antragstellerin nicht an der erforderlichen Antragsbefugnis (a) oder am Rechtsschutzinteresse für die begehrte gerichtliche Entscheidung (b).
48 
a) Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer - möglichen - Rechtsverletzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Ausreichend ist, wenn der jeweilige Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.4.2004 - 4 CN 1.03 - NVwZ 2004, 1120 f.). Hieran fehlt es nur dann, wenn Rechte des Antragstellers unter Zugrundelegung seines Antragsvorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.2.1994 - 1 C 24.92 -, BVerwGE 95, 133 m. w. N.).
49 
aa) Neben der - hier nicht in Rede stehenden - Möglichkeit einer Verletzung des im Plangebiet gelegenen Grundeigentums lässt sich die Antragsbefugnis insbesondere aus einer möglichen Verletzung des aus § 1 Abs. 7 BauGB folgenden Rechts auf gerechte Abwägung ableiten. Dieses Recht hat hinsichtlich der für die Abwägung erheblichen privaten Belange drittschützenden Charakter. Liegt ein solcher Belang vor, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.11.2015 - 4 CN 9/14 - BVerwGE 153, 174 ff.). Daher genügt es für die Annahme der Antragsbefugnis, wenn der jeweilige Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung dieses Belangs in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (st. Rspr., vgl. BVerwG, vgl. Urt. v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41 ff.). Abwägungserheblich sind allerdings nur solche Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An letzterem fehlt es bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.11.2016 - 4 BN 16.16 - NVwZ 2017, 563 f. sowie Urt. v. 30.4.2004 a. a. O.).
50 
Für Nachbargemeinden gilt im Ergebnis nichts anderes. Allerdings kann sich deren Antragsbefugnis nicht nur aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB, sondern auch aus einem nicht auszuschließenden Verstoß gegen das Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB ergeben.
51 
Das Gebot der interkommunalen Abstimmung i. S. des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB stellt strukturell eine besondere Ausprägung des allgemeinen Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB dar, auf das sich die Nachbargemeinde gesondert berufen kann. Es dient der Wahrung der aus der Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) fließenden städtebaulichen Interessen der Gemeinden und verleiht deren Interesse, vor Nachteilen bewahrt zu werden, ein besonderes Gewicht. § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB kommt zum Tragen, wenn vom Bauleitplan einer benachbarten Gemeinde unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf städtebaulich relevante gemeindliche Belange ausgehen können. Kommen derart gewichtige Folgen in Betracht, löst dies im Bebauungsplanverfahren auf der Abwägungsebene einen qualifizierten materiellen Abstimmungsbedarf mit den gegenläufigen Belangen der Nachbargemeinde dergestalt aus, dass für ein - mögliches - „Wegwägen“ dieser Belange ein erhöhter Rechtfertigungsbedarf besteht, die für die Planung sprechenden Gründe also besonderes Gewicht haben müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 - 3 S 324/08 - NuR 2011, 149 ff. und v. 27.9.2007 - 3 S 2875/06 - VBlBW 2008, 218 ff., jew. m. w. N.).
52 
Darüber hinaus reichert § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB das interkommunale Abstimmungsgebot um Belange mit raumordnungsrechtlichen Bezügen an. Damit gibt die Vorschrift den Nachbargemeinden die Möglichkeit, auch die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie die Auswirkungen von Bauleitplänen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche als Abwehrrechte im Rahmen der zwischengemeindlichen Abstimmung geltend zu machen (vgl. wiederum VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 und v. 27.9.2007, jew. a. a. O., m. w. N.).
53 
Neben dem „qualifizierten“ Abwägungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB sind die Belange der Nachbargemeinde aber auch auf der Ebene der „einfachen“ Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu beachten. Die Gemeinde kann daher auch geltend machen, in schutzwürdigen, sie zumindest mehr als nur geringfügig betreffenden und für die planende Gemeinde erkennbaren „privaten“ städtebaulich relevanten Belangen betroffen zu werden. Denn die Gemeinden verdienen insofern keinen geringeren Schutz als private Betroffene (vgl. auch hierzu VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 und v. 27.9.2007, jew. a. a. O., m. w. N.).
54 
bb) Unter Zugrundelegung dessen hat die Antragstellerin eine mögliche Verletzung eigener Rechte durch die angegriffene Planung hinreichend konkret vorgetragen.
55 
Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie sich zur Begründung ihrer Antragsbefugnis mit Erfolg auf einen ihr nach § 2 Abs. 2 S. 2 2. Alt. BauGB zugewiesenen raumordnungsrechtlichen Belang berufen kann. Hierfür wäre erforderlich, dass der nach ihrer Einschätzung durch die Planung negativ betroffene ... ... Markt auf ihrem Gemeindegebiet bzw. das diesen umgebende Gebiet als zentraler Versorgungsbereich im Sinne der genannten Vorschrift angesehen werden könnte. Das Vorliegen eines solchen zentralen Versorgungsbereichs hat zwar das Büro E... im für den Gemeindeverwaltungsverband Kleiner Odenwald erstellten Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016 bejaht (vgl. Nr. 8.4.3, S. 82 ff.), allerdings hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe dies im Beschluss vom 6.3.2020 - 12 K 5237/19 - mit beachtlichen Gründen in Zweifel gezogen.
56 
Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich nämlich bereits aus der von ihr auch geltend gemachten Möglichkeit einer Verletzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Denn nach dem schlüssigen Vorbringen der Antragstellerin ist nicht von vornherein auszuschließen, dass die angegriffene Planung zu ihren Gunsten dem interkommunalen Abstimmungsgebot unterfällt (aaa). Ebenfalls ist nicht auszuschließen, dass das in Rede stehende städtebauliche Interesse der Antragstellerin im Rahmen der interkommunalen Abstimmung fehlerhaft berücksichtigt wurde (bbb).
57 
aaa) Mit ihren Vorbringen, der geplante großflächige Markt gefährde die Grund- und Nahversorgung in ihrer Gemeinde, macht die Antragstellerin einen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB zwischen den beteiligten Gemeinden abstimmungsbedürftigen Sachverhalt geltend (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.10.1993 - 3 S 335/92 - VBlBW 1994, 353 ff.), nämlich die erhebliche Beeinträchtigung ihres nach § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a und e BauGB abwägungserheblichen städtebaulichen Interesses an der verbrauchernahen Grundversorgung ihrer Bevölkerung.
58 
Auch hat die Antragstellerin die nicht auszuschließende Möglichkeit einer solchen erheblichen Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung ihrer Bevölkerung infolge der angegriffenen Planung schlüssig dargetan.
59 
Hierzu trägt sie vor, der ... Markt als einzige Einrichtung der Grund- und Nahversorgung in ihrer Gemeinde werde durch den aufgrund des Bebauungsplans zugelassenen großflächigen Lebensmittelmarkt gefährdet. Der Orientierungswert für eine drohende Geschäftsaufgabe wegen Kaufkraftabflüssen liege nach Nummer 3.2.2.3 des Einzelhandelserlasses Baden-Württemberg für nahversorgungsrelevante Sortimente bei Umsatzverlusten von ca. 10 %. Er sei nach dem Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... mit einem Umsatzverlust von 17 % bei dem ... Markt auf ihrem Gemeindegebiet überschritten. Im Übrigen sei auch bei Umsatzverlusten unterhalb von 10 % von einer entsprechenden Beeinträchtigung des ... Marktes auszugehen, da dieser nach der Auswirkungsanalyse des Büros E... besonderer Rücksicht und Sensibilität bedürfe, um das vorhandene Grundversorgungsangebot zu halten, und bereits geringe Umsatzrückgänge die ökonomische Tragfähigkeit des ... Markts negativ beeinflussten. Danach seien bereits geringe bzw. marginale Kaufkraftabflüsse schädlich. Dass sich die Umsatzumverteilungswerte nach den von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten aufgrund des geringen Gesamtumsatzes des ... Marktes von rund EUR 600.000 im Jahr nicht ausweisen ließen, lasse nicht den Schluss zu, sie seien nicht zu berücksichtigen. Vielmehr gehe die sich hieraus ergebende Unsicherheit zu Lasten der Antragsgegnerin. Denn diese habe die Unschädlichkeit der Planung für ihre Grund- und Nahversorgung nachzuweisen.
60 
Die sich hieraus ergebende Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin ist auch nicht auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten von vornherein auszuschließen.
61 
Das gilt unabhängig von der Frage der Überzeugungskraft der gutachterlichen Einschätzungen im Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... vom Dezember 2015, das die Wirtschaftlichkeit des ... Markts im Falle der Errichtung eines seinerzeit noch geplanten großflächigen Einzelhandelsbetriebes mit einer Verkaufsfläche von 1.250 m² in Schwarzach in Frage gestellt hat (vgl. S. 24). Daher kommt es hier nicht darauf an, ob die gegen diese Einschätzung und die ihr zu Grunde liegenden Berechnungen sowohl vom Büro E... in der vom Gemeindeverwaltungsverband Kleiner Odenwald eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 4 ff.) als auch vom Büro D... in den auf Veranlassung der Antragsgegnerin erstatteten Stellungnahmen vom 28.4.2017 (S. 6 f.) und vom 21.11.2017 (S. 4 f.) erhobenen fachlichen und methodischen Bedenken durchgreifen. Gleichfalls nicht entscheidungserheblich ist im Rahmen der Zulässigkeit, ob die Vermutungsregelungen des § 11 Abs. 3 S. 3 und 4 BauNVO eingreifen.
62 
Hier erhebliche negative Auswirkungen der Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit einer Verkaufsfläche von 1.200 m² in Schwarzach auf die Grundversorgung in Neunkirchen erscheinen nämlich auch unter Zugrundelegung der Einschätzungen der G..., des Büros E... und des Büros D... nicht offensichtlich und nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen. Die genannten Sachverständigenbüros haben nämlich weder die Höhe der dem ... Markt infolge der geplanten Marktvergrößerung drohenden Umsatzverluste noch die insoweit zu beachtende individuelle Verträglichkeitsschwelle prognostiziert. Die Einschätzungen der G..., Umsatzumverteilungen zu Lasten von Neunkirchen lägen auf einem marginalen Niveau, da kein vergleichbarer Anbieter vorhanden sei (vgl. die Auswirkungsanalyse vom Februar 2015, S. 29), und des Büros E..., auf die nicht mobile Kaufkraft in Neunkirchen, von welcher der ... Markt im Wesentlichen lebe, habe eine mögliche Verkürzung der Einkaufswege durch die Erweiterung in Schwarzach kaum einen nennenswerten Einfluss (vgl. die Stellungnahme vom 3.3.2016, S. 2), lassen jedenfalls nicht offensichtlich den Schluss zu, eine Beeinträchtigung des ... ... Marktes sei von vornherein auszuschließen. Denn angesichts des bereits bestehenden ökonomischen Drucks auf den ... Markt (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5) und dessen nur bedingter Stabilität (vgl. die Auswirkungsanalyse des Büros E... vom 4.11.2015, S. 11, sowie das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94) erscheint es zumindest möglich, dass auch geringe Umsatzeinbußen zu einer nachhaltigen Destabilisierung dieses Marktes führen können.
63 
Ob das Einzelhandelsgroßprojekt tatsächlich zu einer Gefährdung der Grund- und Nahversorgung infolge einer Geschäftsschließung führen würde, ist im Rahmen der Zulässigkeit des Normenkontrollantrages nicht zu prüfen (vgl. BayVGH, Urt. v. 7.6.2000 - 26 N 99.2961 - BayVBl 2001, 175 ff.).
64 
bbb) Besteht nach alledem ein interkommunaler Abstimmungsbedarf i. S. des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB, so ist auch nicht auszuschließen, dass die Interessen der Antragstellerin im Rahmen dieser Abstimmung deshalb nicht fehlerfrei berücksichtigt wurden, weil die Antragsgegnerin eine durch die geplante Markterweiterung drohende wesentliche Beeinträchtigung des ... Marktes verneint hat (vgl. hierzu Seite 26 f. der Abwägungstabelle).
65 
b) Ferner ermangelt es der Antragstellerin nicht am erforderlichen Rechtsschutzinteresse.
66 
Das Rechtsschutzbedürfnis als Zulässigkeitsvoraussetzung soll verhindern, dass das Gericht in eine sachliche Prüfung der Gültigkeit der Norm eintritt, obwohl sich die Rechtsstellung des Antragstellers auch dann nicht verbessert, wenn die Norm antragsgemäß für unwirksam erklärt wird. Ist der Antragsteller antragsbefugt, ist nach diesem Maßstab regelmäßig auch das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Zwar fehlt das Rechtschutzbedürfnis in aller Regel, wenn ein Bebauungsplan durch genehmigte oder genehmigungsfreie Maßnahmen vollständig verwirklicht ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41). Allerdings hat die Antragstellerin die bereits erteilte und nach Angabe der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung auch umgesetzte Baugenehmigung für die durch den Bebauungsplan zugelassene Erweiterung des Lebensmittelmarkts durch Widerspruch angegriffen. Daher ist die Baugenehmigung noch nicht in Bestandskraft erwachsen und vermag die Aufhebung des Bebauungsplans die Rechtsstellung der Antragstellerin zu verbessern.
67 
2. Der Normenkontrollantrag hat auch in der Sache Erfolg. Der Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Antragsgegnerin ist wegen eines Verstoßes gegen das Gebot des § 1 Abs. 4 BauGB, Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen, insgesamt unwirksam.
68 
Der angegriffene Bebauungsplan verletzt das Konzentrationsgebot nach Plansatz 3.3.7 (Z) LEP und Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP. Denn die hier erforderliche Zulassung einer Ausnahme von diesem Gebot käme nur dann in Betracht, wenn die Planung das Beeinträchtigungsverbot nach Plansatz 1.7.2.4 (Z) ERP einhielte (a). Hiervon lässt sich aber nicht ausgehen (b). Der Bebauungsplan verstößt danach gegen Ziele der Raumordnung (c), was zu seiner Gesamtunwirksamkeit führt (d).
69 
a) Der von der Antragsgegnerin auf ihrem Gemeindegebiet geplante großflächige Einzelhandelsbetrieb ist mit Blick auf das Konzentrationsgebot aus Plansatz 3.3.7 Satz 1 (Z) LEP und Plansatz 1.7.2.2 Abs. 1 (Z) ERP grundsätzlich unzulässig, weil ihr keine zentralörtliche Funktion zukommt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Als Voraussetzung für die Zulassung einer Ausnahme vom Konzentrationsgebot sieht Plansatz 3.3.7 Satz 2 (Z) LEP vor, dass der großflächige Einzelhandel nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder die Gemeinden in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Plansatz 1.7.2.2 Abs. 2 (Z) ERP konkretisiert diese Voraussetzungen dahingehend, dass der großflächige Einzelhandel ausschließlich zur Sicherung der Nahversorgung geboten sein muss und keine negativen Auswirkungen auf Ziele der Raumordnung zu erwarten sind (Satz 1). Für den baden-württembergischen Teil des Verbandsgebiets gilt die Ausnahmeregelung für andere Standortgemeinden auch dann, wenn diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Satz 2). Ferner ordnet Plansatz 1.7.2.2 Abs. 2 S. 3 (Z) ERP die entsprechende Geltung der Plansätze 1.7.2.3 bis 1.7.2.5 (Z) ERP an.
70 
Danach setzt die hier erforderliche Zulassung einer Ausnahme für den von der Antragsgegnerin geplanten großflächigen Einzelhandel unter anderem voraus, dass die übrigen Zielvorgaben zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels gemäß den Plansätzen 1.7.2.3 bis 1.7.2.5 (Z) ERP eingehalten werden (vgl. hierzu auch die Begründung zu Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP). Damit ist das Konzentrationsgebot in Fällen der vorliegenden Art nur dann eingehalten, wenn das Vorhaben in Einklang mit dem Kongruenzgebot, dem Beeinträchtigungsverbot und dem Integrationsgebot steht. Das ist mit Blick auf das Beeinträchtigungsverbot nach dem mit den Plansätzen 3.3.7.1 Satz 2 (Z) und 3.3.7.2 Satz 1 (Z) LEP übereinstimmenden Plansatz 1.7.2.4 (Z) ERP nur dann der Fall, wenn das Einzelhandelsgroßprojekt die städtebauliche Entwicklung, Ordnung und Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde, anderer Zentraler Orte sowie die Nahversorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich nicht wesentlich beeinträchtigt.
71 
b) Von der Einhaltung des raumordnungsrechtlichen Beeinträchtigungsverbots lässt sich aber hier insbesondere in Bezug auf die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin nicht ausgehen.
72 
aa) Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Grund- und Nahversorgung mit Lebensmitteln auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin, insbesondere in ihrem Hauptort, im Wesentlichen durch den im Ortskern angesiedelten ... Markt gewährleistet wird. Darüber hinaus bietet der Markt nach den überzeugenden Angaben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung auch Drogerieartikel und - wie in der Auswirkungsanalyse des Büros E... vom 4.11.2015 (S. 28) bestätigt - Getränke an. Ob der ... ... Markt damit auch in diesen Bereichen eine Grundversorgung gewährleistet, kann offenbleiben. Denn die Bedeutung des ... Marktes für die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin ist jedenfalls nicht so gering, dass er als raumordnungsrechtlich unbeachtlich angesehen werden könnte. Dies behauptet auch die Antragsgegnerin nicht. Dass der ... Markt ehrenamtlich betrieben und von der Gemeinde durch Übernahme der Miet- und Stromkosten finanziell gestützt wird, ändert an seiner durch das Beeinträchtigungsverbot geschützten Versorgungsfunktion nichts.
73 
bb) Die Beurteilung, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb die Grund- und Nahversorgung in seinem Einzugsbereich wesentlich beeinträchtigt, ist insbesondere unter Berücksichtigung der Verkaufsfläche des Vorhabens im Vergleich zu den im Einzugsbereich vorhandenen Verkaufsflächen derselben Branche, der voraussichtlichen Umsatzumverteilung, der Entfernung zwischen dem Vorhaben und dem betroffenen Versorgungsbereich, einer etwaigen „Vorschädigung“ des betroffenen Versorgungsbereichs oder einer Gefährdung eines vorhandenen „Magnetbetriebs“, dem maßgebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Nahversorgung zukommt, zu treffen. Auch die Kundenattraktivität des geplanten Vorhabens durch standortbedingte Synergieeffekte kann eine Rolle spielen. Geboten sein kann der Rückgriff auf ein Marktgutachten als taugliche Methode zur Ermittlung der Kaufkraftabflüsse anhand von branchenspezifischen Erfahrungswerten. Als Anhalts- oder Orientierungswert für eine wesentliche Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung kann auf die Kriterien der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten, Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben vom 21.2.2001 (Einzelhandelserlass) zurückgegriffen werden. Diese geht in ihrer Nr. 3.2.2.3 anhaltsweise davon aus, dass bei zentren- oder nahversorgungsrelevanten Sortimenten ab einem Umsatzverlust von ca. 10 % Geschäftsaufgaben drohen. Feste Prozentsätze lassen sich aber insoweit nicht angeben. Der Prüfungsmaßstab fordert eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände (vgl. zur Frage schädlicher Auswirkungen eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes auf zentrale Versorgungsbereiche nach § 34 Abs. 3 BauGB VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.11.2017 - 5 S 1003/16 - juris).
74 
Die Entscheidung, anhand welcher Methode eine voraussichtliche Beeinträchtigung prognostisch ermittelt wird, obliegt grundsätzlich dem Tatsachengericht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die erforderliche Prognose mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist, die umso größer werden, je komplexer die zu beurteilende Situation ist. Angesichts zahlreicher Wechselwirkungen lassen sich objektive Aussagen über voraussichtliche Umsatzumverteilungen nur schwer treffen, was auch daran liegt, dass eine Vielzahl nicht bodenrechtlich relevanter Umstände die Höhe des Umsatzes beeinflusst. Angesichts dieser Situation ist der Senat darauf beschränkt, die Plausibilität der vorgelegten Gutachten nur darauf zu prüfen, ob diese mit den im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Das Gericht überprüft insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrundeliegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. wiederum VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.11.2017, a. a. O.).
75 
cc) Unter Zugrundelegung dessen lässt sich die Annahme, der durch den Bebauungsplan zugelassene großflächige Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb werde die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin nicht wesentlich beeinträchtigen, nicht rechtfertigen. Auch insoweit kommt es auf die Überzeugungskraft des von der Antragstellerin eingeholten Marktverträglichkeitsgutachtens des Büros U... vom Dezember 2015 nicht an. Denn es ist auch unabhängig von dieser gutachterlichen Einschätzung des Gefährdungspotenzials der geplanten Markterweiterung nicht mit der erforderlichen Sicherheit prognostizierbar, dass die Umsetzung der Planung keine Geschäftsaufgabe des ... Markts als dem wesentlichen Träger der Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin zur Folge haben wird.
76 
Zwar kommen die G... in ihrer Auswirkungsanalyse vom Februar 2015 (S. 28 f.) und auch das Büro E... in der Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015 (S. 65) zu dem Ergebnis, Umsatzumverteilungen zu Lasten der Gemeinde Neunkirchen seien selbst bei einer Erweiterung des Lebensmittelmarktes in Schwarzach auf (seinerzeit noch geplante) 1.250 m² nicht nachweisbar. Dieser Beurteilung hat sich das Büro D... in den Stellungnahmen vom 28.4.2017 (S. 6 f.) und vom 31.11.2017 (S. 5 f.) in Bezug auf die nunmehr geplante Erweiterung des Marktes auf 1.200 m² angeschlossen.
77 
Allerdings beruht diese Einschätzung nicht auf der Annahme, Umsatzumverteilungen zu Lasten des ... Marktes seien schon dem Grunde nach nicht zu besorgen. Vielmehr hat das Büro D... die mangelnde Nachweisbarkeit damit begründet, die Ausweisung von Umsatzumverteilungswerten unter EUR 150.000 liege am Rande des seriös Prognostizierbaren (vgl. S. 6 der Stellungnahme vom 28.4.2017 und der Stellungnahme S. 5 vom 31.11.2017). Dieser Einschätzung entspricht es, dass das Büro E... der vom Büro U... prognostizierten Kaufkraftumverteilung i. H. von EUR 100.000 zu Lasten des ... ... Marktes in Neunkirchen entgegengehalten hat, es gebe nach ihrer Kenntnis kein einschlägiges Institut im Bundesgebiet, das sich in der Lage sehe, Kaufkraftströme in einer solchen Detailliertheit und Exaktheit auszuweisen (vgl. S. 6 der Stellungnahme vom 3.3.2016). Angesichts eines Bruttoumsatzes des ... ... Marktes von ca. EUR 600.000 im Jahr (vgl. das Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... vom Dezember 2015, S. 16, sowie die Stellungnahme des Büros E... vom 3.3.2016, S. 6 unten) liegen damit Umsatzverluste dieses Marktes i. H. von rund 16,7 % bzw. sogar rund 25 % unterhalb der Nachweisgrenze. Angesichts dessen lassen sich die mit Blick auf die geringe Entfernung von rund 3 km zwischen den Standorten der Markterweiterung und des ... ... Marktes ohne Weiteres zu erwartenden Umsatzumverteilungen zu Lasten des letztgenannten Marktes nicht seriös quantifizieren und auch Beeinträchtigungen des ... Marktes nicht ausschließen (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 9 f., und vom 21.11.2017, S. 8 f.).
78 
Unter Zugrundelegung der vergleichsweise geringen Umsätze von EUR 600.000 im Jahr und von den Sachverständigen beschriebenen herabgesetzten Widerstandskraft des ... Marktes gegen Wettbewerbsbelastungen ist zudem davon auszugehen, dass sich nicht hinreichend verlässlich prognostizieren lässt, ab welchem Kaufkraftverlust der Markt in einem Maße destabilisiert würde, dass die Gefahr einer Geschäftsaufgabe bestünde. Denn er ist nach der schlüssigen und zwischen den Beteiligten auch unstreitigen Einschätzung des Büros E... bereits unabhängig von der Markterweiterung auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin nur bedingt stabil und besonders gegenüber Wettbewerbseinflüssen empfänglich, so dass ihm gegenüber auch eine besondere Sensibilität erforderlich ist, damit das noch vorhandene Grundversorgungsangebot erhalten werden kann (vgl. wiederum die Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015, S. 11, sowie das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94). Zudem steht er vor dem Hintergrund des Gesamtangebotes im Gemeindeverwaltungsverband - wiederum unabhängig von der Markterweiterung - ökonomisch unter Druck (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5).
79 
Fehlt es mithin sowohl an ermittelbaren Umsatzverlusten des ... Marktes als auch an einer prognostizierbaren Verträglichkeitsschwelle, so ergibt sich auf der Grundlage der oben angeführten Kriterien keine verlässliche Prognose der Beeinträchtigung des ... Marktes durch die Markterweiterung auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin.
80 
Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass auch nach absoluten Zahlen eher geringe Umsatzverluste eine Betriebsaufgabe des gegen zunehmenden Marktdruck besonders sensiblen ... Marktes zur Folge haben können. Danach schließt die Einschätzung der G... in der Auswirkungsanalyse vom Februar 2015, Umsatzumverteilungen zu Lasten von Neunkirchen lägen auf einem marginalen Niveau, eine entsprechende Gefährdung nicht ohne Weiteres aus. Zudem vermag auch die hierzu abgegebene Begründung, es fehle an einer Vergleichbarkeit der Anbieter, da der genossenschaftlich orientierte ... Markt ein gänzlich anderes Konzept verfolge und von den Entwicklungen in Schwarzach weitgehend abgekoppelt sei (S. 29), nicht zu überzeugen. Denn sie wird durch den Einwand des Büros D..., die Entwicklung der Discounter zu Lasten aller anderer Betriebstypen beweise das Gegenteil, schlüssig in Frage gestellt (vgl. die Stellungnahmen vom 28.4.2017, S. 6 f., und vom 21.11.2017, S. 5). Gleiches gilt im Ergebnis für die Einschätzung des Büros E... in der Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 2) auf die nicht mobile Kaufkraft in Neunkirchen, von welcher der ... Markt im Wesentlichen lebe, habe eine mögliche Verkürzung der Einkaufswege durch die Erweiterung des ... in Schwarzach kaum einen nennenswerten Einfluss. Zum einen werden mit diesen Ausführungen lediglich Teilbereiche der angeführten und vom Büro D... als Argument für prognostisch nur marginale Umsatzumverteilungen schlüssig in Frage gestellten unterschiedlichen Konzeption der in Rede stehenden Märkte verdeutlicht. Zum anderen fehlt es an einer Quantifizierung der nach den eigenen Erhebungen des Büros E... im ... Markt auch getätigten sogenannten Ergänzungskäufe (vgl. hierzu die Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015, S. 11 und 28, und das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94) sowie des Einflusses des geplanten Marktes auf diese. Angesichts dessen geht das Büro D... plausibel davon aus, die Erweiterung des Lebensmittelmarktes in Schwarzach sei mit Blick auf Neunkirchen nicht unkritisch (vgl. die Stellungnahmen vom 28.4.2017, S. 9, und vom 21.11.2017, S. 8).
81 
Angesichts der prognostisch in einer Größenordnung von rund EUR 2.000.000 anzusiedelnden Umsatzumverteilungen zu Gunsten des erweiterten Marktes (vgl. die Auswirkungsanalyse der G... vom Februar 2015, S. 21) hält der Senat nennenswerte Kaufkraftverluste nicht nur zu Lasten der Einzelhandelsbetriebe in Aglasterhausen, sondern auch zu Lasten des nur 3 km entfernt gelegenen ... Marktes für ohne Weiteres möglich. Denn die mit der Erweiterung bezweckte Steigerung der Attraktivität des Marktes auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin birgt - je nach Sichtweise - das Risiko bzw. die Chance einer Neuorientierung von Kunden in sich. Hiervon sind auch für sich allein nicht mobile Einwohner der Antragstellerin, denen sich aber beispielsweise eine Mitfahrgelegenheit bietet, oder Ergänzungskäufer, die für den Ergänzungskauf ohnehin ein Fahrzeug benutzen, nicht ausgenommen.
82 
Der erfolgte Beschränkung der Markterweiterung um 50 m² auf 1200 m² und den in Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans vorgeschriebenen Verkaufsflächenanteil für Drogeriewaren und/oder Nicht-Lebensmittel von mindestens 20 % kommt nach Einschätzung des Senats im Ergebnis keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, ob und gegebenenfalls wie sich diese Vorgaben auf das Kaufverhalten gegenüber dem ... Markt in Neunkirchen prognostisch auswirken werden, zumal Drogeriewaren bzw. sonstige Nicht-Lebensmittel zum üblichen Sortiment im Lebensmitteleinzelhandel zählen und daher unabhängig von der Markterweiterung verkaufsflächenwirksam waren.
83 
Für die Prognose unerheblich ist der Umstand, dass der ... Markt im Jahre 2012 unter dem ökonomischen Druck des Gesamtangebotes im Gemeindeverwaltungsverband gegründet wurde (vgl. hierzu die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5) und im Plangebiet seinerzeit neben dem ... Supermarkt wohl zumindest noch ein Getränkemarkt betrieben wurde. Wie das Büro E... in der Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 3) überzeugend dargelegt hat, sind nämlich Umsätze von bereits geschlossenen und nicht mehr am Markt aktiven Betrieben durch eine erfolgte Neuorientierung der Kaufkraftströme bereits anderen Betrieben zuzurechnen und daher im Rahmen einer Auswirkungsanalyse nicht gesondert zu berücksichtigen.
84 
Dass sich die Umsätze des ... Marktes nach Angaben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung während der vergangenen Monate erhöht haben, obschon die Erweiterung des ... Marktes bereits im März 2020 erfolgt ist, gibt für die hier zu treffende Prognose nichts her, da das Kaufverhalten von Kunden während der Zeit der Corona-Pandemie keine Rückschlüsse auf deren übliches und auch auf deren zukünftiges Konsumverhalten zulässt.
85 
dd) Die nach alledem verbleibende Prognoseunsicherheit geht - wie auch vom Plangeber vorgesehen (vgl. hierzu Plansatz 1.7.2.1 (Z) ERP sowie die Begründung zu Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP) - zu Lasten der Antragsgegnerin, die für ihre Planung das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Plansatzes 1.7.2.2 Abs. 2 (Z) ERP einschließlich der Einhaltung des Beeinträchtigungsverbots beansprucht (vgl. hierzu auch VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019 - 3 S 2811/17 - juris, m.w.N.). Diese Einschätzung entspricht im Ergebnis auch der grundsätzlichen Wertung des § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO, wonach Auswirkungen großflächiger Einzelhandelsbetriebe auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich in der Regel anzunehmen sind, wenn deren Geschossfläche 1.200 m2 überschreitet, wovon hier bei einer Verkaufsfläche von bis zu 1.200 m2 ohne Weiteres auszugehen ist. Sie steht schließlich auch mit der Beurteilung der höheren Raumordnungsbehörde in der Stellungnahme vom 18.9.2017 und der in der Stellungnahme vom 25.9.2017 geäußerten Auffassung des Regionalverbandes Rhein-Neckar in Einklang (vgl. zur Indizwirkung dieser Stellungnahmen VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019, a. a. O.).
86 
c) Widerspricht der angegriffene Bebauungsplan nach alledem dem Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Beeinträchtigungsverbot, so liegt - mangels zugelassener Zielabweichung gemäß § 24 LPlG - ein Verstoß gegen Ziele der Raumordnung i. S. des § 1 Abs. 4 BauGB vor.
87 
Das Konzentrationsgebot stellt ebenso wie das Kongruenzgebot ein legitimes verbindliches Ziel der Raumordnung i. S. von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG dar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - VBlBW 2010, 357 ff. sowie nachfolgend BVerwG, Urt. v. 10.1.2011 - 4 C 9.10 - BVerwGE 141, 144 ff.). Gleiches gilt für das Beeinträchtigungsverbot jedenfalls insoweit, als es Beeinträchtigungen der Versorgungsfunktion der zentralen Orte durch großflächige Einzelhandelsvorhaben untersagt (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019, a. a. O.). Darüber hinaus ist das Beeinträchtigungsverbot in kompetenzrechtlicher Hinsicht, also mit Blick auf die Unterscheidung zwischen Raumordnungsrecht und Städtebaurecht, jedenfalls dann als bindende raumplanerische Vorgabe zulässig, wenn es an das System der Zentralen Orte anknüpft und über die Fälle des interkommunalen Abstimmungsgebots gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB hinaus die überörtlichen und raumbedeutsamen Auswirkungen der Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben umfasst (vgl. Schmitz: Verfassungsrechtliche Anforderungen an die raumplanerische Ansiedlungssteuerung des großflächigen Einzelhandels, ZfBR 2015, 124 ff.; ebenso Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., RdNr. 59 zu § 1). Das ist zwar nicht bereits dann der Fall, wenn sich das regionalplanerische Beeinträchtigungsverbot ohne Bezug zu dem System der Zentralen Orte auf die Nahversorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich des Vorhabens erstreckt. Indes ist die Einhaltung des Beeinträchtigungsverbots hier im Rahmen der von der Antragsgegnerin beanspruchten Ausnahme vom Konzentrationsgebot von Bedeutung. Angesichts dieser Verknüpfung mit dem Konzentrationsgebot als wesentlichem Grundpfeiler des „Zentrale-Orte-Systems“ geht auch die Bedeutung des Vorhabens über den zwischenörtlichen Bereich der interkommunalen Abstimmung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB hinaus.
88 
d) Der sich hieraus ergebende Mangel betrifft unmittelbar zwar nur die Planung des großflächigen Lebensmittelmarktes. Jedoch führt er zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Denn eine isolierte Aufrechterhaltung der übrigen Planbestandteile käme nur dann in Betracht, wenn es sich hierbei um einen abtrennbaren Teil der Gesamtregelung handelte, also die Restregelung auch ohne den Lebensmittelmarkt sinnvoll bestehen bleiben könnte - Grundsatz der Teilbarkeit - und aufgrund objektiver Anhaltspunkte mit Sicherheit anzunehmen wäre, dass der Normgeber die Restbestimmung ohne den nichtigen Teil erlassen hätte - Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.6.2014 - 3 CN 1.13 - BVerwGE 150, 129 ff.). Letzteres ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die Zulassung eines vergrößerten Lebensmittelmarktes sowohl Anlass als auch zentrales Ziel der Planung war.
89 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
90 
4. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
91 
Beschluss
92 
Der Streitwert wird gem. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i. V. mit Nr. 9.8.3 des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf EUR 60.000,- festgesetzt.
93 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
45 
Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung scheidet aus, obschon dem Senat der genaue Inhalt des Einwendungsschreibens der Antragstellerin vom 27.2.2019 und der Zeitpunkt des Zugangs desselben bei der Antragsgegnerin erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2020 bekannt geworden ist. Zum einen ist die Wiedereröffnung bereits deshalb ausgeschlossen, weil die instanzabschließende Entscheidung durch förmliche Übergabe des unterschriebenen Entscheidungstenors an die Geschäftsstelle des Senats (vor Bekanntwerden von Inhalt und Zugangszeitpunkt des genannten Schreibens) wirksam geworden ist (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019 RdNr. 14 zu § 104). Zum anderen kommt es für die gerichtliche Entscheidung auch nicht auf das Schreiben vom 27.2.2019 an.
46 
Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist zulässig (1.) und begründet (2.).
47 
1. Der statthafte (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntmachung des Bebauungsplans (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) gestellte Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ermangelt es der Antragstellerin nicht an der erforderlichen Antragsbefugnis (a) oder am Rechtsschutzinteresse für die begehrte gerichtliche Entscheidung (b).
48 
a) Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer - möglichen - Rechtsverletzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Ausreichend ist, wenn der jeweilige Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.4.2004 - 4 CN 1.03 - NVwZ 2004, 1120 f.). Hieran fehlt es nur dann, wenn Rechte des Antragstellers unter Zugrundelegung seines Antragsvorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.2.1994 - 1 C 24.92 -, BVerwGE 95, 133 m. w. N.).
49 
aa) Neben der - hier nicht in Rede stehenden - Möglichkeit einer Verletzung des im Plangebiet gelegenen Grundeigentums lässt sich die Antragsbefugnis insbesondere aus einer möglichen Verletzung des aus § 1 Abs. 7 BauGB folgenden Rechts auf gerechte Abwägung ableiten. Dieses Recht hat hinsichtlich der für die Abwägung erheblichen privaten Belange drittschützenden Charakter. Liegt ein solcher Belang vor, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.11.2015 - 4 CN 9/14 - BVerwGE 153, 174 ff.). Daher genügt es für die Annahme der Antragsbefugnis, wenn der jeweilige Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung dieses Belangs in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (st. Rspr., vgl. BVerwG, vgl. Urt. v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41 ff.). Abwägungserheblich sind allerdings nur solche Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An letzterem fehlt es bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.11.2016 - 4 BN 16.16 - NVwZ 2017, 563 f. sowie Urt. v. 30.4.2004 a. a. O.).
50 
Für Nachbargemeinden gilt im Ergebnis nichts anderes. Allerdings kann sich deren Antragsbefugnis nicht nur aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB, sondern auch aus einem nicht auszuschließenden Verstoß gegen das Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB ergeben.
51 
Das Gebot der interkommunalen Abstimmung i. S. des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB stellt strukturell eine besondere Ausprägung des allgemeinen Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB dar, auf das sich die Nachbargemeinde gesondert berufen kann. Es dient der Wahrung der aus der Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) fließenden städtebaulichen Interessen der Gemeinden und verleiht deren Interesse, vor Nachteilen bewahrt zu werden, ein besonderes Gewicht. § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB kommt zum Tragen, wenn vom Bauleitplan einer benachbarten Gemeinde unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf städtebaulich relevante gemeindliche Belange ausgehen können. Kommen derart gewichtige Folgen in Betracht, löst dies im Bebauungsplanverfahren auf der Abwägungsebene einen qualifizierten materiellen Abstimmungsbedarf mit den gegenläufigen Belangen der Nachbargemeinde dergestalt aus, dass für ein - mögliches - „Wegwägen“ dieser Belange ein erhöhter Rechtfertigungsbedarf besteht, die für die Planung sprechenden Gründe also besonderes Gewicht haben müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 - 3 S 324/08 - NuR 2011, 149 ff. und v. 27.9.2007 - 3 S 2875/06 - VBlBW 2008, 218 ff., jew. m. w. N.).
52 
Darüber hinaus reichert § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB das interkommunale Abstimmungsgebot um Belange mit raumordnungsrechtlichen Bezügen an. Damit gibt die Vorschrift den Nachbargemeinden die Möglichkeit, auch die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie die Auswirkungen von Bauleitplänen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche als Abwehrrechte im Rahmen der zwischengemeindlichen Abstimmung geltend zu machen (vgl. wiederum VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 und v. 27.9.2007, jew. a. a. O., m. w. N.).
53 
Neben dem „qualifizierten“ Abwägungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB sind die Belange der Nachbargemeinde aber auch auf der Ebene der „einfachen“ Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu beachten. Die Gemeinde kann daher auch geltend machen, in schutzwürdigen, sie zumindest mehr als nur geringfügig betreffenden und für die planende Gemeinde erkennbaren „privaten“ städtebaulich relevanten Belangen betroffen zu werden. Denn die Gemeinden verdienen insofern keinen geringeren Schutz als private Betroffene (vgl. auch hierzu VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 und v. 27.9.2007, jew. a. a. O., m. w. N.).
54 
bb) Unter Zugrundelegung dessen hat die Antragstellerin eine mögliche Verletzung eigener Rechte durch die angegriffene Planung hinreichend konkret vorgetragen.
55 
Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie sich zur Begründung ihrer Antragsbefugnis mit Erfolg auf einen ihr nach § 2 Abs. 2 S. 2 2. Alt. BauGB zugewiesenen raumordnungsrechtlichen Belang berufen kann. Hierfür wäre erforderlich, dass der nach ihrer Einschätzung durch die Planung negativ betroffene ... ... Markt auf ihrem Gemeindegebiet bzw. das diesen umgebende Gebiet als zentraler Versorgungsbereich im Sinne der genannten Vorschrift angesehen werden könnte. Das Vorliegen eines solchen zentralen Versorgungsbereichs hat zwar das Büro E... im für den Gemeindeverwaltungsverband Kleiner Odenwald erstellten Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016 bejaht (vgl. Nr. 8.4.3, S. 82 ff.), allerdings hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe dies im Beschluss vom 6.3.2020 - 12 K 5237/19 - mit beachtlichen Gründen in Zweifel gezogen.
56 
Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich nämlich bereits aus der von ihr auch geltend gemachten Möglichkeit einer Verletzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Denn nach dem schlüssigen Vorbringen der Antragstellerin ist nicht von vornherein auszuschließen, dass die angegriffene Planung zu ihren Gunsten dem interkommunalen Abstimmungsgebot unterfällt (aaa). Ebenfalls ist nicht auszuschließen, dass das in Rede stehende städtebauliche Interesse der Antragstellerin im Rahmen der interkommunalen Abstimmung fehlerhaft berücksichtigt wurde (bbb).
57 
aaa) Mit ihren Vorbringen, der geplante großflächige Markt gefährde die Grund- und Nahversorgung in ihrer Gemeinde, macht die Antragstellerin einen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB zwischen den beteiligten Gemeinden abstimmungsbedürftigen Sachverhalt geltend (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.10.1993 - 3 S 335/92 - VBlBW 1994, 353 ff.), nämlich die erhebliche Beeinträchtigung ihres nach § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a und e BauGB abwägungserheblichen städtebaulichen Interesses an der verbrauchernahen Grundversorgung ihrer Bevölkerung.
58 
Auch hat die Antragstellerin die nicht auszuschließende Möglichkeit einer solchen erheblichen Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung ihrer Bevölkerung infolge der angegriffenen Planung schlüssig dargetan.
59 
Hierzu trägt sie vor, der ... Markt als einzige Einrichtung der Grund- und Nahversorgung in ihrer Gemeinde werde durch den aufgrund des Bebauungsplans zugelassenen großflächigen Lebensmittelmarkt gefährdet. Der Orientierungswert für eine drohende Geschäftsaufgabe wegen Kaufkraftabflüssen liege nach Nummer 3.2.2.3 des Einzelhandelserlasses Baden-Württemberg für nahversorgungsrelevante Sortimente bei Umsatzverlusten von ca. 10 %. Er sei nach dem Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... mit einem Umsatzverlust von 17 % bei dem ... Markt auf ihrem Gemeindegebiet überschritten. Im Übrigen sei auch bei Umsatzverlusten unterhalb von 10 % von einer entsprechenden Beeinträchtigung des ... Marktes auszugehen, da dieser nach der Auswirkungsanalyse des Büros E... besonderer Rücksicht und Sensibilität bedürfe, um das vorhandene Grundversorgungsangebot zu halten, und bereits geringe Umsatzrückgänge die ökonomische Tragfähigkeit des ... Markts negativ beeinflussten. Danach seien bereits geringe bzw. marginale Kaufkraftabflüsse schädlich. Dass sich die Umsatzumverteilungswerte nach den von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten aufgrund des geringen Gesamtumsatzes des ... Marktes von rund EUR 600.000 im Jahr nicht ausweisen ließen, lasse nicht den Schluss zu, sie seien nicht zu berücksichtigen. Vielmehr gehe die sich hieraus ergebende Unsicherheit zu Lasten der Antragsgegnerin. Denn diese habe die Unschädlichkeit der Planung für ihre Grund- und Nahversorgung nachzuweisen.
60 
Die sich hieraus ergebende Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin ist auch nicht auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten von vornherein auszuschließen.
61 
Das gilt unabhängig von der Frage der Überzeugungskraft der gutachterlichen Einschätzungen im Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... vom Dezember 2015, das die Wirtschaftlichkeit des ... Markts im Falle der Errichtung eines seinerzeit noch geplanten großflächigen Einzelhandelsbetriebes mit einer Verkaufsfläche von 1.250 m² in Schwarzach in Frage gestellt hat (vgl. S. 24). Daher kommt es hier nicht darauf an, ob die gegen diese Einschätzung und die ihr zu Grunde liegenden Berechnungen sowohl vom Büro E... in der vom Gemeindeverwaltungsverband Kleiner Odenwald eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 4 ff.) als auch vom Büro D... in den auf Veranlassung der Antragsgegnerin erstatteten Stellungnahmen vom 28.4.2017 (S. 6 f.) und vom 21.11.2017 (S. 4 f.) erhobenen fachlichen und methodischen Bedenken durchgreifen. Gleichfalls nicht entscheidungserheblich ist im Rahmen der Zulässigkeit, ob die Vermutungsregelungen des § 11 Abs. 3 S. 3 und 4 BauNVO eingreifen.
62 
Hier erhebliche negative Auswirkungen der Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit einer Verkaufsfläche von 1.200 m² in Schwarzach auf die Grundversorgung in Neunkirchen erscheinen nämlich auch unter Zugrundelegung der Einschätzungen der G..., des Büros E... und des Büros D... nicht offensichtlich und nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen. Die genannten Sachverständigenbüros haben nämlich weder die Höhe der dem ... Markt infolge der geplanten Marktvergrößerung drohenden Umsatzverluste noch die insoweit zu beachtende individuelle Verträglichkeitsschwelle prognostiziert. Die Einschätzungen der G..., Umsatzumverteilungen zu Lasten von Neunkirchen lägen auf einem marginalen Niveau, da kein vergleichbarer Anbieter vorhanden sei (vgl. die Auswirkungsanalyse vom Februar 2015, S. 29), und des Büros E..., auf die nicht mobile Kaufkraft in Neunkirchen, von welcher der ... Markt im Wesentlichen lebe, habe eine mögliche Verkürzung der Einkaufswege durch die Erweiterung in Schwarzach kaum einen nennenswerten Einfluss (vgl. die Stellungnahme vom 3.3.2016, S. 2), lassen jedenfalls nicht offensichtlich den Schluss zu, eine Beeinträchtigung des ... ... Marktes sei von vornherein auszuschließen. Denn angesichts des bereits bestehenden ökonomischen Drucks auf den ... Markt (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5) und dessen nur bedingter Stabilität (vgl. die Auswirkungsanalyse des Büros E... vom 4.11.2015, S. 11, sowie das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94) erscheint es zumindest möglich, dass auch geringe Umsatzeinbußen zu einer nachhaltigen Destabilisierung dieses Marktes führen können.
63 
Ob das Einzelhandelsgroßprojekt tatsächlich zu einer Gefährdung der Grund- und Nahversorgung infolge einer Geschäftsschließung führen würde, ist im Rahmen der Zulässigkeit des Normenkontrollantrages nicht zu prüfen (vgl. BayVGH, Urt. v. 7.6.2000 - 26 N 99.2961 - BayVBl 2001, 175 ff.).
64 
bbb) Besteht nach alledem ein interkommunaler Abstimmungsbedarf i. S. des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB, so ist auch nicht auszuschließen, dass die Interessen der Antragstellerin im Rahmen dieser Abstimmung deshalb nicht fehlerfrei berücksichtigt wurden, weil die Antragsgegnerin eine durch die geplante Markterweiterung drohende wesentliche Beeinträchtigung des ... Marktes verneint hat (vgl. hierzu Seite 26 f. der Abwägungstabelle).
65 
b) Ferner ermangelt es der Antragstellerin nicht am erforderlichen Rechtsschutzinteresse.
66 
Das Rechtsschutzbedürfnis als Zulässigkeitsvoraussetzung soll verhindern, dass das Gericht in eine sachliche Prüfung der Gültigkeit der Norm eintritt, obwohl sich die Rechtsstellung des Antragstellers auch dann nicht verbessert, wenn die Norm antragsgemäß für unwirksam erklärt wird. Ist der Antragsteller antragsbefugt, ist nach diesem Maßstab regelmäßig auch das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Zwar fehlt das Rechtschutzbedürfnis in aller Regel, wenn ein Bebauungsplan durch genehmigte oder genehmigungsfreie Maßnahmen vollständig verwirklicht ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41). Allerdings hat die Antragstellerin die bereits erteilte und nach Angabe der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung auch umgesetzte Baugenehmigung für die durch den Bebauungsplan zugelassene Erweiterung des Lebensmittelmarkts durch Widerspruch angegriffen. Daher ist die Baugenehmigung noch nicht in Bestandskraft erwachsen und vermag die Aufhebung des Bebauungsplans die Rechtsstellung der Antragstellerin zu verbessern.
67 
2. Der Normenkontrollantrag hat auch in der Sache Erfolg. Der Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Antragsgegnerin ist wegen eines Verstoßes gegen das Gebot des § 1 Abs. 4 BauGB, Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen, insgesamt unwirksam.
68 
Der angegriffene Bebauungsplan verletzt das Konzentrationsgebot nach Plansatz 3.3.7 (Z) LEP und Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP. Denn die hier erforderliche Zulassung einer Ausnahme von diesem Gebot käme nur dann in Betracht, wenn die Planung das Beeinträchtigungsverbot nach Plansatz 1.7.2.4 (Z) ERP einhielte (a). Hiervon lässt sich aber nicht ausgehen (b). Der Bebauungsplan verstößt danach gegen Ziele der Raumordnung (c), was zu seiner Gesamtunwirksamkeit führt (d).
69 
a) Der von der Antragsgegnerin auf ihrem Gemeindegebiet geplante großflächige Einzelhandelsbetrieb ist mit Blick auf das Konzentrationsgebot aus Plansatz 3.3.7 Satz 1 (Z) LEP und Plansatz 1.7.2.2 Abs. 1 (Z) ERP grundsätzlich unzulässig, weil ihr keine zentralörtliche Funktion zukommt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Als Voraussetzung für die Zulassung einer Ausnahme vom Konzentrationsgebot sieht Plansatz 3.3.7 Satz 2 (Z) LEP vor, dass der großflächige Einzelhandel nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder die Gemeinden in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Plansatz 1.7.2.2 Abs. 2 (Z) ERP konkretisiert diese Voraussetzungen dahingehend, dass der großflächige Einzelhandel ausschließlich zur Sicherung der Nahversorgung geboten sein muss und keine negativen Auswirkungen auf Ziele der Raumordnung zu erwarten sind (Satz 1). Für den baden-württembergischen Teil des Verbandsgebiets gilt die Ausnahmeregelung für andere Standortgemeinden auch dann, wenn diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Satz 2). Ferner ordnet Plansatz 1.7.2.2 Abs. 2 S. 3 (Z) ERP die entsprechende Geltung der Plansätze 1.7.2.3 bis 1.7.2.5 (Z) ERP an.
70 
Danach setzt die hier erforderliche Zulassung einer Ausnahme für den von der Antragsgegnerin geplanten großflächigen Einzelhandel unter anderem voraus, dass die übrigen Zielvorgaben zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels gemäß den Plansätzen 1.7.2.3 bis 1.7.2.5 (Z) ERP eingehalten werden (vgl. hierzu auch die Begründung zu Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP). Damit ist das Konzentrationsgebot in Fällen der vorliegenden Art nur dann eingehalten, wenn das Vorhaben in Einklang mit dem Kongruenzgebot, dem Beeinträchtigungsverbot und dem Integrationsgebot steht. Das ist mit Blick auf das Beeinträchtigungsverbot nach dem mit den Plansätzen 3.3.7.1 Satz 2 (Z) und 3.3.7.2 Satz 1 (Z) LEP übereinstimmenden Plansatz 1.7.2.4 (Z) ERP nur dann der Fall, wenn das Einzelhandelsgroßprojekt die städtebauliche Entwicklung, Ordnung und Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde, anderer Zentraler Orte sowie die Nahversorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich nicht wesentlich beeinträchtigt.
71 
b) Von der Einhaltung des raumordnungsrechtlichen Beeinträchtigungsverbots lässt sich aber hier insbesondere in Bezug auf die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin nicht ausgehen.
72 
aa) Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Grund- und Nahversorgung mit Lebensmitteln auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin, insbesondere in ihrem Hauptort, im Wesentlichen durch den im Ortskern angesiedelten ... Markt gewährleistet wird. Darüber hinaus bietet der Markt nach den überzeugenden Angaben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung auch Drogerieartikel und - wie in der Auswirkungsanalyse des Büros E... vom 4.11.2015 (S. 28) bestätigt - Getränke an. Ob der ... ... Markt damit auch in diesen Bereichen eine Grundversorgung gewährleistet, kann offenbleiben. Denn die Bedeutung des ... Marktes für die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin ist jedenfalls nicht so gering, dass er als raumordnungsrechtlich unbeachtlich angesehen werden könnte. Dies behauptet auch die Antragsgegnerin nicht. Dass der ... Markt ehrenamtlich betrieben und von der Gemeinde durch Übernahme der Miet- und Stromkosten finanziell gestützt wird, ändert an seiner durch das Beeinträchtigungsverbot geschützten Versorgungsfunktion nichts.
73 
bb) Die Beurteilung, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb die Grund- und Nahversorgung in seinem Einzugsbereich wesentlich beeinträchtigt, ist insbesondere unter Berücksichtigung der Verkaufsfläche des Vorhabens im Vergleich zu den im Einzugsbereich vorhandenen Verkaufsflächen derselben Branche, der voraussichtlichen Umsatzumverteilung, der Entfernung zwischen dem Vorhaben und dem betroffenen Versorgungsbereich, einer etwaigen „Vorschädigung“ des betroffenen Versorgungsbereichs oder einer Gefährdung eines vorhandenen „Magnetbetriebs“, dem maßgebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Nahversorgung zukommt, zu treffen. Auch die Kundenattraktivität des geplanten Vorhabens durch standortbedingte Synergieeffekte kann eine Rolle spielen. Geboten sein kann der Rückgriff auf ein Marktgutachten als taugliche Methode zur Ermittlung der Kaufkraftabflüsse anhand von branchenspezifischen Erfahrungswerten. Als Anhalts- oder Orientierungswert für eine wesentliche Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung kann auf die Kriterien der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten, Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben vom 21.2.2001 (Einzelhandelserlass) zurückgegriffen werden. Diese geht in ihrer Nr. 3.2.2.3 anhaltsweise davon aus, dass bei zentren- oder nahversorgungsrelevanten Sortimenten ab einem Umsatzverlust von ca. 10 % Geschäftsaufgaben drohen. Feste Prozentsätze lassen sich aber insoweit nicht angeben. Der Prüfungsmaßstab fordert eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände (vgl. zur Frage schädlicher Auswirkungen eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes auf zentrale Versorgungsbereiche nach § 34 Abs. 3 BauGB VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.11.2017 - 5 S 1003/16 - juris).
74 
Die Entscheidung, anhand welcher Methode eine voraussichtliche Beeinträchtigung prognostisch ermittelt wird, obliegt grundsätzlich dem Tatsachengericht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die erforderliche Prognose mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist, die umso größer werden, je komplexer die zu beurteilende Situation ist. Angesichts zahlreicher Wechselwirkungen lassen sich objektive Aussagen über voraussichtliche Umsatzumverteilungen nur schwer treffen, was auch daran liegt, dass eine Vielzahl nicht bodenrechtlich relevanter Umstände die Höhe des Umsatzes beeinflusst. Angesichts dieser Situation ist der Senat darauf beschränkt, die Plausibilität der vorgelegten Gutachten nur darauf zu prüfen, ob diese mit den im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Das Gericht überprüft insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrundeliegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. wiederum VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.11.2017, a. a. O.).
75 
cc) Unter Zugrundelegung dessen lässt sich die Annahme, der durch den Bebauungsplan zugelassene großflächige Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb werde die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin nicht wesentlich beeinträchtigen, nicht rechtfertigen. Auch insoweit kommt es auf die Überzeugungskraft des von der Antragstellerin eingeholten Marktverträglichkeitsgutachtens des Büros U... vom Dezember 2015 nicht an. Denn es ist auch unabhängig von dieser gutachterlichen Einschätzung des Gefährdungspotenzials der geplanten Markterweiterung nicht mit der erforderlichen Sicherheit prognostizierbar, dass die Umsetzung der Planung keine Geschäftsaufgabe des ... Markts als dem wesentlichen Träger der Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin zur Folge haben wird.
76 
Zwar kommen die G... in ihrer Auswirkungsanalyse vom Februar 2015 (S. 28 f.) und auch das Büro E... in der Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015 (S. 65) zu dem Ergebnis, Umsatzumverteilungen zu Lasten der Gemeinde Neunkirchen seien selbst bei einer Erweiterung des Lebensmittelmarktes in Schwarzach auf (seinerzeit noch geplante) 1.250 m² nicht nachweisbar. Dieser Beurteilung hat sich das Büro D... in den Stellungnahmen vom 28.4.2017 (S. 6 f.) und vom 31.11.2017 (S. 5 f.) in Bezug auf die nunmehr geplante Erweiterung des Marktes auf 1.200 m² angeschlossen.
77 
Allerdings beruht diese Einschätzung nicht auf der Annahme, Umsatzumverteilungen zu Lasten des ... Marktes seien schon dem Grunde nach nicht zu besorgen. Vielmehr hat das Büro D... die mangelnde Nachweisbarkeit damit begründet, die Ausweisung von Umsatzumverteilungswerten unter EUR 150.000 liege am Rande des seriös Prognostizierbaren (vgl. S. 6 der Stellungnahme vom 28.4.2017 und der Stellungnahme S. 5 vom 31.11.2017). Dieser Einschätzung entspricht es, dass das Büro E... der vom Büro U... prognostizierten Kaufkraftumverteilung i. H. von EUR 100.000 zu Lasten des ... ... Marktes in Neunkirchen entgegengehalten hat, es gebe nach ihrer Kenntnis kein einschlägiges Institut im Bundesgebiet, das sich in der Lage sehe, Kaufkraftströme in einer solchen Detailliertheit und Exaktheit auszuweisen (vgl. S. 6 der Stellungnahme vom 3.3.2016). Angesichts eines Bruttoumsatzes des ... ... Marktes von ca. EUR 600.000 im Jahr (vgl. das Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... vom Dezember 2015, S. 16, sowie die Stellungnahme des Büros E... vom 3.3.2016, S. 6 unten) liegen damit Umsatzverluste dieses Marktes i. H. von rund 16,7 % bzw. sogar rund 25 % unterhalb der Nachweisgrenze. Angesichts dessen lassen sich die mit Blick auf die geringe Entfernung von rund 3 km zwischen den Standorten der Markterweiterung und des ... ... Marktes ohne Weiteres zu erwartenden Umsatzumverteilungen zu Lasten des letztgenannten Marktes nicht seriös quantifizieren und auch Beeinträchtigungen des ... Marktes nicht ausschließen (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 9 f., und vom 21.11.2017, S. 8 f.).
78 
Unter Zugrundelegung der vergleichsweise geringen Umsätze von EUR 600.000 im Jahr und von den Sachverständigen beschriebenen herabgesetzten Widerstandskraft des ... Marktes gegen Wettbewerbsbelastungen ist zudem davon auszugehen, dass sich nicht hinreichend verlässlich prognostizieren lässt, ab welchem Kaufkraftverlust der Markt in einem Maße destabilisiert würde, dass die Gefahr einer Geschäftsaufgabe bestünde. Denn er ist nach der schlüssigen und zwischen den Beteiligten auch unstreitigen Einschätzung des Büros E... bereits unabhängig von der Markterweiterung auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin nur bedingt stabil und besonders gegenüber Wettbewerbseinflüssen empfänglich, so dass ihm gegenüber auch eine besondere Sensibilität erforderlich ist, damit das noch vorhandene Grundversorgungsangebot erhalten werden kann (vgl. wiederum die Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015, S. 11, sowie das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94). Zudem steht er vor dem Hintergrund des Gesamtangebotes im Gemeindeverwaltungsverband - wiederum unabhängig von der Markterweiterung - ökonomisch unter Druck (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5).
79 
Fehlt es mithin sowohl an ermittelbaren Umsatzverlusten des ... Marktes als auch an einer prognostizierbaren Verträglichkeitsschwelle, so ergibt sich auf der Grundlage der oben angeführten Kriterien keine verlässliche Prognose der Beeinträchtigung des ... Marktes durch die Markterweiterung auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin.
80 
Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass auch nach absoluten Zahlen eher geringe Umsatzverluste eine Betriebsaufgabe des gegen zunehmenden Marktdruck besonders sensiblen ... Marktes zur Folge haben können. Danach schließt die Einschätzung der G... in der Auswirkungsanalyse vom Februar 2015, Umsatzumverteilungen zu Lasten von Neunkirchen lägen auf einem marginalen Niveau, eine entsprechende Gefährdung nicht ohne Weiteres aus. Zudem vermag auch die hierzu abgegebene Begründung, es fehle an einer Vergleichbarkeit der Anbieter, da der genossenschaftlich orientierte ... Markt ein gänzlich anderes Konzept verfolge und von den Entwicklungen in Schwarzach weitgehend abgekoppelt sei (S. 29), nicht zu überzeugen. Denn sie wird durch den Einwand des Büros D..., die Entwicklung der Discounter zu Lasten aller anderer Betriebstypen beweise das Gegenteil, schlüssig in Frage gestellt (vgl. die Stellungnahmen vom 28.4.2017, S. 6 f., und vom 21.11.2017, S. 5). Gleiches gilt im Ergebnis für die Einschätzung des Büros E... in der Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 2) auf die nicht mobile Kaufkraft in Neunkirchen, von welcher der ... Markt im Wesentlichen lebe, habe eine mögliche Verkürzung der Einkaufswege durch die Erweiterung des ... in Schwarzach kaum einen nennenswerten Einfluss. Zum einen werden mit diesen Ausführungen lediglich Teilbereiche der angeführten und vom Büro D... als Argument für prognostisch nur marginale Umsatzumverteilungen schlüssig in Frage gestellten unterschiedlichen Konzeption der in Rede stehenden Märkte verdeutlicht. Zum anderen fehlt es an einer Quantifizierung der nach den eigenen Erhebungen des Büros E... im ... Markt auch getätigten sogenannten Ergänzungskäufe (vgl. hierzu die Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015, S. 11 und 28, und das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94) sowie des Einflusses des geplanten Marktes auf diese. Angesichts dessen geht das Büro D... plausibel davon aus, die Erweiterung des Lebensmittelmarktes in Schwarzach sei mit Blick auf Neunkirchen nicht unkritisch (vgl. die Stellungnahmen vom 28.4.2017, S. 9, und vom 21.11.2017, S. 8).
81 
Angesichts der prognostisch in einer Größenordnung von rund EUR 2.000.000 anzusiedelnden Umsatzumverteilungen zu Gunsten des erweiterten Marktes (vgl. die Auswirkungsanalyse der G... vom Februar 2015, S. 21) hält der Senat nennenswerte Kaufkraftverluste nicht nur zu Lasten der Einzelhandelsbetriebe in Aglasterhausen, sondern auch zu Lasten des nur 3 km entfernt gelegenen ... Marktes für ohne Weiteres möglich. Denn die mit der Erweiterung bezweckte Steigerung der Attraktivität des Marktes auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin birgt - je nach Sichtweise - das Risiko bzw. die Chance einer Neuorientierung von Kunden in sich. Hiervon sind auch für sich allein nicht mobile Einwohner der Antragstellerin, denen sich aber beispielsweise eine Mitfahrgelegenheit bietet, oder Ergänzungskäufer, die für den Ergänzungskauf ohnehin ein Fahrzeug benutzen, nicht ausgenommen.
82 
Der erfolgte Beschränkung der Markterweiterung um 50 m² auf 1200 m² und den in Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans vorgeschriebenen Verkaufsflächenanteil für Drogeriewaren und/oder Nicht-Lebensmittel von mindestens 20 % kommt nach Einschätzung des Senats im Ergebnis keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, ob und gegebenenfalls wie sich diese Vorgaben auf das Kaufverhalten gegenüber dem ... Markt in Neunkirchen prognostisch auswirken werden, zumal Drogeriewaren bzw. sonstige Nicht-Lebensmittel zum üblichen Sortiment im Lebensmitteleinzelhandel zählen und daher unabhängig von der Markterweiterung verkaufsflächenwirksam waren.
83 
Für die Prognose unerheblich ist der Umstand, dass der ... Markt im Jahre 2012 unter dem ökonomischen Druck des Gesamtangebotes im Gemeindeverwaltungsverband gegründet wurde (vgl. hierzu die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5) und im Plangebiet seinerzeit neben dem ... Supermarkt wohl zumindest noch ein Getränkemarkt betrieben wurde. Wie das Büro E... in der Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 3) überzeugend dargelegt hat, sind nämlich Umsätze von bereits geschlossenen und nicht mehr am Markt aktiven Betrieben durch eine erfolgte Neuorientierung der Kaufkraftströme bereits anderen Betrieben zuzurechnen und daher im Rahmen einer Auswirkungsanalyse nicht gesondert zu berücksichtigen.
84 
Dass sich die Umsätze des ... Marktes nach Angaben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung während der vergangenen Monate erhöht haben, obschon die Erweiterung des ... Marktes bereits im März 2020 erfolgt ist, gibt für die hier zu treffende Prognose nichts her, da das Kaufverhalten von Kunden während der Zeit der Corona-Pandemie keine Rückschlüsse auf deren übliches und auch auf deren zukünftiges Konsumverhalten zulässt.
85 
dd) Die nach alledem verbleibende Prognoseunsicherheit geht - wie auch vom Plangeber vorgesehen (vgl. hierzu Plansatz 1.7.2.1 (Z) ERP sowie die Begründung zu Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP) - zu Lasten der Antragsgegnerin, die für ihre Planung das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Plansatzes 1.7.2.2 Abs. 2 (Z) ERP einschließlich der Einhaltung des Beeinträchtigungsverbots beansprucht (vgl. hierzu auch VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019 - 3 S 2811/17 - juris, m.w.N.). Diese Einschätzung entspricht im Ergebnis auch der grundsätzlichen Wertung des § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO, wonach Auswirkungen großflächiger Einzelhandelsbetriebe auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich in der Regel anzunehmen sind, wenn deren Geschossfläche 1.200 m2 überschreitet, wovon hier bei einer Verkaufsfläche von bis zu 1.200 m2 ohne Weiteres auszugehen ist. Sie steht schließlich auch mit der Beurteilung der höheren Raumordnungsbehörde in der Stellungnahme vom 18.9.2017 und der in der Stellungnahme vom 25.9.2017 geäußerten Auffassung des Regionalverbandes Rhein-Neckar in Einklang (vgl. zur Indizwirkung dieser Stellungnahmen VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019, a. a. O.).
86 
c) Widerspricht der angegriffene Bebauungsplan nach alledem dem Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Beeinträchtigungsverbot, so liegt - mangels zugelassener Zielabweichung gemäß § 24 LPlG - ein Verstoß gegen Ziele der Raumordnung i. S. des § 1 Abs. 4 BauGB vor.
87 
Das Konzentrationsgebot stellt ebenso wie das Kongruenzgebot ein legitimes verbindliches Ziel der Raumordnung i. S. von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG dar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - VBlBW 2010, 357 ff. sowie nachfolgend BVerwG, Urt. v. 10.1.2011 - 4 C 9.10 - BVerwGE 141, 144 ff.). Gleiches gilt für das Beeinträchtigungsverbot jedenfalls insoweit, als es Beeinträchtigungen der Versorgungsfunktion der zentralen Orte durch großflächige Einzelhandelsvorhaben untersagt (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019, a. a. O.). Darüber hinaus ist das Beeinträchtigungsverbot in kompetenzrechtlicher Hinsicht, also mit Blick auf die Unterscheidung zwischen Raumordnungsrecht und Städtebaurecht, jedenfalls dann als bindende raumplanerische Vorgabe zulässig, wenn es an das System der Zentralen Orte anknüpft und über die Fälle des interkommunalen Abstimmungsgebots gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB hinaus die überörtlichen und raumbedeutsamen Auswirkungen der Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben umfasst (vgl. Schmitz: Verfassungsrechtliche Anforderungen an die raumplanerische Ansiedlungssteuerung des großflächigen Einzelhandels, ZfBR 2015, 124 ff.; ebenso Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., RdNr. 59 zu § 1). Das ist zwar nicht bereits dann der Fall, wenn sich das regionalplanerische Beeinträchtigungsverbot ohne Bezug zu dem System der Zentralen Orte auf die Nahversorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich des Vorhabens erstreckt. Indes ist die Einhaltung des Beeinträchtigungsverbots hier im Rahmen der von der Antragsgegnerin beanspruchten Ausnahme vom Konzentrationsgebot von Bedeutung. Angesichts dieser Verknüpfung mit dem Konzentrationsgebot als wesentlichem Grundpfeiler des „Zentrale-Orte-Systems“ geht auch die Bedeutung des Vorhabens über den zwischenörtlichen Bereich der interkommunalen Abstimmung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB hinaus.
88 
d) Der sich hieraus ergebende Mangel betrifft unmittelbar zwar nur die Planung des großflächigen Lebensmittelmarktes. Jedoch führt er zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Denn eine isolierte Aufrechterhaltung der übrigen Planbestandteile käme nur dann in Betracht, wenn es sich hierbei um einen abtrennbaren Teil der Gesamtregelung handelte, also die Restregelung auch ohne den Lebensmittelmarkt sinnvoll bestehen bleiben könnte - Grundsatz der Teilbarkeit - und aufgrund objektiver Anhaltspunkte mit Sicherheit anzunehmen wäre, dass der Normgeber die Restbestimmung ohne den nichtigen Teil erlassen hätte - Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.6.2014 - 3 CN 1.13 - BVerwGE 150, 129 ff.). Letzteres ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die Zulassung eines vergrößerten Lebensmittelmarktes sowohl Anlass als auch zentrales Ziel der Planung war.
89 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
90 
4. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
91 
Beschluss
92 
Der Streitwert wird gem. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i. V. mit Nr. 9.8.3 des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf EUR 60.000,- festgesetzt.
93 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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