Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. November 2019 - 6 K 2171/18 - geändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
| Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Nachtragsbaugenehmigung und wendet sich zugleich gegen eine ihr gegenüber ergangene Teilrückbauverfügung mit Zwangsgeldandrohung und Gebührenfestsetzung. |
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| Am 22. Oktober 2014 beantragte die Klägerin beim Landratsamt Konstanz die Erteilung einer Baugenehmigung für die Neuerrichtung eines Vierfamilienhauses auf dem bislang nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegenden Grundstück Flst.-Nr. xx/x (O...straße x) in .... Nach den eingereichten Plänen lag die vorgesehene Firsthöhe bei 547,10 m üNN, die Erdgeschossfußbodenhöhe bei 537,30 m üNN, die Traufhöhe bei 544,10 m üNN und die vorgesehene Höhe des Kniestocks bei 1,30 m. Mit diesen Maßen wurde das Vorhaben am 21. Mai 2015 genehmigt. Nachdem bei einer Baukontrolle am 16. Juli 2015 nicht eindeutig festgestellt werden konnte, dass Erdgeschossfußbodenhöhe und Firsthöhe den genehmigten Bauvorlagen entsprechen und am 29. Juli 2015 bekannt geworden war, dass das Gebäude in Abweichung von den genehmigten Plänen leicht gedreht wurde, stellte das Landratsamt mit Entscheidung vom 4. August 2015 die Bauarbeiten ein. Am 13. August 2015 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Dreifamilienhaus in der geänderten Bauausführung des gedrehten Gebäudes mit einer Firsthöhe von 548,06 m üNN, einer Traufhöhe von 545,06 m üNN, einer Erdgeschossfußbodenhöhe von 538,26 m üNN und eine Kniestockhöhe von 1,30 m. |
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| Anlässlich einer Baukontrolle am 27. November 2015 wurden u.a. Abweichungen des bereits erstellten Gebäudes von dem (geänderten) Baugesuch festgestellt. Die Klägerin wurde aufgefordert, überarbeitete Unterlagen vorzulegen. Die daraufhin vorgelegten Unterlagen wurden mit Schreiben des Landratsamts vom 28. Januar 2016 erneut beanstandet. Nach den zuletzt vorlegten Plänen vom 8. März 2016 und 27. April 2016 liegt die Firsthöhe des Gebäudes bei 548,15 m üNN, die Traufhöhe bei 545,50 m üNN, die Erdgeschossfußbodenhöhe bei 538,26 m üNN und ist der Kniestock 1,57 m hoch. |
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| Mit Entscheidung vom 2. August 2016 lehnte das Landratsamt den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Dreifamilienhauses ab (Nr. 1 des Bescheides), verpflichtete die Klägerin zum unverzüglichen Teilrückbau des Gebäudes auf das mit baurechtlicher Entscheidung vom 21. Mai 2015 genehmigte Maß mit einer Firsthöhe von 547,10 m üNN und einer Traufhöhe von 544,10 m üNN (Nr. 2 des Bescheides), verfügte die Durchführung des Teilrückbaus innerhalb von sechs Monaten nach Bestandskraft der Entscheidung (Nr. 3 des Bescheides) und drohte der Klägerin für den Fall, dass sie den Verpflichtungen unter Nr. 2 und 3 nicht fristgerecht oder vollumfänglich nachkomme, ein Zwangsgeld i.H.v. 5.000 Euro an. In der Begründung des Bescheides ist ausgeführt, dass sich die Zulässigkeit des Gebäudes nach § 34 BauGB richte, es sich aber nicht in das Maß der baulichen Nutzung der näheren Umgebung einfüge. Das Gebäude weise eine Höhe außer Verhältnis zu den umliegenden Gebäuden auf. So übersteige die Firsthöhe die der Gebäude auf den direkt angrenzenden Flurstücken Nr. xx, Nr. ... und Nr. xx/Teil 2. Auch erscheine das Gebäude als dreigeschossige Bauweise mit zudem teilweise freiliegendem Untergeschoss und über das Hauptdach hinausragendem Treppenhausanbau. Die umliegenden Gebäude erschienen eher als ein- bis zweigeschossige Gebäude mit einem Dachgeschoss. |
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| Den Widerspruch der Klägerin wies das Regierungspräsidium Freiburg mit Bescheid vom 19. Februar 2018 zurück. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt: Das Vorhaben füge sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Umgebung ein. Zwar folge dies nicht aus einer im Vergleich zur Umgebungsbebauung zu großen Firsthöhe, denn das Landratsamt habe die nähere Umgebung nicht korrekt bestimmt. Insbesondere das Gebäude O...straße 4, das eine Firsthöhe von 10,27 m aufweise, sei miteinzubeziehen. Bezüglich der Firsthöhe halte sich das Gebäude der Klägerin in diesem Rahmen. Es füge sich aber wegen seiner Massivität und hinsichtlich seiner Geschossigkeit nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. |
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| Am 14. März 2018 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben mit dem Antrag, die ergangenen Bescheide vom 2. August 2016 und vom 19. Februar 2018 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihr eine dem Nachtragsbaugesuch vom 13. August 2015 entsprechende Baugenehmigung zu erteilen. Mit Urteil vom 21. November 2019 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Der angeordnete, auf § 65 Satz 1 LBO gestützte Teilrückbau sei rechtswidrig. Zwar sei das Vorhaben infolge der Abweichungen bei der Bauausführung in seiner jetzigen Form nicht von einer Baugenehmigung gedeckt, gleichwohl aber bestehe zwischen dem genehmigten und dem ausgeführten Vorhaben noch die erforderliche Identität und handele es sich um dasselbe Vorhaben. Die abweichende Bauausführung füge sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung ein. In den Blick zu nehmen seien hier neben dem angrenzenden Gebäude O...straße 3 das Gebäude O...straße 5a, die beiden Gebäude O...straße 1 und 4 im Bereich der Einmündung dieser Straße in den Dxx-... und die auf der gegenüberliegenden Seite der Straße „D...“ befindlichen Gebäude, da auch insoweit Sichtbeziehungen mit dem Gebäude der Klägerin bestünden. Die Kammer sehe nach dem Ergebnis des Augenscheins ein Außenvorlassen dieser Gebäude als unnatürlich an, weil die sehr schmale Straße „D...“ keine optische Zäsur darstelle. Mit einzubeziehen sei auch die weitere Bebauung entlang der O...straße auf der rechten und linken Seite bis zum letzten Gebäude O...straße 14 und 14a. Die verhältnismäßig großzügige Bestimmung der näheren Umgebung sei der Unterschiedlichkeit, Ungeordnetheit der Bebauung und den vorhandenen Baulücken geschuldet, weshalb eine kleinere Rahmenbestimmung keinen sinnvollen Maßstab mehr ergebe. Eine einheitliche Bebauung finde sich in dem maßgebenden Rahmen nicht; besonders der Größenunterschied zwischen den Gebäuden O...-straße 3 einerseits und O...straße 1 und 4 andererseits sei besonders auffällig, auch variiere das Maß der baulichen Nutzung hinsichtlich Traufhöhe, Firsthöhe, Geschossigkeit und Bauvolumen. Das Vorhaben füge sich in der realisierten Form in die Eigenart dieser Umgebung ein, wobei das gesamte Gebäude - nicht nur isoliert der von der Baugenehmigung abweichende Teil - zu betrachten sei. Der Höhe des Gebäudes der Klägerin komme hier nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Jedenfalls weise das Gebäude O...straße 4 eine noch größere Firsthöhe auf. Auch die Wandansichtsfläche sei hier nicht das vorrangig prägende Kriterium. Maßgebend komme es vielmehr auf die Anzahl der sichtbaren Geschosse, das nach außen sichtbare Bauvolumen (Massivität) und die Grundfläche an. Diesen Rahmen überschreite das Gebäude nicht. Entgegen der Rechtsansicht des Regierungspräsidiums wirke es nicht dreigeschossig, denn das zweite Obergeschoß behalte trotz des Kniestocks die für ein Dachgeschoss typische Dreiecksform an der Giebelseite. Es bestehe kein entscheidender Unterschied zur Umgebungsbebauung. Selbst wenn man eine Rahmenüberschreitung aber annähme, füge sich das Gebäude dennoch in die Eigenart der näheren Umgebung ein, weil städtebauliche Spannungen dadurch weder ausgelöst noch erhöht würden. Aus dem Umstand, dass die Beigeladene mit Blick auf mehrere durch das Bauvorhaben der Klägerin ausgelöste Bauvoranfragen für den unmittelbaren Nahbereich die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen habe, folge nichts Anderes. Denn der Begründung zu diesem Beschluss lasse sich nicht entnehmen, dass das jeweilige Maß der geplanten Mehrfamilienhäuser motivgebend gewesen sei. Ein Bedürfnis nach städtebaulicher Planung werde durch die Genehmigung des Vorhabens jedenfalls nicht hervorgerufen. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot, das im Merkmal des Einfügens enthalten sei, liege nicht vor. Auch wenn das Gebäude der Klägerin das Gebäude O... 3 um ca. 5 m überrage, sei es doch nicht derart übermächtig, dass es erdrückend wirke. Aus der Rechtswidrigkeit von Nr. 2 des Ausgangsbescheides folge auch die Rechtswidrigkeit von Nr. 3 und 4. Die Klägerin habe - wie ausgeführt - auch einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung, weil dem Vorhaben von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstünden. |
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| Gegen das ihnen am 11. Dezember 2019 bzw. am 10. Dezember 2019 zugestellte Urteil haben der Beklagte mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2019 und die Beigeladene mit Schriftsatz vom 7. Januar 2020 die Zulassung der Berufung beantragt. |
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| Am 21. Januar 2020 beschloss die Beigeladene die Aufstellung des Bebauungsplans „O...-Erweiterung Süd“ nach § 13a BauGB, in dessen Geltungsbereich auch das Vorhabengrundstück liegen soll, und zugleich den Erlass einer dieses Grundstück umfassenden Veränderungssperre. Aufstellungsbeschluss und Veränderungssperre wurden am 24. Januar 2020 im Mitteilungsblatt der Beigeladenen ortsüblich bekanntgemacht. |
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| Mit Beschluss vom 2. April 2020 hat der Senat die Berufung wegen Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zugelassen (Az: 5 S 3471/19). |
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| Am 14. Mai 2020 hat der Beklagte seine Berufung begründet und ausgeführt: Aufgrund der Aufstellung des Bebauungsplans und des Erlasses der Veränderungssperre komme eine Genehmigung des Vorhabens nicht in Betracht, da es geeignet sei, die Planung der Beigeladenen zumindest wesentlich zu erschweren. Das Bauvorhaben füge sich auch nach § 34 Abs. 1 BauGB im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Denn die Firsthöhe übersteige die Firsthöhen der südlich entlang der O...-...straße befindlichen Gebäude. Zwar steige das Gelände zum Gebäude der Klägerin hin an, dennoch sei die Differenz der Firsthöhen übermäßig, auch in Bezug auf das direkt angrenzende Gebäude O...straße 5a. Im weiteren Verlauf der O...straße überragten die Wohngebäude mit ihrem First zwar aufgrund der topographischen Gegebenheiten das Gebäude der Klägerin, wirkten jedoch nicht derartig massiv und seien im Gegensatz zum in Rede stehenden Gebäude nicht geeignet, für städtebauliche Spannungen zu sorgen. Insgesamt trete das auf dem Baugrundstück errichtete Gebäude als dreigeschossig in Erscheinung. Ob es sich hierbei um drei Vollgeschosse im Sinne der Landesbauordnung handele, sei nicht entscheidend. Dadurch werde eine negative städtebauliche Entwicklung eingeleitet, die zu nachhaltigen städtebaulichen Spannungen führe. Selbst wenn das Vorhaben den von der näheren Umgebung geprägten Rahmen ggf. noch einhalte, entfalte es negative Vorbildwirkung in dem Sinn, dass es andere gleichartige oder ähnliche Vorhaben nach sich ziehe. Denn dann könnte sich auch ein dreigeschossiges Flachdachgebäude noch in die Eigenart der Umgebungsbebauung einfügen. Da das von der Klägerin abweichend von der erteilten Baugenehmigung errichtete Gebäude in Widerspruch zu bauplanungsrechtlichen Vorschriften stehe, sei auch die erlassene Teilrückbauverfügung rechtmäßig. Das Vorhaben erschwere die städtebauliche Planung der Beigeladenen, weil es einen faktischen Präzedenzfall darstelle. Es seien keine für die Klägerin weniger belastenden Maßnahmen als die Teilab-bruchverfügung ersichtlich. Insbesondere erscheine eine Ahndung der Vorgehensweise der Klägerin mit einer Geldbuße nicht als ausreichend, zumal der Verzicht auf einen Teilrückbau negative Signalwirkung auf andere Bauunternehmen oder private Bauherren hätte. Insgesamt sei der Teilrückbau auch nicht in Anbetracht der Höhe der Rückbaukosten unverhältnismäßig, denn die Klägerin sei geradezu vorsätzlich massiv von der erteilten Baugenehmigung abgewichen und hätte rechtzeitig mit der Baurechtsbehörde Kontakt aufnehmen können, um Art und Umfang etwa geplanter Abweichungen abzustimmen und das weitere Vorgehen zu besprechen. Die Abweichung sei aber nur bekannt geworden, weil zeitnah eine Baukontrolle durchgeführt worden sei. |
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| Die Beigeladene hat am 12. Juni 2020 ihre Berufung wie folgt begründet: Der Genehmigung des Vorhabens stehe derzeit die am 21. Januar 2020 beschlossene Veränderungssperre entgegen, weil nach den Planungsvorstellungen der Beigeladenen in dem durch die Veränderungssperre gesicherten Plangebiet zwar ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt, aber nur eine maßvolle Verdichtung zugelassen werden solle. Insbesondere sollten Festsetzungen zur Geschossflächenzahl, zur Grundflächenzahl sowie zur Zahl der Vollgeschosse, der Wohneinheiten und der überbaubaren Flächen getroffen werden. Das Bauvorhaben widerspreche diesen Planungszielen insbesondere mit seinen abweichend von der Baugenehmigung ausgeführten Höhenüberschreitungen und baulichen Ausmaßen. Eine Genehmigung der ausgeführten Maße würde die Planungsvorstellungen der Beigeladenen konterkarieren. Ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB bestehe nicht, da dem überwiegende öffentliche Belange in Form des Sicherungszwecks der Veränderungssperre entgegenstünden. Die Klägerin könne auch nicht die isolierte Aufhebung der Rückbauverfügung verlangen, da die abweichende Bauausführung nach derzeit geltendem materiellen Recht nicht genehmigt werden könne. Aber auch dann, wenn man die Veränderungssperre als unwirksam ansehe, bestehe kein Anspruch auf Nachtragsgenehmigung, weil sich das Vorhaben nicht in die nähere Umgebung einfüge. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht bei der Bestimmung der näheren Umgebung auch die Bebauung am D... herangezogen. Jedenfalls sei das vom Verwaltungsgericht als maßstabsbildend herangezogene und besonders erwähnte Gebäude mit der Lichtbildnummer 44 nicht prägend, da es schon nach der Art seiner Nutzung - es handele sich um das ehemalige Rathaus - nicht der Umgebungsbebauung entspreche. Es handele sich um ein singuläres, nicht mit der Umgebungsbebauung vergleichbares Gebäude. Ergänzend werde auf die Berufungsbegründung der Beklagten vom 14. Mai 2020 verwiesen. |
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| Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils, |
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| das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. November 2019 - 6 K 2171/18 - zu ändern und die Klage abzuweisen. |
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| die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zurückzuweisen, |
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| hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte bis zum 24. Januar 2020 verpflichtet war, der Klägerin eine ihrem Nachtragsbaugesuch vom 13. August 2015 entsprechende Baugenehmigung zu erteilen. |
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| Zur Begründung trägt sie vor: Soweit die Berufung sich auf die Verpflichtungsklage beziehe, werde sie begründet sein, weil sich der Bauantrag der Klägerin mit der Veröffentlichung der Veränderungssperre erledigt habe. Die Berufung sei aber unbegründet, soweit sie sich gegen die Aufhebung der Rückbauverpflichtung richte. Nach der Rechtsprechung der Baurechtssenate des Verwaltungsgerichtshofs dürfe eine Abbruchsanordnung nach § 65 Satz 1 LBO nur ergehen, wenn die bauliche Anlage fortlaufend gegen materielle Bauvorschriften verstoße. Dies sei hier nicht der Fall. Das Vorhaben füge sich gem. § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung ein. Dies habe das Verwaltungsgericht zu Recht in dem angegriffenen Urteil festgestellt. Hierauf werde verwiesen. Daher habe jedenfalls vor Erlass der Veränderungssperre ein Genehmigungsanspruch bestanden. Die Abbruchsverfügung sei aber auch unter Berücksichtigung von Aufstellungsbeschluss und Veränderungssperre rechtswidrig. Denn das eingeleitete Bebauungsplanverfahren stehe erst am Anfang. Es sei bislang nicht abzusehen, welche Festsetzungen ein in rechtmäßiger Weise erstellter Bebauungsplan haben werde. Daher sei es jedenfalls unverhältnismäßig, bereits jetzt den Rückbau zu verfügen. |
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| Es bestehe ein Rechtsschutzinteresse an der beantragten Feststellung, denn das am 11. August 2015 gestellte Nachtragsbaugesuch sei erst am 2. August 2016 verbeschieden worden. Die Bearbeitungsfristen der Landesbauordnung seien bei weitem überschritten worden; durch die Verzögerung sei ihr - der Klägerin - ein erheblicher vermögenswerter Schaden entstanden, da das Gebäude keiner wirtschaftlichen Verwertung habe zugeführt werden können. Sie sei entschlossen, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, denn wie ausgeführt, stehe ihr ein Anspruch auf Erteilung der Nachtragsbaugenehmigung zu. Für den Fall, dass sich auch die Anfechtungsklage durch die Veränderungssperre erledigt habe, bestehe ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse dahingehend, dass die Abbruchsverfügung jedenfalls bis zum Erlass der Veränderungssperre rechtswidrig oder jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt aus Gründen der Unverhältnismäßigkeit rechtswidrig gewesen sei. |
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| Mit Beschluss vom 10. Dezember 2020 hat der Senat Beweis erhoben zur örtlichen Lage des Baugrundstücks und dessen näherer Umgebung durch Einnahme eines Augenscheins durch den Berichterstatter als beauftragten Richter. Der Beweistermin hat am 14. Januar 2021 stattgefunden. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift vom 14. Januar 2021 samt Anlagen verwiesen. |
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| Dem Senat liegen die Behördenakten des Beklagten, die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe, die Gerichtsakte Az. 6 K 2171/18 des Verwaltungsgerichts Freiburg sowie die Gerichtsakte Az. 5 S 3471/19 zum Berufungszulassungsverfahren vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt dieser Akten sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. |
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| A. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. November 2019 haben Erfolg. |
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| I. Sie sind mit Beschluss des Senats vom 2. April 2020 (Az. 5 S 3471/19) zugelassen worden und auch im Übrigen zulässig. Beide Berufungsführer haben ihre Berufungen mit Schriftsätzen vom 14. Mai 2020 und vom 12. Juni 2020 - im Falle der Beigeladenen innerhalb rechtzeitig beantragter und gewährter Fristverlängerung - fristgerecht begründet. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsansicht der Klägerin bestehen Bedenken an der Zulässigkeit der Berufungen nicht deshalb, weil der Senat die Berufung in dem Beschluss vom 2. April 2020 nicht vollumfänglich - nämlich auch in Bezug auf die Abweisung der Klage gegen die Teilrückbauanordnung - wegen Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hätte zulassen dürfen. Abgesehen davon, dass in dem Zulassungsbeschluss ausdrücklich begründet wurde, weshalb ernstliche Zweifel gerade auch in Bezug auf die Aufhebung der Teilrückbauanordnung durch das Verwaltungsgericht dargelegt sind und bestehen, eröffnet die (vollumfängliche) Zulassungsentscheidung die Berufung in vollem Umfang und nicht nur hinsichtlich der Gründe, derentwegen sie erfolgt ist (BVerwG, Beschluss vom 16.9.2003 - 9 B 27.03 - juris Leitsatz 1). Der Verwaltungsgerichtshof prüft den Rechtsstreit im Rahmen der gestellten Anträge (vgl. § 128 VwGO) daher unter allen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten ohne Bindung an die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen worden ist (BVerwG, Urteil vom 7.2.1997 - 9 C 11.96 - juris Rn. 8; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, § 124a Rn. 301). |
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| II. Soweit sich die Berufungen gegen die Verpflichtung des Beklagten richten, eine dem Nachtragsbaugesuch vom 13. August 2015 entsprechende Baugenehmigung zu erteilen, sind sie begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. November 2019 ist entsprechend abzuändern und die Verpflichtungsklage der Klägerin abzuweisen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, dazu 1.). Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Feststellung zu, dass der Beklagte bis zum 24. Januar 2020 verpflichtet war, eine ihrem Nachtragsbaugesuch vom 13. August 2015 entsprechende Baugenehmigung zu erteilen (dazu 2.). |
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| 1. Bezogen auf den insoweit für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin schon deshalb keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Nachtragsbaugenehmigung, weil die Beigeladene am 21. Januar 2020 eine Satzung beschlossen hat, die das Vorhabengrundstück in den räumlichen Geltungsbereich einer Veränderungssperre mit einbezieht und das Verbot enthält (vgl. § 3 der Satzung nach § 14 ff BauGB über eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplans „O...-Erweiterung-Süd“, Gemarkung Lxx-...), u.a. auf diesem Grundstück Vorhaben i.S.v. § 29 BauGB durchzuführen. Die beantragte Baugenehmigung ist daher allein schon mit Blick auf die ergangene Veränderungssperre zu versagen. |
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| a) Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben Bestandsschutz genießen und nach § 14 Abs. 3 BauGB von der Veränderungssperre unberührt bleiben könnte, bestehen nicht. Der Schutz des § 14 Abs. 3 BauGB greift nicht, solange - wie hier - eine Genehmigung nicht erteilt ist, auch wenn das Bauvorhaben vor Inkrafttreten der Veränderungssperre zu Unrecht abgelehnt worden sein sollte (Senatsurteil vom 21.1.1997 - 5 S 3206/95 - juris Rn. 30). |
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| b) Ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil der Zulassung des Vorhabens überwiegende öffentliche Belange entgegenstehen. Maßstab hierfür ist der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre, der vorliegend darin liegt, die Planungsvorstellungen der Beigeladenen zu dem Bebauungsplan „...-Erweiterung Süd“ zu sichern, dessen Aufstellung ebenfalls am 21. Januar 2020 beschlossen wurde. Danach beabsichtigt die Beigeladene, im Plangebiet u.a. Festsetzungen zur städtebaulichen Dichte, zu maximalen Gebäudehöhen, Anzahl der Wohneinheiten und Erschließung der Grundstücke zu treffen. Das zur Genehmigung gestellte Gebäude der Klägerin wird dort ausdrücklich erwähnt. Es findet sich die Feststellung, dass dieses Gebäude den Maßstäben des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans widerspreche. Damit steht das Vorhaben in direktem Widerspruch zu den Planungsabsichten der Gemeinde und kann deshalb nicht im Wege der Ausnahme zugelassen werden. |
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| c) Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die als Satzung beschlossene Veränderungssperre unwirksam sein könnte, etwa weil die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 BauGB nicht vorlägen. Die Klägerin hat hierzu auch keine Rügen erhoben. |
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| 2. Damit ist über den hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin zu entscheiden, festzustellen, dass der Beklagte bis zum 24. Januar 2020 verpflichtet war, ihr eine ihrem Nachtragsbaugesuch vom 13. August 2015 entsprechende Baugenehmigung zu erteilen. |
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| a) Der im Berufungsverfahren erfolgende Übergang von der Verpflichtungsklage auf die Fortsetzungsfeststellungsklage unterliegt nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO keinen Bedenken (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage, § 91 Rn. 18). |
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| b) Die Fortsetzungsfestsetzungsklage ist zulässig. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht für den Fall, dass sich der angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Dass auch bei Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine Fortsetzungsfeststellungsklage grundsätzlich statthaft ist, entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27.3.1998 - 4 C 14.96 - juris) und des erkennenden Senats (Urteile vom 27.2.2003 - 5 S 1279/01 - juris Rn. 19 und vom 21.1.1997 - 5 S 3206/95 - juris Rn. 32). Danach ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, wenn (1.) die ursprüngliche Verpflichtungsklage zulässig gewesen ist, (2.) ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, (3.) ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und (4.) ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegt. |
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| Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. |
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| aa) Das im Wege einer zulässigen Verpflichtungsklage ursprünglich verfolgte Verpflichtungsbegehren der Klägerin hat sich durch die in Kraft getretene Veränderungssperre erledigt, weil dadurch eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist, die jedenfalls zum Erlöschen eines möglicherweise gegebenen Genehmigungsanspruchs geführt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.6.2011 - 4 C 10.10 - juris Rn. 7; Senatsurteil vom 27.2.2003 - 5 S 1279/01 - juris Rn. 20). Bei der Frage, ob der Beklagte bis zum 24. Januar 2020 verpflichtet war, der Klägerin eine ihrem Nachtragsbaugesuch vom 13. August 2015 entsprechende Baugenehmigung zu erteilen, handelt es sich ohne weiteres um ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis. |
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| bb) Auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse liegt vor. Die Klägerin hat vorgetragen, sie beabsichtige, gegenüber dem beklagten Land Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Dieses Interesse kann grundsätzlich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründen. Dazu muss ein solcher Prozess aber entweder bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt und die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich sein. Außerdem darf die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht aussichtslos sein (BVerwG, Beschluss vom 16.1.2017 - 7 B 1.16 - juris Rn. 30 f; OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris; Beschluss vom 23.1.2003 - 13 A 4859/00 - NVwZ-RR 2003, 696; BayVGH, Beschluss vom 13.6.2014 - 15 ZB 14.448 - juris). |
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| (1) Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Klageabsicht bestehen nicht; auch würde die begehrte Feststellung die in einem künftigen Schadensersatzprozess entscheidungsrelevante Frage klären, ob die Baugenehmigungsbehörde ihre Amtspflicht verletzt hat oder nicht. |
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| (2) Der angestrebte Schadensersatzprozess ist nicht „offensichtlich aussichtslos“. Das wäre nur der Fall, wenn bereits ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar wäre, dass der behauptete Schadensersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zwar geht die Annahme der Klägerin fehl, ein Vermögensschaden sei ihr durch die verzögerte Bearbeitung ihres Baugenehmigungsantrages in der Zeit vom 13. August 2015 bis zum 2. August 2016 entstanden. Denn die Bearbeitungsdauer ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass sie selbst zunächst fehlerhafte und unvollständige Planunterlagen bei der Baurechtsbehörde eingereicht hatte. Die letzten nachgeforderten Unterlagen sind dort erst am 27. April 2016 eingegangen. Unter Berücksichtigung der Fristen aus § 54 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 LBO hatte die Baurechtsbehörde daher bis zum 27. Juli 2016 über den Antrag zu entscheiden. Sie hat diese Frist um weniger als eine Woche überschritten, weshalb nicht zu erkennen ist, dass das zur Genehmigung gestellte Wohnhaus infolge einer verzögerten Bearbeitung „keiner wirtschaftlichen Verwertung zugeführt“ werden konnte, wie die Klägerin behauptet. |
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| Die Klägerin hat sich aber zusätzlich auf den Umstand berufen, dass ihr Baugenehmigungsantrag im August 2016 in der Sache zu Unrecht abgelehnt worden sei. Ein hierauf gestützter Schadensersatzanspruch erscheint schon mit Blick auf das zusprechende Urteil der Vorinstanz nicht von vornherein ausgeschlossen. |
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| c) Die mithin zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage ist aber unbegründet. Bezogen auf die insoweit maßgebliche Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses (Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage, § 113 Rn. 147 i. V. m. Rn. 124), hier dem Inkrafttreten der Veränderungssperre am 24. Januar 2020, stand der Klägerin kein Genehmigungsanspruch zu. Denn das Vorhaben verstößt gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften (§ 58 Abs. 1 LBO): |
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| Bauplanungsrechtlich ist es nach § 34 BauGB zu beurteilen. Das Baugrundstück lag am 24. Januar 2020 - und liegt auch derzeit - weder im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 BauGB) noch im Außenbereich (§ 35 BauGB). |
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| aa) Anhaltspunkte dafür, dass sich das Wohngebäude seiner Art nach nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen würde, bestehen nicht. Ausweislich der vorliegenden Pläne und Lichtbilder (VGH-Akte Bl. 120-139, VG-Akte Bl. 109-125) befinden sich in der näheren Umgebung des Baugrundstücks überwiegend Wohngebäude, landwirtschaftliche Gebäude (Stall- und Scheunengebäude), ein einzelnes Gästehaus und das ehemalige Rathaus von Lxx-.... In die so geprägte Umgebung fügt sich das Bauvorhaben seiner Art nach jedenfalls ein (§ 34 Abs. 1 BauGB). Auch dann, wenn man annimmt, dass die Eigenart der näheren Umgebung entweder einem allgemeinen Wohngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO) einem Dorfgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO) oder einem Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO) entspricht, wäre ein Wohngebäude der vorliegenden Art dort jedenfalls zulässig. Hiervon gehen auch die Beteiligten nach ihren schriftsätzlichen Ausführungen und ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2021 übereinstimmend aus. |
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| bb) Hinsichtlich des hier allein problematischen Maßes der baulichen Nutzung fügt sich das Bauvorhaben hingegen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. |
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| (1) Bedeutsam für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (BVerwG, Urteil vom 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 17; Urteil vom 23.3.1994 - 4 C 18.92 - juris; Senatsurteil vom 14.7.2000 - 5 S 418/00 - juris Rn. 19). Ein Einfügen ist jedoch nicht schon dann anzunehmen, wenn Vorhaben und Referenzobjekt in einem der genannten Maßfaktoren übereinstimmen. Um zu verhindern, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung einzeln entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in der näheren Umgebung kein Vorbild haben, sind die genannten Faktoren vielmehr kumuliert zu betrachten (BVerwG, Urteil vom 8.12.2016, a.a.O.). |
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| (2) Die für diese Beurteilung maßgebliche „nähere Umgebung“ grenzt sich danach ab, ob und inwieweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und ob und inwieweit die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder beeinflusst, wobei es darauf ankommt, was in der Umgebung tatsächlich vorhanden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.3.2018 - 4 B 60.17 - juris Rn. 7 und Beschluss vom 13.5.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7). Die nähere Umgebung muss für die in § 34 BauGB genannten Kriterien jeweils unterschiedlich festgelegt werden (BVerwG, Beschluss vom 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 9). Bei der Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung eines Grundstücks ist der Umkreis der zu beachtenden vorhandenen Bebauung „in der Regel" enger zu begrenzen als bei der Ermittlung des Gebietscharakters (BVerwG, Beschluss vom 13.5.2014 - 4 B 38.13 - juris Rn. 7; Urteil vom 19. September 1969 - BVerwG 4 C 18.67 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25 S. 58). |
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| Zur Bestimmung der näheren Umgebung und zur Frage des Einfügens hat der Senat durch den Berichterstatter als beauftragten Richter i.S.v. § 96 Abs. 2 VwGO am 14. Januar 2021 einen Augenschein eingenommen und eine Lichtbilderdokumentation gefertigt (vgl. die Niederschrift vom 14. Januar 2021 samt Anlagen). Diese Lichtbilderdokumentation und die Niederschrift des Verwaltungsgerichts vom 10. Juli 2019 samt Anlagen (VG-Akte Bl. 101 bis 125R) über die vom Verwaltungsgericht im Wege des Augenscheins getroffenen Feststellungen - gegen deren Richtigkeit die Beteiligten keine Einwendungen erhoben haben - waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 17. März 2021 und wurden mit den Beteiligten erörtert. Auf dieser Grundlage und ausgehend von den o.g. Grundsätzen bestimmt sich die nähere Umgebung zur Überzeugung des Senats hier wie folgt: |
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| In nördlicher Richtung erstreckt sich die prägende nähere Umgebung aufgrund der Sichtbeziehungen entlang der O...straße bis zu den Gebäuden Nr. 14 und 14a. Die O...straße selbst hat keine trennende Wirkung, zumal sich sämtliche anliegenden Gebäude auf beiden Straßenseiten am Straßenverlauf orientieren und deshalb ein einheitlicher Bebauungszusammenhang vorliegt. Die auf der westlichen Straßenseite - nördlich des Baugrundstücks - befindlichen Schuppengebäude und Gewächshäuser besitzen zwar keine maßstabsbildende Kraft, weil sie - als Nebenanlagen - nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.6.2015 - 4 C 5.14 - juris). Denkt man diese nichtprägenden Gebäude aber hinweg, sind die auf den Grundstücken Flst.-Nr. xx/x und xx/xx liegenden Freiflächen aber nicht geeignet, den Bebauungszusammenhang zu den noch weiter nördlich und östlich der O...straße liegenden Wohngebäuden insgesamt zu unterbrechen. Denn die unbebauten Flächen werden - wie sich auch aus den vorliegenden Lichtbildern ergibt - ihrerseits von der vorhandenen Bebauung geprägt. Der Eindruck einer für die Ortslage zwar typischen aufgelockerten, aber dennoch einheitlichen Bebauung entlang der O...straße bis zu den Gebäuden Nr. 11 und Nr. 14a wird durch die mit nichtprägenden Gebäuden bebauten Flächen nicht beseitigt. Südlich des Baugrundstücks endet die prägende Bebauung an den Wohngebäuden O...straße 1 und 4. Entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts und der Rechtsauffassung der Klägerin entfalten die Gebäude jenseits (südlich) des D... für die Bebauung des Vorhabengrundstücks keine prägende Wirkung mehr. Denn von dort zum Vorhabengrundstück bestehen nur schwache Sichtbeziehungen (vgl. das unmittelbar vom Eingang des Gebäudes „Altes Rathaus“ aus aufgenommene Lichtbild 1, VGH-Akte Bl. 120 sowie Lichtbilder Nr. 1 und Nr. 36, VG-Akte Bl. 109 und 121R). Insbesondere das gegenüber dem D... liegende frühere Rathausgebäude ist hinsichtlich seiner Höhe, Kubatur und Massivität vom Vorhabengrundstück aus nur teilweise wahrzunehmen, zumal die Straße vom Vorhabengrundstück aus gesehen zum D... hin abfällt, eine Linkskurve beschreibt und der Blick deshalb zu dem dominierenden Gebäude O...straße 1 gelenkt wird (vgl. Lichtbild Nr. 1, VG-Akte Bl. 109 und Lichtbilder Nr. 35 und Nr. 36, VG-Akte Bl. 121R). Unabhängig von dem Gesichtspunkt der Sichtbeziehungen liegen die genannten Gebäude südlich des D... auch in zu weiter Entfernung zum Vorhabengrundstück um angesichts der Dominanz des Gebäudes O...straße 1 das Maß der baulichen Nutzung auf dem Vorhabengrundstück noch beeinflussen zu können. |
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| Nach dem Gesamteindruck, den der Senat aufgrund der in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörterten Lichtbildaufnahmen gewonnen hat, kommt den Gebäuden südlich des D... deshalb in Bezug auf das Vorhabengrundstück keine prägende Wirkung mehr zu. Die benachbarten und südlich des Vorhabengrundstücks liegenden Wohngebäude O...straße 1b, 3 und 3a (vgl. Lageplan Behördenakte Bl. 35 und Lichtbild Nr. 39 VG-Akte Bl. 123) sowie das westlich gelegenen Wohngebäude O...straße 5a (Lichtbild Nr. 10, VGH-Akte Bl. 129 und Lichtbilder Nr. 3, Nr. 27, Nr. 28 und Nr. 29, VG-Akte Bl. 109R, Bl. 117R und Bl. 119) prägen hingegen ohne weiteres die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks. |
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| (3) In den so gezogenen Rahmen für die nähere Umgebung fügt sich das Bauvorhaben unter Zugrundlegung der unter (1) genannten Kriterien nicht ein. |
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| (a) Zwar hält es sich bei isolierter Betrachtungsweise hinsichtlich der Grundfläche in dem von der Umgebung vorgeprägten Rahmen. Denn die in der näheren Umgebung vorhandenen Gebäude weisen zumindest vergleichbare Grundflächen auf. Dies ist aus den vorliegenden Lichtbildern in Verbindung mit den in der Behördenakte enthaltenen Lageplänen ohne weiteres ersichtlich. Auch in Bezug auf das Verhältnis der Grundflächen der in der näheren Umgebung vorhandenen Gebäude zu den sie jeweils umgebenden Freiflächen („Baudichte“, vgl. Senatsurteil vom 17.11.1995 - 5 S 2232/95 - juris Rn. 20) überschreitet das Bauvorhaben den von der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen für sich genommen nicht. |
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| (b) An einem „Einfügen“ fehlt es jedoch bei einer Gesamtbetrachtung der Grundfläche mit der „Geschossigkeit“ und Höhe des nach außen hin wahrnehmbar in Erscheinung tretenden Gebäudes. Denn es vermittelt - mit den am 24. Januar 2020 vorhandenen Maßen - den Eindruck eines massiven dreigeschossigen Gebäudes mit zusätzlich sichtbarem Kellergeschoss und ist als solches in der maßgebenden Umgebung ohne Vorbild. Auf die Feinheiten des landesrechtlichen Vollgeschossbegriffs kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das Gebäude als solches in die nähere Umgebung einfügt (BVerwG, Urteil vom 23.3.1994 - 4 C 18.92 - juris Rn. 9). Dass dies nicht der Fall ist, wird besonders deutlich bei einer Annäherung von Süden her, weil das Dachgeschoss des Gebäudes O...straße 5 über einen hohen Kniestock verfügt und die oberste Fensterfront nicht (vollständig) innerhalb der durch die Dachform vorgegebenen Giebelfläche liegt. Hierin liegt ein entscheidender Unterschied zu den Gebäuden O...straße 12 (Lichtbild Nr. 19, VG-Akte Bl. 115) und 14a (Lichtbilder Nr. 21, Nr. 22 und Nr. 24, VG-Akte Bl. 115R und Bl. 117), bei denen die oberste Fensterfront in die Giebelflächen integriert ist. Zudem verfügt das streitgegenständliche Gebäude auf der Nordseite über ein dreigeschossig wirkendes massives Treppengebäude (Lichtbilder Nr. 2 und Nr. 27, VG-Akte Bl. 109 und Bl. 117R) und auf der Südseite über einen Zwerchgiebel, der nicht nur den dreigeschossigen Charakter, sondern auch die Höhe und Massivität des Gebäudes zusätzlich deutlich hervorhebt. Dagegen verfügen die maßgeblichen Umgebungsgebäude entweder über keine oder aber über das Dach lediglich unterbrechende und deshalb das äußere Erscheinungsbild nicht dominierende Dachgaupen. Das Gebäude Oxx-...straße 5 zeichnet sich zudem durch einen sichtbaren, 1,20 m hohen (vgl. VG-Akte Bl. 129) Sockel des Kellergeschosses aus, auf welchem das Erdgeschoss erst aufsetzt (vgl. Lichtbild VGH-Akte Bl. 127R und Lichtbilder Nr. 30 und Nr. 31, VG-Akte Bl. 119R). Dieser Sockel betont die Massivität und Höhe des auch ohne Berücksichtigung des Sockels bereits dreigeschossig erscheinenden Baukörpers noch weiter. Zwar weisen auch benachbarte Gebäude (z.B. O...straße 1, 3, 11, 12 und 14) einen solchen sichtbaren Sockel auf, diese erscheinen aber selbst unter Berücksichtigung des Sockels als maximal zweigeschossig und erheblich weniger massiv. |
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| An der Sichtbarkeit und Wirkung des Kellergeschosses mit Sockel vermag der Hinweis der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nichts zu ändern, dass dieser noch angefüllt werden soll. Denn die von ihr selbst (zuletzt) im Zuge der Nachtragsbaugenehmigung vorgelegten Pläne sehen an der Südostecke des Baugrundstücks zur O...straße hin überdachte Stellplätze vor, was einer Anfüllung in diesem Bereich entgegenstehen dürfte. Zum anderen sollen die Kellerfenster zur O...straße hin nicht mit Lichtschächten versehen und angefüllt werden, sondern frei bleiben (Bauakte D 1500554/B Bl. 219). |
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| Der Senat hat erwogen, ob das Bauvorhaben (vgl. Lichtbild Nr. 42, VG-Akte Bl. 123R) möglicherweise allein schon aufgrund seiner Lage am oberen Teil der O...straße prominent wahrzunehmen ist und ohne diese topographische Besonderheit für sich genommen den von der Umgebungsbebauung gezogenen Rahmen einhalten würde. Jedoch fällt dem objektiven Betrachter auch unter Berücksichtigung der natürlichen Höhenlage des Gebäudes sofort der Unterschied zur Umgebungsbebauung ins Auge, etwa zu den Gebäuden O...-...straße 1, 3, 3a, 4, 5a, 8, 11, 12 und 14, die deutlich niedriger und weniger massiv erscheinen. Insbesondere besteht auch ein signifikanter Unterschied zu dem Gebäude O...straße 14a (Lichtbild Nr. 19, VGH-Akte Bl. 138 und Lichtbilder Nr. 2, Nr. 22, Nr. 23 und Nr. 24, VG-Akte Bl. 115R und 117). Zwar erscheint dieses ebenfalls dreigeschossig, weil das Garagengeschoss als Erdgeschoss betrachtet werden kann und die - ebenso wie bei dem Bauvorhaben straßenseitig vorspringenden - Balkone den Schluss auf ein erstes und zweites Obergeschoss zulassen. Dennoch aber wirkt das Gebäude O...fstraße 14a erheblich weniger massiv, weil die Fensterreihen des 2. Obergeschosses aufgrund des niedrigeren Kniestocks innerhalb der Giebelfläche liegen und das Erdgeschoss - anders als bei dem Bauvorhaben O...straße 5 - nicht zusätzlich noch auf einem sichtbaren Sockel aufsetzt. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass das Gebäude O...-straße 14a unmittelbar an das Gebäude O...straße 14 angebaut ist (vgl. Lichtbilder VGH-Akte Bl. 135 und 136, Lichtbilder Nr. 24 und Nr. 25, VG-Akte Bl. 117). Denn aufgrund ihrer Stellung - Nr. 14a ist zur Straße hin giebelständig und Nr. 14 traufständig - sowie ihrer deutlich unterschiedlichen Höhe und baulichen Gestaltung werden beide Gebäude nicht als einheitlich wahrgenommen. Deshalb fällt auch der Umstand, dass beide Gebäude zusammen für sich genommen über eine größere Grundfläche als das Bauvorhaben verfügen, nicht entscheidend ins Gewicht. |
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| Nach seinem gesamten Erscheinungsbild überschreitet das Bauvorhaben daher den von der Umgebungsbebauung gesetzten Rahmen. |
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| (c) Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ist die dargestellte Überschreitung des vorgegebenen Rahmens hier auch nicht lediglich unwesentlich. Zwar zwingt das Erfordernis des Einfügens nicht zur Uniformität und ist es nicht notwendig, dass ein streitiges Vorhaben den aus der Umgebung abzuleitenden Rahmen exakt einhält (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 21 m.w.N.). Deshalb kommt es nicht maßgeblich darauf an, dass das Vorhaben mit seiner am 24. Januar 2020 vorhandenen First- und Traufhöhe (548,15 m bzw. 545,50 m) von den First- und Traufhöhen der umgebenden Gebäude in unterschiedlichem Maße abweicht (vgl. den Plan „Profil 1“, BA S. 227). Denn diese Abweichungen fallen mit Blick auf die Höhenentwicklung des Geländes und damit der Bebauung entlang der O...dorfstraße für sich genommen nicht entscheidend ins Gewicht, wie sich instruktiv auf dem genannten Plan „Profil 1“ ergibt. Die vorhandene First- und Traufhöhe, welche 1,05 m bzw. 1,40 m höher ist als genehmigt, führt im Rahmen einer Gesamtbetrachtung mit den beschriebenen Besonderheiten (Sockel, Treppenhausanbau, Zwerchgiebel, erhöhter Kniestock) aber dazu, dass sich das Vorhaben insgesamt deutlich massiver darstellt als die Umgebungsbebauung. Aufgrund dessen überschreitet es den von der Umgebungsbebauung gezogenen Rahmen nicht nur marginal. |
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| (4) Auch ein Vorhaben, das den durch seine Umgebung gesetzten Rahmen nicht einhält, kann allerdings ausnahmsweise zulässig sein, wenn es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder zu erhöhen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25.3.1999 - 4 B 15.99 - ZfBR 2000, 68, juris Rn. 4 ff. und vom 4.10.1995 - 4 B 68.95 - NVwZ-RR 1996, 375, juris Rn. 3; Urteil vom 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369, juris Rn. 47; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Auflage, § 34 Rn. 54). Diese Anforderungen sind hier aber nicht erfüllt. Denn in der Nachbarschaft zum Baugrundstück befinden sich noch mehrere unbebaute Innenbereichsgrundstücke. Ausweislich der Angaben des Beklagten und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung liegen zu zweien dieser Grundstücke bereits Voranfragen zur Bebauung mit Mehrfamilienhäusern vor. Hinsichtlich der zulässigen Höhenentwicklung, Kubatur und Massivität dieser in der näheren Umgebung geplanten Gebäude würde das streitgegenständliche Bauvorhaben ersichtlich Maßstäbe setzen und hätte damit Vorbildwirkung. Aber auch dann, wenn es noch keine konkreten Bauvoranfragen gäbe, liegt es - nicht zuletzt mit Blick auf die allgemein bekannte starke Nachfrage nach Wohnraum am Bodensee - auf der Hand, dass für etwaige zukünftige Bauvorhaben in der Nachbarschaft ein Bezugsfall geschaffen wird. |
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| Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin vermag der Umstand, dass die Beigeladene ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet hat und in Bezug auf das Vorhabengrundstück sowie die Nachbargrundstücke zukünftig voraussichtlich Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung gelten werden, nichts am Vorliegen bodenrechtlicher Spannungen zu ändern. Denn das den Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB überschreitende Bauvorhaben müsste auch im Bebauungsplanverfahren jedenfalls im Rahmen der Ermittlung, Bewertung und Abwägung der öffentlichen und der privaten Belange (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3, § 214 Abs. 3 BauGB) als Bestand berücksichtigt und planerisch bewältigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn vergleichbare Bauvorhaben - was nach den Einlassungen der Beigeladenen und dem von ihr vorgelegten Planaufstellungsbeschluss zu erwarten ist - zukünftig in dem Plangebiet unzulässig sein sollen und mithilfe entsprechender Vorgaben zum Maß der baulichen Nutzung die durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Baufreiheit der benachbarten Grundstückseigentümer eingeschränkt werden soll. |
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| (5) Dagegen kann die Unzulässigkeit des Vorhabens - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten in dem Schriftsatz vom 2. März 2021 - nicht damit begründet werden, dass es zwar ggf. den von der Umgebung gebildeten Rahmen einhalte, aber gleichwohl eine negative Vorbildwirkung für andere, gleichartige oder ähnliche Vorhaben nach sich ziehe. Denn der Gesichtspunkt der fehlenden negativen Vorbildwirkung kann, wie unter (4) ausgeführt worden ist, eine Genehmigung zwar ausnahmsweise rechtfertigen, wenn das Vorhaben den durch seine Umgebung gesetzten Rahmen nicht einhält. Umgekehrt kann aber einem Vorhaben, das den Rahmen einhält, eine bauplanungsrechtliche Zulassung nicht mit Blick auf eine dennoch anzunehmende negative Vorbildwirkung versagt werden. Solches ergibt sich insbesondere nicht aus der von dem Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Februar 1984 - 4 C 25.82 -. Dort wurde gerade festgestellt, dass das streitige Vorhaben den durch die nähere Umgebung gebildeten Rahmen nicht einhält (juris Rn. 25). |
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| Im Ergebnis standen der Erteilung der Baugenehmigung damit schon im Zeitpunkt des Eintritts der Erledigung bauplanungsrechtliche Vorschriften entgegen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage muss deshalb ohne Erfolg bleiben. |
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| III. Soweit Beklagter und Beigeladene sich gegen die Aufhebung der verfügten Teilrückbauanordnung mit Zwangsgeldandrohung sowie die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr wenden (Nr. 2 bis 5 der Entscheidung des Landratsamts Konstanz vom 2. August 2016 und Nr. 3 des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 19. Februar 2018), haben ihre Berufungen ebenfalls Erfolg. |
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| 1. Die Anfechtungsklage gegen die Teilrückbauanordnung hat sich nicht erledigt. Denn die Teilrückbauanordnung ist weiterhin wirksam und erzeugt unabhängig davon, dass durch die Veränderungssperre der Anspruch auf Erteilung einer Nachtragsbaugenehmigung entfallen ist (s.o.), weiterhin Rechtswirkung. Sie soll nach wie vor dazu dienen, hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung einen den baurechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand herzustellen. Dieses Ziel ist weiterhin umsetz- und erreichbar. Infolgedessen ist auch die Anfechtungsklage gegen die Teilrückbauverfügung weiterhin zulässig. |
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| 2. Die Voraussetzungen des als Rechtsgrundlage allein in Frage kommenden § 65 Satz 1 LBO für den Erlass einer Abbruchsverfügung liegen hier vor. |
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| a) Die Vorschrift des § 65 Abs. 1 LBO verlangt zunächst, dass die (im Umfang des verfügten Teilrückbaus abzubrechende) Anlage in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde. Maßgeblich für die Illegalität der Anlage ist insoweit der Zeitpunkt des Abschlusses der Bauarbeiten (Senatsurteil vom 15.9.2016 - 5 S 114/14 - juris Rn. 23; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 7. Auflage, § 65 Rn. 22). Die Klägerin verfügte in diesem Zeitpunkt - im Juli 2015, vgl. das Lichtbild in BA Band 1, Bl. 181 - nicht über eine Baugenehmigung für das tatsächlich ausgeführte Vorhaben. Wie oben unter II. 2 c) bereits ausgeführt wurde, ist dieses Bauvorhaben auch materiell nicht genehmigungsfähig, denn es verstieß - und verstößt - gegen die bauplanungsrechtliche Vorschrift des § 34 Abs. 1 BauGB. |
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| b) Rechtmäßige Zustände können hier auch nicht auf andere Weise hergestellt werden. So ist das Bauvorhaben nicht wegen einer Sach- oder Rechtslagenänderung, wie z.B. dem Inkrafttreten eines Bebauungsplans, inzwischen in die Genehmigungsfähigkeit hineingewachsen mit der Folge, dass nunmehr ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung bestünde (hierzu BVerwG, Beschluss vom 6.12.1985 - 4 C 23.83 und 4 C 24.83 - NJW 1986, 1186; Senatsurteil vom 11.7.2017 - 5 S 2067/15 - juris Rn. 31; Sauter, LBO, § 65 Rn. 86). Auch kann die Klägerin nicht die Erteilung einer Ausnahme oder einer Befreiung beanspruchen. Schließlich kommt hier auch keine Verkleinerungsverfügung als Alternativmittel in Betracht, denn die Beklagte hat sich bereits beim Erlass der Abbruchsverfügung darauf beschränkt, der Klägerin lediglich einen Rückbau „im Bereich des Dachgeschosses auf das mit baurechtlicher Entscheidung vom 21.05.2015 genehmigte Maß (Firsthöhe 547,10 m üNN, Traufhöhe 544,10 m üNN)“ aufzugeben. Der Erlass einer bloßen Nutzungsuntersagung steht hier ebenfalls nicht als Alternativmittel zur Verfügung. Denn damit könnte der festgestellte Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BauGB nicht beseitigt werden. |
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| Entgegen ihrer - in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2021 näher dargelegten - Rechtsauffassung hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten kein taugliches Alternativangebot zur Herstellung rechtmäßiger Zustände vorgelegt. Zwar ist in der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs anerkannt, dass die Baurechtsbehörde einem ihr vom Adressaten einer Abbruchsverfügung unterbreiteten Alternativangebot (Austauschangebot) Rechnung tragen muss, wenn dieses so bestimmt und eindeutig unterbreitet wird, dass es geeignet ist, rechtmäßige Zustände wiederherzustellen und dadurch der verfügte Abbruch einer baulichen Anlage unnötig wird (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - juris Rn. 35; Urteil vom 18.12.1995 - 3 S 1298/94 - juris Rn. 37; vgl. auch Sauter, LBO, § 65 Rn. 47). Diese Voraussetzungen liegen hier indes nicht vor. Ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 10. Juli 2019 hat der Geschäftsführer der Klägerin zwar angeboten, dass das Dachgeschoss ein Krüppelwalmdach erhält und in dunkler Farbe ausgestaltet wird, dass der Sockel um 20 cm verkürzt wird und das Erdgeschoss optisch weiter nach unten gezogen und begrünt werden soll. Dieses Angebot hat er jedoch unter die Bedingung gestellt, dass das Krüppelwalmdach „auf dem Sturz“ angebracht wird mit einem 50 cm vorstehenden Dachüberstand. Damit werden rechtmäßige Zustände aber ersichtlich nicht hergestellt. Denn zum einen ist nicht erkennbar, inwiefern ein Krüppelwalmdach, welches nicht bis zur Dachtraufe heruntergezogen wird, sondern „auf dem Sturz“, d.h. über der obersten Fensterreihe angebracht wird, dem Gebäude seine rahmenüberschreitende Höhe und Massivität nehmen würde. Zum anderen bleibt in Ungewissen, inwiefern der bereits hergestellte Sockel des errichteten Hauses um „20 cm verkürzt“ werden könnte. Wie ihre Hinweise auf das „optische Herunterziehen“ des Erdgeschosses und dessen Begrünung zeigen, bezweckt das „Alternativangebot“ der Klägerin letztlich nicht, das Gebäude auf einen noch genehmigungsfähigen Rahmen zurückzuführen. Ihr geht es vielmehr nur darum, die Wahrnehmung des im Wesentlichen (mit Ausnahme des Krüppelwalmdachs) unverändert bleibenden Gebäudes optisch so zu kaschieren, dass der baurechtswidrige Zustand weniger offensichtlich zutage tritt. Dies ist nicht zielführend. |
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| c) Der Beklagte hat sein durch § 65 Satz 1 LBO eröffnetes Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. |
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| (1) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensbetätigung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Beschluss vom 11.8.1992 - 4 B 161.92 - juris Leitsatz 1; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - juris Rn. 18; Urteil vom 17.10.1996 - 8 S 2299/96 - juris Rn. 22; zu § 65 Satz 2 LBO auch Senatsurteile vom 19.10.2009 - 5 S 347/09 - juris Rn. 22 und vom 24.7.2002 - 5 S 149/01 - juris Rn. 22; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 8. Auflage, § 65 Rn. 21). |
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| (a) Bezogen hierauf haben das Landratsamt und das Regierungspräsidium berücksichtigt, dass durch den Abbruch hohe Rückbaukosten entstehen und ein Vermögenswert vernichtet wird. Sie haben diesen Umständen jedoch zu Recht kein überwiegendes Gewicht beigemessen, weil die Klägerin von der erteilten Baugenehmigung abgewichen ist und damit auf eigenes Risiko gebaut hat (vgl. Senatsurteil vom 15.9.2016 - 5 S 114/14 - juris Rn. 43). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin durch die anfallenden Rückbaukosten ggf. in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre, bestehen nicht und sind auch ihrem Vortrag nicht zu entnehmen. Der Beklagte hatte deshalb keine Veranlassung, hierzu entsprechende (Ermessens-)Erwägungen abzustellen. |
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| (b) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin mussten das Landratsamt im August 2016 und das Regierungspräsidium im Februar 2018 bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigen, dass im Januar 2020 die von der Beigeladenen erlassene Veränderungssperre in Kraft getreten ist. Unabhängig davon, dass dieser Umstand hier schon wegen des maßgeblichen Zeitpunkts der letzten Behördenentscheidung unerheblich ist, wäre eine Berücksichtigung auch in der Sache nicht geboten gewesen. Denn die Veränderungssperre hat zwar zur Folge, dass bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (vgl. deren § 3 und § 14 Abs. 1 Nr. 2 BauGB). Von diesem Verbot wird die bauordnungsrechtliche Beseitigung von Schwarzbauten aber von vornherein nicht erfasst (BVerwG, Urteil vom 11.8.1992 - 4 B 161.92 - juris Rn. 11). Unabhängig davon stellte die Veränderungssperre selbst dann, wenn sie auch für solche bauordnungsrechtlichen Verfügungen gälte, kein unüberwindliches Hindernis für die Umsetzung der Teilrückbauanordnung dar, weil die Baurechtsbehörde im Einvernehmen mit der Beigeladenen ohne weiteres eine Ausnahme gem. § 14 Abs. 2 BauGB zulassen könnte. |
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| (c) Der Klägerin kann auch nicht darin gefolgt werden, dass sich der Beklagte im Rahmen der Ermessensbetätigung mit dem im erstinstanzlichen Verfahren unterbreiteten Alternativvorschlag hätte auseinandersetzen müssen. Abgesehen davon, dass dieser Alternativvorschlag erst nach der letzten Behördenentscheidung aufgekommen ist, war er - wie oben bereits ausgeführt - von vornherein nicht zielführend und hätte deshalb auch im Rahmen der Ermessensbetätigung nicht berücksichtigt werden müssen. |
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| (2) Schließlich gebietet auch die bloße Aussicht, dass - wie hier - in Zukunft möglicherweise das Vorhaben legalisierende Festsetzungen in einem Bebauungsplan ergehen könnten, es nicht, entsprechende Ermessenserwägungen anzustellen (BVerwG, Urteil vom 6.12.1985, a.a.O.). Die ergangene Rückbauverfügung erweist sich daher - entgegen dem Vortrag der Klägerin - nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil „derzeit“ infolge des zwar in Aufstellung befindlichen, aber noch nicht abgeschlossenen Bebauungsplanverfahrens noch gar nicht absehbar ist, ob das Bauvorhaben letztlich gegen materielles Baurecht verstößt. |
|
| Der Senat weist darauf hin, dass die Klägerin dann, wenn das Bauvorhaben in der Zukunft aufgrund der Festsetzungen des künftigen Bebauungsplans rechtmäßig errichtet werden dürfte, ggf. eine nachträgliche Änderung der Rechtslage zu ihren Gunsten geltend machen und ein gesondertes Genehmigungsverfahren anstrengen könnte (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG; dazu BVerwG, Urteil vom 11.8.1992 - 4 B 161.92 - juris). Zudem könnte sie eine zwischenzeitlich eingetretene Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens als materiellrechtliche, die Grundverfügung betreffende Einwendung auch der Vollstreckung der Teilrückbauverfügung entgegenhalten (zu den prozessualen Möglichkeiten vgl. Engelhardt/App/Schlatmann, Verwaltungsvollstreckungsgesetz, 11. Auflage 2017, § 18 Rn. 13 m.w.N. und Fliegauf/Maurer, Verwaltungsvollstreckungsgesetz Baden-Württemberg, 2. Auflage 1983, Einleitung Rn. 24 f). |
|
| IV. Schließlich hat die Berufung auch Erfolg, soweit sie sich gegen die Aufhebung der Zwangsgeldandrohung (Nr. 4 des Bescheides vom 2. August 2016) und der Gebührenfestsetzungen (Nr. 5 des Bescheides vom 2. August 2016) richtet. |
|
| Liegt eine bestandskräftige Rückbauverfügung (Nr. 2 und Nr. 3 des Bescheides vom 2. August 2016) vor, bestehen gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung, welche zulässigerweise mit den Verfügungen unter 2. und 3. der Entscheidung vom 2. August 2016 verknüpft wurde (vgl. § 20 Abs. 2 LVwVG), keine Bedenken. Die Festsetzung der Verwaltungsgebühren für die ergangenen ablehnenden Entscheidungen ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren gegen die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen Einwände vorgebracht. |
|
| B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, denn diese hat einen Sachantrag gestellt und ist damit ein Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO); außerdem hat sie das Verfahren durch eigenen Sachvortrag wesentlich gefördert. |
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| C. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. |
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| Beschluss vom 17. März 2021 |
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| Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren wird auf jeweils 74.453,50 Euro festgesetzt. (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG). In Bezug auf die Streitgegenstände „Erteilung einer Baugenehmigung“ (30.000 Euro) und „Teilrückbauverfügung“ (42.250 Euro) folgt der Senat der von den Beteiligten nicht beanstandeten Bewertung des Verwaltungsgerichts für das erstinstanzliche Verfahren. Die im Berufungsverfahren erfolgte Entscheidung über den vom Kläger gestellten Hilfsantrag wirkt hier nicht streitwerterhöhend, weil sie denselben Gegenstand wie den mit 30.000 Euro berücksichtigten Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung betrifft (§ 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG i.V.m. Nr. 1.1.4 und Nr. 1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Die Anfechtungsklage gegen die Gebührenfestsetzung in Nr. 5 des Bescheides des Landratsamts Konstanz vom 2. August 2016 und gegen die Widerspruchsgebühr in Nr. 3 des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Freiburg vom 19. Februar 2018 ist jedoch zusätzlich mit 2.203,50 Euro (1753,50 Euro + 450 Euro) zu bewerten (§ 39 Abs. 1 GKG, § 52 Abs. 3 Satz 1 2. Alt GKG, Nr. 1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Insoweit war der Streitwertfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 21. November 2019 für das erstinstanzliche Verfahren abzuändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG). |
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| A. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. November 2019 haben Erfolg. |
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| I. Sie sind mit Beschluss des Senats vom 2. April 2020 (Az. 5 S 3471/19) zugelassen worden und auch im Übrigen zulässig. Beide Berufungsführer haben ihre Berufungen mit Schriftsätzen vom 14. Mai 2020 und vom 12. Juni 2020 - im Falle der Beigeladenen innerhalb rechtzeitig beantragter und gewährter Fristverlängerung - fristgerecht begründet. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsansicht der Klägerin bestehen Bedenken an der Zulässigkeit der Berufungen nicht deshalb, weil der Senat die Berufung in dem Beschluss vom 2. April 2020 nicht vollumfänglich - nämlich auch in Bezug auf die Abweisung der Klage gegen die Teilrückbauanordnung - wegen Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hätte zulassen dürfen. Abgesehen davon, dass in dem Zulassungsbeschluss ausdrücklich begründet wurde, weshalb ernstliche Zweifel gerade auch in Bezug auf die Aufhebung der Teilrückbauanordnung durch das Verwaltungsgericht dargelegt sind und bestehen, eröffnet die (vollumfängliche) Zulassungsentscheidung die Berufung in vollem Umfang und nicht nur hinsichtlich der Gründe, derentwegen sie erfolgt ist (BVerwG, Beschluss vom 16.9.2003 - 9 B 27.03 - juris Leitsatz 1). Der Verwaltungsgerichtshof prüft den Rechtsstreit im Rahmen der gestellten Anträge (vgl. § 128 VwGO) daher unter allen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten ohne Bindung an die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen worden ist (BVerwG, Urteil vom 7.2.1997 - 9 C 11.96 - juris Rn. 8; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, § 124a Rn. 301). |
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| II. Soweit sich die Berufungen gegen die Verpflichtung des Beklagten richten, eine dem Nachtragsbaugesuch vom 13. August 2015 entsprechende Baugenehmigung zu erteilen, sind sie begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. November 2019 ist entsprechend abzuändern und die Verpflichtungsklage der Klägerin abzuweisen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, dazu 1.). Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Feststellung zu, dass der Beklagte bis zum 24. Januar 2020 verpflichtet war, eine ihrem Nachtragsbaugesuch vom 13. August 2015 entsprechende Baugenehmigung zu erteilen (dazu 2.). |
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| 1. Bezogen auf den insoweit für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin schon deshalb keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Nachtragsbaugenehmigung, weil die Beigeladene am 21. Januar 2020 eine Satzung beschlossen hat, die das Vorhabengrundstück in den räumlichen Geltungsbereich einer Veränderungssperre mit einbezieht und das Verbot enthält (vgl. § 3 der Satzung nach § 14 ff BauGB über eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplans „O...-Erweiterung-Süd“, Gemarkung Lxx-...), u.a. auf diesem Grundstück Vorhaben i.S.v. § 29 BauGB durchzuführen. Die beantragte Baugenehmigung ist daher allein schon mit Blick auf die ergangene Veränderungssperre zu versagen. |
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| a) Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben Bestandsschutz genießen und nach § 14 Abs. 3 BauGB von der Veränderungssperre unberührt bleiben könnte, bestehen nicht. Der Schutz des § 14 Abs. 3 BauGB greift nicht, solange - wie hier - eine Genehmigung nicht erteilt ist, auch wenn das Bauvorhaben vor Inkrafttreten der Veränderungssperre zu Unrecht abgelehnt worden sein sollte (Senatsurteil vom 21.1.1997 - 5 S 3206/95 - juris Rn. 30). |
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| b) Ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil der Zulassung des Vorhabens überwiegende öffentliche Belange entgegenstehen. Maßstab hierfür ist der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre, der vorliegend darin liegt, die Planungsvorstellungen der Beigeladenen zu dem Bebauungsplan „...-Erweiterung Süd“ zu sichern, dessen Aufstellung ebenfalls am 21. Januar 2020 beschlossen wurde. Danach beabsichtigt die Beigeladene, im Plangebiet u.a. Festsetzungen zur städtebaulichen Dichte, zu maximalen Gebäudehöhen, Anzahl der Wohneinheiten und Erschließung der Grundstücke zu treffen. Das zur Genehmigung gestellte Gebäude der Klägerin wird dort ausdrücklich erwähnt. Es findet sich die Feststellung, dass dieses Gebäude den Maßstäben des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans widerspreche. Damit steht das Vorhaben in direktem Widerspruch zu den Planungsabsichten der Gemeinde und kann deshalb nicht im Wege der Ausnahme zugelassen werden. |
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| c) Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die als Satzung beschlossene Veränderungssperre unwirksam sein könnte, etwa weil die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 BauGB nicht vorlägen. Die Klägerin hat hierzu auch keine Rügen erhoben. |
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| 2. Damit ist über den hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin zu entscheiden, festzustellen, dass der Beklagte bis zum 24. Januar 2020 verpflichtet war, ihr eine ihrem Nachtragsbaugesuch vom 13. August 2015 entsprechende Baugenehmigung zu erteilen. |
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| a) Der im Berufungsverfahren erfolgende Übergang von der Verpflichtungsklage auf die Fortsetzungsfeststellungsklage unterliegt nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO keinen Bedenken (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage, § 91 Rn. 18). |
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| b) Die Fortsetzungsfestsetzungsklage ist zulässig. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht für den Fall, dass sich der angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Dass auch bei Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine Fortsetzungsfeststellungsklage grundsätzlich statthaft ist, entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27.3.1998 - 4 C 14.96 - juris) und des erkennenden Senats (Urteile vom 27.2.2003 - 5 S 1279/01 - juris Rn. 19 und vom 21.1.1997 - 5 S 3206/95 - juris Rn. 32). Danach ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, wenn (1.) die ursprüngliche Verpflichtungsklage zulässig gewesen ist, (2.) ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, (3.) ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und (4.) ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegt. |
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| Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. |
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| aa) Das im Wege einer zulässigen Verpflichtungsklage ursprünglich verfolgte Verpflichtungsbegehren der Klägerin hat sich durch die in Kraft getretene Veränderungssperre erledigt, weil dadurch eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist, die jedenfalls zum Erlöschen eines möglicherweise gegebenen Genehmigungsanspruchs geführt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.6.2011 - 4 C 10.10 - juris Rn. 7; Senatsurteil vom 27.2.2003 - 5 S 1279/01 - juris Rn. 20). Bei der Frage, ob der Beklagte bis zum 24. Januar 2020 verpflichtet war, der Klägerin eine ihrem Nachtragsbaugesuch vom 13. August 2015 entsprechende Baugenehmigung zu erteilen, handelt es sich ohne weiteres um ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis. |
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| bb) Auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse liegt vor. Die Klägerin hat vorgetragen, sie beabsichtige, gegenüber dem beklagten Land Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Dieses Interesse kann grundsätzlich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründen. Dazu muss ein solcher Prozess aber entweder bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt und die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich sein. Außerdem darf die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht aussichtslos sein (BVerwG, Beschluss vom 16.1.2017 - 7 B 1.16 - juris Rn. 30 f; OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris; Beschluss vom 23.1.2003 - 13 A 4859/00 - NVwZ-RR 2003, 696; BayVGH, Beschluss vom 13.6.2014 - 15 ZB 14.448 - juris). |
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| (1) Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Klageabsicht bestehen nicht; auch würde die begehrte Feststellung die in einem künftigen Schadensersatzprozess entscheidungsrelevante Frage klären, ob die Baugenehmigungsbehörde ihre Amtspflicht verletzt hat oder nicht. |
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| (2) Der angestrebte Schadensersatzprozess ist nicht „offensichtlich aussichtslos“. Das wäre nur der Fall, wenn bereits ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar wäre, dass der behauptete Schadensersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zwar geht die Annahme der Klägerin fehl, ein Vermögensschaden sei ihr durch die verzögerte Bearbeitung ihres Baugenehmigungsantrages in der Zeit vom 13. August 2015 bis zum 2. August 2016 entstanden. Denn die Bearbeitungsdauer ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass sie selbst zunächst fehlerhafte und unvollständige Planunterlagen bei der Baurechtsbehörde eingereicht hatte. Die letzten nachgeforderten Unterlagen sind dort erst am 27. April 2016 eingegangen. Unter Berücksichtigung der Fristen aus § 54 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 LBO hatte die Baurechtsbehörde daher bis zum 27. Juli 2016 über den Antrag zu entscheiden. Sie hat diese Frist um weniger als eine Woche überschritten, weshalb nicht zu erkennen ist, dass das zur Genehmigung gestellte Wohnhaus infolge einer verzögerten Bearbeitung „keiner wirtschaftlichen Verwertung zugeführt“ werden konnte, wie die Klägerin behauptet. |
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| Die Klägerin hat sich aber zusätzlich auf den Umstand berufen, dass ihr Baugenehmigungsantrag im August 2016 in der Sache zu Unrecht abgelehnt worden sei. Ein hierauf gestützter Schadensersatzanspruch erscheint schon mit Blick auf das zusprechende Urteil der Vorinstanz nicht von vornherein ausgeschlossen. |
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| c) Die mithin zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage ist aber unbegründet. Bezogen auf die insoweit maßgebliche Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses (Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage, § 113 Rn. 147 i. V. m. Rn. 124), hier dem Inkrafttreten der Veränderungssperre am 24. Januar 2020, stand der Klägerin kein Genehmigungsanspruch zu. Denn das Vorhaben verstößt gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften (§ 58 Abs. 1 LBO): |
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| Bauplanungsrechtlich ist es nach § 34 BauGB zu beurteilen. Das Baugrundstück lag am 24. Januar 2020 - und liegt auch derzeit - weder im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 BauGB) noch im Außenbereich (§ 35 BauGB). |
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| aa) Anhaltspunkte dafür, dass sich das Wohngebäude seiner Art nach nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen würde, bestehen nicht. Ausweislich der vorliegenden Pläne und Lichtbilder (VGH-Akte Bl. 120-139, VG-Akte Bl. 109-125) befinden sich in der näheren Umgebung des Baugrundstücks überwiegend Wohngebäude, landwirtschaftliche Gebäude (Stall- und Scheunengebäude), ein einzelnes Gästehaus und das ehemalige Rathaus von Lxx-.... In die so geprägte Umgebung fügt sich das Bauvorhaben seiner Art nach jedenfalls ein (§ 34 Abs. 1 BauGB). Auch dann, wenn man annimmt, dass die Eigenart der näheren Umgebung entweder einem allgemeinen Wohngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO) einem Dorfgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO) oder einem Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO) entspricht, wäre ein Wohngebäude der vorliegenden Art dort jedenfalls zulässig. Hiervon gehen auch die Beteiligten nach ihren schriftsätzlichen Ausführungen und ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2021 übereinstimmend aus. |
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| bb) Hinsichtlich des hier allein problematischen Maßes der baulichen Nutzung fügt sich das Bauvorhaben hingegen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. |
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| (1) Bedeutsam für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (BVerwG, Urteil vom 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 17; Urteil vom 23.3.1994 - 4 C 18.92 - juris; Senatsurteil vom 14.7.2000 - 5 S 418/00 - juris Rn. 19). Ein Einfügen ist jedoch nicht schon dann anzunehmen, wenn Vorhaben und Referenzobjekt in einem der genannten Maßfaktoren übereinstimmen. Um zu verhindern, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung einzeln entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in der näheren Umgebung kein Vorbild haben, sind die genannten Faktoren vielmehr kumuliert zu betrachten (BVerwG, Urteil vom 8.12.2016, a.a.O.). |
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| (2) Die für diese Beurteilung maßgebliche „nähere Umgebung“ grenzt sich danach ab, ob und inwieweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und ob und inwieweit die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder beeinflusst, wobei es darauf ankommt, was in der Umgebung tatsächlich vorhanden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.3.2018 - 4 B 60.17 - juris Rn. 7 und Beschluss vom 13.5.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7). Die nähere Umgebung muss für die in § 34 BauGB genannten Kriterien jeweils unterschiedlich festgelegt werden (BVerwG, Beschluss vom 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 9). Bei der Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung eines Grundstücks ist der Umkreis der zu beachtenden vorhandenen Bebauung „in der Regel" enger zu begrenzen als bei der Ermittlung des Gebietscharakters (BVerwG, Beschluss vom 13.5.2014 - 4 B 38.13 - juris Rn. 7; Urteil vom 19. September 1969 - BVerwG 4 C 18.67 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25 S. 58). |
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| Zur Bestimmung der näheren Umgebung und zur Frage des Einfügens hat der Senat durch den Berichterstatter als beauftragten Richter i.S.v. § 96 Abs. 2 VwGO am 14. Januar 2021 einen Augenschein eingenommen und eine Lichtbilderdokumentation gefertigt (vgl. die Niederschrift vom 14. Januar 2021 samt Anlagen). Diese Lichtbilderdokumentation und die Niederschrift des Verwaltungsgerichts vom 10. Juli 2019 samt Anlagen (VG-Akte Bl. 101 bis 125R) über die vom Verwaltungsgericht im Wege des Augenscheins getroffenen Feststellungen - gegen deren Richtigkeit die Beteiligten keine Einwendungen erhoben haben - waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 17. März 2021 und wurden mit den Beteiligten erörtert. Auf dieser Grundlage und ausgehend von den o.g. Grundsätzen bestimmt sich die nähere Umgebung zur Überzeugung des Senats hier wie folgt: |
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| In nördlicher Richtung erstreckt sich die prägende nähere Umgebung aufgrund der Sichtbeziehungen entlang der O...straße bis zu den Gebäuden Nr. 14 und 14a. Die O...straße selbst hat keine trennende Wirkung, zumal sich sämtliche anliegenden Gebäude auf beiden Straßenseiten am Straßenverlauf orientieren und deshalb ein einheitlicher Bebauungszusammenhang vorliegt. Die auf der westlichen Straßenseite - nördlich des Baugrundstücks - befindlichen Schuppengebäude und Gewächshäuser besitzen zwar keine maßstabsbildende Kraft, weil sie - als Nebenanlagen - nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.6.2015 - 4 C 5.14 - juris). Denkt man diese nichtprägenden Gebäude aber hinweg, sind die auf den Grundstücken Flst.-Nr. xx/x und xx/xx liegenden Freiflächen aber nicht geeignet, den Bebauungszusammenhang zu den noch weiter nördlich und östlich der O...straße liegenden Wohngebäuden insgesamt zu unterbrechen. Denn die unbebauten Flächen werden - wie sich auch aus den vorliegenden Lichtbildern ergibt - ihrerseits von der vorhandenen Bebauung geprägt. Der Eindruck einer für die Ortslage zwar typischen aufgelockerten, aber dennoch einheitlichen Bebauung entlang der O...straße bis zu den Gebäuden Nr. 11 und Nr. 14a wird durch die mit nichtprägenden Gebäuden bebauten Flächen nicht beseitigt. Südlich des Baugrundstücks endet die prägende Bebauung an den Wohngebäuden O...straße 1 und 4. Entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts und der Rechtsauffassung der Klägerin entfalten die Gebäude jenseits (südlich) des D... für die Bebauung des Vorhabengrundstücks keine prägende Wirkung mehr. Denn von dort zum Vorhabengrundstück bestehen nur schwache Sichtbeziehungen (vgl. das unmittelbar vom Eingang des Gebäudes „Altes Rathaus“ aus aufgenommene Lichtbild 1, VGH-Akte Bl. 120 sowie Lichtbilder Nr. 1 und Nr. 36, VG-Akte Bl. 109 und 121R). Insbesondere das gegenüber dem D... liegende frühere Rathausgebäude ist hinsichtlich seiner Höhe, Kubatur und Massivität vom Vorhabengrundstück aus nur teilweise wahrzunehmen, zumal die Straße vom Vorhabengrundstück aus gesehen zum D... hin abfällt, eine Linkskurve beschreibt und der Blick deshalb zu dem dominierenden Gebäude O...straße 1 gelenkt wird (vgl. Lichtbild Nr. 1, VG-Akte Bl. 109 und Lichtbilder Nr. 35 und Nr. 36, VG-Akte Bl. 121R). Unabhängig von dem Gesichtspunkt der Sichtbeziehungen liegen die genannten Gebäude südlich des D... auch in zu weiter Entfernung zum Vorhabengrundstück um angesichts der Dominanz des Gebäudes O...straße 1 das Maß der baulichen Nutzung auf dem Vorhabengrundstück noch beeinflussen zu können. |
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| Nach dem Gesamteindruck, den der Senat aufgrund der in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörterten Lichtbildaufnahmen gewonnen hat, kommt den Gebäuden südlich des D... deshalb in Bezug auf das Vorhabengrundstück keine prägende Wirkung mehr zu. Die benachbarten und südlich des Vorhabengrundstücks liegenden Wohngebäude O...straße 1b, 3 und 3a (vgl. Lageplan Behördenakte Bl. 35 und Lichtbild Nr. 39 VG-Akte Bl. 123) sowie das westlich gelegenen Wohngebäude O...straße 5a (Lichtbild Nr. 10, VGH-Akte Bl. 129 und Lichtbilder Nr. 3, Nr. 27, Nr. 28 und Nr. 29, VG-Akte Bl. 109R, Bl. 117R und Bl. 119) prägen hingegen ohne weiteres die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks. |
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| (3) In den so gezogenen Rahmen für die nähere Umgebung fügt sich das Bauvorhaben unter Zugrundlegung der unter (1) genannten Kriterien nicht ein. |
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| (a) Zwar hält es sich bei isolierter Betrachtungsweise hinsichtlich der Grundfläche in dem von der Umgebung vorgeprägten Rahmen. Denn die in der näheren Umgebung vorhandenen Gebäude weisen zumindest vergleichbare Grundflächen auf. Dies ist aus den vorliegenden Lichtbildern in Verbindung mit den in der Behördenakte enthaltenen Lageplänen ohne weiteres ersichtlich. Auch in Bezug auf das Verhältnis der Grundflächen der in der näheren Umgebung vorhandenen Gebäude zu den sie jeweils umgebenden Freiflächen („Baudichte“, vgl. Senatsurteil vom 17.11.1995 - 5 S 2232/95 - juris Rn. 20) überschreitet das Bauvorhaben den von der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen für sich genommen nicht. |
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| (b) An einem „Einfügen“ fehlt es jedoch bei einer Gesamtbetrachtung der Grundfläche mit der „Geschossigkeit“ und Höhe des nach außen hin wahrnehmbar in Erscheinung tretenden Gebäudes. Denn es vermittelt - mit den am 24. Januar 2020 vorhandenen Maßen - den Eindruck eines massiven dreigeschossigen Gebäudes mit zusätzlich sichtbarem Kellergeschoss und ist als solches in der maßgebenden Umgebung ohne Vorbild. Auf die Feinheiten des landesrechtlichen Vollgeschossbegriffs kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das Gebäude als solches in die nähere Umgebung einfügt (BVerwG, Urteil vom 23.3.1994 - 4 C 18.92 - juris Rn. 9). Dass dies nicht der Fall ist, wird besonders deutlich bei einer Annäherung von Süden her, weil das Dachgeschoss des Gebäudes O...straße 5 über einen hohen Kniestock verfügt und die oberste Fensterfront nicht (vollständig) innerhalb der durch die Dachform vorgegebenen Giebelfläche liegt. Hierin liegt ein entscheidender Unterschied zu den Gebäuden O...straße 12 (Lichtbild Nr. 19, VG-Akte Bl. 115) und 14a (Lichtbilder Nr. 21, Nr. 22 und Nr. 24, VG-Akte Bl. 115R und Bl. 117), bei denen die oberste Fensterfront in die Giebelflächen integriert ist. Zudem verfügt das streitgegenständliche Gebäude auf der Nordseite über ein dreigeschossig wirkendes massives Treppengebäude (Lichtbilder Nr. 2 und Nr. 27, VG-Akte Bl. 109 und Bl. 117R) und auf der Südseite über einen Zwerchgiebel, der nicht nur den dreigeschossigen Charakter, sondern auch die Höhe und Massivität des Gebäudes zusätzlich deutlich hervorhebt. Dagegen verfügen die maßgeblichen Umgebungsgebäude entweder über keine oder aber über das Dach lediglich unterbrechende und deshalb das äußere Erscheinungsbild nicht dominierende Dachgaupen. Das Gebäude Oxx-...straße 5 zeichnet sich zudem durch einen sichtbaren, 1,20 m hohen (vgl. VG-Akte Bl. 129) Sockel des Kellergeschosses aus, auf welchem das Erdgeschoss erst aufsetzt (vgl. Lichtbild VGH-Akte Bl. 127R und Lichtbilder Nr. 30 und Nr. 31, VG-Akte Bl. 119R). Dieser Sockel betont die Massivität und Höhe des auch ohne Berücksichtigung des Sockels bereits dreigeschossig erscheinenden Baukörpers noch weiter. Zwar weisen auch benachbarte Gebäude (z.B. O...straße 1, 3, 11, 12 und 14) einen solchen sichtbaren Sockel auf, diese erscheinen aber selbst unter Berücksichtigung des Sockels als maximal zweigeschossig und erheblich weniger massiv. |
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| An der Sichtbarkeit und Wirkung des Kellergeschosses mit Sockel vermag der Hinweis der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nichts zu ändern, dass dieser noch angefüllt werden soll. Denn die von ihr selbst (zuletzt) im Zuge der Nachtragsbaugenehmigung vorgelegten Pläne sehen an der Südostecke des Baugrundstücks zur O...straße hin überdachte Stellplätze vor, was einer Anfüllung in diesem Bereich entgegenstehen dürfte. Zum anderen sollen die Kellerfenster zur O...straße hin nicht mit Lichtschächten versehen und angefüllt werden, sondern frei bleiben (Bauakte D 1500554/B Bl. 219). |
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| Der Senat hat erwogen, ob das Bauvorhaben (vgl. Lichtbild Nr. 42, VG-Akte Bl. 123R) möglicherweise allein schon aufgrund seiner Lage am oberen Teil der O...straße prominent wahrzunehmen ist und ohne diese topographische Besonderheit für sich genommen den von der Umgebungsbebauung gezogenen Rahmen einhalten würde. Jedoch fällt dem objektiven Betrachter auch unter Berücksichtigung der natürlichen Höhenlage des Gebäudes sofort der Unterschied zur Umgebungsbebauung ins Auge, etwa zu den Gebäuden O...-...straße 1, 3, 3a, 4, 5a, 8, 11, 12 und 14, die deutlich niedriger und weniger massiv erscheinen. Insbesondere besteht auch ein signifikanter Unterschied zu dem Gebäude O...straße 14a (Lichtbild Nr. 19, VGH-Akte Bl. 138 und Lichtbilder Nr. 2, Nr. 22, Nr. 23 und Nr. 24, VG-Akte Bl. 115R und 117). Zwar erscheint dieses ebenfalls dreigeschossig, weil das Garagengeschoss als Erdgeschoss betrachtet werden kann und die - ebenso wie bei dem Bauvorhaben straßenseitig vorspringenden - Balkone den Schluss auf ein erstes und zweites Obergeschoss zulassen. Dennoch aber wirkt das Gebäude O...fstraße 14a erheblich weniger massiv, weil die Fensterreihen des 2. Obergeschosses aufgrund des niedrigeren Kniestocks innerhalb der Giebelfläche liegen und das Erdgeschoss - anders als bei dem Bauvorhaben O...straße 5 - nicht zusätzlich noch auf einem sichtbaren Sockel aufsetzt. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass das Gebäude O...-straße 14a unmittelbar an das Gebäude O...straße 14 angebaut ist (vgl. Lichtbilder VGH-Akte Bl. 135 und 136, Lichtbilder Nr. 24 und Nr. 25, VG-Akte Bl. 117). Denn aufgrund ihrer Stellung - Nr. 14a ist zur Straße hin giebelständig und Nr. 14 traufständig - sowie ihrer deutlich unterschiedlichen Höhe und baulichen Gestaltung werden beide Gebäude nicht als einheitlich wahrgenommen. Deshalb fällt auch der Umstand, dass beide Gebäude zusammen für sich genommen über eine größere Grundfläche als das Bauvorhaben verfügen, nicht entscheidend ins Gewicht. |
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| Nach seinem gesamten Erscheinungsbild überschreitet das Bauvorhaben daher den von der Umgebungsbebauung gesetzten Rahmen. |
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| (c) Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ist die dargestellte Überschreitung des vorgegebenen Rahmens hier auch nicht lediglich unwesentlich. Zwar zwingt das Erfordernis des Einfügens nicht zur Uniformität und ist es nicht notwendig, dass ein streitiges Vorhaben den aus der Umgebung abzuleitenden Rahmen exakt einhält (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 21 m.w.N.). Deshalb kommt es nicht maßgeblich darauf an, dass das Vorhaben mit seiner am 24. Januar 2020 vorhandenen First- und Traufhöhe (548,15 m bzw. 545,50 m) von den First- und Traufhöhen der umgebenden Gebäude in unterschiedlichem Maße abweicht (vgl. den Plan „Profil 1“, BA S. 227). Denn diese Abweichungen fallen mit Blick auf die Höhenentwicklung des Geländes und damit der Bebauung entlang der O...dorfstraße für sich genommen nicht entscheidend ins Gewicht, wie sich instruktiv auf dem genannten Plan „Profil 1“ ergibt. Die vorhandene First- und Traufhöhe, welche 1,05 m bzw. 1,40 m höher ist als genehmigt, führt im Rahmen einer Gesamtbetrachtung mit den beschriebenen Besonderheiten (Sockel, Treppenhausanbau, Zwerchgiebel, erhöhter Kniestock) aber dazu, dass sich das Vorhaben insgesamt deutlich massiver darstellt als die Umgebungsbebauung. Aufgrund dessen überschreitet es den von der Umgebungsbebauung gezogenen Rahmen nicht nur marginal. |
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| (4) Auch ein Vorhaben, das den durch seine Umgebung gesetzten Rahmen nicht einhält, kann allerdings ausnahmsweise zulässig sein, wenn es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder zu erhöhen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25.3.1999 - 4 B 15.99 - ZfBR 2000, 68, juris Rn. 4 ff. und vom 4.10.1995 - 4 B 68.95 - NVwZ-RR 1996, 375, juris Rn. 3; Urteil vom 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369, juris Rn. 47; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Auflage, § 34 Rn. 54). Diese Anforderungen sind hier aber nicht erfüllt. Denn in der Nachbarschaft zum Baugrundstück befinden sich noch mehrere unbebaute Innenbereichsgrundstücke. Ausweislich der Angaben des Beklagten und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung liegen zu zweien dieser Grundstücke bereits Voranfragen zur Bebauung mit Mehrfamilienhäusern vor. Hinsichtlich der zulässigen Höhenentwicklung, Kubatur und Massivität dieser in der näheren Umgebung geplanten Gebäude würde das streitgegenständliche Bauvorhaben ersichtlich Maßstäbe setzen und hätte damit Vorbildwirkung. Aber auch dann, wenn es noch keine konkreten Bauvoranfragen gäbe, liegt es - nicht zuletzt mit Blick auf die allgemein bekannte starke Nachfrage nach Wohnraum am Bodensee - auf der Hand, dass für etwaige zukünftige Bauvorhaben in der Nachbarschaft ein Bezugsfall geschaffen wird. |
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| Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin vermag der Umstand, dass die Beigeladene ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet hat und in Bezug auf das Vorhabengrundstück sowie die Nachbargrundstücke zukünftig voraussichtlich Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung gelten werden, nichts am Vorliegen bodenrechtlicher Spannungen zu ändern. Denn das den Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB überschreitende Bauvorhaben müsste auch im Bebauungsplanverfahren jedenfalls im Rahmen der Ermittlung, Bewertung und Abwägung der öffentlichen und der privaten Belange (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3, § 214 Abs. 3 BauGB) als Bestand berücksichtigt und planerisch bewältigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn vergleichbare Bauvorhaben - was nach den Einlassungen der Beigeladenen und dem von ihr vorgelegten Planaufstellungsbeschluss zu erwarten ist - zukünftig in dem Plangebiet unzulässig sein sollen und mithilfe entsprechender Vorgaben zum Maß der baulichen Nutzung die durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Baufreiheit der benachbarten Grundstückseigentümer eingeschränkt werden soll. |
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| (5) Dagegen kann die Unzulässigkeit des Vorhabens - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten in dem Schriftsatz vom 2. März 2021 - nicht damit begründet werden, dass es zwar ggf. den von der Umgebung gebildeten Rahmen einhalte, aber gleichwohl eine negative Vorbildwirkung für andere, gleichartige oder ähnliche Vorhaben nach sich ziehe. Denn der Gesichtspunkt der fehlenden negativen Vorbildwirkung kann, wie unter (4) ausgeführt worden ist, eine Genehmigung zwar ausnahmsweise rechtfertigen, wenn das Vorhaben den durch seine Umgebung gesetzten Rahmen nicht einhält. Umgekehrt kann aber einem Vorhaben, das den Rahmen einhält, eine bauplanungsrechtliche Zulassung nicht mit Blick auf eine dennoch anzunehmende negative Vorbildwirkung versagt werden. Solches ergibt sich insbesondere nicht aus der von dem Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Februar 1984 - 4 C 25.82 -. Dort wurde gerade festgestellt, dass das streitige Vorhaben den durch die nähere Umgebung gebildeten Rahmen nicht einhält (juris Rn. 25). |
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| Im Ergebnis standen der Erteilung der Baugenehmigung damit schon im Zeitpunkt des Eintritts der Erledigung bauplanungsrechtliche Vorschriften entgegen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage muss deshalb ohne Erfolg bleiben. |
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| III. Soweit Beklagter und Beigeladene sich gegen die Aufhebung der verfügten Teilrückbauanordnung mit Zwangsgeldandrohung sowie die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr wenden (Nr. 2 bis 5 der Entscheidung des Landratsamts Konstanz vom 2. August 2016 und Nr. 3 des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 19. Februar 2018), haben ihre Berufungen ebenfalls Erfolg. |
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| 1. Die Anfechtungsklage gegen die Teilrückbauanordnung hat sich nicht erledigt. Denn die Teilrückbauanordnung ist weiterhin wirksam und erzeugt unabhängig davon, dass durch die Veränderungssperre der Anspruch auf Erteilung einer Nachtragsbaugenehmigung entfallen ist (s.o.), weiterhin Rechtswirkung. Sie soll nach wie vor dazu dienen, hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung einen den baurechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand herzustellen. Dieses Ziel ist weiterhin umsetz- und erreichbar. Infolgedessen ist auch die Anfechtungsklage gegen die Teilrückbauverfügung weiterhin zulässig. |
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| 2. Die Voraussetzungen des als Rechtsgrundlage allein in Frage kommenden § 65 Satz 1 LBO für den Erlass einer Abbruchsverfügung liegen hier vor. |
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| a) Die Vorschrift des § 65 Abs. 1 LBO verlangt zunächst, dass die (im Umfang des verfügten Teilrückbaus abzubrechende) Anlage in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde. Maßgeblich für die Illegalität der Anlage ist insoweit der Zeitpunkt des Abschlusses der Bauarbeiten (Senatsurteil vom 15.9.2016 - 5 S 114/14 - juris Rn. 23; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 7. Auflage, § 65 Rn. 22). Die Klägerin verfügte in diesem Zeitpunkt - im Juli 2015, vgl. das Lichtbild in BA Band 1, Bl. 181 - nicht über eine Baugenehmigung für das tatsächlich ausgeführte Vorhaben. Wie oben unter II. 2 c) bereits ausgeführt wurde, ist dieses Bauvorhaben auch materiell nicht genehmigungsfähig, denn es verstieß - und verstößt - gegen die bauplanungsrechtliche Vorschrift des § 34 Abs. 1 BauGB. |
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| b) Rechtmäßige Zustände können hier auch nicht auf andere Weise hergestellt werden. So ist das Bauvorhaben nicht wegen einer Sach- oder Rechtslagenänderung, wie z.B. dem Inkrafttreten eines Bebauungsplans, inzwischen in die Genehmigungsfähigkeit hineingewachsen mit der Folge, dass nunmehr ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung bestünde (hierzu BVerwG, Beschluss vom 6.12.1985 - 4 C 23.83 und 4 C 24.83 - NJW 1986, 1186; Senatsurteil vom 11.7.2017 - 5 S 2067/15 - juris Rn. 31; Sauter, LBO, § 65 Rn. 86). Auch kann die Klägerin nicht die Erteilung einer Ausnahme oder einer Befreiung beanspruchen. Schließlich kommt hier auch keine Verkleinerungsverfügung als Alternativmittel in Betracht, denn die Beklagte hat sich bereits beim Erlass der Abbruchsverfügung darauf beschränkt, der Klägerin lediglich einen Rückbau „im Bereich des Dachgeschosses auf das mit baurechtlicher Entscheidung vom 21.05.2015 genehmigte Maß (Firsthöhe 547,10 m üNN, Traufhöhe 544,10 m üNN)“ aufzugeben. Der Erlass einer bloßen Nutzungsuntersagung steht hier ebenfalls nicht als Alternativmittel zur Verfügung. Denn damit könnte der festgestellte Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BauGB nicht beseitigt werden. |
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| Entgegen ihrer - in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2021 näher dargelegten - Rechtsauffassung hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten kein taugliches Alternativangebot zur Herstellung rechtmäßiger Zustände vorgelegt. Zwar ist in der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs anerkannt, dass die Baurechtsbehörde einem ihr vom Adressaten einer Abbruchsverfügung unterbreiteten Alternativangebot (Austauschangebot) Rechnung tragen muss, wenn dieses so bestimmt und eindeutig unterbreitet wird, dass es geeignet ist, rechtmäßige Zustände wiederherzustellen und dadurch der verfügte Abbruch einer baulichen Anlage unnötig wird (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - juris Rn. 35; Urteil vom 18.12.1995 - 3 S 1298/94 - juris Rn. 37; vgl. auch Sauter, LBO, § 65 Rn. 47). Diese Voraussetzungen liegen hier indes nicht vor. Ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 10. Juli 2019 hat der Geschäftsführer der Klägerin zwar angeboten, dass das Dachgeschoss ein Krüppelwalmdach erhält und in dunkler Farbe ausgestaltet wird, dass der Sockel um 20 cm verkürzt wird und das Erdgeschoss optisch weiter nach unten gezogen und begrünt werden soll. Dieses Angebot hat er jedoch unter die Bedingung gestellt, dass das Krüppelwalmdach „auf dem Sturz“ angebracht wird mit einem 50 cm vorstehenden Dachüberstand. Damit werden rechtmäßige Zustände aber ersichtlich nicht hergestellt. Denn zum einen ist nicht erkennbar, inwiefern ein Krüppelwalmdach, welches nicht bis zur Dachtraufe heruntergezogen wird, sondern „auf dem Sturz“, d.h. über der obersten Fensterreihe angebracht wird, dem Gebäude seine rahmenüberschreitende Höhe und Massivität nehmen würde. Zum anderen bleibt in Ungewissen, inwiefern der bereits hergestellte Sockel des errichteten Hauses um „20 cm verkürzt“ werden könnte. Wie ihre Hinweise auf das „optische Herunterziehen“ des Erdgeschosses und dessen Begrünung zeigen, bezweckt das „Alternativangebot“ der Klägerin letztlich nicht, das Gebäude auf einen noch genehmigungsfähigen Rahmen zurückzuführen. Ihr geht es vielmehr nur darum, die Wahrnehmung des im Wesentlichen (mit Ausnahme des Krüppelwalmdachs) unverändert bleibenden Gebäudes optisch so zu kaschieren, dass der baurechtswidrige Zustand weniger offensichtlich zutage tritt. Dies ist nicht zielführend. |
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| c) Der Beklagte hat sein durch § 65 Satz 1 LBO eröffnetes Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. |
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| (1) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensbetätigung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Beschluss vom 11.8.1992 - 4 B 161.92 - juris Leitsatz 1; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - juris Rn. 18; Urteil vom 17.10.1996 - 8 S 2299/96 - juris Rn. 22; zu § 65 Satz 2 LBO auch Senatsurteile vom 19.10.2009 - 5 S 347/09 - juris Rn. 22 und vom 24.7.2002 - 5 S 149/01 - juris Rn. 22; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 8. Auflage, § 65 Rn. 21). |
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| (a) Bezogen hierauf haben das Landratsamt und das Regierungspräsidium berücksichtigt, dass durch den Abbruch hohe Rückbaukosten entstehen und ein Vermögenswert vernichtet wird. Sie haben diesen Umständen jedoch zu Recht kein überwiegendes Gewicht beigemessen, weil die Klägerin von der erteilten Baugenehmigung abgewichen ist und damit auf eigenes Risiko gebaut hat (vgl. Senatsurteil vom 15.9.2016 - 5 S 114/14 - juris Rn. 43). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin durch die anfallenden Rückbaukosten ggf. in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre, bestehen nicht und sind auch ihrem Vortrag nicht zu entnehmen. Der Beklagte hatte deshalb keine Veranlassung, hierzu entsprechende (Ermessens-)Erwägungen abzustellen. |
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| (b) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin mussten das Landratsamt im August 2016 und das Regierungspräsidium im Februar 2018 bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigen, dass im Januar 2020 die von der Beigeladenen erlassene Veränderungssperre in Kraft getreten ist. Unabhängig davon, dass dieser Umstand hier schon wegen des maßgeblichen Zeitpunkts der letzten Behördenentscheidung unerheblich ist, wäre eine Berücksichtigung auch in der Sache nicht geboten gewesen. Denn die Veränderungssperre hat zwar zur Folge, dass bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen (vgl. deren § 3 und § 14 Abs. 1 Nr. 2 BauGB). Von diesem Verbot wird die bauordnungsrechtliche Beseitigung von Schwarzbauten aber von vornherein nicht erfasst (BVerwG, Urteil vom 11.8.1992 - 4 B 161.92 - juris Rn. 11). Unabhängig davon stellte die Veränderungssperre selbst dann, wenn sie auch für solche bauordnungsrechtlichen Verfügungen gälte, kein unüberwindliches Hindernis für die Umsetzung der Teilrückbauanordnung dar, weil die Baurechtsbehörde im Einvernehmen mit der Beigeladenen ohne weiteres eine Ausnahme gem. § 14 Abs. 2 BauGB zulassen könnte. |
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| (c) Der Klägerin kann auch nicht darin gefolgt werden, dass sich der Beklagte im Rahmen der Ermessensbetätigung mit dem im erstinstanzlichen Verfahren unterbreiteten Alternativvorschlag hätte auseinandersetzen müssen. Abgesehen davon, dass dieser Alternativvorschlag erst nach der letzten Behördenentscheidung aufgekommen ist, war er - wie oben bereits ausgeführt - von vornherein nicht zielführend und hätte deshalb auch im Rahmen der Ermessensbetätigung nicht berücksichtigt werden müssen. |
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| (2) Schließlich gebietet auch die bloße Aussicht, dass - wie hier - in Zukunft möglicherweise das Vorhaben legalisierende Festsetzungen in einem Bebauungsplan ergehen könnten, es nicht, entsprechende Ermessenserwägungen anzustellen (BVerwG, Urteil vom 6.12.1985, a.a.O.). Die ergangene Rückbauverfügung erweist sich daher - entgegen dem Vortrag der Klägerin - nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil „derzeit“ infolge des zwar in Aufstellung befindlichen, aber noch nicht abgeschlossenen Bebauungsplanverfahrens noch gar nicht absehbar ist, ob das Bauvorhaben letztlich gegen materielles Baurecht verstößt. |
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| Der Senat weist darauf hin, dass die Klägerin dann, wenn das Bauvorhaben in der Zukunft aufgrund der Festsetzungen des künftigen Bebauungsplans rechtmäßig errichtet werden dürfte, ggf. eine nachträgliche Änderung der Rechtslage zu ihren Gunsten geltend machen und ein gesondertes Genehmigungsverfahren anstrengen könnte (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG; dazu BVerwG, Urteil vom 11.8.1992 - 4 B 161.92 - juris). Zudem könnte sie eine zwischenzeitlich eingetretene Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens als materiellrechtliche, die Grundverfügung betreffende Einwendung auch der Vollstreckung der Teilrückbauverfügung entgegenhalten (zu den prozessualen Möglichkeiten vgl. Engelhardt/App/Schlatmann, Verwaltungsvollstreckungsgesetz, 11. Auflage 2017, § 18 Rn. 13 m.w.N. und Fliegauf/Maurer, Verwaltungsvollstreckungsgesetz Baden-Württemberg, 2. Auflage 1983, Einleitung Rn. 24 f). |
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| IV. Schließlich hat die Berufung auch Erfolg, soweit sie sich gegen die Aufhebung der Zwangsgeldandrohung (Nr. 4 des Bescheides vom 2. August 2016) und der Gebührenfestsetzungen (Nr. 5 des Bescheides vom 2. August 2016) richtet. |
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| Liegt eine bestandskräftige Rückbauverfügung (Nr. 2 und Nr. 3 des Bescheides vom 2. August 2016) vor, bestehen gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung, welche zulässigerweise mit den Verfügungen unter 2. und 3. der Entscheidung vom 2. August 2016 verknüpft wurde (vgl. § 20 Abs. 2 LVwVG), keine Bedenken. Die Festsetzung der Verwaltungsgebühren für die ergangenen ablehnenden Entscheidungen ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren gegen die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen Einwände vorgebracht. |
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| B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, denn diese hat einen Sachantrag gestellt und ist damit ein Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO); außerdem hat sie das Verfahren durch eigenen Sachvortrag wesentlich gefördert. |
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| C. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. |
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| Beschluss vom 17. März 2021 |
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| Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren wird auf jeweils 74.453,50 Euro festgesetzt. (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG). In Bezug auf die Streitgegenstände „Erteilung einer Baugenehmigung“ (30.000 Euro) und „Teilrückbauverfügung“ (42.250 Euro) folgt der Senat der von den Beteiligten nicht beanstandeten Bewertung des Verwaltungsgerichts für das erstinstanzliche Verfahren. Die im Berufungsverfahren erfolgte Entscheidung über den vom Kläger gestellten Hilfsantrag wirkt hier nicht streitwerterhöhend, weil sie denselben Gegenstand wie den mit 30.000 Euro berücksichtigten Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung betrifft (§ 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG i.V.m. Nr. 1.1.4 und Nr. 1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Die Anfechtungsklage gegen die Gebührenfestsetzung in Nr. 5 des Bescheides des Landratsamts Konstanz vom 2. August 2016 und gegen die Widerspruchsgebühr in Nr. 3 des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Freiburg vom 19. Februar 2018 ist jedoch zusätzlich mit 2.203,50 Euro (1753,50 Euro + 450 Euro) zu bewerten (§ 39 Abs. 1 GKG, § 52 Abs. 3 Satz 1 2. Alt GKG, Nr. 1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Insoweit war der Streitwertfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 21. November 2019 für das erstinstanzliche Verfahren abzuändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG). |
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