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| Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. |
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| Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Aufwendungen für die durchgeführte digitale Volumentomographie und für eine intrakanaläre Diagnostik zu erstatten. Soweit das Verwaltungsgericht dem Kläger für die Leistung „Entfernung alten Wurzelfüllmaterials“ einen Betrag in Höhe von 15,51 EUR nebst Zinsen zugesprochen hat, ist die Berufung unbegründet. Insoweit sind der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 07.11.2019 und der Widerspruchsbescheid vom 10.12.2019 rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen das im Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen geltende Recht anzuwenden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.05.2017 - 2 S 1826/16 - juris Rn. 28; Urteil vom 14.06.2013 - 2 S 246/11 - juris Rn. 27). Die hier zu beurteilende zahnärztliche Behandlung fand im August und September 2019 statt. Maßgeblich ist daher die Satzung der Beklagten in der Fassung der 98. Änderung vom 01.01.2019. |
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| Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a) der Satzung haben die Mitglieder der Beklagten einen Anspruch auf Leistungen in Krankheitsfällen nach §§ 31 bis 42 der Satzung. Dazu gehören auch zahnärztliche Leistungen (§ 32 der Satzung). Aufwendungen sind gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 der Satzung erstattungsfähig, wenn die zugrundeliegenden Maßnahmen medizinisch notwendig waren und die Aufwendungen wirtschaftlich angemessen sind. Gemäß § 30 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a) der Satzung wird die wirtschaftliche Angemessenheit der Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) beurteilt. Nach § 30 Abs. 2 Satz 7 der Satzung müssen die Rechnungen nach den Vorgaben der maßgeblichen Gebührenordnungen - hier der GOZ bzw. der GOÄ i.V.m. § 6 Abs. 2 GOZ - erstellt sein. |
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| Ob eine Maßnahme medizinisch notwendig ist, bestimmt sich nach objektiv medizinischen Kriterien (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 22.02.1968 - II C 11.67 - Buchholz 238.91 BGr 1942 Nr. 10). Auf die subjektive Sicht des Arztes oder des Patienten kommt es demnach nicht an. Die Kosten lediglich nützlicher, aber nicht notwendiger Behandlungen muss der Beihilfeberechtigte bzw. der Versicherte selbst tragen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 30.11.2017 - 14 B 15.2489 - juris Rn. 14). Die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für eine ärztliche Behandlung unterliegt grundsätzlich der gerichtlichen Nachprüfung, auch wenn regelmäßig der Beurteilung des verordnenden Arztes zu folgen sein wird, weil dieser über die erforderliche Sachkunde verfügt (BVerwG, Urteil vom 27.03.2012 - 2 C 46.10 - juris Rn. 13; Beschluss vom 22.08.2018 - 5 B 3.18 - juris Rn. 9). |
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| Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für die digitale Volumentomographie (dazu unter 1.) und für eine intrakanaläre Diagnostik (dazu unter 2.). Er kann jedoch die Erstattung von Aufwendungen für die Entfernung des alten Wurzelfüllmaterials verlangen (dazu unter 3.). |
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| 1. Bei der am 15.08.2019 durchgeführten digitalen Volumentomographie nach GOÄ-Nummern 5370 und 5377 handelt es sich um ein dreidimensionales Schnittbildverfahren unter Nutzung von Röntgenstrahlen, das es unter anderem ermöglicht, räumliche Aufnahmen des Kopfes und insbesondere des Gesichtsschädels zu erstellen (vgl. Wiesener, Deutsches Ärzteblatt 111, Heft 10, 07.03.2014, S. A-415). Ihr Einsatz kann auch in der Endodontie sinnvoll und notwendig sein. Sie ermöglicht die dreidimensionale Darstellung einer komplexen Wurzelanatomie bzw. des Verlaufes der Wurzelkanäle mit komplikationsbehafteten Besonderheiten, wie z.B. Blockaden, Frakturen, präzise Ortung frakturierter Wurzelkanalinstrumente, Perforationen oder atypisch weiter apikaler Foramina (vgl. Liebold/Raff/Wissing, Kommentar zu BEMA und GOZ, GOÄ-Nummern 5370/5377 Anm. 1.2). |
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| Mögliche Indikationen ergeben sich aus der „s2k-Leitlinie Dentale digitale Volumentomographie“ der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde vom 05.08.2013 (abrufbar unter https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/083-005l_S2k_Dentale_Volumentomographie_2013-10-abgelaufen.pdf), auch wenn sie derzeit überarbeitet wird (vgl. Liebold/Raff/Wissing, aaO Anm. 1.2). Davon gehen auch die Beklagte und die vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegte Stellungnahme der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein übereinstimmend aus. |
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| Nach Nummer 5.3 der Leitlinie bietet die dreidimensionale Röntgenbildgebung gegenüber herkömmlichen, zweidimensionalen Verfahren den grundsätzlichen Vorteil, die natürlicherweise vorliegende Dreidimensionalität anatomischer Strukturen ohne Dimensionsverlust wiedergeben zu können. Im Gegensatz zum zweidimensionalen Röntgen, bei dem die Information in Strahlengangrichtung stark reduziert wird, ermöglicht das dreidimensionale Röntgen die Darstellung der abgebildeten anatomischen Strukturen in allen Raumrichtungen. Die räumliche Zuordnung von anatomischen Strukturen wird in drei Dimensionen häufig überhaupt erst möglich. |
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| Von den in der Leitlinie unter Nummer 7.5 für den Bereich der Endodontie genannten möglichen Indikationen kommen hier nach der Stellungnahme der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein nur zwei in Betracht, nämlich „apikale Veränderungen mit klinischer Symptomatik, wenn diese auf zweidimensionalen Aufnahmen nicht detektierbar bzw. räumlich korrelierbar sind“ sowie eine „komplexe Wurzelanatomie und Morphologie (zusätzliche Kanalsysteme, apikaler Chirurgie an OK/UK Molaren UK Prämolaren, Dens invaginatus)“. |
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| Beide liegen hier nicht vor. Soweit es in der Begründung der Rechnung des behandelnden Zahnarztes zu dieser Rechnungsposition heißt: „Dreidimensionale Analyse notwendig zur Darstellung von Strukturen, die mittels zweidimensionaler Röntgendiagnostik nicht erkennbar sind“, handelt es sich hierbei lediglich um eine allgemeine Umschreibung der Vorzüge der dreidimensionalen Bildgebung gegenüber der zweidimensionalen, nicht aber um eine konkrete fallbezogene Indikation. Nicht erläutert wird, welche Strukturen dargestellt werden sollen. Auch die weitere Begründung „unklare Lagebeziehung und Ausdehnung der osseären Lyseareale zur Kieferhöhle bei starker Rezessusbildung“ stellt keine der genannten Indikationen dar, sondern umschreibt - wie von der Beklagten unbestritten vorgetragen - lediglich den Grund für die Behandlung. Von daher ist es nur folgerichtig, dass auch die Stellungnahme der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein keine auf den Einzelfall des Klägers bezogene Indikation benennt, sondern nur allgemein zwei der möglichen Indikationen nach der „Leitlinie Dentale digitale Volumentomographie“ aufzeigt. |
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| Daher hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der ihm hierfür entstandenen Aufwendungen. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens, wie vom Kläger in der Berufungserwiderung angeregt, bedurfte es auch im Hinblick auf den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht, da der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt ist und die rechtlichen Schlussfolgerungen daraus dem Senat obliegen. |
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| 2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für eine intrakanaläre Diagnostik. Eine derartige Leistung ist in der Anlage 1 zu § 4 Abs. 1 GOZ nicht aufgeführt. Auch eine Analogberechnung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ kommt nicht in Betracht. |
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| Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ können selbstständige zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses dieser Verordnung berechnet werden. Eine selbständige zahnärztliche Leistung setzt nach der Definition in § 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ voraus, dass sie nicht Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer bereits im Gebührenverzeichnis der GOZ enthaltenen Leistung ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 05.03.2021 - 5 C 8.19 - juris Rn. 15 f; BGH, Urteil vom 21.01.2010 - III ZR 147/09 - juris Rn. 7; Urteil vom 23.01.2003 - III ZR 161/02 - juris Rn. 10 f.; Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl., § 4 GOZ Rn. 5; siehe auch BR-Drucksache 566/11 vom 21.09.2011, S. 45). Es muss sich mithin um eine Leistung handeln, die nicht lediglich eine unumgängliche, zwingend immer miterbrachte Teilleistung einer anderen Leistung ist. Leistungen, die bereits ganz oder teilweise in der Gebührenordnung für Zahnärzte beschrieben werden, erfüllen dieses Kriterium nicht (Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl., § 6 GOZ Rn. 4). |
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| Nach diesen Maßstäben ist eine intrakanaläre Diagnostik nicht im Wege der Analogberechnung nach § 6 Abs. 1 GOZ abrechenbar. |
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| Für die sogenannte intrakanaläre Diagnostik wird ein Dentalmikroskop (Operationsmikroskop) mit bis zu 40-facher Vergrößerung eingesetzt. Sie erfolgt zeitgleich zur Wurzelkanalaufbereitung (Liebold/Raff/Wissing, Kommentar zu BEMA und GOZ/GOZ unter Analogleistungen/C Konservierende Leistungen/Intrakoronale/intrakanaläre Diagnostik, Anm. 1.2) und wird dabei kontinuierlich fortgesetzt (Arnold et al., Intrakoronale und intrakanaläre endodontische Diagnostik (IKD) in Endodontie 2013; 22(1), S. 9). Ziel ist es, z.B. Isthmen (enge, bandförmige Verbindungen zwischen Wurzelkanälen, die Pulpagewebe beinhalten), Perforationen, Seitenkanäle, Risse, versperrte, verlegte oder verkalkte Wurzelkanäle und Instrumentenfragmente zu entdecken oder im Fall einer Revisionsbehandlung die Ursache für eine mikrobielle Infektion zu ermitteln. So können Risiken vor Abschluss einer Wurzelbehandlung erkannt und dadurch ggf. der Erhalt des Zahnes gewährleistet werden, wenn ohne diese Diagnostikmaßnahme eine ordnungsgemäße Behandlung oder Weiterbehandlung des Zahnes nicht möglich wäre. Auch dient die intrakanaläre Diagnostik dazu, das vom Behandler ausgewählte Therapiekonzept auf seine Wirksamkeit zu überprüfen und ggf. den medizinischen Erfordernissen anzupassen. Auch eine Früherkennung nicht erhaltungsfähiger Zähne (z.B. wegen einer Wurzelfraktur) wird so ermöglicht (vgl. Liebold/Raff/Wissing aaO Anm. 1.2). |
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| Entscheidend ist, dass die Nutzung des Operationsmikroskops bei der Wurzelkanalaufbereitung den Zuschlag nach GOZ-Nummer 0110 auslöst. Da die sogenannte intrakanaläre Diagnostik - wie oben ausgeführt - zeitgleich zur Wurzelkanalaufbereitung erfolgt, geht es in der Sache um die zeitgleiche Nutzung des bereits unterstützend eingesetzten Operationsmikroskops zu diagnostischen Zwecken. Daher ist die Leistung „Nutzung des Operationsmikroskops“ mit GOZ-Nummer 0110 in der Gebührenordnung für Zahnärzte beschrieben und einer Analogberechnung nicht mehr zugänglich. |
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| Auch ist nicht ersichtlich, dass es sich bei der intrakanalären Diagnostik neben der unterstützenden Nutzung des Operationsmikroskops noch um eine selbständige Leistung handeln soll. Alleine die Tatsache, dass der Zahnarzt durch die Nutzung des Operationsmikroskops bei der Wurzelkanalaufbereitung möglicherweise auch noch weitere diagnostische Erkenntnisse gewinnt, genügt hierfür nicht. Es handelt sich um eine medizinische Selbstverständlichkeit, dass ein Arzt seine während der Behandlung durch Befunderhebung oder Diagnostik gewonnenen Erkenntnisse bei der weiteren Behandlung berücksichtigt. Eine gebührenrechtliche Aufspaltung der Nutzung des Operationsmikroskops in einen unterstützenden Teil (gewissermaßen den „unterstützenden Blick“), der nach GOZ-Nummer 0110 vergütet wird, und einen diagnostischen Teil (gewissermaßen den zugleich erfolgenden „diagnostischen Blick“ durch das Operationsmikroskop), der zusätzlich mit einer Analogbewertung berechnet werden kann, ist daher nicht sachgerecht. Mit einem erheblichen Mehraufwand an Zeit, Material oder sonstigen Kosten, der eine zusätzliche Vergütung rechtfertigen könnte, ist der „diagnostische Blick“ nicht verbunden. Es entspricht auch nicht der Systematik der GOZ, jede diagnostische Maßnahme gesondert zu vergüten. |
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| Soweit sich das Verwaltungsgericht zur Stützung seiner Rechtsauffassung auf das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 30.08.2018 (- 323 O 16/15 - juris) beruft, ist dies unbehelflich, denn die Abrechenbarkeit einer intrakanalären Diagnostik war nicht Gegenstand des dortigen Verfahrens. Auch aus den Entscheidungsgründen des vom Verwaltungsgericht zitierten Urteils des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 28.03.2017 (- 8 C 1040/16 - abrufbar unter der Website der Bundeszahnärztekammer https://www.bzaek.de/goz/urteiledatenbank-goz/ urteil/analoge-berechnung-der-intrakoronalen-und-intrakanalaeren-diagnostik-ikd.html) lässt sich nichts für eine Analogberechnung herleiten. Dort wird lediglich ausgeführt, der hinzugezogene Sachverständige habe dargelegt, dass es sich bei einer intrakoronalen und intrakanalären Diagnostik um eine selbständige zahnärztliche Leistung handele, die in der GOZ nicht aufgeführt sei und gemäß § 6 Abs. 1 GOZ mit einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung analog berechnet werden könne. Das überzeugt nicht, denn das Amtsgericht hat mit dieser Begründung die rechtliche Beurteilung nach § 6 Abs. 1 GOZ dem Sachverständigen überlassen. Den Urteilsgründen ist auch nicht weiter zu entnehmen, auf welcher tatsächlichen Grundlage diese rechtliche Bewertung beruht, so dass sie nicht nachvollzogen werden kann. |
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| Auch der Verweis auf die nicht veröffentlichten Urteile der Amtsgerichte München (Urteil vom 30.11.2009 - 242 C 25824/08 -), Erding (Urteil vom 21.04.2010 - 3 C 549/09 -), Dachau (Urteil vom 02.08.2011 - 1 C 1272/10 -) und Fürstenfeldbruck (Urteil vom 19.06.2013 - 8 C 1636/11 -), die eine Analogberechnung angenommen haben, ist nicht geeignet, die Auffassung des Klägers zu stützen. Diese Gerichte konnten zu der entscheidungserheblichen Frage, ob durch die Anwendbarkeit der GOZ-Nummer 0110 die Analogberechnung der sogenannten intrakanaläre Diagnostik ausgeschlossen ist, nicht Stellung nehmen. Die GOZ-Nummer 0110 wurde erst mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte vom 05.12.2011(BGBl I S. 2661) in die ab dem 01.01.2012 gültigen Gebührenordnung für Zahnärzte eingeführt. Die genannten Entscheidungen betrafen jedoch Sachverhalte aus der Zeit vor ihrem Inkrafttreten (siehe Liebold/Raff/Wissing, aaO Anm. 2), und ergingen somit zu einer anderen Rechtslage, die sich von der hier zu beurteilenden maßgeblich unterscheidet. |
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| 3. Der Kläger hat jedoch Anspruch auf Erstattung weiterer 15,21 EUR für die am 15.08.2019 durchgeführte Entfernung alten Wurzelfüllmaterials. Die Maßnahme war unzweifelhaft notwendig, da die erneute Wurzelkanalbehandlung die Entfernung des bereits im Rahmen einer vorangegangenen Wurzelkanalbehandlung eingebrachten Wurzelfüllmaterials erforderlich machte. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der behandelnde Zahnarzt diese in der Anlage 1 zu § 4 Abs. 1 GOZ nicht aufgeführte Leistung dem Grunde nach im Wege Analogberechnung abrechnen durfte. |
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| Es handelt sich um eine selbständige zahnärztliche Leistung, die nicht Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer bereits im Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Zahnärzte enthaltenen Leistung ist. Sie ist nicht Bestandteil der Wurzelkanalaufbereitung nach GOZ-Nummer 2410. Daher steht auch das Zielleistungsprinzip in § 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ der gesonderten analogen Abrechenbarkeit nicht entgegen. |
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| Eine Leistung ist dann Bestandteil einer umfassenderen Leistungsposition, wenn sie nach ihrem technischen Ablauf oder anderen für die Leistungserbringung bestimmenden (methodischen) Faktoren notwendiger- oder typischerweise anfällt, um diese Zielleistung erbringen zu können und damit für diese eine unerlässliche Voraussetzung ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.03.2021 - 5 C 8.19 - juris Rn. 18 mwN). Bei der Aufbereitung eines Wurzelkanals handelt es sich nicht um die umfassendere Leistung gegenüber der Entfernung alten Wurzelfüllmaterials, sondern vielmehr um einen nachfolgenden selbständigen Behandlungsschritt auf dem Wege zur Erreichung des Behandlungszieles, der endgültigen Füllung (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. August 1994 - 6 A 2408/91 - juris Rn. 5 für die Abrechenbarkeit der „Exstirpation der vitalen Pulpa“ nach Nummer 236 GOZ 1987 neben der „Aufbereitung eines Wurzelkanals“ nach Nummer 241 GOZ 1987 mwN). |
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| Dass bei einer Wurzelkanalbehandlung mehrere selbständige Behandlungsschritte abrechenbar sind, zeigt sich auch an der GOZ-Nummer 2440 (Füllung des Wurzelkanals), neben der anerkanntermaßen auch die Wurzelkanalaufbereitung abgerechnet werden kann (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. August 1994 - 6 A 2408/91 - juris Rn. 12). Diese Abrechnung hat die Beklagte auch hier akzeptiert. |
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| Zu diesem Ergebnis kommen auch die Entscheidungen des Amtsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 01.07.2016 - 25 C 2953/14 - juris) und des Amtsgerichts Siegburg (Urteil vom 28. Oktober 2016 - 102 C 118/15 - juris), die jeweils nach sachverständiger Beratung die Entfernung des vorhandenen Wurzelfüllmaterials als selbständige, nach § 6 Abs. 1 GOZ abrechenbare Leistung angesehen haben. Nach den Ausführungen des vom Amtsgericht Düsseldorf hinzugezogenen Sachverständigen bedeutet die Aufbereitung eines Wurzelkanals die Bearbeitung des ihn umkleidenden Wurzeldentins, wobei Dentinmaterial abgetragen und damit der Wurzelkanaldurchmesser erweitert würde. Ferner würden damit auch infizierte Zahnstrukturen abgetragen. Das Wesen der Kanalaufbereitung sei daher nicht die Entfernung von Material aus dem Wurzelkanal, sondern dessen Aufweitung. Eine Wurzelkanalaufbereitung setze einen leeren Wurzelkanal voraus, damit die Wurzelkanalinstrumente überhaupt erst in den Wurzelkanal eingebracht werden könnten. Sei der Wurzelkanal als Sonderfall bereits mit einer Wurzelfüllmasse versorgt, sei seine Aufbereitung nicht möglich. Dann müsse in einem zusätzlichen Arbeitsschritt die bestehende Wurzelfüllung vorab aus dem Zahn entfernt werden (AG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.2016 - 25 C 2953/14 - juris Rn. 28). |
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| Gestützt wird diese Auffassung durch die Feststellungen des Amtsgerichts Siegburg. In dem dortigen Verfahren hat der Sachverständige ausgeführt, die GOZ-Nummern 2360 (Exstirpation der vitalen Pulpa einschließlich Exkavieren, je Kanal) und 2300 (Entfernung eines Wurzelstiftes) zeigten, dass die Entfernung von Materialien und Geweben, die sich im Wurzelkanal befänden, bevor die eigentliche Aufbereitung beginne, eine eigenständige Leistung darstelle (vgl. AG Siegburg, Urteil vom 28. Oktober 2016 - 102 C 118/15 - juris Rn. 32). Auch dies rechtfertigt die Annahme, dass die mit der GOZ-Nummer 2410 abgegoltene Leistung einen leeren Wurzelkanal voraussetzt. |
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| Hinzu kommt, dass sich weder im Leistungstext noch in den Abrechnungsbestimmungen zu GOZ-Nummer 2410 ein Hinweis darauf findet, dass die Entfernung von Materialien und Geweben vor Beginn der eigentlichen Aufbereitung von der Gebühren-Nummer miterfasst ist. |
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| Auch der erhebliche, mit der Entfernung des alten Wurzelfüllmaterials verbundene Aufwand rechtfertigt eine analoge Bewertung. Er besteht im Entfernen des alten Verschlussmaterials, Aufsuchen und Darstellen der mit diesem Material verdichteten ehemaligen Kanaleingänge sowie der kompletten Entfernung der alten Wurzelfüllung (vgl. Liebold/Raff/Wissing, aaO Anm. 2). Die Leistung nach GOZ-Nummer 2410 umfasst demgegenüber nur die mechanische Erweiterung und Reinigung des Wurzelkanals mit dem Ziel der Reduktion von Keimen durch Substanzabtrag (Kommentar der Bundeszahnärztekammer zur GOZ, S. 99 - https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/goz/nov/goz-kommentar-bzaek.pdf). Sie dient mithin der Abtragung von infiziertem Gewebe, der Formgebung und Reinigung der Wurzelkanäle und der Glättung der Kanalwände (Kommentierung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung zur GOZ, S. 74 - https://www.pkv.de/fileadmin/user_upload/PKV/b_Wissen/PDF/GOAE-GOZ/GOZ_Gebuehrenteil.pdf). |
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| Zwar wendet die Beklagte ein, die Entfernung des alten Wurzelmaterials könne über den Steigerungsfaktor berücksichtigt werden. Das sei hier auch geschehen, da die Beklagte den berechneten 3,5-fachen Satz vergütet habe. Der Einwand greift jedoch nicht durch, da der erhöhte Steigerungssatz in der Rechnung mit weiteren Besonderheiten begründet wurde („überdurchschnittlicher Zeitaufwand und Schwierigkeitsgrad aufgrund besonders starker Veränderung des Pulpacavums und des Kanalsystems durch Vorbehandlung, erhebliche Stufenbildung, Dentinüberhänge, Systemkonfluationen, zusätzliche Systeme sowie starke Obliterationen der Isthmen, mikrosonoabrasive Maßnahmen erforderlich, dadurch erhebliche Schwierigkeiten beim Darstellen, Aufbereiten, Desinfizieren und kontinuierlicher Längenmessung des Kanalsystems“), was die Beklagte auch in der Sache nicht beanstandet hat. |
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| Nach welcher Analognummer die Maßnahme abgerechnet werden kann, wird nicht einheitlich beantwortet. Das Amtsgericht Bad Homburg hat die Abrechnung nach GOZ-Nummer 3120 (Resektion einer Wurzelspitze an einem Seitenzahn) für angemessen gehalten (Urteil vom 19.04.2016 - 2 C 2200/14 -), und das Amtsgericht Heidenheim hat GOZ-Nummer 3110 (Resektion einer Wurzelspitze an einem Frontzahn) angewandt (Urteil vom 13.07.2018 - 5 C 1225/17 - beide Urteile n.v., zitiert bei Liebold/Raff/Wissing, aaO Anm. 2). Nach der Auffassung des Amtsgerichts Düsseldorf ist eine Abrechnung nach GOZ-Nummer 2300 (Entfernung eines Wurzelstiftes) angemessen (Urteil vom 01.07.2016 - 25 C 2953/14 - juris Rn. 29). Für eine Anwendung von GOZ-Nummer 2170 (Einlagefüllung, mehr als zweiflächig) hat sich das Amtsgericht Siegburg ausgesprochen (Urteil vom 28. Oktober 2016 - 102 C 118/15 - juris Rn. 32). |
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| Das kann hier offenbleiben. Nach Ansicht des Senats sind die für das Entfernen alten Wurzelmaterials zu erbringenden Leistungen jedenfalls mindestens - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - nach Art, Kosten- und Zeitaufwand mit einer Wurzelkanalaufbereitung nach GOZ-Nummer 2410, die geringer vergütet wird als die übrigen von den oben genannten Gerichten angewandten Analognummern, vergleichbar. Das wird weder vom Kläger noch von der Beklagten - auch nicht hilfsweise - beanstandet. Von daher hat der Kläger Anspruch auf Erstattung weiterer Aufwendungen in Höhe von 15,21 EUR (30 Prozent der 2,3-fachen Gebühr in Höhe von 50,71 EUR). |
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| Die Zinsforderung des Klägers ist ebenfalls begründet. Ihm stehen ab Rechtshängigkeit, die mit der Klageerhebung am 08.01.2020 eingetreten ist (§ 81 Abs. 1, § 90 VwGO), Prozesszinsen zu, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats für öffentlich-rechtliche Geldforderungen unter sinngemäßer Anwendung des § 291 BGB zu entrichten sind, wenn das jeweils einschlägige Fachrecht keine gegenteilige Regelung trifft. Damit wird an die Rechtsauffassung angeknüpft, wonach der Schuldner, auch wenn er in redlichem Glauben, zur Zahlung nicht verpflichtet zu sein, sich auf einen Prozess einlässt, nach dem das gesamte Rechtsleben beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet ist, dem Gläubiger für die Nutzungen Ersatz zu leisten, die er ihm während der Dauer des Prozesses vorenthalten hat. Die Höhe der Prozesszinsen folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.08.2012 - 2 S 1001/12 - juris Rn. 20 mwN; BVerwG, Urteil vom 22.03.1990 - 2 C 33.87 - juris Rn. 24 für Beihilfeleistungen). |
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| Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. |
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| Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 193,58 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG). |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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