| | Der Kläger wendet sich als Eigentümer eines im östlichen Teil der Stadt Crailsheim (Stadtteil Goldbach) liegenden (mit einem Wohnhaus bebauten) Grundstücks gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer (vom Wohnhaus des Klägers 1.918 m entfernten) Windkraftanlage mit einer Nabenhöhe von 140 m und einem Rotordurchmesser von 112,5 m in der östlichen Nachbargemeinde Kreßberg (Gemarkung Waldtann). |
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| | Der Widerspruch des Klägers gegen die (nachträglich mit Bescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 18.08.2020 um waldrechtliche Nebenbestimmungen ergänzte) immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 07.09.2018 hatte ebenso wie der von ihm im Hinblick auf die sofortige Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung angestrengte Eilrechtsschutz keinen Erfolg (vgl. Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.06.2021; zum Eilverfahren vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 17.05.2019 - 13 K 231/19 - sowie die Beschwerdeentscheidung des Senats mit Beschluss vom 15.11.2019 - 10 S 1641/19 -). |
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| | Am 23.07.2021 hat der Kläger beim Verwaltungsgerichtshof Klage erhoben. Zur Klagebefugnis heißt es in der Klagebegründung, diese ergebe sich sowohl aus „klassischen Nachbarbelangen“ als auch „über § 4 UmwRG“. Zur Begründung der Klage rügt der Kläger, das Vorhaben sei UVP-pflichtig, weil die genehmigte Windkraftanlage Teil eines Gesamtkonzepts zur Genehmigung von insgesamt vier bis fünf Windkraftanlagen sei. Außerdem seien Belange des Naturschutzes, der Generalwildwegeplan und der Landschaftsschutz nicht beachtet worden. Zudem liege ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor. Es sei davon auszugehen, dass die in der TA Lärm angegebenen Höchstwerte überschritten würden, obwohl dies von den Investoren und auch deren Gutachterbüro in der Schallprognose abgestritten werde. Die hier vorhandene Entfernung des Hausgrundstücks zum Windpark sei nicht ausreichend, um die Einhaltung der höchstzulässigen Nachtimmissionsrichtwerte zu gewährleisten. Die Vorbelastungen und die Zuschläge für alle Eventualitäten seien zu niedrig angesetzt, nicht berücksichtigt bzw. nicht tatsächlich überprüft worden. Zudem seien keine Zuschläge für eventuelle Ton- und Impulshaltigkeit vergeben worden, die Berechnungen würden auf falscher Grundlage beruhen. Auch seien keine Messungen der vorhandenen Windkraftanlagen vorgenommen worden. Das gesamte Regelwerk beruhe auf Spekulationen und Annahmen, obwohl Messungen der Vorbelastungen möglich seien. Zudem gehe von der Anlage eine optisch bedrängende Wirkung aus. Es dürfe nicht pauschal auf die groben Anhaltswerte zurückgegriffen werden, die in der Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 09.08.2006 - 8 A 3725/05 - entwickelt worden seien. Die dort genannten Abstände stellten lediglich Orientierungswerte dar, die eine bestimmte Würdigung der Umstände des Einzelfalles nahelegen, aber die Einzelprüfung nicht entbehrlich machen würden. |
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| | Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -, |
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| | die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 07.09.2018 in der Fassung des Bescheids des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 18.08.2020 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.06.2021 aufzuheben. |
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| | Der Beklagte und die Beigeladene sind der Klage entgegengetreten und beantragen jeweils, |
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| | Zur Begründung wiederholen sie ihr Vorbringen aus dem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren bzw. verweisen auf den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.06.2021. |
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| | Dem Senat liegen die Akten des Landratsamts Schwäbisch Hall, des Regierungspräsidiums Stuttgart, des Verwaltungsgerichts Stuttgart und des Senats aus dem Beschwerdeverfahren vor. Hierauf sowie auf die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen. |
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| | Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten - der Kläger mit Schriftsatz vom 20.01.2022, die Beigeladene mit Schriftsatz vom 24.01.2022 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 27.01.2022 - ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). |
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| | 1. Dem Kläger fehlt die für die Zulässigkeit einer Klage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis. |
|
| | Nach dieser Vorschrift ist eine Anfechtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den angefochtenen Verwaltungsakt - hier die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zugunsten der Beigeladenen - in seinen Rechten verletzt zu sein. |
|
| | Die Verletzung eigener Rechte muss auf der Grundlage des Klagevorbringens möglich erscheinen. Durch das Erfordernis der Klagebefugnis wird dem Kläger eine subjektivrechtliche Substantiierungslast aufgebürdet. Es muss eine inhaltliche Bewertung möglich sein, ob der Kläger einen eigenen subjektivrechtlichen Bezug zum streitigen Sachverhalt herzustellen vermag. Die bloße Verbalbehauptung einer Rechtsverletzung genügt nicht. Der Kläger muss Tatsachen vortragen, welche die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes und die dadurch bewirkte Verletzung seiner Rechte als jedenfalls denkbar erscheinen lassen. Die Klagebefugnis ist zu verneinen, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (stRspr, vgl. m. w. N. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.09.2020 - 5 S 969/18 - juris). |
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| |
| | Die Vorschrift verbietet dem Betreiber einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage die Verursachung von schädlichen Umwelteinwirkungen und damit entsprechend der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 BImSchG die Verursachung von Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. |
|
| | Ob die vom Kläger gerügten Geräuschimmissionen einer Windkraftanlage eine für den Nachbarn erhebliche, also unzumutbare Belästigung darstellen, bemisst sich grundsätzlich abschließend anhand der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm -, die insbesondere für einzelne in ihrer Nummer 6.1 genannten Baugebiete im Sinne der Begriffsdefinitionen der Baunutzungsverordnung - BauNVO - bestimmte Immissionsrichtwerte vorgibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.2012 - 4 C 8.11 - juris Rn. 18). Dabei lassen sich der TA Lärm auch Anhaltspunkte dafür entnehmen, wann eine unzumutbare Belästigung von vornherein nicht in Betracht kommt bzw. sehr unwahrscheinlich ist (ähnlich OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.06.2018 - 3 M 286/15 - juris Rn. 62; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2017 - 8 A 926/16 - juris Rn. 60 und Beschluss vom 30.01.2018 - 8 B 1060/17 - AUR 2018, 356 = juris Rn. 24 für eine fehlende Klagebefugnis bei einer Unterschreitung des Immissionsschutzrichtwerts durch die Gesamtbelastung von 5 dB(A)). So bestimmt Nummer 2.2 TA Lärm, dass im „Einwirkungsbereich einer Anlage“ nur solche Flächen liegen, in denen die von der Anlage ausgehenden Geräusche einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt (oder Geräuschspitzen verursachen, die den für deren Beurteilung maßgebenden Immissionsrichtwert erreichen); außerhalb des Einwirkungsbereichs einer Anlage sieht die TA Lärm schon gar keine Berechnung von Immissionsprognosen vor (vgl. Nummer 2.3 TA Lärm). Weiter bestimmt die Nummer 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden darf, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist, was in der Regel dann der Fall ist, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. |
|
| | Nachdem im vorliegenden Fall von der Beigeladenen eine (nach dem sog. Interimsverfahren durchgeführte) das Grundstück des Klägers betreffende (das im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vorgelegte Schallgutachten vom 30.03.2018 ergänzende) Schalluntersuchung vom 02.10.2019 vorgelegt wurde, die das klägerische Grundstück als allgemeines Wohngebiet qualifiziert und der zufolge durch die Windkraftanlage eine Zusatzbelastung am Grundstück des Klägers von 29,83 dB(A) zu erwarten ist, hätte der Kläger hier substantiiert darlegen müssen, warum trotz des genannten Ergebnisses eine unzumutbare Lärmbelästigung zumindest möglich sein sollte. |
|
| | Solche Darlegungen lassen sich der Klagebegründung nicht ansatzweise entnehmen (vgl. in diese Richtung auch schon S. 3 und S. 5 f. des Senatsbeschlusses im Eilverfahren vom 15.11.2019 - 10 S 1641/19 -). |
|
| | Der Klagebegründung lässt sich bereits nicht entnehmen, von welchem Richtwert der Kläger für sein Grundstück ausgeht. Die im Gutachten, im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren und auch im Eilverfahren vom Senat zugrunde gelegte Annahme, das Grundstück liege in einem als allgemeines Wohngebiet im Sinne der Nummer 6.1 Buchst. e TA Lärm mit Immissionsrichtwerten von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts zu qualifizierenden Bereich, hat der Kläger nicht in Frage gestellt. |
|
| | Auch die gutachterliche Feststellung einer durch die Windkraftanlage zu erwartenden Zusatzbelastung am Grundstück des Klägers von 29,83 dB(A) stellt die Klagebegründung nicht substantiiert in Frage. Die Angriffe des Klägers gegen die Richtigkeit des Schallgutachtens gehen über bloße nicht näher dargelegte Behauptungen von gutachterlichen Fehlern nicht hinaus. Insbesondere bleibt unklar, warum entgegen der (in der Klagebegründung schon nicht erwähnten) Nummer 3.2.1 Absatz 6 Satz 3 der TA Lärm eine Bestimmung der Vorbelastung hätte erfolgen müssen, warum und in welchem Umfang Zuschläge für eine (in der Nebenbestimmung II. B. 2. des Vorbescheids des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 20.12.2017 der Beigeladenen ausdrücklich untersagten) Ton- und Impulshaltigkeit der Geräusche hätten angesetzt werden müssen und auf welche „vorhandenen Windkraftanlagen“ für angeblich erforderliche Messungen der Kläger Bezug nimmt. |
|
| | b) Auch hinsichtlich des vom Kläger gerügten Verstoßes gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot bzw. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB durch eine „optisch bedrängende Wirkung“ der Windkraftanlage fehlen Ausführungen, die eine Rechtsverletzung zumindest möglich erscheinen lassen könnten. |
|
| | Bereits im Beschwerdeverfahren hat der Senat auf die ständige obergerichtliche Rechtsprechung hingewiesen, der zufolge dann, wenn der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe plus halber Rotordurchmesser) der geplanten Anlage beträgt, von der Anlage in der Regel keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgehen wird (vgl. jew. m. w. N. Senatsbeschluss vom 20.07.2018 - 10 S 2378/17 - NuR 2018, 639 = juris Rn. 29; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.04.2021 - 1 B 10081/21 - juris). Auch im Rahmen des Klageverfahrens macht der Kläger nichts geltend, was den großen Abstand zwischen seinem Wohnhaus und der Windkraftanlage von fast dem Zehnfachen der Gesamthöhe der Windkraftanlage (=196,25 m) auch nur ansatzweise zugunsten der Annahme einer ausnahmsweise belastenden optischen Wirkung relativieren könnte. Seine pauschale Behauptung, an der genannten Rechtsprechung könne angesichts der Höhe moderner Windkraftanlagen nicht mehr festgehalten werden, führt schon deswegen nicht weiter, weil eine größere Höhe einer Windkraftanlage nach der genannten Formel auch zu einem größeren Abstand zwischen Anlage und Wohnbebauung führt. Auch ist es zwar richtig, dass die genannte Vermutungsregel durch eine Einzelfallbetrachtung widerlegt werden kann; der Kläger weist aber auf keinen einzigen Gesichtspunkt hin, der im Rahmen einer solchen Betrachtung zu seinen Gunsten für die Unzumutbarkeit des hier vorhandenen Abstands sprechen könnte. |
|
| | c) Die vom Kläger gerügten Verstöße gegen artenschutzrechtliche Vorschriften, gegen den Generalwildwegeplan und gegen Regelungen des Landschaftsschutzes sind von vornherein ungeeignet, dem Kläger eine Klagebefugnis zu vermitteln. Sie bestehen nicht (zumindest auch) zum Schutz von Individualinteressen des Klägers, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse (vgl. Senatsbeschluss vom 20.07.2018 - 10 S 2378/17 - NuR 2018, 639 = juris Rn. 21 m. w. N.). |
|
| | 2. Auch die Vorschrift § 4 Abs. 3 UmwRG vermag über die dem Kläger fehlende Klagebefugnis nicht hinwegzuhelfen. |
|
| Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung begründet § 4 Abs. 3 UmwRG weder eine (eigenständige) Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO, noch vermittelt es den in § 4 Abs. 1 bis 2 UmwRG genannten Verfahrenserfordernissen aus sich heraus eine drittschützende Wirkung oder lässt gar das Erfordernis des Vorliegens einer Klagebefugnis insgesamt entfallen; die Vorschrift betrifft nur den Umfang der Prüfung der Begründetheit eines zulässigen Rechtsbehelfs, setzt also eine aus anderen Gründen bestehende Antrags- oder Klagebefugnis voraus. Auch das Unionsrecht gebietet es nicht, § 4 Abs. 3 UmwRG so auszulegen, dass es die Berufung auf die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten Verfahrensfehler auch solchen Personen eröffnet, die nicht aufgrund einer möglichen Betroffenheit in einem materiellen Recht klagebefugt sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 04.09.2020 - 3 B 41.19 - NVwZ 2021, 736 und vom 14.11.2018 - 4 B 12.18 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.01.2020 - OVG 6 A 2.18 - juris; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.08.2021 - 5 LA 7/19 juris; Senatsurteil vom 30.09.2021 - 10 S 1956/20 - juris Rn. 50; Senatsbeschluss vom 21.01.2022 - 10 S 2618/21 - juris Rn. 10). |
|
| | Auf den vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler in Form des Unterlassens einer Umweltverträglichkeitsprüfung kommt es mithin nicht an (vgl. zu der hier nicht bestehenden UVP-Pflichtigkeit allerdings den Senatsbeschluss im Eilverfahren vom 15.11.2019 - 10 S 1641/19 -). |
|
| | II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene durch ihre Antragstellung ein eigenes Prozesskostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), waren ihre außergerichtlichen Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 162 Abs. 3 VwGO dem unterlegenen Kläger aufzuerlegen. |
|
| | Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. |
|
| | Beschluss vom 9. März 2022 |
|
| | Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen in den Nummern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt z. B. in Schoch/Schneider, VwGO, unter § 163) auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 29.12.2020 - 10 S 3479/20 - juris). |
|
| | Der Streitwertbeschluss ist unanfechtbar. |
|
| | Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten - der Kläger mit Schriftsatz vom 20.01.2022, die Beigeladene mit Schriftsatz vom 24.01.2022 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 27.01.2022 - ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). |
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| |
| | 1. Dem Kläger fehlt die für die Zulässigkeit einer Klage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis. |
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| | Nach dieser Vorschrift ist eine Anfechtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den angefochtenen Verwaltungsakt - hier die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zugunsten der Beigeladenen - in seinen Rechten verletzt zu sein. |
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| | Die Verletzung eigener Rechte muss auf der Grundlage des Klagevorbringens möglich erscheinen. Durch das Erfordernis der Klagebefugnis wird dem Kläger eine subjektivrechtliche Substantiierungslast aufgebürdet. Es muss eine inhaltliche Bewertung möglich sein, ob der Kläger einen eigenen subjektivrechtlichen Bezug zum streitigen Sachverhalt herzustellen vermag. Die bloße Verbalbehauptung einer Rechtsverletzung genügt nicht. Der Kläger muss Tatsachen vortragen, welche die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes und die dadurch bewirkte Verletzung seiner Rechte als jedenfalls denkbar erscheinen lassen. Die Klagebefugnis ist zu verneinen, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (stRspr, vgl. m. w. N. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.09.2020 - 5 S 969/18 - juris). |
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| | Die Vorschrift verbietet dem Betreiber einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage die Verursachung von schädlichen Umwelteinwirkungen und damit entsprechend der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 BImSchG die Verursachung von Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. |
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| | Ob die vom Kläger gerügten Geräuschimmissionen einer Windkraftanlage eine für den Nachbarn erhebliche, also unzumutbare Belästigung darstellen, bemisst sich grundsätzlich abschließend anhand der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm -, die insbesondere für einzelne in ihrer Nummer 6.1 genannten Baugebiete im Sinne der Begriffsdefinitionen der Baunutzungsverordnung - BauNVO - bestimmte Immissionsrichtwerte vorgibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.2012 - 4 C 8.11 - juris Rn. 18). Dabei lassen sich der TA Lärm auch Anhaltspunkte dafür entnehmen, wann eine unzumutbare Belästigung von vornherein nicht in Betracht kommt bzw. sehr unwahrscheinlich ist (ähnlich OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.06.2018 - 3 M 286/15 - juris Rn. 62; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2017 - 8 A 926/16 - juris Rn. 60 und Beschluss vom 30.01.2018 - 8 B 1060/17 - AUR 2018, 356 = juris Rn. 24 für eine fehlende Klagebefugnis bei einer Unterschreitung des Immissionsschutzrichtwerts durch die Gesamtbelastung von 5 dB(A)). So bestimmt Nummer 2.2 TA Lärm, dass im „Einwirkungsbereich einer Anlage“ nur solche Flächen liegen, in denen die von der Anlage ausgehenden Geräusche einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt (oder Geräuschspitzen verursachen, die den für deren Beurteilung maßgebenden Immissionsrichtwert erreichen); außerhalb des Einwirkungsbereichs einer Anlage sieht die TA Lärm schon gar keine Berechnung von Immissionsprognosen vor (vgl. Nummer 2.3 TA Lärm). Weiter bestimmt die Nummer 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden darf, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist, was in der Regel dann der Fall ist, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. |
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| | Nachdem im vorliegenden Fall von der Beigeladenen eine (nach dem sog. Interimsverfahren durchgeführte) das Grundstück des Klägers betreffende (das im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vorgelegte Schallgutachten vom 30.03.2018 ergänzende) Schalluntersuchung vom 02.10.2019 vorgelegt wurde, die das klägerische Grundstück als allgemeines Wohngebiet qualifiziert und der zufolge durch die Windkraftanlage eine Zusatzbelastung am Grundstück des Klägers von 29,83 dB(A) zu erwarten ist, hätte der Kläger hier substantiiert darlegen müssen, warum trotz des genannten Ergebnisses eine unzumutbare Lärmbelästigung zumindest möglich sein sollte. |
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| | Solche Darlegungen lassen sich der Klagebegründung nicht ansatzweise entnehmen (vgl. in diese Richtung auch schon S. 3 und S. 5 f. des Senatsbeschlusses im Eilverfahren vom 15.11.2019 - 10 S 1641/19 -). |
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| | Der Klagebegründung lässt sich bereits nicht entnehmen, von welchem Richtwert der Kläger für sein Grundstück ausgeht. Die im Gutachten, im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren und auch im Eilverfahren vom Senat zugrunde gelegte Annahme, das Grundstück liege in einem als allgemeines Wohngebiet im Sinne der Nummer 6.1 Buchst. e TA Lärm mit Immissionsrichtwerten von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts zu qualifizierenden Bereich, hat der Kläger nicht in Frage gestellt. |
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| | Auch die gutachterliche Feststellung einer durch die Windkraftanlage zu erwartenden Zusatzbelastung am Grundstück des Klägers von 29,83 dB(A) stellt die Klagebegründung nicht substantiiert in Frage. Die Angriffe des Klägers gegen die Richtigkeit des Schallgutachtens gehen über bloße nicht näher dargelegte Behauptungen von gutachterlichen Fehlern nicht hinaus. Insbesondere bleibt unklar, warum entgegen der (in der Klagebegründung schon nicht erwähnten) Nummer 3.2.1 Absatz 6 Satz 3 der TA Lärm eine Bestimmung der Vorbelastung hätte erfolgen müssen, warum und in welchem Umfang Zuschläge für eine (in der Nebenbestimmung II. B. 2. des Vorbescheids des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 20.12.2017 der Beigeladenen ausdrücklich untersagten) Ton- und Impulshaltigkeit der Geräusche hätten angesetzt werden müssen und auf welche „vorhandenen Windkraftanlagen“ für angeblich erforderliche Messungen der Kläger Bezug nimmt. |
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| | b) Auch hinsichtlich des vom Kläger gerügten Verstoßes gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot bzw. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB durch eine „optisch bedrängende Wirkung“ der Windkraftanlage fehlen Ausführungen, die eine Rechtsverletzung zumindest möglich erscheinen lassen könnten. |
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| | Bereits im Beschwerdeverfahren hat der Senat auf die ständige obergerichtliche Rechtsprechung hingewiesen, der zufolge dann, wenn der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe plus halber Rotordurchmesser) der geplanten Anlage beträgt, von der Anlage in der Regel keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgehen wird (vgl. jew. m. w. N. Senatsbeschluss vom 20.07.2018 - 10 S 2378/17 - NuR 2018, 639 = juris Rn. 29; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.04.2021 - 1 B 10081/21 - juris). Auch im Rahmen des Klageverfahrens macht der Kläger nichts geltend, was den großen Abstand zwischen seinem Wohnhaus und der Windkraftanlage von fast dem Zehnfachen der Gesamthöhe der Windkraftanlage (=196,25 m) auch nur ansatzweise zugunsten der Annahme einer ausnahmsweise belastenden optischen Wirkung relativieren könnte. Seine pauschale Behauptung, an der genannten Rechtsprechung könne angesichts der Höhe moderner Windkraftanlagen nicht mehr festgehalten werden, führt schon deswegen nicht weiter, weil eine größere Höhe einer Windkraftanlage nach der genannten Formel auch zu einem größeren Abstand zwischen Anlage und Wohnbebauung führt. Auch ist es zwar richtig, dass die genannte Vermutungsregel durch eine Einzelfallbetrachtung widerlegt werden kann; der Kläger weist aber auf keinen einzigen Gesichtspunkt hin, der im Rahmen einer solchen Betrachtung zu seinen Gunsten für die Unzumutbarkeit des hier vorhandenen Abstands sprechen könnte. |
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| | c) Die vom Kläger gerügten Verstöße gegen artenschutzrechtliche Vorschriften, gegen den Generalwildwegeplan und gegen Regelungen des Landschaftsschutzes sind von vornherein ungeeignet, dem Kläger eine Klagebefugnis zu vermitteln. Sie bestehen nicht (zumindest auch) zum Schutz von Individualinteressen des Klägers, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse (vgl. Senatsbeschluss vom 20.07.2018 - 10 S 2378/17 - NuR 2018, 639 = juris Rn. 21 m. w. N.). |
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| | 2. Auch die Vorschrift § 4 Abs. 3 UmwRG vermag über die dem Kläger fehlende Klagebefugnis nicht hinwegzuhelfen. |
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| Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung begründet § 4 Abs. 3 UmwRG weder eine (eigenständige) Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO, noch vermittelt es den in § 4 Abs. 1 bis 2 UmwRG genannten Verfahrenserfordernissen aus sich heraus eine drittschützende Wirkung oder lässt gar das Erfordernis des Vorliegens einer Klagebefugnis insgesamt entfallen; die Vorschrift betrifft nur den Umfang der Prüfung der Begründetheit eines zulässigen Rechtsbehelfs, setzt also eine aus anderen Gründen bestehende Antrags- oder Klagebefugnis voraus. Auch das Unionsrecht gebietet es nicht, § 4 Abs. 3 UmwRG so auszulegen, dass es die Berufung auf die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten Verfahrensfehler auch solchen Personen eröffnet, die nicht aufgrund einer möglichen Betroffenheit in einem materiellen Recht klagebefugt sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 04.09.2020 - 3 B 41.19 - NVwZ 2021, 736 und vom 14.11.2018 - 4 B 12.18 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.01.2020 - OVG 6 A 2.18 - juris; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.08.2021 - 5 LA 7/19 juris; Senatsurteil vom 30.09.2021 - 10 S 1956/20 - juris Rn. 50; Senatsbeschluss vom 21.01.2022 - 10 S 2618/21 - juris Rn. 10). |
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| | Auf den vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler in Form des Unterlassens einer Umweltverträglichkeitsprüfung kommt es mithin nicht an (vgl. zu der hier nicht bestehenden UVP-Pflichtigkeit allerdings den Senatsbeschluss im Eilverfahren vom 15.11.2019 - 10 S 1641/19 -). |
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| | II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene durch ihre Antragstellung ein eigenes Prozesskostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), waren ihre außergerichtlichen Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 162 Abs. 3 VwGO dem unterlegenen Kläger aufzuerlegen. |
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| | Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. |
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| | Beschluss vom 9. März 2022 |
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| | Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen in den Nummern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt z. B. in Schoch/Schneider, VwGO, unter § 163) auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 29.12.2020 - 10 S 3479/20 - juris). |
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| | Der Streitwertbeschluss ist unanfechtbar. |
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