Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - DL 16 S 3919/21

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 17. Dezember 2021 – DL 12 K 3582/21 – wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
I.
Der am ... geborene Antragsteller ist seit dem ... als Akademischer Oberrat auf Lebenszeit (Bes.-Gr. A 14) verbeamtet und führt seit dem ... den Titel „außerplanmäßiger Professor“. Zuvor war er ab dem ... bei der Universität ... als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt, vom ... bis zum ... als Juniorprofessor Beamter auf Zeit an der Universität ... und anschließend seit dem ... als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Universitätsklinikum ... beschäftigt. Er leidet an einer Angststörung mit depressiven Episoden und einer Suchtmittelabhängigkeit (Benzodiazepin und Opioide).
Ein gegen den Antragsteller eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung in 12 Fällen (Tatzeitraum 02.08.2015 bis 04.09.2015) wurde, nachdem dieser den Sachverhalt vollumfänglich eingeräumt hatte, mit Verfügung vom 22.01.2016 gegen Auflagen vorläufig und mit Verfügung vom 15.04.2016 endgültig nach § 153a StPO eingestellt (StA ..., ... ... ...). Der Antragsteller hatte in dem genannten Zeitraum Rezepte für das verschreibungspflichtige Schlafmittel Zolpidem gefälscht und diese selbst in verschiedenen Apotheken eingelöst bzw. durch seine Frau einlösen lassen.
Am 04.07.2021, einem Sonntag, hielt sich der Antragsteller in seinem von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten Büro in der ... ... in ...-... auf. Er beschädigte am späten Nachmittag mit einem Feuerlöscher, den er aus dem Dienstgebäude entnahm, ein vor dem Dienstgebäude stehendes Fahrzeug der Antragsgegnerin, indem er den Feuerlöscher mehrfach in eine der hinteren Scheiben des Fahrzeugs warf, wodurch ein Sachschaden in Höhe von 3.293,12 EUR entstand. Im Anschluss verließ er mit seinem Pkw das Universitätsgelände.
Nachdem der Antragsteller von der Polizei in seinem Pkw aufgegriffen wurde, wobei er desorientiert wirkte, eine pulverartige weiße Substanz an seiner Nase anhaftete und er angab, er habe Ketamin und am Vorabend Zolpidem konsumiert, sowie ein ESA-Schnelltest positiv auf Amphetamin reagierte, wurde er aufgrund des Verdachts des Suchtmittelmissbrauchs zur weiteren Abklärung in die ...kliniken verbracht. Sein Büro auf dem Universitätsgelände wurde von der Polizei aufgrund einer richterlichen Anordnung durchsucht. Bei dieser Durchsuchung wurden weiße pulverige Substanzen, Druckverschlusstüten (mit u.a. den Aufschriften MXPR, MXPiR), eine Feinwaage sowie zwei Apothekerflaschen y-Butyrolactone (GBL) gefunden. Der durchgeführte Alkoholtest sowie die Laboruntersuchung der bei ihm entnommenen Blutprobe ergaben jedoch keinen Nachweis auf die Einnahme von Suchtmitteln; es wurden ausschließlich normale bis niedrige therapeutische Dosen verschiedener Medikamente nachgewiesen (siehe hierzu die Befundmitteilung der Forensisch Toxikologischen Centrum GmbH vom 21.07.2021). Der zunächst einbehaltene Führerschein wurde am 20.07.2021 wieder an den Antragsteller herausgegeben. Es wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, welches bei der Staatsanwaltschaft ...-...x unter dem Aktenzeichen ... ... ... geführt wird.
Am 05.07.2021 untersagte das Universitätsklinikum ... dem Antragsteller das Betreten des Gebäudes in der ... ... in ..., wogegen er beim Verwaltungsgericht Sigmaringen um Eilrechtsschutz nachsuchte (Az. x x ...). Das Verfahren wurde durch einen Vergleich beendet, nach welchem das Betretensverbot zum 01.01.2022 aufgehoben wurde.
Der Antragsteller war bis zum 24.08.2021 krankgeschrieben und unterzog sich eigenen Angaben zufolge einem einwöchigen Interventionsprogramm in der Universitätsklinik für Psychiatrie im Universitätsklinikum ....
Mit Schreiben vom 11.08.2021 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Überprüfung seiner Dienstfähigkeit an und ordnete am 30.08.2021 seine amtsärztliche Untersuchung an. Die amtsärztliche Untersuchung ergab, dass der Antragsteller aus medizinischer Sicht in vollem Umfang dienstfähig ist. Die etablierte ambulante Behandlung und die Umstellung der medikamentösen Therapie hätten die seelische Störung zunehmend kompensiert. Eine Nachuntersuchung sei nicht erforderlich (siehe hierzu Schreiben des Gesundheitsamts beim Landratsamt ... vom 27.10.2021).
Bereits am 18.08.2021 leitete der Rektor der Antragsgegnerin aufgrund des Vorfalls vom 04.07.2021 wegen des Verdachts der Begehung eines Dienstvergehens (Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten [§ 34 i.V.m. § 47 BeamtStG] sowie Verstößen gegen strafrechtliche Normen [Sachbeschädigung, § 303 StGB, und Einnahme von Suchtmitteln, §§ 29 ff. BtMG]) ein Disziplinarverfahren ein und setzte es sogleich im Hinblick auf das anhängige strafrechtliche Ermittlungsverfahren aus.
Mit Schreiben des Rektors der Antragsgegnerin vom 19.08.2021, zugestellt am 28.08.2021, wurde der Antragsteller hiervon in Kenntnis gesetzt und ihm unter Hinweis auf § 11 Abs. 2 und 3 LDG Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
10 
Mit weiterem Schreiben des Rektors vom 19.08.2021 – wohl per Einschreiben (ohne Zustellnachweis in den Akten) am 08.09.2021 zugestellt – wurde dem Antragsteller im Wesentlichen mitgeteilt, dass dem Rektor aktuell zur Kenntnis gelangt sei, dass der Antragsteller bereits im September 2015 straf- und disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten sein solle, indem er Rezepte über Zolpidem Ratiopharm 10 mg gefälscht habe. Es sei beabsichtigt, ihn nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LDG vorläufig des Diensts zu entheben, da andernfalls der Dienstbetrieb wesentlich beeinträchtigt wäre. Es stünden weiterhin der Verdacht eines Suchtmittelmissbrauchs sowie die Gefahr wiederholter Straftaten im Raum. Schenke man der [nicht in der Akte befindlichen] Stellungnahme vom 26.08.2021 Glauben, hänge es nur vom Zufall und der Erreichbarkeit eines Therapeuten ab, ob der Antragsteller ein schädigendes Verhalten an den Tag lege. Dieses Risiko könne zum Schutz der Beschäftigten und des Eigentums des Dienstherrn nicht in Kauf genommen werden.
11 
Am 02.09.2021 wurde das Disziplinarverfahren auf die vorgeworfene Rezeptfälschung sowie auf die fehlende Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeiträume vom 15. - 19.07. und 04. - 09.08.2021 (Dienstvergehen gemäß § 68 Abs. 2 LBG) erstreckt. Mit Schreiben des Rektors vom 02.09.2021 – wohl per Einschreiben (ohne Zustellnachweis in den Akten) am 08.09.2021 zugestellt – wurde der Antragsteller hiervon unter Hinweis auf § 11 Abs. 2 und 3 LDG und mit der Gelegenheit zur Äußerung unterrichtet.
12 
Mit Schriftsatz vom 22.09.2021 nahm der Antragsteller zu der beabsichtigten Maßnahme Stellung und führte im Wesentlichen aus, dass im Hinblick auf die Vorfälle vom 04.07.2021 allein zutreffend sei, dass er den Dienstwagen beschädigt habe. Der genaue Hergang sei ihm aufgrund einer in dieser Form noch nie da gewesenen Panikattacke nicht erinnerlich, weswegen es mehr als fraglich sei, inwiefern ihm dieses Verhalten als Dienstvergehen vorgeworfen werden könne. Unabhängig davon rechtfertige die Sachbeschädigung keine vorläufige Dienstenthebung. Die Panikattacke passe zwar in das bei ihm vorhandene Krankheitsbild, stelle sich aber als singuläres Ereignis dar. Eine Wiederholungsgefahr bestehe deswegen und aufgrund der konkret in Aussicht stehenden Psychotherapie so gut wie nicht. Die Annahme, es hänge vom Zufall ab, ob ein schädigendes Verhalten bei ihm auftrete, sei eine böswillige Mutmaßung. Zwei der mutmaßlichen Auslöser, nämlich der Wechsel der Bezugsperson sowie die Ungewissheit einer psychotherapeutischen Begleitung, seien mittlerweile weggefallen. Der Vorwurf, dass er unter dem Einfluss von Suchtmitteln gestanden habe, sei falsch und basiere auf Hörensagen, was sich insbesondere aus der Untersuchung der Blutprobe ergebe. Eine Ermittlung wegen Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz laufe nicht mehr. Unzutreffend sei ferner, dass in seinem Büro erhebliche Mengen illegaler Suchtmittel aufgefunden worden seien. Es habe sich um vor Inkrafttreten der 2. Verordnung zur Änderung der Anlage zum NpSG am 03.07.2021 legal erworbene Ketamin-Derivate gehandelt, mit denen er eine Selbstbehandlung versucht und nunmehr wieder eingestellt habe. Die Vorfälle aus dem September 2015 seien durch ein Telefonat mit seinem ehemaligen Dienstvorgesetzten, Prof. ..., mitgeteilt worden; diese Vorfälle seien mithin bereits 2015 bekannt gewesen. Die Berufung hierauf sei wohl aufgrund des geltenden Beschleunigungsverbots unverhältnismäßig. Seit 2015 seien keine entsprechenden Anschuldigungen mehr erhoben worden. Letztlich sei die beabsichtigte Maßnahme in jeder Hinsicht unverhältnismäßig. Aufgrund der Personalsituation und der laufenden Forschungsvorhaben sei es notwendig, dass er aktiv im Labor arbeite. Andernfalls würde das umfangreichste Projekt zeitlich inakzeptabel verschleppt. Er müsse als Projektleiter jede Charge der synthetisierten mRNA einer Qualitätskontrolle unterziehen und Versuche an und mit Mäusen durchführen. Die Akquirierung von Drittmitteln werde verschleppt und der Ruf geschädigt; seine Gruppe verlöre den Exzellenzstatus. Außerdem sei bereits ein Betretensverbot ausgesprochen worden, was die vorliegende Maßnahme unverhältnismäßig mache; ein Schutz der Beschäftigten erfolge durch die Maßnahme ebenso wenig.
13 
Mit Verfügung des Rektors der Antragsgegnerin vom 23.10.2021 – wohl per Einschreiben (ohne Zustellnachweis in den Akten) zugestellt – wurde der Antragsteller gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LDG vorläufig des Diensts enthoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund der näher dargestellten Sachverhalte vom 04.07.2021 und vom September 2015 der Dienstbetrieb im Fall der Weiterbeschäftigung empfindlich gestört würde. Fortgesetzte Dienstvergehen sowie Straftaten, wie hier unter anderem die begangenen Rezeptfälschungen, die den Straftatbestand des § 267 Abs. 1 StGB erfüllten und mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bewehrt seien, könnten nicht ausgeschlossen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehe in einem solchen Fall ein Orientierungsrahmen bis hin zur Entfernung aus dem Dienst (§ 31 LDG). Nach einem abgeschlossenen Strafverfahren bleibe diese Maßnahme hier möglich und sei zeitlich nicht ausgeschlossen (§§ 34, 35 LDG). Eine konkrete Wiederholungsgefahr bestehe insbesondere wegen der begangenen Rezeptfälschungen, die einen konkreten Bezug zur aktuellen Situation hätten. Bei beiden Dienstvergehen handle es sich um solche, die einen inneren Bezug zur Tätigkeit für das Universitätsklinikum und zum Suchtmittelmissbrauch aufwiesen. Außerdem bestehe wegen des nicht durchgängig zu kontrollierenden Verhaltens eine erhebliche Gefahr für Sachen von bedeutendem Wert und für Personen sowie den Ruf der Universität bzw. des Universitätsklinikums. Entgegen den Ausführungen in der Stellungnahme vom 26.08.2021 ergebe sich aus der ärztlichen Bescheinigung des ehemaligen Hausarztes vom 23.08.2021 gerade nicht, dass mit Vorfällen wie am 04.07.2021 nicht mehr zu rechnen sei. Denn der Antragsteller sei bei diesem nur bis zum 30.06.2021 in Behandlung gewesen und es werde bescheinigt, dass sich in der Vergangenheit bereits schwere Panikattacken ereignet hätten. Der dort geschilderte positive Behandlungsverlauf könne objektiv nicht nachvollzogen werden, nachdem es zu dem Vorfall am 04.07.2021 gekommen sei. Die aufgefundenen Substanzen (MXPR, O-PCE, SD-MXE, 3ME-PCP, MXiPR, y-Butyrolactone) seien solche im Sinne des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes (NpSG), von denen unabhängig von der strafrechtlichen Relevanz ein erhebliches Gefährdungspotential ausgehe. Aufgrund des bestehenden erheblichen Sucht- und Rückfallrisikos, das von den Substanzen ausgehe, seien dem Vorfall vom 04.07.2021 gleichende Vorfälle nicht auszuschließen. Auch das nunmehr eingeleitete Disziplinarverfahren und die daraus resultierende Drucksituation erhöhten die Wiederholungsgefahr, insbesondere weil in der Vergangenheit eine medikamentöse Eigentherapie der ärztlich verordneten Therapiemethode vorgezogen worden sei. Die Maßnahme sei auch nicht unverhältnismäßig. Der Universität sei aufgrund der strafrechtlich relevanten Vorfälle und der Gefährdung des Dienstbetriebs eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar. Die geschilderten Sachverhalte ließen eine durchaus befremdliche Einstellung zur Rechtsordnung und zu den beamtenrechtlichen Pflichten erkennen. Es bestehe ein naheliegendes Risiko einer Wiederholung auch aufgrund der eigenen Einlassung des Antragstellers, wonach sich in Drucksituationen die Gefahr von Panikattacken erhöhe. Weitere Eskalationen könnten nicht ausgeschlossen werden. Zusätzlich werde darauf hingewiesen, dass aufgrund des unberechenbaren Verhaltens des Antragstellers die Forschungsgruppe nur noch aus wenigen Mitarbeitern bestehe und weitere Mitarbeiter die Gruppe aufgrund der Zustände unter seiner Leitung verlassen hätten. Außerdem seien die Dienstgeschäfte in letzter Zeit nur unzureichend wahrgenommen worden, eine Abmeldung bei Arbeitsunfähigkeit erfolge in der Regel nicht. Anträge würden nicht oder nur verspätet gestellt, so dass es bereits Auswirkungen auf das Einwerben von Forschungsgeldern und die Durchführung laufender Projekte gegeben habe.
14 
Am 15.11.2021 erhob der Antragsteller Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen und suchte zugleich um Eilrechtsschutz nach.
15 
Mit Beschluss vom 17.12.2021 ordnete das Verwaltungsgericht Sigmaringen – Disziplinarkammer – die aufschiebende Wirkung der Klage an (... ... ...); mit – noch nicht rechtskräftigem – Gerichtsbescheid vom 10.02.2022 (... ... ...) hob es die Verfügung des Rektors der Antragsgegnerin vom 23.10.2021 auf.
16 
Zur Begründung des Beschlusses vom 17.12.2021 führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen für eine störungsabwehrende vorläufige Dienstenthebung lägen nicht vor. Die von der Antragsgegnerin getroffene Prognose, ein Vorfall wie am 04.07.2021 könne sich jederzeit wiederholen, sei nach dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung, der vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und der Erkenntnisse aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ... ... ..., die zudem nicht ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt worden seien, nicht tragfähig. Die im Zusammenhang mit den Rezeptfälschungen im Jahr 2015 gegen den Antragsteller erhobenen Vorwürfe seien ebenfalls nicht geeignet, aktuell die Prognose weiterer Störungen des Dienstbetriebs zu stützen.
17 
Mit weiterer Verfügung des Rektors der Antragsgegnerin vom 05.01.2022 wurde der Antragsteller gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LDG vorläufig des Diensts enthoben (entfernungsvorbereitende Dienstenthebung). Mit Beschluss vom 10.02.2022 ordnete das Verwaltungsgericht Sigmaringen – Disziplinarkammer – auch die aufschiebende Wirkung der hiergegen am 17.01.2022 erhobenen Klage an (... ... x ...).
18 
Die Antragsgegnerin hat am 23.12.2021 Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.12.2021 eingelegt. Sie macht geltend, die Vorfälle im Jahr 2015 und am 04.07.2021 stünden jeweils mit einem Suchtmittelmissbrauch des Antragstellers in Zusammenhang und hätten den Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt. Entsprechende Störungen seien auch künftig zu erwarten. Dies gelte umso mehr, als der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten wahrheitswidrig behaupten lasse, am 04.07.2021 keine illegalen Suchtmittel konsumiert zu haben. Die in der Ermittlungsakte beschriebenen Ausfallerscheinungen deckten sich nicht mit der Behauptung des Antragstellers, die Vorfälle am 04.07.2021 seien durch eine Panikattacke hervorgerufen worden. Auch die Vorfälle im Jahr 2015 hätten einen Bezug zum Beschäftigungsverhältnis gehabt. Denn der Antragsteller habe die Rezepte dahingehend gefälscht, dass sie als Aussteller (ehemals) im Universitätsklinikum beschäftigte Kollegen auswiesen. Zudem habe der Antragsteller unterschwellig Druck auf Personen aus seinem Umfeld ausgeübt, um seinen Suchtmittelmissbrauch zu fördern, jedenfalls aber zu verdecken. Das Verwaltungsgericht habe seiner Prüfung nach § 80 Abs. 5 VwGO einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt. Da die vorläufige Dienstenthebung kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei, könne ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur Erfolg haben, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung bestünden. Dies sei hier nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht habe gegen den Untersuchungsgrundsatz verstoßen und seine Hinweispflicht verletzt, indem es die strafrechtlichen Ermittlungsakten trotz entsprechenden Antrags nicht beigezogen habe. Die vom Verwaltungsgericht berücksichtigten ärztlichen Bescheinigungen seien nicht geeignet, die Prognose künftiger wesentlicher Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs zu erschüttern. Gegenstand der amtsärztlichen Untersuchung sei allein die Dienstfähigkeit gewesen. Etwa drohende Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs hätte der Amtsarzt mangels ihm zur Verfügung stehender Informationen auch nicht feststellen können. Das Attest des Herrn
...x ... basiere allein auf den Angaben des Antragstellers, ohne eigene Feststellungen zu treffen. Auch das Attest des Herrn ...x ... beschäftige sich nicht mit drohenden Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liege bereits in der Aufbewahrung illegaler Suchtmittel im Büro eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs. Ebenso stelle die Zerstörung von Arbeitsmitteln eine Störung des Dienstbetriebs dar. Schließlich sei aufgrund der Vorgänge im Jahr 2015 die Prognose gerechtfertigt, dass der Antragsteller künftig erneut auf Kollegen einwirken werde, um durch diese an entsprechende Rezepte zu kommen und sie hierdurch in eine prekäre Situation zu bringen, die geeignet wäre, den Dienstbetrieb zu stören.
19 
Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegengetreten.
20 
Dem Disziplinarsenat haben die Personalakte des Antragstellers, die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen zu den Verfahren x x ... und ... ... x ... sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegten Kopien der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten ... ... ... und ... ... ...x vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird hierauf sowie auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens Bezug genommen.
II.
21 
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17.12.2021 ist nach § 2 LDG in Verbindung mit §§ 146 Abs. 1 und Abs. 4, 147 Abs. 1 VwGO zulässig, jedoch nicht begründet. Die von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 2 LDG i.V.m. § 146 Abs. 4
Satz 6 VwGO), geben dem Senat keine Veranlassung, abweichend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen.
22 
Das Verwaltungsgericht hat bei der nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung zu Recht dem Interesse des Antragstellers Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen vorläufigen Dienstenthebung eingeräumt. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auch in disziplinarrechtlichen Angelegenheiten nach dem Landesdisziplinargesetz gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht nach derzeitigem Erkenntnisstand Überwiegendes dafür, dass sich die in der Verfügung vom 23.10.2021 ausgesprochene vorläufige Dienstenthebung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird. Die mit der Beschwerde erhobene Rüge, das Verwaltungsgericht habe einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab angelegt, weil es nicht beachtet habe, dass aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 23 Abs. 5 LDG regelmäßig das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiege und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung in Betracht komme (vgl. zum Prüfungsmaßstab bei gesetzlich angeordneter sofortiger Vollziehung Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2018, § 80 Rn. 146 ff.), geht ins Leere, weil das Verwaltungsgericht aufgrund summarischer Prüfung – zu Recht – zu dem Ergebnis gekommen ist, dass sich die vorläufige Dienstenthebung voraussichtlich als rechtswidrig erweisen wird. Bei ernstlichen Richtigkeitszweifeln ist aber auch in Fällen des gesetzlich bestimmten Sofortvollzugs grundsätzlich die aufschiebende Wirkung anzuordnen (vgl. Puttler, a.a.O.,
Rn. 149 m.w.N.).
23 
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LDG kann die Disziplinarbehörde ab Einleitung des Disziplinarverfahrens den Beamten vorläufig des Dienstes entheben, wenn andernfalls der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die Enthebung im Hinblick auf die Bedeutung der Sache und die zu erwartende Disziplinarmaßnahme verhältnismäßig ist. Die Verfügung über die vorläufige Maßnahme ist dem Beamten zuzustellen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 LDG). Zuständig für eine solche Maßnahme ist nach §§ 7 Abs. 1, 4 Satz 1 Nr. 3 LDG der Dienstvorgesetzte. Dies ist nach § 3 Abs. 3 LBG in Verbindung mit § 3 Abs. 3 BeamtZuVO grundsätzlich der Behördenleiter, hier nach § 11
Abs. 5 Satz 3 LHG der Rektor der Antragsgegnerin.
24 
Die Voraussetzungen für eine störungsabwehrende vorläufige Dienstenthebung sind hier nicht gegeben, weil die materiellen Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LDG nicht vorliegen. Die nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LDG zu prognostizierende und hier von der Disziplinarbehörde angenommene wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs ist voraussichtlich nicht gegeben. Sie lässt sich weder der auch das Disziplinarverfahren enthaltenden Personalakte entnehmen, noch ist sie in der Verfügung selbst dargelegt.
25 
Eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs kann angenommen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass durch die Anwesenheit des Beamten und die von ihm hervorgerufenen disziplinarrechtlich erheblichen Umstände eine sachgerechte Erfüllung der dienstlichen Aufgaben in seiner Dienststelle wahrscheinlich gefährdet würde. Dies kann der Fall sein, wenn der Betriebsfrieden oder die Funktionsfähigkeit der Dienststelle aufgrund irreparabler Spannungen oder eines nicht mehr gegebenen Vertrauensverhältnisses zwischen dem Beamten und den Kollegen seiner Arbeitseinheit nachhaltig gestört würden (Urban, in: Urban/Wittkowski, BDG, 2. Aufl. 2017,
§ 38 Rn. 22). Auswirkungen auf den Dienstbetrieb sind weiterhin zu befürchten, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte mit einer Fortsetzung der Begehung des Dienstvergehens zu rechnen ist (Gansen, in: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: November 2021, § 38 BDG I. 1.7.1.1 Rn. 26). Erforderlich für eine störungsabwehrende vorläufige Dienstenthebung ist eine nähere Darlegung in der Verfügung, in welchen besonderen Umständen im Falle der Weiterbeschäftigung des Beamten die Gefährdung oder Störung dienstlicher Belange liegt. Die vorläufige Dienstenthebung erweist sich dann als ermessensgerecht und verhältnismäßig, wenn ohne sie der Dienstbetrieb oder die ordnungsgemäße Tätigkeit der Verwaltung durch den Beamten empfindlich gestört oder in besonderem Maße gefährdet wäre, was auch unter Berücksichtigung der den Beamten treffenden Belastung festzustellen ist (Wahlen, in: von Alberti/Burr/Düsselberg/Eckstein/Stehle/Wahlen, Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 2021, § 22 LDG Rn. 9; BVerwG, Beschluss vom 01.09.2000 - 1 DB 16.00 -, juris Rn. 11).
26 
Bei der Sachverhaltsaufklärung und der ebenfalls anzustellenden Prognose besteht ein im Vergleich zur (endgültigen) Disziplinarmaßnahme herabgesetzter Maßstab; es bedarf der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer wesentlichen Störung (Urban, in: Urban/Wittkowski, a.a.O., § 38 Rn. 17, 21). Die anzustellende Prognoseentscheidung bedingt jedoch auch bei diesem herabgesetzten Maßstab, dass bereits ein Sachverhalt festgestellt sein muss, aus dem sich ein Verdacht ergibt, der die individuelle, auf den konkreten Fall bezogene Prognose, dass eine Störung des Dienstbetriebs zu erwarten ist, zulässt (vgl. hierzu Wahlen, a.a.O., § 22 LDG Rn. 7 zur entfernungsvorbereitenden Dienstenthebung).
27 
Über den gesetzlichen Wortlaut der Regelung hinaus ist, um eine störungsabwehrende vorläufige Dienstenthebung aussprechen zu können, ein kausaler Zusammenhang zwischen dem mutmaßlichen Dienstvergehen und der zu erwartenden wesentlichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebs zu verlangen. Mithin darf die vorläufige Dienstenthebung nur auf solche Handlungen gestützt werden, die dem Beamten im Rahmen des laufenden Disziplinarverfahrens zur Last gelegt werden. Demgegenüber darf keine vorläufige Dienstenthebung ausgesprochen werden, wenn zwar eine Beeinträchtigung des Dienstbetriebs besteht oder zu befürchten ist, diese jedoch nicht auf dem mutmaßlich begangenen Dienstvergehen des Beamten, sondern auf anderen Umständen, etwa auf dessen allgemeinen persönlichen oder charakterlichen Eigenschaften, beruht (Gansen, a.a.O., § 38 BDG I. 1.7.1.1 Rn. 27).
28 
Die Aussetzung des Disziplinarverfahrens steht der verfügten vorläufigen Dienstenthebung nicht entgegen, da der Zweck der Aussetzung – das Abwarten der Tatsachenfeststellungen in dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren – durch die vorläufige Dienstenthebung nicht konterkariert wird und diese beiden Maßnahmen sich nicht widersprechen. Die vorläufige Dienstenthebung soll vorliegend gerade die ordnungsgemäße Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs sicherstellen und stellt daher ihrem Wesen nach keine Disziplinarmaßnahme dar (vgl. hierzu Gansen, a.a.O., § 38 BDG I. 1.3 Rn. 4).
29 
Allerdings erweist sich die von der Antragsgegnerin getroffene Prognose einer künftigen wesentlichen Beeinträchtigung oder erheblichen Gefährdung des Dienstbetriebs als fehlerhaft.
30 
Entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerin in der angefochtenen Verfügung und in ihrer Beschwerdebegründung lässt sich eine solche Wiederholungsgefahr nicht mit dem Vorfall vom 04.07.2021 begründen. Belastbare Tatsachen, auf die sich eine solche Prognose stützen ließe, sind nicht gegeben. Der Annahme der behaupteten Wiederholungsgefahr steht entgegen, dass der der Disziplinarbehörde bekannte Sachverhalt keine ausreichende Tatsachenbasis für die von ihr angestellte Prognose darstellt. Die Annahme, der Vorfall vom 04.07.2021 basiere auf einem Suchtmittelmissbrauch, erweist sich nach dem Ergebnis der im Ermittlungsverfahren erfolgten Untersuchung der Blutprobe des Antragstellers als nicht tragfähig. Der für die Polizeibeamten zunächst bestehende Verdacht des Suchtmittelmissbrauchs – aufgrund der Pulverrückstände an der Nase und der Aussage des Antragstellers, er habe kurz zuvor das Anästhetikum Ketamin sowie am Abend zuvor Zolpidem konsumiert und des auf Amphetamin positiven Schnelltests – hat sich ausweislich der Blutuntersuchung nicht erhärtet. Er ist vielmehr entkräftet worden. Es wurde weder ein unerlaubter Drogenkonsum bestätigt noch eine übermäßige Medikamenteneinnahme nachgewiesen. Die Konzentration der nachgewiesenen Arzneistoffe Pregabalin, Lorazepam, Bisoprolol, Zolpidem, Promethazin und Citalopram lag jeweils im oder unterhalb des therapeutischen Bereichs. Es ist auch nicht ersichtlich, dass – wie von der Antragsgegnerin vermutet – die Blutuntersuchung nicht ausreichend Stoffe abgedeckt haben könnte. Sie erstreckte sich u.a. auf Amphetamin und auf Ketamin. Beide Substanzen waren indes nicht nachweisbar. Dass das Ergebnis der Blutuntersuchung bezüglich Ketamin nicht aussagekräftig sein könnte, weil der Antragsteller nicht Ketamin, sondern Ketaminderivate konsumiert habe, ist eine bloße Spekulation. Entsprechende Ermittlungen, die ihre Vermutung belegen könnten, hat die Antragsgegnerin nicht durchgeführt. Die im Büro des Antragstellers ausgebreiteten Utensilien und Wirkstoffe können – auch aufgrund der herrschenden Unordnung – genauso aus der von ihm vorgetragenen Panikattacke resultieren. Allein aus der Unordnung und dem Vorhandensein der aufgefundenen Wirkstoffe lässt sich nicht ableiten, dass der Antragsteller am 04.07.2021 Suchtmittel konsumiert hat. Vor dem Erlass einer Verfügung wäre es angesichts des eindeutigen Ergebnisses der Blutuntersuchung Sache der Antragsgegnerin gewesen, weitere Ermittlungen anzustellen (§ 12 LDG) und auf Basis dieser Ergebnisse über den Erlass einer vorläufigen Dienstenthebung zu entscheiden. Die – erstmalige – Aufklärung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Disziplinargericht widerspricht dem vorläufigen Charakter der Maßnahme. Selbst im Hauptsacheverfahren ist bei der vorläufigen Dienstenthebung das Maß der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) beschränkt. Die Rechtmäßigkeit der entfernungsvorbereitenden vorläufigen Dienstenthebung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LDG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 25.02.2021 - 2 B 69.20 -, NVwZ-RR 2021, 540 ; siehe auch Wahlen, a.a.O., § 22 LDG Rn. 7) auf der Grundlage der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorliegenden Erkenntnisse und vorhandenen Ermittlungsergebnisse des Disziplinarverfahrens unter Berücksichtigung und Würdigung der dafür angeführten Beweismittel oder noch zur Auswertung in Betracht kommender Beweismittel zu beurteilen. Maßgebend ist die zu diesem Zeitpunkt bestehende Sach- und Beweislage. Dies schließt die Erhebung und Würdigung sog. präsenter Beweismittel (präsente Zeugen oder sonstige herbeigeschaffte sachliche Beweismittel) ein. Dies muss in gleicher Weise für die vorläufige Dienstenthebung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LDG gelten. Ist schon im Hauptsacheverfahren das Maß der gerichtlichen Aufklärungspflicht in der dargestellten Weise beschränkt, muss dies umso mehr im vorliegenden Eilverfahren gelten.
31 
Die ärztlichen Einschätzungen stehen der Annahme einer Wiederholungsgefahr ebenfalls entgegen, da sich aus diesen ergibt, dass es sich bei dem Vorfall am 04.07.2021 voraussichtlich um ein singuläres Ereignis gehandelt hat. Soweit die Antragsgegnerin meint, dass die ärztlichen Einschätzungen nicht geeignet seien, die Wiederholungsgefahr aus dem Suchtmittelmissbrauch zu widerlegen, verkennt sie, dass auf Basis des bisher (von ihr) festgestellten Sachverhalts eine solche Wiederholungsgefahr bereits nicht angenommen werden kann. Denn die Ausführungen der Ärzte zeichnen – anders als von der Antragsgegnerin angenommen – nicht das Bild einer labilen Persönlichkeit. So führt bereits der Amtsarzt, der aufgrund des Vorfalls am 04.07.2021 mit der Begutachtung des Antragstellers beauftragt worden war, aus, dass dieser derzeit voll dienstfähig sei, die etablierte ambulante Behandlung und die Umstellung der medikamentösen Therapie die seelische Störung zunehmend kompensiert hätten sowie eine Nachuntersuchung nicht erforderlich sei. Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, Untersuchungsgegenstand der amtsärztlichen Untersuchung sei nur die Dienstfähigkeit gewesen, trifft dies zwar zu, führt aber vorliegend nicht weiter, weil sich dem Gutachten jedenfalls keine Anhaltspunkte für die von der Antragsgegnerin angenommene Wiederholungsgefahr entnehmen lassen. Es wäre ihre Aufgabe gewesen, den Untersuchungsauftrag gegebenenfalls weiter zu fassen. Im gerichtlichen Verfahren sind nach dem oben dargelegten Maßstab weitere Ermittlungen nicht veranlasst. Die Aussage, der Amtsarzt habe mangels ihm zur Verfügung stehender Informationen keine Aussagen zu etwa zu befürchtenden Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs durch den Antragsteller treffen können, ist im Übrigen nicht nachvollziehbar, da der Amtsarzt ausweislich des Untersuchungsauftrags sehr wohl über den Vorfall am 04.07.2021 unterrichtet wurde.
32 
Die Einschätzung des stabilen psychischen Zustands des Antragstellers wird bestätigt durch das auf den 25.11.2021 datierende fachärztliche Attest von
...x ..., aus dem sich ergibt, dass es keine Hinweise auf eine drohende Wiederholung der nach Schilderung des Antragstellers einmaligen Episode gibt. Die bestehende Suchterkrankung werde unter anderem mittels Substitution behandelt. Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Dienstfähigkeit seien nicht gegeben. Zwar kann bei der psychischen Erkrankung des Antragstellers eine erneute Panikattacke nicht ausgeschlossen werden (so die Ausführungen von ...x ... im Attest vom 27.11.2021), da es ausweislich des vorgelegten Attests des ehemaligen Hausarztes bereits in der Vergangenheit mehrere Panikattacken gegeben habe, jedoch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die bisherigen Panikattacken zu ähnlichen Auswirkungen wie am 04.07.2021 geführt hätten oder das etwaige künftige Panikattacken derartige Auswirkungen haben könnten.
33 
Auch aus dem Umstand, dass im Büro Suchtmittel aufgefunden wurden, ergibt sich keine Störung des Dienstbetriebs. Es ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass die Gefahr bestand oder besteht, dass diese Stoffe in andere Hände als die des Antragstellers hätten gelangen können oder in Zukunft könnten und damit den Dienstbetrieb gefährdeten. Weder hat die Antragsgegnerin dahingehende Feststellungen getroffen noch ergibt sich dies aus den strafrechtlichen Ermittlungsakten. Allein das Auffinden der bezeichneten Substanzen am 04.07.2021 ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin hierfür nicht ausreichend. Es handelte sich um einen Sonntag und es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich außer dem Antragsteller weitere Beschäftigte der Antragsgegnerin dort aufhielten.
34 
Eine Wiederholungsgefahr lässt sich auch nicht im Zusammenhang mit den Rezeptfälschungen des Antragstellers im Jahr 2015 begründen. Denn es ist nach wie vor nicht aufgezeigt worden oder anzunehmen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Vorfall am 04.07.2021 und den damaligen Rezeptfälschungen besteht. Auch ist nicht dargetan und erscheint daher spekulativ, dass eine Störung des Dienstbetriebs dadurch zu erwarten sein könnte, dass der Antragsteller nach über sechs Jahren erneut versuchen könnte, auf andere Beschäftigte einzuwirken, um durch diese an entsprechende Rezepte zu kommen und hierdurch – sei es durch falsch verstandene Solidarität oder Freundschaft – diese in eine beamtenrechtlich prekäre Situation zu bringen, die geeignet wäre, den Dienstbetrieb zu stören. Der Vorwurf der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe bereits viele Mitarbeiter verloren, basiert – unabhängig von der fehlenden Anhörung hierzu – nicht auf hinreichenden Sachverhaltsfeststellungen, lässt sich den Akten nach auch nicht auf den etwaigen Suchtmittelmissbrauch zurückführen und wird in der Verfügung mehr als Folge der Persönlichkeit des Antragstellers im Allgemeinen begründet; ein Zusammenhang zur Suchtmittelabhängigkeit wird jedenfalls nicht dargestellt. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin pauschal auf eine bestehende Suchtmittelerkrankung hinweist, ohne darzutun, inwieweit ein Missbrauch eines Medikaments – des Schlafmittels Zolpidem –, welcher den Rezeptfälschungen zugrunde lag, und ein vorgeworfener Missbrauch eines Anästhetikums (Ketamin bzw. Ketaminderivate) hinsichtlich der Wirkweisen und damit auch der Abhängigkeit vergleichbar sind. Die pauschale Bezugnahme auf die in den Attesten dargelegte Suchtmittelerkrankung reicht zur Begründung eines Zusammenhangs nicht aus.
35 
Eine Gefährdung von Sachwerten oder des Rufs der Universität lässt sich mangels anzunehmender Wiederholungsgefahr ebenfalls nicht prognostizieren. Soweit die Antragsgegnerin meint, es drohten weitere Sachbeschädigungen und Straftaten, so lässt sich dieser Schluss nach dem bisherigen Sachstand nicht ziehen. Vor allem setzt auch diese Prognose eine ausreichende Tatsachenbasis voraus, die hier derzeit nicht gegeben ist. Ferner ist nicht ersichtlich, inwieweit der fehlende Nachweis der Dienstunfähigkeit durch angebliche teilweise Nichtvorlage von Dienstunfähigkeitsbescheinigungen geeignet sein soll, den Dienstbetrieb zu stören.
36 
Schließlich ist nicht erkennbar, dass die Ermittlungen durch die Anwesenheit des Antragstellers wesentlich beeinträchtigt würden.
III.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 2 LDG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO.
38 
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da die Gerichtskosten streitwertunabhängig sind (Nrn. 214, 220 der Anlage zu § 22 AGVwGO).
39 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 2 LDG in Verbindung mit § 152 Abs. 1 VwGO).

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen