Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - DL 16 S 1567/20

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Dezember 2018 – DL 17 K 12225/17 – geändert.

Die Disziplinarverfügung des Polizeipräsidiums ... vom 04.08.2017 wird geändert. Die monatlichen Bezüge der Klägerin werden für drei Jahre um 5 Prozent vermindert.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Klägerin und der Beklagte tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Die am ... in ... geborene Klägerin trat nach Erlangung der mittleren Reife in den Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes ein und wurde mit Wirkung vom 01.09.2001 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Polizeimeisteranwärterin ernannt. Nach Ablegen der Laufbahnprüfung wurde sie mit Wirkung vom 01.09.2004 zur Polizeimeisterin zur Anstellung ernannt und ihr die Eigenschaft einer Beamtin auf Probe verliehen. Unter dem 18.10.2005 wurde sie nach Ablauf der Probezeit zur Polizeimeisterin ernannt. Am 01.04.2009 wurde ihr die Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit verliehen. Mit Wirkung vom 01.07.2009 wurde die Klägerin zur Polizeiobermeisterin (A 8) ernannt. In der Folge war die aktive Dienstausübung der Klägerin durch mehrere Elternzeiten, Mutterschutz, Urlaub und Erkrankungen unterbrochen. Seit dem 05.09.2009 hat sie den Dienst nicht wieder angetreten. Seit dem Juni 2015 ist sie mit Blick auf das hier streitgegenständliche Disziplinarverfahren vorläufig des Dienstes enthoben.
In der letzten auf aktiver Dienstausübung beruhenden dienstlichen Beurteilung aus dem Jahr 2009 wurde die Klägerin mit insgesamt 4,00 Punkten beurteilt. Es wurde vermerkt, dass sie sich besonders durch Engagement und hohe Belastbarkeit auszeichne.
Die Klägerin wurde im Jahr 2001 im Alter von 17 Jahren Opfer einer schweren Sexualstraftat. Das Landgericht ... ... verurteile den Täter wegen Vergewaltigung und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Zudem wurde sie nach eigenen Angaben als Jugendliche von einem Familienangehörigen sexuell missbraucht. Die Klägerin ist aktuell in zweiter Ehe verheiratet und hat fünf Kinder (geb. 2006, 2009, 2011, 2013 und 2015), mit denen sie in einem Haushalt zusammenlebt. Ihr Ehemann ist Polizeihauptmeister und wird nach dem bayerischen Besoldungsgesetz besoldet. Mit Blick auf das vorliegende Disziplinarverfahren werden von den monatlichen Bezügen der Klägerin derzeit 50 % einbehalten. Nach eigenen Angaben bezieht sie nach jüngstem Wechsel der Steuerklasse monatlich rund 1.000 EUR netto. Sie und ihr Ehemann bedienen einen Immobilienkredit mit monatlich 1.700 EUR.
Mit bestandskräftiger Disziplinarverfügung vom 12.07.2012 wurde der Klägerin wegen Verletzung der Gehorsams- und Wohlverhaltenspflicht durch Nichtbekanntgabe einer Namensänderung, schleppender Bekanntgabe ihrer Erreichbarkeit, schleppender Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Störung des Betriebsfriedens durch falsche Anschuldigungen von Mitarbeitern des Polizeireviers ... eine Geldbuße in Höhe 100 EUR auferlegt.
Mit Verfügung vom 13.06.2014 leitete das Polizeipräsidium ... gegen die Klägerin das streitgegenständliche Disziplinarverfahren ein. Es bestehe der Verdacht, dass sie einen Diebstahl sowie einen versuchten Diebstahl begangen und dadurch u.a. ihre dienstliche Wohlverhaltenspflicht verletzt habe. Die Klägerin wurde auf ihre Rechte nach § 11 Abs. 2 LDG hingewiesen. Zugleich wurde das Disziplinarverfahren gemäß § 13 Abs. 1 LDG bis zum Abschluss des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ausgesetzt.
Mit Strafbefehl vom 17.09.2014 verhängte das Amtsgericht ... gegen die Klägerin wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit versuchtem Diebstahl eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 30 EUR. Dem Strafbefehl lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 05.06.2014 gegen 20:20 Uhr entwendete die Klägerin außerhalb des Dienstes in den Geschäftsräumen der ... ... ... in ... einen Kaffee-Vollautomaten im Wert von 749 EUR, um diesen ohne zu bezahlen für sich zu behalten. Noch am selben Abend kurze Zeit nach der ersten Tat versuchte sie in denselben Geschäftsräumen weitere Waren im Gesamtwert von 289,42 EUR zu entwenden, um auch diese ohne zu bezahlen für sich zu behalten. Da ihr Vorhaben an der Kasse des ...-Marktes bemerkt und sie hierauf angesprochen wurde, hat die Klägerin ihr Vorhaben abgebrochen und sich zurück in den Supermarkt begeben, um sich des Diebesguts zu entledigen, was jedoch durch Einschreiten des Personals verhindert wurde.
Auf den hiergegen gerichteten, auf die Höhe der Tagessätze beschränkten Einspruch der Klägerin verringerte das Amtsgericht die Höhe der Tagessätze mit Beschluss vom 29.10.2014 auf je 10 EUR.
Nach Rechtskraft des Strafbefehls nahm das Polizeipräsidium das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 30.04.2015 wieder auf und dehnte es auf weitere Sachverhalte aus. Zudem hörte es die Klägerin zu einer beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung an.
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Mit Verfügung vom 01.06.2015 enthob das Polizeipräsidium die Klägerin nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 LDG vorläufig des Dienstes. Unter dem 10.08.2015 ordnete es zudem an, dass 30 % ihrer monatlichen Bezüge gemäß § 22 Abs. 2 LDG einbehalten werden.
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Auf ihren Wunsch wurde die Klägerin am 09.03.2016 mündlich angehört. Sie berichtete unter anderem von ihrer familiären Vorgeschichte und der schweren Sexualstraftat. Sie befinde sich seit September 2015 in psychotherapeutischer Behandlung. Sie erläuterte zudem die Vorgänge vom 05.06.2014 und legte Atteste der sie behandelnden Ärztin ... (Psychotherapie und Psychoanalyse) sowie des Facharztes für Allgemeinmedizin ... vor.
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Auf Antrag der Klägerin beauftragte das Polizeipräsidium mit Schreiben vom 11.05.2016 das Psychiatrische Zentrum ... mit der Erstellung eines fachpsychiatrischen Gutachtens zur Beurteilung der Schuldfähigkeit der Klägerin. Unter dem 14.02.2017 erstellten der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. ... und die Assistenzärztin Dr. ... ein 65 Seiten umfassendes Gutachten. Es kommt zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin zur Tatzeit durch einen Partnerkonflikt eine akzentuierte Anpassungsstörung mit allenfalls mittelschwerer depressiv-ängstlicher Symptomatik bestanden habe, die aber sicherlich nicht schwerergradig gewesen sei. Die depressive Symptomatik lasse sich als Ausdruck der Überforderung durch die damalige familiäre und finanzielle Situation einordnen. Die ängstlich-vermeidende Verhaltenskomponente sei entwicklungsbedingt bzw. verstärkt durch die Vergewaltigung 2001, ohne dass die Kriterien einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) von Krankheitswert erfüllt oder die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit dadurch vermindert gewesen seien. Die Symptomatik entspreche allenfalls einer subsyndromalen PTBS bzw. leichten anhaltenden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung vom Ausmaß einer Persönlichkeitsakzentuierung. Bei der Tat, die einen langzeitigen Verlauf gehabt habe und bei der die Klägerin zielgerichtete und geplante Handlungen ausgeführt habe, habe ein dissoziativer Abwesenheitszustand sicherlich nicht bestanden. Anhand sämtlicher Zeugenaussagen wie auch der eigenanamnestischen Angaben der Klägerin lasse sich ersehen, dass die Handlungsfähigkeit und Intentionalität sowie Urteils- und Kritikfähigkeit zum Tatzeitpunkt unbeeinträchtigt gewesen seien und kein Beleg für einen dissoziativen Zustand als schuldfähigkeitsbeschränkendes Moment bestehe.
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Mit Schreiben vom 07.04.2017 nahm die Klägerin zu dem Gutachten Stellung und teilte mit, dass sie sich mittlerweile in Behandlung am Universitätsklinikum ... – Zentrum für psychische Erkrankungen, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie begeben habe. Sie beantragte die Aussetzung des Disziplinarverfahrens zur umfassenden psychiatrischen Behandlung und Aufklärung, hilfsweise die Einholung eines ergänzenden fachpsychiatrischen Gutachtens unter Berücksichtigung der vom Universitätsklinikum gesehenen Aspekte und legte einen Arztbericht des Univ.-Prof. Dr. ... und des Prof. Dr. ... des Universitätsklinikums ... vom 21.03.2017 vor. Sie empfahlen eine (teil)stationäre Psychotherapie und führten aus, es handele sich bei dem Diebstahl eindeutig um eine nur psychodynamisch zu verstehende Übersprungshandlung. Solche Diebstähle fänden nicht selten im Rahmen von Impulskontrollstörungen bei Menschen mit Deprivationserfahrung oder im Rahmen von dissoziativen Zuständen nach Traumaerfahrungen statt. Eine erneute Begutachtung nach der Therapie sei zu empfehlen.
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Mit Schreiben vom 01.06.2017 lehnte das Polizeipräsidium die Anträge der Klägerin auf Aussetzung des Disziplinarverfahrens und ergänzende Begutachtung ab. Mit weiterem Schreiben vom 14.06.2017 übersandte es der Klägerin das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen und hörte sie unter Verweis auf § 20 LDG abschließend an. Es sei beabsichtigt, sie aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
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Die Klägerin hielt in der Folge ihre gestellten Anträge aufrecht und beantragte zudem die Beteiligung der Personalvertretung. Unter dem 14.07.2017 leitete das Polizeipräsidium den Entwurf einer Disziplinarverfügung dem örtlichen Personalrat sowie der Beauftragten für Chancengleichheit zu und unterrichtete diese, dass beabsichtigt sei, die Klägerin aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Einwendungen wurden nicht erhoben.
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Mit Verfügung vom 04.08.2017, zugestellt am 09.08.2017, entfernte das Polizeipräsidium ... die Klägerin aus dem Beamtenverhältnis (Ziffer 1), enthob sie bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens des Dienstes und ordnete den Einbehalt eines Teils der monatlichen Bezüge, namentlich in den ersten drei Monaten in Höhe von 30 %, an (Ziffer 2). Für die Zeit danach gab es der Klägerin zunächst Gelegenheit, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse genauer darzulegen und ordnete schließlich mit gesonderter Verfügung den Einbehalt von 50 % der monatlichen Bezüge an. Das Polizeipräsidium führte zur Begründung der Disziplinarverfügung im Wesentlichen aus, die Klägerin habe durch das strafrechtlich relevante Verhalten außerhalb des Dienstes, für das ihr mit Strafbefehl des Amtsgerichts ... eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen auferlegt wurde, gegen ihre Wohlverhaltenspflicht aus § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen. Die Klägerin habe im Hinblick auf das Dienstvergehen schuldhaft gehandelt. Das eingeholte Gutachten habe ergeben, dass weder die Kriterien für die Anwendung des § 20 StGB noch des § 21 StGB erfüllt seien. Die Ausführungen des Universitätsklinikums ... könnten die Feststellungen des Gutachtens nicht infrage stellen. Die Gutachter hätten unter anderem Anpassungsstörungen mit ängstlich-depressiver Symptomatik, subsyndromale PTBS und Dissoziation untersucht und danach in einer ausführlich begründeten Urteilsbildung das Vorliegen von Schuldunfähigkeit sicher ausgeschlossen. Die Diagnosen und Schlussfolgerungen der Gutachter seien plausibel und nachvollziehbar. Es handele sich um ein schweres Dienstvergehen. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten eine ureigenste Kernpflicht des ihr als Polizeibeamtin anvertrauten Amtes, namentlich die Verhinderung von Straftaten und Verfolgung von Straftätern, verletzt. Im Hinblick auf die besondere Vorbildfunktion der Polizei würden besonders strenge Anforderungen an die Pflichtentreue von Polizeibeamten gestellt. Die Klägerin sei nach den Feststellungen der Ermittlungen mehrmals mit klarer Planung und einem beträchtlichen Maß an Raffinesse vorgegangen. Die Art und Weise der Tatausführungen ließen ein erhebliches Maß an krimineller Energie erkennen. Auch der Wert der rechtswidrig erlangten Waren sei erheblich. Ein derartiges Verhalten gebe begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung der Klägerin für den Polizeiberuf. Die Tat habe Außenwirkung gehabt und dazu geführt, dass ihr die Allgemeinheit nicht mehr das Vertrauen in die pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen könne. Sie sei für den Dienstherrn auch auf anderen Dienstposten nicht mehr tragbar. Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Erschwerend sei zu berücksichtigen, dass es sich um mehrere Taten in Tatmehrheit handele und die Klägerin bereits disziplinarisch in Erscheinung getreten sei.
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Hiergegen hat die Klägerin am 11.09.2017 Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, die Verfügung berücksichtige nicht ausreichend ihre persönliche Vorgeschichte, aus der zumindest eine eingeschränkte Schuldfähigkeit folge. Das eingeholte Gutachten widerspreche diametral den Feststellungen des Universitätsklinikums ... und sei daher weder zu richtigen Diagnosen noch zu der richtigen medizinischen Schlussfolgerung für die Frage der eingeschränkten Schuldfähigkeit gekommen. Die behandelnden Fachärzte des Universitätsklinikums, die hinreichend, wenn nicht sogar besser qualifiziert seien, hätten bei ihr eine PTBS, eine Essstörung mit Adipositas und einen chronischen Spannungskopfschmerz festgestellt. Ferner berichte es aufgrund der im Rahmen der klinischen Anamnese selbstverständlich viel umfangreicher und intensiver durchgeführten Diagnostik von „Flashbacks“, situativ getriggerten Dissoziationen, Vermeidungstendenzen sowie einer vegetativen Symptomatik in Form von Herzrasen in Ruhe, Atemnot mit Brustenge ohne morphologisches Korrelat. Gegenüber ihrem Ehemann träten Angstsymptome auf. Die Erkenntnisse des Gutachtens vom 14.02.2017 würden durch die von ihr vorgelegten Berichte des Universitätsklinikums und ein weiteres fachpsychiatrisches Gutachten vom 27.11.2018 erschüttert. Das behördlich eingeholte Gutachten leide sowohl im Hinblick auf die Durchführung der Untersuchung als auch auf die Schlussfolgerungen an erheblichen Mängeln. Insbesondere sei einzuwenden, dass es Persönlichkeitsabspaltungen gebe, in denen die Steuerungsfähigkeit erhalten bleibe. Darüber hinaus sei nicht der aktuelle Forschungsstand im fachmedizinischen Bereich der Psychotraumatologie zugrunde gelegt worden.
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Die Klägerin hat mit ihrer Klagebegründung weitere fachärztliche Bescheinigungen des Universitätsklinikums ... vom 16.08.2017 im Anschluss an eine mehrwöchige stationäre psychotherapeutische Behandlung und vom 19.01.2018 vorgelegt, in denen die Auffassung geäußert wird, dass aus medizinischer Sicht Anhaltspunkte für eine zum Tatzeitpunkt relevante Einschränkung der Steuerungsfähigkeit vorlägen. Zudem hat sie eine ausführliche Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin ..., der als Oberarzt in der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am Zentrum für Psychiatrie ... tätig ist, vorgelegt. Danach verneine das Gutachten vom 14.02.2017 irrtümlich das Vorliegen einer PTBS. Die Ausführungen der Gutachter zu dissoziativen Störungen seien veraltetes Lehrbuchwissen und spiegelten die fehlende Auseinandersetzung mit der modernen Psychotraumatologie wider. Es sei nicht ausschließbar, dass die medizinischen Voraussetzungen einer eingeschränkten Steuerungsfähigkeit vorgelegen hätten.
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Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten. Soweit die Klägerin geltend mache, dass ihre Vorgeschichte im Zusammenhang mit der gegen sie gerichteten Vergewaltigung nicht hinreichend gewürdigt worden sei, treffe dies nicht zu. Es bestehe kein Grund, an den Feststellungen und Ergebnissen des Gutachtens vom 14.02.2017 zu zweifeln. Der vor Erlass der Disziplinarverfügung vorgelegte dreiseitige Arztbericht vom 21.03.2017 sei nicht geeignet, die Ergebnisse des Gutachtens zu erschüttern. Zwar werde dort eine PTBS diagnostiziert, dies allerdings lediglich pauschal und aufgrund der Schilderung durch die Klägerin. Die dortigen Ausführungen seien nicht näher belegt und beschränkten sich auf bloße Annahmen. Das Gutachten vom 14.02.2017 habe fundiert und nachvollziehbar hergeleitet, dass eine Dissoziation aufgrund des Tatablaufs (sehr zielgerichtetes und situationsangepasstes Verhalten) gerade auszuschließen sei. Die erst im Klageverfahren vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen führten zu keinem anderen Ergebnis.
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Mit Urteil vom 14.12.2018 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die auf § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG beruhende Disziplinarverfügung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie habe ein schweres Dienstvergehen begangen, indem sie am 05.06.2014 einen Kaffee-Vollautomaten gestohlen sowie einen weiteren Diebstahl versucht habe. Hierdurch habe sie das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung endgültig verloren. Die angegriffene Disziplinarverfügung sei in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Es sei nicht ersichtlich, dass das Polizeipräsidium mit dem angegriffenen Bescheid den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt habe. Insbesondere habe sie ausreichend Gelegenheit gehabt, sich zu ihrer persönlichen Vorgeschichte zu äußern. Ferner sei die Verfügung ausreichend begründet worden. Insbesondere würden die entsprechenden Tatsachen, die das Dienstvergehen begründeten, nach Zeit, Ort und Begehensweise aufgeschlüsselt. Auch der persönliche Werdegang der Klägerin werde ausreichend beschrieben. Einer genaueren Begründung, insbesondere zu dem weiteren von ihr behaupteten sexuellen Missbrauch durch einen nahestehenden Verwandten, den Details der Sexualstraftaten, zu ihrer ärztlichen Behandlung bzw. zu den Konsequenzen für ihre Schuldfähigkeit habe es nicht bedurft, da es hierauf für die Verfügung nicht angekommen sei. Diese stütze sich auf das fachpsychiatrische Gutachten vom 14.02.2017, wonach zum Zeitpunkt des Dienstvergehens trotz des wahrscheinlichen Vorliegens einer Anpassungsstörung und trotz bestehender einzelner Kriterien einer insgesamt als nicht krankheitswertig einzustufenden PTBS gerade keine dissoziative Störung von Krankheitswert und kein schwerer, die Steuerungsfähigkeit in höherem Ausmaß beeinträchtigender psychischer Zustand bei der Klägerin nachgewiesen habe werden können. Vor dem Hintergrund des eingeholten Gutachtens sei auch eine Vernehmung der Psychotherapeutin ...-... nicht erforderlich gewesen, so dass ein Verstoß gegen die umfassende Ermittlungspflicht nicht vorliege. Die Verfügung sei auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Das Gericht sei insbesondere davon überzeugt, dass die Klägerin schuldhaft die ihr obliegenden Pflichten verletzt habe und das Polizeipräsidium sie aus dem Beamtenverhältnis habe entfernen müssen. Sie sei zum Zeitpunkt des Dienstvergehens weder schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB noch eingeschränkt schuldfähig gemäß § 21 StGB gewesen. Dies ergebe sich aus dem eingeholten fachpsychiatrischen Gutachten vom 14.02.2017, wonach zur Tatzeit durchaus eine mittelgradige Anpassungsstörung mit depressiv-ängstlicher Symptomatik bestanden habe, die aber sicherlich nicht schwerergradig gewesen sei. Die Kriterien einer PTBS von Krankheitswert seien zur Tatzeit nicht erfüllt gewesen. Schwergradige Dissoziationen könnten durchaus Einfluss auf die Schuldfähigkeit im Sinne einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung haben. Gegen deren Vorliegen spreche hier jedoch, dass die Klägerin bei der Tat derart zielgerichtete und geplante Handlungen ausgeführt habe, wie sie mit einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung in dissoziativen Zuständen nicht zu vereinbaren seien. Anhand sämtlicher Zeugenaussagen wie auch der eigenanamnestischen Angaben der Klägerin lasse sich ersehen, dass die Handlungsfähigkeit und Intentionalität sowie Urteils- und Kritikfähigkeit als unbeeinträchtigt angesehen werden müssten und kein Beleg für einen dissoziativen Zustand als schuldfähigkeitsbeschränkendes Moment bestehe. Eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung in Form von Dissoziationen sei auszuschließen und könne auch nicht aufgrund der Citalopram-Einnahme bzw. dessen Absetzen entstehen. Die Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens bzw. einer gutachterlichen Stellungnahme etwa durch die Psychotherapeutin der Klägerin sei nicht angezeigt und nicht erforderlich. Das Gutachten weise keine groben, offen erkennbaren Mängel bzw. keine unlösbaren Widersprüche auf und gehe nicht von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen aus. Auch bestünden keine Zweifel an der Sachkunde und Unparteilichkeit der Autoren des Gutachtens. Hieran vermöge auch der nicht weiter substantiierte Einwand der Klägerin nichts zu ändern, die Anamnese des Universitätsklinikums ... sei viel umfangreicher und intensiver gewesen, bzw. die universitären Fachärzte seien womöglich besser qualifiziert. Das umfassende Gutachten sei auf eine gründliche Analyse der Straftaten gestützt und lege die Anknüpfungs- und Befundtatsachen detailliert dar. Das Gutachten komme nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Anpassungsstörung mit depressiv-ängstlicher Symptomatik durchaus ein mittelgradiges Ausmaß erreicht habe, aber sicherlich zur Tatzeit nicht schwerergradig gewesen sei. Vielmehr lasse sich die depressive Symptomatik als Ausdruck von Überforderung durch die damalige familiäre und finanzielle Situation einordnen und die ängstlich vermeidende Verhaltenskomponente als entwicklungsbedingt bzw. als verstärkt durch die Vergewaltigung, ohne dass sich zum Tatzeitpunkt die Kriterien einer PTBS von Krankheitswert als erfüllt ansehen ließen. Eindringliche Erinnerungen des Traumaerlebnisses aus dem Jahr 2001 träten ausschließlich in der Situation des In-die-Enge-getrieben-Werdens auf und nicht spontan. Es bestünden keine typischen Flashbacks oder wiederkehrende unspezifische Trigger dafür. Im Gegenteil gelinge es der Klägerin gut, Situationen zu vermeiden, die solche Traumaerinnerungen beförderten. Dies stelle einen reifen Bewältigungsprozess dar. Bei der Tat selbst habe ein dissoziativer Abwesenheitszustand nicht bestanden. Die Diagnosen und Schlussfolgerungen der Gutachter seien plausibel und nachvollziehbar. Demgegenüber erwiesen sich die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Schreiben als wenig substantiiert. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Fähigkeit der Klägerin, das Unrecht der Taten einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat vermindert gewesen sein sollte, wäre ihre Einsichtsfähigkeit jedenfalls nicht erheblich im Sinne des § 21 StGB gemindert gewesen. Diese Rechtsfrage beantworte die Kammer, ohne an die Einschätzung der Sachverständigen gebunden zu sein unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände zu Lasten der Klägerin. Die Taten stünden in einem diametralen Widerspruch zu ihrer polizeilichen Kernpflicht, Straftaten zu verhindern und das Eigentum zu schützen. Vor diesem Hintergrund sei die Pflicht der Klägerin, als Polizeibeamtin keinen Diebstahl zu begehen, für sie dem Grunde nach leicht einsehbar. Selbst wenn der Klägerin eine verminderte Schuldfähigkeit zuzubilligen sei, wäre dieser Umstand hier nicht geeignet, eine mildere Maßnahme zu rechtfertigen. Gegen die Minderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Klägerin zum Zeitpunkt des Dienstvergehens in einer Weise, dass sie nicht mehr in der Lage gewesen sei, zwischen ihrem und fremdem Eigentum zu unterscheiden, spreche vielmehr bereits ihr in hohem Maße zielgerichtetes Vorgehen. Dass die Taten bei laufender Überwachungskamera und möglicherweise in Kenntnis dieses Umstands geschehen seien, indiziere nichts Gegenteiliges. Gleiches gelte im Hinblick auf die von der Klägerin behauptete eheliche Krise, selbst wenn ihr Ehemann unmittelbar vor dem Dienstvergehen bei ihr eine Situation des In-die-Enge-getrieben-Werdens herbeigeführt haben sollte. Die Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe ein einheitlich zu bewertendes Dienstvergehen begangen, indem sie schuldhaft gegen ihre beamtenrechtliche Pflicht zu einem Verhalten, das der Achtung und dem Vertrauen gerecht werde, die der Beruf erfordere, aus § 34 Satz 3 BeamtStG und gegen die ihr obliegende Pflicht, das Recht zu achten (§ 47 Abs. 1 LBG), verstoßen habe. Dass es sich bei dem festgestellten Sachverhalt um außerdienstliches Verhalten gehandelt habe, stehe der Einordnung als Dienstvergehen nicht entgegen, da es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet sei, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Ein Polizeibeamter, der selbst Straftatbestände verwirkliche, stelle seine Eignung, für die Wahrung von Recht und Gesetz einzutreten und die Kriminalität zu bekämpfen, nachhaltig in Frage. Nicht zu beanstanden sei auch die Bewertung des Dienstvergehens durch die Disziplinarbehörde als schwer. Durchgreifende Milderungsgründe lägen nicht vor. Insbesondere sei zum Zeitpunkt des Dienstvergehens kein einmaliges persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen gegeben gewesen. Die Klägerin habe hier schon deshalb nicht nur einmalig versagt, weil ihr Versagen aus verschiedenen Teilakten in strukturierter und jedenfalls zum Teil zielgerichtet geplanter Abfolge bestanden habe, die sich zeitlich über einen nicht unerheblichen Zeitraum erstreckt habe.
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Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 19.05.2020 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.
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Zur Begründung ihrer Berufung hat die Klägerin mit innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz auf ihre umfangreichen Ausführungen im Zulassungsverfahren Bezug genommen sowie die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens angeregt. Zur Begründung ihres Zulassungsantrags hatte sie im Wesentlichen ausgeführt: Das Verwaltungsgericht habe sich keine Klarheit darüber verschafft, ob die medizinischen Eingangstatsachen für die rechtliche Prüfung der §§ 20 und 21 StGB vorlägen oder nicht. Deren Vorliegen sei in höchstem Maße streitig und hierzu hätten diametral voneinander abweichende fachärztliche Atteste vorgelegen. Anstatt sich hierüber insbesondere durch Anhörung der involvierten Ärzte die notwendige Überzeugung zu verschaffen, habe sich das Verwaltungsgericht darauf beschränkt, oberflächliche Gegenargumente der Beklagtenseite zu übernehmen oder ebensolche den vorgelegten medizinisch hochrangigen universitätsklinischen Stellungnahmen entgegenzusetzen. Es sei zu kritisieren, dass das Verwaltungsgericht meine, dazu selbst in der Lage zu sein, ohne jeglichen medizinischen Sachverstand hinzuzuziehen. Tatsächlich habe sie aber durch medizinische Stellungnahmen deutliche fachliche Mängel an dem Behördengutachten aufgezeigt und mindestens substantiierte Einwände gegen dessen Richtigkeit vorgebracht. Bei einem Arztbericht von Chefärzten eines Universitätsklinikums dürfe ohne Weiteres unterstellt werden, dass die Diagnosen und die weiteren tatsächlichen Grundlagen so weit als irgend möglich korrekt ermittelt und auch sonst die fachgerechte medizinische Methodik korrekt eingehalten worden sei. Die dieser ärztlichen Stellungnahme vom Gericht unterstellten Fehler seien nicht gegeben. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgehe, die Diagnose der PTBS durch das Universitätsklinikum ... sei nicht nachvollziehbar, sei dem entgegenzutreten. Abgesehen davon, dass diese Diagnose in allen drei Attesten des Universitätsklinikums sowie von dem hinzugezogenen Gutachter ... gestellt worden sei, habe es das Verwaltungsgericht nicht für erforderlich gehalten, die involvierten Ärzte zu laden, obwohl es hierauf zentral ankomme und deren Diagnose in diametralem Widerspruch zu der Diagnose der behördlichen Gutachter stehe. Herr ... habe sich mit der Frage, was in ihrem Falle unter einer PTBS zu verstehen sei, näher auseinandergesetzt. Die sich daraus ergebenden feinen Begriffsunterschiede seien weder dem behördlichen Gutachter geläufig gewesen noch vom Gericht als medizinischem Laien bei der eigenen Auswertung der verschiedenen fachärztlichen Aussagen gesehen worden. Auch mit dem klinischen Behandlungsbericht des Universitätsklinikums vom 16.08.2017 sei es nicht ordnungsgemäß umgegangen. Obwohl dem Bericht in klarer Weise entnommen werden könne, dass dieser auf einer knapp vierwöchigen stationären Behandlung im Klinikum fuße, werde wiederum kritisiert, dieser sei in den Anknüpfungs- und Befundtatsachen sehr dünn und die Diagnostik bzw. die Art und Weise der psychopathologischen Informationen seien wenig klar. Ausgeblendet werde, dass dies ausschließlich mit ärztlichem Sachverstand bewertet werden könne und dass es sich eben nicht um ein psychiatrisch-forensisches Gutachten, sondern um einen Behandlungsbericht handele. Es könne nicht sein, dass sich ein Verwaltungsgericht ohne jeglichen medizinischen Sachverstand in der Lage sehe, solche Kritik an einem universitätsklinischen fachärztlichen Bericht anzubringen und danach diesen als medizinisch entwertet bzw. widerlegt anzusehen. Wenn Universitätsärzte im Rahmen einer stationären Behandlung bei einer Patientin feststellten, dass diese an Flashbacks, Ängsten, situativ getriggerten Dissoziationen, Vermeidungstendenzen sowie an einer vegetativen Symptomatik in Form von Herzrasen in Ruhe und an Atemnot mit Brustenge ohne morphologisches Korrelat leide, so könne ein ausschließlich mit Nichtmedizinern besetztes Verwaltungsgericht das nicht einfach in Frage stellen. Das Verwaltungsgericht setze sich auch nicht hinreichend mit den Ausführungen des Herrn ... auseinander. Bei ihm handele es sich zwar um einen Facharzt für Allgemeinmedizin; er habe aber bereits in seinem Kurzgutachten vom 27.11.2018 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er bereits seit 1998 ärztlich psychotherapeutisch tätig sei, eine mehrjährige traumatherapeutische Ausbildung gemacht habe und seit 2009 am Staatlichen Zentrum für Psychiatrie ... in forensisch-psychiatrischer Art und Weise tätig sei sowie mit umfangreicher nebenberuflicher Gutachtertätigkeit befasst sei. Dies könne also kein Grund sein dafür, dass das Gericht meine, sich mit der von Herrn ... geäußerten fachmedizinischen Kritik an der Qualität des Behördengutachtens nicht auseinandersetzen zu müssen. Herr ... habe in Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Leiter und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der ... Rehabilitationseinrichtung für psychisch Kranke in ..., Chefarzt Dr. ..., eine weitere Stellungnahme vom 05.03.2019 erarbeitet. Danach seien die Autoren des behördlichen Gutachtens bei der diagnostischen Zuordnung überholten Konzepten gefolgt und hätten heutiges Wissen um dissoziative Zustände nicht in die Überlegungen einbezogen. Sie seien wie das Verwaltungsgericht von einem anderen Begriff der klassischen PTBS ausgegangen, wohingegen die Mediziner des Universitätsklinikums ... und die Ärzte ... und Dr. ... den Begriff einer komplexen PTBS angesprochen hätten. Zudem werde verkannt, dass auch komplexe Tathandlungen im Rahmen einer länger andauernden Dissoziation vorkommen könnten. Nach alledem seien Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Verfasser des Behördengutachtens geweckt worden. Jedenfalls aber verfüge der Verfasser des ärztlichen Schreibens vom 27.11.2018 über neuere bzw. überlegenere Forschungsmittel. Die von ihr geführte medizinische Argumentation sei vom Verwaltungsgericht gänzlich außer Acht gelassen worden. In den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass ein dissoziativer Zustand ohne Weiteres dazu führen könne, dass es zu unüberlegtem Handeln oder dem Ausagieren unbewusster Antriebe unter weitgehender Ausschaltung der bewussten Hemmungsmechanismen komme. Dem lediglich entgegenzuhalten, dass sie in hohem Maße zielgerichtet und geplant gehandelt habe, genüge daher nicht. Die sich stellenden Fragen könnten nur im Rahmen einer umfassenden fachgerechten traumaspezifischen Exploration und Begutachtung beantwortet werden. In juristischer Hinsicht sei zudem zwischen einer durch eine psychische Erkrankung eingetretenen Einschränkung der Unrechtseinsichtsfähigkeit und einer Einschränkung der Steuerungsfähigkeit zu unterscheiden. Das Verwaltungsgericht gehe fehl, wenn es ausführe, es müsse auch im Falle einer möglichen oder sicher nachgewiesenen Erkrankung, die zu einer Einschränkung der Steuerungsfähigkeit geführt habe, oder dazu geführt haben könne, in besonderer Weise der Frage der Erheblichkeit der psychischen Erkrankung nachgegangen werden. Soweit das Verwaltungsgericht nur in Ausnahmefällen bei einer Kernbereichspflichtverletzung eine Erheblichkeit der Einschränkung der Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen, zulasse, sei dies rechtsfehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des Senats gelte dieser geschilderte Maßstab gerade nicht für Fälle einer möglichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit. Nur eine solche liege hier aber vor oder sei jedenfalls zu diskutieren. Darin seien sich alle medizinischen Aussagen einschließlich des Behördengutachtens einig.
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Am 18.08.2020 hat der Senat beschlossen, zur Frage einer (verminderten) Schuldfähigkeit der Klägerin bei Begehung der ihr in der Disziplinarverfügung vom 04.08.2017 zur Last gelegten Pflichtverstöße Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. ... ..., Universität ...-..., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie - Forensische Psychiatrie und Psychotherapie zu erheben. Das unter dem 17.05.2021 erstattete und auf zwei Untersuchungsterminen mit insgesamt sieben Stunden Exploration beruhende schriftliche Gutachten des Dr. ... kommt zu dem Ergebnis, dass das im behördlichen Disziplinarverfahren eingeholte Gutachten zwar alle für die Diagnosestellung und Beurteilung relevanten Informationen erfragt und im Rahmen des Aktenauszugs zusammengetragen habe. Jedoch seien in diagnostischer Hinsicht fachlich psychiatrisch nicht fundierte Schlussfolgerungen gezogen worden. Somit sei auch fälschlicherweise das Vorhandensein eines Eingangskriteriums nach den §§ 20, 21 StGB verworfen worden. Die Einwände des Herrn ... seien wenigstens teilweise berechtigt gewesen, so dass im Rahmen der vorliegenden Begutachtung die Lücken etwa durch eine ausführliche Exploration des initialen Traumas geschlossen worden seien. Bei der Klägerin liege eine PTBS vor, die einer schweren anderen seelischen Abartigkeit entspreche. Sie gehe mit einer dissoziativen Störung im Sinne eines rezidivierenden dissoziativen Stupors einher. Für eine eingeschränkte Einsichtsfähigkeit finde sich kein Hinweis. Das planerische verheimlichende Verhalten sowie die Bitte, keine Polizei hinzuzuziehen, seien exemplarische Aspekte, die direkt aus der Situation der Tat stammten und verdeutlichten, dass Einsicht in die Unrechtmäßigkeit der Tat vorgelegen habe. Hinsichtlich der Steuerungsfähigkeit gestalte sich die Beurteilung schwieriger. Eine aufgehobene Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 20 StGB könne ausgeschlossen werden. Lege man die Schilderungen der Klägerin der Entscheidung kritiklos zugrunde, müsse von einer nicht ausschließbar erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit und damit die medizinische Voraussetzung gemäß § 21 StGB als nicht ausschließbar gegeben angenommen werden. Fraglich sei, ob es im Rahmen der PTBS getriggert durch das Verhalten des Ehemanns in einem Gemenge aus anhaltender familiärer Be- und Überlastung, neu entdeckter ehelicher Untreue und einer depressiven Symptomatik zu einem affektiven Ausnahmezustand ähnlich einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung (Dissoziation) gekommen sei, in dessen Rahmen die Tat begangen worden sei. Aufgrund eines Kriterienkatalogs seien gemäß anamnestischer Angaben Hinweise für beide Szenarien vorhanden. Aufgrund des in der Videoüberwachung festgehaltenen Verhaltens mit lang hingezogenem Tatgeschehen und sehr komplexen Handlungsabläufen in Etappen, die im Gegensatz zu den anderen Kriterien objektiv statt subjektiv seien, überwögen die Argumente gegen einen affektiven Ausnahmezustand im Sinne einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass in der Anamneseerhebung Hinweise vorhanden seien, die für eine bewusste Antwortgestaltung mit entsprechender Vorbereitung sprächen. Dies solle jedoch nicht in Abrede stellen, dass sich die Klägerin etwa durch den Zangengriff des Ehemanns in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe und ihr Leben neben der Vergewaltigung auch durch andere ungünstige Faktoren erschwert sei bzw. gewesen sei, was mit einem mindestens vierfach erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen einhergehe. Plausibel sei in diesem Zusammenhang auch ein Diebesgut, das eindeutig dem Hang des Ehemanns (Kaffee) und nicht dem der Klägerin (Tee) entspreche. Hierdurch sei die Motivation zwar klar mit dem Trauma der Vergewaltigung und der Folge der PTBS in Verbindung zu bringen. Jedoch sei weder die Einsichtsfähigkeit in die Unrechtmäßigkeit der Tat noch die Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt. Die medizinischen Voraussetzungen für eine Beeinträchtigung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB seien nach alledem nicht gegeben.
24 
Die Klägerin hat zu diesem Gutachten ausgeführt: Sie habe das gerichtliche Gutachten Prof. Dr. ..., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und für Psychosomatik der Universität ... und der dortigen Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, vorgelegt. Dessen Ausführungen mache sie sich zu eigen. Danach bestünden Anhaltspunkte dafür, dass der gerichtliche Sachverständige sich mit seinem Gutachten über die reinen von ihm festzustellenden und zu bewertenden medizinischen Voraussetzungen der Frage der eingeschränkten Schuldfähigkeit hinaus zu rechtlichen Fragen unter derselben Bezeichnung geäußert habe. Dies klinge im Wortlaut einiger Formulierungen des Gutachtens an. Die juristische Bewertung der Dimensionen von Schweregrad und Erheblichkeit der tiefgreifenden Bewusstseinsstörungen stehe dem Gutachter nicht zu. Er habe zwar akribisch die diagnostischen Kriterien gemäß ICD-10 aufgelistet. Diese seien aber nicht der zentrale Punkt bei der Beantwortung des Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen des § 21 StGB. Vielmehr komme es dabei ausschließlich auf die festzustellende Psychopathologie und deren eventuellen Beeinflussung der Einsichtsfähigkeit bzw. der Steuerungsfähigkeit während des Tatablaufs an. Zu kritisieren sei, dass der Sachverständige nach ihrer Untersuchung und Befragung zunächst dazu tendiert habe, die medizinischen Voraussetzungen des § 21 StGB anzunehmen, dann aber im Nachhinein nach Betrachten der Videosequenzen einer Überwachungskamera, die zum Teil das gegenständliche Tathandeln aufgezeichnet habe, ohne erneute Erhebung bei der Klägerin und ohne differenzierte Aus- und Bewertung der Aufnahmen vollständig umgeschwenkt sei. Das medizinische Vorliegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung sei sogar beweiskräftig belegt. Jedenfalls in dubio pro reo sei von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit auszugehen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine persönlichkeitsfremde Tat gehandelt habe und sie sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe.
25 
Die Klägerin beantragt,
26 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Dezember 2018 - DL 17 K 12225/17 - und die Disziplinarverfügung des Polizeipräsidiums ... vom 04.08.2017 zu ändern und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.
27 
Der Beklagte beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt das angegriffene Urteil. Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit setze voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt gewesen sei. Die Beurteilung der Erheblichkeit hänge von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflicht ab und werde bei Zugriffsdelikten nur im Ausnahmefall erreicht. Bei der Pflicht, Straftaten zu verhindern und das Eigentum zu schützen, handele es sich um eine im Mittelpunkt des Dienstpostens eines Polizeibeamten stehende Kernpflicht. Vor diesem Hintergrund seien die Feststellungen des Gutachtens vom 17.05.2021 zu bewerten. Bezüglich der konkreten Einschätzung der Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB und der damit verbundenen Frage, ob eine psychische Erkrankung vorliege, die einem der hierin genannten gesetzlichen Merkmale entspreche, nenne das Gutachten als relevante Diagnosen einzig die PTBS im Sinne einer schweren anderen seelischen Abartigkeit, welche mit der dissoziativen Störung im Sinne eines rezidivierenden dissoziativen Stupors einhergehe. Eindeutig auszuschließen seien mit Blick darauf eine eingeschränkte oder aufgehobene Einsichtsfähigkeit. Bei der Frage nach dem Vorliegen einer eingeschränkten Steuerungsfähigkeit gestalte sich die Beurteilung schwieriger, was wesentlich in den Abweichungen zwischen den subjektiven Schilderungen der Klägerin und weiteren objektiven Diagnosekriterien begründet liege. Als medizinische Ursache einer verminderten Steuerungsfähigkeit komme nach der Einschätzung des Gutachters zwar die zugrundeliegende PTBS in Betracht, diese aber nicht in Zusammenschau mit dem ebenfalls diagnostizierten rezidivierenden dissoziativen Stupor. Vielmehr werde durch die begutachtenden Ärzte als mögliche Ursache einer geminderten Steuerungsfähigkeit in Betracht gezogen, dass es im Rahmen der PTBS getriggert durch das Verhalten des Ehemannes in einem Gemenge aus anhaltender familiärer Be- bzw. Überlastung, neu entdeckter ehelicher Untreue und einer depressiven Symptomatik zu einem affektiven Ausnahmezustand ähnlich einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung (Dissoziation) gekommen sei, in dessen Rahmen die Tat begangen worden sei. Im Ergebnis werde anhand eines Kriterienkatalogs eine solche tiefgreifende Bewusstseinsstörung zum Tatzeitpunkt aber ebenfalls ausgeschlossen. Das beklagte Land teile die Bedenken an der Belastbarkeit der klägerischen Angaben im Rahmen der Untersuchungstermine. Dies werde insbesondere unter Berücksichtigung der Ermittlungsergebnisse im Rahmen des Strafverfahrens im Jahr 2014 deutlich, in dem ein derartiger affektiver Ausnahmezustand im Rahmen der protokollierten Beschuldigtenvernehmung nicht vorgebracht worden sei. Des Weiteren fänden sich im Rahmen der Zeugenvernehmungen zahlreiche Hinweise darauf, dass es sich bei dem zum Tatzeitpunkt gezeigten Verhalten keinesfalls um eine einmalige Verhaltensweise der Klägerin gehandelt habe. Vor diesem Hintergrund sei insbesondere nicht glaubhaft, dass kausal der vorausgehende Streit mit dem Ehemann und dessen Zangengriff dazu geführt haben solle, dass es zu einer Art Abspaltung gekommen sei. Die Feststellungen des Gutachtens seien insgesamt nachvollziehbar und inhaltlich überzeugend, so dass sie der gerichtlichen Beurteilung der Frage der Schuldfähigkeit der Klägerin zugrunde gelegt werden könnten. Der Begutachtung liege auch eine umfassende und kritische Auseinandersetzung mit der bisherigen Aktenlage und Fachliteratur zugrunde. Insoweit stehe das Gutachten auch nicht im Widerspruch zu den von der Klägerin bisher vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen. Das Vorliegen einer PTBS und eines Traumas sowie die Tatsache, dass es sich um eine persönlichkeitsfremde Handlung gehandelt habe sowie psychischer Druck und Partnerschaftskonflikte vorgelegen hätten, genüge nicht, um eine Schuldunfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB zu attestieren. Zusammenfassend lasse sich daher feststellen, dass das gerichtliche Gutachten keinesfalls einseitig und sehr differenziert zu der Beweisfrage Stellung nehme. Wie das Vorgutachten komme es zu der Einschätzung, dass sich das im Zusammenhang mit der Tatausführung gezeigte Verhalten der Klägerin nicht aufgrund einer dissoziativen Störung erklären lasse. Das Ergebnis der Beweisaufnahme sei damit eindeutig.
30 
In der Berufungsverhandlung hat der Senat die auf einer DVD aufgezeichneten Videosequenzen der Überwachungskameras zum Tatgeschehen am 05.06.2014 in Augenschein genommen sowie den Sachverständigen Dr. ... zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens angehört.
31 
Dem Senat liegen die die Klägerin betreffenden Personal- und Disziplinarakten des Polizeipräsidiums ..., die Strafakte des Amtsgerichts ... (... ... ...) und die Akte des Verwaltungsgerichts Karlsruhe DL 17 K 12225/17 vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze im vorliegenden Verfahren verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
32 
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.12.2018 hat Erfolg.
33 
1. Die Berufung der Klägerin ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere genügt die Berufungsbegründung der Klägerin den Anforderungen des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO. Danach muss die Berufung nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses durch einen gesonderten Schriftsatz innerhalb eines Monats begründet werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (vgl. § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Klägerin hat mit ihrer fristgerecht eingegangenen Berufungsbegründung einen konkreten Antrag formuliert und hinsichtlich der Gründe im Einzelnen auf ihr bereits ausführliches Zulassungsvorbringen zu den von ihr geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils verwiesen. Dass sie diese nicht noch einmal mit der Berufungsbegründung wiederholt, ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.07.2018 - 1 B 2.18 -, Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 53 ; Beschluss vom 18.09.2013 - 4 B 41.13 -, juris Rn. 5; Urteil vom 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117 ). Aus der Berufungsbegründung wird durch die Bezugnahme auf das Zulassungsvorbringen hinreichend deutlich, dass und aus welchen Gründen die Klägerin an dem Berufungsverfahren festhalten will.
34 
2. Die Berufung ist mit dem von der Klägerin im Berufungsverfahren allein noch gestellten Antrag, das verwaltungsgerichtliche Urteil sowie die Disziplinarverfügung des Polizeipräsidiums ... vom 04.08.2017 zu ändern und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen, auch begründet. Zwar hält auch der Senat die angegriffene Disziplinarverfügung für formell rechtmäßig und das der Klägerin vorgeworfene Dienstvergehen für erwiesen. Allerdings ist das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, weil die angefochtene Disziplinarverfügung wegen eines materiellen Bemessungsfehlers rechtswidrig ist und der Senat von der ihm in § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, indem er zur Beseitigung der mit dem materiellen Bemessungsfehler verbundenen Rechtsverletzung der Klägerin die Disziplinarverfügung des Polizeipräsidiums ... vom 04.08.2017 dahingehend ändert, dass – statt der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis – die monatlichen Bezüge der Klägerin für drei Jahre um 5 Prozent vermindert werden.
35 
a) In formeller Hinsicht bestehen an der Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung keine durchgreifenden Bedenken. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (§ 130b Satz 2 VwGO), die die Klägerin mit ihrem Berufungsvorbringen nicht in Frage gestellt hat.
36 
b) Materiell prüft der Senat die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zu Grunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -; vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 - und vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, jeweils juris).Danach ist hier ein Dienstvergehen (§ 47 BeamtStG) der Klägerin erwiesen, weil sie schuldhaft die ihr als Beamtin obliegenden Pflichten verletzt hat. Allerdings leidet die angegriffene Disziplinarverfügung an einem materiellen Bemessungsfehler.
37 
aa) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist in tatsächlicher Hinsicht der der Klägerin in der angegriffenen Disziplinarverfügung zur Last gelegte Sachverhalt, wie ihn das Amtsgericht ... im Strafbefehl vom 17.09.2014 wiedergegeben hat, der disziplinaren Würdigung zu Grunde zu legen. Danach entwendete die Klägerin am 05.06.2014 gegen 20:20 Uhr außerhalb des Dienstes in einem ...-Markt einen Kaffee-Vollautomaten im Wert von 749 EUR, um diesen ohne zu bezahlen für sich zu behalten. Noch am selben Abend kurze Zeit nach der ersten Tat versuchte sie in denselben Geschäftsräumen weitere Waren im Gesamtwert von 289,42 EUR zu entwenden, um auch diese ohne zu bezahlen für sich zu behalten. Da ihr Vorhaben jedoch an der Kasse des ...-Marktes bemerkt und sie hierauf angesprochen wurde, hat die Klägerin ihr Vorhaben abgebrochen und sich zurück in den Supermarkt begeben, um sich ihres Diebesguts zu entledigen, was jedoch durch Einschreiten des Personals verhindert wurde.
38 
Diesen Sachverhalt räumt die Klägerin der Sache nach ein. Zwar unterliegen die tatsächlichen Feststellungen eines Strafbefehls nicht der einem Strafurteil anhaftenden Bindungswirkung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.06.2014 - DL 13 S 150/14 -, juris Rn. 29; zum früheren § 19 Abs. 1 LDO: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.07.2002 - DL 17 S 24/01 -, juris Rn. 23). Jedoch handelt es sich um in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffene tatsächliche Feststellungen, die nach § 14 Abs. 2 LDG der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung zugrunde gelegt werden können, da sie von den Beteiligten nicht in Frage gestellt werden und auch sonst keine Zweifel an deren Richtigkeit aufgekommen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.06.2014, a.a.O Rn. 29). Sie werden überdies durch die im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung in Augenschein genommenen Videosequenzen der Überwachungskameras des ...-Marktes bestätigt.
39 
bb) Daraus ergibt sich, dass die Klägerin vorsätzlich gegen ihre Pflichten aus § 34 Satz 3 BeamtStG (Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten) verstoßen hat, indem sie einen vollendeten und einen versuchten Diebstahl begangen hat. Hierbei handelt es sich zwar um außerdienstlich begangene Pflichtverletzungen. Nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG ist ein Verhalten außerhalb des Dienstes aber dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Die beruflichen Erfordernisse, die eine Pflicht des Beamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten außerhalb des Dienstes begründen, ergeben sich vor allem aus dem Amt des Beamten im statusrechtlichen Sinn, daneben aus der Notwendigkeit, das Ansehen des Beamtentums zu wahren, wenn dies nach heutigen Vorstellungen erforderlich erscheint. Danach verstößt ein außerdienstliches Verhalten des Beamten gegen die Wohlverhaltenspflicht aus § 34 Satz 3 BeamtStG, wenn es geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das sein Beruf erfordert. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn sein außerdienstliches Verhalten einen hinreichenden Bezug zu seinem Amt aufweist, so dass es nachteilige Rückschlüsse auf die Wahrnehmung seines Amtes zulässt, also Zweifel daran weckt, ob der Beamte seine innerdienstlichen Pflichten beachten wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.08.2017 - DL 13 S 1854/16 -, n.v., m.w.N.). Ein solcher Dienstbezug ist gegeben. Polizeibeamten obliegt es Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen deshalb in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Dieses berufserforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten begehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Polizeibeamte auf seinem konkreten Dienstposten gerade mit der Verfolgung solcher Delikte betraut war oder nicht. Erhebliche Straftaten eines Polizeibeamten begründen daher ungeachtet ihres außerdienstlichen Charakters ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.2015 - 2 C 9.14 -, BVerwGE 152, 228 ; OVG NRW, Urteil vom 13.05.2019 - 3d A 2254/16.O -, juris Rn. 146).
40 
cc) Es bestehen auch keine Zweifel daran, dass die Klägerin diese Dienstpflichtverletzungen schuldhaft begangen hat. Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der ihr vorgeworfenen Handlungen auch nicht schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB (zur entsprechenden Anwendung der Regelungen der §§ 20, 21 StGB im Disziplinarrecht vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -, juris Rn. 43 m.w.N.). Nach § 20 StGB in der hier maßgeblichen, zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung handelte schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig war, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln (zu der seit dem 01.01.2021 geltenden Fassung vom 30.11.2020 [BGBl. I S. 2600], in der die veralteten Begriffe des „Schwachsinns“ und der „Abartigkeit“ gestrichen bzw. ersetzt wurden, vgl. BR-Drucks. 167/20, S. 22). Diese Voraussetzungen waren hier im Tatzeitpunkt nicht erfüllt. Zwar litt die Klägerin zum Tatzeitpunkt nach dem insoweit überzeugenden Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. ... vom 17.05.2021 an einer PTBS (ICD-10: F43.1), die mit einer dissoziativen Störung im Sinne eines rezidivierenden dissoziativen Stupors (ICD-10: F44.2) einherging. Hierbei handelte es sich durchaus um Erkrankungen, die dem Merkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit entsprechen und sich auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Betroffenen auswirken können und damit das medizinische Eingangskriterium des § 20 StGB grundsätzlich erfüllen. Nach den Feststellungen des Gutachters führten diese psychischen Erkrankungen jedoch eindeutig nicht zu einer vollständig aufgehobenen Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit der Klägerin. Eine solche Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit lag hier auch nicht aufgrund einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung vor. Diese Einschätzung deckt sich im Ergebnis mit dem vom Beklagten im behördlichen Disziplinarverfahren eingeholten Gutachten der Ärzte Dr. ... und Dr. ... vom 14.02.2017 sowie den Angaben des Arztes ... in der von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme vom 27.11.2018. Schließlich beruft sich auch die Klägerin selbst nicht auf eine gänzlich aufgehobene Schuldfähigkeit im Sinne des § 20 StGB.
41 
dd) Das damit erwiesene einheitliche Dienstvergehen der Klägerin rechtfertigt allerdings bei Berücksichtigung der Bemessungsgrundsätze nach der Schwere des Dienstvergehens und dem damit einhergehenden Vertrauensverlust (vgl. § 26 LDG und dessen Verweis auf die §§ 27 bis 35 LDG) nicht die in der Disziplinarverfügung ausgesprochene Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG.
42 
Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 26 LDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dabei ist die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.03.2017 - 2 B 19.16 -, juris m.w.N.).
43 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Amtliche Begründung zu § 26 LDG, LT-Drucks. 14/2996, S. 86; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, juris Rn. 37).
44 
Nach diesen Grundsätzen ist das von der Klägerin hier begangene Dienstvergehen zwar mit Blick auf die objektiven Handlungsmerkmale sehr gewichtig, überschreitet aufgrund der zu berücksichtigenden entlastenden Gesichtspunkte im Rahmen der subjektiven Handlungsmerkmale jedoch im Ergebnis nicht die Schwelle zu einem zur Höchstmaßnahme führenden schweren Dienstvergehen.
45 
(1) Ein außerdienstlich durch eine Polizeibeamtin begangener Diebstahl kann grundsätzlich die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen. Bei der disziplinarischen Ahndung außerdienstlich begangener Straftaten, die als (außerdienstliche) Dienstvergehen zu qualifizieren sind, ist bei der Maßnahmebemessung von einem Orientierungsrahmen auszugehen, der sich aus der gesetzlichen Strafandrohung ergibt (BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 - 2 C 5.10 -, NVwZ 2011, 303 ; Beschluss vom 21.12.2010 - 2 B 29.10 -, NVwZ-RR 2011, 413 ; Beschluss vom 23.01.2014 - 2 B 52.13 -, juris Rn. 7). Bei der für einen Diebstahl vorgesehenen Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reicht der Orientierungsrahmen bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 6.14 -, BVerwGE 154, 10 ; Beschluss vom 23.01.2014 - 2 B 52.13 -, juris Rn. 8; Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, NVwZ-RR 2016, 421 ; SächsOVG, Urteil vom 14.03.2014 - D 6 A 767/12 -, juris Rn. 28). Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 - 2 C 16.10 -, BVerwGE 140, 185 ). Delikte, die – wie gegen fremdes Vermögen gerichtete Straftaten – angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens – nach oben wie nach unten – unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 -, BVerwGE 147, 229 ; Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, NVwZ-RR 2016, 421 ). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (BVerwG, Beschluss vom 05.03.2014 - 2 B 111.13 -, juris Rn. 13; Urteil vom 18.06.2015 - 2 C 9.14 -, BVerwGE 152, 228 ).
46 
Disziplinarwürdigkeit und Schwere außerdienstlichen Fehlverhaltens hängen maßgebend davon ab, ob ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist. Dies setzt voraus, dass das Fehlverhalten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt oder eine Beschädigung von Autorität und Ansehen des Beamten zur Folge hat, die ihn in der Amtsführung dauerhaft beeinträchtigt (BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012 - 2 B 133/11 -, NVwZ-RR 2012, 607 ; Beschluss vom 23.01.2014 - 2 B 52.13 -, juris Rn. 7). Bei Polizeibeamten, die vorsätzliche Straftaten begehen, ist dies der Fall. Außerdienstlich begangene Diebstähle weisen einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen und genießen daher in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung, die in besonderem Maße beeinträchtigt wird, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten begehen (zur Untreue: BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, NVwZ-RR 2016, 421 ).
47 
Soweit der Senat in Anlehnung an die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.06.2015 - 2 C 9.14 -, BVerwGE 152, 228 ; Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, NVwZ-RR 2016, 421 ) davon ausgegangen ist, dass bei einer außerdienstlich begangenen Straftat zur Bestimmung der Schwere des begangenen Dienstvergehens indiziell auf die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden kann (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.06.2017 - DL 13 S 214/17 -, juris Rn. 37), hält er daran in Ansehung der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur disziplinaren Ahndung außerdienstlich begangener Straftaten (BVerwG, Urteil vom 24.10.2019 - 2 C 3.18 -, BVerwGE 166, 389 ; Urteil vom 16.06.2020 - 2 C 12.19 -, BVerwGE 168, 254 ; Urteil vom 28.09.2021 - 2 WD 11.21 -, juris Rn. 48) nicht mehr fest. Demnach hat die im konkreten Fall im Wege der Strafzumessung ausgesprochene Strafe allein strafrechtliche Relevanz. Eine weitergehende, die disziplinare Maßnahmebemessung begrenzende Indizwirkung kommt ihr aufgrund der unterschiedlichen Zwecksetzungen von strafrechtlicher Ahndung einerseits und Disziplinarmaßnahme andererseits nicht (mehr) zu (im Ergebnis ebenso: Burr, in: v. Alberti/u.a., Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 2021, § 26 Rn. 16).
48 
Nach alledem reicht im vorliegenden Fall der Orientierungsrahmen für die zu ergreifende Disziplinarmaßnahme in Anbetracht der abstrakten Strafandrohung für einen Diebstahl bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 31 Abs. 1 LDG. Aus der konkreten strafgerichtlichen Ahndung der von der Klägerin begangenen Straftaten mit einer Geldstrafe ist hier nicht indiziell auf eine geringe disziplinare Schwere des Dienstvergehens zu schließen. Zu Lasten der Klägerin ist vielmehr zu berücksichtigen, dass die begangene Straftat einen besonderen Bezug zu ihrer Tätigkeit als Polizeibeamtin aufweist und sie durch ihr Verhalten gegen eine ihrer Kernpflichten verstoßen hat, zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten beizutragen und nicht selbst welche zu begehen. Schwer wiegt zudem, dass die Klägerin nicht nur einen Diebstahl begangen hat, sondern am selben Tag durch eine dazu in Tatmehrheit stehende Tathandlung zu einem weiteren Diebstahl unmittelbar angesetzt und sich daher auch des versuchten Diebstahls strafbar gemacht hat. Sie hat dadurch nicht nur einmal bei der Einhaltung der Rechtsordnung versagt. Zudem handelte es sich bei dem Diebesgut nicht um geringwertige Gegenstände.
49 
Erschwerend zu berücksichtigen ist ferner, dass die Klägerin – jedenfalls bei der Entwendung des Kaffeevollautomaten – sehr trickreich vorgegangen ist. So hat sie, wie sich den in Augenschein genommenen Aufnahmen der Überwachungsvideos entnehmen lässt, die Informationstheke des ...-Marktes längere Zeit beobachtet, um einen geeigneten Moment abzupassen, um das Gerät zunächst von innen an der Information abzustellen, den Markt kurzzeitig zu verlassen und sodann von außen die Mitarbeiterin an der Informationstheke in ein Gespräch zu verwickeln, indem die Klägerin so tat, als habe sie das abgestellte Gerät bereits erworben und wolle es umtauschen. Durch dieses raffinierte Vorgehen konnte die Klägerin das Gerät schließlich mitnehmen, ohne dass die Mitarbeiterin an der Informationstheke den Verdacht schöpfte, es könnte nicht bezahlt worden sein. Zwar erfolgten diese Handlungen, was auch der Klägerin hätte bewusst sein müssen, im Aufnahmebereich der Überwachungskameras. Jedoch ging die Klägerin bei diesem Diebstahl so unauffällig und trickreich vor, dass die Videoaufnahmen voraussichtlich nicht überprüft worden wären und der Diebstahl daher nicht aufgedeckt worden wäre, wenn nicht der weitere versuchte Diebstahl aufgefallen wäre und dadurch Anlass bestand, das weitere Verhalten der Klägerin zu hinterfragen.
50 
(2) Im Rahmen der subjektiven Handlungsmerkmale ist zu Gunsten der Klägerin jedoch zu berücksichtigen, dass sie sich im Zeitpunkt der Tat ersichtlich in einer sehr schweren Lebensphase befunden hat, die durch die Versorgung von vier kleinen Kindern ohne wesentliche Unterstützung durch ihren Ehemann oder andere Familienangehörige sowie durch gravierende Eheprobleme geprägt war. Diese Lebensumstände, die allein noch nicht zu einer Milderung der Disziplinarmaßnahme führen würden, wurden überdies von der erheblichen psychischen Erkrankung der Klägerin überlagert. Nach den überzeugenden Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. ..., die auf einer ausführlichen Exploration und Begutachtung der Klägerin unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit erhobenen Befunde beruhen, litt die Klägerin im Zeitpunkt der Tat an einer akuten und unbehandelten PTBS, die mit einer dissoziativen Störung im Sinne eines rezidivierenden dissoziativen Stupors einherging. Insoweit hat der Sachverständige Dr. ... bereits in seinem schriftlichen Gutachten überzeugend dargelegt, dass und weshalb – entgegen den Ausführungen der im behördlichen Disziplinarverfahren beauftragten Gutachter – beruhend auf dem durch die Vergewaltigung erlittenen Trauma von einer solchen psychischen Erkrankung auszugehen sei. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat er dies noch einmal bekräftigt und insbesondere auch bestätigt, dass es nicht ungewöhnlich sei, dass die Symptome der PTBS erst Jahre nach dem erlittenen Trauma auftreten.
51 
Ob die bei der Klägerin festgestellte psychische Erkrankung hier auch dazu führte, dass zum Tatzeitpunkt eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB vorgelegen hat, kann der Senat letztlich offenlassen.
52 
Ist von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB auszugehen (oder kann diese nach dem Grundsatz in dubio pro reo nicht ausgeschlossen werden), ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen und kann die disziplinare Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden (BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173 ; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -, juris Rn. 45; Urteil vom 18.03.2014 - DB 13 S 2343/13 -, juris Rn. 50). Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen (Einsichtsfähigkeit) oder nach dieser Einsicht zu handeln (Steuerungsfähigkeit), wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB (nach der hier noch anwendbaren a.F.: krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit) bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war.
53 
Nach den in jeder Hinsicht plausiblen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. ... lagen mit der genannten Erkrankung bei der Klägerin zum Tatzeitpunkt psychische Störungen vor, die grundsätzlich unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB – namentlich die krankhafte seelische Störung – zu subsumieren sind. Bei der Frage, ob die diagnostizierten psychischen Störungen relevante Auswirkungen auf das Tatverhalten der Klägerin hatten, ist jedoch zu differenzieren. Eine krankheitsbedingte Einschränkung der Einsichtsfähigkeit hat der Sachverständige eindeutig ausgeschlossen und ist auch weder von der Klägerin selbst noch von den sie behandelnden Ärzten behauptet worden. Hinsichtlich der Steuerungsfähigkeit hat der Sachverständige bestätigt, dass die psychische Erkrankung, an der die Klägerin litt, grundsätzlich geeignet sein kann, diese erheblich zu beeinträchtigen. Jedoch hat er im Rahmen seines schriftlichen Gutachtens bereits ausgeführt, dass aufgrund des lang hingezogenen Tatgeschehens und der sehr komplexen Handlungsabläufe in Etappen Überwiegendes gegen das Vorliegen eines affektiven Ausnahmezustands im Sinne einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung spreche. Dies hat er im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahingehend erläutert, dass die komplexen Handlungssequenzen und das vorausschauende Reagieren auf die Umwelt während der Tatbegehung nicht mit einer Dissoziation zu erklären seien, so dass – obwohl ein medizinisches Eingangskriterium im Sinne des § 20 StGB vorgelegen habe – kein direkter symptomatischer Zusammenhang zwischen der psychischen Störung und der Tat bestanden habe. Dies beruhe auch darauf, dass weder vor noch nach der Tat Situationen bekannt geworden seien, in denen ein dissoziativer Zustand der Klägerin mit einem derart komplexen Geschehen verbunden gewesen sei. Auf mehrmalige Nachfrage konkretisierte der Sachverständige, dass er auf Grundlage der von ihm gewonnenen Erkenntnisse nicht gänzlich ausschließen könne, dass die Tat in einem dissoziativen Zustand begangen worden sei; nach vernünftigen Maßstäben spreche jedoch nichts dafür.
54 
Ob nach alledem tatsächlich von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit der Klägerin im Sinne des § 21 StGB ausgegangen werden kann, bedarf hier (ausnahmsweise) keiner abschließenden Entscheidung. Denn zugunsten der Klägerin ist jedenfalls mildernd zu berücksichtigen, dass sie sich in einer erheblichen Belastungs- und psychischen Ausnahmesituation befand, die zur Überzeugung des Senats maßgeblich zur Tatbegehung beigetragen hat und es daher gebietet, von der Höchstmaßnahme abzusehen.
55 
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Rechtsprechung „anerkannte“ Milderungsgründe etabliert, die typisierend Beweggründe und Verhaltensweisen des Beamten erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.02.2012 - 2 C 38.10 -, NVwZ-RR 2012, 479 ). Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden „anerkannten“ Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich aus allen denkbaren Umständen ergeben, die sich entweder von den „anerkannten“ Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines „anerkannten“ Milderungsgrundes aufweisen. Die „anerkannten“ Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Entlastungsgründe sind nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.02.2012, a.a.O. Rn. 14 ff. m.w.N.; zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.10.2021 - DB 16 S 1748/20 -, n.v.).
56 
Als Milderungsgrund anerkannt ist insbesondere das Handeln in einer psychischen Ausnahmesituation. Danach ist die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses etwa bei einem Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld oder Beförderungsgut ausnahmsweise möglich, wenn die Tat als Folge einer schockartig ausgelösten psychischen Ausnahmesituation des Beamten zu werten ist. Eine solche Situation wird in aller Regel hervorgerufen durch den plötzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines Ereignisses, das gemäß seiner Bedeutung für die besonderen Lebensverhältnisse des Betroffenen bei diesem einen seelischen Schock auslöst, der seinerseits zu der Begehung des Dienstvergehens führt (BVerwG, Urteil vom 09.05.2001 - 1 D 22.00 -, BVerwGE 114, 240 ). Während der ein Eigentumsdelikt auslösende seelische Schockzustand häufig seine Ursache in zugespitzten finanziellen Problemen haben dürfte, muss dies jedoch nicht immer so sein. Auch ohne einen solchen Zusammenhang kann ein Schockzustand dann für den Zugriff ursächlich sein, wenn sich im Einzelfall nicht ausschließen lässt, dass sich der Schock in einem allgemeinen Zustand der Verwirrtheit äußert, der die dem Beamten sonst innewohnende Hemmschwelle gegen pflichtwidriges Verhalten mindert oder beseitigt (vgl. zum Fall einer Briefberaubung, die auf einer schockartig erlebten Beendigung einer Liebesbeziehung beruhte: BVerwG, Urteil vom 18.03.1998 - 1 D 18.97 -, juris). Dabei ist eine psychische Ausnahmesituation für die Pflichtwidrigkeit kausal, wenn der Schockzustand nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass das Fehlverhalten entfiele. Liegt die Ausnahmesituation vor, kann sich das Dienstvergehen als persönlichkeitsfremdes Versagen darstellen. Das schockbedingte Fehlverhalten muss dabei nicht schocktypisch sein (BVerwG, Urteil vom 09.05.2001 - 1 D 22.00 -, BVerwGE 114, 240 ). Länger andauernde psychische Ausnahmesituationen, z.B. Depressionen oder seelische Belastungen (Scheidungssituation, Trennungsfolgen etc.) begründen diesen Milderungsgrund grundsätzlich nicht.
57 
Dies zugrunde gelegt, hat die Klägerin die Tat aus einer solchen psychischen Ausnahmesituation heraus begangen. Sie hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung authentisch und für den Senat in jeder Hinsicht glaubhaft ihre allgemeine Lebenssituation beschrieben, die von einer anhaltenden Be- und Überlastung durch die Betreuung der vier kleinen Kinder ohne nennenswerte Hilfe sowie von gravierenden Eheproblemen geprägt war. Hinzu kam die bis dahin nur unzureichend behandelte psychische Erkrankung der Klägerin in Gestalt der PTBS, die mit dissoziativen Zuständen einherging. In dieser Situation der dauerhaften Be- bzw. Überlastung und psychischen Erkrankung führte die körperliche Konfrontation mit dem Ehemann, der der Klägerin kurz vor der Tat den Weg aus der Tür versperrte und sie mit einem Zangengriff im Gesicht festhielt, zu einer besonderen psychischen Anspannungssituation, die sich mit dem beschriebenen Schockzustand des Milderungsgrundes der psychischen Ausnahmesituation vergleichen lässt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung emotional und authentisch davon berichtet, dass diese Tätlichkeit sie in die traumatisierende Situation der Vergewaltigung zurückversetzt und sie daher psychisch „ausgesetzt“ habe. Zweifel am Wahrheitsgehalt der Schilderungen der Klägerin sind nicht aufgekommen. Auf deren Grundlage hat der vom Senat beauftragte Sachverständige ausdrücklich bestätigt, dass die anhaltende Dauerbelastung der Klägerin gepaart mit der plötzlich hinzutretenden Akutbelastung durch die Tätlichkeit des Ehemanns maßgeblich zur Begehung der Tat beigetragen haben dürfte. Der Senat geht daher davon aus, dass die durch den Zangengriff hervorgerufene psychische Ausnahmesituation für das Fehlverhalten der Klägerin kausal geworden ist und sich ihr Versagen als persönlichkeitsfremd darstellt.
58 
Diese mildernden Umstände haben hier ein solches Gewicht, dass die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme unabhängig davon ausscheidet, ob neben der psychischen Ausnahmesituation auch von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB auszugehen ist, so dass diese Frage keiner abschließenden Entscheidung bedarf. Hierbei verkennt der Senat nicht, dass ein Tatsachengericht in Fällen, in denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Schuldfähigkeit des Beamten bei Begehung der Tat erheblich gemindert war, im Rahmen seiner Bemessungsentscheidung diesen Aspekt grundsätzlich nicht offen lassen darf (BVerwG, Beschluss vom 11.01.2012 - 2 B 78.11 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 26.09.2014 - 2 B 23.14 -, juris Rn. 5). Dies kann jedoch nur gelten, wenn sich eine verminderte Schuldfähigkeit neben anderen festgestellten Milderungsgründen weiter auf die Bemessungsentscheidung auswirken würde. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Die hier bejahte psychische Ausnahmesituation, die aus der dauerhaften Be- und Überlastung der Klägerin, deren psychischer Erkrankung sowie dem plötzlichen Verhalten des Ehemannes resultierte, ist derart eng mit den Umständen verbunden, die gegebenenfalls auch zur Bejahung einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit führen könnten, dass letzteren keine eigenständige Bedeutung mehr zukommt. Die zusätzliche Feststellung der erheblich verminderten Schuldfähigkeit der Klägerin würde daher nicht zu einer zusätzlichen Milderung bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme führen.
59 
(3) Der vorstehend bejahte Milderungsgrund führt dazu, dass die disziplinarische Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 31 Abs. 1 LDG grundsätzlich ausscheidet. In der Gesamtschau stellt sich das Dienstvergehen als mittelschwer dar. Obwohl das Dienstvergehen im Ausgangspunkt schwer wiegt, ist das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung noch nicht endgültig zerstört und die Fortführung des Dienstverhältnisses zumutbar. Zugunsten der Klägerin spricht insoweit auch, dass sie sich ihren gravierenden psychischen Problemen zwischenzeitlich gestellt und sich in stationäre sowie weiter andauernde ambulante Therapie begeben hat, um diese zu bewältigen. Zudem hat die Klägerin die Taten im Rahmen des Straf- und Disziplinarverfahrens eingeräumt und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutliche Reue gezeigt. Unter Berücksichtigung aller relevanter Umstände kann die Klägerin trotz des Dienstvergehens noch ein Restvertrauen in ihre pflichtgemäße Amtsführung beanspruchen.
60 
(a) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin disziplinarisch vorbelastet ist. Die mit Disziplinarverfügung vom 12.07.2012 auferlegte Geldbuße unterliegt zwar noch keinem Verwertungsverbot nach § 42 Abs. 1 Satz 1 LDG, da der Ablauf der bei einer Geldbuße vorgesehenen Verwertungsfrist von drei Jahren aufgrund des vorliegenden Disziplinarverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 Var. 1 LDG gehemmt ist, so dass dieser disziplinarischen Vorbelastung noch ein belastendes Gewicht zukommen kann, das grundsätzlich in die Maßnahmebemessung einzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.03.2020 - 2 WD 3.19 -, juris Rn. 34). Sie führt hier jedoch nicht dazu, dass das aufgrund der vorstehenden Ausführungen nur noch als mittelschwer einzustufende Dienstvergehen quasi wiederum zu einem schweren Dienstvergehen „hochgestuft“ wird. Zum einen besteht keine Gesetzmäßigkeit, dass eine disziplinarische Vorbelastung bei einem erneuten Dienstvergehen zwingend zu einer schwereren als der zuvor verhängten Disziplinarmaßnahmeart führt (BVerwG, Urteil vom 13.09.2011 - 2 WD 15.10 -, juris Rn. 60; Urteil vom 04.03.2020, a.a.O. Rn. 34). Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um eine „einschlägige“ Vorbelastung handelt. Die vorangegangene Disziplinarmaßnahme wurde zwar ebenfalls u.a. wegen Verletzung der Wohlverhaltenspflicht ergriffen. Dem lag jedoch eine gänzlich andere Verletzungshandlung zugrunde als die hier in Rede stehende. Namentlich wurde der Klägerin seinerzeit die Nichtbekanntgabe einer Namensänderung, die schleppende Bekanntgabe ihrer Erreichbarkeit, die schleppende Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und die Störung des Betriebsfriedens durch falsche Anschuldigungen von Mitarbeitern des Polizeireviers ... zur Last gelegt. Hiervon weicht der nunmehr zur Last gelegte Sachverhalt gravierend ab, so dass der Klägerin nicht in gleichem Maße wie bei einer einschlägigen Vorbelastung angelastet werden kann, dass sie sich die frühere disziplinarische Sanktion nicht zur Warnung hat gereichen lassen (zur „Hochstufung“ im Falle einer einschlägigen disziplinarischen Vorbelastung vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.2018 - 2 WD 9.17 -, juris Rn. 38).
61 
(b) Auch soweit der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf verwiesen hat, dass der Klägerin ein weiterer Diebstahlsversuch im März 2014 zur Last gelegt worden sei und sich dies bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme zu ihren Lasten auswirken müsse, führt dies hier im Ergebnis nicht dazu, dass aufgrund des Vorliegens eines schweren Dienstvergehens die Höchstmaßnahme zu ergreifen wäre.
62 
Zwar mag der Verdacht einer weiteren Dienstpflichtverletzung, namentlich dass die Klägerin bereits im März 2014 versucht haben soll, in den Geschäftsräumen des ...-Marktes weitere Waren (Haarreifen, ein Set mit Haarspangen und Haargummis) zu entwenden, Gegenstand des Disziplinarverfahrens geworden und auch in der Disziplinarverfügung erwähnt worden sein (vgl. unter C. Nr. 3, S. 8 f. der Verfügung). Jedoch handelt es sich dabei bereits nicht um einen feststehenden Sachverhalt. Nach Aufdeckung des hier im Vordergrund stehenden Diebstahls an dem Kaffeeautomaten und dem weiteren versuchten Diebstahl am 05.06.2014 wurde seitens der Marktmitarbeiter berichtet, dass bereits im März 2014 der Verdacht bestanden habe, dass die Klägerin Waren habe stehlen wollen. Die Klägerin habe dies jedoch bestritten und behauptet, ihre Kinder hätten die Gegenstände unbemerkt in den Einkaufswagen gelegt. Obwohl Zweifel an den Angaben der Klägerin bestanden, da die Artikel aus einem Wandregal stammten, das die Kinder nicht erreichen konnten, wurde seinerzeit keine Anzeige erstattet und der Sachverhalt erst anlässlich der Taten vom 05.06.2014 der Polizei zur Kenntnis gebracht. Die Staatsanwaltschaft stellte das strafrechtliche Ermittlungsverfahren schließlich insoweit nach § 154 Abs. 1 StPO ein.
63 
Eine abschließende und verlässliche Ausermittlung dieses Tatverdachts hat damit weder im Strafverfahren noch im weiteren behördlichen Disziplinarverfahren stattgefunden. Daher liegen auch keine in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen vor, die nach § 14 Abs. 2 LDG der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung zu Grunde gelegt werden könnten. Davon ist letztlich auch der Beklagte in der hier angegriffenen Disziplinarverfügung ausgegangen. Denn er hat bereits nicht das nach § 14 Abs. 2 LDG vorgesehene pflichtgemäße Ermessen ausgeübt, ob hinsichtlich dieses Vorwurfs Feststellungen aus dem Strafermittlungsverfahren dem Disziplinarverfahren zugrunde gelegt werden können. Vielmehr wurden ausdrücklich lediglich die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehl unter Berufung auf § 14 Abs. 2 LDG ohne weitere Prüfung dem Disziplinarverfahren zugrunde gelegt (vgl. S. 9 der Disziplinarverfügung). Der Strafbefehl betraf indes nur die am 05.06.2014 begangenen Taten. Auch im Rahmen der dienstrechtlichen Würdigung hat das Polizeipräsidium die der Klägerin mit der Disziplinarverfügung zur Last gelegte Verletzung der Wohlverhaltenspflicht aus § 34 Satz 3 BeamtStG allein aus den mit dem Strafbefehl des Amtsgerichts ... geahndeten Taten hergeleitet.
64 
Mangels belastbarer tatsächlicher Feststellungen zu dem behaupteten weiteren Diebstahlsversuch im März 2014 kann ein solcher Vorwurf nicht zulasten der Klägerin in die Maßnahmebemessung eingestellt werden. Es ist auch nicht Aufgabe des Senats, die diesbezüglich im behördlichen Disziplinarverfahren unterbliebenen Ermittlungen im gerichtlichen Verfahren nachzuholen.
65 
ee) Die mit der Entfernung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochene disziplinare Höchstmaßnahme in der Verfügung vom 04.08.2017 erweist sich nach alledem als rechtswidrig. § 21 Satz 1 AGVwGO bestimmt, dass das Gericht die Abschlussverfügung aufhebt, wenn diese rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Allerdings kann das Gericht gemäß § 21 Satz 2 AGVwGO, wenn ein Dienstvergehen erwiesen ist, die Verfügung auch aufrechterhalten oder zu Gunsten der Beamtin ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt ist. Diese Vorschrift findet auch im Berufungsverfahren und bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG Anwendung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 -, juris Rn. 1; Urteil vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -, juris Rn. 59; Burr, in: v. Alberti/u.a., Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 2021, § 21 AGVwGO Rn. 1). Mit der Formulierung „kann“ wird ein richterliches Ermessen eingeräumt, ob statt der Aufhebung der Abschlussverfügung diese aufrechterhalten oder abgeändert wird (LT-Drucks. 14/2996, S. 148); eine Verpflichtung des Disziplinargerichts, eine Entscheidung nach § 21 Satz 2 AGVwGO zu treffen, besteht hingegen nicht. Bei der gerichtlichen Ermessensausübung ist zu beachten, dass § 21 Satz 2 AGVwGO dem Zweck der Verfahrensbeschleunigung und damit der Verwirklichung des in Baden-Württemberg nicht ausdrücklich normierten (vgl. etwa im Bundesdisziplinarrecht § 4 BDG), aber dem Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz nach wie vor zu Grunde liegenden (vgl. LT-Drucks. 14/2996, S. 148) Beschleunigungsgrundsatzes dient. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Disziplinargerichte unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes und aus Gründen der Prozessökonomie in Ausübung ihres richterlichen Ermessens regelmäßig von der Möglichkeit des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch machen sollen, wenn sich eine Abschlussverfügung als rechtswidrig erweist und die Rechtsverletzung mit der gerichtlichen Entscheidung beseitigt werden kann. Diese Erwartung äußert auch der Gesetzgeber in der Begründung zum Landesdisziplinargesetz (LT-Drucks. 14/2996, S. 148; zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -, juris Rn. 59 m.w.N.).
66 
Nachdem hier keine Besonderheiten ersichtlich sind, macht der Senat bei Ausübung seines richterlichen Ermessens von der ihm eingeräumten Änderungsbefugnis des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass dem Gewicht der Pflichtverletzung der Klägerin die Kürzung ihrer monatlichen Bezüge für drei Jahre um 5 Prozent gemäß § 29 Abs. 1 LDG Rechnung trägt.
67 
(1) Auf Grundlage der vorstehend bereits erörterten Bemessungskriterien stellt sich das von der Klägerin begangene Dienstvergehen als mittelschwer dar. Grundsätzlich geht der Senat darüber hinaus davon aus, dass das mittelschwere Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat und die Klägerin daher eigentlich nach § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG in das Amt der Polizeimeisterin (A 7) zurückzustufen wäre.
68 
Nach der Konzeption des Landesdisziplinargesetzes stehen der Schweregrad des Dienstvergehens und das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung nicht unverbunden nebeneinander (vgl. hierzu und zum Folgenden: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.06.2011 - DL 13 S 1826/10 -, juris Rn. 82 ff.). Vielmehr ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang der §§ 27 ff. LDG, dass mit einem schweren Dienstvergehen tendenziell auch ein höheres Maß an Vertrauensverlust einhergeht. Einem mittelschweren Dienstvergehen ordnet der Gesetzgeber eine erhebliche Beeinträchtigung (§ 29 Abs. 1 Satz 1 LDG) oder eine nachhaltige Erschütterung (§ 30 Abs. 1 Satz 1 LDG) des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung zu.
69 
Vorliegend ist grundsätzlich von einer nachhaltigen Erschütterung des Vertrauens auszugehen. Die Klägerin hat nach den vorstehenden Ausführungen im Kernbereich ihrer Pflichten als Polizeibeamtin versagt, so dass sie sich nach objektiven Gesichtspunkten an den Rand der Tragbarkeit für den öffentlichen Dienst gebracht hat. Aufgrund der genannten entlastenden Gesichtspunkte ist in der gebotenen Gesamtschau die Schwelle zu einem schweren Dienstvergehen jedoch nicht erreicht und das Vertrauen in die pflichtgemäße Amtsführung noch nicht endgültig zerstört. Aufgrund der mittleren Schwere des Dienstvergehens ist aber von einem nachhaltigen Vertrauensverlust im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG auszugehen, der grundsätzlich dadurch gekennzeichnet ist, dass es eines längeren Zeitraums zur endgültigen Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses bedarf (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2017 - DL 13 S 552/16 -, juris Rn. 46) und ein Bedürfnis nach einer möglichst nachdrücklichen erzieherischen Einwirkung besteht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2002 - DL 17 S 15/02 -, juris Rn. 41). Dem entspricht grundsätzlich der Zweck der Zurückstufung als Pflichtenmahnung für die Beamtin. Aufgrund der mittleren Schwere des Dienstvergehens hält es der Senat für erforderlich und angemessen, die Klägerin disziplinarisch dazu anzuhalten, sich künftig straffrei zu verhalten. Die Zurückstufung der Klägerin wäre die angemessene Reaktion auf den beim Dienstherrn und der Allgemeinheit eingetretenen nachhaltigen Vertrauensverlust. Diese Disziplinarmaßnahme erwiese sich auch im Übrigen als verhältnismäßig.
70 
(2) Allerdings scheidet die Zurückstufung der Klägerin hier aus formellen Gründen aus; denn nach der seit dem 01.01.2022 geltenden Fassung der Anlage 1 zum Landesbesoldungsgesetz vom 22.12.2021 (GBl. 1009) ist das Amt der Polizeimeisterin der Besoldungsgruppe A 7 als Eingangsamt des mittleren Polizeivollzugsdienstes mit Blick auf die gestiegenen Anforderungen und die anspruchsvollere Aus- und Fortbildung (LT-Drucks. 17/1119, S. 7) gestrichen worden. Eingangsamt ist nunmehr das der Polizeiobermeisterin nach der Besoldungsgruppe A 8, in dem sich die Klägerin aktuell befindet. Eine Zurückstufung nach § 30 Abs. 1 LDG ist grundsätzlich nur innerhalb der Laufbahngruppe möglich und zwar vom jeweiligen Endamt der Laufbahn bis zum jeweiligen Eingangsamt im statusrechtlichen Sinne (vgl. Burr, in: v. Alberti/u.a., Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 2021, § 30 Rn. 3). Ist eine Zurückstufung nicht möglich, weil sich die Beamtin – wie hier die Klägerin – im (aktuellen) Eingangsamt befindet, ist eine Kürzung der Bezüge nach § 29 LDG festzusetzen (Burr, a.a.O., § 30 Rn. 4).
71 
Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 LDG können die monatlichen Bezüge des Beamten, um ihn zur Pflichterfüllung anzuhalten, um höchstens 20 % für längstens drei Jahre anteilig vermindert werden. Für die Bestimmung der Laufzeit der Kürzung ist dabei die Schwere des Dienstvergehens entscheidend; für die Festlegung des Kürzungsanteils sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten maßgeblich (vgl. zu letzterem § 29 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 LDG; zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2002 - DL 17 S 15/02 -, juris Rn. 39; BVerwG, Urteil vom 21.03.2001 - 1 D 29/00 -, BVerwGE 114, 88 ).
72 
Da vorliegend eigentlich die höhere Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung zu ergreifen wäre und dies lediglich aus laufbahnrechtlichen Gründen ausscheidet, ist es angemessen, mit Blick auf die mittlere Schwere des Dienstvergehens, das die Schwelle zum schweren Dienstvergehen im Sinne des § 31 Abs. 1 LDG nur gerade so nicht überschreitet, die Kürzung der monatlichen Bezüge für die höchstmögliche Dauer von drei Jahren festzusetzen. Insoweit erscheint es dem Senat nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderlich und auch im Übrigen nicht angebracht, mit Blick auf die vergleichsweise lange Dauer des Disziplinarverfahrens die Kürzungsdauer zu verringern (zum Milderungsgrund der unangemessenen Verfahrensdauer vgl. BVerwG, Urteil vom 08.07.2021 - 2 WD 22.20 -, juris Rn. 38 m.w.N.), zumal die Klägerin allein wegen der Dauer des Verfahrens und des in dieser Zeit erfolgten Entfallens des ursprünglichen Eingangsamtes nach der Besoldungsgruppe A 7 von der höheren Maßnahme der Zurückstufung nach § 30 Abs. 1 LDG verschont bleibt.
73 
Zur Festlegung des Kürzungsanteils, bei dem die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 LDG zu berücksichtigen sind, orientiert sich der Senat an den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts etablierten laufbahnbezogenen Regelsätzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2001 - 1 D 29.00 -, BVerwGE 114, 88 ; Burr, in: v. Alberti/u.a., Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 2021, § 29 Rn. 3) und setzt den Anteil für die der Laufbahn des mittleren Dienstes angehörende Klägerin auf 5 % fest. Gründe, die ein Abweichen von dem Regelsatz gebieten würden, sind nicht ersichtlich.
74 
Der Kürzung der Bezüge der Klägerin steht hier nicht § 34 Abs. 1 Nr. 2 LDG entgegen, nach dem wegen desselben Sachverhalts u.a. eine Kürzung der Bezüge neben einer im Strafverfahren verhängten Strafe nur ausgesprochen werden darf, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Bleibt der Beamte aus laufbahnrechtlichen Gründen von der an sich gebotenen Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung verschont und wird allein deshalb eine Kürzung der Dienstbezüge ausgesprochen, so sind die besonderen Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Nr. 2 LDG stets erfüllt. Der Ausschluss der Zurückstufung lässt die mildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge neben der im Strafverfahren verhängten Strafe stets als erforderlich erscheinen, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Auf das Vorliegen konkreter Umstände für eine Wiederholungsgefahr kommt es in diesem Fall nicht an (so im Ergebnis auch: Burr, in: v. Alberti/u.a., Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 2021, § 29 Rn. 4; zum BDG: BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 - 2 C 13.10 -, ZBR 2011, 166 ).
75 
c) Die aus dem Tenor ersichtliche Änderung der Disziplinarverfügung bezieht sich nicht nur auf die in Ziffer 1 rechtswidrig ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Konsequenterweise haben auch die in Ziffer 2 vorgesehene Dienstenthebung und der Einbehalt eines Teils der monatlichen Bezüge bis zum unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens nach § 31 Abs. 2 LDG keinen Bestand.
76 
Bei der durch dieses Urteil vorgenommenen Kürzung der Bezüge ist als Nebenentscheidung jedoch darüber zu befinden, ob der Zeitraum, innerhalb dessen das Beförderungsverbot gemäß § 29 Abs. 4 Satz 1 LDG gilt – namentlich für die Dauer der Kürzung der Bezüge –, verkürzt werden soll. Gemäß § 29 Abs. 4 Satz 2 LDG kann eine solche Verkürzung ausgesprochen werden, soweit dies mit Rücksicht auf die Dauer des Verfahrens angezeigt ist. Der Senat hält eines solche Verkürzung bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens jedoch nicht für angezeigt.
77 
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 22 AGVwGO, § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin im Rahmen des Berufungsverfahrens – anders als noch in erster Instanz – nicht mehr die vollständige Aufhebung der Disziplinarverfügung beantragt hat, sondern lediglich noch deren gerichtliche Änderung und Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Mit diesem Berufungsantrag obsiegt die Klägerin vollständig. Dem Umstand, dass sie der Sache nach nur teilweise Berufung eingelegt hat und entgegen dem erstinstanzlich gestellten Antrag die Disziplinarverfügung nicht vollständig aufgehoben wurde, ist durch eine Quotelung der Kosten der ersten Instanz Rechnung zu tragen.
78 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
32 
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.12.2018 hat Erfolg.
33 
1. Die Berufung der Klägerin ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere genügt die Berufungsbegründung der Klägerin den Anforderungen des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO. Danach muss die Berufung nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses durch einen gesonderten Schriftsatz innerhalb eines Monats begründet werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (vgl. § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Klägerin hat mit ihrer fristgerecht eingegangenen Berufungsbegründung einen konkreten Antrag formuliert und hinsichtlich der Gründe im Einzelnen auf ihr bereits ausführliches Zulassungsvorbringen zu den von ihr geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils verwiesen. Dass sie diese nicht noch einmal mit der Berufungsbegründung wiederholt, ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.07.2018 - 1 B 2.18 -, Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 53 ; Beschluss vom 18.09.2013 - 4 B 41.13 -, juris Rn. 5; Urteil vom 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117 ). Aus der Berufungsbegründung wird durch die Bezugnahme auf das Zulassungsvorbringen hinreichend deutlich, dass und aus welchen Gründen die Klägerin an dem Berufungsverfahren festhalten will.
34 
2. Die Berufung ist mit dem von der Klägerin im Berufungsverfahren allein noch gestellten Antrag, das verwaltungsgerichtliche Urteil sowie die Disziplinarverfügung des Polizeipräsidiums ... vom 04.08.2017 zu ändern und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen, auch begründet. Zwar hält auch der Senat die angegriffene Disziplinarverfügung für formell rechtmäßig und das der Klägerin vorgeworfene Dienstvergehen für erwiesen. Allerdings ist das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, weil die angefochtene Disziplinarverfügung wegen eines materiellen Bemessungsfehlers rechtswidrig ist und der Senat von der ihm in § 21 Satz 2 AGVwGO eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, indem er zur Beseitigung der mit dem materiellen Bemessungsfehler verbundenen Rechtsverletzung der Klägerin die Disziplinarverfügung des Polizeipräsidiums ... vom 04.08.2017 dahingehend ändert, dass – statt der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis – die monatlichen Bezüge der Klägerin für drei Jahre um 5 Prozent vermindert werden.
35 
a) In formeller Hinsicht bestehen an der Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung keine durchgreifenden Bedenken. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (§ 130b Satz 2 VwGO), die die Klägerin mit ihrem Berufungsvorbringen nicht in Frage gestellt hat.
36 
b) Materiell prüft der Senat die Disziplinarverfügung auf der Grundlage des von der Disziplinarbehörde der Disziplinarverfügung gemäß § 12 LDG zu Grunde gelegten Sachverhalts im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -; vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 - und vom 30.09.2013 - DL 13 S 724/13 -, jeweils juris).Danach ist hier ein Dienstvergehen (§ 47 BeamtStG) der Klägerin erwiesen, weil sie schuldhaft die ihr als Beamtin obliegenden Pflichten verletzt hat. Allerdings leidet die angegriffene Disziplinarverfügung an einem materiellen Bemessungsfehler.
37 
aa) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist in tatsächlicher Hinsicht der der Klägerin in der angegriffenen Disziplinarverfügung zur Last gelegte Sachverhalt, wie ihn das Amtsgericht ... im Strafbefehl vom 17.09.2014 wiedergegeben hat, der disziplinaren Würdigung zu Grunde zu legen. Danach entwendete die Klägerin am 05.06.2014 gegen 20:20 Uhr außerhalb des Dienstes in einem ...-Markt einen Kaffee-Vollautomaten im Wert von 749 EUR, um diesen ohne zu bezahlen für sich zu behalten. Noch am selben Abend kurze Zeit nach der ersten Tat versuchte sie in denselben Geschäftsräumen weitere Waren im Gesamtwert von 289,42 EUR zu entwenden, um auch diese ohne zu bezahlen für sich zu behalten. Da ihr Vorhaben jedoch an der Kasse des ...-Marktes bemerkt und sie hierauf angesprochen wurde, hat die Klägerin ihr Vorhaben abgebrochen und sich zurück in den Supermarkt begeben, um sich ihres Diebesguts zu entledigen, was jedoch durch Einschreiten des Personals verhindert wurde.
38 
Diesen Sachverhalt räumt die Klägerin der Sache nach ein. Zwar unterliegen die tatsächlichen Feststellungen eines Strafbefehls nicht der einem Strafurteil anhaftenden Bindungswirkung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.06.2014 - DL 13 S 150/14 -, juris Rn. 29; zum früheren § 19 Abs. 1 LDO: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.07.2002 - DL 17 S 24/01 -, juris Rn. 23). Jedoch handelt es sich um in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffene tatsächliche Feststellungen, die nach § 14 Abs. 2 LDG der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung zugrunde gelegt werden können, da sie von den Beteiligten nicht in Frage gestellt werden und auch sonst keine Zweifel an deren Richtigkeit aufgekommen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.06.2014, a.a.O Rn. 29). Sie werden überdies durch die im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung in Augenschein genommenen Videosequenzen der Überwachungskameras des ...-Marktes bestätigt.
39 
bb) Daraus ergibt sich, dass die Klägerin vorsätzlich gegen ihre Pflichten aus § 34 Satz 3 BeamtStG (Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten) verstoßen hat, indem sie einen vollendeten und einen versuchten Diebstahl begangen hat. Hierbei handelt es sich zwar um außerdienstlich begangene Pflichtverletzungen. Nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG ist ein Verhalten außerhalb des Dienstes aber dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Die beruflichen Erfordernisse, die eine Pflicht des Beamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten außerhalb des Dienstes begründen, ergeben sich vor allem aus dem Amt des Beamten im statusrechtlichen Sinn, daneben aus der Notwendigkeit, das Ansehen des Beamtentums zu wahren, wenn dies nach heutigen Vorstellungen erforderlich erscheint. Danach verstößt ein außerdienstliches Verhalten des Beamten gegen die Wohlverhaltenspflicht aus § 34 Satz 3 BeamtStG, wenn es geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das sein Beruf erfordert. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn sein außerdienstliches Verhalten einen hinreichenden Bezug zu seinem Amt aufweist, so dass es nachteilige Rückschlüsse auf die Wahrnehmung seines Amtes zulässt, also Zweifel daran weckt, ob der Beamte seine innerdienstlichen Pflichten beachten wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.08.2017 - DL 13 S 1854/16 -, n.v., m.w.N.). Ein solcher Dienstbezug ist gegeben. Polizeibeamten obliegt es Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen deshalb in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Dieses berufserforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten begehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Polizeibeamte auf seinem konkreten Dienstposten gerade mit der Verfolgung solcher Delikte betraut war oder nicht. Erhebliche Straftaten eines Polizeibeamten begründen daher ungeachtet ihres außerdienstlichen Charakters ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.2015 - 2 C 9.14 -, BVerwGE 152, 228 ; OVG NRW, Urteil vom 13.05.2019 - 3d A 2254/16.O -, juris Rn. 146).
40 
cc) Es bestehen auch keine Zweifel daran, dass die Klägerin diese Dienstpflichtverletzungen schuldhaft begangen hat. Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der ihr vorgeworfenen Handlungen auch nicht schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB (zur entsprechenden Anwendung der Regelungen der §§ 20, 21 StGB im Disziplinarrecht vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -, juris Rn. 43 m.w.N.). Nach § 20 StGB in der hier maßgeblichen, zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung handelte schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig war, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln (zu der seit dem 01.01.2021 geltenden Fassung vom 30.11.2020 [BGBl. I S. 2600], in der die veralteten Begriffe des „Schwachsinns“ und der „Abartigkeit“ gestrichen bzw. ersetzt wurden, vgl. BR-Drucks. 167/20, S. 22). Diese Voraussetzungen waren hier im Tatzeitpunkt nicht erfüllt. Zwar litt die Klägerin zum Tatzeitpunkt nach dem insoweit überzeugenden Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. ... vom 17.05.2021 an einer PTBS (ICD-10: F43.1), die mit einer dissoziativen Störung im Sinne eines rezidivierenden dissoziativen Stupors (ICD-10: F44.2) einherging. Hierbei handelte es sich durchaus um Erkrankungen, die dem Merkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit entsprechen und sich auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Betroffenen auswirken können und damit das medizinische Eingangskriterium des § 20 StGB grundsätzlich erfüllen. Nach den Feststellungen des Gutachters führten diese psychischen Erkrankungen jedoch eindeutig nicht zu einer vollständig aufgehobenen Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit der Klägerin. Eine solche Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit lag hier auch nicht aufgrund einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung vor. Diese Einschätzung deckt sich im Ergebnis mit dem vom Beklagten im behördlichen Disziplinarverfahren eingeholten Gutachten der Ärzte Dr. ... und Dr. ... vom 14.02.2017 sowie den Angaben des Arztes ... in der von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme vom 27.11.2018. Schließlich beruft sich auch die Klägerin selbst nicht auf eine gänzlich aufgehobene Schuldfähigkeit im Sinne des § 20 StGB.
41 
dd) Das damit erwiesene einheitliche Dienstvergehen der Klägerin rechtfertigt allerdings bei Berücksichtigung der Bemessungsgrundsätze nach der Schwere des Dienstvergehens und dem damit einhergehenden Vertrauensverlust (vgl. § 26 LDG und dessen Verweis auf die §§ 27 bis 35 LDG) nicht die in der Disziplinarverfügung ausgesprochene Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 LDG.
42 
Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 26 LDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dabei ist die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.03.2017 - 2 B 19.16 -, juris m.w.N.).
43 
Für die Schwere des Dienstvergehens können bestimmend sein die objektive Handlung (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, zum Beispiel die Verletzung einer Kern- oder einer Nebenpflicht, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, wie etwa Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und Dritte, zum Beispiel der materielle Schaden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, jeweils zu § 13 BDG). Dieses Verständnis liegt auch den §§ 26 ff. LDG zugrunde (vgl. dazu Amtliche Begründung zu § 26 LDG, LT-Drucks. 14/2996, S. 86; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.08.2011 - DL 13 S 583/11 -, juris Rn. 37).
44 
Nach diesen Grundsätzen ist das von der Klägerin hier begangene Dienstvergehen zwar mit Blick auf die objektiven Handlungsmerkmale sehr gewichtig, überschreitet aufgrund der zu berücksichtigenden entlastenden Gesichtspunkte im Rahmen der subjektiven Handlungsmerkmale jedoch im Ergebnis nicht die Schwelle zu einem zur Höchstmaßnahme führenden schweren Dienstvergehen.
45 
(1) Ein außerdienstlich durch eine Polizeibeamtin begangener Diebstahl kann grundsätzlich die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen. Bei der disziplinarischen Ahndung außerdienstlich begangener Straftaten, die als (außerdienstliche) Dienstvergehen zu qualifizieren sind, ist bei der Maßnahmebemessung von einem Orientierungsrahmen auszugehen, der sich aus der gesetzlichen Strafandrohung ergibt (BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 - 2 C 5.10 -, NVwZ 2011, 303 ; Beschluss vom 21.12.2010 - 2 B 29.10 -, NVwZ-RR 2011, 413 ; Beschluss vom 23.01.2014 - 2 B 52.13 -, juris Rn. 7). Bei der für einen Diebstahl vorgesehenen Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reicht der Orientierungsrahmen bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 6.14 -, BVerwGE 154, 10 ; Beschluss vom 23.01.2014 - 2 B 52.13 -, juris Rn. 8; Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, NVwZ-RR 2016, 421 ; SächsOVG, Urteil vom 14.03.2014 - D 6 A 767/12 -, juris Rn. 28). Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 - 2 C 16.10 -, BVerwGE 140, 185 ). Delikte, die – wie gegen fremdes Vermögen gerichtete Straftaten – angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens – nach oben wie nach unten – unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 -, BVerwGE 147, 229 ; Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, NVwZ-RR 2016, 421 ). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (BVerwG, Beschluss vom 05.03.2014 - 2 B 111.13 -, juris Rn. 13; Urteil vom 18.06.2015 - 2 C 9.14 -, BVerwGE 152, 228 ).
46 
Disziplinarwürdigkeit und Schwere außerdienstlichen Fehlverhaltens hängen maßgebend davon ab, ob ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist. Dies setzt voraus, dass das Fehlverhalten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt oder eine Beschädigung von Autorität und Ansehen des Beamten zur Folge hat, die ihn in der Amtsführung dauerhaft beeinträchtigt (BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012 - 2 B 133/11 -, NVwZ-RR 2012, 607 ; Beschluss vom 23.01.2014 - 2 B 52.13 -, juris Rn. 7). Bei Polizeibeamten, die vorsätzliche Straftaten begehen, ist dies der Fall. Außerdienstlich begangene Diebstähle weisen einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen und genießen daher in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung, die in besonderem Maße beeinträchtigt wird, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten begehen (zur Untreue: BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, NVwZ-RR 2016, 421 ).
47 
Soweit der Senat in Anlehnung an die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.06.2015 - 2 C 9.14 -, BVerwGE 152, 228 ; Urteil vom 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, NVwZ-RR 2016, 421 ) davon ausgegangen ist, dass bei einer außerdienstlich begangenen Straftat zur Bestimmung der Schwere des begangenen Dienstvergehens indiziell auf die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden kann (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.06.2017 - DL 13 S 214/17 -, juris Rn. 37), hält er daran in Ansehung der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur disziplinaren Ahndung außerdienstlich begangener Straftaten (BVerwG, Urteil vom 24.10.2019 - 2 C 3.18 -, BVerwGE 166, 389 ; Urteil vom 16.06.2020 - 2 C 12.19 -, BVerwGE 168, 254 ; Urteil vom 28.09.2021 - 2 WD 11.21 -, juris Rn. 48) nicht mehr fest. Demnach hat die im konkreten Fall im Wege der Strafzumessung ausgesprochene Strafe allein strafrechtliche Relevanz. Eine weitergehende, die disziplinare Maßnahmebemessung begrenzende Indizwirkung kommt ihr aufgrund der unterschiedlichen Zwecksetzungen von strafrechtlicher Ahndung einerseits und Disziplinarmaßnahme andererseits nicht (mehr) zu (im Ergebnis ebenso: Burr, in: v. Alberti/u.a., Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 2021, § 26 Rn. 16).
48 
Nach alledem reicht im vorliegenden Fall der Orientierungsrahmen für die zu ergreifende Disziplinarmaßnahme in Anbetracht der abstrakten Strafandrohung für einen Diebstahl bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 31 Abs. 1 LDG. Aus der konkreten strafgerichtlichen Ahndung der von der Klägerin begangenen Straftaten mit einer Geldstrafe ist hier nicht indiziell auf eine geringe disziplinare Schwere des Dienstvergehens zu schließen. Zu Lasten der Klägerin ist vielmehr zu berücksichtigen, dass die begangene Straftat einen besonderen Bezug zu ihrer Tätigkeit als Polizeibeamtin aufweist und sie durch ihr Verhalten gegen eine ihrer Kernpflichten verstoßen hat, zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten beizutragen und nicht selbst welche zu begehen. Schwer wiegt zudem, dass die Klägerin nicht nur einen Diebstahl begangen hat, sondern am selben Tag durch eine dazu in Tatmehrheit stehende Tathandlung zu einem weiteren Diebstahl unmittelbar angesetzt und sich daher auch des versuchten Diebstahls strafbar gemacht hat. Sie hat dadurch nicht nur einmal bei der Einhaltung der Rechtsordnung versagt. Zudem handelte es sich bei dem Diebesgut nicht um geringwertige Gegenstände.
49 
Erschwerend zu berücksichtigen ist ferner, dass die Klägerin – jedenfalls bei der Entwendung des Kaffeevollautomaten – sehr trickreich vorgegangen ist. So hat sie, wie sich den in Augenschein genommenen Aufnahmen der Überwachungsvideos entnehmen lässt, die Informationstheke des ...-Marktes längere Zeit beobachtet, um einen geeigneten Moment abzupassen, um das Gerät zunächst von innen an der Information abzustellen, den Markt kurzzeitig zu verlassen und sodann von außen die Mitarbeiterin an der Informationstheke in ein Gespräch zu verwickeln, indem die Klägerin so tat, als habe sie das abgestellte Gerät bereits erworben und wolle es umtauschen. Durch dieses raffinierte Vorgehen konnte die Klägerin das Gerät schließlich mitnehmen, ohne dass die Mitarbeiterin an der Informationstheke den Verdacht schöpfte, es könnte nicht bezahlt worden sein. Zwar erfolgten diese Handlungen, was auch der Klägerin hätte bewusst sein müssen, im Aufnahmebereich der Überwachungskameras. Jedoch ging die Klägerin bei diesem Diebstahl so unauffällig und trickreich vor, dass die Videoaufnahmen voraussichtlich nicht überprüft worden wären und der Diebstahl daher nicht aufgedeckt worden wäre, wenn nicht der weitere versuchte Diebstahl aufgefallen wäre und dadurch Anlass bestand, das weitere Verhalten der Klägerin zu hinterfragen.
50 
(2) Im Rahmen der subjektiven Handlungsmerkmale ist zu Gunsten der Klägerin jedoch zu berücksichtigen, dass sie sich im Zeitpunkt der Tat ersichtlich in einer sehr schweren Lebensphase befunden hat, die durch die Versorgung von vier kleinen Kindern ohne wesentliche Unterstützung durch ihren Ehemann oder andere Familienangehörige sowie durch gravierende Eheprobleme geprägt war. Diese Lebensumstände, die allein noch nicht zu einer Milderung der Disziplinarmaßnahme führen würden, wurden überdies von der erheblichen psychischen Erkrankung der Klägerin überlagert. Nach den überzeugenden Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. ..., die auf einer ausführlichen Exploration und Begutachtung der Klägerin unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit erhobenen Befunde beruhen, litt die Klägerin im Zeitpunkt der Tat an einer akuten und unbehandelten PTBS, die mit einer dissoziativen Störung im Sinne eines rezidivierenden dissoziativen Stupors einherging. Insoweit hat der Sachverständige Dr. ... bereits in seinem schriftlichen Gutachten überzeugend dargelegt, dass und weshalb – entgegen den Ausführungen der im behördlichen Disziplinarverfahren beauftragten Gutachter – beruhend auf dem durch die Vergewaltigung erlittenen Trauma von einer solchen psychischen Erkrankung auszugehen sei. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat er dies noch einmal bekräftigt und insbesondere auch bestätigt, dass es nicht ungewöhnlich sei, dass die Symptome der PTBS erst Jahre nach dem erlittenen Trauma auftreten.
51 
Ob die bei der Klägerin festgestellte psychische Erkrankung hier auch dazu führte, dass zum Tatzeitpunkt eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB vorgelegen hat, kann der Senat letztlich offenlassen.
52 
Ist von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB auszugehen (oder kann diese nach dem Grundsatz in dubio pro reo nicht ausgeschlossen werden), ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen und kann die disziplinare Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden (BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173 ; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -, juris Rn. 45; Urteil vom 18.03.2014 - DB 13 S 2343/13 -, juris Rn. 50). Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen (Einsichtsfähigkeit) oder nach dieser Einsicht zu handeln (Steuerungsfähigkeit), wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB (nach der hier noch anwendbaren a.F.: krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit) bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war.
53 
Nach den in jeder Hinsicht plausiblen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. ... lagen mit der genannten Erkrankung bei der Klägerin zum Tatzeitpunkt psychische Störungen vor, die grundsätzlich unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB – namentlich die krankhafte seelische Störung – zu subsumieren sind. Bei der Frage, ob die diagnostizierten psychischen Störungen relevante Auswirkungen auf das Tatverhalten der Klägerin hatten, ist jedoch zu differenzieren. Eine krankheitsbedingte Einschränkung der Einsichtsfähigkeit hat der Sachverständige eindeutig ausgeschlossen und ist auch weder von der Klägerin selbst noch von den sie behandelnden Ärzten behauptet worden. Hinsichtlich der Steuerungsfähigkeit hat der Sachverständige bestätigt, dass die psychische Erkrankung, an der die Klägerin litt, grundsätzlich geeignet sein kann, diese erheblich zu beeinträchtigen. Jedoch hat er im Rahmen seines schriftlichen Gutachtens bereits ausgeführt, dass aufgrund des lang hingezogenen Tatgeschehens und der sehr komplexen Handlungsabläufe in Etappen Überwiegendes gegen das Vorliegen eines affektiven Ausnahmezustands im Sinne einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung spreche. Dies hat er im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahingehend erläutert, dass die komplexen Handlungssequenzen und das vorausschauende Reagieren auf die Umwelt während der Tatbegehung nicht mit einer Dissoziation zu erklären seien, so dass – obwohl ein medizinisches Eingangskriterium im Sinne des § 20 StGB vorgelegen habe – kein direkter symptomatischer Zusammenhang zwischen der psychischen Störung und der Tat bestanden habe. Dies beruhe auch darauf, dass weder vor noch nach der Tat Situationen bekannt geworden seien, in denen ein dissoziativer Zustand der Klägerin mit einem derart komplexen Geschehen verbunden gewesen sei. Auf mehrmalige Nachfrage konkretisierte der Sachverständige, dass er auf Grundlage der von ihm gewonnenen Erkenntnisse nicht gänzlich ausschließen könne, dass die Tat in einem dissoziativen Zustand begangen worden sei; nach vernünftigen Maßstäben spreche jedoch nichts dafür.
54 
Ob nach alledem tatsächlich von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit der Klägerin im Sinne des § 21 StGB ausgegangen werden kann, bedarf hier (ausnahmsweise) keiner abschließenden Entscheidung. Denn zugunsten der Klägerin ist jedenfalls mildernd zu berücksichtigen, dass sie sich in einer erheblichen Belastungs- und psychischen Ausnahmesituation befand, die zur Überzeugung des Senats maßgeblich zur Tatbegehung beigetragen hat und es daher gebietet, von der Höchstmaßnahme abzusehen.
55 
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Rechtsprechung „anerkannte“ Milderungsgründe etabliert, die typisierend Beweggründe und Verhaltensweisen des Beamten erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.02.2012 - 2 C 38.10 -, NVwZ-RR 2012, 479 ). Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden „anerkannten“ Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich aus allen denkbaren Umständen ergeben, die sich entweder von den „anerkannten“ Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines „anerkannten“ Milderungsgrundes aufweisen. Die „anerkannten“ Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Entlastungsgründe sind nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.02.2012, a.a.O. Rn. 14 ff. m.w.N.; zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.10.2021 - DB 16 S 1748/20 -, n.v.).
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Als Milderungsgrund anerkannt ist insbesondere das Handeln in einer psychischen Ausnahmesituation. Danach ist die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses etwa bei einem Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld oder Beförderungsgut ausnahmsweise möglich, wenn die Tat als Folge einer schockartig ausgelösten psychischen Ausnahmesituation des Beamten zu werten ist. Eine solche Situation wird in aller Regel hervorgerufen durch den plötzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines Ereignisses, das gemäß seiner Bedeutung für die besonderen Lebensverhältnisse des Betroffenen bei diesem einen seelischen Schock auslöst, der seinerseits zu der Begehung des Dienstvergehens führt (BVerwG, Urteil vom 09.05.2001 - 1 D 22.00 -, BVerwGE 114, 240 ). Während der ein Eigentumsdelikt auslösende seelische Schockzustand häufig seine Ursache in zugespitzten finanziellen Problemen haben dürfte, muss dies jedoch nicht immer so sein. Auch ohne einen solchen Zusammenhang kann ein Schockzustand dann für den Zugriff ursächlich sein, wenn sich im Einzelfall nicht ausschließen lässt, dass sich der Schock in einem allgemeinen Zustand der Verwirrtheit äußert, der die dem Beamten sonst innewohnende Hemmschwelle gegen pflichtwidriges Verhalten mindert oder beseitigt (vgl. zum Fall einer Briefberaubung, die auf einer schockartig erlebten Beendigung einer Liebesbeziehung beruhte: BVerwG, Urteil vom 18.03.1998 - 1 D 18.97 -, juris). Dabei ist eine psychische Ausnahmesituation für die Pflichtwidrigkeit kausal, wenn der Schockzustand nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass das Fehlverhalten entfiele. Liegt die Ausnahmesituation vor, kann sich das Dienstvergehen als persönlichkeitsfremdes Versagen darstellen. Das schockbedingte Fehlverhalten muss dabei nicht schocktypisch sein (BVerwG, Urteil vom 09.05.2001 - 1 D 22.00 -, BVerwGE 114, 240 ). Länger andauernde psychische Ausnahmesituationen, z.B. Depressionen oder seelische Belastungen (Scheidungssituation, Trennungsfolgen etc.) begründen diesen Milderungsgrund grundsätzlich nicht.
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Dies zugrunde gelegt, hat die Klägerin die Tat aus einer solchen psychischen Ausnahmesituation heraus begangen. Sie hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung authentisch und für den Senat in jeder Hinsicht glaubhaft ihre allgemeine Lebenssituation beschrieben, die von einer anhaltenden Be- und Überlastung durch die Betreuung der vier kleinen Kinder ohne nennenswerte Hilfe sowie von gravierenden Eheproblemen geprägt war. Hinzu kam die bis dahin nur unzureichend behandelte psychische Erkrankung der Klägerin in Gestalt der PTBS, die mit dissoziativen Zuständen einherging. In dieser Situation der dauerhaften Be- bzw. Überlastung und psychischen Erkrankung führte die körperliche Konfrontation mit dem Ehemann, der der Klägerin kurz vor der Tat den Weg aus der Tür versperrte und sie mit einem Zangengriff im Gesicht festhielt, zu einer besonderen psychischen Anspannungssituation, die sich mit dem beschriebenen Schockzustand des Milderungsgrundes der psychischen Ausnahmesituation vergleichen lässt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung emotional und authentisch davon berichtet, dass diese Tätlichkeit sie in die traumatisierende Situation der Vergewaltigung zurückversetzt und sie daher psychisch „ausgesetzt“ habe. Zweifel am Wahrheitsgehalt der Schilderungen der Klägerin sind nicht aufgekommen. Auf deren Grundlage hat der vom Senat beauftragte Sachverständige ausdrücklich bestätigt, dass die anhaltende Dauerbelastung der Klägerin gepaart mit der plötzlich hinzutretenden Akutbelastung durch die Tätlichkeit des Ehemanns maßgeblich zur Begehung der Tat beigetragen haben dürfte. Der Senat geht daher davon aus, dass die durch den Zangengriff hervorgerufene psychische Ausnahmesituation für das Fehlverhalten der Klägerin kausal geworden ist und sich ihr Versagen als persönlichkeitsfremd darstellt.
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Diese mildernden Umstände haben hier ein solches Gewicht, dass die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme unabhängig davon ausscheidet, ob neben der psychischen Ausnahmesituation auch von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB auszugehen ist, so dass diese Frage keiner abschließenden Entscheidung bedarf. Hierbei verkennt der Senat nicht, dass ein Tatsachengericht in Fällen, in denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Schuldfähigkeit des Beamten bei Begehung der Tat erheblich gemindert war, im Rahmen seiner Bemessungsentscheidung diesen Aspekt grundsätzlich nicht offen lassen darf (BVerwG, Beschluss vom 11.01.2012 - 2 B 78.11 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 26.09.2014 - 2 B 23.14 -, juris Rn. 5). Dies kann jedoch nur gelten, wenn sich eine verminderte Schuldfähigkeit neben anderen festgestellten Milderungsgründen weiter auf die Bemessungsentscheidung auswirken würde. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Die hier bejahte psychische Ausnahmesituation, die aus der dauerhaften Be- und Überlastung der Klägerin, deren psychischer Erkrankung sowie dem plötzlichen Verhalten des Ehemannes resultierte, ist derart eng mit den Umständen verbunden, die gegebenenfalls auch zur Bejahung einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit führen könnten, dass letzteren keine eigenständige Bedeutung mehr zukommt. Die zusätzliche Feststellung der erheblich verminderten Schuldfähigkeit der Klägerin würde daher nicht zu einer zusätzlichen Milderung bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme führen.
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(3) Der vorstehend bejahte Milderungsgrund führt dazu, dass die disziplinarische Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 31 Abs. 1 LDG grundsätzlich ausscheidet. In der Gesamtschau stellt sich das Dienstvergehen als mittelschwer dar. Obwohl das Dienstvergehen im Ausgangspunkt schwer wiegt, ist das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung noch nicht endgültig zerstört und die Fortführung des Dienstverhältnisses zumutbar. Zugunsten der Klägerin spricht insoweit auch, dass sie sich ihren gravierenden psychischen Problemen zwischenzeitlich gestellt und sich in stationäre sowie weiter andauernde ambulante Therapie begeben hat, um diese zu bewältigen. Zudem hat die Klägerin die Taten im Rahmen des Straf- und Disziplinarverfahrens eingeräumt und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutliche Reue gezeigt. Unter Berücksichtigung aller relevanter Umstände kann die Klägerin trotz des Dienstvergehens noch ein Restvertrauen in ihre pflichtgemäße Amtsführung beanspruchen.
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(a) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin disziplinarisch vorbelastet ist. Die mit Disziplinarverfügung vom 12.07.2012 auferlegte Geldbuße unterliegt zwar noch keinem Verwertungsverbot nach § 42 Abs. 1 Satz 1 LDG, da der Ablauf der bei einer Geldbuße vorgesehenen Verwertungsfrist von drei Jahren aufgrund des vorliegenden Disziplinarverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 Var. 1 LDG gehemmt ist, so dass dieser disziplinarischen Vorbelastung noch ein belastendes Gewicht zukommen kann, das grundsätzlich in die Maßnahmebemessung einzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.03.2020 - 2 WD 3.19 -, juris Rn. 34). Sie führt hier jedoch nicht dazu, dass das aufgrund der vorstehenden Ausführungen nur noch als mittelschwer einzustufende Dienstvergehen quasi wiederum zu einem schweren Dienstvergehen „hochgestuft“ wird. Zum einen besteht keine Gesetzmäßigkeit, dass eine disziplinarische Vorbelastung bei einem erneuten Dienstvergehen zwingend zu einer schwereren als der zuvor verhängten Disziplinarmaßnahmeart führt (BVerwG, Urteil vom 13.09.2011 - 2 WD 15.10 -, juris Rn. 60; Urteil vom 04.03.2020, a.a.O. Rn. 34). Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um eine „einschlägige“ Vorbelastung handelt. Die vorangegangene Disziplinarmaßnahme wurde zwar ebenfalls u.a. wegen Verletzung der Wohlverhaltenspflicht ergriffen. Dem lag jedoch eine gänzlich andere Verletzungshandlung zugrunde als die hier in Rede stehende. Namentlich wurde der Klägerin seinerzeit die Nichtbekanntgabe einer Namensänderung, die schleppende Bekanntgabe ihrer Erreichbarkeit, die schleppende Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und die Störung des Betriebsfriedens durch falsche Anschuldigungen von Mitarbeitern des Polizeireviers ... zur Last gelegt. Hiervon weicht der nunmehr zur Last gelegte Sachverhalt gravierend ab, so dass der Klägerin nicht in gleichem Maße wie bei einer einschlägigen Vorbelastung angelastet werden kann, dass sie sich die frühere disziplinarische Sanktion nicht zur Warnung hat gereichen lassen (zur „Hochstufung“ im Falle einer einschlägigen disziplinarischen Vorbelastung vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.2018 - 2 WD 9.17 -, juris Rn. 38).
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(b) Auch soweit der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf verwiesen hat, dass der Klägerin ein weiterer Diebstahlsversuch im März 2014 zur Last gelegt worden sei und sich dies bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme zu ihren Lasten auswirken müsse, führt dies hier im Ergebnis nicht dazu, dass aufgrund des Vorliegens eines schweren Dienstvergehens die Höchstmaßnahme zu ergreifen wäre.
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Zwar mag der Verdacht einer weiteren Dienstpflichtverletzung, namentlich dass die Klägerin bereits im März 2014 versucht haben soll, in den Geschäftsräumen des ...-Marktes weitere Waren (Haarreifen, ein Set mit Haarspangen und Haargummis) zu entwenden, Gegenstand des Disziplinarverfahrens geworden und auch in der Disziplinarverfügung erwähnt worden sein (vgl. unter C. Nr. 3, S. 8 f. der Verfügung). Jedoch handelt es sich dabei bereits nicht um einen feststehenden Sachverhalt. Nach Aufdeckung des hier im Vordergrund stehenden Diebstahls an dem Kaffeeautomaten und dem weiteren versuchten Diebstahl am 05.06.2014 wurde seitens der Marktmitarbeiter berichtet, dass bereits im März 2014 der Verdacht bestanden habe, dass die Klägerin Waren habe stehlen wollen. Die Klägerin habe dies jedoch bestritten und behauptet, ihre Kinder hätten die Gegenstände unbemerkt in den Einkaufswagen gelegt. Obwohl Zweifel an den Angaben der Klägerin bestanden, da die Artikel aus einem Wandregal stammten, das die Kinder nicht erreichen konnten, wurde seinerzeit keine Anzeige erstattet und der Sachverhalt erst anlässlich der Taten vom 05.06.2014 der Polizei zur Kenntnis gebracht. Die Staatsanwaltschaft stellte das strafrechtliche Ermittlungsverfahren schließlich insoweit nach § 154 Abs. 1 StPO ein.
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Eine abschließende und verlässliche Ausermittlung dieses Tatverdachts hat damit weder im Strafverfahren noch im weiteren behördlichen Disziplinarverfahren stattgefunden. Daher liegen auch keine in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen vor, die nach § 14 Abs. 2 LDG der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne weitere Prüfung zu Grunde gelegt werden könnten. Davon ist letztlich auch der Beklagte in der hier angegriffenen Disziplinarverfügung ausgegangen. Denn er hat bereits nicht das nach § 14 Abs. 2 LDG vorgesehene pflichtgemäße Ermessen ausgeübt, ob hinsichtlich dieses Vorwurfs Feststellungen aus dem Strafermittlungsverfahren dem Disziplinarverfahren zugrunde gelegt werden können. Vielmehr wurden ausdrücklich lediglich die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehl unter Berufung auf § 14 Abs. 2 LDG ohne weitere Prüfung dem Disziplinarverfahren zugrunde gelegt (vgl. S. 9 der Disziplinarverfügung). Der Strafbefehl betraf indes nur die am 05.06.2014 begangenen Taten. Auch im Rahmen der dienstrechtlichen Würdigung hat das Polizeipräsidium die der Klägerin mit der Disziplinarverfügung zur Last gelegte Verletzung der Wohlverhaltenspflicht aus § 34 Satz 3 BeamtStG allein aus den mit dem Strafbefehl des Amtsgerichts ... geahndeten Taten hergeleitet.
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Mangels belastbarer tatsächlicher Feststellungen zu dem behaupteten weiteren Diebstahlsversuch im März 2014 kann ein solcher Vorwurf nicht zulasten der Klägerin in die Maßnahmebemessung eingestellt werden. Es ist auch nicht Aufgabe des Senats, die diesbezüglich im behördlichen Disziplinarverfahren unterbliebenen Ermittlungen im gerichtlichen Verfahren nachzuholen.
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ee) Die mit der Entfernung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochene disziplinare Höchstmaßnahme in der Verfügung vom 04.08.2017 erweist sich nach alledem als rechtswidrig. § 21 Satz 1 AGVwGO bestimmt, dass das Gericht die Abschlussverfügung aufhebt, wenn diese rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Allerdings kann das Gericht gemäß § 21 Satz 2 AGVwGO, wenn ein Dienstvergehen erwiesen ist, die Verfügung auch aufrechterhalten oder zu Gunsten der Beamtin ändern, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsverletzung beseitigt ist. Diese Vorschrift findet auch im Berufungsverfahren und bei materiellen Bemessungs- oder Ermessensfehlern der Disziplinarbehörde im Rahmen der §§ 26 ff. LDG Anwendung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.08.2016 - DL 13 S 1279/15 -, juris Rn. 1; Urteil vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -, juris Rn. 59; Burr, in: v. Alberti/u.a., Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 2021, § 21 AGVwGO Rn. 1). Mit der Formulierung „kann“ wird ein richterliches Ermessen eingeräumt, ob statt der Aufhebung der Abschlussverfügung diese aufrechterhalten oder abgeändert wird (LT-Drucks. 14/2996, S. 148); eine Verpflichtung des Disziplinargerichts, eine Entscheidung nach § 21 Satz 2 AGVwGO zu treffen, besteht hingegen nicht. Bei der gerichtlichen Ermessensausübung ist zu beachten, dass § 21 Satz 2 AGVwGO dem Zweck der Verfahrensbeschleunigung und damit der Verwirklichung des in Baden-Württemberg nicht ausdrücklich normierten (vgl. etwa im Bundesdisziplinarrecht § 4 BDG), aber dem Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz nach wie vor zu Grunde liegenden (vgl. LT-Drucks. 14/2996, S. 148) Beschleunigungsgrundsatzes dient. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Disziplinargerichte unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes und aus Gründen der Prozessökonomie in Ausübung ihres richterlichen Ermessens regelmäßig von der Möglichkeit des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch machen sollen, wenn sich eine Abschlussverfügung als rechtswidrig erweist und die Rechtsverletzung mit der gerichtlichen Entscheidung beseitigt werden kann. Diese Erwartung äußert auch der Gesetzgeber in der Begründung zum Landesdisziplinargesetz (LT-Drucks. 14/2996, S. 148; zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.02.2017 - DL 13 S 2331/15 -, juris Rn. 59 m.w.N.).
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Nachdem hier keine Besonderheiten ersichtlich sind, macht der Senat bei Ausübung seines richterlichen Ermessens von der ihm eingeräumten Änderungsbefugnis des § 21 Satz 2 AGVwGO Gebrauch. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass dem Gewicht der Pflichtverletzung der Klägerin die Kürzung ihrer monatlichen Bezüge für drei Jahre um 5 Prozent gemäß § 29 Abs. 1 LDG Rechnung trägt.
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(1) Auf Grundlage der vorstehend bereits erörterten Bemessungskriterien stellt sich das von der Klägerin begangene Dienstvergehen als mittelschwer dar. Grundsätzlich geht der Senat darüber hinaus davon aus, dass das mittelschwere Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat und die Klägerin daher eigentlich nach § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG in das Amt der Polizeimeisterin (A 7) zurückzustufen wäre.
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Nach der Konzeption des Landesdisziplinargesetzes stehen der Schweregrad des Dienstvergehens und das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung nicht unverbunden nebeneinander (vgl. hierzu und zum Folgenden: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.06.2011 - DL 13 S 1826/10 -, juris Rn. 82 ff.). Vielmehr ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang der §§ 27 ff. LDG, dass mit einem schweren Dienstvergehen tendenziell auch ein höheres Maß an Vertrauensverlust einhergeht. Einem mittelschweren Dienstvergehen ordnet der Gesetzgeber eine erhebliche Beeinträchtigung (§ 29 Abs. 1 Satz 1 LDG) oder eine nachhaltige Erschütterung (§ 30 Abs. 1 Satz 1 LDG) des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung zu.
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Vorliegend ist grundsätzlich von einer nachhaltigen Erschütterung des Vertrauens auszugehen. Die Klägerin hat nach den vorstehenden Ausführungen im Kernbereich ihrer Pflichten als Polizeibeamtin versagt, so dass sie sich nach objektiven Gesichtspunkten an den Rand der Tragbarkeit für den öffentlichen Dienst gebracht hat. Aufgrund der genannten entlastenden Gesichtspunkte ist in der gebotenen Gesamtschau die Schwelle zu einem schweren Dienstvergehen jedoch nicht erreicht und das Vertrauen in die pflichtgemäße Amtsführung noch nicht endgültig zerstört. Aufgrund der mittleren Schwere des Dienstvergehens ist aber von einem nachhaltigen Vertrauensverlust im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 LDG auszugehen, der grundsätzlich dadurch gekennzeichnet ist, dass es eines längeren Zeitraums zur endgültigen Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses bedarf (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2017 - DL 13 S 552/16 -, juris Rn. 46) und ein Bedürfnis nach einer möglichst nachdrücklichen erzieherischen Einwirkung besteht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2002 - DL 17 S 15/02 -, juris Rn. 41). Dem entspricht grundsätzlich der Zweck der Zurückstufung als Pflichtenmahnung für die Beamtin. Aufgrund der mittleren Schwere des Dienstvergehens hält es der Senat für erforderlich und angemessen, die Klägerin disziplinarisch dazu anzuhalten, sich künftig straffrei zu verhalten. Die Zurückstufung der Klägerin wäre die angemessene Reaktion auf den beim Dienstherrn und der Allgemeinheit eingetretenen nachhaltigen Vertrauensverlust. Diese Disziplinarmaßnahme erwiese sich auch im Übrigen als verhältnismäßig.
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(2) Allerdings scheidet die Zurückstufung der Klägerin hier aus formellen Gründen aus; denn nach der seit dem 01.01.2022 geltenden Fassung der Anlage 1 zum Landesbesoldungsgesetz vom 22.12.2021 (GBl. 1009) ist das Amt der Polizeimeisterin der Besoldungsgruppe A 7 als Eingangsamt des mittleren Polizeivollzugsdienstes mit Blick auf die gestiegenen Anforderungen und die anspruchsvollere Aus- und Fortbildung (LT-Drucks. 17/1119, S. 7) gestrichen worden. Eingangsamt ist nunmehr das der Polizeiobermeisterin nach der Besoldungsgruppe A 8, in dem sich die Klägerin aktuell befindet. Eine Zurückstufung nach § 30 Abs. 1 LDG ist grundsätzlich nur innerhalb der Laufbahngruppe möglich und zwar vom jeweiligen Endamt der Laufbahn bis zum jeweiligen Eingangsamt im statusrechtlichen Sinne (vgl. Burr, in: v. Alberti/u.a., Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 2021, § 30 Rn. 3). Ist eine Zurückstufung nicht möglich, weil sich die Beamtin – wie hier die Klägerin – im (aktuellen) Eingangsamt befindet, ist eine Kürzung der Bezüge nach § 29 LDG festzusetzen (Burr, a.a.O., § 30 Rn. 4).
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Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 LDG können die monatlichen Bezüge des Beamten, um ihn zur Pflichterfüllung anzuhalten, um höchstens 20 % für längstens drei Jahre anteilig vermindert werden. Für die Bestimmung der Laufzeit der Kürzung ist dabei die Schwere des Dienstvergehens entscheidend; für die Festlegung des Kürzungsanteils sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten maßgeblich (vgl. zu letzterem § 29 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 LDG; zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2002 - DL 17 S 15/02 -, juris Rn. 39; BVerwG, Urteil vom 21.03.2001 - 1 D 29/00 -, BVerwGE 114, 88 ).
72 
Da vorliegend eigentlich die höhere Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung zu ergreifen wäre und dies lediglich aus laufbahnrechtlichen Gründen ausscheidet, ist es angemessen, mit Blick auf die mittlere Schwere des Dienstvergehens, das die Schwelle zum schweren Dienstvergehen im Sinne des § 31 Abs. 1 LDG nur gerade so nicht überschreitet, die Kürzung der monatlichen Bezüge für die höchstmögliche Dauer von drei Jahren festzusetzen. Insoweit erscheint es dem Senat nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderlich und auch im Übrigen nicht angebracht, mit Blick auf die vergleichsweise lange Dauer des Disziplinarverfahrens die Kürzungsdauer zu verringern (zum Milderungsgrund der unangemessenen Verfahrensdauer vgl. BVerwG, Urteil vom 08.07.2021 - 2 WD 22.20 -, juris Rn. 38 m.w.N.), zumal die Klägerin allein wegen der Dauer des Verfahrens und des in dieser Zeit erfolgten Entfallens des ursprünglichen Eingangsamtes nach der Besoldungsgruppe A 7 von der höheren Maßnahme der Zurückstufung nach § 30 Abs. 1 LDG verschont bleibt.
73 
Zur Festlegung des Kürzungsanteils, bei dem die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 LDG zu berücksichtigen sind, orientiert sich der Senat an den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts etablierten laufbahnbezogenen Regelsätzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2001 - 1 D 29.00 -, BVerwGE 114, 88 ; Burr, in: v. Alberti/u.a., Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 2021, § 29 Rn. 3) und setzt den Anteil für die der Laufbahn des mittleren Dienstes angehörende Klägerin auf 5 % fest. Gründe, die ein Abweichen von dem Regelsatz gebieten würden, sind nicht ersichtlich.
74 
Der Kürzung der Bezüge der Klägerin steht hier nicht § 34 Abs. 1 Nr. 2 LDG entgegen, nach dem wegen desselben Sachverhalts u.a. eine Kürzung der Bezüge neben einer im Strafverfahren verhängten Strafe nur ausgesprochen werden darf, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Bleibt der Beamte aus laufbahnrechtlichen Gründen von der an sich gebotenen Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung verschont und wird allein deshalb eine Kürzung der Dienstbezüge ausgesprochen, so sind die besonderen Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Nr. 2 LDG stets erfüllt. Der Ausschluss der Zurückstufung lässt die mildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge neben der im Strafverfahren verhängten Strafe stets als erforderlich erscheinen, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Auf das Vorliegen konkreter Umstände für eine Wiederholungsgefahr kommt es in diesem Fall nicht an (so im Ergebnis auch: Burr, in: v. Alberti/u.a., Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 2021, § 29 Rn. 4; zum BDG: BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 - 2 C 13.10 -, ZBR 2011, 166 ).
75 
c) Die aus dem Tenor ersichtliche Änderung der Disziplinarverfügung bezieht sich nicht nur auf die in Ziffer 1 rechtswidrig ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Konsequenterweise haben auch die in Ziffer 2 vorgesehene Dienstenthebung und der Einbehalt eines Teils der monatlichen Bezüge bis zum unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens nach § 31 Abs. 2 LDG keinen Bestand.
76 
Bei der durch dieses Urteil vorgenommenen Kürzung der Bezüge ist als Nebenentscheidung jedoch darüber zu befinden, ob der Zeitraum, innerhalb dessen das Beförderungsverbot gemäß § 29 Abs. 4 Satz 1 LDG gilt – namentlich für die Dauer der Kürzung der Bezüge –, verkürzt werden soll. Gemäß § 29 Abs. 4 Satz 2 LDG kann eine solche Verkürzung ausgesprochen werden, soweit dies mit Rücksicht auf die Dauer des Verfahrens angezeigt ist. Der Senat hält eines solche Verkürzung bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens jedoch nicht für angezeigt.
77 
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 22 AGVwGO, § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin im Rahmen des Berufungsverfahrens – anders als noch in erster Instanz – nicht mehr die vollständige Aufhebung der Disziplinarverfügung beantragt hat, sondern lediglich noch deren gerichtliche Änderung und Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Mit diesem Berufungsantrag obsiegt die Klägerin vollständig. Dem Umstand, dass sie der Sache nach nur teilweise Berufung eingelegt hat und entgegen dem erstinstanzlich gestellten Antrag die Disziplinarverfügung nicht vollständig aufgehoben wurde, ist durch eine Quotelung der Kosten der ersten Instanz Rechnung zu tragen.
78 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

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