Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 12 S 3327/20

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das Verfahren der zweiten Instanz wird abgelehnt.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2020 - 8 K 6888/18 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
A) Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Klägers (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO) für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist abzulehnen. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Ausführungen, die unter der gebotenen Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Prozesskostenhilferecht (vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 23.03.2022 - 2 BvR 1514/21 -, juris Rn. 58, und vom 22.03.2021 - 2 BvR 353/21 -, juris Rn. 3 ff.) die Verneinung der hinreichenden Erfolgsaussichten tragen.
B) Der nach § 124a Abs. 4 Sätze 1 und 4 VwGO rechtzeitig gestellte und begründete Antrag des Klägers, eines im Jahre ... geborenen und seit 1992 im Bundesgebiet lebenden türkischen Staatsangehörigen kurdischer Volkszugehörigkeit, auf Zulassung der Berufung gegen das am 13.10.2020 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg hat keinen Erfolg.
Mit dem Urteil vom 29.09.2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers mit den Anträgen, den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 06.12.2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die dem Kläger erteilte Aufenthaltserlaubnis entsprechend seinem Antrag vom 19.04.2018 zu verlängern, abgewiesen. Das Regierungspräsidium hat in dem angefochtenen Bescheid unter Heranziehung von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG die Ausweisung des Klägers aus dem Bundesgebiet verfügt (Ziffer 1), den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt (Ziffer 2), den Kläger verpflichtet, sich einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen Polizeidienststelle zu melden und den Aufenthalt auf den Landkreis E. beschränkt (im Einzelnen Ziffer. 3) und ein Einreise- und Aufenthaltsverbot mit Bezug zur Ausweisung von fünf Jahren vorgesehen (Ziffer 4).
Hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht getroffenen Entscheidungen zu der Meldeauflage und Aufenthaltsbeschränkung, zu der beantragten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis sowie zu dem Einreise- und Aufenthaltsverbot (vgl. UA S. 25 f. unter II. bis IV.) bleibt der unbeschränkt auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 29.09.2020 gestellte Antrag schon deshalb ohne Erfolg, weil sich die Ausführungen in der Begründung des Zulassungsantrags mit Schriftsatz vom 14.12.2020 zu diesen selbstständigen Streitgegenständen nicht verhalten. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe betreffen allein die Ausweisung aus dem Bundesgebiet. Aus den im Zulassungsantrag genannten und nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO allein maßgeblichen Gründen ist die Berufung hinsichtlich des Streitgegenstands der Ausweisung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder der ebenfalls geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zuzulassen.
I) Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 1 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 8, vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, juris Rn. 9, vom 12.11.2002 - 7 AV 4.02 -, juris Rn. 5, und vom 14.06.2002 - 7 AV 1.02 -, juris Rn. 7). Dabei ist davon auszugehen, dass das Zulassungsverfahren nicht die Funktion hat, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22.07.2020 - 1 BvR 561/19 -, juris Rn. 16, vom 06.06.2018 - 2 BvR 350/18 -, juris Rn. 16, und vom 16.01.2017 - 2 BvR 2615/14 -, juris Rn. 19, jeweils m.w.N.). Der Zulassungsgrund liegt daher vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22.07.2020 - 1 BvR 561/19 -, juris Rn. 16, vom 08.05.2019 - 2 BvR 657/19 -, juris Rn. 33, vom 06.06.2018 - 2 BvR 350/18 -, juris Rn. 16, und vom 16.01.2017 - 2 BvR 2615/14 -, juris Rn. 19), es sei denn, es lässt sich im Einklang mit dem eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens zuverlässig feststellen, dass das Verwaltungsgericht die Rechtssache im Ergebnis richtig entschieden hat und die angestrebte Berufung deshalb keinen Erfolg haben wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 07.10.2020 - 2 BvR 2426/17 -, juris Rn. 34, und vom 16.07.2013 - 1 BvR 3057/11 -, juris Rn. 40; BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 7 ff.). Bei der Prüfung der Ergebnisrichtigkeit dürfen die anderweitig herangezogenen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte auch nicht ihrerseits auf einen anderen Zulassungsgrund hinführen (vgl. Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124 Rn. 22). Nach Erlass der angegriffenen Entscheidung und bis zum Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) neu eingetretene Tatsachen sowie erhebliche Änderungen des maßgeblichen Rechts können zu berücksichtigen sein (vgl. näher BVerwG, Beschlüsse vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, juris Rn. 8 ff., und vom 14.06.2002 - 7 AV 4.02 -, juris Rn. 5 ff.; Rudisile in: Schoch/Schneider, VwGO, § 124 Rn. 26p ; Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124 Rn. 26 ff.; Happ in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 20 ff.).
Zur Darlegung ernstlicher Zweifel ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung erforderlich. Der Streitstoff muss dabei unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden. Erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwendige Ermittlungen ermöglicht. Das Maß der zu leistenden Substantiierung kann dabei von der jeweiligen Begründungsdichte und dem Begründungsaufwand der Entscheidung abhängig sein (VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 17.08.2021 - 11 S 42/20 -, juris Rn. 4, und vom 26.08.2020 - 11 S 2038/19 -, juris Rn. 4; vgl. näher Happ in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 ff.; Rudisile in: Schoch/Schneider, VwGO, § 124a Rn. 100 ).
Ausgehend von diesen Maßstäben zeigt die Antragsbegründung nicht auf, dass das angegriffene Urteil ernstlichen Zweifeln ausgesetzt ist.
1) Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt, dass ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vorliegt, wenn der Ausländer die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wobei hiervon unter anderem dann auszugehen ist, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn, er nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand. Für die Auslegung des Tatbestands des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG gelten die Maßstäbe, die das Bundesverwaltungsgericht zur Auslegung des früheren Regelausweisungstatbestands nach § 54 Nr. 5 AufenthG in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung entwickelt hat (BVerwG, Urteil vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, juris Rn. 19). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterstützt eine Vereinigung den Terrorismus, wenn sie sich selbst terroristisch betätigt oder wenn sie die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteile vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, juris Rn. 19, vom 25.07.2017 - 1 C 12.16 -, juris Rn. 16, und vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 29). Dabei ist trotz einer gewissen definitorischen Unschärfe des Terrorismusbegriffs anerkannt, dass als terroristisch jedenfalls der Einsatz gemeingefährlicher Waffen und Angriffe auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele anzusehen sind (BVerwG, Urteile vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, juris Rn. 20, und vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 30 m.w.N.).
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Sowohl für das Tatbestandsmerkmal „Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt“ als auch für das Vorliegen von Indiztatsachen, die den Schluss auf eine Zugehörigkeit des Ausländers zu der Vereinigung oder ihre Unterstützung rechtfertigen, gilt der normale Beweismaßstab der vollen gerichtlichen Überzeugung. Der reduzierte Beweismaßstab, wonach diese Tatsachen eine entsprechende Schlussfolgerung lediglich rechtfertigen, nicht aber zur vollen gerichtlichen Überzeugung beweisen müssen, bezieht sich nur auf die Frage, ob der betroffene Ausländer der Vereinigung tatsächlich angehört oder sie individuell unterstützt. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass die Tatsachen keinen anderen Schluss als den der Tatbestandserfüllung zulassen, andererseits reicht eine bloße Mutmaßung oder nur ein allgemeiner Verdacht nicht aus (vgl. insgesamt BVerwG, Urteile vom 30.07.2013 - 1 C 9.12 -, juris Rn. 12, und vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 82 ff.; Fleuß in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, § 54 Rn. 73 f. ; Hoppe in: Dörig, Handbuch Migrations- und Integrationsrecht, 2. Aufl. 2020, § 7 Rn. 92).
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2) Die Rügen des Klägers, die sich auf die Qualifizierung der PKK als eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung beziehen, bleiben ebenso ohne Erfolg wie diejenigen, die hinsichtlich der entsprechenden Einordnung des vom Kläger besuchten kurdischen Vereins erhoben werden.
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Die Ausführungen des Klägers lassen insbesondere auch nicht erkennen, dass die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts insoweit fehlerhaft wäre. Dies gilt unabhängig davon, ob in einem solchen Fall die Berufung nur dann nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen ist, wenn ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfolgreich gerügt ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 23.11.2021 - 10 S 4275/20 -, juris Rn. 4, vom 22.10.2021 - 12 S 888/19 -, juris Rn. 7, vom 17.08.2021 - 11 S 42/20 -, juris Rn. 23, und vom 18.11.2020 - 11 S 1465/19 -, juris Rn. 19 f.; Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 10.11.2021 - 15 ZB 21.1329 -, juris Rn. 11, vom 23.04.2020 - 10 ZB 20.752 -, juris Rn. 10 ff., und vom 24.03.2020 - 10 ZB 20.138 -, juris Rn. 16; OVG Sachsen, Beschluss vom 07.07.2020 - 3 A 1002/19 -, juris Rn. 4), oder ob ausgehend von der berufungsrechtlichen Funktion des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch ohne einen solchen - revisionsrechtlich bedeutsamen - Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils begründet sein können, wenn dieses auf einer ernstlich zweifelhaften Sachverhalts- bzw. Beweiswürdigung beruht (Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 82 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 10.01.2022 - 2 S 2436/21 -, juris Rn. 14, und vom 18.03.2019 - 8 S 3027/18 -, juris Rn. 4). Der Kläger hat bereits nicht substantiiert aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich von einem unzutreffenden bzw. unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist. Auch der Umstand, dass der Kläger Tatsachen anders wertet als das Verwaltungsgericht, genügt für die Annahme ernstlicher Zweifel nicht.
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a) Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass die PKK eine Vereinigung sei, die den Terrorismus unterstütze und dass er die PKK durch seine Handlungen im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG unterstützt habe und diese noch unterstütze. Die PKK sei - entsprechend einer Entscheidung des belgischen Kassationshofs vom Januar 2020 im Rahmen eines Strafverfahrens - keine Terrororganisation, sie sei lediglich Partei eines innertürkischen bewaffneten Konflikts. Schon im September 2017 habe das Brüsseler Berufungsgericht so geurteilt. Auch in der Schweiz sei die PKK nicht als terroristische Organisation gelistet, weil sie nicht auf der Liste der Terrororganisationen der Vereinten Nationen stehe. Zudem sei im November 2018 durch das Gericht der Europäischen Union entschieden worden, dass die PKK zwischen 2014 und 2017 zu Unrecht auf der EU-Terrorliste geführt worden sei. Soweit das Verwaltungsgericht darauf verweise, dass allein zwischen Juli 2015 bis Dezember 2019 über 4700 Menschen in dem Konflikt zwischen der Türkei und der PKK gestorben seien, berücksichtige es nicht, dass die im Rahmen des Konflikts getöteten Personen, insbesondere Zivilisten, allesamt auf das Konto des türkischen Staats oder des Islamischen Staats gingen. Die PKK werde subtil verantwortlich gemacht, um die frühere Annahme, die PKK sei eine terroristische Vereinigung, weiterhin aufrechtzuerhalten. Die legalen und legitimen sowie friedlichen politischen und kulturellen Aktivitäten der Kurden sowie die berechtigten, legalen und friedlichen Proteste der Kurden für die Lösung des Konflikts oder gegen die Repressionen der Republik Türkei dürften nicht wiederum automatisch als Terrorismus bezeichnet und die Teilnahme hieran als Unterstützung des Terrorismus delegitimiert werden (vgl. näher Schriftsatz vom 14.12.2020 insb. S. 6 ff. unter B.I.2.).
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Die Qualifizierung der PKK als eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, entspricht jedoch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteile vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, juris Rn. 24, vom 25.07.2017 - 1 C 12.16 -, juris Rn. 16, und vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 36 f.) und des erkennenden Gerichtshofs (VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 22.03.2022 - 1 S 2284/20 -, juris Rn. 82, vom 02.03.2016 - 11 S 1389/15 -, juris Rn. 37, und vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 73 ff.; Beschlüsse vom 08.07.2019 - 11 S 45/19 -, juris Rn. 7, und vom 29.03.2021 - 12 S 1115/20 -, n.v.), der sich das Verwaltungsgericht angeschlossen hat. Dies gilt insbesondere für den hier vorliegenden Zeitraum - für den Kläger sind seitens des beklagten Landes Erkenntnisse ab dem Jahre 2010 mitgeteilt worden - und im Übrigen auch heute.
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Zwar ist der Hinweis des Klägers zutreffend, dass mit Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 15.11.2018 die Aufnahme der PKK in die vom Rat der Europäischen Union erstellte Liste der Terrororganisationen für die Jahre 2014 bis 2017 mit Blick auf als nicht ausreichend erachtete Begründungen beanstandet worden ist und die entsprechenden Beschlüsse und Durchführungsverordnungen für nichtig erklärt worden sind, soweit sie die PKK betreffen (siehe im Einzelnen EuG, Urteil vom 15.11.2018 - T-316/14 - PKK/Rat -, juris Rn. 56 ff., Rn. 81 ff.). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat jedoch auf das Rechtmittel des Rates der Europäischen Union mit Urteil vom 22.04.2021 (C-46/19) die entsprechende Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union aufgehoben und die Rechtssache zurückverwiesen. Die PKK war und ist bis heute auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP -, ABl. L 116 vom 03.05.2002, S. 75, zuletzt aktualisiert mit Beschluss (GASP) 2022/152 des Rates vom 03.02.2022 -, ABl. L 025 vom 04.02.2022, S. 13). Sie ist im Übrigen auch seit dem Jahre 1997 und bis heute auf der Liste ausländischer terroristischer Organisationen des U.S. Departement of State geführt (https://www.state.gov/foreign-terrorist-organizations/).
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Der Verweis auf Rechtsprechung in Belgien und der Schweiz, wonach die PKK dort nicht (mehr) als Terrororganisation angesehen werde, begründet keine ernstlichen Zweifel an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Die ausländischen Entscheidungen sind mit dem Zulassungsantrag nicht vorgelegt worden; unter den in der Antragsschrift genannten Internetquellen sind diese nicht in ihrem Wortlaut abrufbar. Im Übrigen ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Entscheidung des belgischen Kassationshofs vom 28.01.2020 - P.19.0310.N - (ECLI:BE:CASS:2020:ARR.20200128.6) https://juportal.be/content/ECLI:BE:CASS:2020:ARR.20200128.6/FR?HiLi=eNpLtDKwqq4FAAZPAf4, auf die sich der Kläger wohl bezieht, für das vorliegende Ausweisungsverfahren von Bedeutung wäre. Mit dieser Entscheidung hat der Kassationshof eine zuvor ergangene gerichtliche Entscheidung bestätigt, Anklagen gegen Mitglieder der PKK in Belgien nicht zuzulassen. Gegenstand des belgischen Verfahrens ist die Frage der individuellen Strafbarkeit von Angehörigen der PKK nach belgischem Strafrecht für mutmaßliche terroristische Verbrechen, die nach Auffassung des Gerichts im Zuge eines bewaffneten Konflikts in der Osttürkei begangen worden seien (vgl. auch Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Die kurdische PKK als Konfliktpartei und terroristische Vereinigung, vom 10.02.2020 - Az.: WD 2-3000-010/20 -, S. 4 ff.; Theune, Die PKK als Konfliktpartei in einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt - Beschluss des Kassationshofs in Belgien bestätigt Entscheidung des Brüsseler Berufungsgerichts, Kritische Justiz 2020, 394 ff.). Dies gibt als solches keinen Anlass dafür, dass die gefestigte verwaltungsgerichtliche und im Übrigen auch strafgerichtliche Rechtsprechung zur Einordnung der PKK nach deutschem Recht nunmehr in einem anderen Licht zu sehen sein könnte (zur fortdauernden Qualifizierung der PKK als ausländische terroristische Vereinigung in dem im vorliegenden Verfahren relevanten Zeitraum und bis heute vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 03.09.2015 - AK 27/15 -, juris Rn. 6 ff., vom 23.06.2020 - StB 18/20 -, juris Rn. 1 ff., vom 09.03.2021 - 3 StR 197/20 -, juris, vom 30.06.2021 - AK 36/21 -, juris Rn. 6 ff., und vom 30.11.2021 - AK 49/21 -, juris Rn. 6 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 19.10.2021 - 7-37 OJs 2/14 -, n.v.). Abgesehen davon, dass Einstufungsentscheidungen, die durch die Organe eines Staats vorgenommen werden, für andere Staaten rechtlich nicht bindend sind (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 01.03.2021 - 19 ZB 20.1468 -, juris Rn. 15 mit Blick auf das Urteil des Belgischen Kassationshofes vom 28.01.2020), leistet die Antragsschrift auch nicht die gebotene inhaltliche Auseinandersetzung mit der vorliegenden deutschen Rechtsprechung und der deutschen Rechtslage, deren Vergleichbarkeit mit der belgischen weder dargelegt noch ersichtlich ist. So schließen sich etwa nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auch der erkennende Gerichtshof aufgriffen hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 02.03.2016 - 11 S 1389/15 -, juris Rn. 33, und vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 72 - jeweils unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 06.05.2014 - 3 StR 265/13 -, juris), die Rolle als Konfliktpartei in einem bewaffneten Konflikt und die Annahme einer terroristischen Vereinigung nicht aus; Anschläge der PKK unterfallen nicht dem Kombattantenprivileg und sind auch nicht nach Völkergewohnheitsrecht gerechtfertigt (BGH, Beschlüsse vom 17.05.2022 - 3 StR 109/22 -, juris, vom 08.02.2018 - AK 3/18 -, juris Rn. 16, und vom 06.05.2014 - 3 StR 265/13 -, juris Rn. 12 ff.; Schäfer/Anstötz in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Aufl. 2021, § 129 Rn. 67; vgl. auch Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Die kurdische PKK als Konfliktpartei und terroristische Vereinigung, vom 10.02.2020 - Az.: WD 2-3000-010/20 -, S. 5 ff.). Im Übrigen ist ausweisungsrechtlich der Begriff der Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, nicht deckungsgleich mit dem Begriff der terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 129a, 129b StGB und setzt insbesondere auch keine entsprechende strafgerichtliche Verurteilung voraus (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 28 ff.; Hailbronner in: Hailbronner, AuslR, § 54 Rn. 47 ). Weshalb auch vor diesem Hintergrund ein zum belgischen Strafrecht ergangenes Urteil Auswirkungen auf die ausweisungsrechtliche Bestimmung einer Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, hätte, zeigt der Zulassungsantrag nicht auf; solches liegt auch nicht auf der Hand.
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Ferner ist das Verwaltungsgericht zutreffend der Sache nach davon ausgegangen, dass die Aufnahme einer Organisation in die vom Rat der Europäischen Union erstellte Liste der Terrororganisationen, die regelmäßig aktualisiert wird, seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 24.06.2015 (nur) ein deutlicher Anhaltspunkt dafür ist, dass die Organisation terroristischer Art ist oder im Verdacht steht, eine solche zu sein (EuGH, Urteil vom 24.06.2015 - C-373/13 - H.T. -, juris Rn. 83; BVerwG, Urteile vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, juris Rn. 20, und vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 30). Das Verwaltungsgericht hat sich nicht mit dem Verweis auf die - im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - aktuelle EU-Terrorliste begnügt, sondern selbstständig Feststellungen dazu getroffen, dass die PKK seit Ende des letzten Jahrhunderts und bis heute ihre Ziele mit terroristischen Mitteln, d.h. mittels des Einsatzes gemeingefährlicher Waffen und Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele, verfolgt bzw. hat bereits vorliegende Feststellungen des erkennenden Gerichtshofs sich zu eigen gemacht (siehe im Einzelnen UA S. 12 f.). Die auf der Auswertung zahlreicher Quellen basierenden verwaltungsgerichtlichen Feststellungen werden nicht durch das Vorbringen des Klägers infrage gestellt, tatsächlich würden alle im Rahmen des Konflikts getöteten Zivilisten auf das Konto des türkischen Staats oder des Islamischen Staats (IS) gehen. Der Zulassungsantrag benennt keine Quellen, die diesen Vortrag stützen würden. Auch der Umstand, dass zu den Gruppen, die in der Vergangenheit den IS bekämpft haben, kurdische Gruppen gehören, hat keine Auswirkungen auf die Beurteilung, ob die Gefahr einer Beteiligung der PKK an terroristischen Handlung fortbesteht (vgl. auch EuGH, Urteil vom 22.04.2021 - C-46/19 -, juris Rn. 86).
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Soweit der Kläger vorträgt, die Teilnahme an diversen Veranstaltungen von April 2012 bis April 2016 könne ihm schon deshalb nicht vorgeworfen werden, weil in diesem Zeitraum intensive Friedensverhandlungen zwischen der Republik Türkei und der PKK bezüglich der Lösung des Kurdenkonflikts stattgefunden hätten und eine entsprechende Waffenruhe vereinbart gewesen wäre (im Einzelnen Schriftsatz vom 14.12.2020 insb. S. 8 f. unter B.II.), fehlt es an jeglicher Auseinandersetzung mit der vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs, nach der die PKK zu keinem Zeitpunkt ernst- und dauerhaft von terroristischen Aktionen Abstand genommen hat, da von ihr ausgerufene Waffenruhen stets wieder beendet worden sind und es selbst während der Zeit von Waffenruhen weiterhin zu terroristischen Aktivitäten gekommen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 02.03.2016 - 11 S 1389/15 -, juris Rn. 37, und vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 76).
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b) Das Verwaltungsgericht ist ferner davon ausgegangen, dass der Kulturverein, dessen Mitglied der Kläger ist und an dessen Aktionen er teilnimmt, den Terrorismus unterstützt, indem er die Terrorakte der PKK fördert und befürwortet. Es hat sich hierbei darauf gestützt, dass der Verein nach den Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz unter anderem als Veranstalter von Demonstrationen von NAV-DEM sowie von Newroz- und Jahresfeiern auftrete und NAV-DEM als Dachverband der PKK-nahen kurdischen Vereinigungen ein Verein sei, der die PKK unterstütze (vgl. UA S. 15 f. unter Hinweis auf den Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2019, S. 109; sowie VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 107 ff.). Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 41, und vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, juris Rn. 25). Die allgemein gehaltenen Ausführungen im Zulassungsantrag, wonach der vom Kläger besuchte Verein nicht PKK-nah sei und auch die Veranstaltungen, die der Kläger besucht habe, und seine Aktivitäten nichts mit der PKK zu tun hätten (Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 4 ff. unter B.), geben keinen Anlass zu einer anderen Sichtweise.
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Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht in einem erstinstanzlichen Urteil vom 26.01.2022 die Verflechtung von PKK, Dachverband und den örtlichen kurdischen Vereinen erneut bestätigt. Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge gehören - auch in dem im vorliegenden Fall relevanten Zeitraum - die Beschaffung von Finanzmitteln, die Propaganda auch mittels öffentlichkeitswirksamer Aktionen sowie die Rekrutierung von Nachwuchs für den Kaderapparat und die Guerillakräfte im Kampfgebiet unverändert zu den wesentlichen Aufgaben der Organisationseinheiten und Institutionen der PKK in Europa. Die PKK war und ist streng zentralistisch und hierarchisch organisiert; die Strukturen erstrecken sich auf Europa und Deutschland. Institutionen und Organisationen der PKK sind in diese Strukturen eingebunden, um deren Ziele zu verwirklichen. Neben einem eigenen Medienapparat bedient sich die PKK zur Verfolgung ihrer Ziele vor allem ihrer Massenorganisationen sowie der Dachverbände der kurdischen Vereine. Als solche hat in Deutschland bis Juni 2014 die „Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland e.V.“ (YEK-KOM) und anschließend bis 2020 das „Demokratische Gesellschaftszentrum der Kurdinnen in Deutschland e.V.“ (NAV-DEM) fungiert, welches danach von der im Mai 2019 gegründete „Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V." (KON-MED) abgelöst worden ist. Bei dem jeweiligen Dachverband der kurdischen Vereine handelt es sich um eine PKK-nahe Organisation. Den kurdischen Vereinen, die unter dem Dachverband organisiert sind, kommt eine bedeutende Rolle für die Umsetzung der Ziele der PKK zu. Sie sind neben den Massenorganisationen und dem Dachverband diejenigen Anlaufstellen, in denen die PKK ihre Ideologie verbreitet sowie ihre Gefolgsleute rekrutiert. Aus diesem Grund finanziert die PKK die Vereine, die größtenteils selbst nicht über ausreichende Mittel verfügen (vgl. zu diesen Feststellungen BVerwG, Urteil vom 26.01.2022 - 6 A 7.19 -, juris Rn. 63 m.w.N.).
21 
Der Kläger wendet sich unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 06.02.2019 (18 K 2882/18, juris), mit dem festgestellt gestellt worden sei, dass es sich bei dem „... ...- ... ... ... ... ..." - ungeachtet möglicher Verbindungen zu dem Dachverband NAV-DEM e.V. - um eine eigenständige Vereinigung handle, gegen die keine vollziehbare Verbotsverfügung bestehe und gegen die auch keine besondere Verfügung ergangen sei, in der festgestellt werde, dass NAV-DEM eine Ersatzorganisation der PKK sei, gegen die Qualifizierung des von ihm besuchten Vereins als PKK-nah. Mit dem Hinweis auf das zu einer speziellen Frage des Versammlungsrechts ergangene Urteil ist aber nicht dargetan, weshalb dies für den hier vorliegenden Streitgegenstand einer Ausweisung insbesondere auch vor dem Hintergrund der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz für Baden-Württemberg sowie der dargestellten ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verbindung von sog. kurdischen Kulturvereinen mit der jeweiligen Dachorganisation und der PKK relevant sein sollte. Das Vorbringen des Klägers, das Verwaltungsgericht verkenne, dass derzeit der Verein ... nicht existiere, sondern seit Jahren lediglich das ... ... ... (Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 11 unter B.IV.2.), nimmt schon nicht hinreichend zur Kenntnis, dass das Verwaltungsgericht sowohl Aktivitäten des Klägers beim ... ... ...-... ... ... als auch beim ... ... ... in seine Entscheidung eingestellt hat, Umbenennungen allerdings mit Blick auf die jeweilige gleichbleibende Ausrichtung des Vereins (vgl. hierzu die Schreiben des Innenministeriums vom 10.10.2016 und 19.06.2017 sowie die angefochtene Verfügung vom 06.12.2018, S. 10 ff. unter III.) zu Recht keine Bedeutung beigemessen hat. Soweit der Kläger meint, der Verein ... ...-... ... ... ... gehöre nicht NAV-DEM an, übersieht er nicht nur die vorliegende Rechtsprechung, sondern im Übrigen auch, dass NAV-DEM im Internet eine Liste der kurdischen Vereine in Deutschland veröffentlicht hat, die dem Dachverband angehören, und für Baden-Württemberg auch dieser Verein aufgeführt ist (vgl. Landtag von Baden-Württemberg, Drs. 16/3945 vom 20.04.2018, S. 2).
22 
Der in diesem Zusammenhang ebenfalls erhobene Einwand des Klägers, es sei nicht nachvollziehbar, dass das Verwaltungsgericht seine vermeintlichen Unterstützungshandlungen aus den Jahren 2012 bis 2016 mit einem Bericht des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg im Jahr 2019 rechtfertigen wolle, begründet keine ernstlichen Zweifel am Urteil des Verwaltungsgerichts. Ausweislich der Entscheidungsgründe (UA S. 15) dient die zitierte Stelle aus dem Verfassungsschutzbericht (S. 109) als Beleg für die unverändert geltende Organisationsstruktur des örtlichen Vereins und von NAV-DEM. Dass NAV-DEM als Dachverband der PKK-nahen kurdischen Vereinigungen ein Verein ist, der die PKK unterstützt, ergibt sich im Übrigen selbstständig aus dem vom Verwaltungsgericht ebenfalls angeführten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13.01.2016 (11 S 889/15, juris Rn. 107 ff.), zu dem sich der Kläger nicht verhält (zur Einordnung von NAV-DEM als einer unselbstständigen Teilvereinigung der PKK und Dachverband der örtlichen kurdischen Vereine in Deutschland siehe auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.03.2022 - 1 S 2284/20 -, juris Rn. 55). Es entspricht auch nicht der differenzierten Argumentation in den Entscheidungsgründen, das Verwaltungsgericht hätte - wie mit der Antragsschrift geltend macht - den Verfassungsschutzbericht dazu genutzt, um eine Teilnahme des Klägers an den betreffenden Veranstaltungen, soweit diese überhaupt erfolgt seien, rückwirkend aus den Jahren 2012 bis 2016 als Unterstützungshandlung des Terrorismus einzustufen.
23 
3) Die Rügen des Klägers zu der ihm angelasteten individuellen Unterstützung greifen nicht durch.
24 
a) Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht stütze sich auf Berichte des Verfassungsschutzes ohne die vermeintlichen behördlichen Erkenntnisse auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen. Das Gericht habe entscheidungstragend geheimdienstliche Berichte ungeprüft sich zu eigen gemacht, obwohl es keine eingehenden Kenntnisse über die Erkenntnisquellen und die Arbeitsweise des Landesamts für Verfassungsschutz habe. Ein Ausweisungsverfahren dürfe aufgrund seiner Folgen nicht nur auf die Berichte des Verfassungsschutzes gestützt werden. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, er habe nicht substantiiert und glaubhaft seine Unterstützungshandlungen bestritten, seien unzureichend. Er habe bereits im Rahmen der Klagebegründung dargelegt, an welchen Veranstaltungen er teilgenommen haben könne. Jedenfalls habe er ausdrücklich nicht nur bestritten, sondern glaubhaft dargelegt, dass er im Rahmen seiner Teilnahme oder seiner dortigen Ansprachen keinesfalls den Terrorismus unterstützt habe. Aufgrund des Zeitablaufs und seiner Verletzungen nach einem Unfall habe er sich nicht an alle Details erinnern können (vgl. im Einzelnen Schriftsatz vom 14.12.2020 insb. S. 12 f., 16 f. unter B.V.1. u. VIII.).
25 
Damit wird nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht seiner Verpflichtung zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen nicht gerecht geworden bzw. seine Sachverhalts- oder Beweiswürdigung fehlerhaft wäre.
26 
§ 86 Abs. 1 VwGO gibt dem Gericht auf, den Sachverhalt aufzuklären. Mit welchen Mitteln dies geschieht, entscheidet das Verwaltungsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. etwa Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 86 Rn. 8). Die Beteiligten haben das Recht, auf Tatsache und Reichweite der gerichtlichen Sachverhaltsermittlung durch Beweisanträge einzuwirken (BVerwG, Beschluss vom 09.12.2019 - 1 B 74.19 -, juris Rn. 6). Amtliche Auskünfte sind zulässige und selbständige Beweismittel, die ohne förmliches Beweisverfahren im Wege des Freibeweises verwertet werden können (BVerwG, Beschluss vom 28.06.2010 - 5 B 49.09 -, juris Rn. 5). In dieser Weise ist das Verwaltungsgericht mit den in den Akten befindlichen Auskünften des Landesamts für Verfassungsschutz, des Landeskriminalamts und des Polizeipräsidiums ... zu den Aktivitäten des Klägers verfahren. Aus der Klagebegründung und dem weiteren Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren ist nicht ersichtlich, dass der Kläger substantiiert seine Teilnahme an einer der in den Auskünften des Landesamts für Verfassungsschutz vom 01.03.2018 und 18.09.2020 gelisteten Aktionen bestritten hätte; er hat lediglich geltend gemacht, damit die PKK nicht unterstützt zu haben. Entsprechendes gilt mit Bezug auf die polizeilichen Berichte. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch keinen Beweisantrag gestellt. Weshalb sich vor diesem Hintergrund dem Verwaltungsgericht eine weitere Aufklärung hätte aufdrängen sollen, zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.
27 
b) Der Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht habe ihm - obwohl damals noch minderjährig - Handlungen von Familienangehörigen zu Gunsten der PKK in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zugerechnet (vgl. näher Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 10 unter B.IV.1.), führt nicht zu einer Zulassung der Berufung.
28 
Das Verwaltungsgericht hat im Tatbestand des Urteils den Vortrag des Klägers und seiner Geschwister anlässlich der Anhörung im Asylverfahren Anfang des Jahres 1994 aufgenommen (UA S. 2) und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, bereits bei der Anhörung im Rahmen seines Asylverfahrens 1994 habe der Kläger angegeben, seine Familie habe in der Türkei PKK-Kämpfer mit Lebensmitteln versorgt. In Deutschland habe er mit seinen Geschwistern an zahlreichen Versammlungen teilgenommen und dabei eine Flagge der PKK getragen. Dass das Verwaltungsgericht Handlungen der Familie dem Kläger zugerechnet hätte, lässt sich diesen Ausführungen nicht entnehmen. Der Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht verkenne zudem die Tatsache, dass die PKK im Jahre 1994 keinesfalls als terroristische Organisation eingestuft gewesen sei, verhält sich schon nicht dazu, dass die PKK schon damals - nämlich aufgrund der Verfügung Bundesinnenministeriums vom 22.11.1993 (Bekanntmachung vom 07.06.1994, BAnZ 1994, S. 6629) - mit einem Betätigungsverbot belegt gewesen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.2022 - 6 A 7.19 -, juris Rn. 59).
29 
c) Mit dem Einwand, das Verwaltungsgericht habe ihm zu Unrecht vorgehalten, an Veranstaltungen teilgenommen zu haben, bei denen angeblicher Märtyrer der PKK gedacht worden sei, werden ebenfalls keine ernstlichen Zweifel am verwaltungsgerichtlichen Urteil aufgezeigt.
30 
Der Kläger macht geltend, die kurdische Geschichte kenne seit Jahrhunderten den Begriff Märtyrer. Alle kurdischen Parteien und Organisationen bezeichneten getötete Mitglieder als Märtyrer. Dies folge aus dem beigefügten Bericht „Reportage aus dem Nordirak - Kampferprobt gegen den Terror“; aus diesem sei auch ersichtlich, dass es in der kurdischen Autonomieregion Irak ein „Amt für kurdische Märtyrer“, also für Peschmerga, die im Kampf gefallen seien, gebe. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass im Rahmen der Veranstaltungen zum Gedenken an Märtyrer nur der Märtyrer der PKK gedacht und nur diese geehrt würden, sei unzutreffend. Märtyrer Kurdistans seien etwa auch die Menschen, die am 18.03.1988 durch Saddam Hussein mit Giftgas ermordet, oder die Zivilisten, die im Rahmen der Aufstände zwischen den Jahren 1924 und 1939 getötet worden seien. Das Verwaltungsgericht habe keinesfalls die entsprechenden Tatsachen festgestellt, die die Annahme begründeten, dass die Gedenkveranstaltungen ausschließlich den Märtyrer der PKK gewidmet sein sollten (vgl. näher Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 9 f. unter B.III.).
31 
Das Verwaltungsgericht hat den bereits im Klageverfahren getätigten Vortrag, bei Veranstaltungen sei nicht der Märtyrer der PKK gedacht worden, vielmehr habe es sich um Märtyrer für Kurdistan gehandelt, zur Kenntnis genommen (UA S. 8). Das Gericht hat allerdings ausgehend von den u.a. mit Schreiben vom 01.03.2018 mitgeteilten Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger an zahlreichen Veranstaltungen des kurdischen Vereins teilgenommen habe, bei denen getöteter PKK-Kämpfer gedacht worden sei (UA S. 17). Das Landesamt für Verfassungsschutz hat ausgeführt, dass der Kläger am 29.09.2012 in den Räumlichkeiten des Vereins an einer Veranstaltung teilgenommen habe, bei der u.a. Märtyrer der PKK geehrt worden sein; auf einem Tisch seien Bilder von ihnen, darunter von einer Selbstmordattentäterin, aufgestellt gewesen. Dem Landesamt für Verfassungsschutz zufolge habe der Kläger auch am 30.03.2014 an einer Märtyrer-Gedenkveranstaltung in den Räumlichkeiten des Vereins teilgenommen; eine Teilnahme hieran bedeute, das Gedenken an die PKK-Gefallenen (Guerilla-Kämpfer) hochzuhalten und damit die persönliche Linientreue zur PKK zum Ausdruck zu bringen. Auch in Bezug auf weitere vom Landesamt für Verfassungsschutz gelistete Teilnahmen des Klägers an Veranstaltungen haben bei diesen ausdrücklich „PKK-Märtyrerinnen“ und „PKK-Märtyrer“ eine Rolle gespielt. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sind sog. Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und PKK-Sympathisanten und bezwecken eine Verbreiterung und Stärkung der PKK-Basis (VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 07.12.2012 - 11 S 897/11 -, juris Rn. 55, und vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 -, juris Rn. 44; siehe auch Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 119; Beschlüsse vom 08.01.2013 - 11 S 1581/12 -, juris Rn. 17, und vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, n.v.; vgl. zum Märtyrerkult ferner BVerwG, Beschluss vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 -, juris Rn. 51 ff.).
32 
Nach den unter dem 01.03.2018 mitgeteilten Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, sind die verfahrensgegenständlichen Newroz-Veranstaltungen in einer Weise ausgerichtet worden, dass die am Veranstaltungsort errichtete Bühne mit Bildern von Öcalan und PKK-Märtyrer geschmückt gewesen ist bzw. Bilder von Öcalan mitgeführt und Parolen zu Öcalan und „Terrorist Türkei“ skandiert worden sind. Soweit der Zulassungsantrag ausführt, Newroz-Veranstaltungen seien reine Kulturveranstaltungen, die mit der PKK nichts zu tun hätten (vgl. im Einzelnen Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 12 ff. unter B.V.1. u. V.2.), werden ernstliche Zweifel schon deshalb nicht aufgezeigt, weil die jeweilige konkrete Ausgestaltung der Veranstaltungen nicht in den Blick genommen wird.
33 
d) Der Kläger macht ferner geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht seine Entscheidung auch darauf gestützt, dass er am 15.12.2015 an einer Demonstration des Dachverbands NAV-DEM teilgenommen und bei dieser mit einem Megafon „Die PKK ist das Volk und das Volk ist hier“ skandiert habe, was von anderen Versammlungsteilnehmern wiederholt worden sei. Er habe das Skandieren dieses Ausrufs ausdrücklich bestritten. Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden. Die Annahme des Verwaltungsgerichts entbehre einer Tatsachenfeststellung (Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 12 f. unter B.IV.3. u. V.3.).
34 
Es fehlt jedoch schon an einer Auseinandersetzung mit der im Tatbestand enthaltenen Feststellung, dass der Kläger im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung im Ermittlungsverfahren ... ... ... den entsprechenden Vorwurf eingeräumt hat. Dies entspricht auch dem Inhalt der in den Behördenakten enthaltenen Beschuldigtenvernehmung und der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1 StPO vom 28.09.2016. Danach rief der Kläger anlässlich der in dieser Verfügung näher umschriebenen Versammlung mit Aufzug ca. vier- bis fünf Mal über Megafon zu den Versammlungsteilnehmern „Die PKK ist das Volk und das Volk ist hier“. Der Kläger räumte dies ein; auch wusste er, dass die PKK im Inland einem Betätigungsverbot unterliegt. Dass der Kläger wegen dieser Tat nicht verurteilt worden ist oder - nach dem Vorbringen im Zulassungsantrag - die Polizei bei Versammlungen nicht gegen die Verwendung von Symbolen der Volksverteidigungseinheiten (YPG), der Frauenverteidigungskräfte der YPD (YPJ) und der Partei der Demokratischen Union (PYD) sowie von Bildern insbesondere von Abdullah Öcalan sowie PKK-Märtyrerinnen und PKK-Märtyrer eingeschritten sei, steht der Annahme einer Unterstützung im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht entgegen. Diese Bestimmung bezweckt die effektive Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzung der Eingriffsschwelle (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -, juris Rn. 12). Die Schwelle der Strafbarkeit muss daher nicht überschritten sein, da die Vorschrift der präventiven Gefahrenabwehr dient und auch die Vorfeldunterstützung durch sogenannte Sympathiewerbung erfasst (BVerwG, Urteil vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Auf die Frage, ob eine einzelne Veranstaltung oder Handlung des Klägers verboten ist, kommt es ebenfalls nicht an. Schon aus diesem Grund ist die Auffassung des Klägers, man könne ihm nicht vorhalten, Fahnen der PYD oder Wimpel der YPG und der YPJ getragen zu haben, weil dies nicht verboten sei (Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 16 unter B.VII.), nicht relevant.
35 
e) Das Verwaltungsgericht hat ferner im Einzelnen begründet, weshalb der Kläger nicht von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand genommen hat (UA S. 18 f.). Die dem zugrundeliegende Sachverhalts- und Beweiswürdigung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Insbesondere sind solche mit dem Zulassungsvorbringen, man könne keine Distanzierung von ihm erwarten, weil er die öffentliche Sicherheit und Ordnung überhaupt nicht konkret gefährdet habe, nicht aufgezeigt. Soweit das Verwaltungsgericht die Ausführungen des Klägers, er sei gegen Krieg und Waffen und die PKK sei im Kontext der Kurdenfrage eine wichtige Organisation, nicht in der von ihm erwarteten Weise zu seinen Gunsten gewürdigt hat, begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel.
36 
4) Der Zulassungsantrag zeigt auch nicht auf, dass das Verwaltungsgericht Bleibeinteressen und deren Gewicht verkannt hätte oder dass die nach § 53 Abs. 1 und Abs. 3 AufenthG gebotene Abwägung zwischen dem privaten und dem öffentlichen Interesse fehlerhaft wäre.
37 
a) Soweit der Besitz eines Titels eine Tatbestandsvoraussetzung eines Bleibeinteresses nach § 55 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG ist, erfordert dies - insbesondere mit Blick auf den jeweiligen Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der Norm - den tatsächlichen Titelbesitz im Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.03.2017 - 11 S 2029/16 -, juris Rn. 55; Fleuß in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, § 55 AufenthG Rn. 13, 21 ; Hoppe in: Dörig, Handbuch Migrations- und Integrationsrecht, 2. Aufl. 2020, § 7 Rn. 121 f.; Katzer in: Decker/Bader/Kothe, Migrations- u. Integrationsrecht, 2. Aufl. 2021, § 55 AufenthG Rn. 10 f.); ein Anspruch auf Titelerteilung oder auch eine Fiktionswirkung genügen nicht (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.10.2018 - 7 A 10866/18 -, juris Rn. 29; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.07.2017 - 19 CS 16.2376 -, juris Rn. 13). Das Verwaltungsgericht hat dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt und die Voraussetzungen der § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AufenthG verneint, weil die dem Kläger zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis am 27.06.2018 und damit vor Erlass der Ausweisungsverfügung abgelaufen sei.
38 
Der Kläger wendet hiergegen ein, das Verwaltungsgericht hätte ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AufenthG bejahen müssen, weil er nur wegen der Ausweisung nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sei. Das Verwaltungsgericht könne nicht die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung zur Bedingung des Nichtbestehens des Bleibeinteresses nach § 55 AufenthG machen. Das sei ein Zirkelschluss (vgl. Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 18 unter B.IX.2). Damit wird nicht verdeutlicht, dass die in Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung von der Maßgeblichkeit des Titelbesitzes einer Überprüfung bedürfte.
39 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG bejaht, weil der Kläger mit vier seiner Kinder, die deutsche Staatsangehörige seien, in familiärer Lebensgemeinschaft lebe und er für die drei noch minderjährigen Kinder auch sein Personensorgerecht ausübe. Das Gericht hat zudem der Entscheidung zugrunde gelegt, dass der Kläger über ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 verfügt, und auch seine sonstigen Lebensverhältnisse, insbesondere den langjährigen Voraufenthalt, und seine weiteren Interessen am Verbleib im Bundesgebiet mit dem jeweiligen Gewicht in die Abwägung eingestellt, das diesen zukommt. Im Rahmen der Gesamtabwägung ist das Verwaltungsgericht - entgegen dem Vortrag des Klägers - auch nicht gehalten gewesen tragend zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass die ihm vorgehaltenen Veranstaltungen überwiegend kultureller Art gewesen, diese friedlich verlaufen seien und er im Rahmen der Veranstaltungen auch keine Straftaten begangen habe (Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 17 unter B.IX.1.). Bei den vom Kläger besuchten Veranstaltungen geht es nicht um Kultur, sondern um die Unterstützung des Terrorismus. Mit Blick auf die Ausgestaltung des Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, das der Gesetzgeber im Übrigen typisierend als besonders schwerwiegend ansieht (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, juris Rn. 39), spielt es auch keine Rolle, dass Veranstaltung gewaltlos verlaufen und die Teilnahme hieran straflos ist.
40 
Soweit der Kläger rügt, die Entscheidung sei deshalb fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht aufgrund seiner Verurteilung zu einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG angenommen und dies seiner Ausweisung zugrunde gelegt habe, was den Maßstab nach § 53 Abs. 3 AufenthG verkenne (Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 3 unter A.I. und II.1.), berücksichtigt er nicht, dass ausweislich der Entscheidungsgründe die Verurteilung zu dieser Geldstrafe im Rahmen der Prüfung des § 53 Abs. 3 AufenthG außer Acht gelassen worden ist (vgl. näher UA S. 24 letzter Satz und die dortigen Verweise, die die Ausführungen zu § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG nicht umfassen).
41 
III) Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 oder Nr. 3 VwGO zuzulassen.
42 
Der Kläger macht unter Inanspruchnahme des Zulassungsgrunds der Divergenz geltend, der Gerichtshof der Europäischen Union habe mit Urteil vom 21.10.2020 (C-720/19 - GR -, juris Rn. 24) entschieden, dass es für die durch Art. 7 ARB 1/80 gewährten Rechte nur zwei Arten von Beschränkungen gebe: Entweder stelle die Anwesenheit des betreffenden Familienangehörigen im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats wegen seines persönlichen Verhaltens eine tatsächliche und schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit im Sinne von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 dar, oder der Betroffene habe das Hoheitsgebiet dieses Staats für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen. Hiervon sei das Gericht abgewichen, weil im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des Art. 14 ARB 1 /80 nicht erfüllt seien (Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 2 f. unter A.II.1.)
43 
Abgesehen davon, dass der Gerichtshof der Europäischen Union schon nicht als divergenzfähiges Gericht in dieser Norm bezeichnet ist (vgl. etwa Bayerischer VGH, Beschluss vom 08.11.2021 - 9 ZB 20.3076 -, juris Rn. 21; Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124 Rn. 53), leistet der Zulassungsantrag auch nicht die hinreichende Darlegung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze (näher zu den Darlegungserfordernissen Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124a Rn. 86). Dass das Verwaltungsgericht aus Sicht des Klägers fehlerhaft entschieden habe, weil es trotz des Umstands, dass die vorgeworfenen Handlungen mindestens vier Jahre zurücklägen und es sich überwiegend um Teilnahmen an den gesetzlich erlaubten Veranstaltungen gehandelt habe, die Voraussetzungen für die Ausweisung nach Art. 14 ARB 1/80 bejaht habe, begründet keine Divergenz. Auch die insoweit zugleich geltend gemachte Grundsatzrüge (vgl. Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 3 unter A.II.1.) erfüllt nicht den Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, zumal schon keine klärungsbedürftige Frage formuliert wird.
44 
Soweit der Kläger mit Blick auf Art 14 ARB 1/80 der Auffassung ist, es sei von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, ob eine angenommene bzw. vermutete Gefahr, die auf die Teilnahme an lange Zeit zurückliegenden Veranstaltungen zurückzuführen wäre, eine Ausweisung trotz des bestehenden Schutzes aus ARB 1/80 gegenwärtig rechtfertige (Schriftsatz vom 14.12.2020 S. 4 unter A.II.2.), genügt sein Vorbringen hierzu nicht den Anforderungen an die Darlegung einer Grundsatzrüge (vgl. zu diesen Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124a Rn. 85 m.w.N.).
45 
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 124a Abs. 5 Satz 3 VwGO).
46 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
47 
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1 GKG.
48 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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