Urteil vom Amtsgericht Bonn - 109 C 223/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um Rückzahlungsansprüche aus einer im Onlinebanking-Verfahren getätigten Überweisung.
3Die Klägerin ist Kundin bei der Beklagten und wickelte ihre Überweisungen für das Konto mit der Nummer ######### in der Regel über das Onlinebanking der Beklagten unter Verwendung des chipTAN-Verfahrens ab. Diese Tätigkeiten übernahm der Sohn der Klägerin, der Zeuge I-K T, für die Klägerin mit deren Vollmacht. In den diesbezüglichen Sonderbedingungen für das Onlinebanking war Folgendes geregelt:
4„7.4 – Kontrolle der Auftragsdaten mit von der Bank angezeigten Daten: Soweit die Bank dem Teilnehmer Daten aus seinem Online-Banking-Auftrag (z.B. Betrag, Kontonummer des Zahlungsempfängers, Wertpapierkennnummer) im Kundensystem oder über ein anderes Gerät des Teilnehmers (z. B. Mobiltelefon, Chipkartenlesegerät mit Display) zur Bestätigung anzeigt, ist der Teilnehmer verpflichtet, vor der Bestätigung die Übereinstimmung der angezeigten Daten mit den für die Transaktion vorgesehenen Daten zu prüfen.“
5Im Übrigen wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Bedingungen auf die Anlage B 4 zur Klageerwiderung (Bl. 47-49 d.GA.) verwiesen.
6Für das chipTAN-Verfahren benötigt der Verwender einen TAN-Generator. Dieser TAN-Generator generiert für jede Überweisung eine eigene TAN, wobei die Daten der Überweisung vor der Ausgabe der TAN im Display des TAN-Generators nochmals angezeigt werden und von dem Kunden bestätigt werden müssen. Auf die Besonderheiten dieses Verfahrens weist die Beklagte bei jedem Onlinebanking-Vorgang hin.
7Bei der TAN-Erzeugung mit manueller Eingabe werden dem Nutzer ein Startcode zur Verfügung gestellt, den er in den TAN-Generator bei Einblendung von "Start-Code:" eingeben und bestätigen muss. Sodann hat er die letzten 10 Ziffern der Kontonummer/IBAN des Empfängers in den TAN-Generator unter der Anzeige "Kontonummer:" einzugeben und zu bestätigen. Schließlich ist der zu überweisende Betrag bei entsprechender Anzeige "Betrag:" einzugeben und zu bestätigen.
8Bei der TAN-Erzeugung mit dem optischen Verfahren werden die vorgenannten Transaktionsdaten mit einem optischen Code in den TAN-Generator übertragen. Der Nutzer hat dann die zuvor genannten, bereits mit den Transaktionsdaten versehenen Anzeigen zu bestätigen.
9Anschließend erhält er eine TAN, die er auf der Maske einträgt, um die Überweisung vornehmen zu können.
10Mit der Aushändigung des TAN-Generators erhielt der Zeuge T eine Bedienungsanleitung; hinsichtlich deren Inhalts wird auf die Anlage B1 zur Klageerwiderung (Bl. 32-38 d. GA.) verwiesen.
11Bei jedem einzelnen Anmeldevorgang zum Onlinebanking wird der Nutzer auf Folgendes hingewiesen:
12"Bitte beachten Sie:
13Unsere Mitarbeiter werden Sie zu keiner Zeit, weder persönlich, telefonisch noch per E-Mail, dazu auffordern, Ihre Zugangsdaten bzw. PIN und/oder TAN preiszugeben.
14Pro Geschäftsvorfall (Überweisung usw.) im Online-Banking wird immer nur eine TAN benötigt. Anmeldename, PIN und TAN werden nie zusammen auf einer Seite abgefragt.
15Mit dem Absenden Ihrer Anmeldedaten bestätigen Sie, dass Sie unsere Sicherheitshinweise - gemäß Ihrer Rahmenvereinbarung über die Teilnahme am Online-Banking - zur Kenntnis genommen haben und akzeptieren."
16Unter der Rubrik "Aktuelle Sicherheitsmeldungen" und "Sicherheitstipps" befanden sich die aus Seite 7, 8 der Klageerwiderung vom 06.11.2013 ergebenden Erläuterungen, auf die verwiesen wird (Bl. 28, 29 d.GA.).
17Am Abend des 05.05.2013, einem Sonntag, stellte der Zeuge T Kontakt zu der Online-Banking-Plattform der Beklagten her, um u.a. den Stand des Kontos der Klägerin zu überprüfen. Er wurde zur Eingabe von Anmeldenamen und PIN aufgefordert, dem er nachkam. Der Zeuge T erzeugte mit dem TAN-Generator eine TAN, die der Zeuge T in das Fenster entsprechend eingab bestätigte den Abschluss des Vorgangs.
18Am 06.05.2013 gegen 06:45 Uhr begab sich der Zeuge T in sein Büro und überprüfte den aktuellen Kontostand. Dabei stellte er fest, dass von dem Konto der Klägerin 3.713,00 € abgebucht worden waren. Der Zeuge T setzte sich mit der Beklagten in Verbindung. Eine Rückbuchung konnte nicht mehr erfolgen. Im Zuge der weiteren Ermittlungen wurde festgestellt, dass der Betrag einem Konto in Rumänien zugeführt worden war.
19Der Zeuge T begehrte für die Klägerin die Rückzahlung des abgebuchten Betrages bei der Beklagten. Mit Schreiben vom 06.06.2013 teilte diese mit, dass die Ansprüche zurückgewiesen würden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage 3 zur Klageschrift, Bl. 13, 14 d.GA., verwiesen.
20Mit anwaltlichem Schreiben vom 03.07.2013 forderte die Klägerin die Beklagte erneut unter Fristsetzung bis zum 10.07.2013 erfolglos zum Rückgängigmachen der Kontobelastung in Höhe von 3.713,00 € auf.
21Für die vorgerichtliche Einschaltung ihres Prozessbevollmächtigten sind der Klägerin Kosten in Höhe von 413,64 € enstanden.
22Die Klägerin behauptet, dass der Rechner ihres Sohnes mit einem aktuellen Antivirenprogramm ausgestatte gewesen sei. Ihm habe sich nach Eingabe von Benutzername und Passwort eine Seite geöffnet, die von ihrem Eindruck her einer Seite der Beklagten entsprochen habe -, auf der mitgeteilt worden sei, dass aufgrund geänderter Daten eine Sicherheitsüberprüfung erforderlich geworden wäre. Der Zeuge sei aufgefordert worden "weiter" zu klicken. Dem sei er nachgekommen. Daraufhin habe sich ein neues Fenster geöffnet, das ebenfalls auf Grund der Gestaltung der Beklagten zuzuordnen gewesen wäre. Es sei die Erstellung einer TAN-Nummer nach dem vorgesehenen Verfahren angefordert worden. Er habe die TAN mit dem optischen Verfahren erzeugt und entsprechend die Eingabe bestätigt. Am 06.06.2013 kurz nach 15:00 Uhr habe sich eine Mitarbeiterin der Beklagten telefonisch gemeldet und habe mitgeteilt, dass nach interner Rücksprache mit einem Mitarbeiter der gesamte Betrag ersetzt werde und sich am Folgetag noch einmal melden werde, um dem Zeugen T Tipps für ein sicheres Online-banking zu geben. Unbekannte hätten sich Zugang zur Transaktionsplattform der Beklagten verschafft.
23Die Klägerin beantragt,
24die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.713,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB ab dem 11.07.2013 nebst vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 413,64 € zu zahlen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Die Beklagte behauptet, dass der Zeuge T entgegen der Hinweise bei Überweisungen den Data-Wert nicht abgeglichen habe, keine Kenntnis von dem Smart-TANplus-Verfahren und seiner Prüfungsaufgabe sowie die Überweisung letztlich nach Störungen beim optischen Verfahren manuell vorgenommen habe. Das Online-Banking-System der Beklagten sei vor einen Zugriff und einer Manipulation durch Dritte sicher. Sie könne der Klägerin jedenfalls ihre Ansprüche aus § 675v Abs. 2 Nr. 2 BGB entgegenhalten.
28Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D T2 und I-K T. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 25.03.2014 Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die zulässige Klage ist unbegründet.
31Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 675 u S. 2 BGB in Höhe von 3.713,00 € wegen Rückzahlung einer nicht autorisierten Überweisung ist jedenfalls wegen Aufrechnung mit dem Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin aus § 675 v Abs. 2 S. 2 BGB wegen der Verletzung vertraglicher Sicherungspflichten erloschen, § 389 BGB.
32Es kann dahin gestellt bleiben, ob der Zeuge T eine autorisierte oder nicht autorisierte Überweisung vorgenommen hat. Jedenfalls sind etwaige diesbezügliche Ansprüche durch als solche zu verstehende Primäraufrechnung der Beklagten erloschen, § 389 BGB.
33Die Beklagte hat jedenfalls ihrerseits einen Schadensersatzanspruch auf Zahlung von 3.713,00 € aus § 675 v Abs. 2 Nr. 2 BGB hatte. Danach ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet, der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstanden ist, wenn er ihn durch grob fahrlässige Verletzung einer oder mehrerer vereinbarter Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments herbeigeführt hat.
34Der Zeuge T hat - seinen Sachvortrag unterstellt - grob fahrlässig gehandelt und gegen die in Nr. 7.4 der Sonderbedingungen vereinbarten Pflichten verstoßen.
35Der Kläger hat vor Eingabe der TAN nicht die nach Nr. 7.4 der Sonderbedingungen vorzunehmende Überprüfung durchgeführt. Weder hat er dies behauptet, noch wäre ansonsten eine Überweisung erfolgt.
36Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte (BGH, Urteil vom 17.10.2000 – XI ZR 42/00, BGHZ 145, 337-342). Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt orientiert sich daran, was von einem durchschnittlichen Anforderungen entsprechenden Angehörigen des jeweiligen Verkehrskreises in der jeweiligen Situation erwartet werden kann, wobei sich dieser Sorgfaltsmaßstab aus dem Vertrauensschutz rechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.1976 - VI ZR 62/75, NJW 1976, 1504; Urteil vom 11.04.2000 - X ZR 19/98, NJW 2000, 2812; BeckOK-Unberath, § 276 BGB, Rn. 20 f.).
37Es ist von einem Nutzer auszugehen, der mit den Sicherheitsrisiken des Onlinebanking-Systems im Grundsatz vertraut ist, die Risiken und Gefahren des Internets abschätzen kann und entsprechende Vorsicht bei der Verwendung von Onlinebanking walten lässt. Dem Kunden steht es frei, das Onlinebanking zu nutzen oder seine Überweisungen über den herkömmlichen Weg per papiergebundener Überweisungsträger zu tätigen. Entscheidet er sich für das Onlinebanking, so bringt er damit im Verkehrskreis zum Ausdruck, dass er grundsätzlich über die damit verbundenen Risiken Bescheid weiß und diese einzuschätzen vermag. Es handelt sich bei dem TAN-Generator im Online-Banking-Verfahren nicht um ein Alltagsgerät, das bei alltäglichen Tätigkeiten genutzt wird. Vielmehr wird dieses im Zahlungsverkehr eingesetzt und damit in einem besonders wirtschaftlich relevanten Bereich. Derjenige, der sich den Komfort und Nutzen dieses Systems zu eigen macht, muss sich gleichermaßen mit den diesbezüglichen Gefahren auseinandersetzen und hat sich über die Bedeutung der einzelnen Schritte des Zahlungssystems und seiner eigenen Kontrollfunktion vertraut und bewusst zu machen. Die Beklagte weist jeweils auf besondere Sicherheitsrisiken hin; zum streitrelevanten Zeitpunkt informierte die Beklagte aktuell über Test- und Rücküberweisungsaufforderungen, die nicht von ihr stammten.
38Auf Grund der Erläuterungen der Beklagten bei der Übergabe des TAN-Generators, der Angaben in der Bedienungsanleitung, dass die Empfänger-Kontonummer, der Überweisungsbetrag und ein Startcode abzugleichen sind, bevor diese am TAN-Generator bei unterstellter Verwendung des optischen Systems bestätigt werden, der expliziten Prüfpflicht unter 7.4 der Sonderbedingungen und der letztlich bei jeder Überweisung erfolgenden entsprechenden Hinweise, der aktuellen Warnungen und des ungewöhnlichen Ablaufs, muss sich dem Zeugen T geradezu aufgedrängt haben, dass er eine TAN zur Tätigung einer Überweisung erzeugt und mit Eingabe dieser erzeugten TAN in der Maske eine solche auch durchführt.
39Dem Zeugen T wäre eine weitere Bearbeitung der Sicherheitsüberprüfung bereits von vornherein nicht möglich gewesen, wenn er sich an die jedem durchschnittlichen Nutzer des Onlinebankings bekannte Grundregel gehalten hätte, keine TAN zu generieren oder zurückzumelden, bei deren Generierung das Empfängerkonto nicht abgeglichen wurde. Allein der von dem Nutzer vorzunehmende Abgleich stellt ein Sicherheitsrisiko dar. Wenn der Zeuge T bei der Durchführung der TAN-Erzeugung im optischen Verfahren eine Kontonummer und einen Betrag bestätigt, so muss sich ihm aufgedrängt haben, dass er mit der TAN eine Überweisung in der Größenordnung des angegebenen Betrages tätigen wird; dies auf ein Konto, das ihm bei lebensnaher Betrachtung nicht bekannt ist. Jedem durchschnittlichen Nutzer des Onlinebankings hätte sich in der vorliegenden Fallgestaltung aus diesem Grund ein Missbrauch geradezu aufgedrängt.
40Dem steht auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 24.04.2012 - XI ZR 96/11, juris, entgegen. Zwar befasst sich der Bundesgerichtshof in dieser zum alten Recht ergangenen Entscheidung ausführlich damit, ob aus insbesondere europarechtlichen Gründen der Haftungsmaßstab der groben Fahrlässigkeit heranzuziehen wäre, was er letztlich verneint. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass in dem dortigen Fall auch nach der Einschätzung des Bundesgerichtshofes ein Fall der einfachen Fahrlässigkeit vorlag. Vielmehr hatte das Berufungsgericht das Verhalten als einfach fahrlässig beurteilt, was in weiten Teilen nicht revisibel ist. Denn die Einschätzung als einfach oder grob fahrlässig unterliegt, wie der Bundesgerichtshof selbst ausführt, der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Verfahrensvorschriften, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (BGH aaO). Insofern war der Bundesgerichtshof grundsätzlich an die Einstufung des Berufungsgerichtes des dortigen Verhaltens als einfach fahrlässig gebunden.
41Es steht zudem nicht mit der hinreichenden Sicherheit zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte am 06.06.2013 in einem Telefonat um ca. 15:00 Uhr ein Schuldanerkenntnis gegenüber der Klägerseite abgegeben hätte.
42Der von der Klägerin behauptete Vortrag eines diesbezüglichen Anrufes mit entsprechenden Erklärungen wäre zwar jedenfalls als deklaratorisches Schuldanerkenntnis mit den Folgen eines Einwendungsverzichts zu verstehen. Allerdings steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass in dem Telefonat die Erklärung abgegeben wurde, dass das Geld zurückgezahlt werde.
43Die Überzeugung des Gerichts kann nicht mit mathematischen Methoden ermittelt und darf deshalb nicht allein auf mathematische Wahrscheinlichkeitsberechnungen gestützt werden (BGH, Urteil vom 28.03.1989 - VI ZR 232/88, NJW 1989, 3161). Es bedarf auch keiner absoluten Gewissheit oder „an Sicherheit grenzender“ Wahrscheinlichkeit. Erforderlich und ausreichend ist vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Zweifel, die sich auf lediglich theoretische Möglichkeiten gründen, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht bestehen, sind nicht von Bedeutung (BGH, Urteil vom 11.12.2012 – VI ZR 314/10, NJW 2013, 790 Rn 17).
44Kommt es bei der Überzeugungsbildung auf die Aussage eines Zeugen an, so ist es erforderlich (BGH NJW 1999, 2746; BVerfG NJW 2003, 2444), in erster Linie Anhaltspunkte zu finden, die dafür sprechen, dass die Auskunftsperson die Wahrheit sagt (BGH NStZ-RR 2003, 245). Dabei wird zunächst angenommen, die Aussage sei unwahr (so genannte Nullhypothese – BGH NStZ-RR 2003, 245). Diese Annahme wird anhand verschiedener Hypothesen überprüft. Ergibt sich, dass die Unwahrhypothese mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen, und es gilt die Alternativhypothese, dass es sich um eine wahre Aussage handelt. Dies bedeutet, dass jede Zeugenaussage solange als unzuverlässig gilt, als die Nullhypothese nicht eindeutig widerlegt ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 09.10.2012 - 22 U 109/11, NJW-RR 2013, 664).
45Die Aussage der Zeugin T2 überzeugt das Gericht nicht. Die Aussage ist von Detailbrüchen geprägt. Während sie sehr konkrete Angaben zu dem streitigen Telefonat vom 06.06.2013 bekundete, insbesondere nahezu die Wortwahl wiedergab, war ihre weitere Schilderung des Geschehens von Detailarmut und fehlender Einordnung geprägt. Ihr war nicht mehr ganz klar, ob sie den Vermerk im Anschluss an den Erhalt des Schreibens erstellt hatte oder noch davor. An die am 07.06.2013 sowie am darauffolgenden Montag nach den Ausführungen des Zeugen T geführten Telefonat mit Herrn X von der Niederlassung U-Straße konnte sie sich im Grunde überhaupt nicht erinnern; insofern meinte sie, ihr Mann hätte später auch mal mit der Filiale M gesprochen. Auch an die Erstellung des Vermerks hatte sie Erinnerungen, die sich mit der Aussage des Zeugen T nicht in Einklang bringen lassen. Nach dessen Aussage hatte die Zeugin T2 ihm den Vermerk diktiert, während sie selbst meinte, diesen handschriftlich zuvor erstellt zu haben, wobei entweder sie oder ihr Mann diesen in den PC eingegeben hätte. Zwar konnte sie bekunden, dass das Telefonat an einem Donnerstag geführt wurde, allerdings schätzte sie die Uhrzeit entgegen des Parteivortrages auf 17:00 Uhr bis 17:30 Uhr ein. Ebenso kommt in Betracht, dass die Zeugin T2 den ihr gegenüber am Telefon getätigten Angaben einen erkennbar nicht bestimmten Erklärungswert beigemessen hat, indem eine ggf. positive Entscheidung nach noch zu erfolgender Prüfung angekündigt wurde unter Darstellung des bisherigen und des zu erwartenden zukünftigen Regulierungsverhaltens der Beklagten, dass sie ggf. Glück haben könnte.
46Den weiteren Beweisantritten dafür, dass beklagtenseits ein Telefonat geführt wurde durch Vernehmung weiterer Zeugen war nicht nachzugehen. Denn auch wenn die Tatsache feststünde, dass beklagtenseits ein Telefonat geführt wurde, ist damit der Inhalt des Telefonats nicht weiter zur Aufklärung gestellt.
47Die materiell-rechtlichen Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
48Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO gestützt.
49Der Streitwert wird auf 3.713,00 EUR festgesetzt.
50Rechtsbehelfsbelehrung:
51Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
52a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
53b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
54Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bonn, X-Straße, 53111 Bonn, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
55Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bonn zu begründen.
56Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bonn durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
57Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Referenzen
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