Urteil vom Amtsgericht Köln - 142 C 398/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin wird nachgelassen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages geleistet hat.
1
Tatbestand
2Die Klägerin, eine Versicherungsgesellschaft, nimmt die Beklagte auf die Erstattung ausgeglichener Kosten nach Beendigung eines Rechtsstreites in Anspruch.
3Die Beklagte unterhält bei der Klägerin eine Rechtschutzversicherung.
4Die Beklagte führte gegen Frau H M-C (im Folgenden: Schuldnerin) mehrere Verfahren wegen der sie bei der Klägerin Kostendeckung beantragte. Hierzu gehörte eine Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid vom 07.06.2006, bei dem die Klägerin 2013 Kostendeckung verweigerte, da die Zwangsvollstreckung später als 5 Jahre nach Rechtskraft betrieben wurde. Weiter handelte es sich um eine Zwangsversteigerungsache vor dem AG Warendorf, bei der die Schuldnerin Raten zahlte. Für ein Klageverfahren gegen die Schuldnerin vor dem LG Münster (Az. 15 O 76/08) gewährte die Klägerin Kostendeckung. Bei diesem Verfahren wie auch bei den weiteren Verfahren wurde die Beklagte von den Rechtsanwälten I aus Münster vertreten. Die Klägerin zahlte 837,52 Euro aussergerichtliche Kosten auf eine Rechnung der Prozeßbevollmächtigten vom 10.10.2007 und 1.838,74 Euro weitere Gerichts- und Anwaltskosten auf eine Rechnung der Prozeßbevollmächtigten vom 22.02.2008. Das Verfahren vor dem LG Münster endete mit einem Versäumnisurteil vom 16.06.2008 zugunsten der Beklagten. Unter dem 19.08.2008 erging ein Kostenfestsetzungsbeschluss mit dem Frau M-C zur Erstattung von 1.400,63 Euro Kosten an die Beklagte verpflichtet wurde. Unter dem 20.11.2008 wurde im Wege der Zwangsvollstreckung ein Betrag in Höhe von 2.187,49 Euro von der Schuldnerin beigetrieben. Die Klägerin wand sich an die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten hinsichtlich der Erteilung einer Auskunft über den Ausgang der Angelegenheit zu der Schadennr XXX.952.3-958 mit Schreiben vom 27.11.2008. Hierauf erhielt sie keine Antwort. Am 16.06.2009 erhielt die Klägerin in der Zwangsversteigerungsache vor dem AG Warendorf zu der Schadennr. .952.3-858 eine Gerichtskostenrechnung. Auf ein Schreiben der Klägerin vom 12.01.2012 zu der Schadennr. XXX.952.3-952 teilten die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten zu dieser Schadennr. unter dem 21.02.2012 mit, dass die Sache noch nicht abgeschlossen ist und die Gegenseite die Forderung in Raten zahle. Weitere Anfragen bei den Prozeßbevollmächtigten erfolgten unter dem 22.02.2012 zu der Schadennr. XXX.952.3-952 und unter dem 01.07.2013 zu der Schadennr. XXX.952.3-834. Unter dem 05.07.2013 übersandten die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten zur Schadens-Nr. XXX.952.3-834 das Versäumnisurteil vom 16.06.2008 und die vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.08.2008 und teilten mit, dass alle vereinnahmten Zahlungen an die Beklagten ausgekehrt wurden. Mit Schreiben vom 16.07.2013 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung der erhaltenen Beträge auf. Die Klägerin beantragte unter dem 20.02.2014 einen Mahnbescheid über 1.400,63 Euro, der am 20.02.2014 erlassen und am 22.02.2014 zugestellt wurde.
5Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich die Beklagte nicht auf Verjährung berufen könne, da die Klägerin keinen Auskunfts- sondern einen Zahlungsanspruch geltend mache. Die Klägerin habe erst im Jahr 2013 davon Kenntnis erhalten, dass die Gegenseite aus dem Verfahren vor dem LG Münster gezahlt habe. Die Verjährungsfrist hinsichtlich des Zahlungsanspruches habe erst zum 31.12.2011 zu laufen begonnen. Der Versicherungsfall sei nur unter der Nr. XXX.952.3 bearbeitet worden. Bei den weiteren drei Ziffern habe es sich um die Kennungen der Sachbearbeiter gehandelt, die gewechselt hätten. Zudem habe die Beklagte ihre aus § 17 Abs. 5 ARB resultierende Auskunftspflicht verletzt. Sie habe die Beträge stillschweigend vereinnahmt. Aus diesem Grunde sei die Berufung auf die Verjährung durch die Beklagte rechtsmissbräuchlich.
6Die Klägerin beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.400,63 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.08.2013 zzgl. 112,67 Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
11Es wird weiter auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
12Entscheidungsgründe
13Die Klage ist unbegründet.
14Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein versicherungsvertragsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung der seitens der Beklagten aus der Zwangsvollstreckung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 19.08.2008 vereinnahmten 1.400,63 Euro iVm § 17 Abs. 8 Satz 3 ARB zu.
15I.
16Der Anspruch ist verjährt.
17Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB 3 Jahre. Nach § 199 Abs. 1 beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt, oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).
18Der zwischen den Parteien dem Grund nach unstreitige Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Rückzahlung der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Münster vom 19.08.2008 entstand im November 2008 als der Betrag von dem Gerichtsvollzieher beigetrieben, an die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ausgekehrt und von dort an die Beklagte weitergeleitet wurde. Ausgehend hiervon begann - vorbehaltlich des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB - die Frist zur Verjährung des Zahlungsanspruches zum 31.12.2008 und lief sie am 31.12.2011 ab.
19Soweit die Klägerin der Ansicht ist, dass mit Schluss des Jahres 2008 erst der Auskunftsanspruch der Klägerin verjährt sein könnte, die Verjährungsfrist des Zahlungsanspruches aber erst mit Ablauf der Verjährung des Auskunftsanspruches am 31.12.2011 zu laufen begann, vermag sich dem die erkennende Abteilung des Gerichtes nicht anzuschliessen. Eine stufenweise Verjährung von Ansprüchen kommt allenfalls im Verhältnis von Primär- zu Sekundäransprüchen wie z.B. Erfüllungs- und Schadenersatzansprüchen in Betracht; denn erst mit dem Entfallen der Primäranspruches entsteht der Sekundäranspruches. Hilfsansprüchen wie Auskunftsansprüche, deren Zweck darin besteht, den Hauptanspruch zu verfolgen bzw. ihn vorzubereiten sind an den Hauptanspruch angelehnt und können nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Hauptanspruch verjährt ist. Auch die isolierte Erhebung einer Auskunftsklage nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB führt zu keiner Hemmung des verfolgten Hauptanspruches, vielmehr tritt eine solche nur ein, wenn im Wege der Stufenklage der Leistungsanspruch mit geltend gemacht wird. Das Verhältnis zwischen Auskunftsanspruch und Hauptanspruch ist vielmehr dergestalt, dass die Auskunft sofort geltend gemacht werden kann, also in der Regel die dreijährige Frist des § 195 BGB greift, während wegen der erst durch die Auskunft zu beschaffenden Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners die Verjährung des Hauptanspruches nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hinausgeschoben werden kann bis zur absoluten Grenze von 10 Jahren nach § 199 Abs. 4 BGB.
20Positive Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB von der Beitreibung der festgesetzten Kosten und der Entstehung ihres Zahlungsanspruches erhielt die Klägerin unstreitig erst mit Schreiben der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 05.07.2013. Auf einen Beginn der Verjährung zum 31.12.2013 und deren Hemmung durch die Zustellung des Mahnbescheides am 22.02.2014 kann sich die Klägerin aber nicht berufen, da ihre Unkenntnis von dem Entstehen des Anspruches bereits im Jahr 2008 wegen des Unterlassens geeigneter Massnahmen zur Aufklärung auf grober Fahrlässigkeit beruhte.
21Unkenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt worden ist und der Gläubiger auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Gläubiger zur Vermeidung der groben Fahrlässigkeit zu einer aktiven Ermittlung gehalten ist, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an ( BGH, MDR 2010, 81,82; BGH NJW 2012, 1798). Den Gläubiger trifft generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; das Unterlassen von Ermittlungen muss vielmehr nach Lage des Falles aus der Sicht eines verständigen und auf seine Interessen bedachten Gläubigers als geradezu unverständlich erscheinen, um als grob fahrlässig eingestuft werden zu können ( BGH, NJW 2012, 1789). Für den Gläubiger müssen konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines Anspruchs ersichtlich sein, so dass er aus verständiger Sicht gehalten ist, die Voraussetzungen des Anspruchs aufzuklären, soweit sie ihm nicht ohnehin bekannt sind ( BGH, MDR 2010, 81, 82) Eine unterlassene Aufklärung von anspruchsbegründenden Umständen kann nur dann als grob fahrlässig zu qualifizieren sein, wenn der Gläubiger auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeiten, die weder besondere Kosten noch nennenswerte Mühe verursachen, nicht ausnutzt ( Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 199 Rn. 40; MünchKommBGB/Grothe, 6. Aufl., § 199 Rn. 28).
22Bezogen auf das Verhältnis Rechtschutzversicherung zu Versicherungsnehmer bzw. zu dessen anwaltlichen Vertreter ist bei der Beantwortung der Frage, ob wann der Versicherung in Hinblick auf das Bestehen von Rückzahlungsansprüchen nach § 17 Abs. 8 Satz 3 ARB zu berücksichtigen, dass die Versicherung hinsichtlich der Verfahren für die Kostendeckung gewährt wurde, Ansprüche auf Auskunft über den Verlauf des Verfahrens gegen den Versicherungsnehmer gemäss § 17 Abs. 5 lit. b) ARB hat. Daneben bestehen auch Ansprüche gegen den anwaltlichen Vertreter auf Auskunft gemäss § 666 BGB über den Verlauf des Mandates aus übergegangenem Recht des Versicherungsnehmers gemäss § 401 BGB analog, zumindest besteht aber ein Anspruch auf Abtretung dieses Anspruches gegen den Versicherungsnehmer (Prölls/Martin, VVG 28.Aufl. § 17 ARB Rn 70). Die Ausübung dieser Auskunftsrechte bei der Bearbeitung eines Schadensfalles in der Rechtschutzversicherung gehört zu den Routineaufgaben einer Versicherung. Die Überwachung und Realisierung von Rückzahlungsansprüchen erfolgt nicht nur im Interesse der Versicherung selbst sondern auch der Versichertengemeinschaft. Hieraus folgt, dass ein Wiedervorlagesystem vorzuhalten ist, mit dem sichergestellt wird, dass in definierten Zeitabständen bei den Versicherungsnehmern und/oder den anwaltlichen Vertretern hinsichtlich des Standes der Verfahren nachgefragt wird. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen Kostendeckung für Verfahren gewährt wurde, in denen eine Kostenerstattung durch den Gegner in Betracht kommt, also gerade bei Gerichtsverfahren im Zivilprozess. Soweit in der Rechtsprechung eine grobe Fahrlässigkeit in Hinblick auf die Unkenntnis vom Entstehen eines Abrechnungsanspruches verneint worden ist, weil es bei der Vielzahl von Schadensfällen, die eine Großversicherung zu bearbeiten hat, nicht ungewöhnlich sei, dass eine Abrechnung zunächst aus den Augen verloren wird, die Versicherung auch erwarten könne, dass der anwaltliche Vertreter des Versicherungsnehmers von sich aus an ihn vom Gegner erstattete Kosten unverzüglich an die Versicherung weiterleitet und zudem der Abschluss von Kostenfestsetzungsverfahren nicht immer konkret vorhersehbar (OLG Frankfurt, Urteil vom 13. März 2013 – 2 U 250/12 –, Rn. 22, zitiert nach juris), vermag sich das Gericht dieser Auffassung nicht anzuschliessen. Gerade bei einer grossen Anzahl von Schadensfällen und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Länge der Bearbeitung - etwa durch die unterschiedliche Dauer der Verfahren bis zur Kostenfestsetzung - ist seitens der Versicherung die Informationsbeschaffung zur Realisierung von Rückzahlungsansprüchen von erstatteten Kosten zu organisieren und zu koordinieren. Es bedarf einer fortlaufenden Kontrolle mit Wiedervorlagefristen in jedem Schadensfall bei dem eine Kostenerstattung in Betracht kommt. Da es sich um eine eigene Pflicht handelt, darf sich die Versicherung nicht darauf verlassen, dass die benötigten Informationen von dem anwaltlichen Vertreter oder dem Versicherungsnehmer zeitnah bereitgestellt werden. Selbst wenn entsprechende Mitwirkungspflichten bestehen, muss auch von dieser Seite mit Versäumnissen gerechnet werden, denen die Versicherung durch einfache Massnahmen wie Sachstandsanfragen vorbeugen muss. In zeitlicher Hinsicht haben diese Nachfragen jedenfalls in angemessenen Intervallen zu erfolgen, um auf dem Laufenden zu bleiben. Auch muss bei Nichtbeantwortung zeitnah erinnert werden und soweit etwa die anwaltlichen Vertreter nicht reagieren der Versicherungsnehmer befragt werden. Hinzu kommt, dass es der Versicherung offen steht und es auch der Praxis entspricht, dass sich die Rechtsschutzversicherung im Falle fehlender Auskünfte von Seiten des Versicherungsnehmers oder dessen anwaltlicher Vertreter unmittelbar an das Gericht wendet, wo das Verfahren, für das Kostendeckung gewährt wurde, geführt wurde. Angesichts des bestehenden rechtlichen Interesses gemäss § 299 Abs. 2 ZPO ist es auch unschwer möglich Akteneinsicht zu erlangen und damit zu klären, ob Kostenerstattungsansprüche entstanden sind. Werden indes die so definierten eigenen Möglichkeiten, sich unschwer Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen eines Rückzahlungsanspruches zu verschaffen, ausgelassen, stellt sich dies als schwere Vernachlässigung der von einer Rechtschutzversicherung im Verkehr zu erwartenden Sorgfalt dar.
23So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat für das Verfahren vor dem LG Münster 2008 Kostendeckung bewilligt. Zu diesem Zeitpunkt entstanden damit auch die Auskunftsansprüche. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin insoweit in angemessenen zeitlichen Intervallen konkrete Sachstandsanfragen tätigte. Mit Schreiben vom 27.11.2008 erfolgte zwar zur Schadennr. XXX.952.3-958 eine Sachstandsanfrage bei den anwaltlichen Vertretern, indes ist dem allgemein gehaltenen Schreiben (Bl. 30 d.A.) nicht zu entnehmen, dass es sich konkret auf das streitgegenständliche Klageverfahren vor dem LG Münster bezog. Es ist aber unstreitig, dass die Beklagte gegen die Schuldnerin mehrere Verfahren führte, wegen der sie bei der Klägerin Kostendeckung begehrte. Soweit daher die Klägerin behauptet, es habe nur eine Schadensnr. mit der Endung 952.3 gegeben, die weiteren Ziffern seien wechselnde Sachbearbeiter, ist nicht erkennbar, woran die anwaltlichen Vertreter der Beklagten hätten erkennen können, welches Verfahren die Klägerin mit dem Schreiben aus dem Jahr 2008 meinte. Die nächste Nachfrage bei den anwaltlichen Vertretern der Beklagten erfolgte erst am 12.01.2012 und damit über drei Jahre nach der Anfrage aus dem Jahr 2008. Selbst wenn die Anfrage aus dem November 2008 sich für die anwaltlichen Vertreter der Beklagten erkennbar auf das Klageverfahren vor dem LG Münster bezogen hätte, hätte zumindest die ausstehende Beantwortung des Schreibens bei den anwaltlichen Vertretern zeitnah beanstandet werden müssen bzw. hätte bei der Beklagten selbst nachgefragt werden müssen. Bei dieser wurde indes erstmals mit Schreiben vom 16.07.2013 nachgefragt. Auch Nachfragen beim LG Münster oder entsprechende Akteneinsichtsgesuche sind nicht dargetan. Zumindest hätten aber innerhalb eines Jahres nach der Kostendeckungszusage - also im Laufe des Jahres 2009 - entsprechende naheliegende und einfache Massnahmen ergriffen werden müssen und können; also Anfragen bei anwaltlichen Vertreter, Beklagter und Gericht bzw. Akteneinsicht in die Verfahrensakte. Dass die Klägerin 2009 bei Ergreifen solcher Massnahmen keine Informationen über den Ausgang des Verfahrens erhalten hätte und erfahren hätte, dass Kostenerstattungsansprüche bestehen, ist nicht behauptet worden und auch nicht erkennbar. Es bestand damit die konkrete Möglichkeit für die Klägerin bereits 2009 von den anspruchsbegründenden Umständen des Rückzahlungsanspruches Kenntnis zu erhalten können. Das Auslassen dieser Möglichkeit ist grob fahrlässig mit der Folge, dass die Verjährung jedenfalls Ende 2009 anfing zu laufen und mit Ablauf des 31.12.2012 eintrat, ohne dass Hemmungstatbestände ersichtlich wären oder von der Klägerin behauptet werden.
24Das Berufen auf die Verjährung erweist sich nicht deshalb als rechtsmissbräuchlich, weil die Beklagte die Klägerin nicht von sich aus über die vereinnahmten Beträge informierte.
25Die Erhebung der Verjährungseinrede kann eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn der Verjährungseintritt durch ein unredliches Verhalten des Schuldners mitverursacht wurde. Es ist aber ein strenger Maßstab anzulegen (BGH, NJW 1988, 2247). Es genügt nicht, dass der Schuldner weiss, dass ein Anspruch gegen ihn besteht, vielmehr muss er zu der Verjährung durch eine eigene schuldhafte Pflichtverletzung beigetragen haben. Eine solche kann bei der Rechtschutzversicherung vorliegen, wenn er gegen Rechtspflichten aus dem Versicherungsvertrag verstösst. So normiert § 17 Abs. 8 Satz 2 ARB eine Rechtspflicht dahingehend, dass der Versicherungsnehmer die für die Geltendmachung der (Kostenerstattungs-) Ansprüche notwendigen Unterlagen dem Versicherer auszuhändigen und bei dessen Maßnahmen gegen die anderen auf Verlangen mitzuwirken hat. Weiter normiert § 17 Abs. 5 lit. b) allgemein für das Verfahren, für das Kostendeckung gewährt wurde, dass der Versicherungsnehmer dem Versicherer auf Verlangen Auskunft über den Stand der Angelegenheit zu geben. Die schuldhafte Verletzung einer solchen Pflicht, so sie denn die Verjährung mitverursacht, d.h. die Versicherung hindert, sich die Kenntnis über die anspruchsbegründenden Umstände zu verschaffen, kann dazu führen, dass die Erhebung der Verjährungseinrede rechtsmissbräuchlich ist. Beide Rechtspflichten setzen damit ein "Verlangen" der Versicherung voraus. Die ARB sehen entgegen der Ansicht des OLG Frankfurt (a.a.O) gerade keine Pflicht des Versicherungsnehmers vor, von sich aus die Versicherung eigeninitiativ zu informieren. Dies ist auch nachvollziehbar; denn der Versicherungsnehmer kann und braucht nicht wissen, zu welchem Zeitpunkt die Versicherung welche Informationen benötigt. Über das entsprechende Fachwissen zu entscheiden, ob und wenn ja, welche versicherungsrelevanten Informationen benötigt werden, verfügt die Versicherung, es sei denn es wäre von Anfang klar definiert, welche konkrete Informationen der Versicherungsnehmer von sich aus und ohne Aufforderung zu übermitteln hat. Dies ist aber den ARB nicht zu entnehmen. Dass die Klägerin für den konkreten Versicherungsvertrag andere Bedingungen vereinbarte, behauptet sie nicht.
26Danach kann der Beklagten kein Vorwurf gemacht werden gegen Rechtspflichten verstossen zu haben. Ein konkretes Verlangen ihr gegenüber ist erst 2013 geäussert worden. Von sich aus musste sie nicht tätig werden. Hinzu kommt, dass auch nicht erkennbar ist, dass der Beklagten bei der Weiterleitung der durch ihre anwaltlichen Vertreter vereinnahmten Beträge bewusst gewesen sein muss, dass es sich um die erstatteten Kosten handelt, die der Klägerin zustehen oder nicht lediglich um die Hauptforderung aus dem Versäumnisurteil, die ihr zusteht. Der von dem Gerichtsvollzieher vereinnahmte Betrag belief sich auf 2.187,49 Euro. Wie sich dieser Betrag zusammensetzt, ob er die festgesetzten Kosten von 1.400,63 Euro aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.09.2008 erfasst oder auch oder nur den Betrag aus dem Versäumnisurteil vom 16.06.2008 in Höhe von 10.225,84 Euro ist nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich. Zweifel daran, dass es sich um den Betrag aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss handelt ergeben sich jedenfalls daraus, dass die anwaltlichen Vertreter der Beklagten der Klägerin im Schreiben vom 05.07.2013 die vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses übermittelten (Bl. 15 d.A.). Da aber der Gerichtsvollzieher unter dem 20.11.2008 (Bl. 15a d.A.) mitteilt, den Titel ausgehändigt zu haben, kann es sich nicht um die vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses gehandelt haben. Festzustellen ist daher, dass zum einen nicht sicher ist, dass der Beklagten bewusst war, von der Schuldnerin beigetriebene festgesetzte Kosten vereinnahmt zu haben und sie selbst, wenn sie dies gewusst hätte, zu einer Auskunft rechtlich nicht verpflichtet war. Das blosse Behalten des Betrages führt indes nicht zum Rechtsmissbrauch bei der Erhebung der Verjährungseinrede; denn insoweit besteht zwischen der Beklagten kein Unterschied zu einem Schuldner, der trotz Kenntnis einer Zahlungsverpflichtung nicht zahlt und nach Verjährung des Anspruches des Gläubigers diesem gegenüber auf Verjährung beruft. Das Gesetz bewertet die durch Verjährung geschaffene Rechtssicherheit höher als die in dem Verfall der Forderung liegende Ungerechtigkeit.
27Zuletzt kann der Beklagten hinsichtlich der Frage nach einer rechtsmissbräuchlichen Erhebung der Verjährungseinrede auch nicht ein etwaiges Versäumnis ihrer anwaltlichen Vertreter angelastet werden, die auf das Schreiben der Klägerin aus dem Jahr 2008 nicht antworteten. Das Verschulden seines Anwalts muss sich der Versicherungsnehmer zurechnen lassen, wenn der Anwalt mit der Erledigung der Versicherungsangelegenheiten betraut wurde. Erfasst sind davon auch die Auskunftspflichten des § 17 Abs. 5 lit b.). So gesehen stellt sich das Nichtbeantworten der Anfrage der Klägerin vom 27.11.2008 als Pflichtverletzung der Anwälte dar, die der Beklagten zuzurechnen ist. Indes ist - wie bereits dargelegt - zum einen das Auskunftsersuchen aus dem genannten Schreiben angesichts der unstreitig mehreren laufenden Schadensfälle zu unbestimmt, zum anderen hätte eine solche Pflichtverletzung die Verjährung nicht mitverursacht, da die Verjährungsfrist entsprechend des oben Gesagten auch unter Berücksichtigung der Nachfrage 2008 mangels weiteren Auskunftsverlangen nach § 17 Abs. 5 oder Abs. 8 ARB spätestens Ende 2009 anfing zu laufen.
28II.
29Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO
30Streitwert: 1.400,63 Euro
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Referenzen
- BGB § 401 Übergang der Neben- und Vorzugsrechte 1x
- BGB § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist 2x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- 2 U 250/12 1x (nicht zugeordnet)
- § 17 Abs. 5 oder Abs. 8 ARB 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- 15 O 76/08 1x (nicht zugeordnet)
- § 17 Abs. 8 Satz 2 ARB 1x (nicht zugeordnet)
- § 17 Abs. 8 Satz 3 ARB 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen 7x
- § 17 Abs. 5 ARB 1x (nicht zugeordnet)
- § 17 ARB 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 299 Akteneinsicht; Abschriften 1x
- BGB § 666 Auskunfts- und Rechenschaftspflicht 1x