Teilurteil vom Amtsgericht Ludwigslust - 5 F 24/09

Tenor

I. 1. Der Beklagte wird verurteilt,

a. der Klägerin Auskunft zu erteilen über sein Vermögen zum 31.05.2009 durch Vorlage eines spezifizierten Vermögensverzeichnisses über alle aktiven und passiven Vermögenswerte im In- und Ausland,

b. der Klägerin Auskunft zu erteilen über seine sämtlichen Einnahmen und Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit, Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen unter Angabe der Privateinnahmen in der Zeit vom 01.06.2007 bis zum 31.05.2009, und die erteilten Auskünfte zu belegen durch Vorlage der Einkommenssteuererklärung nebst allen Anlagen und Bilanzen einschließlich der Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. etwaiger Einnahme-Überschussrechnungen für das Jahr 2008,

c. der Klägerin Auskunft zu erteilen über seine sämtlichen Brutto- und Nettoeinkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und aus allen anderen Einkunftsarten für den Zeitraum vom 01.06.2008 bis zum 31.05.2009 und die erteilten Auskünfte zu belegen durch Vorlage des elektronischen Ausdruckes der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2008, der Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Zeit vom 01.06.2008 bis zum 31.05.2009 über Spesen und andere Nebenleistungen und Bescheinigungen etwa in diesem Zeitraum bezogener Krankengelder und/oder Arbeitslosengeldes.

2. Im Übrigen wird die Klage in der Auskunftsstufe abgewiesen.

II. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage über eine Auskunftserteilung bezogen auf Unterhaltsansprüche für ein volljähriges Kind.

2

Die Klägerin ist die am 1987 geborene Tochter des Beklagten. Die Klägerin absolviert eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau, nachdem sie zunächst im Jahr 2003 mit einem entsprechenden Abschluss von der Realschule abgegangen war und ein anschließender Versuch, das Abitur zu erwerben, gescheitert war; die Klägerin hatte insoweit auf eine Wiederholung, die Reifeprüfung abzulegen, verzichtet. In der Zeit von Juni 2008 bis Mai 2009 erhielt die Klägerin eine Ausbildungsvergütung in Höhe von durchschnittlich 552,01 € netto pro Monat; daneben bezog sie das staatliche Kindergeld sowie Wohngeld. Ihre monatlichen Wohnkosten für eine 1,5-Zimmer-Wohnung belaufen sich auf 330,00 € und die Fahrtkosten zu ihrer Ausbildungsstätte bei Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel auf 43,60 €.

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Erstmals mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.05.2008 forderte die Klägerin den Beklagten auf, zur Berechnung eines ihr zustehenden Unterhaltsanspruches Auskunft über sein Einkommen zu erteilen. Der Beklagte legte der Klägerin daraufhin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09.06.2008 Kopien seiner Verdienstbescheinigungen für die Zeit von Juni 2007 bis Mai 2008 vor und teilte mit, dass er 23 km von seinem Arbeitsort entfernt wohne. Im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits erklärte der Beklagte in einem anwaltlichen Schriftsatz, er erziele aufgrund einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit ein durchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.013,50 €. In einem späteren anwaltlichen Schriftsatz gab der Beklagte an, er übe keine selbständige Tätigkeit aus und verfüge nicht über Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen; weiterhin bezifferte er sein Vermögen im In- und Ausland unter Angabe jeweils eines Betrages für Aktiva und Passiva mit einem Stand am 18.10.2009. In diesem Zusammenhang legte er daneben seinen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2008 vor.

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Die Klägerin macht Auskunftsansprüche gegen den Beklagten gerichtlich geltend. Die Klägerin behauptet, das von ihr bezogene Wohngeld belaufe sich monatlich auf 92,00 €. Ihre Mietkosten lägen noch erheblich unter dem Durchschnitt und den Kosten für vergleichbare Unterkünfte im Rhein-Main-Ballungsgebiet. Die Mutter der Klägerin beziehe Arbeitslosengeld II und sei nicht leistungsfähig. Die Klägerin beantragte zunächst,

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1. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen

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a. über sein Vermögen zum 30.05.2008 durch Vorlage eines spezifizierten Vermögensverzeichnisses über alle aktiven und passiven Vermögenswerte im In- und Ausland,

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b. über seine sämtlichen Brutto- und Nettoeinkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und aus allen anderen Einkunftsarten für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis zum 30.06.2008 und die erteilten Auskünfte zu belegen durch Vorlage der Lohnsteuerbescheinigung und die Lohnsteuerkarte für das Jahr 2007, der Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Zeit vom 01.06.2007 bis zum 30.06.2008 über Spesen und andere Nebenleistungen und Bescheinigungen etwa in diesem Zeitraum bezogener Krankengelder und/oder Arbeitslosengeldes,

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c. über seine sämtlichen Einnahmen und Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen sowie aus anderen Einkunftsarten unter Angabe der Privateinnahmen in der Zeit vom 01.06.2007 bis zum 30.06.2008, und die erteilte Auskunft zu belegen durch Vorlage der Einkommenssteuererklärung und der Einkommenssteuerbescheide, Bilanzen einschließlich der Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. etwaiger Einnahme-Überschussrechnungen für die Jahre 2006 und 2007 bzw. Vorlage entsprechender Steuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007,

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2. den Beklagten gegebenenfalls zu verurteilen, die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern.

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Auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis, dass die Klage hinsichtlich des Auskunftszeitraumes wohl umzustellen wäre, weil der Unterhalt für die Vergangenheit nach dem tatsächlich erzielten Einkommen zu bemessen sei und dieses sich aufgrund der Verfahrensdauer zwischenzeitlich konkret ermitteln lasse, und außerdem zumindest ein Teil der geforderten Belege vorgelegt worden sei, stellte die Klägerin den Klagantrag zu 1) um und beantragt insoweit nun,

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1. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen

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a. über sein Vermögen zum 31.05.2009 durch Vorlage eines spezifizierten Vermögensverzeichnisses über alle aktiven und passiven Vermögenswerte im In- und Ausland,

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b. über seine sämtlichen Brutto- und Nettoeinkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und aus allen anderen Einkunftsarten für den Zeitraum vom 01.06.2008 bis zum 31.05.2009 und die erteilten Auskünfte zu belegen durch Vorlage der Lohnsteuerbescheinigung und die Lohnsteuerkarte für das Jahr 2008 bzw. des elektronischen Ausdrucks, der Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Zeit bis zum 31.05.2009 über Spesen und andere Nebenleistungen und Bescheinigungen etwa in diesem Zeitraum bezogener Krankengelder und/oder Arbeitslosengeldes,

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c. über seine sämtlichen Einnahmen und Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit, Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen unter Angabe der Privateinnahmen in der Zeit vom 01.06.2007 bis zum 31.05.2009, und die erteilten Auskünfte zu belegen durch Vorlage der Einkommenssteuererklärung nebst allen Anlagen und der Einkommenssteuerbescheide, Bilanzen einschließlich der Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. etwaiger Einnahme-Überschussrechnungen für das Jahr 2008.

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Soweit sich die vorherigen Anträge bis zum 31.05.2008 erstreckten, erklärte die Klägerin sie für erledigt, wobei der Beklagte der ihm am 04.09.2009 förmlich zugestellten Erledigungserklärung binnen einer Frist von zwei Wochen nicht widersprach, trotz des ihm mit der Zustellung erteilten Hinweises, dass in diesem Falle gemäß § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluß entschieden werde. Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte behauptet, er habe keine anderen Einkünfte als die von ihm schriftsätzlich oder durch die Übersendung von Belegkopien an die Klägerin bislang angegebenen. Der Klägerin sei auch bekannt gewesen, dass der Beklagte über anderes Einkommen als solches aus einer nichtselbständigen Tätigkeit nicht verfüge; bei einem Besuch der Klägerin in der Woche nach Ostern im Jahr 2008 habe der Beklagte ihr gegenüber auf einen Hinweis auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse geäußert: "Was du hier siehst, gehört mir nicht. Ich habe das, was ich verdiene. Nicht mal das Auto gehört mir." Die Klägerin beziehe Wohngeld in Höhe von 111,00 €. Der Beklagte ist der Auffassung, er sei nicht leistungsfähig und eine Bedürftigkeit der Klägerin bestehe aufgrund der Höhe ihrer vorhandenen Einkünfte und einem regelmäßigen Bedarf des in Ausbildung befindlichen Volljährigen in Höhe von 640,00 € nicht; sie habe zudem Anspruch auf staatliche Leistungen, soweit sie ihren Bedarf nicht abdecken könne. Auskunft zum Vermögen könne im Übrigen nicht begehrt werden, weil der Unterhalt immer aus laufendem Einkommen zu erbringen sei. Eine Auskunft scheide insgesamt aus, weil sie innerhalb der letzten zwei Jahre bereits erteilt worden sei. Letztlich sei ein Unterhaltsanspruch verwirkt; indem die Klägerin auf einen Wiederholungsversuch hinsichtlich der Ablegung des Abiturs verzichtet habe, habe sie ihre Ausbildungsunwilligkeit zum Ausdruck gebracht.

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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

19

Die Klage ist in der Auskunftsstufe zulässig und insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Soweit die Klägerin nach dem Antrag zu Ziffer 1b) Auskunft begehrt unter anderem über Einkommen des Beklagten "aus allen anderen Einkunftsarten", ist dies dahingehend auszulegen, dass damit alle im Steuerrecht angeführten Einkommensarten neben den von der Klägerin ausdrücklich benannten aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen gemeint sind (vgl. auch Wendl/Staudigl-Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., 2008, § 1 Rn. 686); ebenso war das Begehren einer Vorlage von Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Zeit "bis zum 31.05.2009" über Spesen und andere Nebenleistungen unter Berücksichtigung des insoweit zunächst gestellten Antrages sowie des Bezuges von Bescheinigungen über bezogene Krankengelder und/oder Arbeitslosengeld zu "diesem Zeitraum" so zu verstehen, dass der Belegzeitraum entsprechend demjenigen für die Auskunft am 01.06.2008 beginnen sollte.

II.

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Die Klage ist in der Auskunftsstufe auch weitestgehend begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf die Erteilung von Auskunft zu seinem Einkommen und Vermögen sowie die Vorlage entsprechender Belege in dem dem Tenor dieses Urteils unter Ziffer I) zu entnehmenden Umfang gemäß § 1605 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB. Danach sind Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist; über die Höhe der Einkünfte sind auf Verlangen Belege, insbesondere Bescheinigungen des Arbeitgebers, vorzulegen.

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1. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist danach zunächst schon nach dem Wortlaut der zuvor genannten Vorschriften Auskunft auch über das Vermögen zu erteilen.

22

2a. Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte der Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt bereits eine ausreichende Auskunft erteilt hätte.

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aa. So handelt es sich bei einer Auskunft gemäß § 1605 BGB zum einen um eine Wissenserklärung höchstpersönlicher Natur, die der Schriftform bedarf und vom Auskunftspflichtigen persönlich zu unterzeichnen ist (vgl. OLG München FamRZ 1995, 757; OLG Köln FamRZ 2003, 235; OLG Brandenburg ZErb 2004, 132). Dem genügen die durchgehend anwaltlichen Schriftsätze des Beklagten nicht, insbesondere auch nicht derjenige im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits hinsichtlich der darin enthaltenen Angaben zu dem Nichtvorhandensein von Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit, Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen.

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bb. Zum anderen ist dem Auskunftsberechtigten eine systematische konkrete Aufstellung über Einkommen und Vermögen zwecks Auskunftserteilung vorzulegen. Sie muss so beschaffen sein, dass sie dem Berechtigten - hier der Klägerin - ohne übermäßigen Arbeitsaufwand die Berechnung des Unterhaltsanspruchs ermöglicht. Das erfordert aber in der Regel die Vorlage einer in sich geschlossenen Aufstellung, nicht also zeitlich nacheinander erteilte Teilauskünfte, und mehr als die Mitteilung, wenn auch vollständiger, ungeordneter Fakten (vgl. OLG Köln a. a. O.); an einer solchen Aufstellung fehlt es nicht zuletzt, wenn der Verpflichtete nur eine Reihe von Belegen vorlegt oder über mehrere Schriftsätze verteilt Einzelauskünfte gibt, ohne diese ,zu einem geschlossenen Werk zusammenzufügen" (vgl. OLG Hamm FuR 2004, 264 m. w. N.).

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Zwar wäre es auch vor diesem Hintergrund wohl überzogen, jede Unvollständigkeit einer erteilten Auskunft zum Anlass zu nehmen, von dem Pflichtigen eine umfassende Neuerteilung seiner Auskunft zu verlangen; zur Vermeidung unnötiger Förmeleien erscheint vielmehr eine flexible Haltung geboten, so dass es je nach Lage des Einzelfalls ausreichen kann, wenn eine bereits erteilte und insoweit ordnungsgemäße Auskunft (einmalig) um fehlende Angaben ergänzt wird, sofern nur auch danach noch eine ausreichend klare "Gesamterklärung" geschaffen wird (vgl. OLG Hamm FamRZ 2006, 865). Von der letzteren Konstellation kann jedoch auch wiederum bezogen auf den oben unter lit. aa) a. E. erwähnten Schriftsatz des Beklagten nicht ausgegangen werden, wenn allein die Mitteilung erfolgt, dass Einkommen aus bestimmten Einkunftsarten nicht vorhanden sei, eine ordnungsgemäße Auskunft zu dem tatsächlich bezogenen Einkommen aber noch aussteht; in einem solchen Falle erscheint gerade hinsichtlich der inhaltlichen Gewichtigkeit der jeweiligen Auskunftsbestandteile vielmehr die Ergänzung der erst noch zu erteilenden Auskunft im eigentlichen Sinne vorauszugehen. Die Auskunft zu dem Vermögen des Beklagten in dem betreffenden Schriftsatz nennt im Übrigen einen Stand zum 28.10.2009, während nach dem Klageantrag Auskunft zu erteilen wäre zum 31.05.2009.

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b. Vor dem Hintergrund des zuvor Gesagten kann sich der Beklagte nicht auf § 1605 Abs. 2 BGB berufen , wonach vor Ablauf von zwei Jahren Auskunft erneut nur verlangt werden kann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der zur Auskunft Verpflichtete später wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen erworben hat. Da bisher eine ordnungsgemäße Auskunft eben nicht erteilt wurde, konnte die genannte Zweijahresfrist nicht zu laufen beginnen.

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c. In diesem Zusammenhang ist lediglich noch anzumerken, dass es nur als offensichtlich missverständlich anzusehen sein kann, wenn die Klägerin die ursprünglichen, auf einen Zeitraum bis zum 31.05.2008 bezogenen Anträge deshalb für erledigt erklärte, weil "Auskünfte erteilt" worden seien; die Erledigungserklärung erfolgte offensichtlich auf den im Tatbestand wiedergegebenen Hinweis des Gerichtes und die Klägerin berief sich auch in der Folge darauf, dass es an einer ordnungsgemäßen Auskunftserteilung fehle, während der Beklagte seinerseits nichts vorbrachte, was zu einer von den vorstehenden Ausführungen abweichenden Ergebnis hätte führen können.

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3. Ein Anspruch der Klägerin auf Auskunft gegen den Beklagten hinsichtlich anderen Einkommens als eines solchen aus abhängiger Tätigkeit ist sodann auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Klägerin das Nichtvorhandensein derartiger Einkünfte bereits bekannt gewesen wäre.

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a. Für das Bestehen eines Auskunftsanspruches gemäß § 1605 BGB ist grundsätzlich nicht der Nachweis erforderlich, dass der Auskunft begehrende Verwandte sich über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des in Anspruch genommenen Verwandten nicht auf andere Weise Gewissheit zu verschaffen vermag. Jedoch kann § 242 BGB der Geltendmachung eines Auskunftsanspruches entgegenstehen, wenn der Auskunftsberechtigte die geforderten Informationen bzw. die Kenntnis der für die Bestimmung des Unterhalts maßgeblichen Tatsachen bereits besitzt; für das Vorliegen von Tatsachen, die das Auskunftsverlangen in diesem Sinne als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen, ist dabei der auf Auskunftserteilung in Anspruch genommene Verwandte darlegungs- und beweisbelastet, nachdem eine Partei immer die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen derjenigen Rechtsnorm trägt, auf deren Rechtsfolgen sie sich beruft (vgl. Baumgärtel-Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 2, 1985, § 1605 Rn. 1 m. w. N.; Säcker/Rixecker-Krüger, Münchener Kommentar zum BGB, Band 2: Schuldrecht Allgemeiner Teil [§§ 241-432], 5. Aufl., 2007, § 259 Rn. 35 m. w. N.).

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b. Schon aus dem Vortrag des Beklagten zu seinen Äußerungen gegenüber der Klägerin bei einem Besuch in der Woche nach Ostern im Jahr 2008 lässt sich eine Rechtsmissbräuchlichkeit der jetzigen Geltendmachung des Auskunftsverlangens durch letztere hinsichtlich möglicher Einkünfte des Beklagten neben solchen aus einer nichtsselbständigen Tätigkeit in diesem Sinne aber nicht ableiten.

31

aa. Denn maßgeblich muss hierfür auf die Zuverlässigkeit der eigenen Kenntnisse des Auskunftsgläubigers abgestellt werden. Diese kann etwa gegeben sein, wenn ihm die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse des Auskunftspflichtigen aus eigener Anschauung, beispielsweise aufgrund des längeren Zusammenlebens im Rahmen einer Ehe (vgl. hierzu BGH FamRZ 1994, 1169), bekannt sind. Erhält der Auskunftsberechtigte entsprechende Informationen dagegen allein von dem Auskunftsschuldner selbst, ist das einzige Instrument für eine gewisse Gewährleistung von deren Zuverlässigkeit, dass der Auskunftsverpflichtete gemäß §§ 1605 Abs. 1 Satz 3, 260 Abs. 2 BGB auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern hat, dass er nach bestem Wissen seine Auskunft so vollständig gegeben habe, als er dazu imstande sei, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist. Voraussetzung hierfür ist aber eben, dass überhaupt schon eine Auskunft in der Form eines Bestandsverzeichnisses nach § 260 Abs. 1 BGB, d. h. einer schriftlichen Zusammenstellung der einzelnen Auskunftsgegenstände (vgl. Staudinger-Bittner, Kommentar zum BGB, Bearbeitung 2009, § 260 Rn. 35), erteilt worden ist; denn es muss Klarheit darüber herrschen, auf welche Auskünfte sich die eidesstattliche Erklärung im einzelnen bezieht (vgl. Wendl/Staudigl-Dose, a. a. O., § 1 Rn. 692 m. w. N.). Anzumerken ist, dass der Auskunftsschuldner nur die inhaltliche Richtigkeit eigener Angaben an Eides Statt versichern kann und nicht etwa auch diejenige von Dritten erstellter Nachweisen, was neben dem oben unter Ziffer 2a bb) Gesagten ein weiteres Argument dafür ist, dass allein die Vorlage von Belegen die Auskunftspflicht nicht erfüllen kann. Die Rechtsmissbräuchlichkeit eines Auskunftsverlangens kann daher nicht deshalb angenommen werden, weil der Auskunftspflichtige dem Auskunftsberechtigten zumindest entsprechende mündliche Informationen gegeben hat; denn in diesem Falle würde der Auskunftsgläubiger der Möglichkeit verlustig gehen, den Wahrheitsgehalt der Auskünfte des Auskunftsverpflichteten gegebenenfalls im Rahmen der Abgabe einer diesbezüglichen eidesstattlichen Versicherung absichern zu können.

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bb. Danach konnte eine Beweisaufnahme zu der bestrittenen Äußerung des Beklagten gegenüber der Klägerin dahinstehen, weil schon die betreffenden Darlegungen für die Entscheidung unerheblich waren.

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4. Letztlich gehen auch die Einwände des Beklagten ins Leere, ein Auskunftsanspruch könne nur bestehen, wenn überhaupt von einem Unterhaltsanspruch der Klägerin auszugehen sei.

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a. Die Auskunftsverpflichtung nach § 1605 Abs. 1 BGB setzt nicht voraus, dass der Unterhaltsanspruch, dessen Feststellung er dient, dem Grunde nach besteht. Denn von den Einkünften und dem Vermögen des Anspruchsgegners kann nicht nur die Höhe der Unterhaltsverpflichtung abhängen, sondern eben auch schon deren Bestand als solcher; der Auskunftsanspruch ist daher nicht nur gegeben, wenn lediglich die Höhe des Anspruchs in Frage steht. Angesichts dessen, dass die Auskunftspflicht auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruht, verbietet sich die Inanspruchnahme des Unterhaltsschuldners auf Auskunftserteilung allein dann, wenn unabhängig von dessen Einkommen und Vermögensverhältnissen ein Unterhaltsanspruch nicht in Betracht kommt (vgl. zum Ganzen OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 1453 m. w. N.).

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b. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob es an einer Bedürftigkeit der Klägerin fehlt, weil sie möglicherweise zumindest einen Bedarf in Höhe von 640,00 € mit den vorhandenen Einkünften abdecken kann. Denn bei gutem Einkommen der Eltern kann sich dieser Richtsatz aus den Unterhaltsleitlinien durchaus erhöhen (vgl. Wendl/Staudigl-Klinkhammer, a. a. O., § 2 Rn. 376 und 378 m. w. N.; siehe auch Ziffer 13.1.2 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt) und in der Folge aufgrund einer Unterdeckung des sich danach ergebenden Bedarfes des Kindes mit den vorhandenen Einkünften doch eine entsprechende Bedürftigkeit ergeben; dies wird sich aber erst aufgrund einer Auskunftserteilung durch den Beklagten so feststellen oder definitiv verneinen lassen. Nichts anderes ergibt sich aus dem Verweis des Beklagten darauf, dass die Klägerin gegebenenfalls staatliche Unterstützungsleistungen in Anspruch zu nehmen habe; denn soweit diese nicht von vorneherein subsidiär sind, sehen sowohl § 71 Abs. 1 SGB III für die Berufsausbildungsbeihilfe wie auch § 11 Abs. 2 BAföG für die diesbezüglichen Leistungen eine Anrechnung des Einkommens der Eltern auf den maßgeblichen Bedarf vor, sodass es auch hier entsprechender Auskünfte des Beklagten erst bedürfte. Ebenso lässt sich eine Leistungsunfähigkeit des Beklagten erst aufgrund einer erteilten Auskunft beurteilen.

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c. Abschließend ist nicht von der Verwirkung eines Unterhaltsanspruches der Klägerin auszugehen, weil sie darauf verzichtet hat, die misslungene Abiturprüfung zu wiederholen. Eine solche hätte zu der allgemeinen Schulausbildung gehört, wobei das Kind gemäß § 1610 Abs. 2 BGB im Anschluss an diese immer noch einen Anspruch auf Unterhalt für eine Berufsausbildung im eigentlichen und engeren Sinne hat. Dass die Klägerin ihre allgemeine Schulausbildung nicht durch einen Wiederholungsversuch zum Abitur verlängert, sondern statt dessen gleich eine Berufsaubildung aufgenommen hat, ist daher eher zum Vorteil des Beklagten; denn ansonsten hätte er gegebenenfalls Unterhalt für die längere Schulzeit und die anschließende Ausbildung geschuldet. Davon abgesehen kann dem Auskunftsverlangen eines Unterhaltsberechtigten in der Regel ohnehin die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nicht entgegengehalten werden, weil die Höhe des Unterhaltsanspruchs für die anzustellenden Billigkeitsabwägungen von Bedeutung ist und deshalb die Auskunft vorrangig erteilt werden muss, um den Anspruch berechnen zu können (vgl. OLG Bamberg FamRZ 2006, 344; OLG Frankfurt FamRZ 1993, 1241).

37

5. Das Begehren der Klägerin zu Auskunft und Belegen ist inhaltlich sodann grundsätzlich von dem Anspruch aus § 1605 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB gedeckt. Die Klage war lediglich hinsichtlich der Vorlage des Einkommenssteuerbescheides des Beklagten für das Jahr 2008 abzuweisen, weil diese jedenfalls im Verlauf des Rechtsstreits bereits erfolgt ist. Ebenso war der Beklagte nur zur Vorlage des elektronischen Ausdruckes der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2008 zu verurteilen und nicht auch oder statt dessen der Lohnsteuerkarte; denn seit dem Jahr 2004 erhält der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber nicht mehr die Lohnsteuerkarte zurück, sondern nur noch den zuvor genannten Ausdruck der Lohnsteuerbescheinigung, die damit mit dem Inhalt der Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte identisch ist.

III.

38

Die Kostenentscheidung war im Rahmen dieses Teilurteiles dem Schlussurteil vorzubehalten.

IV.

39

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Der Wert der Beschwer des zu einer Auskunft verurteilten Beklagten bemisst, sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert; für den Kläger ist im Falle der Abweisung seiner Auskunftsklage sein Interesse maßgeblich, das in der Regel mit einem Bruchteil des Wertes des Leistungsanteiles anzusetzen ist (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, Kommentar zur ZPO, 63. Aufl., 2005, Anhang zu § 511 Rn. 3 m. w. N.). Weder der Aufwand für die Auskunftserteilung durch den Beklagten noch das Interesse der Klägerin an der Vorlage des Einkommenssteuerbescheides und der Lohnsteuerkarte für das Jahr 2008, die nur einen geringfügigen Teil des Auskunfts- und Beleganspruches betreffen und im letzteren Fall inhaltlich mit dem vorzulegenden elektronischen Ausdruck der Lohnsteuerbescheinigung identisch sind, waren mit einem 600,00 € übersteigenden Betrag zu bewerten; die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, liegen folglich im Hinblick auf § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unzweifelhaft nicht vor (vgl. Zöller-Herget, Kommentar zur ZPO, 28. Aufl., 2010, § 713 Rn. 2).

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