Urteil vom Arbeitsgericht Iserlohn - 1 Ca 560/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.600,00 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über die Pflicht der Beklagten zur Annahme eines Arbeitsvertragsangebots des Klägers für den Zeitraum ab dem 01. Februar 2015 sowie über die vom Kläger begehrte Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis seit dem 15.01.2015 zu im Einzelnen benannten Arbeitsbedingungen nach den Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes bestehe.
3Der 1990 geborene, verheiratete und einem Kind unterhaltsverpflichtete Kläger war auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages seit dem 15.07.2013 als Lager- und Produktionswerker bei der Firma … eingestellt. Wegen der arbeitsvertraglichen Bedingungen wird auf Blatt 20 ff. der Akte Bezug genommen. Der Einsatz des Klägers erfolgte von Anfang an bei der Beklagten. Der Einsatz endete vor dem 25.03.2015. Seit diesem Tag ist der Kläger Mitglied der IG Metall.
4Die Beklagte ist tarifgebunden und wendet die Tarifverträge für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie NRW an sowie im Rahmen dessen auch den Tarifvertrag zur Leih-/Zeitarbeit in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (künftig: TV LeiZ) vom 24.05.2012.
5Dieser Tarifvertrag regelt – sowie hier von Interesse – u.a. das Folgende:
6§ 1 Geltungsbereich
7Für diesen Tarifvertrag gilt der Geltungsbereich des einheitlichen Manteltarifvertrages (EMTV)
8§ 2 Einsatz von Leih-/Zeitarbeitnehmern
9…
10§ 3 Betriebe mit Betriebsvereinbarung
11…
12§ 4 Betriebe ohne Betriebsvereinbarung
13- 1.14
Besteht keine Betriebsvereinbarung gemäß § 3 gilt folgendes:- Nach 18 Monaten Überlassung hat der Entleiher zu prüfen, ob er dem Leih-/Zeitarbeitnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag anbieten kann.- Nach 24 Monaten Überlassung hat der Entleiher dem Leih-/Zeit- arbeitnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten. Dieses kann nach Beratung mit dem Betriebsrat bei akuten Beschäftigungs- problemen entfallen.
Bei Unterbrechungen von weniger als drei Monaten werden Einsatzzeiten
16im selben Betrieb addiert.
17Mit seiner am 30.03.2015 beim Arbeitsgericht Iserlohn eingegangenen Klage begehrte der Kläger zunächst die Verurteilung der Firma … zum Abschluss eines Arbeitsvertrages mit im Einzelnen benannten Bedingungen. Diesen Antrag hat der Kläger im Gütetermin am 01.07.2015 zurückgenommen. Auf das Protokoll dieser Sitzung (Blatt 95 der Akte) wird Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 28.04.2015 begehrt der Kläger sodann die Verurteilung der Beklagten zur Annahme eines im Einzelnen benannten Arbeitsvertragsangebotes mit Wirkung zum 01.02.2015. Mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 01.06.2015 begehrt der Kläger darüber hinaus die Feststellung, dass mit der Beklagten seit dem 15.01.2015 ein Arbeitsverhältnis mit im Einzelnen benannten Bedingungen besteht.
18Zunächst bestreitet der Kläger, dass die Firma … sich im Besitz einer Erlaubnis zur Überlassung von Arbeitnehmern befinde.
19Der Kläger trägt sodann vor, dass unabhängig von der erst seit dem 25.03.2015 bestehenden Gewerkschaftszugehörigkeit zwischen den Parteien von Anbeginn der Tarifvertrag zur Leih-/Zeitarbeit in der Metall- und Elektroindustrie NRW anzuwenden sei. Er meint, die Beklagte habe sich schadensersatzpflichtig gemacht, weil sie - in Ermangelung einer Betriebsvereinbarung nach § 3 TV LeiZ - die nach § 4 TV LeiZ nach 18 Monaten der Überlassung erforderliche Prüfung, ob sie ihm ein unbefristetes Arbeitsverhältnis anbieten könne, unterlassen habe. Infolge des Schadensersatzanspruchs habe er nunmehr Anspruch auf Abschluss eines solchen unbefristeten Arbeitsvertrages. Der Kläger verweist darauf, dass er im Bereich des Punktschweißens eingesetzt gewesen sei und die Beklagte in diesem Bereich seit mindestens vier Jahren regelmäßig annähernd so viele Arbeitnehmer beschäftigt habe, wie sie Leiharbeiter beschäftige. Daraus ergebe sich, dass ein dauerhafter Bedarf an Arbeitskräften bestehe. Indes liege eine „vorübergehende“ Beschäftigung nicht vor. Nach Auffassung des Klägers zielt die Regelung in § 4 des TV LeiZ u.a. darauf ab zu verhindern, dass Dauerarbeitsplätze durch Leiharbeitnehmer besetzt werden und damit Stammarbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren. Dieser Zweck sei nur dadurch zu erreichen, dass der Tarifvertrag durch eine Betriebsnorm - §§ 3 und 4 – nicht nur Angehörige der IG Metall in den Schutzbereich einbeziehe, sondern darüber hinaus auch andere Leiharbeitnehmer.
20Der Kläger ist schlussendlich der Auffassung, dass es sich bei den §§ 3, 4 TV LeiZ nicht um bloße Verfahrensvorschriften, sondern um Betriebsnormen handele. Insoweit ist er der Meinung, dass die Prüfungspflicht nach 18 Monaten der Überlassung völlig wirkungslos hinsichtlich des Schutzes der Arbeitsplätze der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer wäre, wenn ihre Nichtbeachtung nicht an Konsequenzen geknüpft wäre. Der Schutzzweck der Norm könne nur erreicht werden, indem für den Fall, dass – wie hier – eine ernsthafte Prüfung überhaupt nicht durchgeführt worden sei, sich die Rechtsfolge ergebe, dass nach 18 Monaten der Überlassung ein Arbeitsvertrag angeboten werden müsse. Infolge dessen habe der Kläger im vorliegenden Fall einen Anspruch auf Einstellung.
21Im Weiteren ist der Kläger der Auffassung, dass nach den Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ein Arbeitsverhältnis bereits ab dem 15.01.2015 zustande gekommen sei. Die Überlassung des Klägers sei nämlich keine Vorübergehende gewesen. Zwar definiere das AÜG die Tatbestandsvoraussetzung „vorübergehend“ nicht. Dieser Begriff könne jedoch seiner Auffassung nach durch die Zeiträume in § 4 TV LeiZ ausgefüllt werden. Rechtsfolge der nicht vorübergehenden Überlassung sei sodann nach § 10 AÜG, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer als zustande gekommen gelte.
22Der Kläger beantragt,
23die Beklagte zu verurteilen, folgendes Arbeitsvertragsangebot des Klägers mit Wirkung zum 01. Februar 2015 anzunehmen:
24Arbeitsvertrag
25Zwischen
26…
27Arbeitgeberin
28und
29…
30Arbeitnehmer
31§ 1
32Der Arbeitnehmer wird als Produktionshelfer im Betrieb in … eingestellt.
33§ 2
34Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.02.2015 und ist unbefristet.
35§ 3
36Die Arbeitszeit beträgt 38,75 Stunden wöchentlich.
37§ 4
38Die übrigen Arbeitsbedingungen richten sich nach den Tarifverträgen der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie, abgeschlossen zwischen der Metall NRW- Verband der Metall- und Elektro- Industrie Nordrhein-Westfalen e.V. und der IG Metall Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen;
39festzustellen, dass zwischen den Parteien ab dem 15.01.2015 ein Arbeitsverhältnis besteht, in dem der Kläger als Produktionshelfer eingestellt ist, zu den tariflichen Bedingungen der Eisen- Metall- und Elektroindustrie abgeschlossen NRW e.V. und dem Metall NRW-Verband der Metall- und Elektroindustrie NRW e.V.
40Die Beklagte beantragt,
41die Klage abzuweisen.
42Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei insgesamt unbegründet.
43Im Hinblick auf die begehrte Verurteilung zur Annahme eines Arbeitsvertragsangebotes im Hinblick auf die Bestimmungen des TV LeiZ ist die Beklagte der Auffassung, dass der Tarifvertrag mangels Tarifbindung im streitigen Zeitraum nicht anwendbar sei.
44Im Übrigen handele es sich bei § 4 TV LeiZ um eine bloße Verfahrensvorschrift, die zwar eine Prüfpflicht aufstelle, eine Rechtsfolge jedoch nicht regele. Vielmehr diene die Prüfpflicht der rechtzeitigen Vorbereitung eines eventuell zu unterbreitenden Vertragsangebotes. Die einseitige Tarifbindung der Beklagten sei schlussendlich nicht ausreichend, da es sich bei § 4 TV LeiZ um eine Abschlussnorm und nicht um eine Betriebsnorm handele.
45Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen geäußerten Rechtsauffassungen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Kammertermins vom 11.11.2015 Bezug genommen.
46E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
47Die Klage ist unbegründet.
48I.
49Der Kläger hat zunächst keinen Anspruch auf Annahme des von ihm gewünschten Arbeitsvertragsangebots durch die Beklagte, da eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich ist. Insbesondere ergibt sich der Anspruch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes, §§ 280 Abs. 1, 249 BGB.
501.
51Eine Pflichtverletzung der Beklagten und ein rechtswidriges Verhalten liegen bereits nicht vor.
52Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei zu Unrecht ihrer Prüfungspflicht aus § 4 Ziffer 1 Spiegelstrich 1 TV LeiZ nicht nachgekommen, indem sie nicht nach 18 Monaten der Überlassung im Januar 2015 geprüft habe, ob sie dem Kläger als Leiharbeitnehmer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis anbieten konnte. Dieser Auffassung folgt die Kammer nicht.
53Eine Prüfungspflicht der Beklagten nach § 4 TV LeiZ scheidet bereits aus, da der Kläger nicht vom persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages erfasst ist. § 1 TV LeiZ verweist auf den Geltungsbereich des Einheitlichen Manteltarifvertrages (EMTV). Dieser wiederum nimmt Bezug auf den Geltungsbereich des Entgeltrahmentarifvertrages in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein- Westfalens (§ 1 Ziffer 3). Der persönliche Geltungsbereich des Entgeltrahmenabkommen erstreckt sich nach dessen § 1 auf alle gewerblichen Arbeitnehmer, die Mitglied der IG Metall sind. Diese Voraussetzung traf auf den Kläger während seiner Einsatzzeit bei der Beklagten unstreitig nicht zu.
542.
55Unabhängig davon ist die Kammer der Auffassung, dass der Kläger – unterstellt, der Tarifvertrag LeiZ sei anwendbar und unterstellt, die Beklagte habe ihre Prüfungspflicht verletzt – keinen Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages geltend machen könnte. Die Beklagte wäre im Falle der Anwendbarkeit des TV LeiZ (nur) zu einer Überprüfung verpflichtet gewesen, ob sie dem Kläger ein Arbeitsverhältnis hätte anbieten können. Schadensersatz in Form von Naturalrestitution bedeutet indes, dass derjenige Zustand hergestellt werden müsste, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, § 249 Abs. 1 BGB. § 4 Ziffer 1 Spiegelstrich 1 TV LeiZ begründet jedoch keine materiellen Pflichten bei der Prüfung, ob die Beschäftigung des Leiharbeitnehmers in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis möglich ist, auch nicht im Sinne einer Ermessensbindung- oder begrenzung (BAG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2014, 3 Sa 33/14, juris zu dem wortgleichen TV LeiZ für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden). In der Folge kann sich aus einer unterlassenen Prüfung auch kein Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages ergeben.
56II.
57Der Kläger auch keinen Anspruch auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.
58Dabei kann für die Entscheidung dahin stehen, unter welchen Voraussetzungen von einer nicht mehr nur vorrübergehenden Arbeitnehmerüberlassung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG auszugehen ist. Denn auch, wenn hier zugunsten des Klägers unterstellt würde, dass die Unterlassung an die Beklagte im Hinblick auf die bisherige Dauer seines Einsatzes und dem von ihm besetzten Arbeitsplatz nicht mehr nur „vorübergehend“ erfolgte, begründet dies unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien.
591.
60Auch nach dem eigenen Vortrag des Klägers bestehen vertragliche Absprachen zwischen ihm und der Beklagten, aus denen sich der Abschluss eines Arbeitsvertrages ableiten ließe, nicht. Die Beschäftigung erfolgte allein auf der Grundlage der vertraglichen Beziehungen zwischen der Beklagten und der Vertragspartnerin der Klägerin, …, als Entleiher sowie auf der Grundlage der arbeitsvertraglichen Absprachen zwischen dem Kläger und der Firma …. Sowohl die Beklagte als auch die Arbeitgeberin des Klägers wollten erkennbar einen Vertrag über die Überlassung von Arbeitnehmern ebenso abschließen, wie die Firma … mit dem Kläger einen Arbeitsvertrag.
612.
62Zwischen den Parteien ist ein Arbeitsverhältnis nicht aufgrund gesetzlicher Fiktion nach § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG zustande gekommen. Nach § 10 Abs. 1 AÜG gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist. Unwirksam nach § 9 Nr. 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Verleiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG zur Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis hat.
63Zwar bestreitet der Kläger vorliegend das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung der Firma …. Ausweislich des zwischen dem Kläger und dem Zeitarbeitsunternehmen abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 12.06.2013 wurde indes die „Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung“ nach den §§ 1 und 2 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) vom 24.10.1973 zuletzt am 06.11.2006 durch die Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit ausgestellt. Da es sich bei der Firma … gerichtsbekannt um ein deutschlandweit tätiges Zeitarbeitsunternehmen handelt, hätte es dem Kläger oblegen, konkrete Tatsachen vorzutragen, die zumindest im Ansatz nachvollziehbar den Schluss zulassen könnten, eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung liege nicht vor. Sein Bestreiten „ins Blaue hinein“ ist untauglich.
64Besitzt ein Arbeitgeber mithin die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, als Verleiher dritten Arbeitnehmern im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung zu überlassen, hindert dies eine unmittelbare Anwendung des
65§ 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Dies gilt auch, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers entgegen der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehend erfolgt (BAG, Urteil vom 10.12.2013, 9 AZR 51/13, juris; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.10.2012, 7 Sa 1182/12, juris).
663.
67Schlussendlich kommt eine analoge Anwendung der §§ 10 Abs. 1 AÜG, § 9 Nr. 1 AÜG auf die Fälle der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung nicht in Betracht.
68Die analoge Anwendung einer Vorschrift setzt voraus, dass eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegt und diese Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers – also der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will – als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte (BAG, Urteil vom 13.12.2006, 10 AZR 674/05, juris; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.10.2012, 7 Sa 1182/12, aaO).
69In diesem Zusammenhang kann dahin stehen, ob auch nach Wegfall der früheren Regelung in § 1 Abs. 2 AÜG, wonach bei Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer Arbeitsvermittlung vermutet wurde, die nicht nur vorübergehende Überlassung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG die Vermutung von Arbeitsvermittlung nach § 1 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG auslöst (so nach Auffassung des Klägerin in Anlehnung an Wank, Erfurter Kommentar 14. Auflage, § 1 AÜG Rd.-Ziffer 45).
70Eine planwidrige Regelungslücke nicht vor. Die Situation des Leiharbeitnehmers ist in den Fällen des § 1 Abs. 2 AÜG nicht vergleichbar mit der des unerlaubt überlassenen Arbeitnehmers, für den § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG das Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher fingiert. Die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ist erforderlich, weil bei Fehlen der nach § 1 AÜG erforderlichen Erlaubnis der Vertrag des Leiharbeitnehmers mit dem Verleiher nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist. Damit der Arbeitnehmer in diesem Fall überhaupt in einem Arbeitsverhältnis steht, fingiert
71§ 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein solches zum Entleiher. Das AÜG regelt demgegenüber nicht, dass Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher unwirksam ist oder beendet wird, wenn die Überlassung nicht nur vorübergehend erfolgt. Der Schutzgedanke trägt mithin nicht. Vielmehr würde sich der Austausch des Vertragspartners des Leiharbeitnehmers ohne dessen Zustimmung verfassungsrechtlich bedenklich darstellen und jedenfalls einen möglicherweise unzulässigen Eingriff in dessen privatautonome Entscheidung über die Wahl seines Vertragspartners bedeuten (BAG, Urteil vom 10.12.2013, 9 AZR 51/13, aaO). Schlussendlich gibt auch die Leiharbeitsrichtlinie (2008/104/EG) das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den hiesigen Parteien nicht vor (BAG, Urteil vom 10.12.2013, 9 AZR 51/13, aaO; BAG, Urteil vom 03.06.2014, 9 AZR 111/13, juris), sondern überlässt es den Mitgliedsstaaten wirksame Sanktionen gegen den Verstoß des Verbotes eines nicht nur vorübergehenden Einsatzes von Leiharbeitnehmern zu schaffen. Mithin ist es Aufgabe der Gesetzgebung und nicht der Gerichte tätig zu werden.
72III.
73Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 ZPO. Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
74Die Entscheidung über den Streitwert gründet sich auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ZPO. Dabei wurde für den Klageantrag auf Annahme eines Vertragsangebotes die im Rahmen der Überlassung vom Kläger erzielte Vierteljahresvergütung angesetzt. Für den Feststellungsantrag wurde eine weitere Bruttomonatsvergütung unter Abzug von 20 % im Hinblick auf die fehlende Vollstreckbarkeit des Antrages.
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Referenzen
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- ArbGG § 46 Grundsatz 2x
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- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG 3x (nicht zugeordnet)
- § 1 TV 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 10 Abs. 1 AÜG 1x (nicht zugeordnet)
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- 9 AZR 51/13 3x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG 1x (nicht zugeordnet)
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