| Der Verfügungskläger verlangt von der Verfügungsbeklagten die Weiterbeschäftigung als Angestellter im Pharma-Außendienst im Wege der einstweiligen Verfügung. |
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| Die Verfügungsbeklagte, die als GmbH ihren Sitz in Ulm hat, vertreibt Arzneimittel. Der Kläger ist seit dem 01.10.1995 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Pharmareferent im Außendienst zu einem regelmäßigen Bruttomonatsentgelt von zuletzt EUR 4.240,00 beschäftigt. |
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| Mit Schreiben vom 29.01.2014, dem Verfügungskläger zugegangen am gleichen Tag, kündigte die Rechtsvorgängerin der Verfügungsbeklagten das mit dem Verfügungskläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum Ablauf des 30.06.2014. Mit Schriftsatz vom 12.02.2014, bei Gericht eingegangen per Fax am gleichen Tag, erhob der Verfügungskläger über seinen Prozessbevollmächtigten vor dem Arbeitsgericht Ulm Kündigungsschutzklage und machte gleichzeitig gegenüber der Rechtsvorgängerin der Verfügungsbeklagten einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend. Das Verfahren wurde beim Arbeitsgericht Ulm unter dem Aktenzeichen 5 Ca 56/14 geführt. |
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| Mit Schreiben vom 11.04.2014 informierte die Rechtsvorgängerin der Verfügungsbeklagten den Verfügungskläger über einen ab Mitte 2014 bevorstehenden Betriebsübergang auf die Verfügungsbeklagte als Folge einer Spaltung zur Aufnahme gemäß § 123 Abs. 2 Nr. 1 UmwG. Der Betriebsübergang wurde tatsächlich am 10.06.2014 vollzogen. Im Kammertermin vom 22.07.2014 in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 5 Ca 56/14 vor dem Arbeitsgericht Ulm wies der Vorsitzende den Verfügungskläger darauf hin, dass vor dem Hintergrund des Betriebsübergangs Bedenken gegen die Geltendmachung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs gegen die Rechtsvorgängerin der Verfügungsbeklagten bestehen. Der Verfügungskläger ließ auf diesen Hinweis hin seine Klage unverändert. Daraufhin stellte das Arbeitsgericht Ulm in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 5 Ca 56/14 mit Urteil vom 22.07.2014 fest, dass die Kündigung der Rechtsvorgängerin der Verfügungsbeklagten vom 29.01.2014 unwirksam ist und wies die auf die Weiterbeschäftigung gerichtete Klage ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. |
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| Mit E-Mail vom 26.06.2014 bot der Verfügungskläger seinem Vorgesetzten sowie dem Personalleiter und dem Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten seine Arbeitskraft auch über den 30.06.2014, d. h. den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nach der Kündigung vom 29.01.2014, hinaus an. Mit E-Mail vom 23.07.2014 (Abl. 22) teilte der Verfügungskläger seinem Vorgesetzten bei der Verfügungsbeklagten das Ergebnis der vorgenannten Kammerverhandlung mit und bot außerdem seine Arbeitskraft an. Die Verfügungsbeklagte reagierte mit E-Mail vom gleichen Tag (Abl. 23), kündigte die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm an, soweit dieses die Kündigung für wirksam erachtete, und berief sich im Übrigen hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags auf die Klageabweisung. |
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| Daraufhin stellte der Verfügungskläger über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 28.07.2014, bei Gericht eingegangen am 29.07.2014, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. |
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| Der Verfügungskläger ist der Ansicht, die Voraussetzungen für eine auf Weiterbeschäftigung gerichtete einstweilige Verfügung lägen vor. Der Verfügungsanspruch ergebe sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Weiterbeschäftigungsanspruch ohne weiteres aus dem obsiegenden Urteil im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Ulm mit dem Aktenzeichen 5 Ca 56/14. Soweit die Verfügungsbeklagte überwiegende eigene Interessen geltend mache, stünden diese einem Verfügungsanspruch des Verfügungsklägers nicht entgegen. Die zur Kündigung herangezogenen Umstände seien „verbraucht“ und könnten nach der erstinstanzlichen Entscheidung des Arbeitsgerichts Ulm nicht erneut zur Begründung der Nichtweiterbeschäftigung herangezogen werden. Der Verfügungskläger bekleide auch keine derart gewichtige Vertrauensposition in der Organisationen der Verfügungsbeklagten, dass dieser die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden könne. Überdies habe der Kläger keinerlei Anlass zu der Annahme der Verfügungsbeklagten gegeben, er werde sich ihr gegenüber illoyal verhalten. Soweit die Verfügungsbeklagte auf Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht Verden verweise oder die Diskussion um die Rückgabe von IT-Geräten, nehme der Verfügungskläger lediglich die ihm aus seiner Sicht zustehenden Rechte wahr und verlasse mit seinem Sprachgebrauch und -duktus der E-Mail-Korrespondenz nicht die Ebene des geschäftlich Üblichen. |
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| Im Übrigen ist der Verfügungskläger der Ansicht, der Verfügungsgrund ergebe sich daraus, dass Rechtsmittelverfahren – wie die von der Verfügungsbeklagten angekündigte Berufung – schon aufgrund ihrer längeren Dauer geeignet seien, den Weiterbeschäftigungsanspruch des Verfügungsklägers zu vereiteln. Das gelte erst recht für ein reguläres Klageverfahren gegen die Verfügungsbeklagte auf Weiterbeschäftigung. Aus der ideellen Natur des Weiterbeschäftigungsanspruchs als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergebe sich, dass es keiner weiteren Begründung für den Verfügungsgrund bedürfe. Jedenfalls scheitere das Begehren auf vorläufige Weiterbeschäftigung des Verfügungsklägers nicht an einem dem entgegenstehenden Verhalten des Verfügungsklägers im erstinstanzlichen Verfahren und kurz danach. Der Verfügungskläger habe zu keiner Zeit Zweifel darüber aufkommen lassen, dass er seine Arbeit bei der Verfügungsbeklagten weiterführen möchte. Letztlich solle mit der Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung einer Entfremdung des Verfügungsklägers aus dem Arbeitsverhältnis entgegengewirkt werden. |
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| Der Verfügungskläger beantragt zuletzt: |
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| Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, den Verfügungskläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Ulm, Aktenzeichen 5 Ca 56/14, als Pharmareferent im Außendienst weiter zu beschäftigen. |
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| Die Verfügungsbeklagte beantragt, |
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| Die Beklagte ist der Ansicht, es lägen weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund vor. An einem Verfügungsanspruch fehle es bereits deswegen, weil im Rahmen einer vorzunehmenden Interessenabwägung die Interessen des Verfügungsklägers an einer Beschäftigung hinter den Interessen der Verfügungsbeklagten an einer Nichtbeschäftigung zurücktreten müssten. Das überwiegende Interesse der Verfügungsbeklagten an der Nichtbeschäftigung ergebe sich aus der Stellung des Verfügungsklägers und der Art seiner Arbeit. Die Tätigkeit des Verfügungsklägers im Außendienst erfordere eine besondere Vertrauensbeziehung zwischen den Vertragsparteien. In der Funktion als Pharmareferent im Außendienst sei der Verfügungskläger das Gesicht des Unternehmens nach außen und der erste Kontakt zu den Kunden der Verfügungsbeklagten. Da der Verfügungskläger in dieser Funktion nicht in Kontrollsysteme eingebunden sein könne, sei sein Verhalten gegenüber Kunden nicht zu überprüfen. Überdies ergebe sich aus dem weiteren Verhalten des Verfügungsklägers nach Ausspruch der Kündigung, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten sei. Die Art der Auseinandersetzungen mit dem Kläger und die Gegenstände der Auseinandersetzungen, die schon alltägliche Abläufe in einem Arbeitsverhältnis beträfen, namentlich die Kommunikation im Zusammenhang mit der Rückgabe der IT-Geräte sowie zwei weitere Rechtsstreite vor dem Arbeitsgericht Verden, ließen Ansätze für provokative und illoyale Verhaltensweisen erkennen. Es sei daher davon auszugehen, dass bei einer Weiterbeschäftigung des Verfügungsklägers Auseinandersetzungen vergleichbarer Art einen nicht unerheblichen Teil der Arbeitszeit in Anspruch nehmen würden und eine den arbeitsvertraglichen Pflichten entsprechender Erfüllung der Aufgaben eines Pharmareferenten im Außendienst, insbesondere ein angemessener Umgang mit Kunden, nicht mehr gewährleistet wäre, ohne dass die Verfügungsbeklagte Möglichkeiten hätte, mit Blick auf die Wahrung ihrer Reputation vorbeugend korrigierend einzugreifen. |
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| In Übrigen ist die Verfügungsbeklagte der Ansicht, es liege kein Verfügungsgrund vor. Auf das Vorliegen eines Verfügungsgrundes könne entgegen der Ansicht des Verfügungsklägers nicht verzichtet werden. Der Verfügungsgrund ergebe sich auch nicht bereits allein aus dem Vorliegen eines Verfügungsanspruchs. Vielmehr seien an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes strenge Anforderungen zu stellen, die vorliegend nicht eingehalten seien, da der Verfügungskläger keine Nachteile glaubhaft gemacht habe, die wegen einer Notlage eine sofortige Erfüllung seines vermeintlichen Anspruchs gebieten würden. Zudem habe der Verfügungskläger die Eilbedürftigkeit seines Antrags selbst widerlegt. So habe er es bereits unterlassen, die Verfügungsbeklagte in den Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kündigung vom 29.01.2014 einzubeziehen und von ihr die Weiterbeschäftigung zu fordern. Dies sei ihm jedoch ohne weiteres möglich und nach der prozessualen Situation auch geboten gewesen. Überdies sei der Verfügungskläger seit dem Ablauf der Kündigungsfrist am 30.06.2014 nicht mehr für die Verfügungsbeklagte tätig gewesen und habe erst am 29.07.2014, d.h. nach fast einem Monat, den Weiterbeschäftigungsantrag gestellt. |
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| Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf den Inhalt der Akte, namentlich auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf den Inhalt der mündlichen Verhandlung verwiesen. |
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