Urteil vom Bundesarbeitsgericht (10. Senat) - 10 AZR 313/11
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Januar 2011 - 16 Sa 614/10 - aufgehoben.
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2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Februar 2010 - 31 Ca 7969/09 - wird zurückgewiesen.
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3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die vertragsgemäße Beschäftigung und die damit in Zusammenhang stehende Vergütung der Klägerin.
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Die 1962 geborene Klägerin wurde von der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 2. November 1990 ab dem 1. November 1990 als Landessekretärin eingestellt.
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Am 2. November 1992 wurde sie zum Mitglied des Geschäftsführenden Hauptvorstands (GHV) gewählt.
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Nach § 38 Ziff. 4 Satz 1 der Satzung der Gewerkschaft HBV idF vom 4. November 1992 vertrat der Hauptvorstand die Gewerkschaft nach innen und nach außen. Nach § 39 Satz 1 bildeten die hauptamtlichen Mitglieder des Hauptvorstands den Geschäftsführenden Hauptvorstand.
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Die Klägerin und die Gewerkschaft HBV schlossen am 15. November 1993 mit Wirkung vom 3. November 1992 einen Anstellungsvertrag für Wahlangestellte (Anstellungsvertrag). Nach dessen § 4 Buchst. a endet das Anstellungsverhältnis durch Ablauf der Wahlperiode, falls die erneute Kandidatur unterbleibt oder eine Wiederwahl nicht erfolgt. Weiter heißt es im Vertrag auszugsweise:
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„§ 5
Endet das Anstellungsverhältnis nach § 4 Buchst. a vor Vollendung des 57. Lebensjahres, so ist für eine angemessene Weiterbeschäftigung Sorge zu tragen. Als angemessen gilt eine Tätigkeit, deren Vergütung der höchsten Gruppe der jeweils geltenden Gehaltstabelle für SekretärInnen der Gewerkschaft HBV entspricht.
…
§ 10
Soweit in diesem Anstellungsvertrag nichts Besonderes vereinbart ist, gelten für Frau H die Allgemeinen Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten der Gewerkschaft HBV in der jeweils gültigen Fassung mit der Maßgabe, daß anstelle des in den Anstellungsbedingungen aufgeführten Entscheidungsorgans GHV der Hauptvorstand tritt.“
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Die Klägerin stellte sich 1995 nicht mehr zur Wiederwahl. Ab dem 1. Februar 1995 wurde sie in die Hauptfachabteilung IV der Gewerkschaft HBV versetzt. Dort arbeitete sie als Gewerkschaftssekretärin mit herausgehobenen Aufgaben und bezog eine Vergütung nach der (höchsten) Tarifgruppe 15 der Gehaltstabelle der Gewerkschaft HBV. Für diese Tarifgruppe waren in der Anlage 2 der Allgemeinen Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten der Gewerkschaft HBV keine Tätigkeitsmerkmale vorgesehen.
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Im Jahre 2001 verschmolz die Gewerkschaft HBV mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Deutsche Postgewerkschaft (DPG), Industriegewerkschaft Medien - Druck und Papier, Publizistik und Kunst (IG Medien) und der Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) auf die Beklagte.
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Die Klägerin wurde weiterhin nach der Tarifgruppe 15 vergütet und als Gewerkschaftssekretärin mit herausgehobenen Aufgaben beschäftigt. Auf ihren Wunsch wurde sie im Dezember 2004 in die Bundesfachgruppe gesetzliche Krankenversicherung (GKV) versetzt und im Mai 2007 als Bundesfachgruppenleiterin GKV gewählt. Zu ihren Aufgaben gehörten im Wesentlichen das Führen der Tarifverhandlungen in den Ersatzkassen in der gesamten Tarifkomplexität. Sie leitete die Tarifkommissionssitzungen, entwickelte die entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, gegebenenfalls verantwortete sie notwendige Arbeitskampfmaßnahmen.
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Der Bundesvorstand der Beklagten und der Gesamtbetriebsrat schlossen mit Wirkung vom 1. Januar 2008 eine Gesamtbetriebsvereinbarung über ein einheitliches Entgeltsystem für ver.di (GBV Entgeltsystem). Das Entgeltsystem enthält 10 Entgeltgruppen.
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Die Entgeltregelungen lauten auszugsweise:
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„8.2.2
Gewerkschaftssekretär/in mit Fachanleitungsfunktionen, wie z. B. Personalleiter/in, Abteilungsleiter/in Rechtsschutz im Landesbezirk, Bundesfachgruppenleiter/in mit Tarifverantwortung
…
9.2.4
TarifsekretärIn mit Koordinierungsfunktion, sofern er/sie auf Landesbezirks- oder Bundesebene für mehrere Fachbereiche Tarifverhandlungen führt oder für die Bundesfachbereiche 1, 3, 9 und 10 für die Steuerung und Koordination der Tarifarbeit verantwortlich ist.“
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Die Klägerin erhielt im Oktober 2008 eine Vergütung iHv. 5.067,59 Euro brutto, die sich aus dem Tarifgehalt der Entgeltgruppe 8 Stufe 2 iHv. 4.850,00 Euro und einer Besitzstandszulage von 217,59 Euro zusammensetzte. Die Klägerin erfüllte die tariflichen Voraussetzungen der Entgeltgruppe 9 Stufe 2.4 mangels Ausübung einer Koordinierungsfunktion nicht.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, § 5 des Anstellungsvertrags habe sicherstellen wollen, dass Wahlangestellte nach dem Ausscheiden aus dem Amt in einer herausgehobenen Form weiterbeschäftigt würden und hierbei ihre Verdienste und besondere Verantwortung als Mitglied des GHV hinreichend Berücksichtigung fänden. Diese vertragliche Regelung gelte weiter; ein neuer Arbeitsvertrag sei nicht abgeschlossen worden. Aus der Regelung folge, dass ein Angestellter, der zuvor an höchster Position der Gewerkschaft gestanden habe, nun direkt eine Stufe unter dem Vorstand bleiben solle. Dies müsse für Beschäftigung und Vergütung gelten. In Übertragung auf das jetzige Vergütungssystem bedeute dies zumindest eine Beschäftigung und Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 9.2.4. Bezogen auf die Tätigkeitsbeschreibung zu dieser Entgeltgruppe erfülle sie alle Kernaufgaben und habe die dort genannten Kompetenzen, ausgenommen die Koordination der Tarifarbeit.
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Die Klägerin hat beantragt,
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1.
die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitsaufgaben zuzuweisen, deren Vergütung der höchsten Gruppe der (früheren) jeweils geltenden Gehaltstabelle für Sekretäre/innen der Gewerkschaft HBV, also nunmehr Gewerkschaft ver.di, entsprechen, mithin also mit einer Tätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe 9 Stufe 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung über ein Entgeltsystem für ver.di zu betrauen,
2.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.118,56 Euro brutto (Vergütungsdifferenzen Januar 2008 bis einschließlich April 2009) nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr seit 1. September 2008 (Mittelzins) zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, § 5 des Anstellungsvertrags gewähre der Klägerin einen Besitzstand bei Ausscheiden aus dem GHV. Danach sei sie so zu stellen gewesen, wie die Sekretäre/innen in der höchsten Vergütungsgruppe der Gewerkschaft HBV. Die höchste Entgeltgruppe für Gewerkschaftssekretäre/innen bei der Beklagten sei mit der Vergütungsgruppe der Gewerkschaft HBV nicht zu vergleichen. Die um ein Vielfaches größere Organisation und die höhere Anzahl von Mitgliedern begründeten weitergehende Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die sich auch in der neuen Entgeltordnung niederschlügen. Eine ergänzende Vertragsauslegung komme nicht in Betracht, es liege keine planwidrige Lücke vor. Basis sei vielmehr weiterhin die Gehaltstabelle der Gewerkschaft HBV. Durch Einführung des neuen Entgeltsystems könne die Rechtsposition der Klägerin nicht verbessert werden.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Beschäftigung mit einer Tätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe 9 Stufe 2 der GBV Entgeltsystem. Demzufolge scheidet auch ein Anspruch auf Zahlung der entsprechenden Differenzbeträge für den Zeitraum Januar 2008 bis einschließlich April 2009 aus.
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I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Beschäftigungsantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
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1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und über die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung (§ 322 Abs. 1 ZPO) zwischen den Parteien entschieden werden kann (vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 743/10 - Rn. 18; 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10 mwN, EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 4).
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2. Gemessen an diesen Grundsätzen sind Klageziel und Streitgegenstand hinsichtlich des Beschäftigungsantrags hinreichend umschrieben. Der Antrag nennt eine konkrete Entgeltgruppe, welche für die Art der Beschäftigung maßgeblich sein soll. Die Beschreibung muss nicht so genau sein, dass der Antrag auf eine ganz bestimmte im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten ist. Darauf hat der Arbeitnehmer nämlich regelmäßig keinen Anspruch, weil dem Arbeitgeber das Weisungsrecht nach § 106 GewO zusteht (BAG 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 - Rn. 19, BAGE 130, 195).
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II. Die Klage ist unbegründet. Ein vertraglicher Anspruch auf Beschäftigung und Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 2 der GBV Entgeltsystem ergibt sich nicht aus § 5 des Anstellungsvertrags vom 15. November 1993.
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1. Der Anstellungsvertrag vom 15. November 1993 war für die Zeit der Mitgliedschaft im GHV der Gewerkschaft HBV geschlossen und endete nach § 4 Buchst. a mit dem Ablauf der Wahlperiode im Jahr 1995, da die Klägerin sich nicht mehr zur Wiederwahl stellte. Nach § 5 Satz 1 war für eine angemessene Weiterbeschäftigung Sorge zu tragen, da das Anstellungsverhältnis vor Vollendung des 57. Lebensjahres endete.
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Es kann dahinstehen, ob das ursprüngliche Vertragsverhältnis nach der Wahl in den GHV ruhte (vgl. zum ruhenden Arbeitsverhältnis: BAG 9. August 1995 - 10 AZR 539/94 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 80, 308) und der Weiterbeschäftigung als Gewerkschaftssekretärin mit herausgehobenen Aufgaben ab dem 1. Februar 1995 der wiederaufgelebte und durch § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags vom 15. November 1993 modifizierte Arbeitsvertrag vom 2. November 1990 zugrunde lag oder ob die Parteien konkludent einen neuen Arbeitsvertrag entsprechenden Inhalts geschlossen haben. In jedem Fall ist Gegenstand der arbeitsvertraglichen Regelung die Verpflichtung der Rechtsvorgängerin der Beklagten geworden, die Klägerin angemessen iSv. § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags weiterzubeschäftigen. Diese arbeitsvertragliche Verpflichtung hat die Beklagte übernommen.
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2. Mit der Tätigkeit als Bundesfachgruppenleiterin GKV wird die Klägerin angemessen iSv. § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags beschäftigt. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelung.
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a) Bei der Bestandteil des Arbeitsvertrags gewordenen Regelung des § 5 des Anstellungsvertrags handelt es sich um eine typische Vertragsregelung, deren Auslegung durch das Revisionsgericht uneingeschränkt kontrollierbar ist (vgl. dazu BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 21 f., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 86; 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 18 mwN, BAGE 135, 327). Zwar war die Zahl der Wahlangestellten begrenzt; die streitgegenständliche Regelung fand aber über den Einzelfall hinaus Anwendung.
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b) Der Inhalt der vertraglichen Regelung ist nach den §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Ausgehend vom Wortlaut der Klausel ist deren objektiver Bedeutungsgehalt zu ermitteln. Maßgebend ist dabei der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. Ein übereinstimmender Wille der Parteien geht dem Wortlaut des Vertrags und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind auch der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck und die Interessenlage der Beteiligten sowie die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses kann ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt ermöglichen (BAG 15. Juni 2011 - 10 AZR 62/09 - Rn. 18, NZA-RR 2012, 64; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 86).
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c) Die Beklagte schuldete nach § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags eine „angemessene Weiterbeschäftigung“. Nach § 5 Satz 2 gilt als angemessen eine Tätigkeit, deren Vergütung der höchsten Gruppe der jeweils geltenden Gehaltstabelle für Sekretäre/innen der Gewerkschaft HBV entspricht.
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aa) Die Vertragsparteien haben damit definiert, was sie als angemessen ansehen, und maßgeblich auf die Gehaltstabelle der Gewerkschaft HBV als Bezugspunkt abgestellt. Ein ehemaliges Mitglied des GHV sollte nach dem Wortlaut der Regelung eine Beschäftigung beanspruchen können, die der höchsten Stufe dieser Gehaltstabelle entspricht und damit sowohl hinsichtlich der Beschäftigung als auch der Vergütung unmittelbar unterhalb des HBV-Vorstands angesiedelt sein. Hinsichtlich des zeitlichen Bezugspunkts („jeweils geltende Gehaltstabelle“) kommt es dabei auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem GHV an. Zwar ist der Wortlaut insoweit nicht eindeutig, Sinn und Zweck der Regelung sprechen aber für eine solche Annahme. Mit der Regelung waren mehrere Zwecke verbunden. Zum einen sollte eine Weiterbeschäftigung in finanziell angemessener Höhe sichergestellt werden, ein Rückfall auf die frühere, gegebenenfalls deutlich niedrigere Vergütung sollte ebenso vermieden werden, wie ein „Gesichtsverlust“ innerhalb der Organisation. Zum anderen sollte die Regelung die persönliche und gewerkschaftspolitische Unabhängigkeit der gewählten GHV-Mitglieder absichern. Die Art der späteren Weiterbeschäftigung wurde bereits vorab abstrakt festgelegt, um sie der Gefahr zu entziehen, durch Tätigkeiten des GHV-Mitglieds während der Wahlperiode oder Kontroversen innerhalb der Organisation über die Tätigkeit beeinflusst zu werden. Um diesen Zweck zu erreichen, kam es maßgeblich darauf an, dass dem GHV-Mitglied zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem GHV ein Anspruch auf eine finanziell und inhaltlich angemessene Weiterverwendung in der Organisation zustand. Diesem Zweck wurde in der Vertragspraxis unter anderem dadurch Rechnung getragen, dass die höchste Tarifgruppe 15 - im Gegensatz zu den anderen Gruppen - nicht mit Tätigkeitsmerkmalen belegt war. Eine Vergütung nach dieser Gruppe war nach der vertraglichen Regelung sichergestellt; die Festlegung der konkreten Beschäftigung unterlag der Vereinbarung der Parteien und gegebenenfalls gerichtlicher Überprüfung.
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bb) Aus der vertraglichen Regelung selbst, ihrem Regelungszusammenhang, ihrem Sinn und Zweck oder den Umständen im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Vertragsparteien darüber hinaus eine Dynamik der Hierarchieebene im Falle späterer Veränderungen der Organisationsstrukturen oder gar - wie im vorliegenden Fall - der Schaffung einer neuen, sehr viel größeren Organisation vereinbaren wollten. Deshalb besteht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch keine planwidrige Regelungslücke, die einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich wäre. Eine Regelungslücke liegt dann vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder wenn sie ihn zwar nicht übersehen, aber bewusst offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht für regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer planwidrigen Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (st. Rspr., zB BAG 17. April 2012 - 3 AZR 803/09 - Rn. 24 mwN). Da Bezugspunkt für die Bestimmung der angemessenen Beschäftigung der Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem GHV ist, ist durch die Änderung des Entgeltsystems keine nachträgliche Regelungslücke entstanden (vgl. demgegenüber BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 19, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88). Eine solche Regelungslücke hätte allenfalls dann angenommen werden können, wenn es bereits während der Laufzeit des Anstellungsvertrags zur Gründung der Beklagten gekommen wäre, ohne dass die Vertragsparteien dies voraussehen konnten, und eine Auslegung des Anstellungsvertrags, die zu interessengerechten Ergebnissen geführt hätte, nicht möglich gewesen wäre. Ein solcher Fall liegt nicht vor.
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d) Ausgehend von diesen Grundsätzen wird die Klägerin vertragsgemäß beschäftigt, sodass kein Anspruch auf Beschäftigung nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 2 GBV Entgeltsystem besteht.
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aa) Nach ihrem Ausscheiden aus dem GHV im Jahr 1995 wurde die Klägerin nach der Tarifgruppe 15 vergütet und als Gewerkschaftssekretärin mit herausgehobenen Aufgaben angemessen iSv. § 5 Satz 1 des Anstellungsvertrags beschäftigt. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus. Sowohl an der Vergütung als auch an der Angemessenheit der Beschäftigung hat sich durch die Verschmelzung der Gewerkschaft HBV auf die jetzige Beklagte im Jahr 2001 nichts geändert. Gleiches gilt für die auf Wunsch der Klägerin im Dezember 2004 erfolgte Versetzung in die Bundesfachgruppe GKV und die im Mai 2007 erfolgte Wahl zur Bundesfachgruppenleiterin GKV. Auch diese Tätigkeit ist von den Parteien übereinstimmend als angemessen angesehen und nach Tarifgruppe 15 vergütet worden.
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bb) Das Inkrafttreten der GBV Entgeltsystem zum 1. Januar 2008 und die Überleitung der Klägerin in das neue Entgeltsystem führte nicht dazu, dass die bisher als angemessen und vertragsgerecht angesehene Beschäftigung nunmehr unangemessen wurde. Mit der GBV Entgeltsystem sollten die bisherigen Vergütungssysteme der Gründungsgewerkschaften abgelöst und eine einheitliche Vergütungsstruktur und einheitliche Eingruppierungsregelungen für alle Beschäftigten der Beklagten geschaffen werden (vgl. dazu auch BAG 21. März 2012 - 4 AZR 275/10 -). Dies beinhaltete die Einordnung bisher ausgeübter Tätigkeiten in die neue Vergütungsstruktur. Eine Änderung der Tätigkeit der Klägerin ist durch das Inkrafttreten des neuen Entgeltsystems hingegen nicht erfolgt. Dementsprechend gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die bisher als angemessen angesehene Beschäftigung nunmehr ohne inhaltliche Änderung unangemessen wurde. Dass die ausgeübte Tätigkeit der Entgeltgruppe 8 Stufe 2 entspricht, steht zwischen den Parteien nicht im Streit.
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3. Da der Klägerin kein Anspruch auf Beschäftigung mit einer Tätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe 9 Stufe 2 GBV Entgeltsystem zusteht, scheidet auch ein entsprechender Vergütungsdifferenzanspruch aus.
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III. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1, § 97 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
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Mikosch
Schmitz-Scholemann
W. Reinfelder
Schürmann
R. Bicknase
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Referenzen
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