Urteil vom Bundesfinanzhof (3. Senat) - III R 42/10
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Mutter zweier Kinder. Sie lebt zusammen mit ihrem Ehemann und den Kindern in einem gemeinsamen Haushalt. Der Ehemann war als Vater der Kinder zum Kindergeldberechtigten i.S. des § 64 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bestimmt worden und bezog von der Familienkasse der X laufend Kindergeld. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2005 beantragten die Eltern bei der Familienkasse der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte --Rechtsvorgängerin der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse)--, die Zahlung des Kindergeldes rückwirkend zum 1. Dezember 2005 auf die Klägerin umzustellen. Am 30. Dezember 2005 erhielt der Ehemann der Klägerin sein Gehalt einschließlich des Dezemberkindergeldes in Höhe von 308 €. Im Januar 2006 ging außerdem ein Kindergeldantrag der Klägerin bei der Familienkasse ein. Mit Bescheid vom 30. Januar 2006 setzte diese gegenüber der Klägerin Kindergeld für die beiden Kinder ab dem 1. Januar 2006 fest.
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Der Einspruch, mit dem die Klägerin eine Kindergeldfestsetzung bereits ab dem 1. Dezember 2005 zu erreichen suchte, blieb erfolglos. Das daraufhin angerufene Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der Begründung statt, dass die ursprüngliche Berechtigtenbestimmung zugunsten des Ehemanns mit dem Schreiben vom 23. Dezember 2005 rechtswirksam mit Geltung ab dem 1. Dezember 2005 widerrufen worden sei.
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Die Familienkasse macht mit ihrer Revision geltend, dass nach Abschn. 64.4 Abs. 2 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes eine rückwirkende Änderung der Berechtigtenbestimmung nur berücksichtigt werden könne, soweit noch keine Festsetzung für das jeweilige Kind erfolgt sei. Nach Aktenlage sei die Änderung der Berechtigtenbestimmung nur aus tarifvertraglichen Erwägungen vorgenommen worden. Maßgeblich seien jedoch ausschließlich steuerrechtliche Argumente. Der Auffassung des FG, wonach mit einem übereinstimmend erklärten rückwirkenden Berechtigtenwechsel die materiell-rechtliche Berechtigung des bisher Berechtigten für einen Kalendermonat vollständig entfalle, könne nicht gefolgt werden. Die Anspruchsberechtigung bestimme sich im Streitfall alleine nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Hiernach würden sowohl die Klägerin als auch deren Ehemann für den Monat Dezember 2005 die Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch erfüllen. Die Rechtsprechungsgrundsätze zum Wechsel der Haushaltszugehörigkeit während eines Monats (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Dezember 2003 VIII R 76/99, BFH/NV 2004, 933) seien daher auf den Streitfall zu übertragen. Im Übrigen sei in Anbetracht der gebotenen Pauschalierung auch nicht auf den konkreten Auszahlungszeitpunkt des Kindergeldes abzustellen. Entscheidend könne nur sein, ob für den Monat des Berechtigtenwechsels eine bestandskräftige und rechtmäßige Kindergeldfestsetzung vorliege. Dann sei das Kindergeld zwingend für den gesamten Monat an den bisher Berechtigten auszuzahlen.
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Die Familienkasse beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, dass es im Streitfall um eine Änderung i.S. des § 70 Abs. 2 Satz 1 EStG gehe und nicht um eine Aufhebung oder Neufestsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe dieser Maßnahme folgenden Monat. Der Berechtigtenwechsel sei am 23. Dezember 2005 und damit zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem das Dezemberkindergeld tatsächlich noch nicht an den Ehemann der Klägerin ausgezahlt gewesen sei.
Entscheidungsgründe
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II. Die begründete Revision führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die im Laufe des Dezembers 2005 erfolgte Änderung der Berechtigtenbestimmung auf den Monatsanfang zurückwirkte.
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1. Nach § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Ist das Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten (§ 64 Abs. 2 Satz 2 EStG).
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Die Regelungen in § 64 Abs. 2 und 3 EStG dienen dazu, bei einem Zusammentreffen mehrerer Ansprüche den letztlich und allein Anspruchsberechtigten festzulegen (Felix in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 64 Rz 2). Lebt das Kind im gemeinsamen Haushalt der Eltern, dann müssen diese einvernehmlich einen von ihnen zum Berechtigten bestimmen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 16. März 1973 7 RKg 9/71, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 1973, 647). Wurde eine solche Bestimmung getroffen, dann gilt diese so lange, bis sie von den Eltern einvernehmlich geändert oder von einem Elternteil einseitig widerrufen wird (BFH-Urteil vom 23. März 2005 III R 91/03, BFHE 209, 338, BStBl II 2008, 752; BSG-Urteil in FamRZ 1973, 647). Im letztgenannten Fall muss das Familiengericht gemäß § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG den Berechtigten bestimmen, wenn der andere Elternteil das Einvernehmen nicht durch seine Zustimmung zum Wechsel der Berechtigung wieder herstellt. Die vom BFH noch nicht entschiedene und in Finanzrechtsprechung und Literatur kontrovers beurteilte Frage, ob die einvernehmliche Änderung der Berechtigtenbestimmung oder der Widerruf auch mit Wirkung für die Vergangenheit vorgenommen werden kann (zum Streitstand vgl. Pust in Littmann/ Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 64 Rz 71, m.w.N.), ist zu verneinen. Die mit einem Berechtigtenwechsel verbundene Neugestaltung der Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten --bisheriger und neuer Anspruchsberechtigter sowie die jeweils zuständigen Familienkassen-- ist grundsätzlich nur für die Zukunft möglich. Eine rückwirkende Gestaltung derartiger Rechtsverhältnisse ist nur dann möglich, wenn sie bislang ungeregelt waren. Der Senat schließt sich damit der höchstrichterlichen Sozialrechtsprechung an, die zur Regelung in § 3 Abs. 3 des Bundeskindergeldgesetzes a.F. ergangen ist (BSG-Urteil vom 28. Februar 1980 8b RKg 5/79, Sozialrecht 5870 § 3 Nr. 2, juris; gleicher Auffassung hinsichtlich der Rückwirkung einer vormundschaftsgerichtlichen Berechtigtenbestimmung Urteil des FG München vom 21. Februar 2008 9 K 2096/07, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1464). § 64 Abs. 2 EStG wurde dieser Vorschrift nachgebildet (vgl. BTDrucks 13/1558, S. 161).
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a) Bei der Berechtigtenbestimmung, ihrer Änderung und ihrem Widerruf handelt es sich jeweils um empfangsbedürftige Willenserklärungen (Blümich/Treiber, § 64 EStG Rz 28; Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, § 64 EStG Rz 10), die nach Zugang bei den zuständigen Familienkassen rechtsgestaltend den Kindergeldanspruch einer bestimmten natürlichen Person begründen (bei einvernehmlicher Erstbestimmung oder Änderung) oder beenden (beim Widerruf). Der Wortlaut des § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG lässt nicht erkennen, dass eine bereits erfolgte Bestimmung auch mit materiell-rechtlich rückwirkender Geltung --sog. ex tunc-Wirkung-- geändert oder widerrufen werden kann. Da die ex tunc-Wirkung eine gesetzliche Fiktion darstellt --der Sachverhalt, dass ein Elternteil tatsächlich zum Berechtigten bestimmt wurde, wird durch einen tatsächlich nicht verwirklichten Sachverhalt ausgetauscht-- und mit ihr erhebliche Rechtsfolgen verbunden sind --der Berechtigte wird rückwirkend zum Nichtberechtigten--, wird sie im Gesetz zumeist ausdrücklich angeordnet. Beispielhaft ist auf einschlägige Regelungen im bürgerlichen Recht (§§ 142 Abs. 1, 184 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) und im öffentlichen Recht (Widerruf, Rücknahme, Änderung von Verwaltungsakten gemäß §§ 130, 131 der Abgabenordnung --AO--, § 70 Abs. 2 und 3 EStG; § 35 Abs. 4 des Staatsangehörigkeitsgesetzes) zu verweisen.
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Auch Sinn und Zweck des § 64 EStG stehen der rückwirkenden Änderung einer bereits erfolgten Berechtigtenbestimmung entgegen. Wie die amtliche Überschrift des § 64 EStG deutlich macht, geht es der Norm allein um die Beseitigung einer Anspruchskonkurrenz. Im ungeregelten Zustand ist der Berechtigte noch nicht bestimmt worden und es besteht Unklarheit über die Person des Anspruchsinhabers. Für die Familienkasse besteht ein Festsetzungshindernis. Ist eine Berechtigtenbestimmung jedoch getroffen worden, dann ist die Konkurrenz aufgelöst und der Normzweck hat sich erfüllt. Die Familienkasse kann die dem materiellen Recht entsprechende Festsetzung vornehmen. Das gilt sowohl im Fall des § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG als auch im Fall des § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG. Können sich die Eltern untereinander nämlich nicht einigen, dann müsste nach der gesetzlichen Konzeption das Vormundschaftsgericht --bzw. seit 1. September 2009 das Familiengericht-- entscheiden (§ 64 Abs. 2 Satz 3 EStG). Auch dessen Entscheidung würde nur insoweit zurückwirken, als eine Bestimmung des Berechtigten bislang gefehlt hat (Urteil des FG München in EFG 2008, 1464; Beschluss des FG Baden-Württemberg vom 24. November 2008 4 K 1187/08, EFG 2009, 350). Auch dem Vorrangverzicht gemäß § 64 Abs. 2 Satz 5 EStG und seinem Widerruf kommt nach Auffassung des Senats keine ex tunc-Wirkung für bereits geregelte Zeiträume zu, weil dadurch unzulässigerweise in eine gesicherte Rechtsposition des bisher Berechtigten eingegriffen würde. Für die einvernehmliche Berechtigtenbestimmung durch die Eltern kann letztlich nichts anderes gelten. Eine neue Konkurrenzlage kann erst in dem Zeitpunkt --ex nunc-- entstehen, in dem bei der Familienkasse eine neue Berechtigtenbestimmung eingeht, das Vormundschaftsgericht einen neuen Beschluss erlässt oder der Widerruf des Vorrangverzichts erklärt wird. Es ist kein besteuerungssachliches Bedürfnis erkennbar, in solchen Fällen eine Rückwirkung anzuerkennen, läuft diese doch, denkt man nur an den einseitigen Widerruf der bisherigen Berechtigtenbestimmung, auf das normzweckwidrige Wiederaufleben einer bereits überwundenen Anspruchskonkurrenz hinaus.
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Das Steuerrecht lässt materiell-rechtliche Rückwirkungen auch ansonsten grundsätzlich nicht zu (v. Groll in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp--, § 175 AO Rz 223). Der Anspruch auf die Steuervergütung Kindergeld (§ 31 Satz 3 EStG) entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (§ 38 AO i.V.m. §§ 31 Satz 3, 66 Abs. 2 EStG). Danach steht, wenn ein Elternteil als Berechtigter wirksam bestimmt worden ist, diesem der Anspruch auf Kindergeld vom Beginn des Monats an zu, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 933). Dieser einmal kraft Gesetzes zugunsten eines bestimmten Steuerpflichtigen entstandene Steuervergütungsanspruch ist dann prinzipiell unabänderlich. Darin liegt auch ein wesentlicher Unterschied zum Veranlagungswahlrecht der Ehegatten, auf das in der angegriffenen FG-Entscheidung abgestellt wird. Davon abgesehen, dass dieses Wahlrecht ausdrücklich positiv-rechtlich verankert ist, wird durch dessen Ausübung die Rechtslage rückwirkend nur insoweit verändert, als die unterschiedlichen Rechtsfolgen der §§ 26a bis 26c EStG ausgelöst werden; die materiellen Besteuerungsgrundlagen sind dagegen von der Wahl der Veranlagungsart nicht betroffen (BFH-Urteil vom 3. März 2005 III R 60/03, BFHE 209, 308, BStBl II 2005, 564). Außerdem führt die geänderte Wahl nicht dazu, dass einem Steuersubjekt ein rechtmäßig erworbener Anspruch rückwirkend vollständig entzogen wird.
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b) Sonstige Gesichtspunkte, die für eine rückwirkende Änderung der Berechtigtenbestimmung sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Vielmehr sprechen Gründe der Verwaltungsökonomie und der Missbrauchsabwehr gegen eine Rückwirkung.
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aa) Die historische Auslegung der Norm zeigt lediglich auf, dass der Gesetzgeber mit der aus dem früheren Bundeskindergeldrecht übernommenen Regelung in § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie dem Wesen der Ehe entsprechen wollte, als er anordnete, dass Vater und Mutter sich darüber einigen müssen, wem von ihnen das Kindergeld zustehen soll (BTDrucks IV/1961, S. 3). Aus dem Einigkeitserfordernis kann die freie Widerrufbarkeit der Berechtigtenbestimmung abgeleitet werden (so BSG-Urteile in FamRZ 1973, 647; vom 29. Oktober 1992 10 RKg 2/92, Neue Juristische Wochenschrift–Rechtsprechungsreport 1993, 578), nicht aber die Rückwirkung der geänderten Berechtigtenbestimmung, selbst wenn die Eltern die Rückwirkung wünschen. Denn in der Vergangenheit bestand das elterliche Einvernehmen. Erst wenn die Einigung der Eltern nicht mehr vorliegt, sollten andere Kriterien für die Berechtigung ausschlaggebend sein (BTDrucks IV/1961, S. 3).
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bb) Der Gesichtspunkt der Erfüllung des Kindergeldanspruchs, der in Teilen von Rechtsprechung und Literatur als Grenze für eine mögliche Rückwirkung einer neuen Berechtigtenbestimmung angeführt wird (vgl. Pust in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 64 Rz 71), ist nicht rechtserheblich und damit auch nicht geeignet, den mit der Rückwirkung einhergehenden Problemen Herr zu werden. Ob einem Ereignis ausnahmsweise steuerliche Rückwirkung zukommen kann, hängt nicht davon ab, ob ein Steueranspruch erfüllt wurde und damit erloschen ist (vgl. § 47 AO). Es kommt vielmehr ausschließlich auf das einschlägige materielle Recht an (v. Groll in HHSp, § 175 AO Rz 280, m.w.N.), im vorliegenden Fall also auf § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG. Ergäbe die Auslegung dieser Norm, dass einer geänderten oder widerrufenen Berechtigtenbestimmung für einen bereits geregelten Zeitraum materiell-rechtliche Rückwirkung zukäme, dann stünde fest, dass der bislang Berechtigte materiell-rechtlich Nichtberechtigter gewesen wäre. In einem solchen Fall wäre die bisherige Festsetzung verfahrensrechtlich --dem materiellen Recht folgend-- rückwirkend aufzuheben (§ 70 Abs. 2 Satz 1 EStG; vgl. auch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) und die Steuervergütung Kindergeld wäre, soweit sie bereits ausgezahlt worden war, vom Nichtberechtigten zurückzufordern (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO; vgl. hierzu Boeker in HHSp, § 37 AO Rz 41 f.). Wären die Eltern materiell-rechtlich zur rückwirkenden Neubestimmung des Berechtigten befugt, dann würde der Rückwirkungszeitraum nicht durch den Erlöschensgrund der gegenüber dem Nichtberechtigten erfolgten Zahlung, sondern allein --verfahrensrechtlich-- durch die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung begrenzt werden. Auch wiederholte rückwirkende Berechtigtenwechsel wären möglich, da dem materiellen Recht insoweit keine Einschränkungen entnommen werden könnten. Neben dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand bestünde auch die Gefahr einer faktischen Doppelzahlung des Kindergeldes. Denn eine rückwirkende Neufestsetzung zugunsten des bislang nicht berechtigt gewesenen Elternteils führte zur Zahlungspflicht der Familienkasse, der Rückforderungsanspruch gegen den bislang Berechtigten wäre mit dem Risiko der Uneinbringlichkeit behaftet. Dagegen geschieht den Eltern durch die Versagung der Rückwirkung kein Unrecht. Denn die bisherige Berechtigtenbestimmung und Auszahlung des Kindergeldes entsprach ihrem Willen.
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2. Die Entscheidung der Vorinstanz entspricht den dargestellten Maßstäben nicht. Es kann dahinstehen, ob die mit dem Schriftsatz vom 23. Dezember 2005 erklärte Änderung der Berechtigtenbestimmung zu ihrer Wirksamkeit auch der für den Ehemann der Klägerin zuständigen Familienkasse zugehen musste (vgl. BSG-Urteil in Sozialrecht 5870 § 3 Nr. 2). Jedenfalls wirkte die neue Berechtigtenbestimmung nicht auf den Monatsanfang zurück. Die Klägerin wurde frühestens mit Zugang des Schriftsatzes vom 23. Dezember 2005 bei der für sie zuständigen Familienkasse mit Wirkung ex nunc zur vorrangig Berechtigten. Ihr Ehemann war für den Monat Dezember 2005 noch kindergeldberechtigt, weil er, was ausreichend ist, am Monatsersten alle Anspruchsvoraussetzungen in seiner Person erfüllte (§ 66 Abs. 2 EStG; vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 933). Der Klägerin stand das Kindergeld für den Monat Dezember 2005 ebenfalls zu, weil sie --bei unterstellter Wirksamkeit des am 23. Dezember 2005 erklärten Berechtigtenwechsels-- noch im Dezember 2005 zur vorrangig Kindergeldberechtigten wurde. Es genügt, dass sie die Anspruchsvoraussetzungen wenigstens an einem Tag des Monats erfüllte. Damit ist eine vom Gesetzgeber nicht erfasste Konkurrenzsituation entstanden, die nach den Regeln aufzulösen ist, die der BFH bei einem im Laufe des Monats stattfindenden Haushaltswechsel des Kindes entwickelt hat. Danach wird der Wechsel in der Anspruchsberechtigung erst mit Wirkung ab dem Folgemonat zugunsten des neuen Berechtigten berücksichtigt (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 933).
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