Beschluss vom Bundesgerichtshof (12. Zivilsenat) - XII ZB 405/15
Tenor
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Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 33. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 10. August 2015 wird auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen.
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Wert: bis 600 €
Gründe
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I.
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Die Antragsgegnerin begehrt von ihrem getrennt lebenden Ehemann, dem Antragsteller, im Rahmen des im Scheidungsverbund anhängigen Zugewinnausgleichsverfahrens Auskunft über den Bestand seines Endvermögens.
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Die Antragsgegnerin, italienische Staatsangehörige, und der Antragsteller, schwedischer Staatsangehöriger, schlossen im Januar 1993 in Italien die Ehe. Etwa zwei Monate später begründeten sie einen gemeinsamen Aufenthalt in Deutschland, wo sie seitdem leben.
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Der Scheidungsantrag ist der Antragsgegnerin am 9. August 2012 zugestellt worden. Der Antragsteller begehrt Zugewinnausgleich, in der Auskunftsstufe haben beide Beteiligten wechselseitig Auskunft über ihr Vermögen zum Stichtag 9. August 2012 erteilt. Daraufhin hat der Antragsteller seinen Anspruch auf rund 150.000 € beziffert. Die Antragsgegnerin hat die Rechtsauffassung vertreten, die güterrechtlichen Wirkungen richteten sich nach italienischem Recht. Sie hat gleichwohl für den Fall, dass deutsches Recht zur Anwendung komme, vom Antragsteller Auskunftserteilung über sein Vermögen zum Stichtag 1. April 2012, dem von ihr behaupteten Trennungszeitpunkt, sowie zum unter Berücksichtigung des Trennungsjahrs errechneten (fiktiven) Stichtag 1. April 2013 verlangt. Die Auskunft über das Vermögen zum 1. April 2012 hat der Antragsteller erteilt.
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Das Amtsgericht hat den Antrag der Antragsgegnerin auf Auskunftserteilung über den Bestand des Endvermögens zum 1. April 2013 mit Teilbeschluss abgewiesen. Die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe unterlägen deutschem Güterrecht, die Auskunftsverpflichtung zu dem fiktiven Stichtag bestehe jedoch nicht. Mit ihrer Beschwerde hat die Antragsgegnerin beantragt, die Anwendung des italienischen materiellen Rechts auf den Güterstand der Beteiligten für anwendbar zu erklären und hilfsweise dem Auskunftsanspruch zum Stichtag 1. April 2013 stattzugeben. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der Rechtsbeschwerde.
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II.
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Die gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt die Antragsgegnerin nicht in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (st. Rspr., vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. April 2014 - XII ZB 486/12 - FamRZ 2014, 1012 Rn. 6 mwN und vom 22. Januar 2014 - XII ZB 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 3 mwN). Anders als die Rechtsbeschwerde meint, liegt auch kein entscheidungserheblicher Verstoß des Beschwerdegerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor.
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1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
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Die Antragstellung bezüglich des im Beschwerdeverfahren gestellten Hauptantrags sei bereits deshalb unzulässig, weil das Rechtsschutzziel ohne Bezug zu einem Sachantrag geltend gemacht werde. Die Frage des anwendbaren Rechts sei allenfalls Vorfrage im Rahmen einer auf der Grundlage dieser Rechtsordnung begehrten Sachentscheidung.
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Für den Hilfsantrag fehle es an einer über 600 € zu bemessenden Beschwer. Die Beeinträchtigung der Antragsgegnerin bestehe lediglich in der Abweisung des von ihr erhobenen Antrags auf Auskunft zu dem von ihr behaupteten fiktiven Stichtag des Ehezeitendes 1. April 2013. Die Antragsgegnerin habe jedoch keinen Vortrag dazu gehalten, ob und in welchem Umfang sie einen finanziellen Nachteil durch den von ihr behaupteten verfrühten Scheidungsantrag und die damit einhergehende Vorverlegung des Endstichtags der Ehe hatte, der bei dem von ihr als richtig bezeichneten Stichtag nicht eingetreten wäre. Soweit sie einen angeblich entgangenen Zinsgewinn aus einer tatsächlich nicht vom Antragsteller getätigten Anlage von 200.000 € anführe, handele es sich dabei allenfalls um die Behauptung einer entgangenen Gewinnchance, nicht jedoch um einen konkret zu bemessenden Vermögensnachteil.
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2. Die Rechtsbeschwerde vermag keine zulassungsrelevanten Rechtsfehler aufzuzeigen.
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a) Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt hat das Beschwerdegericht bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 61 Abs. 1 FamFG allein auf den Auskunftsantrag abgestellt. Nur über diesen hat das Amtsgericht entschieden. Zwar führt das Amtsgericht aus, der Antrag sei hilfsweise für den Fall gestellt, dass sich die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe nach deutschem Güterrecht richteten. Dies hat jedoch kein Eventualverhältnis begründet, weil es an der Abhängigkeit zur Entscheidung über einen entsprechenden Hauptantrag gefehlt hat (vgl. Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. vor § 128 Rn. 20).
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Der erst mit der Beschwerdebegründung geltend gemachte Feststellungsantrag zum anwendbaren Recht konnte - unabhängig von seiner Zulässigkeit - den Wert des Beschwerdegegenstands nicht erhöhen. Dieser bestimmt sich danach, inwieweit der Rechtsmittelführer die Beseitigung der mit der erstinstanzlichen Entscheidung für ihn verbundenen Rechtsverkürzung erstrebt, und erhöht sich nicht um den Wert eines erstmals in der Beschwerdeinstanz gestellten Antrags (vgl. BGH Beschlüsse vom 19. April 2012 - IX ZB 162/10 - MDR 2012, 876 Rn. 10 zu § 567 Abs. 2 ZPO und vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08 - NJW-RR 2009, 853 Rn. 5 ff. zu § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Aufl. § 61 Rn. 7; Musielak/Voit/Ball ZPO 12. Aufl. § 511 Rn. 18; Zöller/Heßler ZPO 31. Aufl. § 511 Rn. 13).
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b) Legt der in erster Instanz unterlegene Anspruchsteller in einem Verfahren, das die Verpflichtung zur Auskunftserteilung in einem Güterrechtsverfahren (§ 1379 Abs. 1 BGB) betrifft, Rechtsmittel ein, so richtet sich der Wert des Beschwerdegegenstands nach seinem wirtschaftlichen Interesse an der Erteilung der Auskunft. Dieses ist gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen. Weil die Auskunft die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erst vorbereiten und erleichtern soll, beträgt der Wert des Auskunftsanspruchs in der Regel einen Bruchteil, nämlich ein Zehntel bis ein Viertel des Leistungsanspruchs, und ist umso höher anzusetzen, je geringer die Kenntnisse des Anspruchstellers von den zur Begründung des Leistungsanspruchs maßgeblichen Tatsachen sind. Der Leistungsanspruch bildet die Schätzungsgrundlage für den anzusetzenden Wert und ist ebenfalls gemäß § 3 ZPO zu schätzen. Dies geschieht nach objektiven Anhaltspunkten, wobei anhand des Tatsachenvortrags des Antragstellers danach zu fragen ist, welche Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob ein solcher Anspruch nach den festgestellten Verhältnissen überhaupt oder nur in geringerer Höhe in Betracht kommt, mit der Folge, dass das Interesse des Rechtmittelklägers dann unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten entsprechend geringer zu bewerten ist (Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11 - FamRZ 2011, 1929 Rn. 13 ff. mwN). Maßgeblich für die Wertbemessung ist dabei der Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung (Senatsbeschluss vom 2. September 2015 - XII ZB 132/15 - FamRZ 2015, 2142 Rn. 17 mwN).
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Die vom Beschwerdegericht vorgenommene Schätzung kann aufgrund des ihm eingeräumten Ermessensspielraums im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11 - FamRZ 2011, 1929 Rn. 17 mwN).
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c) Gemessen hieran ist die Auffassung des Beschwerdegerichts nicht zu beanstanden, der Wert des Beschwerdegegenstands überschreite 600 € nicht.
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aa) Das wirtschaftliche Interesse der Antragsgegnerin an der Erteilung der Auskunft zum Endvermögen besteht hier allerdings erkennbar nicht darin, einen eigenen Zahlungsanspruch vorzubereiten, sondern den Zugewinnausgleichsanspruch des Antragstellers so weit wie möglich zu reduzieren. Maßgeblich ist für die Wertbemessung daher, in welchem Umfang sie nach ihren Vorstellungen den gegen sie gerichteten Anspruch mittels der Auskunft der Höhe nach begrenzen kann. Das hinter dem Auskunftsanspruch stehende Leistungsinteresse ist mithin grundsätzlich mit dem Abwehrinteresse der Antragsgegnerin gegen den Zahlungsanspruch des Antragstellers identisch.
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bb) Der durch den Teilbeschluss abgewiesene Auskunftsanspruch hatte jedoch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur zum Ziel, eine Reduzierung der zu Gunsten des Antragstellers bestehenden Zugewinndifferenz zu erreichen, indem vom Antragsteller im Zeitraum vom 29. August 2012 bis zum 1. April 2013 erzielte Mehrungen seines Vermögens aufgedeckt werden sollten. Denn die Auskunft zum Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrags am 29. August 2012 ist bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens erteilt worden.
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Daher hat das Beschwerdegericht im Grundsatz zu Recht darauf abgestellt, welche in diesem Zeitraum erfolgten Vermögenszuwächse des Antragstellers sich die Antragsgegnerin vorstellte. Allerdings konnte sich eine Erhöhung des Vermögensbestands beim Antragsteller nur in hälftiger Höhe auf seinen Anspruch auswirken, weil der Zugewinnausgleichsanspruch sich gemäß § 1378 Abs. 1 BGB auf die Hälfte des Überschusses beläuft.
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cc) Letztlich ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Erwägungen des Beschwerdegerichts zur Wertbemessung.
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(1) Zwar ist die Begründung, mit der das Beschwerdegericht eine Berücksichtigung des von der Antragsgegnerin zur Darlegung des Wertes des Beschwerdegegenstands angeführten Zinsgewinns abgelehnt hat, nicht tragfähig. Denn um ihre Vorstellung vom wirtschaftlichen Nutzen der Auskunft zu belegen, reichte der Vortrag aus. Ob der Antragsteller die entsprechende Gewinnchance dann tatsächlich genutzt hat, ist allein eine Frage der Höhe seines Zugewinnausgleichsanspruchs, die anhand der erteilten Auskünfte zu ermitteln ist.
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(2) Das von der Rechtsbeschwerde als übergangen gerügte Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, einen 600 € übersteigenden Wert des Beschwerdegegenstands zu begründen.
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Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die Antragsgegnerin habe nach dem Hinweis des Beschwerdegerichts auf seine Zulässigkeitsbedenken vorgetragen, dem Antragsteller hätten im Zeitpunkt der von ihr behaupteten Trennung 200.000 € zur Verfügung gestanden, mit denen er bis zum 1. April 2013 zumindest 1.300 € Zinsen erwirtschaftet habe. Selbst unterstellt, es handele sich bei der genannte Summe nur um die Hälfte des vermuteten Vermögenszuwachses auf Seiten des Antragstellers im Zeitraum vom 29. August 2012 bis zum 1. April 2013, wäre hiervon ein Bruchteil von im für die Antragsgegnerin günstigsten Fall einem Viertel als Wert anzusetzen, mithin 325 €.
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Im Übrigen hat sich das Beschwerdegericht mit diesem Vortrag nicht nur befasst, sondern ersichtlich ebenso gerechnet, als es im Tenor des angefochtenen Beschlusses den Wert des Beschwerdeverfahrens auf exakt diesen Betrag festgesetzt hat.
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(3) Soweit die Rechtsbeschwerde zur Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstands auf das vom Antragsteller für den Stichtag 1. April 2012 mit mehr als einer Million Euro angegebene Aktivvermögen abstellen möchte und daraus einen potentiellen Nachteil von mindestens 2.000 € folgert, wird bereits nicht mitgeteilt, welcher Nachteil dies sein soll. Außerdem handelt es sich um im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlichen neuen Vortrag (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 27/03 - FamRZ 2004, 1549, 1550; BGHZ 156, 165 = FamRZ 2004, 180, 181). Dass die Höhe des Aktivvermögens als solche für das hinter dem auf den 1. April 2013 bezogenen Antrag stehende wirtschaftliche Interesse von Belang sein sollte, hat die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren nicht behauptet und ist auch nicht erkennbar. Schließlich würde sich ein Viertel selbst dieses Betrages immer noch deutlich unterhalb der Grenze des § 61 Abs. 1 FamFG bewegen.
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Dose Klinkhammer Günter
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Botur Guhling
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