Urteil vom Bundesgerichtshof (3. Zivilsenat) - III ZR 200/15

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 12. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger macht gegen das beklagte Land einen Anspruch nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) geltend.

2

Im Zuge eines bei der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Geldwäsche geführten Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wurde dessen Wohnung durchsucht. Hierbei wurden sein Rechner mit Festplatte, ein Speicherstick sowie ein Schreiben an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht beschlagnahmt. Kurz darauf wurde das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt; der Kläger erhielt die beschlagnahmten Sachen zurück.

3

Auf Antrag des Klägers stellte das Amtsgericht fest, dass er für die Durchsuchung seiner Wohnung und die Beschlagnahme dem Grunde nach zu entschädigen sei. Der Beschluss wurde rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft belehrte den Kläger über sein Recht, Entschädigung zu verlangen, und über die dafür geltende Sechsmonatsfrist (§ 10 Abs. 1 Satz 3 StrEG). Der Kläger machte innerhalb der Frist Ansprüche in Höhe von 85.165,26 € wegen entgangenen Gewinns sowie in Höhe von 3.962,70 € für die Kosten seiner Verteidigung im Ermittlungsverfahren geltend. Die Landesjustizverwaltung gewährte mit Entscheidung vom 14. Januar 2014 eine Entschädigung von 38,68 € und wies den darüber hinausgehenden Antrag zurück. Der Bescheid enthält eine Rechtsmittelbelehrung, mit der auf die Möglichkeit der Klage und die Klagefrist von drei Monaten nach Zustellung (§ 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG) hingewiesen wird. Der Bescheid wurde dem Kläger am 18. Januar 2014 zugestellt.

4

Mit Schreiben vom 22. Januar 2014 forderte der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers die Landesjustizverwaltung auf, an diesen 93.090,16 € zuzüglich Anwaltskosten von 1.999,32 € zu zahlen.

5

Am 17. April 2014 ging beim Landgericht eine von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers verfasste Klage gegen das Land ein. In dem Schriftsatz wurde folgender Antrag angekündigt:

"Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 33.280,27 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 07.02.2014 an den Kläger zu bezahlen."

6

Zur Begründung ist lediglich ausgeführt:

"Begründung:

Der Vorgang wird bei der Beklagten unter dem Aktenzeichen II B 5 - 4220/E/28/2013 geführt.

Eine Begründung des Antrags wird in Kürze in einem gesonderten Schriftsatz erfolgen."

7

Anlagen waren dem Schriftsatz nicht beigefügt. Am 30. April 2014 ging beim Landgericht ein Schriftsatz vom 28. April 2014 ein, in dem die Klage begründet wurde.

8

Das Landgericht hat die Klage wegen Versäumung der dreimonatigen Klagefrist als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die von der Vorinstanz zugelassene Revision des Klägers, mit der er die Feststellung der Zulässigkeit der Klage durch Zwischenurteil sowie die Zurückverweisung des Rechtsstreits zur Verhandlung und Entscheidung in der Sache begehrt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

I.

10

Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Landgericht die Klage für unzulässig gehalten. Die mit dem 22. April 2014 ablaufende Klagefrist aus § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG sei nicht gewahrt. Die Klageschrift sei nicht geeignet gewesen, diese Frist zu wahren, weil der Kläger den geltend gemachten Anspruch nicht in einer den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügenden Weise hinreichend bestimmt benannt habe. Für die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sei zwar nicht erforderlich, dass der maßgebende Lebenssachverhalt bereits vollständig beschrieben oder der Klageanspruch schlüssig oder substantiiert dargelegt sei. Ausreichend sei, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar sei, wobei die gebotene Individualisierung der Klagegründe grundsätzlich auch durch eine konkrete Bezugnahme auf andere Schriftstücke erfolgen könne. Allerdings genüge es nicht, wenn auf umfangreiche ungeordnete Aktenkonvolute verwiesen werde, die erst durchgearbeitet werden müssten, um die erhobenen Ansprüche zu konkretisieren, oder wenn auf der Klageschrift nicht beigefügte Anträge und Schriftsätze in anderen Verfahren verwiesen werde.

11

Die Klageschrift habe keine bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Die Bezugnahme auf Akten des bei dem Beklagten geführten Betragsverfahrens genüge nicht, um den geltend gemachten Anspruch zu individualisieren. Die Individualisierung sei jedenfalls hier, wo der Kläger nur einen Teil der in dem Betragsverfahren geltend gemachten Forderung verfolge, nur nach Durcharbeitung der Akten des Beklagten möglich, die der Kläger nicht einmal auszugsweise in Kopie seiner Klageschrift beigefügt habe. Es liege somit eine wegen der Unklarheit der in Bezug genommenen Teilforderung unbestimmte, pauschale Verweisung auf einen in dem Behördenverfahren bei dem Beklagten geltend gemachten Anspruch vor.

12

Selbst wenn man die pauschale Bezugnahme auf Akten grundsätzlich genügen lassen würde, wäre dem Kläger vorliegend die erforderliche Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs nicht geglückt. Es bleibe unklar, welchen Teilbetrag des von ihm im Betragsverfahren geltend gemachten Anspruchs in Höhe von 89.127,96 € er in dem Klageverfahren weiterverfolgen wolle. Erst dem Schriftsatz vom 28. April 2014 sei dies zu entnehmen.

13

Zu keinem anderen Ergebnis führe die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Bestimmtheitsanforderungen nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bei Teilklagen, wonach die Erhebung einer Teilklage, mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht würden, deren Summe den eingeklagten Teil übersteige, die Verjährung aller Teilansprüche hemme und die Bestimmung, bis zu welcher Höhe beziehungsweise in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilansprüche verfolgt würden, nachgeholt werden könne. Eine derartige Rückwirkung komme nicht in Betracht, soweit es um die Wahrung einer gesetzlichen Ausschlussfrist wie der aus § 13 StrEG gehe.

14

Die Fristwahrung ergebe sich auch nicht aus § 167 ZPO. Die Wirkung des § 167 ZPO könne nur eine formgerechte Klageschrift entfalten, nicht dagegen eine mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässige Klage.

II.

15

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

16

Mit Recht haben die Vorinstanzen die Klage wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG für die Klageerhebung gegen die Entscheidung der Landesjustizverwaltung über den Entschädigungsanspruch für unzulässig gehalten. Die Wahrung dieser Frist ist eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung einer solchen Klage (z.B. Meyer, Kommentar zum StrEG, 9. Aufl., § 13 Rn. 5).

17

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger die (wegen der Osterfeiertage erst) am 22. April 2014 abgelaufene Klagefrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG nicht eingehalten hat. Die Frist ist durch die am 17. April 2014 eingegangene Klageschrift nicht gewahrt worden, da diese nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprochen hat. Die Begründung der Klage durch den am 30. April 2014 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat nicht zu einer Heilung der Fristversäumnis geführt.

18

1. a) Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG ist eine Klage gegen die Entscheidung über den Entschädigungsanspruch innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung in dem vorgerichtlichen Betragsverfahren zu erheben. Für die Wahrung der Frist ist zwar nicht die Zulässigkeit der Klage im Übrigen notwendig, sondern allein die Wirksamkeit der Klageerhebung. Jedoch setzt auch diese voraus, dass die Klage den wesentlichen Formerfordernissen des § 253 ZPO entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 17. November 1988 - III ZR 252/87, NJW-RR 1989, 508 zur Verjährungsunterbrechung; siehe auch Senat, Urteil vom 29. November 1956 - III ZR 235/55, BGHZ 22, 254, 256 f). Insoweit gilt für die Wahrung der Klageausschlussfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG das Gleiche wie für die Hemmung der Verjährung.

19

Zu den wesentlichen Formerfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gehört außer einem bestimmten Antrag die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der maßgebende Lebenssachverhalt in der Klageschrift vollständig beschrieben oder der Klageanspruch schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist. Vielmehr ist es im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (BGH, Urteile vom 17. Juli 2003 - I ZR 295/00, NJW-RR 2004, 639, 640 und vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 127/03, NJW-RR 2005, 216). Eine ohne jede Tatsachenangabe erhobene Klage ist indessen unzulässig (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 253 Rn. 52; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 4. Aufl., § 253 Rn. 67; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl., § 253 Rn. 82). Die gebotene Individualisierung der Klagegründe kann grundsätzlich auch durch eine konkrete Bezugnahme auf der Klageschrift beigefügte Anlagen erfolgen (BGH, Urteile vom 17. Juli 2003 aaO und vom 11. Februar 2004, aaO), wobei die Gerichte nicht verpflichtet sind, umfangreiche ungeordnete Anlagenkonvolute von sich aus durchzuarbeiten, um so die Ansprüche zu konkretisieren (z.B. BGH, Urteile vom 17. Juli 2003 aaO und vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, NJW 2008, 69 Rn. 25). Anlagen können zudem grundsätzlich lediglich zur Erläuterung und Konkretisierung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht vollständig ersetzen (BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 aaO; Beschluss vom 11. April 2013 - VII ZR 44/12, BeckRS 2013, 08691 Rn. 14; Wieczorek/Schütze/Assmann, aaO Rn. 156; MüKoZPO/Becker-Eberhard, aaO Rn. 32).

20

Eine ordnungsgemäße Klageschrift im Sinne von § 253 ZPO muss im Anwaltsprozess nach §§ 78, 130 Nr. 6 ZPO überdies auch hinsichtlich der in § 253 Abs. 2 ZPO zwingend vorgeschriebenen Erfordernisse von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 1956 - III ZR 235/55, BGHZ 22, 254, 256). Die Bezugnahme auf Schriftsätze eines Nebenverfahrens (z.B. über Prozesskostenhilfe oder vorläufigen Rechtsschutz) oder eines Parallelverfahrens setzt deshalb, soweit sie zur Wahrung der Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlich sind, in Anwaltsprozessen jedenfalls voraus, dass die Schreiben von einem postulationsfähigen Anwalt stammen (BGH, Urteile vom 2. März 1979 - I ZR 29/77, VersR 1979, 764 mit Ausnahme für einen zum Bestandteil des Gerichtsbeschlusses gewordenen Schriftsatz in einem vorangegangenen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und vom 8. Februar 1996 - IX ZR 107/95, NJW 1996, 1351; siehe auch Beschluss vom 30. Oktober 1984 - IX ZB 103/84, BeckRS 1984, 30374442 für die Berufungsbegründung). Die Bezugnahme auf eine von der Partei selbst gegebene Begründung in einem früher verfassten Schriftstück reicht dagegen grundsätzlich nicht aus (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 1956, aaO; Stein/Jonas/Roth, aaO Rn. 11; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, aaO Rn. 157; MüKoZPO/Becker-Eberhardt aaO, Rn. 33; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 253 Rn. 12b; anders für die Bezugnahme auf die Anspruchsbegründung bei vorangegangenem Mahnverfahren: BGH, Urteil vom 24. Mai 1982 - VIII ZR 181/81, BGHZ 84, 136, 138 ff).

21

b) Nach diesen Maßgaben genügt die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17. April 2014 eingereichte Klageschrift den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht. Sie beinhaltet keine ausreichend bestimmte Angabe von Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs.

22

aa) Die Klageschrift selbst enthält hierzu keinerlei Ausführungen. Ihr lässt sich auch nicht andeutungsweise entnehmen, aus welchem Grund der Kläger die Zahlung von 33.280,27 € geltend macht. Die Bezugnahme auf das Aktenzeichen, unter dem der - noch nicht einmal seiner groben inhaltlichen Thematik nach bezeichnete - Vorgang bei "der Beklagten" geführt werde, besagt über den Gegenstand und Grund des geltend gemachten Anspruchs nichts.

23

bb) Eine ausreichend bestimmte Angabe des Gegenstandes und Grundes des erhobenen Anspruchs ergibt sich auch nicht durch den Verweis auf die Akte des außergerichtlichen Betragsverfahrens. Um die Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO durch eine Bezugnahme auf andere Schriftstücke und sonstige Anlagen zu erfüllen, ist es erforderlich, dass die konkret zu bezeichnenden Schriftstücke dem Gericht mit der Klageschrift vorgelegt werden oder zumindest bereits vorliegen. Die Klageschrift enthält jedoch schon keine konkrete Bezugnahme auf bestimmte Schriftstücke, sondern nur einen allgemeinen Verweis auf das behördliche Aktenzeichen. Zudem waren der Klageschrift keine Anlagen beigefügt.

24

Unbehelflich ist der Verweis des Klägers darauf, dass der Vorgang und der Akteninhalt dem Beklagten bekannt gewesen seien und deshalb nach § 253 Abs. 4 i.V.m. § 131 Abs. 3 ZPO keine Vorlagepflicht bestanden habe, jedenfalls aber der Verstoß gegen die Vorlagepflicht nur zur Folge gehabt habe, dass der Kläger nach § 142 ZPO zur Vorlage der Anlagen habe verpflichtet werden können. § 253 Abs. 4 ZPO i.V.m. § 131 Abs. 3 ZPO regeln nicht, dass die Beifügung von Schriftstücken zur Klageschrift gegenüber dem Gericht - zumal im Anwendungsbereich des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - unterbleiben kann. Vielmehr sind Regelungsgegenstand des § 131 Abs. 3 ZPO, auf den § 253 Abs. 4 ZPO verweist, die Voraussetzungen, unter denen die Beifügung von Abschriften von Urkunden für den Gegner entbehrlich ist. § 142 Abs. 1 ZPO ist ebenfalls nicht einschlägig. Die darin vorgesehene Anordnung einer Urkundenvorlegung darf nicht zum bloßen Zweck der Informationsgewinnung für das Gericht erfolgen, worauf die von der Revision für den vorliegenden Fall befürwortete Anwendung der Vorschrift hinauslaufen würde. Vielmehr setzt eine Anordnung gemäß § 142 Abs. 1 ZPO einen schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrag der Partei voraus (BGH, Urteil vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23 Rn. 20 a.E.). Hieran fehlt es.

25

cc) Hinzu kommt, dass im Anwaltsprozess nach den oben dargelegten Maßstäben grundsätzlich die konkrete Bezugnahme auf einen von einem postulationsfähigen Anwalt unterschriebenen Schriftsatz erforderlich ist. Auch hieran fehlt es vorliegend. Die in der Klageschrift in Bezug genommenen Verwaltungsakten enthalten keine den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügende anwaltlich verfasste Darstellung von Gegenstand und Grund des geltend gemachten Anspruchs. Der Kläger hat die Forderung im Betragsverfahren selbst geltend gemacht. Die nach Abschluss des vorgerichtlichen Verfahrens verfasste anwaltliche Zahlungsaufforderung vom 22. Januar 2014 enthält ebenfalls keine bestimmte Angabe von Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, sondern lediglich eine Aufforderung zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 93.090,16 € zuzüglich außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.999,32 €.

26

dd) Da die Klageschrift weder selbst noch durch die Bezugnahme auf die Akten des außergerichtlichen Betragsverfahrens die Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfüllt, kommt es auf die im Verfahren weiter erörterte Frage nicht mehr an, ob die hinreichende Bestimmtheit von Gegenstand und Grund der Klage auch wegen der Geltendmachung einer von dem im Betragsverfahren geforderten Betrag abweichenden Forderungshöhe fehlt.

27

2. Die nachträgliche Begründung der Klage durch den am 30. April 2014 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz führt nicht dazu, dass die Klagefrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG gewahrt ist. Dieser Schriftsatz enthält zwar eine ausreichende Begründung, die den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt und den geltend gemachten Anspruch hinreichend individualisiert. Der Schriftsatz ist aber erst nach Ablauf der Frist des § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG bei Gericht eingegangen. Die nachträgliche, den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechende Begründung der Klage konnte zwar den Mangel der Klageschrift beseitigen. Dies wirkt jedenfalls in den Fällen, in denen die Klage innerhalb einer gesetzlichen Ausschlussfrist erhoben werden muss und ein wegen Verstoßes gegen zwingende Vorschriften wie § 253 Abs. 2 ZPO wesentlicher Mangel der Klageschrift vorliegt, jedoch erst vom Zeitpunkt der Behebung des Mangels an (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 1956 - III ZR 235/55, BGHZ 22, 254, 257; OLG Hamm, BeckRS 9998, 24047; Musielak/Voit/Foerste, ZPO, 12. Aufl., § 253 Rn. 5a; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl. § 253 Rn. 11 und 61; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 4. Aufl., § 253 Rn. 161; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 253 Rn. 23).

28

Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der bereits die Erhebung einer Teilklage, mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, deren Summe den eingeklagten Teil übersteigt, die Verjährung aller Teilansprüche hemmt und die Bestimmung, bis zu welcher Höhe beziehungsweise in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilansprüche verfolgt werden, nachgeholt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2014 - II ZR 217/13, NJW 2014, 3298 Rn. 16 mwN). Um eine Teilklage, mit der mehrere selbständige Ansprüche geltend gemacht werden, geht es hier nicht. Die Klageschrift widerspricht nicht deshalb den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil eine nicht hinreichend bestimmte Teilklage vorlag, sondern, weil jeglicher Vortrag zu Gegenstand und Grund des geltend gemachten Anspruchs fehlte. Für die hier entscheidende und zu verneinende Frage, ob durch eine nachträgliche hinreichend bestimmte Angabe von Gegenstand und Grund der Klage eine rückwirkende Heilung dieses Mangels eintritt, ist die Rechtsprechung zur Verjährungshemmung bei Teilforderungen ohne Relevanz.

29

3. Schließlich teilt der Senat auch nicht die von der Revision geäußerten - allerdings nicht weiter erläuterten und, soweit ersichtlich, auch in der Rechtsprechung und Literatur bislang nicht erwogenen - Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Länge der in § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG geregelten Ausschlussfrist von drei Monaten ab Zustellung der Verwaltungsentscheidung mit Art. 14 Abs. 1 GG. Die Ausschlussfrist stellt eine gesetzliche Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGE 70, 278, 285 ff zu § 42 Abs. 2 Satz 3 EStG in der 1978 geltenden Fassung: Ausschlussfrist für den Antrag auf Lohnsteuerjahresausgleich; BVerfG, BeckRS 2016, 41339 Rn. 13 f zur Ausschlussfrist des § 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes). Der Gesetzgeber muss bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und ist dabei an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden (z.B. BVerfG, BeckRS aaO Rn. 14 mwN; vgl. auch BVerfGE aaO S. 286). Diesen Anforderungen genügt § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG. Die Bestimmung dient dem Zweck der Rechtssicherheit und dem legitimen öffentlichen Interesse an einer möglichst raschen endgültigen Abwicklung des Entschädigungsverfahrens und soll verhindern, dass der Berechtigte die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs unangemessen verzögern kann. Sie besteht nicht nur im fiskalischen Interesse, Entschädigungsfälle nach einer gewissen Zeit abzuschließen und dem Staat alsbald einen Überblick über bestehende Entschädigungspflichten zu verschaffen, sondern dient auch der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten (Senat, Urteil vom 8. Juni 1989 - III ZR 82/88, BGHZ 108, 14, 19 mwN zu § 12 StrEG; siehe auch Senat, Urteil vom 11. März 1976 - III ZR 113/74, NJW 1976, 1218, 1220 zu den in §§ 9, 12 StrEG bestimmten Fristen). Die in der Vorschrift bestimmte Frist von drei Monaten ab Zustellung der Entscheidung der Landesjustizverwaltung ist ausreichend lange, um andererseits den schutzwürdigen Interessen des Entschädigungsberechtigten Rechnung zu tragen. So ist diese Frist deutlich länger als etwa die einmonatigen Klagefristen des § 74 Abs. 1 VwGO, die für die gerichtliche Geltendmachung von Rechten gelten, die in ihrem grundrechtlichen Gewicht oftmals denen auf Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen mindestens gleichkommen. Auch wenn bei Versäumung der Klagefristen des § 74 Abs. 1 VwGO, anders als im Fall der Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG (vgl. Meyer, Kommentar zum StrEG, 9. Aufl., § 13 Rn. 8), eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt, zeigt der Vergleich, dass die Fristlänge des § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG die Interessen des Entschädigungsberechtigten hinreichend wahrt. Hinzu tritt im konkreten Fall, dass die Landesjustizverwaltung den Kläger in dem angefochtenen Bescheid über die Frist belehrt hat, so dass eine geeignete Vorkehrung getroffen wurde, den Berechtigten vor einem Rechtsverlust infolge Fristversäumung zu bewahren (vgl. Senat, Urteil vom 11. März 1976 aaO).

Seiters                          Wöstmann                          Tombrink

                  Reiter                               Liebert

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