Urteil vom Bundesgerichtshof (9. Zivilsenat) - IX ZR 243/16
Tenor
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Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden unter Zurückweisung der Revision der Klägerin und ihrer Anschlussberufung das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 3. Juni 2015 und das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 2. September 2016 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
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Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 11. Februar 2015 wird aufrechterhalten, soweit die Klage in Höhe eines 542,80 € nebst Zinsen übersteigenden Betrages abgewiesen worden ist. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und der Beklagte verurteilt, 542,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 7. November 2014 an die Klägerin zu zahlen.
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Die Klägerin trägt die Kosten der Revisionsinstanz. Von den Kosten des ersten und zweiten Rechtszugs tragen 54 v. H. die Klägerin und 46 v. H. der Beklagte. Die durch ihre Säumnis im Termin vom 11. Februar 2015 vor dem Amtsgericht Karlsruhe entstandenen Kosten hat die Klägerin alleine zu tragen.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
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Eine von der Klägerin auf Zahlung von 160.370,04 € erhobene Klage wurde von dem Oberlandesgericht Dresden abgewiesen; auf die Widerklage wurde die Klägerin zur Zahlung von 57.651,86 € verurteilt. Der hiesige Beklagte, ein bei dem Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt, legte im Auftrag der Klägerin Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Im Einverständnis mit der Klägerin beantragte er im Rahmen der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, der Klageforderung in Höhe von 104.874,97 € stattzugeben und die Widerklage abzuweisen. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 21. November 2013 (VII ZR 209/12) unter Festsetzung eines Streitwerts von 162.526,83 € zurückgewiesen.
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Entsprechend einer Kostenvorschussrechnung des Beklagten vom 17. Februar 2012 über eine 2,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3508 VV RVG hatte die Klägerin einen Nettobetrag von 4.991 € an den Beklagten entrichtet. Die Klägerin meint, der Beklagte habe aufgrund der verbindlichen Streitwertfestsetzung durch den Bundesgerichtshof lediglich eine 2,3-Gebühr aus dem festgesetzten Streitwert von 162.526,83 € verdient.
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Mit vorliegender Klage verlangt die Klägerin, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, von dem Beklagten Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 1.168,40 €. Das Amtsgericht hat das klageabweisende Versäumnisurteil vom 11. Februar 2015 mit der Maßgabe aufgehoben, dass der Beklagte zur Zahlung von 1.168,40 € verurteilt wird. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht das Versäumnisurteil unter Abweisung der weitergehenden Klage und der Anschlussberufung dahin aufrechterhalten, dass der Beklagte zur Zahlung von 964,40 € an die Klägerin verurteilt wird. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte, die Klage abzuweisen, soweit er zur Zahlung eines 542,80 € übersteigenden Betrages verurteilt wurde. Die Klägerin beantragt, unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten das Ersturteil wieder herzustellen.
Entscheidungsgründe
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Aufgrund der uneingeschränkten Zulassung durch das Berufungsgericht sind beide Revisionen zulässig. Die Revision des Beklagten hat Erfolg, während die Revision der Klägerin zurückzuweisen ist.
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I.
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Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
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Die Klage sei - auch auf der Grundlage der Rechtsansicht des Beklagten - in Höhe von 542,80 € begründet und die Berufung des Beklagten in Höhe von 42,80 € unbegründet. Der Beklagte habe seine Gebühr aus dem Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Dresden von 265.312,71 € errechnet. Die dortige Beschwer der Klägerin belaufe sich jedoch mit Rücksicht auf die Klageforderung über 160.370,04 € und die Widerklageforderung von 57.651,86 € auf lediglich 218.021,90 €. Bei Ansatz einer 2,3-Gebühr aus diesem Streitwert errechne sich ein Betrag von 4.448,20 €, so dass der Klägerin im Blick auf ihre Zahlung von 4.991 € jedenfalls ein Erstattungsanspruch über 542,80 € zustehe.
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Die Klage sei in Höhe von weiteren 421,60 € begründet, weil der Beklagte nur einen Gebührenanspruch über insgesamt 4.026,60 € habe. Es sei nicht auf einen der Beschwer der Klägerin entsprechenden Gegenstandswert von 218.021,90 €, sondern auf den von dem Bundesgerichtshof festgesetzten Streitwert von 162.526,83 € abzustellen. Dieser Wert sei gemäß § 32 RVG maßgeblich. Die zunächst unbeschränkt eingelegte und erst mit der Begründung beschränkte Nichtzulassungsbeschwerde habe nicht zur Folge, dass der Beklagte im gerichtlichen Verfahren über den dort festgesetzten Streitwert hinaus tätig geworden sei. Die umfassende Prüfung der Erfolgsaussichten der Beschwerde sei nicht im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erfolgt.
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Der Beklagte habe grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Prüfgebühr nach Nr. 2100 VV RVG, weil ihm kein isolierter, der Rechtsmittelprüfung vorgeschalteter Prüfauftrag erteilt worden sei. Diese nur durch eine ausdrückliche Gebührenvereinbarung vermeidbare Rechtsfolge erscheine indes unbillig und nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechend, der keine bewusste Entscheidung getroffen habe, dass der Anwalt für den "überschießenden" Teil der Prüfung keine Vergütung erhalte. Auch der Mandant, der sofort den Auftrag zur Einlegung des Rechtsmittels erteile, erwarte eine umfassende Prüfung der Erfolgsaussichten. Dieses Ergebnis sei aus der Sicht des Mandanten nicht unbillig, weil er redlicherweise nicht davon ausgehen dürfe, dass die Beratungsleistung des Rechtsanwalts insoweit kostenfrei erfolge.
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Damit errechne sich eine 2,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3506, 3508 VV RVG aus 162.526,83 € über 3.822,60 € und eine 0,75-Gebühr nach Nr. 2100 VV RVG für die Prüfung der Erfolgsaussichten aus 218.021,90 € über 1.450,50 €. Davon sei eine 0,75-Gebühr für die Prüfung der Erfolgsaussichten aus 162.526,83 €, also ein Betrag über 1.246,50 €, abzuziehen. Damit ergebe sich eine Gesamtforderung in Höhe von 4.026,50 €. Im Blick auf die erbrachte Zahlung von 4.991 € bestehe ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin über 964,40 €.
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II.
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Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt rechtlicher Prüfung nicht stand. Dem Beklagten steht gemäß § 2 Abs. 2, Nr. 3508, 3506 VV RVG eine 2,3-Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert von 218.021,90 € zu, mithin nach § 13 Abs. 1 RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung ein Betrag von 4.448,20 €. Mit Rücksicht auf die von ihr geleistete Vorschusszahlung über 4.991 € beschränkt sich der Erstattungsanspruch der Klägerin auf 542,80 €.
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1. Grundlage des Begehrens der Klägerin ist, wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgeht, ein vertraglicher Anspruch auf Rückgewähr desjenigen Teils des geleisteten Vorschusses, der die tatsächlich geschuldete Vergütung übersteigt. Der Beklagte hat Vorschüsse und nicht die Bezahlung von schon erbrachten Teilarbeiten erhalten. Die Rückzahlung solcher Vorschüsse richtet sich nicht nach § 812 BGB. Für sie ist § 667 BGB mindestens entsprechend anzuwenden, weil es um Geschäftsbesorgung geht (§ 675 Abs. 1, § 667 BGB, vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1988 - IVa ZR 196/86, WM 1988, 763, 764 zur Steuerberatervergütung; AnwKomm-RVG/N. Schneider, 8. Aufl., § 9 Rn. 93; Baumgärtel in Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 16. Aufl., § 9 Rn. 30; Bischof/Jungbauer/Klüsener, RVG, 7. Aufl., § 9 Rn. 42; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 23. Aufl., § 9 Rn. 22; Göttlich/Mümmler, RVG, 6. Aufl., "Vorschuss 7."; Mayer/Kroiß/Klees, RVG, 6. Aufl., § 9 Rn. 44; Riedel/Sußbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., § 9 Rn. 19; offengelassen bei BeckOK-RVG/v. Seltmann, 2016, § 9 Rn. 23; Enders in Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., § 9 Rn. 35).
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2. Der Beklagte kann gemäß § 2 Abs. 2 RVG, Nr. 3508, 3506 VV RVG eine 2,3-Verfahrensgebühr beanspruchen, die seine gesamte in dem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zugunsten der Klägerin entfaltete Tätigkeit einschließlich der Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels abdeckt.
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a) Die Gebühren des Rechtsanwalts werden gemäß § 2 Abs. 1 RVG nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit wird durch das Recht oder das Rechtsverhältnis bestimmt, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen des ihm von seinem Mandanten erteilten Auftrags bezieht (BGH, Urteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 15).
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b) Im Streitfall war der Beklagte mit der Durchführung einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden beauftragt, die gemäß § 17 Nr. 9 RVG eine eigene Angelegenheit bildet und für die im Regelfall zugunsten des Anwalts Gebühren nach Teil 3 VV RVG erwachsen.
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aa) Nach der maßgeblichen Regelung der Vorbemerkung 3 Abs. 1 Satz 1 VV RVG entstehen Gebührenansprüche nach Teil 3 VV RVG, wenn dem Rechtsanwalt - wie hier - ein unbedingter Auftrag als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter erteilt worden ist. Es ist anerkannt, dass der Anwalt im gerichtlichen Verfahren tätig wird, wenn er Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter ist. Es genügt, wenn seine Tätigkeit eine Angelegenheit betrifft, die sich auf ein gerichtliches Verfahren bezieht (BeckOK-RVG/Sommerfeldt/Sommerfeldt, 2017, § 23 Rn. 4; AnwKomm-RVG/Mock, 8. Aufl., § 23 Rn. 8; Mayer/Kroiß/Mayer, RVG, 6. Aufl., § 23 Rn. 8). Zum gerichtlichen Verfahren gehören auch alle anwaltlichen Tätigkeiten, die der Vorbereitung und Abwicklung des gerichtlichen Verfahrens dienen und die während der Dauer des Rechtszugs außerhalb des Gerichts entfaltet werden (Mayer/Kroiß/Mayer, RVG, 6. Aufl., § 23 Rn. 8).
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bb) Folglich wird bei Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde die Prüfung ihrer Erfolgsaussichten von dem einschlägigen Gebührentatbestand der Nr. 3508, 3506 VV RVG erfasst, ohne dass hierfür eine gesonderte Vergütung nach Nr. 2100 ff VV RVG in Betracht kommt.
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(1) Es kann offen bleiben, ob Gebühren nach Nr. 2100 ff VV RVG nur entstehen können, solange noch kein konkreter Prozessauftrag erteilt worden ist (AnwKomm-RVG/N. Schneider, 8. Aufl., VV 2100 Rn. 25 f sowie Rn. 31; BeckOK-RVG/v. Seltmann, 2017, RVG 2100 Rn. 4; Jungbauer in Bischof/Jungbauer, RVG, 7. Aufl., Nr. 2100 VV Rn. 5 f; Hinne in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., VV RVG Nr. 2100-2103 Rn. 6; Riedel/Sußbauer/Schütz, RVG, 10. Aufl., VV 2100 Rn. 7; Schons in Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., Vorbem. 3 VV Rn. 35, Nr. 2100 VV Rn. 26 ff), oder ob sich mit dem Auftrag zur Einlegung eines Rechtsmittels ein Auftrag auf Prüfung der Erfolgsaussichten verbinden kann, der zur Anrechnung der Gebühr nach Nr. 2100 VV RVG auf die Gebühr nach Teil 3 VV RVG führt. Dies könnte zu erwägen sein, wenn ein Prozessauftrag noch nicht unbedingt, sondern nur für den Fall erteilt ist, dass die ausdrücklich beauftragte Vorprüfung des Anwalts hinreichende Erfolgsaussichten aufzeigt (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 23. Aufl., VV 3201 Rn. 39).
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(2) Ist jedoch - wie im Streitfall - der konkrete Auftrag erteilt worden, das Rechtsmittel einzulegen und eine Sach- und Rechtsprüfung erst danach vorzunehmen, ist grundsätzlich keine außergerichtliche Prüfung geschuldet und daher kein Vergütungstatbestand nach Nr. 2100 ff VV RVG erfüllt. Vielmehr ist eine Vergütung ausschließlich nach Teil 3 VV RVG geschuldet, wenn der Rechtsanwalt nach unbedingt erteiltem Prozessauftrag, aber noch vor Einlegung des Rechtsmittels eine Prüfung der Rechtslage vornimmt und dem Mandanten zur nur teilweisen Durchführung rät. In gleicher Weise wird die Entstehung von Gebühren nach Teil 3 VV RVG zu Recht befürwortet, wenn bei einem unbedingt erteilten Prozessauftrag zur Klageerhebung später tatsächlich nur ein niedrigerer Betrag geltend gemacht wird (AnwKomm-RVG/N. Schneider/Thiel, 8. Aufl., § 33 Rn. 11; AnwKomm-RVG/N. Schneider, aaO, VV 2100 Rn. 31; Riedel/Sußbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., VV Vorb. 3 Rn. 31; N. Schneider, AGS 2012, 387 f), etwa in Fällen der Teilerfüllung vor Klageeinreichung (Enders in Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., § 33 Rn. 9), oder wenn - wie in vorliegender Sache - ein uneingeschränkt eingelegtes Rechtsmittel entsprechend dem Inhalt der Rechtsmittelbegründung nur beschränkt durchgeführt wird (Riedel/Sußbauer/Ahlmann, aaO, VV Vorb. 3 Rn. 36). Wird der Rechtsanwalt mit einem unbedingten Prozessauftrag versehen, übernimmt er die volle Verantwortung für die Einlegung, sachgerechte Prüfung und Durchführung des Rechtsmittelverfahrens.
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cc) Die Gebühr entsteht bereits, sobald der Anwalt nach Auftragserteilung irgendeine Tätigkeit zur Ausführung des prozessbezogenen Auftrags vorgenommen hat (Klüsener in Bischof/Jungbauer, RVG, 6. Aufl., Nr. 3506-3509 VV Rn. 5). Die Verfahrensgebühr wird jedenfalls durch die Einlegung der Beschwerde ausgelöst (vgl. OLG Saarbrücken, AGS 2010, 164). Darum war hier im Blick auf den vollen Streitwert ein gerichtliches Verfahren gegeben (vgl. Enders in Hartung/Schons/Enders, aaO § 33 Rn. 9).
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3. Die 2,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3508, 3506 VV RVG berechnet sich vorliegend nach einem Gegenstandswert von 218.021,90 €.
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a) In gerichtlichen Verfahren bestimmt sich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG der Gegenstandswert grundsätzlich nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Dabei handelt es sich um solche Anwaltsgebühren, die durch eine Tätigkeit des Anwalts in einem gerichtlichen Verfahren entstanden sind. Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung gemäß § 32 Abs. 1 RVG, der dem früheren § 9 BRAGO inhaltlich entspricht (BT-Drucks. 15/1971, S. 196), auch für die Gebühren des Anwalts maßgeblich (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2013 - IX ZR 75/12, nv Rn. 2; vom 26. September 2013 - IX ZR 204/11, WM 2013, 2098 Rn. 2).
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b) Dies gilt uneingeschränkt nur dann, wenn der Gegenstand der gerichtlichen mit dem der anwaltlichen Tätigkeit identisch ist (BT-Drucks. 2/2545, S. 232; Enders in Hartung/Schons/Enders, RVG, 2. Aufl., § 32 Rn. 1). Voraussetzung für die Anwendung des § 32 Abs. 1 RVG ist demgemäß, dass sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auftragsgemäß auf denselben Gegenstand bezogen hat, der auch der gerichtlichen Tätigkeit zugrunde lag (BGH, Beschluss vom 30. September 1968 - III ZB 11/67, NJW 1968, 2334; Urteil vom 11. November 1976 - III ZR 57/75, Rpfleger 1977, 59, 60; BVerwG, Beschluss vom 20. Oktober 2005 - 8 B 81/04, nv Rn. 4). Fehlt es daran, ist der Rechtsanwalt nicht gehindert, für seine auf einem umfassenderen Auftrag beruhenden Tätigkeiten Gebühren entsprechend seiner weitergehenden Tätigkeit gegen seinen Mandanten geltend zu machen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2013, aaO Rn. 4). Dass die für die Gerichtskosten erfolgte Wertfestsetzung für den Rechtsanwalt nur insoweit maßgebend ist, als der Gegenstand der gerichtlichen und der anwaltlichen Tätigkeit übereinstimmt, brauchte nach Auffassung des Gesetzgebers nicht besonders hervorgehoben zu werden, weil dies einhellig angenommen wird (BT-Drucks. 2/2545, S. 232).
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c) An einer solchen Übereinstimmung von anwaltlicher und gerichtlicher Tätigkeit fehlt es, wenn sich der Streitwert für die gerichtlichen Gebühren aufgrund einer nachträglichen Beschränkung gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers richtet, der Anwalt jedoch zuvor durch auftragsgemäße Einlegung eines unbeschränkten Rechtsmittels und volle Sachprüfung im gerichtlichen Verfahren eine weitergehende Tätigkeit entfaltet hat. Gemäß § 47 Abs. 3 GKG ist der gerichtliche Streitwert im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde unbeschränkt eingelegt und nachträglich beschränkt, bemisst sich der Streitwert gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG grundsätzlich nach dem Antrag und nicht nach der Beschwer des Rechtsmittelführers. Fehlt es an einem beschränkten Antrag, ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG die gesamte Beschwer des Rechtsmittelführers maßgeblich. Dies gilt insbesondere dann, wenn die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde nicht weiterverfolgt oder zurückgenommen wird (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2011 - IV ZR 31/11, nv Rn. 3). Die Festsetzung des Streitwerts für die gerichtlichen Gebühren nach den Rechtsmittelanträgen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG findet in Fällen nachträglicher Beschränkung eines Rechtsmittels ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass der Rechtsmittelführer keine Gebührennachteile dadurch erleiden soll, dass er die ihm durch die Begründungsfristen eingeräumte Überlegungsfrist ausnützt (BT-Drucks. 2/2545, S. 157 zu Nr. 11; vgl. BGH, Beschluss vom 14. Februar 1978 - GSZ 1/77, BGHZ 70, 365, 370 f). Es handelt sich insoweit um eine gesetzliche Beschränkung des staatlichen Gebührenanspruches für die gerichtliche Tätigkeit. Hiervon zu unterscheiden ist der Gebührenanspruch des Anwalts, der sich nach dem Gegenstand seiner Tätigkeit bemisst. Der Anwalt kann hinsichtlich seines Gebührenanspruchs aber nicht schlechter stehen, wenn er anstelle eines Verzichts auf eine Antragstellung nur einen beschränkten Antrag stellt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Februar 1951 - III ZR 105/50, BGHZ 1, 205, 208 f).
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d) Deckt sich der Gegenstandswert der gerichtlichen Tätigkeit nicht mit der anwaltlichen Tätigkeit, kann in Einklang mit der Vorgängerregelung des § 10 Abs. 1 BRAGO (BT-Drucks. 2/2545, S. 232) eine gesonderte Festsetzung nach § 33 RVG erfolgen (vgl. OLG Bamberg, JurBüro 1981, 923; BayObLG, JurBüro 1982, 1510; OLG Saarbrücken JurBüro 1991, 835; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 23. Aufl., § 32 Rn. 4; AnwKomm-RVG/Schneider/Thiel, 2014, § 32 Rn. 10; Enders in Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., § 32 Rn. 15). Der Anwalt kann, soweit seine Tätigkeit im Rahmen der Festsetzung der Gerichtsgebühren unberücksichtigt bleibt, eine abweichende Festsetzung eines Gegenstandswerts beanspruchen. Die Wertfestsetzung richtet sich nach der auftragsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistung (vgl. LAG Hamm, MDR 1989, 852; LAG Köln, AnwBl 2002, 185). Infolge der Abweichung berechnen sich die Gebühren für die Tätigkeit des Rechtsanwalts in dem gerichtlichen Verfahren dann nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert, sondern nach dem gemäß § 33 RVG selbständig festzusetzenden Wert des Gegenstands seiner Tätigkeit (BayObLG, aaO; OLG Saarbrücken, aaO). Die Norm schließt damit eine Lücke in allen Fällen, in denen die Gegenstandswerte der gerichtlichen und der anwaltlichen Tätigkeit voneinander abweichen (Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 23. Aufl., § 33 Rn. 3).
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e) Anerkannt ist die Anwendbarkeit des § 33 RVG für eine Vielzahl von Fallgestaltungen: Die Vorschrift greift etwa bei Betreuung mehrerer Mandanten hinsichtlich unterschiedlicher Gegenstände (BGH, Beschluss vom 25. Juni 2009 - III ZR 274/07, nv), bei unterwertiger Beteiligung eines Streitgenossen (BGH, Beschluss vom 16. Juni 2016 - V ZR 49/15, AGS 2017, 136 Rn. 2), bei Vertretung eines Miterben im Erbscheinerteilungsverfahren und nur teilweiser Inanspruchnahme der Erbschaft (BGH, Beschluss vom 30. September 1968 - III ZB 11/67, NJW 1968, 2334) wie auch bei Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen mehrere Gegner, die später hinsichtlich eines Gegners ausdrücklich beschränkt wird (BGH, Beschluss vom 5. Februar 2009 - III ZR 171/07, nv). Das Verfahren nach § 33 RVG ist ausnahmsweise ausgeschlossen, soweit die betroffenen Ansprüche niemals gerichtshängig geworden sind, wenn etwa bei unbedingt erteiltem Prozessauftrag lediglich niedrigere Ansprüche anhängig gemacht werden (vgl. AnwKomm-RVG/Thiel, 8. Aufl., § 33 Rn. 11 mit Beispielen). In der vorliegenden Fallgestaltung genügt hingegen die Feststellung des sich in der Einlegung eines unbeschränkten Rechtsmittels manifestierenden unbedingten Prozessauftrages, so dass der Gegenstandswert ohne weiteres aus der formellen Beschwer des Rechtsmittelklägers bestimmt werden kann.
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f) Die gemäß § 33 RVG vorzunehmende besondere Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren ist zwar in dem Ausgangsverfahren unterblieben. Sie ist jedoch keine Voraussetzung einer Gebührenklage.
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aa) Die Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG ist als Antragsverfahren ausgestaltet. Bedeutung entfaltet sie insbesondere in Verfahren auf Festsetzung von Ansprüchen gegen den Mandanten nach § 11 RVG sowie gegen den Gegner gemäß § 103 ZPO. Begehrt der Rechtsanwalt eine Festsetzung gemäß § 11 Abs. 1 RVG, ist dieses Verfahren gemäß § 11 Abs. 4 RVG bis zu einer gerichtlichen Entscheidung über den Antrag auszusetzen, wenn der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten wird (vgl. Hartmann, Kostengesetze, RVG, 47. Aufl., § 33 Rn. 3 aE: "bei der Festsetzung streitig"). Ein solches Verfahren liegt hier nicht vor.
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bb) Eine Abweichung des anwaltlichen Gegenstandswerts von dem gerichtlichen Streitwert ist im Streitfall gegeben.
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Der Gegenstandswert richtet sich nach dem Wert, der die Grundlage für den Auftrag zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bildet (Hartung in Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., Nr. 3508, 3509 Rn. 6). Der dem Beklagten unbeschränkt erteilte Rechtsmittelauftrag erstreckte sich auf die gesamte durch das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden zum Nachteil der Klägerin begründete Beschwer in Höhe von 218.021,90 €. Dementsprechend hat der Beklagte zunächst eine unbeschränkte Beschwerde eingelegt. Der Beklagte hat, weil der Klägerin an einem vollständigen Obsiegen gelegen war, die Erfolgsaussichten für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich der gesamten Beschwer von 218.021,90 € geprüft, aber nach dem Ergebnis seiner Begutachtung die Beschwerde im Einvernehmen mit der Klägerin auf den Betrag von 162.526,83 € begrenzt.
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III.
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Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da sich die Revision des Beklagten als begründet erweist, ist die angefochtene Entscheidung unter Zurückweisung der Revision der Klägerin entsprechend abzuändern.
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Kayser
Gehrlein
Grupp
Möhring
Schoppmeyer
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Referenzen
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