Urteil vom Bundesgerichtshof (2. Zivilsenat) - II ZR 120/16

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 20. April 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens und des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft, deren Aktien an verschiedenen inländischen Börsen im Freiverkehr gehandelt werden. Ursprünglich hielten M.    L.     , der zugleich dem aus zwei Personen bestehenden Vorstand der Beklagten angehört, und P.   W.    jeweils 32,5 % der Aktien. Im Oktober 2011 veräußerte W.   sein Aktienpaket an die Klägerin. Durch den Erwerb weiterer Aktien erhöhte die Klägerin ihre Beteiligung; nach ihrer Darstellung hielt sie am 8. Dezember 2011 42,5 % des Grundkapitals.

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Der Vorstand der Beklagten war durch Beschluss der Hauptversammlung vom 30. April 2008 ermächtigt worden, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Grundkapital von vier Mio. € bis zum 29. April 2013 gegen Bar- und/oder Sacheinlagen um insgesamt bis zu zwei Mio. € zu erhöhen, wobei das Bezugsrecht der Aktionäre unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen werden konnte. Am 8. Dezember 2011 beschloss der Vorstand der Beklagten, das Grundkapital um bis zu 400.000 € auf bis zu 4,4 Mio. € durch Ausgabe von bis zu 400.000 Stückaktien gegen Bareinlage zu erhöhen und das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen. Der Ausgabepreis wurde mit 4,50 € je neue Aktie festgesetzt. Nr. 4 des Vorstandsbeschlusses lautet: "Die neuen Aktien werden von der B.     Bank AG, U.             in Abstimmung mit der Gesellschaft platziert." Mit Beschluss vom 12. Dezember 2011 stimmte der Aufsichtsrat der Beklagten dem Vorstandsbeschluss zu.

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Nachdem die B.   Bank AG die Aktien aus der Kapitalerhöhung gezeichnet hatte, wurde die Durchführung der Barkapitalerhöhung am 19. Dezember 2011 in das Handelsregister eingetragen. Am selben Tag erfuhr die Klägerin von der Barkapitalerhöhung und teilte dem Registergericht sowie der Beklagten mit, dass sie die Kapitalerhöhung für rechtswidrig halte. Am 22. Dezember 2011 erwarb L.      die neuen Aktien von der B.     Bank AG.

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Am 28. Dezember 2011 beschloss der Vorstand der Beklagten, das Grundkapital um weitere 450.000 € durch Ausgabe von 450.000 Stückaktien gegen Sacheinlage zu erhöhen, wobei das Bezugsrecht der Aktionäre erneut ausgeschlossen wurde. Der Aufsichtsrat stimmte dem Beschluss am selben Tag zu. Im Zuge dieser Kapitalerhöhung brachte L.      seine Geschäftsanteile an der H.                        GmbH gegen Zuteilung der 450.000 neuen Aktien in die Beklagte ein. Die Durchführung der Sachkapitalerhöhung wurde am 23. Januar 2012 in das Handelsregister eingetragen; die Klägerin erfuhr am selben Tag davon.

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Mit ihrer am 17. Februar 2012 bei Gericht eingereichten und der Beklagten am 23. Februar 2012 zugestellten Feststellungsklage hat sich die Klägerin gegen die zur Barkapitalerhöhung am 8. und 12. Dezember 2011 sowie zur Sachkapitalerhöhung am 28. Dezember 2011 gefassten Vorstands- und Aufsichtsratsbeschlüsse gewandt. Das Landgericht hat antragsgemäß die Nichtigkeit der Beschlüsse festgestellt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat unter Zurückweisung der weitergehenden Nichtzulassungsbeschwerde teilweise zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren hinsichtlich der Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats zur Barkapitalerhöhung vom 8. und 12. Dezember 2011 weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

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I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen wie folgt begründet:

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Die Feststellungsklage sei zulässig. Der Zulässigkeit stehe weder die Eintragung der Barkapitalerhöhung in das Handelsregister entgegen noch sei die Klage rechtsmissbräuchlich erhoben worden.

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Die Klage sei auch begründet. Die von der Klägerin für die Nichtigkeit der Beschlussfassungen vorgetragenen Gründe seien weder präkludiert, noch habe die Klägerin ihr Recht auf Feststellung der Nichtigkeit verwirkt. Die einmonatige Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG finde weder unmittelbar noch analog Anwendung. Eine zeitliche Beschränkung ergebe sich für die Durchsetzung des Feststellungsanspruchs lediglich aus dem Rechtsinstitut der Verwirkung. Deren Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Eine unangemessene Verzögerung sei angesichts der besonderen Umstände des Streitfalls auch dann zu verneinen, wenn man auf die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG als Maßstab zurückgreife. Auch habe die Beklagte, da sie frühzeitig gewarnt worden sei, kein auf Zeitablauf gegründetes, schützenswertes Vertrauen darauf bilden können, dass die Klägerin die Beschlüsse zur Barkapitalerhöhung nicht angreifen werde.

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Die Beschlüsse zur Barkapitalerhöhung vom 8. und 12. Dezember 2011 seien nichtig. Sie hielten sich zwar im Rahmen der durch die Hauptversammlung erteilten Ermächtigung und es könne auch nicht festgestellt werden, dass der festgesetzte Ausgabebetrag unangemessen niedrig gewesen sei. Die Nichtigkeit der angefochtenen Beschlüsse ergebe sich jedoch daraus, dass sie entgegen § 53a AktG eine objektive Ungleichbehandlung begründeten und die Beklagte nicht nachgewiesen habe, dass diese sachlich gerechtfertigt sei. Es müsse insoweit nicht entschieden werden, ob die Wirksamkeit einer Barkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss den grundsätzlich notwendigen Nachweis ihrer sachlichen Rechtfertigung auch dann erfordere, wenn die Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG vorlägen. Denn auch eine Barkapitalerhöhung im Anwendungsbereich des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG unterliege der allgemeinen Rechtsmissbrauchskontrolle und den Schranken, die die gesellschaftliche Treuepflicht und der Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 53a AktG zögen. § 53a AktG werde jedenfalls dann berührt, wenn der Empfänger der neu geschaffenen Aktien schon vorher zum Kreis der Aktionäre gehört habe.

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Eine objektive Ungleichbehandlung liege vor. Dem Ausschluss des Bezugsrechts nur für einen Teil der Aktionäre sei der Fall gleichzustellen, dass durch ein Handeln der Verwaltung trotz eines alle Aktionäre erfassenden Bezugsrechtsausschlusses die neuen Aktien an einen der Aktionäre ausgegeben werden. Im Streitfall ergebe sich die objektive Ungleichbehandlung zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der angefochtenen Beschlüsse, jedoch sei mit dem Vorstandsbeschluss von vorneherein eine unter der Kontrolle des Vorstandes stehende, gezielte Platzierung der Aktien am Markt beabsichtigt und eingeleitet worden. Der Vorstandsbeschluss sei daher nicht isoliert für sich zu betrachten, sondern als wesentliches Element des Verwaltungshandelns bis zur Platzierung der neuen Aktien durch die B.    Bank AG. Er sei daher Teil der objektiv zur Ungleichbehandlung führenden Handlung der Verwaltungsorgane.

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Eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung habe die Beklagte nicht nachgewiesen. Insoweit könne offen bleiben, ob eine sachliche Rechtfertigung daraus hergeleitet werden könne, dass ein ursprünglich zur Übernahme der neuen Aktien vorgesehener strategischer Investor von seinem Aktienerwerbsvorhaben überraschend Abstand genommen habe. Denn die Beklagte habe ihr diesbezügliches Vorbringen nicht zur Überzeugung des Gerichts bewiesen. Im Übrigen rechtfertigten nach den Umständen des Falles weder ein angestrebter Zeitgewinn noch das Interesse an einem möglichst hohen Ausgabepreis die Ungleichbehandlung. Zudem lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass nur L.     , nicht aber andere Aktionäre bereit gewesen seien, den angestrebten Ausgabepreis zu zahlen. Auf eine nur vermutete fehlende Übernahmebereitschaft der anderen Aktionäre könne der Ausschluss des Bezugsrechts nicht gestützt werden. Die Vermeidung einer Prospektpflicht könne die Bevorzugung eines Aktionärs ebenfalls nicht rechtfertigen.

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Der Bezugsrechtsausschluss sei auch nicht zur Abwehr einer unerwünschten Beteiligung sachlich gerechtfertigt gewesen. Die Beklagte habe sich nicht auf ein Abwehrinteresse gestützt, sondern vielmehr geltend gemacht, von einer Absicht der Klägerin, ihren Kapitalanteil zu erhöhen, nichts gewusst zu haben. Zudem ergebe sich aus dem Vorbringen der Beklagten keine Absicht der Klägerin, die Beklagte zu schädigen oder aufzulösen.

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Selbst wenn nicht von einer objektiven Ungleichbehandlung auszugehen sei, wären die Beschlüsse zur Barkapitalerhöhung nichtig, weil die Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss rechtsmissbräuchlich erfolgt sei. Die äußeren Umstände der Kapitalerhöhung seien dazu geeignet, die Überzeugung des Berufungsgerichts davon zu begründen, dass die Barkapitalerhöhung in rechtsmissbräuchlicher Weise eingesetzt worden sei, um dem Aktionär L.      über die Erhöhung seiner Beteiligung an der Beklagten einen Vorteil zu verschaffen. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, die Aktien ungeachtet des Bezugsrechtsausschlusses gerade dem Aktionär L.      zukommen zu lassen, dessen Beteiligung zudem in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Barkapitalerhöhung durch die Vornahme der Sachkapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss noch weiter habe erhöht werden sollen.

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II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

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1. Die Feststellungsklage ist zulässig.

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a) Die allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO ist die statthafte Klageart, mit der ein einzelner Aktionär die Rechtswidrigkeit und daraus folgende Nichtigkeit von Kapitalerhöhungsbeschlüssen mit Bezugsrechtsausschluss des Vorstands und Aufsichtsrats gegen die Aktiengesellschaft geltend machen kann (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 254 - Mangusta/Commerzbank II; Urteil vom 23. Juni 1997 - II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 140 f. - Siemens/Nold).

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b) Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht entgegen, dass die Barkapitalerhöhung mit Eintragung in das Handelsregister wirksam geworden ist (§ 203 Abs. 1 AktG i.V.m. § 189 AktG).

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Wie der Senat bereits entschieden hat (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 257 - Mangusta/Commerzbank II), berührt die Nichtigkeit von Entscheidungen des Vorstands und des Aufsichtsrats, durch die das Bezugsrecht der Aktionäre verletzt wurde, nicht die Wirksamkeit der im Handelsregister eingetragenen Kapitalerhöhung und der damit entstandenen neuen Mitgliedschaftsrechte. Die Eintragung in das Handelsregister führt aber nicht zur Heilung der der Kapitalerhöhung zugrunde liegenden Verwaltungsbeschlüsse. Die somit fortbestehende Nichtigkeit dieser Beschlüsse kann auch nach dem Wirksamwerden der Kapitalerhöhung mit einer Klage nach § 256 ZPO geltend gemacht werden. Hieran haben die betroffenen Aktionäre schon im Hinblick auf mögliche Sekundäransprüche und sonstige Rechtsbehelfe ein schützenswertes rechtliches Interesse (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 257- Mangusta/Commerzbank II).

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2. Die Klage ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beschlüsse zur Barkapitalerhöhung vom 8. und 12. Dezember 2011 nichtig sind.

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a) Die Klägerin hat die Feststellungsklage rechtzeitig erhoben.

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aa) Der Senat hat bisher nicht entschieden, ob der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsbeschlusses zur Ausübung der Ermächtigung zu einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss binnen einer bestimmten Frist klageweise geltend zu machen ist und wann eine solche Frist beginnt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 259 - Mangusta/Commerzbank II). In der Literatur ist die Frage umstritten.

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(1) Hinsichtlich einer möglichen Klagefrist wird unter Hinweis auf die erforderliche Rechtssicherheit die Ansicht vertreten, die Feststellungsklage sei - jedenfalls bei minderschweren Beschlussmängeln (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. Mai 1993 - II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 351 f.) - in analoger Anwendung des § 246 Abs. 1 AktG binnen eines Monats zu erheben (Wilsing, ZGR 2006, 722, 744; Kubis, DStR 2006, 188, 192; Waclawik, ZIP 2006, 397, 405; Drinkuth, AG 2006, 142, 147; aus dem älteren Schrifttum vgl. KK-AktG/Lutter, 2. Aufl., § 203 Rn. 31, 44; Lutter, BB 1981, 861, 864; Hirte, Bezugsrechtsausschluss und Konzernbildung, 1986, S. 209; Paefgen, ZIP 2004, 145, 152).

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Andere lehnen die Annahme einer starren Frist unter analoger Anwendung des § 246 Abs. 1 AktG mit der Begründung ab, dies führe zu einer zu starken Einschränkung der Aktionärsrechte, und fordern eine flexiblere zeitliche Eingrenzung für die Erhebung der Klage. Meist wird dabei die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG als Leitbild für die Beurteilung der Frage herangezogen, ob der Aktionär die Feststellungsklage mit der aufgrund der Treuepflicht gebotenen Zügigkeit erhoben hat (Casper in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., vor § 241 ff. Rn. 27; Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl., § 203 Rn. 39; Groß/T. Fischer in Heidel, AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 126).

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(2) Für den Beginn des maßgebenden Zeitraums wird teilweise als maßgeblich erachtet, wann der Aktionär den beanstandeten Beschluss kannte oder kennen musste (Casper in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., vor § 241 ff. Rn. 27; Drinkuth, AG 2006, 142, 147). Andere stellen auf die Nachberichterstattung in der nächsten Hauptversammlung ab (Fleischer, DB 2013, 217, 222; Groß/T. Fischer in Heidel, AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 126; vgl. auch OLG Frankfurt, NZG 2011, 746, 747).

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bb) Zutreffend ist, dass die Erhebung der Feststellungsklage vor der nachfolgenden Hauptversammlung, in der der Vorstand über die Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss Bericht erstattet, nicht an eine starre Frist gebunden ist. Ob im Anschluss an die Nachberichterstattung auf die Monatsfrist entsprechend § 246 Abs. 1 AktG zurückgegriffen werden kann (dafür Fleischer, DB 2013, 217, 222), muss im Streitfall nicht entschieden werden.

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(1) Die Fragen nach der Dauer einer möglichen Frist einerseits und dem Beginn einer solchen Frist andererseits können nicht unabhängig voneinander beantwortet werden. Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass die Feststellungsklage ohne unangemessene Verzögerung zu erheben ist (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 259 - Mangusta/Commerzbank II; siehe auch BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 135 f. - Holzmüller). Danach beginnt der für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit zu berücksichtigende Zeitraum erst, wenn der Aktionär den Beschluss des Vorstands oder Aufsichtsrats sowie die eine Nichtigkeit des Beschlusses aus seiner Sicht nahelegenden tatsächlichen Umstände kennt oder kennen muss. Denn vor diesem Zeitpunkt war der Aktionär nicht gehalten, ein gerichtliches Vorgehen gegen die Verwaltungsentscheidung in Betracht zu ziehen. Ferner ist dem Aktionär eine Klageerhebung nicht zumutbar, solange er nicht ausreichend Zeit hatte, schwierige tatsächliche oder rechtliche Fragen zu klären oder klären zu lassen, auf die es für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage ankommt (vgl. für die GmbH: BGH, Urteil vom 14. Mai 1990 - II ZR 126/89, BGHZ 111, 224, 226). Die Möglichkeit, eine solche Klärung herbeizuführen, hängt wiederum von den für den Aktionär verfügbaren Informationen ab. Dies zugrunde gelegt beginnt der für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer Klageerhebung maßgebende Zeitraum spätestens mit der gebotenen Nachberichterstattung, also mit dem auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft über die Ausnutzung des genehmigten Kapitals unter Bezugsrechtsausschluss zu erstattenden Vorstandsbericht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 148/03, BGHZ 164, 241, 244 - Mangusta/Commerzbank I). Ob der Aktionär schon vor diesem Zeitpunkt über die für eine zeitnahe Klageerhebung erforderlichen Kenntnisse verfügte, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

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(2) In der Zeit bis zur nächsten Hauptversammlung ist der betroffene Aktionär zwar gehalten, eine mögliche Klage ohne unangemessene Verzögerung zu erheben. Hierfür gilt aber nicht in analoger Anwendung von § 246 Abs. 1 AktG eine an die Kenntnis des Verwaltungsbeschlusses anknüpfende Monatsfrist.

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(a) Das Argument, die Feststellungsklage trete bei der Geltendmachung von Rechten der Aktionäre wegen rechtswidrigen Verwaltungshandelns der Aktiengesellschaft an die Stelle der Anfechtungsklage, vermag eine entsprechende Anwendung des § 246 Abs. 1 AktG nicht zu rechtfertigen. Wie der Senat schon in früheren Entscheidungen ausgeführt hat, bestehen zwischen Beschlüssen der Hauptversammlung und Beschlüssen von Vorstand oder Aufsichtsrat grundlegende Unterschiede, die gegen eine entsprechende Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf Klagen gegen Beschlüsse des Vorstands oder Aufsichtsrats sprechen (BGH, Urteil vom 17. Mai 1993 - II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 347 ff.; Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 252 - Mangusta/Commerzbank II). Hervorzuheben sind hier vor allem die bei Hauptversammlungsbeschlüssen ungleich besseren Informationsmöglichkeiten der Aktionäre. Die Aktionäre können an der Hauptversammlung teilnehmen, sich anhand der Tagesordnung auf die Versammlung vorbereiten und in der Versammlung Auskünfte verlangen (§ 131 AktG). Dies gibt ihnen die Möglichkeit, sich über Inhalt, Begründung und Tragweite einzelner Beschlüsse ein wesentlich deutlicheres Bild zu verschaffen, als dies bei bloßer Kenntnis eines Beschlusses des Vorstands oder Aufsichtsrats der Fall ist.

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Zu berücksichtigen ist weiter, dass eine erhebliche Verzögerung der Klageerhebung zwar zu Unzuträglichkeiten führen kann. Eine gegen die Nutzung genehmigten Kapitals gerichtete Feststellungsklage kann aber die Kapitalerhöhung nach deren Eintragung in das Handelsregister nicht mehr verhindern und führt daher nicht zu einer Blockade angestrebter Veränderungen. Sie dient, ähnlich einer Fortsetzungsfeststellungklage (vgl. Goette, ZGR 2008, 436, 438), lediglich der Vorbereitung möglicher Schadensersatz- und sonstiger Ansprüche. Schließlich ist zwar zu bedenken, dass bei einer Aktionärsklage im Unterschied zu der Beschlussmängelklage eines Mitglieds des Vorstands oder des Aufsichtsrats, für die der Senat eine entsprechende Anwendung von § 246 Abs. 1 AktG ablehnt (BGH, Urteil vom 17. Mai 1993 - II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 350 ff.; Urteil vom 15. November 1993 - II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 115, 125), der Kreis der möglichen Kläger anonym und unüberschaubar groß sein kann. Dieser Gesichtspunkt hat aber kein maßgebendes Gewicht gegenüber einem Aktionär, der seine Einwände gegen einen ihm bekanntgewordenen Beschluss des Vorstands oder Aufsichtsrats umgehend mitteilt.

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(b) Auch für den Zeitraum bis zur Nachberichterstattung in der nachfolgenden Hauptversammlung bleibt es aber bei dem Grundsatz, dass der Aktionär eine Feststellungsklage ohne unangemessene Verzögerung und demnach mit der ihm zumutbaren Beschleunigung erheben muss, um eine Verwirkung des Klagerechts zu vermeiden. Diese Einschränkung findet ihre Rechtfertigung darin, dass Aktionäre auch die bei einem rechtswidrigen Verwaltungshandeln bestehenden Rechte nicht unter Verletzung der Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Gesellschaft missbräuchlich ausüben dürfen. Ob eine unangemessene Verzögerung vorliegt, ist jeweils im Einzelfall unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu beurteilen.

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c) Nach diesen Maßgaben hat die Klägerin die Klage rechtzeitig erhoben.

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Die Klägerin erfuhr am 19. Dezember 2011 von der Barkapitalerhöhung. Die Feststellungsklage wurde am 17. Februar 2012 eingereicht und umgehend zugestellt (§ 167 ZPO). Zwischen Kenntnis der angegriffenen Beschlüsse und Klageerhebung sind demnach fast zwei Monate verstrichen. Das Berufungsgericht ist aber gleichwohl rechtsfehlerfrei im Rahmen der von ihm vorgenommenen Verwirkungsprüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Berücksichtigung der Interessen der Parteien keine unangemessene Verzögerung vorliegt.

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Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass die Klägerin ihre Klage maßgeblich auf den Umstand stützt, dass der Aktionär L.     sämtliche Aktien aus der Barkapitalerhöhung erlangt hat. Während der Klägerin bereits am 19. Dezember 2011 der Inhalt der Beschlüsse zur Barkapitalerhöhung bekannt war, hat sie von dem Umstand, dass der Aktionär L.      am 22. Dezember 2011 alle Aktien erhalten hatte, erst im weiteren Verlauf Kenntnis erlangt. Zudem erfuhr die Klägerin am 23. Januar 2012, etwa einen Monat nach Eintragung der Barkapitalerhöhung in das Handelsregister, von der am 28. Dezember 2011 beschlossenen Sachkapitalerhöhung, in deren Rahmen der Aktionär L.      weitere Aktien erhielt. Daraus ergaben sich für die Klägerin zusätzliche Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der Beschlüsse zur Barkapitalerhöhung. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat sie die Beschlussfassungen zu beiden Kapitalerhöhungen in einen inneren Zusammenhang gestellt, der aus ihrer Sicht auch die Rechtsmissbräuchlichkeit der Barkapitalerhöhung belegte. Ferner ist im Hinblick auf die Rücksichtnahmepflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 259 - Mangusta/Commerzbank II) in den Blick zu nehmen, dass die Klägerin nach Kenntnis der angegriffenen Beschlüsse zur Barkapitalerhöhung der Beklagten mitgeteilt hat, dass sie die Beschlüsse für rechtswidrig halte. Daher hat die Beklagte angesichts des überschaubaren Zeitraums bis zur Klageerhebung kein auf Zeitablauf gegründetes Vertrauen darauf bilden können, dass die Klägerin die Beschlüsse des Vorstandes und des Aufsichtsrats nicht angreifen werde.

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Unter Berücksichtigung dieser Vorgänge und des Umstands, dass der Klägerin ausreichend Zeit für die eigene Analyse und Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschlussfassungen zugestanden werden muss, war das Berufungsgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung aus Rechtsgründen nicht gehalten, das Zuwarten der Klägerin bis zum 17. Februar 2012 als eine unangemessene Verzögerung der Klageerhebung zu werten.

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b) Die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass die Beschlüsse des Vorstandes und des Aufsichtsrats über die Ausnutzung des genehmigten Kapitals durch Barkapitalerhöhung rechtswidrig und daher nichtig seien, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

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aa) Allerdings halten sich die angegriffenen Beschlüsse nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Rahmen der durch die Hauptversammlung erteilten Ermächtigung. Insbesondere hat danach der Ausgabebetrag der neuen Aktien den am Tag der Festlegung des Ausgabebetrags bestehenden Börsenkurs nicht wesentlich unterschritten. Da die Barkapitalerhöhung 10% des Grundkapitals von vier Mio. € nicht überstieg, waren damit zugleich die in § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG genannten Voraussetzungen für einen vereinfachten Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre erfüllt. Dies schließt aber, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, eine die Rechtswidrigkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses begründende Verletzung des Gebotes, die Aktionäre gleich zu behandeln (§ 53a AktG), nicht aus.

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(1) Für den Fall eines vereinfachten Bezugsrechtsausschluss wird angenommen, dass es einer (weiteren) sachlichen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses, die grundsätzlich erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 1997 - II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 140 - Siemens/Nold), dann nicht mehr bedürfe oder eine sachliche Rechtfertigung - widerleglich oder unwiderleglich - vermutet werde (vgl. nur Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl., § 186 Rn. 39e; MünchKommAktG/Schürnbrand, 4. Aufl., § 186 Rn. 137 mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 11. Juni 2007 - II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122 Rn. 4).

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Es ist allerdings streitig, ob und ggf. in welcher Weise der nach dem reinen Gesetzeswortlaut anzunehmende Anwendungsbereich des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG einzuschränken ist. Anknüpfungspunkt für eine mögliche Beschränkung der Anwendbarkeit ist der Sinn und Zweck der Vorschrift, die eine Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapitalbeschaffung erleichtern soll, ohne andererseits den gebotenen Schutz der Altaktionäre vor einer Verwässerung ihrer Beteiligung und einer Verminderung ihres Einflusses zu beeinträchtigen.

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Der Gesetzgeber hat unterstellt, dass unter den Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG stets ein Nachkauf zur Erhaltung der relativen Beteiligung über die Börse möglich sei, so dass keine schutzwürdigen Interessen der Altaktionäre verletzt würden (Begründung zum Fraktionsentwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 12/6721, S. 10). Hieraus wird teilweise gefolgert, dass die Möglichkeit, Aktien im Wege eines freien Zukaufs an der Börse oder auf sonstige Weise zu erwerben ("faktisches Bezugsrecht"), eine ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung für einen vereinfachten Bezugsrechtsausschluss sei bzw. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG insoweit einer teleologischen Reduktion bedürfe (Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl., § 186 Rn. 39g; MünchKommAktG/Schürnbrand, 4. Aufl., § 186 Rn. 136; MünchKommAktG/Bayer, 4. Aufl., § 203 Rn. 78, § 204 Rn. 18; Wamser in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 203 Rn. 93; KK-AktG/Ekkenga, 3. Aufl., § 186 Rn. 156; Lutter, AG 1994, 429, 441 f.; Klawitter, AG 2005, 792, 799; OLG München, ZIP 2006, 1440, 1443). Andere lehnen eine derartige Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG ab (Veil in K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 186 Rn. 44; Apfelbacher/Niggemann in Hölters, AktG, 3. Aufl., § 186 Rn. 87; Goette, ZGR 2012, 505, 513, 515; Ihrig, Liber amicorum für Wilhelm Happ, 2006, S. 109, 116; Hoffmann-Becking, ZIP 1995, 1, 10) oder ziehen sie nur unter strengeren Voraussetzungen in Erwägung (vgl. Rieder/Holzmann in Grigoleit, AktG, § 186 Rn. 77; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 68; Habersack, AG 2015, 613, 618 Fn. 60).

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(2) Diese Streitfrage muss im vorliegenden Fall indes nicht entschieden werden, da die angegriffenen Beschlüsse jedenfalls gegen § 53a AktG verstoßen.

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Auch wenn eine weitergehende sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses bereits bei Vorliegen der in § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG ausdrücklich genannten Voraussetzungen für entbehrlich gehalten wird, ist das grundlegende Gebot des § 53a AktG zu beachten, Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln (Veil in K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 186 Rn. 44; Servatius in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 186 Rn. 61; MünchKommAktG/Schürnbrand, 4. Aufl., § 186 Rn. 88; Goette, ZGR 2012, 505, 515).

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Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, müssen sich insbesondere Verwaltungsbeschlüsse über eine Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss, die gleichwohl die Zuteilung neu geschaffener Aktien an einen Altaktionär vorgeben oder in die Wege leiten, an der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht und dem Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a AktG) messen lassen (vgl. Veil in K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 186 Rn. 44; Servatius in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 186 Rn. 61; KK-AktG/Ekkenga, 3. Aufl., § 186 Rn. 157; Goette, ZGR 2012, 505, 515 f.; anders für Beschlüsse der Hauptversammlung Apfelbacher/Niggemann in Hölters, AktG, 3. Aufl., § 186 Rn. 86 f.). Derartige Beschlüsse bewirken nicht nur einen Eingriff in das Mitgliedschaftsrecht und eine Verwässerung der vermögensrechtlichen Position der Altaktionäre, die keine neuen Aktien erhalten. Vielmehr hat der Erwerb der neuen Aktien durch einen anderen Altaktionär eine Verschiebung der Beteiligungsquoten zur Folge. Dieser zusätzliche, die inneren Machtverhältnisse in der Gesellschaft möglicherweise berührende und ggf. verändernde Eingriff kann nicht schon deshalb als rechtmäßig gewertet werden, weil der Bezugsrechtsausschluss den formalen Anforderungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG genügt.

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bb) Nach § 53a AktG sind Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln; eine Ungleichbehandlung ist nur dann zulässig, wenn sie sachlich berechtigt bzw. nicht sachwidrig ist und damit nicht den Charakter der Willkür trägt (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1960 - II ZR 150/58, BGHZ 33, 175, 186; Urteil vom 9. November 1992 - II ZR 230/91, BGHZ 120, 141, 150 mwN; Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 29/03, ZIP 2005, 1318, 1320). Das Gleichbehandlungsgebot erfasst insbesondere das Handeln der Gesellschaftsorgane (Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl., § 53a Rn. 4). Ohne sachliche Berechtigung darf der Vorstand daher weder bei der Zuteilung einzelne Aktionäre vor anderen bevorzugen, noch, wenn er von vornherein einzelne Aktionäre berücksichtigen will, das Bezugsrecht ausschließen, noch den ohne solche Absicht vorgenommenen Bezugsrechtsausschluss dazu benutzen, um die neuen Aktien einzelnen Aktionären zuzuteilen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1960 - II ZR 150/58, BGHZ 33, 175, 186). Dies gilt namentlich dann, wenn ein solches Verhalten geeignet erscheint, die Machtverhältnisse in der Gesellschaft oder den Bestand von Minderheitsrechten zu beeinflussen.

45

Nach wohl allgemeiner Meinung hat der betroffene Aktionär das Vorliegen einer ungleichen Behandlung, die Gesellschaft hingegen deren sachliche Rechtfertigung darzulegen und zu beweisen (Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl., § 53a Rn. 8; Fleischer in K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 53a Rn. 34; Henze/Notz in Großkomm. AktG, 4. Aufl., § 53a Rn. 155; KK-AktG/Drygala, 3. Aufl., § 53a Rn. 47; Lange in Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl., § 53a AktG Rn. 6; Heidel/Janssen, AktG, 4. Aufl., § 53a Rn. 25; Hölters/Laubert, AktG, 3. Aufl., § 53a Rn. 13; Hüffer, Festschrift für Hans-Joachim Fleck, 1988, 151, 164). Auch die Beweislast für die sachliche Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses, die Fragen der Gleichbehandlung mitbetreffen kann, wird in der Literatur weit überwiegend bei der Gesellschaft gesehen (Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl., § 186 Rn. 38; Wiedemann in Großkomm. AktG, 4. Aufl., § 186 Rn. 188; MünchKommAktG/Schürnbrand, 4. Aufl., § 186 Rn. 111; MünchKommAktG/Hüffer/C. Schäfer, 4. Aufl., § 243 Rn. 150; Servatius in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 186 Rn. 51; Apfelbacher/Niggemann in Hölters, AktG, 3. Aufl., § 186 Rn. 65; Rieder/Holzmann in Grigoleit, AktG, § 186 Rn. 57; a.A. T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1927).

46

Der Grundsatz, dass der betroffene Aktionär das Vorliegen einer ungleichen Behandlung, die Gesellschaft hingegen deren sachliche Rechtfertigung darzulegen und zu beweisen hat, gilt auch dann, wenn ein Aktionär mit der Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO geltend macht, dass ein von Vorstand und Aufsichtsrat beschlossener Bezugsrechtsausschluss das Gleichbehandlungsgebot (§ 53a AktG) verletze.

47

Der Senat hat allerdings in seiner Entscheidung „Kali und Salz“ (BGH, Urteil vom 13. März 1978 - II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 48 f.), die die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen betraf, ausgeführt, dass die Gesellschaft die einen Bezugsrechtsausschluss rechtfertigenden Gründe zwar darzulegen, der Anfechtungskläger sie aber ggf. zu widerlegen habe. Ob an dieser Einschätzung, die im Schrifttum nachhaltige Kritik erfahren hat, festzuhalten ist, muss hier nicht entschieden werden; sie kann jedenfalls nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden. Der Senat hat die damals für zutreffend gehaltene Beweislastverteilung auch mit dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und dem schutzwürdigen Vertrauen der Aktionärsmehrheit, des Rechtsverkehrs und der Öffentlichkeit in den Bestand derartiger Beschlüsse der Hauptversammlung begründet (BGH, Urteil vom 13. März 1978 - II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 48 f.). Diese Erwägungen gelten nicht in gleicher Weise für eine gegen Verwaltungsbeschlüsse gerichtete Feststellungsklage. Nichtige Entscheidungen des Vorstands und des Aufsichtsrats einschließlich einer Verletzung des Bezugsrechts der Aktionäre berühren die Wirksamkeit der durchgeführten und eingetragenen Kapitalerhöhung und der damit entstandenen neuen Mitgliedschaftsrechte nicht (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 257 - Mangusta/Commerzbank II; KK-AktG/Lutter, 2. Aufl., § 204 Rn. 25, 27).

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cc) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die angegriffenen Beschlüsse eine objektive Ungleichbehandlung im Sinne von § 53a AktG begründen. Hierbei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass ein auf einen Teil der Aktionäre begrenzter Ausschluss des Bezugsrechts eine formale Ungleichbehandlung darstellt, und dem der Fall gleichzustellen ist, dass durch ein Handeln der Verwaltung ungeachtet eines umfassenden Bezugsrechtsausschlusses die neuen Aktien an einen der Hauptaktionäre ausgegeben werden. Hiergegen erinnert die Revision auch nichts.

49

(1) Allerdings ergibt sich im Streitfall eine Ungleichbehandlung, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, nicht schon unmittelbar aus dem Wortlaut der Beschlüsse von Vorstand und Aufsichtsrat. Denn nach dem Vorstandsbeschluss vom 8. Dezember 2011 ist das Bezugsrecht aller Aktionäre ausgeschlossen. Die Ungleichbehandlung wird erst dadurch manifest, dass der Aktionär L.      sämtliche neuen Aktien am 22. Dezember 2011, nach deren Zeichnung durch die B.    Bank AG und der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung im Handelsregister erhalten hat.

50

Das Berufungsgericht hat es aber rechtsfehlerfrei genügen lassen, dass der Vorstandsbeschluss mit dem ihn bestätigenden Beschluss des Aufsichtsrats nach den Umständen des Falles ein wesentliches Element des die Ungleichbehandlung begründenden Verwaltungshandelns darstellt. Der Vorstandsbeschluss vom 8. Dezember 2011 erfasste auch das weitere Verfahren nach Ausgabe der Aktien. In dem Beschluss wird zwar nicht ausdrücklich festgelegt, wer die neuen Aktien letztlich erhalten soll. In Nr. 4 des Beschlusses war aber vorgesehen, dass die Aktien von der B.    Bank AG "in Abstimmung mit der Gesellschaft" platziert werden. Die Aktien sollten weder bei der B.    Bank AG verbleiben, noch von ihr in einem geregelten Verfahren auf einen Markt gebracht werden. Sie sollten vielmehr, hierin stimmen der tatsächliche Ablauf und die Darstellung der Beklagten zum beabsichtigen Ablauf überein, en bloc abgegeben werden.

51

Grundsätzlich sind zwar der Beschluss, der den Bezugsrechtsausschluss beinhaltet, und die eigentliche Zuteilungsentscheidung zu unterscheiden, und können beide Vorgänge jeweils für sich eine Ungleichbehandlung begründen. Eine gesondert zu betrachtende Zuteilungsentscheidung ist hier aber nicht ersichtlich. Nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts wurden nach Zeichnung der neuen Aktien durch die B.    Bank AG weder der Vorstand noch der Aufsichtsrat nochmals mit einer Entscheidung über die Platzierung der Aktien befasst. Mithin wurde nach den Beschlüssen zur Barkapitalerhöhung keine den weiteren Ablauf steuernde Verwaltungsentscheidung mehr getroffen. Vielmehr hat der Aktionär L.      die Aktien erworben, indem er eine ihm durch die Beschlüsse zur Kapitalerhöhung eröffnete Zugriffsmöglichkeit nutzte, die anderen, am Erwerb weiterer Aktien gleichfalls interessierten Aktionären, die dem Vorstand oder Aufsichtsrat der Beklagten nicht angehören, versagt blieb.

52

(2) Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg darauf, dass der Zeuge B.   als außenstehender Investor die neuen Aktien habe übernehmen sollen. Das Berufungsgericht hat sich von der Richtigkeit dieser Behauptung nicht überzeugen können, andererseits aber auch nicht ihre Unrichtigkeit festgestellt.

53

(a) Die Beweislast liegt insoweit, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, bei der Beklagten. Denn mit dem Einwand, der Zeuge habe die Aktien erwerben sollen, trägt die Beklagte einen aus der Dokumentation der Verwaltungsentscheidungen nicht ersichtlichen Umstand vor, der den angegriffenen Beschlüssen eine Zielsetzung zuschreibt, die sie nach dem durch den weiteren tatsächlichen Ablauf geprägten äußeren Bild nicht hatten. Das Berufungsgericht hat hierzu festgestellt, dass die Barkapitalerhöhung den äußeren Umständen nach in rechtsmissbräuchlicher Weise eingesetzt wurde, um dem Aktionär L.       über die Erhöhung seiner Beteiligung an der Beklagten einen Vorteil zu verschaffen. Einem an den Verwaltungsentscheidungen unbeteiligten Aktionär kann es nicht zum Nachteil gereichen, dass er von der Gesellschaft behauptete Begleitumstände der Beschlussfassungen, die den Beschlüssen eine andere Intention geben würden, nicht beweiskräftig widerlegen kann.

54

(b) Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, das angenommen hat, es verblieben Zweifel daran, dass der Einstieg des Zeugen B.     ein Grund für den Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre gewesen sei, lässt keine Rechtsfehler erkennen. Der Senat hat die von der Revision insoweit erhobenen Verfahrensrügen geprüft und sie für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

55

dd) Das Berufungsgericht hat eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung, deren Nachweis der Beklagten obliegt, rechtsfehlerfrei verneint.

56

Nach den getroffenen Feststellungen kann nicht zugrunde gelegt werden, dass die Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss dem Zweck gedient habe, einen außenstehenden Investor als Großaktionär zu gewinnen. Es bestand auch kein dringender Liquiditätsbedarf, zumal die Beklagte ohnehin über erhebliche Liquiditätsreserven verfügte. Auch wenn gleichwohl ein legitimes Interesse der Gesellschaft an einer kurzfristig durchführbaren Kapitalerhöhung unter Ausnutzung aktuell günstiger Marktverhältnisse bestanden haben mag, steht dem das Gleichbehandlungsinteresse der anderen Aktionäre gegenüber, dem hier besonderes Gewicht zukommt, weil schon die Größenordnung der Beteiligungsquoten der Klägerin einerseits und des Aktionärs L.      andererseits, unabhängig von einer im Einzelnen streitigen Bezifferung der Anteile, sowie die zeitnahen Zukäufe der Klägerin eine Konkurrenz um den maßgebenden Einflusses auf die Gesellschaft nahelegen. Auf dieser Grundlage ist die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden.

57

Der mit der Entscheidung für einen Bezugsrechtsausschluss verbundene Zeitgewinn genügt zur Rechtfertigung der hier in Rede stehenden Ungleichbehandlung nicht, zumal die Klägerin insoweit im Wesentlichen nur auf ein allgemein bestehendes Kursrisiko verweist. Das Interesse der Gesellschaft an der Erzielung eines möglichst hohen Ausgabepreises rechtfertigt die Bevorzugung eines Aktionärs jedenfalls dann nicht, wenn bei Beschlussfassung keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, dass nur dieser, nicht aber die anderen Aktionäre bereit sein würden, den angestrebten Ausgabepreis zu bezahlen (Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl., § 186 Rn. 33; MünchKommAktG/Schürnbrand, 4. Aufl., § 186 Rn. 113; Rieder/Holzmann in Grigoleit, AktG, § 186 Rn. 63; Apfelbacher/Niggemann in Hölters, AktG, 3. Aufl., § 186 Rn. 67). Solche Anhaltspunkte lagen nach den rechts- und verfahrensfehlerfreien Ausführungen des Berufungsgerichts nicht vor. Soweit die Revision geltend macht, entgegen der Annahme des Berufungsgerichts hätte ohne den Ausschluss des Bezugsrechts eine Prospektpflicht der Beklagten bestanden, kommt es hierauf nicht an. Das Berufungsgericht hat sich auch darauf gestützt, dass eine möglicherweise bestehende Prospektpflicht die Bevorzugung eines der Aktionäre nicht rechtfertigen könne. Diese Wertung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

Drescher     

      

Wöstmann     

      

Sunder

      

Bernau     

      

B. Grüneberg     

      

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