Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (8. Senat) - 8 B 29/13

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 161 874,36 € festgesetzt.

Gründe

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Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Zuwendung für den Rückbau ehemals militärisch genutzter Flächen. Am 26. Juli 2004 wurde die Ankündigung der öffentlichen Ausschreibung und Vergabe-ABM bekannt gemacht und darauf hingewiesen, dass 96 durch das Arbeitsamt zugewiesene Arbeitnehmer aufgeteilt auf sechs Lose für den Zeitraum vom 16. August bis zum 15. November 2004 zusätzlich einzustellen seien. Am 30. Juli 2004 versandte die Klägerin die Ausschreibungsunterlagen. Am 4. August 2004 führte sie einen gemeinsamen Ortstermin mit allen Bietern durch und übersandte diesen Lage- und Übersichtspläne. Am folgenden Tag versandte sie weitere Unterlagen. Unter dem 6. August 2004 stellte sie bei der Beklagten den verfahrensgegenständlichen Zuwendungsantrag betreffend Los 3, zu dem unter dem 19. Oktober 2004 ein Antrag auf Erhöhung der Zuwendungssumme nachgereicht wurde, sowie drei weitere Anträge zu den Losen 1, 4 und 6. Am Tag der Submission, dem 10. August 2004, bewilligte die Bundesanstalt für Arbeit die dort beantragte Förderung. Die Beklagte genehmigte mit Bescheid vom selben Datum den vorzeitigen Maßnahmebeginn. Dabei wies sie auf mögliche Auflagen eines etwaigen Zuwendungsbescheides - insbesondere auf die bereits Ende Juni vorab übermittelten Allgemeinen Nebenbestimmungen zur Einbeziehung der VOB/A -sowie auf das Fehlen eines Rechtsanspruchs auf Zuwendungen hin. Am 12. August 2004 traf die Klägerin ihre Vergabeentscheidung. Nach Prüfung der Vergabe lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9. März 2005 den Zuwendungsantrag ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat der daraufhin erhobenen Bescheidungsklage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen, da die Ablehnung des Antrags wegen schwerer, die Wirtschaftlichkeit gefährdender Vergaberechtsverstöße rechtmäßig gewesen sei. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen.

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Die dagegen eingelegte Beschwerde, die sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beruft und den Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO geltend macht, hat keinen Erfolg.

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1. Die Grundsatzrüge setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Daran fehlt es hier.

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a) Die von der Beschwerdeführerin gestellte Frage,

unter welchen Voraussetzungen ein erhebliches Interesse eines Landes im Sinne des § 14 HGrG an der Erfüllung des Zwecks der Konversion ehemals militärisch genutzter Flächen besteht,

wäre im angestrebten Revisionsverfahren nicht zu klären, weil es dafür nicht auf die Voraussetzungen der Zuwendungsfähigkeit gemäß § 14 HGrG ankommt. Fehlen diese Voraussetzungen, kann der Klägerin die begehrte Zuwendung schon deshalb nicht gewährt werden. Liegen sie dagegen vor, müssen zusätzlich die landeshaushaltsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein, die das Berufungsgericht verneint hat. Die insoweit einschlägigen Vorschriften zählen, wie die Klägerin selbst einräumt, zum irrevisiblen Landesrecht. Zu den revisiblen Rechtsgrenzen ihrer Auslegung und Anwendung wirft die Beschwerde keine rechtsgrundsätzlichen Fragen auf. Den beiden weiteren von ihr formulierten Fragen zu Art. 3 Abs. 1 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgebot kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

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b) Die Frage,

ob eine Behörde im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG „verpflichtet" ist, bei Vergabeverstößen Anträge einer Gemeinde auf Gewährung einer Zuwendung mit Blick auf eine ständige Verwaltungspraxis abzulehnen, der zufolge Zuwendungsanträge abgelehnt werden, wenn Vergabeverstöße festgestellt werden,

erfordert keine Klärung in einem Revisionsverfahren. Dazu genügt nicht, dass die Frage noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung war. Nur wenn ihre Klärung gerade eine solche Entscheidung verlangt, muss zur Wahrung der Rechtseinheit einschließlich der gebotenen Rechtsfortentwicklung ein Revisionsverfahren durchgeführt werden. Das ist nicht der Fall, wenn die Frage sich anhand der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt (vgl. Beschluss vom 24. August 1999 - BVerwG 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> = Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 228 S. 13). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Hoheitsträger sich grundsätzlich nicht auf das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG berufen können. Dies muss konsequenterweise auch für die objektiv-rechtliche Grundrechtsfunktion gelten, die ihre Grundlage in der individualrechtlichen Gewährleistung hat. Im Verhältnis zwischen Hoheitsträgern gilt das rechtsstaatliche Willkürverbot, das aus dem Rechtsstaatsgebot gemäß Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG abzuleiten ist und sachlich nicht begründbare Differenzierungen verbietet (vgl. Urteil vom 23. April 2003 - BVerwG 3 C 25.02 - Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 104 = juris Rn. 17; Osterloh, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 65, 73 f.). Auch bei dessen Anwendung war die Beklagte im Übrigen gehindert, die beantragte Zuwendung zu bewilligen. Ein sachlicher Grund, von der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten abzuweichen, ist weder dem angegriffenen Urteil zu entnehmen noch wird er mit den dagegen erhobenen Rügen substantiiert geltend gemacht. An die Feststellungen der Vorinstanz zu dieser Praxis wäre der Senat im Revisionsverfahren mangels einschlägiger wirksamer Verfahrensrügen gebunden. Unabhängig davon wäre die aufgeworfene Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, weil das angegriffene Urteil sich selbst bei einer Beantwortung der Frage im Sinne der Klägerin jedenfalls gemäß § 144 Abs. 4 VwGO als im Ergebnis richtig erweisen würde. Diese Vorschrift dient der Prozessökonomie und ist auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zu berücksichtigen. Danach ist die Revision grundsätzlich nicht zuzulassen, wenn das angegriffene Urteil sich im Ergebnis als richtig erweist (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 13. Juni 1977 - BVerwG 4 B 13.77 - BVerwGE 54, 99 = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 153, vom 2. November 1990 - BVerwG 5 B 100.90 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 112 S. 27 und vom 22. August 1996 - BVerwG 8 B 100.96 - Buchholz 310 § 144 Nr. 62). Die Kritik an dieser Rechtsprechung (Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 133 Rn. 79) ist unberechtigt jedenfalls in Bezug auf Fälle, in denen die Prüfung der Ergebnisrichtigkeit keine ihrerseits klärungsbedürftigen Grundsatzfragen aufwirft und nicht auf Gesichtspunkte führt, mit deren Erheblichkeit die Beteiligten nach dem bisherigen Verfahrensstand nicht rechnen mussten (Neumann, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 144 Rn. 34 f.; Eichberger, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2013, § 144 Rn. 61 f.).

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Das hier angegriffene Urteil hätte selbst dann Bestand, wenn die Ablehnung des Zuwendungsantrags der Klägerin wegen der vom Berufungsgericht in Anwendung irrevisiblen Landesrechts angenommenen Vergabeverstöße zwar nicht zwingend, aber ermessensfehlerfrei war. Das ist auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz zu bejahen, die nicht wirksam mit Verfahrensrügen angegriffen wurden (dazu unten 2.). Diese Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO führt weder auf weitere grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen des revisiblen Rechts noch wirft sie rechtliche Gesichtspunkte auf, mit deren Erheblichkeit die Beteiligten nach dem bisherigen Verfahrensstand nicht rechnen mussten. Vielmehr liegt auf der Hand, dass bei ermessensfehlerfreier Ablehnung eines Antrags kein Anspruch auf Neubescheidung bestehen kann und dass eine ermessensfehlerfreie Ablehnung nur die pflichtgemäße Ausübung der entsprechenden Befugnis und nicht etwa eine Verpflichtung zur Antragsablehnung voraussetzt.

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c) Auch die Frage,

ob und ggf. welche Anforderungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an die Schwere eines Vergabeverstoßes stellt, damit er zur Ablehnung einer Zuwendung führen kann,

führt nicht auf eine grundsätzlich bedeutsame Frage des revisiblen Rechts. Sie zielt auf eine verhältnismäßige Konkretisierung der Voraussetzungen eines schweren Vergaberechtsverstoßes. Damit hat sie die Auslegung und Anwendung irrevisibler landesrechtlicher Vergabevorschriften zum Gegenstand. Soweit sie das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsgebot als verfassungsrechtliche Grenze ihrer Anwendung betrifft, wirft sie keine bestimmte revisible, verfassungsrechtliche Rechtsfrage auf. Sie bezeichnet nur das Problem, die hergebrachten Elemente des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, nämlich die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme zum legitimen Zweck sowie die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, in Bezug auf die Versagung landesrechtlicher Zuwendungen wegen Vergabemängeln verallgemeinerungsfähig zu konkretisieren. Dass die Elemente des Verhältnismäßigkeitsgebots selbst der verfassungsrechtlichen Präzisierung bedürften, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.

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2. Das angegriffene Urteil leidet schließlich nicht am geltend gemachten Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 86 Abs. 1 VwGO).

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Entgegen der Annahme der Klägerin musste es sich dem Berufungsgericht nicht ohne einen entsprechenden förmlichen Beweisantrag aufdrängen, die Bieter zu etwa getroffenen Absprachen zu vernehmen oder sonstige weitere Aufklärungsmaßnahmen zu treffen. Nach der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung der Vorinstanz, auf die bei der Prüfung von Verfahrensmängeln abzustellen ist, begründete eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht einen schweren, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beeinträchtigenden Vergabemangel wegen der Gefahr unzulässiger wettbewerbsverzerrender Preisabsprachen zwischen einzelnen Bietern anlässlich des von der Klägerin mit allen Bietern gemeinsam durchgeführten Ortstermins. Die Konkretisierung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts durch die Vorinstanz, nach deren Auffassung die Möglichkeit solcher unzulässigen Absprachen genügte, ist dem materiellen Recht zuzurechnen und kann nicht mit der Verfahrensrüge angegriffen werden. Auf die Frage, ob tatsächlich solche Absprachen getroffen wurden, kam es nach dieser Rechtsauffassung nicht an.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

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Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 3 GKG. Da die Klägerin lediglich einen Anspruch auf Neubescheidung geltend macht, wird der Streitwertbemessung in Übereinstimmung mit der vorinstanzlichen, von den Beteiligten nicht angegriffenen Festsetzung nur ein Teilbetrag der begehrten Zuwendung zu Grunde gelegt.

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