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| I. Die Klage ist begründet. Der Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 12. August 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. November 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Unrecht die Teilwertzuschreibung für das streitige Fremdwährungsdarlehen nicht anerkannt und deshalb den Gewinn höher als beantragt festgestellt. Die in § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG normierten Voraussetzungen für eine Teilwertzuschreibung sind erfüllt. |
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| 1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften der Nr. 2 (des § 6 Abs. 1 EStG) anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen. |
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| Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Grundsatz mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann für solche Wirtschaftsgüter gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der Teilwert angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist. Gleiches gilt für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). |
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| Fremdwährungsverbindlichkeiten sind daher grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag zu bewerten, der sich aus dem Kurs im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme ergibt (BFH-Urteil vom 15. November 1990 IV R 103/89, BStBl II 1991, 228, unter 2. der Gründe). |
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| Der Teilwert der Verbindlichkeit kann jedoch - in sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG - angesetzt werden, wenn er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertveränderung höher ist als der ursprüngliche Rückzahlungsbetrag (vgl. BFH-Urteil vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BStBl II 1989, 359, unter II.2.a der Gründe zum § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG i. d. F. vor dem StEntlG 1999/2000/2002), wobei zu nachfolgenden Bilanzstichtagen ein Wertaufholungsgebot gilt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i. V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG). |
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| a) Kurserhöhungen der Währung, welche einer Fremdwährungsverbindlichkeit zu Grunde liegt, verändern den Rückzahlungsbetrag und damit den Teilwert. Dementsprechend führte vorliegend die Erhöhung des Kurses des Schweizer Frankens zu einer Teilwerterhöhung des Fremdwährungsdarlehens. |
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| b) Eine voraussichtlich dauernde Erhöhung des Kurswertes einer Verbindlichkeit liegt nur bei einer nachhaltigen Erhöhung des Wechselkurses gegenüber dem Kurs bei Entstehung der Verbindlichkeit vor. Die Änderung ist voraussichtlich nachhaltig, wenn der Steuerpflichtige hiermit aus der Sicht des Bilanzstichtags aufgrund objektiver Anzeichen ernsthaft rechnen muss. Aus Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns müssen mehr Gründe für als gegen eine Nachhaltigkeit sprechen. |
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| aa) Bei börsennotierten Aktien des Anlagevermögens ist nach der Rechtsprechung des BFH von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter denjenigen im Zeitpunkt des Aktienerwerbs gesunken ist und der Kursverlust die Bagatellgrenze von 5 % der Notierung bei Erwerb überschreitet (BFH-Urteil vom 21. September 2011 I R 89/10, BStBl II 2014, 612). |
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| bb) Die Grundsätze für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens lassen sich jedoch nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BFH auf Verbindlichkeiten nicht übertragen (Urteile vom 23. April 2009 IV R 62/06, BStBl II 2009, 778; vom 8. Juni 2011 I R 98/10, BStBl II 2012, 716; vom 4. Februar 2014 I R 53/12, BFH/NV 2014, 1016 m. w. N., ebenso BMF-Schreiben vom 2. September 2016 IV C 6-S 2171-b/09/10002:002, BStBl I 2016, 995, Tz. 30 ff.). Danach hängt die Frage, ob bei Fremdwährungsverbindlichkeiten eine Veränderung des Währungskurses zum Bilanzstichtag eine voraussichtlich dauerhafte Teilwerterhöhung ist, maßgeblich von der Laufzeit der Verbindlichkeit ab. Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten, die eine Restlaufzeit von ca. zehn Jahren haben, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich Währungsschwankungen ausgleichen. Demnach ist bei diesen Verbindlichkeiten nicht jede Kursveränderung als dauerhafte Wertänderung anzusehen. Diese Beurteilung beruht darauf, dass im Zusammenhang mit Verbindlichkeiten deren gesamte Laufzeit zu betrachten ist und eine zwischenzeitlich eingetretene Wertänderung nicht „voraussichtlich dauernd“ ist, wenn sie sich bis zum Ende der Laufzeit ausgleichen wird (BFH-Urteil vom 8. Juni 2011 I R 98/10, BStBl II 2012, 716). Allerdings hat der BFH in seinem Urteil vom 23. April 2009 IV R 62/06, BStBl II 2009, 778, erkennen lassen, dass selbst bei einer langen Restlaufzeit eine Teilwertzuschreibung in Betracht kommt, wenn der Kursänderung eine fundamentale Veränderung der wirtschaftlichen Daten zugrunde liegt. |
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| 2. Auf der Basis dieser Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat grundsätzlich anschließt, ist die begehrte Teilwertzuschreibung nicht ausgeschlossen. Sie ist nach Auffassung des Senats vielmehr geboten. Zum einen liegt im vorliegenden Fall ein Fremdwährungsdarlehen mit unbestimmter, aber zumindest zu erwartender Restlaufzeit von ca. 3 Jahren und 9 Monaten vor, das nicht als Darlehen mit langer Laufzeit zu bewerten ist, bei dem nach der Rechtsprechung des BFH eine Teilwertzuschreibung grundsätzlich nicht in Betracht kommt (dazu a). Für diese in der Rechtsprechung des BFH bislang nicht erfasste Fallgruppe hält es der Senat aus Gründen der Rechtssicherheit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung für angezeigt, die Möglichkeit einer Teilwertzuschreibung an bestimmten Grenzwerten festzumachen. Er hält eine Teilwertzuschreibung für zulässig, wenn die Kursschwankung eine Grenze von 20 % für den einzelnen Bilanz-stichtag bzw. von 10 % für zwei aufeinanderfolgende Stichtage überschreitet (dazu b). Dieser Grenzwert war am 31. Dezember 2010 überschritten (dazu c). Selbst wenn man von einem Darlehen mit langer Laufzeit im Sinne der BFH-Rechtsprechung ausginge, so wäre eine Teilwertzuschreibung nicht ausgeschlossen, weil bereits zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2010 eine fundamentale Veränderung der Wirtschaftsdaten zwischen dem Euro-Raum und der Schweiz festzustellen war, die ungeachtet etwaiger Laufzeiten von Darlehensverträgen eine Teilwertzuschreibung rechtfertigte (dazu d). |
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| a) Der BFH hat in seinem Urteil vom 23. April 2009 IV R 62/06, BStBl II 2009, 778, judiziert, dass bei Fremdwährungsverbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von ca. zehn Jahren davon auszugehen sei, dass sich Währungsschwankungen in der Regel ausgleichen und dass deshalb keine Teilwerterhöhung möglich sei. Das Darlehen in dem vom BFH entschiedenen Fall war im Jahr 1996 aufgenommen worden und hatte eine Laufzeit bis zum 29. Juli 2010. Die Klägerin machte eine Teilwertzuschreibung im Jahr 1999 geltend. Dieser Sachverhalt weicht so weit von dem im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Sachverhalt ab, dass keine unmittelbaren Schlüsse aus dem Urteil des BFH gezogen werden können. Die Auffassung des Beklagten, dass bereits Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von über einem Jahr langfristige Verbindlichkeiten seien, findet in der Entscheidung jedenfalls keine Stütze. Der BFH hat keinen konkreten Wert genannt, ab dem von einer langen Laufzeit im Sinne seiner Rechtsprechung auszugehen sei. Er hat auch keine Grundsätze zur Beantwortung der Frage aufgestellt, von welcher Laufzeit bei unbefristeten Darlehensverträgen auszugehen ist. Wenn der Beklagte die Restlaufzeit bei unbefristeten Darlehensverträgen in analoger Anwendung von § 13 Abs. 2 BewG bestimmen will und sich hierbei auf das BFH-Urteil vom 5. Januar 2011 I B 118/10 (BFH/NV 2011, 986) beruft, verkennt er, dass auch diesbezüglich ein nicht vergleichbarer Sachverhalt vorliegt. In diesem vom BFH entschiedenen Fall ging es um ein auf unbestimmte Zeit gewährtes Gesellschafterdarlehen, das erst wenige Monate vor dem Bilanzstichtag gegeben wurde und mit einer Frist von drei Monaten kündbar war. Es stellte sich die Frage, ob dieses Darlehen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen ist. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG bestimmt, dass unverzinsliche Verbindlichkeiten mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen sind, ausgenommen solche, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt. In dem Fall gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass das Darlehen vor Jahresfrist gekündigt werden würde. Da keine feste Laufzeit bestimmt war, musste für die Abzinsung eine Restlaufzeit geschätzt werden. Denn die Berechnung hängt von der Restlaufzeit ab. Da keine Anhaltspunkte für eine Schätzung vorlagen, hielt der BFH eine analoge Anwendung von § 13 Abs. 2 BewG für geboten, wonach Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts zu bewerten sind. |
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| Die Sachverhalte sind schon deshalb nicht vergleichbar, weil im vorliegenden Verfahren kein zinsloses Darlehen gewährt wurde. Außerdem hat die Klägerin des vorliegenden Verfahrens den Vertrag mit einem fremden Dritten abgeschlossen, dessen weitere Verhaltensweise sie wesentlich schlechter voraussehen konnte als die Klägerin in dem vom BFH entschiedenen Fall, die das Darlehen von ihrem eigenen Gesellschafter bzw. dessen Familienmitgliedern erhalten hatte. Der Entscheidung des BFH sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass sie verallgemeinernd als Grundsatzentscheidung für die Bestimmung von Laufzeiten bei verzinslichen Darlehen mit unbestimmter Laufzeit Geltung beanspruchen wollte. |
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| Im vorliegenden Verfahren ist für die Frage, von welcher Restlaufzeit des Darlehens ausgegangen werden kann, die Zinsänderungsvereinbarung vom 29. August 2008 von maßgeblicher Bedeutung, in dem der Zinssatz bis zum 30. August 2013 festgeschrieben worden war. Da die Bank I nach dem Darlehensvertrag vom 29. August 2006 erst zum Ende der Zinsbindungsfrist ordentlich kündigen konnte, konnte ein vorsichtiger Kaufmann darauf vertrauen, dass er das Darlehen vor dem 30. August 2013 nicht zurückzahlen muss. Die daraus resultierende Zeitspanne von drei Jahren und fast neun Monaten hält der Senat jedoch nicht für so lange, dass von einer langen Restlaufzeit auszugehen wäre, die nach dem Urteil des BFH vom 23. April 2009 IV R 62/06, BStBl II 2009, 778, die Erwartung implizieren würde, dass sich Wechselkursschwankungen bis zu ihrem Ende ausgleichen würden. |
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| Die Klägerin konnte nicht davon ausgehen, dass das Darlehen in Schweizer Franken ihr langfristig, über den 30. August 2013 hinaus, in dieser Form zur Verfügung stehen würde. Die Tatsache, dass schon seit 1999 ein Darlehen in der genannten Höhe von der Klägerin in Anspruch genommen wurde, ließ nicht den Schluss zu, dass die Bank I der Klägerin ein Anschlussdarlehen in Schweizer Franken gewähren würde. Auf den Umstand, dass am 25. Februar 2016 ein neuer Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und der Bank I geschlossen wurde, der eine Laufzeit bis zum 20. Februar 2026 hat und zuvor von der Bank I nicht ordentlich gekündigt werden kann, lässt sich die Annahme einer langfristigen Fremdwährungsverbindlichkeit im Sinne des Urteils des BFH vom 23. April 2009 IV R 62/06, BStBl II 2009, 778, ebenfalls nicht stützen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass ein vorsichtiger Kaufmann schon am 31. Dezember 2010 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf vertrauen konnte, dass ihm ein entsprechendes Anschlussdarlehen von der Bank I bewilligt würde. Umgekehrt gab es allerdings am 31. Dezember 2010 auch keine hinreichenden Gründe für eine Annahme, dass das Darlehen definitiv nach Ablauf der Zinsbindungsfrist zum 28. August 2013 gekündigt werden würde. |
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| Damit kann das streitgegenständliche Darlehen als ein Darlehen für unbestimmte Dauer mit einer noch zu erwartenden Mindestlaufzeit von drei Jahren und fast neun Monaten zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung am 31. Dezember 2010 beschrieben werden. Zur steuerbilanziellen Behandlung eines solchen Darlehens, liegt, soweit ersichtlich, noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Der Senat hält an seiner bereits im Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung vertretenen Auffassung fest, dass bei einem unbefristeten Darlehen nicht in gleicher Weise wie bei einem befristeten Darlehen mit hoher Restlaufzeit davon ausgegangen werden kann, dass sich Währungsschwankungen bis zum Ende der - unbestimmten - Laufzeit ausgleichen werden (vgl. auch Hölscher, DStR 2015, 1401, 1402 zu kurzfristigen Verbindlichkeiten; a. A. möglicherweise Hessisches FG, Urteil vom 6. Juli 2011 4 K 287/10, EFG 2012, 706, rechtskräftig). Zu eng erscheint die vom Beklagten wiedergegebene Auffassung der baden-württembergischen Finanzverwaltung, bei einer Laufzeit von Darlehen über einem Jahr sei stets von einem Ausgleich der Wertschwankungen auszugehen. Diese Auffassung steht nach Auffassung des Senats nicht im Einklang mit der genannten Rechtsprechung des BFH, wonach sich Währungsschwankungen bei Restlaufzeiten von ca. 10 Jahren grundsätzlich ausgleichen. |
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| b) Für die Frage, ob bei Fremdwährungsdarlehen eine voraussichtlich dauernde Erhöhung des Kurswertes gegeben ist, schließt sich der Senat für Sachverhaltsgestaltungen wie der hier vorliegenden der von Kulosa in Schmidt, EStG, 34. Auflage 2015, § 6 Rz. 369, m. w. N. unter Verweis auf die 30. Auflage (Rz. 367) vertretenen Auffassung an. Der Senat verkennt dabei nicht, dass eine entsprechende Festlegung von Werten ein Akt der richterlichen Rechtsfortbildung ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist ein solcher Akt jedoch geboten. Für die Wahl der 10 %-Grenze spricht, dass dieser Wert auch in anderem Zusammenhang im Steuerrecht bereits richterrechtliche Bedeutung erlangt hat (vgl. BFH-Urteil vom 21. September 2011 I R 89/10, BStBl II 2014, 612, unter II.3.b bb aaa). So kann insbesondere erst bei einer betrieblichen Nutzung von mindestens 10 % ein Wirtschaftsgut als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden. Geringere Prozentsätze zieht der Senat auch deshalb nicht in Erwägung, weil der BFH die für börsennotierte Aktien gefundene 5 %-Grenze bei Fremdwährungsverbindlichkeiten nicht für anwendbar hält (vgl. BFH-Urteil vom 21. September 2011 I R 89/10, BStBl II 2014, 612). Dass die 10 %-Schwelle an zwei aufeinanderfolgenden Stichtagen überschritten werden muss, soll verhindern, dass nur kurzfristige Währungsschwankungen bereits eine Teilwertzuschreibung ermöglichen. Bei einem Wert von 20 % allerdings geht der Senat davon aus, dass die Wechselkursschwankung tiefergehende Gründe hat, die nicht kurzfristig wegfallen werden, so dass längerfristig mit einem höheren Teilwert des Darlehens zu rechnen ist. |
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| c) Das Darlehen ist mit dem Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank vom 31. Dezember 2010 zu bewerten, der dem in § 256a Satz 1 HGB zum Maßstab erhobenen Devisenkassamittelkurs entspricht (vgl. BFH, Urteil vom 3. Dezember 2009 VI R 4/08, BStBl II 2010, 698). Der Kurs betrug an diesem Tag 1 EUR ~ 1,2504 CHF https://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Statistiken/Aussenwirtschaft/Devisen_Euro_Referenzkurse_Goldpreise/Tabellen/tabellen_zeitreihenliste.html?id=21422). Das Darlehen ist folglich auf [ ___ ] EUR zu taxieren. |
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| Ausgehend vom Rückzahlungsbetrag der Fremdwährungsverbindlichkeit nach dem Wechselkurs im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme am 29. August 2006 in Höhe von [ ___ ] EUR war am Bilanzstichtag 31. Dezember 2010 mit einem Kurswert von [ ___ ] EUR (Erhöhung um 26,27 %) die 20 %-Grenze (das sind [ ___ ] EUR) überschritten. Die Klägerin durfte zu diesem Stichtag von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ausgehen. Ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass es sich bei der Wertveränderung lediglich um eine übliche Wechselkursschwankung gehandelt hätte, liegen nicht vor. |
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| Der Wechselkurs am 28. April 2011 (1 EUR ~ 1,2954 CHF), dem Tag, an dem die Bilanz erstellt wurde, ist nicht maßgeblich. Die Kursänderung bis zu diesem Tag ist kein wertaufhellender Umstand, der eine Anpassung nach § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV verlangen würde. Als „wertaufhellend“ sind nur die Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung lediglich bekannt oder erkennbar wurden. Der zu beurteilende Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung ist daher auf die am Bilanzstichtag bestehenden Verhältnisse zu beziehen (BFH, Urteil vom 30. Januar 2002 I R 68/00, BStBl II 2002, 688). Es ist nicht ersichtlich, dass der Schweizer Franken bereits am 31. Dezember 2010 nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten richtigerweise mit dem Kurs vom 28. April 2011 hätte bewertet werden müssen. |
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| d) Die Teilwertzuschreibung wäre auch dann zulässig, wenn man der unter I.2.b) erläuterten Auffassung des Senats nicht folgen wollte. Denn zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung am 31. Dezember 2010 war davon auszugehen, dass der Wechselkursänderung eine fundamentale Änderung der Wirtschaftsdaten zugrunde lag. Es war deshalb damit zu rechnen, dass der Kurs des Schweizer Frankens langfristig vergleichsweise stärker bleiben würde, so dass für lange Zeit nicht mehr zu erwarten war, dass 1 EUR für 1,5 CHF getauscht werden würde. Spätestens ab dem Jahr 2010 spricht man von der Euro-Krise (vgl. z. B. eingehend die Darstellung auf der Internetseite der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, https://www.lpb-bw.de/euro_krise.html, ein Ausdruck befindet sich wie bei allen folgenden aus dem Internet zitierten Seiten in einem Anlagenband, ferner das Urteil des BVerfG vom 7. September 2011 2 BvR 987/10, BVerfGE 129, 124, zur Verfassungsmäßigkeit der Griechenland-Hilfe und des Euro-Rettungsschirms). Ihre Ursache ist die erhebliche Staatsverschuldung etlicher Euro-Mitgliedstaaten, die die Stabilität des Finanz- und Währungssystems der EU infrage stellt. Im Jahr 2010 und den Folgejahren mussten mehrere Mitgliedstaaten Finanzhilfen beantragen, um die Staatsinsolvenz abzuwenden. In diesem Jahr wurde deshalb die europäische Finanzstabilisierung Faktizität (EFSF), der so genannte Rettungsschirm, verabschiedet. Bedeutsam waren, in chronologischer Reihenfolge, insbesondere folgende Ereignisse: |
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| Bereits im Dezember 2009 stufte die Ratingagentur Fitch das Rating Griechenlands wegen seiner Staatsverschuldung von „A-„ auf „BBB+“ ab, was deutliche Auswirkungen an der Aktienbörse hatte (vgl. http://www.faz.net/aktuell/finanzen/anleihen-zinsen/rating-abstufung-griechenland-beunruhigt-die-maerkte-1893305.html). |
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| Die EU-Kommission stellte am 3. Februar 2010 Sparpläne für Griechenland im Rahmen eines Defizitverfahrens vor. Zum damaligen Zeitpunkt wurden europäische Finanzhilfen offiziell noch verweigert (vgl. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/eudefizitver-fahren102.html). |
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| Schon am 25. März 2010 einigten sich die 16 Euro-Staaten im Rahmen eines EU-Gipfels auf mögliche finanzielle Hilfen für Griechenland, um die Stabilität des Euro nicht zu gefährden. Die IWF-Hilfen und bilateralen Kredite sollten nur als Ultima Ratio gewährt werden (https://www.tagesschau.de/wirtschaft/eugipfel226.html). |
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| Am 23. April 2010 beantragte Griechenland Kredite (https://www.zeit.de/wirtschaft /2010-04/rettungspaket-griechenland-auszahlung). |
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| Am 2. Mai 2010 stimmten die Finanzminister der Euro-Staaten einem Hilfspakt für Griechenland über 110 Milliarden Euro zu, um den Euro zu stabilisieren (http://www.tages-schau.de/wirtschaft/chronologiefinanzmarktkrise146.html). |
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| Vom 7. bis 9. Mai 2010 fand ein EU-Sondergipfel statt. Die Schuldenkrise Griechenlands hatte sich kurzfristig zu einer Eurokrise entwickelt, die den Bestand der Gemeinschaftswährung gefährdete, weil weitere Mitgliedstaaten wie Portugal und Spanien am Finanzmarkt unter Druck gerieten (http://www.spiegel.de/politik/ausland/gipfel-in-bruessel-druck-der-finanzmaerkte-schweisst-euro-laender-zusammen-a-693780.html). Die Euro-Staaten sahen sich genötigt, den sogenannten „Rettungsschirm“ mit einem Gesamtvolumen von maximal 750 Milliarden Euro zu installieren. Als Rechtfertigung wurde Art. 122 AEUV herangezogen, der einen finanziellen Beistand der Union für einen Mitgliedstaat zulässt, wenn er „aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht“ ist (vgl. die Präambel der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus). |
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| Die Europäische Zentralbank beschloss am 14. Mai 2010, am Sekundärmarkt Staatsanleihen zu kaufen (ecb.europa.eu/ecb/legal/pdf/l_12420100520de000800 09.pdf). |
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| Am 21. November 2010 musste auch Irland die EU und den IWF um finanzielle Hilfe bitten, die am 28. November 2010 bewilligt wurden (http://www.tages-schau.de/wirt-schaft/chronologiefinanzmarktkrise158.html). |
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| Am 16. Dezember 2010 verdoppelte die EZB ihr Kapital (vgl. die Presserklärung der EZB, http://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2010/html/pr101216_2.en.html) und die Staatschefs der EU verhandelten über Gesetzesänderungen, um einen permanenten Euro-Rettungsschirm zu ermöglichen (https://www.tagesschau.de/wirt-schaft/eugipfel-bruessel104.html). |
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| Schon im Jahr 2010 stand zu befürchten, dass weitere Staaten die Hilfe des Rettungsschirms benötigen würden. So beschlossen unter anderem Italien, Spanien und Portugal Sparprogramme (vgl. http://www.tagesschau.de/wirtschaft/sparplaene104.html). |
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| Im Dezember 2010 standen Themen wie gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Länder im Raum (http://www.tagesschau.de/wirtschaft/sparplaene104.html). Es wurde öffentlich die Frage diskutiert, ob man am Euro festhalten solle/könne (vgl. ein Interview der Tagesschau mit einem Wirtschaftswissenschaftler unter https://www.tages-schau.de/wirtschaft/illing100.html). |
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| Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung des Jahres 2010 ist der Senat der Auffassung, dass bereits am 31. Dezember 2010 von einer fundamentalen Veränderung der Wirtschaftsdaten auszugehen war. Davon, dass eine Währungskrise bereits bestand und sich tendenziell verschärfen würde, musste ein vorsichtiger Kaufmann schon Ende 2010 ausgehen. Dass die Schweizer Nationalbank im September 2011 eine Untergrenze im Verhältnis zum Euro, nicht übrigens zu anderen Währungen, eingeführt hat, kann als eine Reaktion auf die fundamentale Veränderung des von Wirtschaftsdaten, nicht aber als fundamentale Änderung selbst angesehen werden (a. A. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Juli 2017 5 K 1091/15, EFG 2018,100). Das Eingreifen der Schweizer Nationalbank diente nicht dazu, den Schweizer Franken auf einem vergleichsweise niedrigen Kurs gegenüber dem Euro zu halten, sondern sollte verhindern, dass der Kurs noch weiter nachgab. Dieses Ziel konnte erreicht werden. Andernfalls hätte der Kurs des Euro vermutlich auch im Zeitraum von September 2011 bis Januar 2015 noch deutlich unter dem Kurs von 1 EUR ~ 1,20 CHF gelegen. Wenn die Schweizerische Nationalbank in ihrer Pressemitteilung vom 6. September 2011 (vergleiche FG-Akte des Verfahrens 2 V 2763/15, Bl. 121) ausführte, dass der Schweizer Franken derzeit massiv überbewertet sei und auch bei einem Kurs von 1,20 pro Euro noch hoch bewertet wäre, so kann daraus nicht abgeleitet werden, dass nur vorübergehende Wechselkursschwankungen vorgelegen hätten. Es entsprach dem Interesse der Schweizerischen Nationalbank, dass der Finanzmarkt von einer Überbewertung des Schweizer Frankens ausging, weil ansonsten Stützkäufe der Schweizerische Nationalbank in noch größerem Umfang erforderlich geworden wären. Als die Schweizerische Nationalbank am 15. Januar 2015 den Mindestkurs wieder aufhob, führte dies zunächst zu einem massiven Anstieg des Frankenkurses, so dass der Schweizer Franken kurzzeitig höher notiert wurde als der Euro. Zwar hat sich der Kurs des Euro seitdem wieder erholt. Doch hat er die Schwelle 1 EUR ~ 1,20 CHF nicht wieder überschritten. Die nach Ansicht des Senats bereits am 31. Dezember 2010 bestehende Erwartung, dass der Schweizer Franken langfristig im Vergleich zu der Zeit vor 2010 gegenüber dem Euro an Wert gewinnen würde, hat sich in den folgenden sieben Jahren bestätigt. |
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| 3. Ausgehend von einem Teilwert des Darlehens in Schweizer Franken von [ ___ ] EUR ist der Gewinn wie beantragt neu in Höhe von [ ___ ] EUR ([ ___ ] EUR – [ ___ ] EUR + 6 % aus [ ___ ] EUR) festzustellen. Der in der Einspruchsentscheidung festgestellte Gewinn von [ ___ ] EUR vermindert sich um die Teilwertzuschreibung von [ ___ ] EUR. Gewinnerhöhend wirkt sich nach § 4 Abs. 4a EStG die daraus resultierende zusätzliche Überentnahme in dieser Höhe, die mit 6 % zu verzinsen ist, aus. |
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| II. Nachdem das Einverständnis beider Beteiligter vorlag, hielt es das Gericht für sachgerecht, gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. |
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| III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO. |
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| IV. Der Kläger hat beantragt, die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären. Dem Antrag ist stattzugeben. Der Kläger durfte sich eines Rechtskundigen bedienen, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen, da dem Verfahren ein Sachverhalt zugrunde liegt, der in rechtlicher Hinsicht nicht einfach zu beurteilen ist. |
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| V. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus den § 151 Abs. 1 und 3 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Da gegen Urteile des Finanzgerichts - ebenso wie gegen Berufungsurteile der Land- und Oberlandesgerichte - nur die Revision statthaft ist, ist § 708 Nr. 10 ZPO entsprechend anwendbar (Stapperfend in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 151 Rn. 3, m. w. N.). In entsprechender Anwendung von § 711 Satz 1 ZPO hält der erkennende Senat eine Sicherheitsleistung des Beklagten für nicht erforderlich (so auch Urteile des FG Baden-Württemberg vom 12. April 2016 6 K 2005/11, EFG 2016, 1197 und vom 26. Februar 1991 4 K 23/90, EFG 1991, 338). Die Norm kann teleologisch reduziert werden. § 711 Satz 1 ZPO statuiert eine Pflicht zur Sicherheitsleistung, um den Gläubiger vor dem Risiko zu bewahren, dass der Schuldner insolvent und der Vollstreckungstitel damit wirtschaftlich wertlos wird. Da bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts keine Insolvenz droht, ist eine Sicherheitsleistung zu diesem Zweck nicht erforderlich. |
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| VI. Die Revision wird zugelassen, da die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. und 2. Alternative FGO erfüllt sind. Die im vorliegenden Fall streitentscheidende Rechtsfrage, unter welchen Umständen eine Teilwertzuschreibung bei Fremdwährungsdarlehen möglich ist, hat der BFH noch nicht entschieden. Außerdem weicht der erkennende Senat von der im Urteil des 5. Senats des FG Baden-Württemberg vom 11. Juli 2017 (5 K 1091/15, EFG 2018, 100) vertretenen Auffassung, (seit) wann eine Teilwertzuschreibung bei Darlehen in Schweizer Franken möglich ist, ab. |
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