Urteil vom Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern (3. Senat) - 3 K 185/13
Tenor
Abweichend von dem Abrechnungsbescheid vom 24. August 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. April 2013 wird das Abrechnungsguthaben des Klägers auf insgesamt 9.217,00 € festgesetzt.
Die gegen die Klägerin gerichtete Einspruchsentscheidung wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt 7.745,75 €.
Tatbestand
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Streitig ist, ob ein Einkommensteuererstattungsanspruch als sog. Neuerwerb nach Erteilung der Restschuldbefreiung bei noch andauerndem Insolvenzverfahren zur Masse oder zum insolvenzfreien Vermögen gehört.
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Die Kläger erzielten im Streitjahr 2011 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Ehemann und Ehefrau), Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen (beides nur Ehefrau).
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Über das Vermögen des Klägers (Ehemann) wurde mit Beschluss vom 29. September 2004 wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Insolvenzverfahren dauert derzeit noch an. Mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 wurde dem Kläger Restschuldbefreiung erteilt, § 300 InsO.
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Am 13. August 2012 erließ das FA einen Bescheid für 2011 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für die Kläger. Es handelte sich dabei um eine Festsetzung gegen das insolvenzfreie Vermögen. Antragsgemäß wurden die Kläger zusammen veranlagt. Nach Anrechnung der Lohnsteuer und des Zinsabschlages belief sich der Steuererstattungsanspruch der Kläger auf insgesamt 9.217,00 € (= 8.183,60 € Einkommensteuer, zuzüglich 432,50 € Solidaritätszuschlag und 600,90 € ev. Kirchensteuer). Abzüglich eines Masseanspruches von 6.778,01 € ergab sich für die Kläger eine Steuererstattung i. H. v. 1.405,59 € zuzüglich Solidaritätszuschlag i. H. v. 65,66 €. Mit dem Einkommensteuerbescheid war eine Aufteilung der einheitlichen Jahressteuerschuld auf die Kläger verbunden. Zeitgleich erging am 13. August 2012 ein Einkommensteuerbescheid für 2011 an den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Klägers. Dieser Bescheid betraf die Festsetzung gegen die Insolvenzmasse. Die Einkommensteuer war in diesem Bescheid auf Null Euro festgesetzt. Laut Anrechnungsverfügung dieses Bescheides ergab sich ein Erstattungsanspruch aufgrund Lohnsteuereinbehalts im Massevermögen i. H. v. 6.778,01 € zuzüglich 366,84 € Solidaritätszuschlag und 600,90 € Kirchensteuer (= 7.745,75 €).
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Aufgrund des Antrags der Kläger vom 17. August 2012 erließ das FA am 24. August 2012 einen Abrechnungsbescheid für 2011 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. In diesem rechnete es die Lohnsteuererstattungsansprüche 2011 des Ehemannes der Insolvenzmasse zu, da sie während des laufenden Insolvenzverfahrens begründet worden waren. Der Abrechnungsbescheid war an die Steuerberatungsgesellschaft der Kläger „für Herrn … G“ gerichtet.
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Am 04. September 2012 legte der Kläger vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten gegen den Abrechnungsbescheid Einspruch ein. Die vorgelegte Vollmacht war lediglich vom Kläger unterschrieben. Zur Begründung seines Einspruchs verwies der Kläger auf die im Jahr 2010 erteilte Restschuldbefreiung. Der Besteuerungszeitraum 2011 habe keinen Bezug mehr zum Insolvenzverfahren. Die Lohnsteuererstattung sei folglich nicht an den Insolvenzverwalter auszuzahlen.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 23. April 2013 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung richtete sich an beide Kläger als Inhaltsadressaten. Zur Begründung verwies das FA darauf, dass der Lohnsteuererstattungsanspruch 2011 zu Recht der Masse zugeschlagen worden sei. Gemäß Beschluss des BGH vom 03.12.2009 (IX ZB 247/08, BGHZ 183, 258) entfalle zwar nach Erteilung der Restschuldbefreiung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs ab dem Zeitpunkt des Ablauf der Abtretungserklärung. Der BGH-Beschluss beziehe sich jedoch nur auf den Neuerwerb nach Erteilung der Restschuldbefreiung, der auch der Abtretungserklärung gem. § 287 Abs. 2 S. 1 InsO unterfalle. Es sei in der Entscheidung offen geblieben, ob jeder Neuerwerb nach Erteilung der Restschuldbefreiung nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterfalle. Somit seien die Grundsätze des BGH-Beschlusses nicht auf den Streitfall anwendbar, denn Lohnsteuererstattungsansprüche seien nicht von der Abtretungserklärung gem. § 287 Abs. 2 InsO erfasst. Im Fall einer Rückerstattung von Lohnsteuer werde aus dem Steueranspruch des Fiskus ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen (§ 37 Abs. 2 AO). Der zu erstattende Betrag erlange, auch wenn er wirtschaftlich betrachtet das auf den Veranlagungszeitraum entfallende Einkommen erhöhe, nicht wieder den Charakter eines Einkommens, das dem Insolvenzschuldner aufgrund einer Arbeits- oder Dienstleistung zustehe und werde daher von § 287 Abs. 2 InsO nicht erfasst.
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Die Kläger haben am 23. Mai 2013 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor,
dass der Neuerwerb nach Ablauf der Restschuldbefreiung nicht mehr in die Insolvenzmasse falle. Dies ergebe sich eindeutig aus der Entscheidung des BGH vom 3.12.2009 (IX ZB 247/08), dessen Aufbau und Systematik der Beklagte verkenne. Aus dem zitierten BGH-Beschluss ergebe sich, dass nach Rechtskraft des Beschlusses über die Restschuldbefreiung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs entfalle. So werde der Gliederungspunkt des BGH-Beschlusses lit. b) unter Rz. 30 mit dem Satz eingeleitet: „Wird die Restschuldbefreiung während des laufenden Insolvenzverfahrens erteilt, entfällt nach Rechtskraft dieser Entscheidung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs nach Ablauf der Abtretungsfrist“. Dieser Satz, der nachfolgend in den Untergliederungspunkten lit. aa) bis lit. cc) vom BGH erörtert und begründet werde, enthalte zwei Aussagen, und zwar, 1. dass nach Rechtskraft der Restschuldbefreiung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs entfalle und 2. dass der Wegfall des Insolvenzbeschlages hinsichtlich des Neuerwerbs auf den Zeitpunkt ab Ablauf der Abtretungsfrist wirke. Es gehe dem BGH um die Klarstellung, dass nicht erst der Zeitpunkt der Rechtskraft der Restschuldbefreiung maßgebend für den freien Neuerwerb des Schuldners sei, sondern schon der Zeitpunkt, zu dem die Abtretungsfrist abgelaufen sei. Der BGH habe nur offen gelassen, ob in dem Zeitraum zwischen Ablauf der Abtretungsfrist und Erteilung der Restschuldbefreiung tatsächlich jeder Neuerwerb schon nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterliege. Die entgegenstehende Rechtsauffassung des FA würde im Ergebnis die Wirkung der Restschuldbefreiung unterlaufen. Zudem sei die hier streitige Rechtsfrage mit dem Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15. Juli 2013 abschließend geregelt worden. Die bisher bestehende Gesetzeslücke bezüglich des Neuerwerbs von Vermögen nach Erteilung der Restschuldbefreiung sei in dem neu eingeführten § 300a InsO im Sinne der Rechtsauffassung der Kläger geregelt worden. Danach gehöre jeglicher Neuerwerb gem. § 300a Abs. 1 InsO nicht zur Insolvenzmasse. Dies habe sich auch schon aus der bisherigen Rechtslage ergeben, sei jedoch in dieser Deutlichkeit nicht geregelt.
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Die Kläger beantragen sinngemäß,
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abweichend von dem Abrechnungsbescheid vom 24. August 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. April 2013 das Abrechnungsguthaben des Klägers zu 1.) auf insgesamt 9.217,00 € heraufzusetzen und die Einspruchsentscheidung gegenüber der Klägerin zu 2.) aufzuheben sowie
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die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.
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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist der Beklagte auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.
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Dem Gericht lagen zur Entscheidung ein Band Einkommensteuerakten sowie zwei Bände Rechtsbehelfsakten vor.
Entscheidungsgründe
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Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 90 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Beide Beteiligte haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
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Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung des Insolvenzverwalters gem. 60 Abs. 3 Satz 1 FGO liegen nicht vor. Ist streitig, ob eine Steuererstattungsforderung zur Masse gehört oder ob sie zum insolvenzfreien Vermögen gehört, sind die Interessen von Insolvenzverwalter und -schuldner nicht - wie gemäß § 60 Abs. 3 FGO erforderlich - "nach den Steuergesetzen", sondern durch die Auslegung des Insolvenzrechts berührt (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Mai 2009 VIII B 27/09, BFH/NV 2009, 1449). Zudem sind beim Abrechnungsbescheid regelmäßig die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nicht erfüllt, weil der Regelungsgehalt des Abrechnungsbescheides gegenüber Rechtspositionen des Beizuladenden nur eine sachlogische, aber keine rechtsgestaltende Wirkung hat (vgl. Levedag in Gräber, FGO, 7.Aufl. § 60 Rz. 50 m. w. N.).
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1. Die Klage der Klägerin zu 2.) ist begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung zu.
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Laut Einspruchsschreiben vom 04. September 2012 hat lediglich der Kläger zu 1.) Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid eingelegt, nicht jedoch die Klägerin. Die im außergerichtlichen Verfahren vorgelegte Vollmacht des Prozessbevollmächtigten bezieht sich zudem lediglich auf den Kläger. Demgegenüber ist die Einspruchsentscheidung des FA an beide Kläger als Inhaltsadressaten gerichtet, obwohl die Klägerin zu 2.) keinen Einspruch eingelegt hat und der zugrundeliegende Abrechnungsbescheid allein an den Kläger als Inhaltsadressaten gerichtet ist. Der Klägerin steht daher ein Anspruch auf isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung zu (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13. November 2008 V R 24/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2009, 217; vom 20. Dezember 2006 X R 38/05, BStBl II 2007, 823, unter B.I.4; vom 22. August 2012, X R 27/12, BFH/NV 2013, 560).
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2. Die Klage des Klägers ist zulässig und begründet.
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Über die Frage, ob der Einkommensteuererstattungsanspruch zur Insolvenzmasse gehört und an den Insolvenzverwalter auszukehren ist oder ob er insolvenzfrei ist und demnach an den Kläger auszuzahlen ist, ist zu Recht vom FA durch Abrechnungsbescheid entschieden worden.
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Nach § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) wird über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, durch Verwaltungsakt (sog. Abrechnungsbescheid) entschieden; dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch betrifft, der nach § 37 Abs. 1 AO ebenfalls ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ist. Gegenstand des Abrechnungsbescheides ist die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens reiner Zahlungsansprüche; er entscheidet, inwieweit bestimmte Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis noch bestehen oder durch einen der in § 47 AO aufgeführten Erlöschenstatbestände ganz oder teilweise erloschen sind (vgl. Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 218 Rz 10a, 13, m. w. N.).
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Der Erlass eines Abrechnungsbescheides kommt in Betracht bei Streit über die Auszahlung an den richtigen Erstattungsberechtigten (vgl. Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO § 218 Rz. 84 m. w. N.). Da der Kläger die Auszahlung des Erstattungsanspruchs an sich begehrt, das FA hingegen den Erstattungsanspruch wegen Insolvenzbeschlags der Masse zuordnet, liegen die Voraussetzungen für den Erlass eines diesen Anspruch betreffenden Abrechnungsbescheids vor.
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Der Abrechnungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Einkommensteuererstattungsanspruch 2011 des Klägers unterliegt nicht mehr dem Insolvenzbeschlag.
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Zur Insolvenzmasse, über die der Insolvenzschuldner gemäß § 80 der Insolvenzordnung (InsO) kein Verwaltungs- und Verfügungsrecht hat, gehört nach § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Auch der sog. Neuerwerb des Gemeinschuldners, also das Vermögen, das er während des Verfahrens erlangt, fällt in die Insolvenzmasse. Maßgeblicher Zeitpunkt bis zu dem der Neuerwerb des Schuldners in die Insolvenzmasse fällt, ist der im Aufhebungs- oder Einstellungsbeschluss genannte Zeitpunkt (vgl. Graf-Schlicker/Kexel , InsO 2007, § 35 Rz. 14).
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Im Streitfall war das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers zum Zeitpunkt des Erlasses des Einkommensteuerbescheides für 2011 am 13. Dezember 2012 noch nicht aufgehoben. Dies bedeutet aber nach Auffassung des Senats nicht, dass der Neuerwerb des Klägers – hier der Einkommensteuererstattungsanspruch gem. § 35 InsO in die Insolvenzmasse fällt und somit an den Insolvenzverwalter auszuzahlen ist. Einer solchen Rechtsfolge steht entgegen, dass dem Kläger bereits am 07. Oktober 2010 die Restschuldbefreiung gem. § 300 InsO erteilt worden ist.
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Gemäß Beschluss des BGH vom 03.12.2009 (IX ZB 247/08, NJW 2010, 2283) entfällt nach Rechtskraft der Entscheidung über die Restschuldbefreiung der Insolvenzbeschlag hinsichtlich des Neuerwerbs nach Ablauf der Abtretungsfrist. Gegenstand des BGH-Beschlusses war ein Neuerwerb nach Erteilung der Restschuldbefreiung, der der Abtretung gem. § 287 Abs. 2 InsO unterfiel und sich auf Bezüge aus laufendem Einkommen bezog. Zur Begründung seines Beschlusses hat der BGH ausgeführt, dass durch § 287 Abs. 2 InsO eine zeitliche Begrenzung der Wirkungen des § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO hinsichtlich des Neuerwerbs eintrete. Nur hierdurch könne der Regelungszweck des § 287 Abs. 2 InsO verwirklicht werden. Nach Ablauf von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens solle der Neuerwerb wieder dem Schuldner zur Verfügung stehen, wenn ihm Restschuldbefreiung erteilt werde. Anderenfalls würden die Gläubiger zum Nachteil des redlichen Schuldners Vorteile erlangen, die das Gesetz nicht vorsieht. Zudem würden die Befriedigungsaussichten der Gläubiger geschmälert, denen nach § 302 InsO eine privilegierte Forderung zustehe.
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Der BGH hat in seinem Beschluss vom 03.12.2009 allerdings offen gelassen, ob nach Erteilung der Restschuldbefreiung jeder Neuerwerb nicht mehr zur Insolvenzmasse gehört oder nur ein solcher, der unter die Abtretungserklärung gem. § 287 Abs. 2 fällt, sich also auf Bezüge aus laufendem Einkommen bezieht. So heißt es in Rz. 37 des Beschlusses ausdrücklich: „ cc) Ob dies für jeden Neuerwerb nach Ablauf der Abtretungserklärung gilt oder nur für denjenigen, der auch der Abtretungserklärung unterfallen würde, bedarf hier keiner Entscheidung. Der hier fragliche Neuerwerb in der Form von Renten wäre von der Abtretungserklärung zweifellos erfasst worden...“
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Die Auffassung der Kläger, dass der BGH Beschluss vom 03.12.2009 dahingehend zu verstehen sei, dass jeder Neuerwerb nach Restschuldbefreiung nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterfalle und der BGH nur offen gelassen habe, ob in dem Zeitraum zwischen Ablauf der Abtretungsfrist und Erteilung der Restschuldbefreiung tatsächlich jeder Neuerwerb schon nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterliege, teilt der Senat nicht. Auch in der Literatur ist der BGH-Beschluss vom 03.12.2009 so verstanden worden, dass er die Frage des nicht von der Abtretungserklärung erfassten Neuerwerbs offen lässt (vgl. Büttner, ZInsO 2010, 1025, 1035 m. v. N; Martini Anmerkung zu BGH Beschluss vom 3.12.2009 – IX ZB 247/08, jurisPR-InsR 2 /2010 Anm. 2).
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Ungeachtet der Frage des Verständnisses des BGH-Beschlusses vom 03.12.2009, steht nach Auffassung des Senats nach Erteilung der Restschuldbefreiung auch derjenige Neuerwerb, der – wie der Einkommensteuererstattungsanspruch - nicht zu den Bezügen aus laufendem Einkommen i. S. d. § 287 Abs. 2 InsO gehört (vgl. BGH v. 21.07.2005 IX ZR 115/04, NJW 2005, 2988; BFH-Beschluss v.29.1.2010, VII B 188/09, BFH/NV 2010, 1243) und damit nicht der Abtretungserklärung unterfällt, wieder dem Schuldner zu.
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Hierfür spricht die Intention des Gesetzgebers, mit dem einheitlichen Beginn und der Verkürzung der Wohlverhaltensperiode eine spürbare Erleichterung des Schuldners zu erreichen und gleichzeitig zu vermeiden, dass der eine Schuldner früher, der andere später in den Genuss der mit der Restschuldbefreiung verbundenen Vorteile kommt (BT-Drucks. 14/6468 S.18). Zu diesen Vorteilen gehört aber die dann wieder freie Verfügungsmöglichkeit des Schuldners über sein Einkommen und Vermögen. Nur so lässt sich der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, dem redlichen Schuldner sechs Jahre nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Neuanfang zu ermöglichen, erreichen (vgl. dazu auch Beschluss des Landgerichts Leipzig, v. 23.07.2012 – 8T 911/11, veröffentlicht in juris). Unterfällt der Neuerwerb nach Restschuldbefreiung aber vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens weiterhin dem Insolvenzbeschlag, so werden diejenigen Schuldner benachteiligt, bei denen sich das Insolvenzverfahren über einen längeren Zeitraum als sechs Jahre erstreckt. Die fortwährende Massemehrung durch den Neuerwerb rechtfertigt jedoch kein „Endlosverfahren“ (so ausdrücklich Lüdtke in Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung 3. Auflage, § 35 Abs. 230; vgl. Martini Anmerkung zu BGH Beschluss vom 03.12.2009 – IX ZB 247/08, jurisPR-InsR 2 /2010 Anm. 2, ; Büttner, ZInsO 2010, 1025 m. w. N.).
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Eine andere rechtliche Wertung ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte, das die Insolvenzordnung ändert, und im Bundesgesetzblatt vom 18. Juli 2013 veröffentlicht worden ist (BGBl I v. 18. Juli 2013, S. 2379). Dieses Gesetz wird in seinen wesentlichen Teilen am 01. Juli 2014 in Kraft treten, eine Rückwirkung auf bereits laufende Verfahren tritt nicht ein (Art. 103h EG InsO n. F.). § 300a InsO n. F. wird regeln, dass das Vermögen, das der Schuldner nach Ende der Abtretungsfrist oder nach Eintritt der Voraussetzungen des § 300 Absatz 1 Satz 2 InsO erwirbt, nicht mehr zur Insolvenzmasse gehört, wenn dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt wird. In der Gesetzesbegründung zu § 300a InsO heißt es in der BR-Drucksache 467/12 (S. 46, 47) wörtlich:
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„Dabei soll dem Schuldner nicht nur der von der Abtretungserklärung nach § 287 Absatz 2 Satz 1 InsO erfasste Neuerwerb zustehen. Der insolvenzfreie Neuerwerb soll sich vielmehr auch auf andere Vermögenszuflüsse erstrecken, die nach dem Ende der Abtretungsfrist oder nach dem Eintritt der Voraussetzungen des § 300 Absatz 1 Satz 2 InsO-E anfallen, wie etwa Steuerrückerstattungen aus vom Schuldner veranlassten Steuererklärungen oder aus Erbschaften und Schenkungen. Hintergrund der Regelung ist, dass dem Schuldner in Bezug auf seine Restschuldbefreiung kein Nachteil dadurch entstehen soll, dass das Insolvenzverfahren über sein Vermögen noch nicht abgeschlossen werden konnte. Vielmehr soll durch die Regelung das Vertrauen des Schuldners in einen wirtschaftlichen Neustart gestärkt werden, sofern er die Voraussetzungen für eine Erteilung der Restschuldbefreiung erfüllt“.
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Aus der Neufassung der Insolvenzordnung zieht der Senat nicht den Umkehrschluss, dass Steuererstattungsansprüche, die zwischen Erteilung der Restschuldbefreiung und Aufhebung des Insolvenzverfahrens entstehen, bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte noch in die Insolvenzmasse fallen. Auch nach bisheriger Gesetzesfassung ist § 35 InsO nach Auffassung des Senates dahingehend einschränkend auszulegen, dass auch der nicht von der Abtretungserklärung gem. § 287 Abs. 2 InsO erfasste Steuererstattungsanspruch, der nach Erteilung der Restschuldbefreiung entstanden ist, nicht mehr in die Insolvenzmasse fällt.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO i. V. m. der entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
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Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 115 Abs.2 FGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-.
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Referenzen
- FGO § 151 1x
- FGO § 155 1x
- InsO § 300 Entscheidung über die Restschuldbefreiung 3x
- InsO § 300a Neuerwerb im laufenden Insolvenzverfahren 4x
- § 47 AO 1x (nicht zugeordnet)
- InsO § 35 Begriff der Insolvenzmasse 4x
- InsO § 302 Ausgenommene Forderungen 1x
- FGO § 135 1x
- InsO § 287 Antrag des Schuldners 9x
- § 37 Abs. 2 AO 1x (nicht zugeordnet)
- FGO § 60 1x
- § 37 Abs. 1 AO 1x (nicht zugeordnet)
- FGO § 115 1x
- IX ZB 247/08 5x (nicht zugeordnet)
- 2009 VIII B 27/09 1x (nicht zugeordnet)
- 2008 V R 24/06 1x (nicht zugeordnet)
- 2006 X R 38/05 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Bundesfinanzhof (10. Senat) - X R 27/12 1x
- 2005 IX ZR 115/04 1x (nicht zugeordnet)
- VII B 188/09 1x (nicht zugeordnet)