Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (4. Senat) - 4 K 1380/13


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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Strittig ist, ob der Grundstückserwerb des Klägers von seinen Geschwistern, der im Tauschwege erfolgt ist, gem. § 3 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes –GrEStG- von der Grunderwerbsteuer befreit ist.

2

Der Kläger und seine Geschwister M. K. geb. S. und M. S. waren zu Bruchteilen von je 1/3 als Bruchteils-Eigentümer der Grundstücke S-Str. 11 (Flst.-Nr. …8/5 zu 537 qm und unbebaut) im Grundbuch von R (seit 03. September 2008) und S-Straße 15/Bauplatz T (Flst.-Nr. …4/22 zu 525 qm und bebaut mit einer Garage) im Grundbuch von R (seit 16. Januar 1996) eingetragen.

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Mit Urkunde Nr. … /2012 des Notars Dr. R. K. vom 19. Januar 2012 erwarb der Kläger den jeweiligen Miteigentumsanteil von 1/3 am Grundstück S-Straße 15/Bauplatz T von seinen Geschwistern. Der Erwerb erfolgte im Wege des Tausches gegen Hingabe seines Miteigentumsanteils von 1/3 am Grundstück S-Str. 11 in R an seine Geschwister zu je ½ und der Zahlung eines Betrages von jeweils 10.000 € (Bl. 1 ff. GrESt-A).

4

Der Kläger und seine Geschwister waren in ungeteilter Erbengemeinschaft Miterben zu jeweils 3/84 der am 27. Januar 1995 verstorbenen Großmutter M. E. S. (Bl. 12 PA) gewesen. Das Miteigentum zu je 1/3 am Grundstück S-Straße 15/ Bauplatz T (Flst.-Nr. …4/22 im Grundbuch von R) war dem Kläger und seinen Geschwistern im Wege der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft mit notariellem Auseinandersetzungs- und Übergabevertrag vom 9. August 1995 (Ur-Nr. …/1995 des Notars R. P.) übertragen worden (Bl. 5 ff. PA). Mit weiterem notariellem Auseinandersetzungsvertrag vom 18. Juli 2008 (Ur-Nr. …/2008 (L) hatten der Kläger und seine Geschwister das Miteigentum zu je einem Drittel am Grundstück S-Str. 11 erworben (Bl. 10 ff. PA).

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Ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 69.560 € setzte der Beklagte mit Bescheid vom 5. März 2012 aufgrund des notariellen Tauschvertrages vom 19. Januar 2012 Grunderwerbsteuer in Höhe von 2.434 € fest (Bl. 10 ff. GrESt-A).

6

Im Rahmen eines Antrages auf schlichte Änderung gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung –AO- ging der Beklagte im geänderten Bescheid vom 2. April 2012 nur noch von einem Tauschwert von 52.880 € aus und ermäßigte die Grunderwerbsteuer auf 1.850 € (Bl. 14 GrESt-A).

7

Seinen Einspruch stützte der Kläger darauf, dass die beiden Grundstücke einer Erbengemeinschaft gehört hätten. Folglich sei der Erwerb gem. § 3 Nr. 3 GrEStG steuerfrei. Die Grundstücke seien seinen Geschwistern und ihm als Miteigentümer zu je 1/3 nach dem Tod der Großmutter übertragen worden, weil ihr Vater nicht mehr gelebt habe. Nach seiner Meinung habe daher die Erbengemeinschaft fortbestanden.

8

Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 26. Februar 2013 als unbegründet zurück (Bl. 26 ff. GrESt-A).

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Er führte hierzu aus, dass es für die Frage der Steuerfreiheit auf die am Tag der Beurkundung grunderwerbsteuerlich maßgeblichen Eigentumsverhältnisse ankomme. Hiernach seien der Kläger und seine beiden Geschwister als Bruchteils-Eigentümer zu je 1/3 im Grundbuch von R eingetragen, so dass die Voraussetzungen des § 3 Nr. 3 GrEStG nicht vorlägen. Der Tausch (Hinweis auf § 515 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB-) sei ein Verpflichtungsgeschäft, das sich vom Kauf unterscheide, weil die Gegenleistung des Grundstückserwerbers für den Erhalt eines Grundstücks nicht in der Zahlung eines Kaufpreises, sondern in der Verschaffung eines anderen Grundstücks bestehe. Gleichwohl fänden die Vorschriften über einen Kauf Anwendung, weil hierbei beide am Vertrag beteiligten Parteien sowohl als "Verkäufer" als auch als "Käufer" aufträten.

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Nach § 1 Abs. 5 GrEStG unterlägen bei einem Tauschvertrag, in dem Grundstücke gegeneinander ausgetauscht würden, die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils der Grunderwerbsteuer. Der Kläger habe von seinen Geschwistern deren jeweiligen 1/3 Anteil am Grundstück S-Straße 15/Bauplatz T erworben. Hierfür habe er seinen 1/3 Drittel Anteil am Grundstück S-Str. 11 hingegeben und eine Zahlung von zusammen 20.000 € geleistet. Der Kläger sei damit hinsichtlich der 2/3 Anteile am Grundstück S-Straße 15/Bauplatz T neuer Eigentümer. Dieser Erwerb sei steuerbar gem. § 1 Abs. 5 GrEStG. Die Steuerbefreiung greife nicht. Denn die Vorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG begünstige allein den Erwerb eines Grundstücks durch einen Miterben aus der Erbengemeinschaft zur Teilung des Nachlasses. Eine Erbengemeinschaft stelle eine Gesamthandsgemeinschaft dar (Hinweis auf § 2032 BGB).

11

Im Grundbuch seien der Kläger und seine Geschwister hingegen zu jeweils 1/3 als Bruchteilseigentümer eingetragen worden. Ab diesem Zeitpunkt sei die ursprüngliche Erbengemeinschaft nicht mehr Eigentümer dieses Grundbesitzes gewesen. Ein Grundstück scheide aus dem Nachlass nicht nur dadurch aus, dass es auf einen Dritten übertragen werde, sondern auch dann, wenn es in das Alleineigentum eines Mitglieds der Erbengemeinschaft übergehe oder mehreren oder gar allen Mitgliedern der Erbengemeinschaft zu Bruchteilen (Miteigentum) übertragen werde. Selbst wenn die den einzelnen Miterben übertragenen Bruchteile ihrem Anteil an der Erbengemeinschaft entsprächen, sei durch die Umwandlung in Bruchteilseigentum die durch die Erbengemeinschaft begründete gesamthänderische Verbundenheit aufgehoben. Damit lägen für den o a. Grundstückserwerb vom 19. Januar 2012 die Steuerbefreiungsvoraussetzungen des § 3 Nr. 3 GrEStG nicht vor.

12

Hiergegen richtet sich die Klage.

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Der Kläger trägt weiter vertiefend vor: Das von ihm zu 2/3 erworbene Grundstück hätten seine beiden Geschwister und er nach dem Tode ihrer Großmutter M. E. S. durch Urkunde vom 9. August 1995 gemeinsam als Erben erworben. Die Erbteile seien bewusst als fortgesetzte Erbengemeinschaft übernommen worden, weil der Nachlass, an denen die Geschwister beteiligt gewesen seien, im Wesentlichen aus zwei Baugrundstücken bestanden habe  und seinerzeit nicht absehbar gewesen sei, welcher der Geschwister einmal dort bauen würde. Dem seinerzeitigen Willen ihres Großvaters habe es entsprochen, jedem der Enkelkinder die Möglichkeit offen zu halten, aus dem Nachlass einen Bauplatz zu erhalten. Diese Entscheidung sei einvernehmlich mit Wissen und Wollen aller Beteiligten erfolgt. Bezüglich der juristischen Formulierung hätten sie sich auf ihren damaligen Notar verlassen. Dieser habe in der Urkunde vom 9. August 1995 die Bezeichnung "Miteigentümer" gewählt (Bl. 6 ff PA). Die Ergänzung "zu je einem Drittel" (Bl. 7 PA) sei nicht statusrelevant gewesen, vielmehr sei damit nur der gesetzliche Erbanteil benannt worden. Entscheidend sei letztlich, dass der Wunsch des Großvaters im notariellen Tauschvertrag vom 19. Januar 2012 im allseitigen Einvernehmen zwischen den Geschwistern – fast 17 Jahre später - tatsächlich so umgesetzt worden sei.

14

An dem Eigentumsstatus als Miterben habe sich seit 1995 bis zum Tauschvertrag vom 19. Januar 2012 faktisch nichts geändert. Mit dem Vertrag vom 19. Januar 2012 hätten der Kläger und seine beiden Geschwister lediglich einen Tausch von gemeinsam geerbten Grundstücken vorgenommen. Folglich sei es um einen „Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstückes durch Miterben" gegangen, der die Anwendung des § 3  Nr. 3 GrEStG rechtfertige. Soweit der Beklagte die Anwendung des § 3 Nr. 3 GrEStG ausschließe, weil das Grundstück 2012 nicht mehr zum Nachlass gehört habe und die durch die Erbengemeinschaft begründete gesamthänderische Verbundenheit aufgehoben worden sei, sei dem entgegenzuhalten, dass 1995 zwar die ursprüngliche Erbengemeinschaft mit allen Erben weitgehend aufgehoben worden sei, gleichwohl hinsichtlich der 3 Erbteile die Erbengemeinschaft fortgesetzt worden sei. Es sei nicht eine Umwandlung in Bruchteilseigentum, sondern insoweit die Bildung einer fortgesetzten Erbengemeinschaft erfolgt. Auch der Notar sei 1995 wohl nicht davon ausgegangen, dass bei der späteren Grundstücksaufteilung  Grunderwerbsteuer erhoben werde, andernfalls hätte er den Beteiligten einen anderen Lösungsweg vorgeschlagen. So wäre etwa eine Übertragung der Erbanteile an die Mutter des Klägers ins Auge gefasst worden, da der  Grundstückserwerb dann nach § 3 Nr. 6 GrEStG grundwerbesteuerfrei gewesen wäre.

15

Der damalige Vertragswille, das gemeinsame Erbe als Erbengemeinschaft fortzusetzen, sei in der notariellen Urkunde vom 9. August 1995 auch umgesetzt worden. Mit der dort aufgenommenen Bezeichnung "Miteigentümer zu je einem Drittel" hätten er und seine Geschwister ein gemeinsames Eigentum als Erben verstanden, wobei in der Bezeichnung "Drittel" der gesetzliche Erbteil gemeint gewesen sei. Die vom Beklagten vorgenommene Auslegung müsse sich insoweit am Willen der damaligen Vertragsbeteiligten orientieren. Vorliegend sei entscheidend, dass die Übernahme eines gemeinsamen Erbes durch Geschwister in der Rechtsform der Erbengemeinschaft oder Bruchteilsgemeinschaft erfolgen könne.

16

Hilfsweise macht der Kläger die analoge Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift des  § 3 Nr. 3 GrEStG geltend. Denn von Verfassungs wegen sei eine Steuerbefreiung geboten.

17

Darüber hinaus hat der Kläger erstmals im Klageverfahren die zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gerügt. Er hat insoweit beanstandet, dass der Beklagte auch einen Gebäudewert für die nicht mehr benutzbare Garage angesetzt habe, obwohl diese abgerissen werden müsse, was für ihn, den Kläger, weitere Kosten zur Folge habe.

18

Der Beklagte hat mit geändertem Grunderwerbsteuerbescheid vom 15. April 2015 die Grunderwerbsteuer auf 1.577 € ermäßigt. Insoweit ist er dem Einwand der unzulässigen Einbeziehung des Gebäudewerts für die Garage gefolgt und hat – aus anderen Gründen - die Bemessungsgrundlage insgesamt auf 45.060 € reduziert. Die Beteiligten haben insoweit den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

19

Der Kläger beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid in der Fassung vom 15. April 2015
aufzuheben.

20

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen

21

Er sieht die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 3 GrEStG für den im Tauschwege erfolgten Erwerb des Klägers von seinen Geschwistern als nicht erfüllt an, weil der Vertragswille des Klägers und seiner Geschwister, unter sich die Erbengemeinschaft nach ihrem Vater fortzusetzen zu wollen, nicht umgesetzt worden sei. Die Willenserklärungen des Klägers und seiner Geschwister in den notariellen Urkunden seien eindeutig. Die Beteiligten seien im Grundbuch daher zu Recht als Miteigentümer zu Bruchteilen zu je 1/3 Drittel eingetragen worden.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

23

Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 15. April 2015, der gemäß § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO- Gegenstand des Verfahrens geworden ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Denn der Beklagte hat zu Recht eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG für den grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgang vom 19. Januar 2012  versagt.

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I.  1. Gemäß § 3 Nr. 3 GrEStG ist von der Besteuerung ausgenommen der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses. Die Vorschrift bezweckt, die Übertragung von Grundstücken zur Teilung eines Nachlasses zu erleichtern (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1972 II R 123/66, BStBl. II 1973, 363; Meßbacher-Hönsch in Boruttau, GrEStG, 17. Auflage 2011, § 3 Rn. 276; Hofmann, GrEStG, 10. Auflage 2014, § 3 Rn. 27). Neben den hier erfüllten personellen Voraussetzungen - Miterbe - erfordert die Steuerbefreiung, dass das Grundstück zum – ungeteilten – Nachlass gehört (BFH-Urteil vom 07. Februar 2001 II R 5/99, BFH/NV 2001, 938; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Dezember 2010, 4 K 1298/07, n.v.; Hofmann, GrEStG, 10. Auflage 2014, § 3 Rn. 27).

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a) Ein Vermögensgegenstand gehört zum Nachlass im Sinne dieser Vorschrift, wenn er mehreren Erben in dieser Eigenschaft – also als Erbengemeinschaft – in gesamthänderischer Verbundenheit zusteht (BFH-Urteil vom 07. Februar 2001 II R 5/99, a.a.O.; Meßbacher-Hönsch in Boruttau, GrEStG, a.a.O., § 3 Rn. 327; Pahlke, GrEStG, 5. Auflage, § 3 Rn. 177). Dies ist dann der Fall, wenn er im Zeitpunkt des Erbfalls bürgerlich-rechtlich im Eigentum des Erblassers gestanden hat und Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist (BFH-Urteil vom 07. Februar 2001 II R 5/99, a.a.O.; Meßbacher-Hönsch in Boruttau, GrEStG, a.a.O., § 3 Rn. 282).

26

b) Eine Erbengemeinschaft stellt bürgerlich-rechtlich eine Gesamthandsgemeinschaft dar. Erbgegenstände sind daher Gesamthandseigentum der Erbengemeinschaft. Sie wird daher auch gemäß § 2042 Abs. 2 i. V. m. § 749 Abs. 2 und 3 und den §§ 750 ff. BGB nach den Regeln einer Gesamthandsgemeinschaft auseinander gesetzt. Das bedeutet, dass sie zivilrechtlich zwar noch nicht durch eine bloße Teilungsvereinbarung, sondern erst durch den Vollzug dieser Vereinbarung, also die Übertragung des Gemeinschaftsgutes bzw. die Auskehrung eines Verkaufserlöses aus dem Verkauf eines Gemeinschaftsgutes beendet ist. Das gilt auch für das Grunderwerbsteuergesetz, da dieses hinsichtlich zivilrechtlicher Grundstücksübertragungen grundsätzlich dem Zivilrecht folgt. Zu Recht verweist der Beklagte darauf, dass das streitbefangene Grundstück mit der notariellen Vereinbarung mit Unterzeichnung der Vereinbarung vom 9. August 1995 aus dem Gesamthandseigentum der Erbengemeinschaft entlassen wurde (hierzu BFH-Urteil vom 21. November 1974, II R 19/68, BStBl. II 1975, 271;  Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Dezember 2010, 4 K 1298/07; vgl. auch Meßbacher-Hönsch in Boruttau, GrEStG, a.a.O., § 3 Rn. 342).

27

c) Da das Grunderwerbsteuerrecht mit der Besteuerung aber bereits an die Begründung eines Anspruches auf Übereignung eines Grundstückes anknüpft, also an die schuldrechtlich vereinbarte Übertragung eines Grundstückes, haben auch derartige Vereinbarungen im Rahmen einer Erbauseinandersetzung steuerliche Bedeutung für die Frage, ob eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG zu gewähren ist. Wird daher durch die Miterben ein Auseinandersetzungsvertrag geschlossen, mit dem vereinbart wird, dass das Gesamthandseigentum in Allein- oder Bruchteileigentum eines oder mehrerer Miterben übergeht, so wird schon durch diese Vereinbarung die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz grundsätzlich verbraucht. Nach diesen Grundsätzen war die Auseinandersetzung bezüglich des streitbefangenen Grundstücks mit der notariellen Urkunde vom 9. August 1995 vollzogen, weil hierdurch das Nachlassgrundstück zu Bruchteilseigentum wurde. Nachfolgende Vereinbarungen - wie hier in der notariellen Urkunde vom 19. Januar 2012 - bezüglich eines derartigen Grundstücks sind dann nicht mehr durch § 3 Nr. 3 GrEStG begünstigt, da sie insoweit nur der Erbauseinandersetzung nachfolgen und nicht mehr Teil der Erbauseinandersetzung sind  (Meßbacher-Hönsch in Boruttau, GrEStG, a.a.O., § 3 Rn. 350; ebenso Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 9. Juni 1988, III 121/84, juris; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Dezember 2010, 4 K 1298/07).

28

2. Für die Frage einer Steuerbefreiung ist letztlich auch nicht maßgebend, dass, so wie es der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, allein der damalige Wille des Großvaters in dem notariellen Tauschvertrag umgesetzt werden sollte. Entscheidend ist vielmehr - dem Zivilrecht folgend -, dass das streitbefangene Grundstück nicht mehr zum Nachlass der verstorbenen Großmutter gehörte. Das Nachlassvermögen ist bis zur Einigung hierüber gemeinschaftliches Vermögen aller Erben. Kein Erbe kann daher für sich allein über einzelne Nachlassgegenstände verfügen. Mit der Übertragung des Grundstücks auf eine Bruchteilsgemeinschaft entstand ein neues Zuordnungssubjekt (in diesem Sinne auch BFH-Urteile vom 4. April 1974 III R 168/72, BStBl II 1974, 598, 600; vom 17. Juli 1975 II R 141/74, BStBl II 1976, 159, und vom 07. Februar 2001 II R 5/99, BFH/NV 2001, 938; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Dezember 2010, 4 K 1298/07: Übertragung von einer Erbengemeinschaft auf eine andere personen- und beteiligungsidentische Gesamthand). Im Gegensatz zu ihrer Stellung als Miterben waren der Kläger und seine Geschwister als Miteigentümer nämlich befugt, über ihren jeweiligen Anteil allein zu verfügen (§ 747 BGB). Das Bruchteilseigentum ist hinsichtlich des jeweiligen Bruchteils nämlich Eigentum im Sinne einer Alleineigentumsstellung am Bruchteil der Sache. Soweit der Wille des Großvaters in dem Tauschvertrag umgesetzt wurde, geschah dies damit allein aus freien Stücken der Beteiligten. Denn jeder der Bruchteilseigentümer hätte seinen Anteil auch freihändig an jeden beliebigen Dritten anderweitig verkaufen können.

29

3. Soweit die Vertragsbeteiligten in der notariellen Urkunde vom 9. August 1995 davon ausgegangen sein sollten, dass damit das Erbauseinandersetzungsverfahren noch nicht abgeschlossen sein sollte und ihnen hiermit weitere Optionen für eine etwaige Steuerersparnis verblieben, handelte es sich bei dieser Fehlvorstellung allenfalls um einen unbeachtlichen Motivirrtum der Beteiligten. Die Vertragsauslegung obliegt dabei dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz, wobei die Grundsätze der §§ 133, 157 BGB zu beachten sind (BFH-Urteil vom 25. Februar 2009, IX R 76/07, BFH/NV 2009, 1268). Der Vertragsinhalt ist gem. §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln, das gilt auch für formbedürftige Vorgänge (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., 2015, § 157 Rz 2a m.w.N.). Bei der Auslegung einer Willenserklärung gem. § 133 BGB ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Jedoch ist trotz des Verbots der Buchstabeninterpretation bei der Auslegung vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 157 Rz 8 ff.). Maßgebend ist im Zweifel der allgemeine Sprachgebrauch (Palandt/Ellenberger, a.a.O. § 133 Rz 14). Abzustellen ist nicht auf den inneren, sondern den beurkundeten Willen (vgl. BGB, Münchener Kommentar, Mayer-Maly/Busche § 133 Rz 10). Der Inhalt der notariellen Erklärungen in der Urkunde vom 9. August 1995 ist insoweit eindeutig und lässt eine Auslegung der Willenserklärungen gegen den ausdrücklichen Wortlaut nicht zu. Darüber hinaus enthält die notarielle Urkunde differenzierte Aussagen zum Bruchteilseigentum und zur Gesamthand. So wurde das Grundstück Flst.-Nr. 1618/4 ausdrücklich bis auf weiteres ungeteilt in der Erbengemeinschaft belassen (Bl. 8 PA). Die Erbauseinandersetzung hinsichtlich dieses Grundstücks erfolgte erst mit notariellem Vertrag vom 18. Juli 2008 (Bl. 10 ff. PA). Im Übrigen begründet die notarielle Urkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der in ihr getroffenen Vereinbarungen (vgl. Palandt/ Ellenberger, a.a.O., § 125 Rz 21 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BGH; vgl auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 09. Oktober 2012 -11 U 144/11-, juris; Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 21. Februar 2013 -3 K 69/12-, juris; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Dezember 2010, 4 K 1298/07).

30

4. Auch die vom Kläger angeführte analoge Anwendung des § 3 Nr. 3 GrEStG kommt hier nicht in Betracht. Zwar sind grundsätzlich auch die Befreiungsvorschriften des § 3 GrEStG einer Analogie zugänglich (vgl. Pahlke, GrEStG, 5. Aufl., Vorb §§ 3 bis 7, Rn. 7). Die Analogie setzt allerdings zum einen eine planwidrige gesetzliche Regelungslücke und zum anderen eine Interessenvergleichbarkeit zwischen dem gesetzlich geregelten und dem nicht geregelten Tatbestand voraus. Dies ist im Streitfall nicht gegeben. § 3 Nr. 3 GrEStG beschränkt die steuerfreie Übertragung auf Grundstücksübertragungen im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft. Eine steuerfreie Grundstücksübertragung wäre im Falle einer anderweitigen vertraglichen Regelung zwar möglich gewesen. Der Besteuerung unterliegt jedoch allein der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt. Dass keine mit der Steuerfreiheit der Grundstücksübertragung verbundene Vertragsgestaltung gewählt wurde, begründet allein keine Notwendigkeit für eine analoge Anwendung einer Befreiungsvorschrift.

31

5. Von Verfassungswegen war auch nicht, wie vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung gefordert, eine Steuerbefreiung für den Grundstückstausch geboten, da es an einer etwaigen verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung fehlt. Denn der notarielle Auseinandersetzungs- und Übergabevertrag vom 9. August 1995 hatte hinsichtlich des streitbefangenen Grundstücks keine Grunderwerbsteuer ausgelöst. Auch einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes –GG- und gegen Art. 6 Abs. 1 GG vermag der Senat nicht zu erkennen, zumal den Beteiligten anderweitige steuervermeidende Vertragsgestaltungen offen gestanden haben.

32

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO und, soweit eine Teilabhilfe erfolgt ist und daraufhin der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde, aus § 137 Satz 1 FGO. Denn die Rüge der unzutreffenden Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer hat der Kläger erstmalig im Klageverfahren vorgebracht, obwohl er den baulichen Zustand der Garage kannte. § 137 Satz 1 FGO knüpft an die auch im Steuerprozess bestehende Mitwirkungspflicht der Beteiligten an. Die Regelung dient der Prozessökonomie. Hiernach sollen die Beteiligten veranlasst werden, von vornherein in zumutbarer Weise bei der Sachaufklärung mitzuwirken (vgl. auch Gräber/Ruban, FGO, 6. Aufl., § 137 Rz 3). Soweit der Beklagte die Bemessungsgrundlage und damit die Grunderwerbsteuer aus anderen Gründen reduziert hat, fällt dieser Anteil nicht weiter ins Gewicht (§ 136 Abs. 1 Satz 3 FGO).

33

III. Revisionszulassungsgründe i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

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