Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (2. Senat) - 2 K 1613/14


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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten in der Sache darüber, ob Ruhebezüge steuerlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder als sonstige Einkünfte zu behandeln sind.

2

Die Kläger, die als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, befinden sich im Ruhestand. Der Kläger erhält aus einem Dienstverhältnis als Soldat Versorgungsbezüge. Darüber hinaus bezieht er auf Grund einer früheren Tätigkeit als Zivilbediensteter der NATO Pensionszahlungen, die der Beklagte in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2003 bis 2008  als nachträgliche Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz -EStG- behandelte. Der Beklagte führte die Steuerfestsetzungen hinsichtlich der Frage der Besteuerung der Pensionszahlungen der NATO im Hinblick auf anhängige Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und dem Bundesverfassungsgericht vorläufig durch.

3

Mit Bescheiden vom 20. Mai 2011 hob der Beklagte jeweils die Vorläufigkeit auf; in den Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2009 bis 2011 vom 23. März 2011, 20. März 2012 und 2. April 2013 qualifizierte er die Pensionszahlungen gleichfalls als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

4

Die Kläger legten hiergegen jeweils Einspruch ein und trugen zur Begründung vor, dass der Kläger durch eine freiwillige Zahlung in einen Pensionsfonds der NATO seine Ruhegehaltsbezüge aufgestockt habe. Da dieser aufgestockte Teil auf der Zahlung eigener Mittel beruhe, sei er nicht als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG, sondern als sonstige Einnahmen nach § 22 Nr. 1 Satz 3a EStG zu behandeln und in der Folge nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern. Dies gelte auch für die übrigen Ruhestandsbezüge der NATO. Die Bezüge des Klägers würden aus dessen bereits zu aktiven Dienstzeiten erwirtschafteten Vermögen bestritten. Die einbehaltenen Beträge würden im „NATO Pension Scheme“ ausdrücklich als Beiträge bezeichnet. Bei der Bemessung der Höhe der Bezüge während der aktiven Dienstzeit sei deren Steuerfreiheit bereits „eingepreist“ gewesen. Die Aktivbezüge der NATO-Bediensteten seien in ihrer Bemessung „abgesteuert“ und würden unter der Bezeichnung „net of tax“ in den Gehaltstabellen angesetzt. Die zur Auszahlung der Ruhestandsbezüge des Klägers einbehaltenen Beträge seien bereits von dessen „abgesteuerten“ Gehalt einbehalten. Eine nachträgliche Besteuerung über den Ertragsanteil hinaus würde den Kläger somit unangemessen belasten und doppelt besteuern. Das von den Mitgliedsstaaten an die NATO abgeführte „tax adjustment“, das zur Weiterleitung an die NATO-Versorgungsempfänger bestimmt sei, sei keine Wohlfahrtsleistung der Beitragsstaaten, sondern habe seinen Ursprung in dem Eingeständnis, dass es sich bei der Besteuerung der Pensionen um eine Doppelbesteuerung handele.

5

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 22. November 2006 (X R 29/05, BStBl II 2007, 402) sei auf den Streitfall nicht übertragbar, da der Entscheidung ein anderer Sachverhalt zu Grunde liege. Die Qualifizierung der einbehaltenen Geldbeträge als Beiträge sei in der Entscheidung unberücksichtigt geblieben. Auch sei in Rechnung zu stellen, dass der letzte Standard-NATO-Arbeitsvertrag eine Rechtsverpflichtung des Bediensteten enthalte, Beiträge zur Altersversorgung zu leisten. Die Sozialabgaben (Krankenversicherung) würden von dem um individuelle Zulagen erhöhten Gesamtgehalt mit Einschluss des Beitrages zur Alterssicherung berechnet und abgeführt. Es sei dem Kläger möglich gewesen, durch freiwillige Zahlung den Rentenanspruch um bis zu ein halbes Jahr zu erhöhen. Von dieser Möglichkeit habe er Gebrauch gemacht und im Jahr 2002 bei seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst aus eigenem Vermögen einen Betrag von 6.111,10 € geleistet, um seine Ansprüche aus der Altersversorgung zu erhöhen.

6

Durch Bescheide jeweils vom 26. März 2014 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2003 bis 2011, indem er den Teil der Ruhegehaltsbezüge, den der Kläger durch freiwillige Zahlung in den Pensionsfonds der NATO aufgestockt hatte, nach § 22 Abs. 1 Satz 3a EStG mit dem Ertragsanteil versteuerte.

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Durch Einspruchsentscheidung vom 9. April 2014, die am selben Tag zur Post aufgegeben wurde, wies der Beklagte die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Ruhegehaltszahlungen der NATO Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG darstellten und keine – nur mit dem Ertragsanteil zu besteuernden – Leibrenten im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3a EStG seien.

8

Am 9. Mai 2014 übermittelte der Kläger der Poststelle des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz eine e-mail. Im Anhang der e-mail befanden sich mehrere Textdateien im pdf-Format, wovon eine die von den Klägern unterschriebene und eingescannte Klageschrift bezüglich der Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre enthielt. Die e-mail, die am 9. Mai 2014 auf dem Mailserver des Finanzgerichts einging, wurde zusammen mit dem Anhang am 12. Mai 2014 auf der Poststelle des Gerichts ausgedruckt. Durch Schreiben vom 13. Mai 2014 wies das Finanzgericht Rheinland-Pfalz die Kläger mittels Telefax darauf hin, dass Bedenken bestehen könnten, ob die per e-Mail eingegangene Klage wirksam erhoben sei. Es werde daher anheimgestellt, unverzüglich in schriftlicher Form nochmals eine eigenhändig unterschriebene Klageschrift vorzulegen. Nach vorheriger telefonischer Kontaktaufnahme mit dem Vorsitzenden des erkennenden Senats übermittelten die Kläger am 21. Mai 2014 per Telefax nochmals die von ihnen unterzeichnete Klageschrift vom 9. Mai 2014; mit weiterem Telefax vom 21. Mai 2014 beantragten sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie trugen hierzu vor, dass sich der Kläger auf die Informationen auf der Internetseite des Finanzgerichts verlassen habe. Dass die Erhebung einer Klage einer qualifizierten elektronischen Signatur bedürfe, die wiederum eine besondere Software und Karte erfordere, habe der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht verstanden. Er habe die Übermittlung für sicher gehalten. Das Schreiben des Finanzgerichts vom 13. Mai 2014 sei vermutlich am 15. Mai 2014 bei ihnen eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Kläger – begleitet durch die Klägerin – auf einer Tagung der AAPOCAD/OECD in Paris befunden, von der er erst am 18. Mai 2014 zurückgekehrt sei. Er habe daher die Mitteilung an diesem Tag erst spät abends nach 22 Uhr zur Kenntnis nehmen können. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klagefrist bereits abgelaufen gewesen; der Kläger habe sich erst am 21. Mai 2014 um den Hinweis kümmern können. Zur Glaubhaftmachung des Aufenthalts in Paris vom 14. bis 18. Mai 2014 legten die Kläger weitere Unterlagen vor.

9

In der Sache tragen die Kläger vor, dass die Nationen als Arbeitgeber Einsparungen erzielt hätten, indem sie den Beschäftigten der Koordinierten Organisationen von vornherein geringere Bezüge gezahlt hätten. Auf der Grundlage des seit 1974 geltenden Pensionssystems der NATO dürften die Ersparnisse der Nationen inflationsbereinigt etwa 366 Mio. Euro betragen haben. Es sei nie die Frage entschieden worden, ob es zulässig sei, dass die ehemaligen Beschäftigten heute steuerliche Nachteile hätten, weil die Nationen sich diesen finanziellen Vorteil anstelle der Einschaltung eines dritten Versorgungsträgers verschafft hätten. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Beschluss vom 14. Oktober 2010 (2 BvR 367/07) das angefochtene Urteil des Bundesfinanzhofs bestätigt, nicht aber dessen Begründung. Die Gehälter der Angestellten der NATO seien an den Netto-Gehältern vergleichbarer deutscher und anderer nationaler Angestellten zu messen. Das letzte Netto-Gehalt des Klägers als Oberstleutnant in NATO-Verwendung sei höher gewesen, als sein Anfangsgehalt als Angestellter bei der NATO. Die Gehälter bei der NATO seien „net of tax“, d.h., nach Abzug der Steuern, festgesetzt. Bei den Gehältern sei die Einkommen-steuer von den Nationen direkt einbehalten worden. Deshalb handele es sich bei der Besteuerung der Pensionen, die aus Nettogehältern berechnet würden, um eine Doppelbesteuerung. Nicht zutreffend sei, dass lediglich eine fiktive Besteuerung erfolge. Soweit der Bundesfinanzhof darauf hinweise, dass die als Vergleichsmaßstab gewählten höheren Bezüge tatsächlich nie versteuert worden seien, übersehe er, dass die Nationen als Arbeitgeber entsprechende Einsparungen erzielt hätten, indem sie den Beschäftigten der Koordinierten Organisationen geringere Bezüge gezahlt hätten. Die Bundesrepublik Deutschland habe internationalen Dokumenten, in denen das „tax adjustment“ mit einem Element der Doppelbesteuerung erklärt werde, zugestimmt. Auch eine Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Pensionsregelung der NATO habe festgestellt, dass von den NATO-Gehältern die Steuer bereits abgezogen worden sei und die Beiträge aus diesem abgesteuertem Gehalt bezahlt würden. Ein weiterer Beweis für die Anerkennung einer Doppelbesteuerung seitens der Bundesrepublik Deutschland sei der Hinweis in § 36 des Dokuments DCPS (2010) 0003, das jedem Beschäftigten vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ausgehändigt werde. Der Sachverhalt einer Doppelbesteuerung sei seitens der Bundesrepublik und des Bundesministeriums der Finanzen eingeräumt worden. In einem Bericht der Verwaltung des Europarats an das Ministerkomitee vom 14. Februar 2014 werde ebenfalls auf die Einführung des „tax adjustment“, das von den Nationen ausgezahlt werde, wegen eines Elements der Doppelbesteuerung hingewiesen; diese Einschätzung folge auch aus einem Schreiben der NATO vom 7. August 2014 mitgeteilt. Die Altersbezüge der Angestellten der Deutschen Rentenversicherung, die auch vom Arbeitgeber statt von einer dritten Organisation gezahlt würden, würden gleichfalls als Renten besteuert.

10

Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 9. April 2014 die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2011 vom 26. März 2014 dahingehend zu ändern, dass die Ruhegehaltszahlungen der NATO an den Kläger als Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen gem. § 22 Nr. 1 Satz 3a EStG behandelt werden,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

12

Er verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, dass die per e-Mail übermittelte Klage mangels qualifizierter elektronischer Signatur gem. § 52a Finanzgerichtsordnung -FGO- i.V.m. § 2 Abs. 3 der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 nicht wirksam erhoben worden sei. Fraglich sei ebenfalls, ob mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine wirksame Klageerhebung verbunden sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg.

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1. Zweifelhaft ist bereits, ob die Klage zulässig ist.

16

a) Eine Klage  ist nach § 64 Abs. 1 FGO bei dem Gericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Nach ständiger Rechtsprechung soll die Schriftform gewährleisten, dass der Inhalt der Erklärung und die erklärende Person hinreichend zuverlässig festgestellt werden können. Des Weiteren soll das aus dem Schriftformerfordernis abgeleitete Gebot einer Unterschrift des Erklärenden sicherstellen, dass das Schriftstück keinen Entwurf betrifft, sondern mit Wissen und Wollen des Erklärenden an das Gericht gesandt wurde (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 30. April 1979, GmS-OGB 1/78, NJW 1980, 172;BFH, Urteil vom 17. Dezember 1998, III R 101/96, BFH/NV 1999, 967). Dieses Unterschriftserfordernis ist gewahrt, wenn ein Rechtsbehelf oder ein anderer sog. bestimmender Schriftsatz nach Maßgabe des § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB- von dem Rechtsbehelfsführer bzw. Verfasser oder seinem jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten eigenhändig – handschriftlich – unterschrieben und mit einer solchen Unterschrift vor Ablauf der Klagefrist bei Gericht vorgelegt wurde (vgl. §§ 47 Abs. 1, 116 Abs. 2, 120 Abs. 1, 129 Abs. 1 FGO; vgl. hierzu BFH, Beschluss vom 10. Juli 2002, VII B 6/02, BFH/NV 2002, 1597).

17

Diese Anforderungen - auch hinsichtlich der eigenhändigen Unterschrift - gelten grundsätzlich gleichermaßen für bestimmende Schriftsätze, die dem Gericht per Telefax übermittelt werden. Darüber hinaus bedarf es nach ständiger Rechtsprechung keiner eigenhändigen Unterschrift, wenn der jeweilige bestimmende Schriftsatz durch Telegramm, Fernschreiber, Telebrief, Telekopie oder Bildschirmtextmitteilung übermittelt wird (vgl. § 130 Nr. 6 der Zivilprozessordnung -ZPO-; BFH, Urteil vom 3. Oktober 1986, III R 207/81, BStBl II 1987, 131). Auch die Übermittlung der Klageschrift per Computerfax ist ohne Unterschrift wirksam, weil bei dieser Form auf der Seite des Absenders kein körperliches Schriftstück existiert. Infolgedessen genügt es für die Wirksamkeit einer derart erhobenen Klage, dass sich aus dem Schriftsatz selbst oder den Begleitumständen die Urheberschaft und der Wille, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher ergeben (vgl. BFH, Beschluss vom 11. November 1997, VII B 108/97, BFH/NV 1998, 604). Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, eine Klage durch ein elektronisches Dokument i.S. des § 52a FGO mit den dort spezialgesetzlich geregelten besonderen Anforderungen, nämlich unter Angabe des Namens des Klägers sowie einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes zu erheben (vgl. § 52a Abs. 1 Satz 3 FGO; BFH, Urteil vom 18. Oktober 2006, XI R 22/06, BStBl II 2007, 276;  zur Notwendigkeit einer solchen qualifizierten Signatur als Wirksamkeitsvoraussetzung elektronischer bestimmender Schriftsätze nach – dem § 52a FGO entsprechenden – § 130a ZPO s. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010, VII ZB 112/08, MDR 2010, 460). Wird die Klage per Telefax erhoben, muss sie allerdings grundsätzlich eigenhändig unterschrieben sein (vgl. BFH, Urteile vom 28. November 1995, VII R 63/95, BStBl II 1996, 105; vom 16. Februar 2005, VI R 66/00, BFH/NV 2005, 1120). Das Fehlen der Unterschrift ist indessen unschädlich, wenn das Telefaxformblatt unterschrieben ist, mit der Klageschrift eine Einheit bildet, die Person des Absenders vollständig bezeichnet und kein Zweifel daran besteht, dass die Kopiervorlage ordnungsgemäß eigenhändig unterzeichnet wurde (vgl. BFH, Beschluss vom 31. März 2000, VII B 87/99, BFH/NV 2000, 1224). Ob das danach für bestimmende Schriftsätze grundsätzlich bestehende Gebot "eigenhändiger Unterschrift" auch durch eine eingescannte Unterschrift gewahrt wird, wird nicht einheitlich beurteilt. Eine mit eingescannter Unterschrift des Prozessbevollmächtigten durch Telefax eingelegte Klage entspricht jedenfalls dann den Schriftformanforderungen des § 64 Abs. 1 FGO, wenn sie von dem Bevollmächtigten an einen Dritten mit der tatsächlich ausgeführten Weisung gemailt wird, sie auszudrucken und per Telefax an das Gericht zu senden (vgl. BFH, Urteil vom 22. Juni 2010, VIII R 38/08, BStBl II 2010, 1017).

18

Eine per e-mail erhobene Klage genügt den Anforderungen des § 64 Abs. 1 FGO grundsätzlich nicht. Gemäß § 52a FGO i.V.m. § 2 Abs. 3 der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 (GVBl Rheinland-Pfalz 2008, 33)  kann ein Dokument, für das eine Schriftform vorgeschrieben ist, wirksam elektronisch übermittelt werden, wenn dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wird. Genügt das übermittelte Dokument nicht den Anforderungen des § 52a FGO, so hat das Gericht dies dem Absender unverzüglich mitzuteilen (vgl. § 52a Abs. 2 Satz 3 FGO).

19

b) Danach war die am 21. Mai 2014 per Telefax eingegangene und eigenhändig unterschriebene Klage der Kläger zwar formwirksam erhoben. Sie wurde jedoch erst nach Ablauf der für die Klageerhebung einzuhaltenden Monatsfrist des § 47 Abs. 1 FGO eingereicht. Die Einspruchsentscheidung des Beklagten wurde am 9. April 2014, einem Mittwoch, zur Post gegeben. Nach §§ 122 Abs. 2 Nr. 1, 108 Abs. 1 und Abs. 3 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB erfolgte daher die Bekanntgabe am Montag, dem 14. April 2014. Die Monatsfrist des § 47 Abs. 1 FGO endete somit gemäß § 54 FGO i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO und §§ 187 Abs.1, 188 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 14. Mai 2014.

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Die bereits am 9. Mai 2014 beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz eingegangene e-mail enthielt allerdings als Anlage die Klageschrift, die mit eingescannten Unterschriften der Kläger versehen war. Ausgedruckt wurde die Klageschrift in der Poststelle des Finanzgerichts am 12. Mai 2014 und damit noch vor Ablauf der Klagefrist des § 47 Abs. 1 FGO. Vor diesem Hintergrund könnte der in der Verwaltung des Gerichts erzeugte Ausdruck des e-mail-Anhangs dem Schriftformerfordernis des § 64 Abs. 1 FGO noch genügen (vgl. FG des Saarlandes, Gerichtsbescheid vom 9. Oktober 2015, 2 K 1323/15, EFG 2016, 47; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18. Januar 2011, L 5 AS 433/10 B, juris; vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. Juli 2008, X ZB 8/08, NJW 2008, 2649). Dieser verkörpert die Klageerhebung und schließt mit einer Unterschrift ab; nach den Gesamtumständen und aus der maßgeblichen Sicht des Gerichts spricht auch viel dafür, dass aus der Klageschrift deren Inhalt sowie der Erklärende und dessen unbedingter Erklärungswille zu entnehmen gewesen sind. Das in ausgedruckter Form vorliegende Schriftstück unterschied sich insofern nicht von einem Telefax. Beim Telefax ist die auf Veranlassung des Absenders am Empfangsort erstellte körperliche Urkunde maßgeblich, auch wenn das Telefax zunächst im Empfangsgerät elektronisch gespeichert wurde. Dass es sich bei der Unterschrift nicht um die Originalunterschrift, sondern lediglich um eine Kopie davon handelt, dürfte unerheblich sein. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat nach den dargestellten Maßstäben unter Hinweis auf Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses im Prozessrecht in erheblichem Umfang Ausnahmen zugelassen und Klageerhebungen mittels Telegramm, Telefax oder eines elektronischen Dokuments mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts als mit dem Schriftformerfordernis vereinbar anerkannt. Nimmt das Gericht dementsprechend einen auf andere Weise elektronisch übermittelten Schriftsatz entgegen, würde es den Zugang zu den Gerichten in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise hindern, wenn die eingescannte Unterschrift in diesem Fall nicht für genügend erachtet würde. Auch dürfte es damit nicht zu einer Aushöhlung des § 52a FGO kommen; dies wäre vielmehr nur dann der Fall, wenn auch mit einem auf dem e-mail-Server des Gerichts eingehenden Dokument, das nach erst nach Fristablauf ausgedruckt wird, wirksam Klage erhoben werden könnte (vgl. Mychajluk, EFG 2016, 48). Anders als beim Telefax, bei dem der Übermittler davon ausgehen kann, dass die körperliche Urkunde unmittelbar bei oder nach der Übermittlung dem Gericht auch tatsächlich vorliegt, trägt der Absender bei der e-Mail-Übermittlung das Risiko dafür, dass die Urkunde fristgerecht ausgedruckt wird, denn allein die Aufzeichnung des e-Mail-Eingangs auf dem Server des Gerichts stellt noch keine wirksame Klageerhebung dar, wenn die Voraussetzungen des § 52a FGO nicht erfüllt sind (vgl. FG des Saarlandes, a.a.O.).

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2. Letztlich kann die Frage, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage erfüllt sind, aber dahinstehen, weil die Klage unbegründet ist.

22

Die Pensionszahlungen an den Kläger sind als Ruhegelder gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im Inland steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie sind nicht als sonstige Einkünfte in Gestalt wiederkehrender Bezüge im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3a EStG zu qualifizieren, da sie weder im Ganzen noch teilweise Erträge aus der Nutzung eigenen Vermögens des Klägers darstellen.

23

a) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Gehälter, Löhne und andere Bezüge, die "für eine Beschäftigung" im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden (Nr. 1); ferner Ruhegelder und andere Bezüge und Vorteile "aus früheren Dienstleistungen" (Nr. 2). Die Einnahmen müssen durch das – gegenwärtige oder frühere – Arbeitsverhältnis veranlasst sein (vgl. BFH, Urteil vom 17. September, 1982 VI R 75/79, BStBl II 1983, 39). Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer die Bezüge als Gegenleistung dafür erhält, dass er seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt bzw. gestellt hat. Demgegenüber sind Leibrenten wiederkehrende Bezüge, die nur mit ihrem Ertragsanteil steuerbar sind (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG). Ungeachtet dessen, dass der Tatbestand der "sonstigen" Einkünfte gegenüber den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten subsidiär ist (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG), liegen Einkünfte "für" eine Beschäftigung bzw. "aus" einem früheren Dienstverhältnis nur dann vor, wenn sie dem Steuerpflichtigen aus eben diesem Rechtsgrund zufließen. Um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (vgl. § 19 Abs. 1 EStG) kann es sich daher nur handeln, wenn der Steuerpflichtige sie – abgesehen von der zu erbringenden oder erbrachten Dienstleistung – ohne rechtlich ins Gewicht fallenden Eigenbeitrag (Leistung aus seinem Vermögen oder für seine Rechnung) erhält. Dagegen kann die Verwendung bzw. Nutzung eigenen Vermögens nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet werden (vgl. BFH, Urteil vom 22. November 2006, X R 29/05, BStBl II 2007, 402).

24

Von einer Gehaltsverwendung unterscheidet sich eine Gehaltskürzung dadurch, dass der Steuerpflichtige bei letztgenannter infolge fehlenden Zuflusses von Lohn keinen Eigenbeitrag zu seinen späteren Versorgungsleistungen aufbringt. Ihm wird vielmehr der durch Gehaltskürzung einbehaltene Gehaltsanteil erst im Versorgungsfall als nachträglicher Arbeitslohn in Form eines Ruhegehalts ausgezahlt. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Gehaltsverwendung einerseits und Gehaltskürzung andererseits ist, ob der Beitrag des Steuerpflichtigen zum Versorgungssystem diesem zuvor zugeflossen ist. Dem Arbeitnehmer fließt allerdings noch kein Arbeitslohn zu, wenn der Arbeitgeber vom tarifvertraglich geschuldeten Bruttolohn lediglich einen Beitrag zu seinen Versorgungsausgaben einbehält und diesen Beitrag einer Versorgungsrückstellung oder einem Sondervermögen innerhalb seines Haushaltes zuführt. Dabei reicht die Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, für den Zufluss auch dann nicht aus, wenn der Arbeitgeber interne Maßnahmen getroffen hat, um den entsprechenden Anspruch des Arbeitnehmers finanziell abzusichern. Ein Innehaben von Ansprüchen oder Rechten führt noch nicht zum Zufluss von Einnahmen. Einnahmen sind erst dann zugeflossen, wenn der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Dies ist der Fall bei Barauszahlung oder Gutschrift auf einem Konto des Steuerpflichtigen sowie bei buchmäßiger Erfassung einer Schuldverpflichtung in den Büchern des Verpflichteten, sofern sichergestellt ist, dass der Berechtigte ohne weiteres Zutun des Verpflichteten über den Betrag verfügen kann. Ein Zufluss durch Novation setzt eine Verfügung des Berechtigten über seine bisherige (Gehalts-) Forderung voraus, die als Zahlung der Altschuld durch den Verpflichteten gilt und der Berechtigte den vereinnahmten Betrag sofort wieder zur Verfügung stellt (vgl. BFH, Urteil vom 22. November 2006, X R 29/05, a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen begründet nicht schon der Anspruch auf Leistung den gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn, sondern erst die Erfüllung dieses Anspruches in der Weise, dass der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt und dem Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter verschafft (vgl. zum Ganzen FG Köln, Urteil vom 15. August 2012, 5 K 189/11, EFG 2013, 32).

25

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat der Kläger zur Erlangung der Versorgungsbezüge eigenes Vermögen nicht eingesetzt. Die von seinem Arbeitslohn einbehaltenen Beiträge ("staff members contribution") zu den Versorgungsausgaben der NATO waren ihm nicht als Arbeitslohn zugeflossen. Nach dem seit Juli 1974 geltenden Pensionssystem der NATO sollten die späteren Ruhegehälter (wie auch tatsächlich geschehen) aus dem laufenden Haushalt der Organisation gezahlt werden. Mit dem Lohneinbehalt war ein eigenständiger Rechtsanspruch der Klägerin gegen einen als Träger der Versorgungsleistungen auftretenden Dritten nicht verbunden. Über eine rechtlich von der Organisation getrennte Versorgungseinrichtung verfügte - und verfügt - die NATO nicht; der Träger der Versorgungsleistungen ist im Wesentlichen identisch mit der Anstellungsbehörde des Bediensteten. Es ist daher unerheblich, inwieweit die Versorgungsbeiträge im Haushaltsplan der NATO vom übrigen Vermögen der Organisation getrennt ausgewiesen und den einzelnen Mitarbeitern als ihnen zustehender Anteil am Kapitalstock gutgeschrieben worden sind. Auch der Umstand, dass die NATO von der rechtlichen Verselbständigung ihrer Versorgungseinrichtung vor allem deshalb abgesehen hat, weil dies im Falle der Auflösung der Organisation die rechtliche Durchsetzung der subsidiären Haftung der Mitgliedstaaten für die Versorgungsleistungen erheblich erschweren würde, gewinnt für die Frage des Zuflusses keine Bedeutung (vgl. zum Ganzen BFH, Urteil vom 22. November 2006, a.a.O.). Entscheidend ist nur, dass die Aufnahme der Beträge in den Haushaltsplan der NATO weder eine Gutschrift zugunsten des Klägers in der Weise bewirkte, dass er als Berechtigter über diesen Teil des Arbeitslohns aus eigenem Recht verfügen konnte, noch lag hierin eine auf dem freien Entschluss des Klägers beruhende Novation. Zwar war der Kläger durch die reduzierte Auszahlung seines Gehaltes belastet. Dies führte jedoch nach den vorangegangenen Ausführungen nicht zum Zufluss des einbehaltenen Gehaltsanteils im Sinne des Einkommensteuerrechts. Die Einbehaltung der „staff members contribution“ stellte vielmehr eine Gehaltskürzung durch die NATO dar, nicht jedoch eine Gehaltsverwendung durch den Kläger. Beruhen die Versorgungsbezüge deshalb nach dem Pensionssystem der NATO nicht auf eigenen Beitragsleistungen des bezugsberechtigten ehemaligen Bediensteten, so sind sie in vollem Umfang als Ruhegelder aus früheren Dienstleistungen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerbar und nicht steuerbefreit.

26

Die vom Arbeitslohn einbehaltenen Beiträge des Klägers werden durch die volle Besteuerung nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch nicht in verfassungswidriger Weise doppelt mit Einkommensteuer belastet. Eine Doppelbesteuerung des Ruhegehaltes durch Anwendung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG wäre nur dann gegeben, wenn die früheren Beiträge des Klägers zum Pensionssystem der NATO bereits der Einkommensteuer unterlegen hätten. Die Lohnzahlungen an den Kläger während dessen aktiver Zeit bei der NATO waren aber nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Protokolls über die Rechtsstellung der aufgrund des Nord-Atlantik-Vertrags errichteten internationalen militärischen Hauptquartiere (vgl. BGBl II 1969, 200 ff.) von der deutschen Einkommensteuer befreit, so dass die in Streit stehende Besteuerung erstmalig erfolgt. Vor dem Hintergrund dieser steuerrechtlichen Qualifikation vermögen etwaige anderslautende Einschätzungen und Stellungnahmen, die von einer (teilweisen) Doppelbesteuerung ausgehen, nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen.

27

Eine gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz -GG- verstoßende Ungleichbehandlung der Besteuerung der Alterseinkünfte gegenüber Renteneinkünften, die aus versteuertem Einkommen aufgebaut worden sind, liegt ebenfalls nicht vor. Denn die Beiträge, die der Kläger für seine Alterssicherung erbracht hat, unterlagen nicht der Besteuerung. Das Versorgungssystem der NATO ist insoweit vergleichbar mit dem der deutschen Beamten, bei dem die Umschichtung von (wirtschaftlichen Beiträgen) der aktiven Beamten zu Versorgungsbezügen der Pensionäre innerhalb des öffentlichen Haushalts stattfindet. Statt Beiträge einzubehalten, zahlte die NATO entsprechend geringere Bezüge aus. Weiter zu berücksichtigen ist, dass der Kläger zusätzlich zu den Pensionszahlungen einen sogenannten "Steuerausgleich" (tax adjustment) erhalten hat, welcher zum teilweisen Ausgleich der Besteuerung der Ruhegehälter durch die Wohnsitzstaaten und der sich aus den verschiedenartigen Besteuerungssystemen ergebenden Unterschiede bestimmt ist. Damit ist im Ergebnis eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin im Vergleich zu den Beziehern einer Leib- bzw. Altersrente zu verneinen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2010, 2 BvR 367/07, HFR 2011, 88). Ob und in welcher Höhe die beteiligten Mitgliedsstaaten, wie die Kläger vortragen, durch die einbehaltenen Beiträge zu den Versorgungsausgaben in wirtschaftlicher Hinsicht Aufwendungen eingespart haben, ist für den Streitfall ohne Bedeutung. Maßgeblich ist vielmehr, ob mit den Einbehalten bereits steuerpflichtiger Lohn zugeflossen ist. Diese Frage, deren Beantwortung sich allein nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen zu richtet, ist indes – wie ausgeführt – zu verneinen. Unerheblich ist es deshalb auch, wie sich die Höhe der Gehälter der zivilen Angestellten der NATO bestimmt. Im Hinblick darauf, dass die Pensionszahlungen der NATO nicht auf einem Eigenbeitrag des Klägers im Sinne zugeflossener und sodann verwendeter Leistungen beruhen, liegt auch eine von den Klägern gerügte Ungleichbehandlung mit Angestellten der Deutschen Rentenversicherung nicht vor.

28

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

29

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gem. § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

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