Urteil vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf - 13 Sa 1060/15
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 07.08.2015 - 14 Ca 2409/15 - wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 07.08.2015 - 14 Ca 2409/15 - teilweise abgeändert:
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 7.000,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird für die Klägerin bezogen auf die Widerklage zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
1
T A T B E S T A N D :
2Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung von 30.000,00 €, während der Beklagte widerklagend einen Vergütungsanspruch im Zusammenhang mit einer von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung geltend macht.
3Bei der Klägerin handelt es sich um ein international tätiges Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Ihre Mehrheitsgesellschafterin ist die im Iran ansässige J. AG.
4Der Beklagte war auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 01.10.2007 (Anlage B 1 zur Klageerwiderung vom 07.01.2015) ab dem 24.10.2007 gegen ein vereinbartes Monatsgehalt von 7.000,00 € für die Klägerin tätig.
5Im Jahr 2007 beauftragte die J. AG die Klägerin mit der Logistik eines von ihr betriebenen Erdgasförderungsprojekts. Hierfür stattete die J. AG die Klägerin mit finanziellen Mitteln aus. Die Klägerin übertrug dem Beklagten bei der Koordination der Logistik die leitende Funktion. Im Rahmen des Projekts kaufte die Klägerin bei der Firma L.-E externe Beratungsleistungen ein.
6Mit Schreiben vom 17.11.2007 wandte sich der damalige Geschäftsführer der Klägerin, Herr N. C., an Herrn N.-I., Aufsichtsratsmitglied und Finanzvorstand der J. AG. Nach der von dem Beklagten vorgelegten Übersetzung des Übersetzers T., welche die Klägerin nicht bestreitet, heißt es in dem Schreiben:
7"Sehr geehrter Herr N. I.,
8verehrter Mitglied des Direktoriums und Leiter der Abteilung Finanzen und Wirtschaft der J. GmbH, mit Gruß, wie Sie informiert sind, wurde in letzter Zeit wegen Zusammenarbeit mit den Abteilungen Erdöl und Gas der o.g. Gesellschaft, unter der Aufsicht von Sehr verehrten Herr Ingenieur O., zwecks Management und Controlling des Projekts "Insel L." die Firma L.-E, Schweiz, zur Zusammenarbeit eingeladen.
9Die o.g. Gesellschaft machte bestimmte Vorschläge für die Zusammenarbeit, die in zwei Sitzungen mit Herr Dipl.-Ing. O. erörtert wurden und er gab sein Einverständnis bezüglich der Zusendung der Inspektoren der genannten Gesellschaft (unter Aufsicht und Abstimmung mit Herr Dr. B.) schnellst möglich bekannt.
10Der interne Vertrag zwischen J. und L. ist bereits unterzeichnet und bezahlt worden, die Anschließung des Vertrages mit J. klappte aus Zeitgründen noch nicht. Die genannte Gesellschaft hat ihre Dienste in Bezug auf Kontrolle der Firmen J. und J. in Teheran bereits erledigt, aber es sein kann, dass die Gesellschaft ihre Dienste in Bezug auf Kontrolle des französischen Büros (T. Gas Gesellschaft) auch erledigen wird.
11In Anbetracht dessen, dass im Laufe der kommenden Woche die Dienste der Gesellschaft bezüglich erster Abschnitt beendet sein wird und sie werden auf die Zahlung des Restbetrages Anspruch haben, und da die J.-Gesellschaft solche Transaktionen bezüglich wegen Einkäufe der Projekte der J. aus eigenen Mittel und in Bar tätigt, wird sie z.Zt. für die Forderungen der der L. nicht in der Lage sein. Daher wird gebeten, anzuweisen, dass als acto.-Zahlung der Betrag von 130.000,00 Euro auf folgende Art auf die Konten dieser Gesellschaft bei der Sparkasse mit folgenden Einzelheiten überwiesen wird:
121.Der Betrag von 100.000,00 € auf das Konto der Gesellschaft bei der Sparkasse überwiesen wird
13Bank: Stadtsparkasse Düsseldorf, Deutschland
14Swift (BIC) DUSSDEDD
15IBAN-Nr.: DE 50 300 501 10 100 484 6273
16Konto-Nr.: 100 484 6273
172.Der Betrag von dreißigtausend Euro in bar an Herrn Dr. C. B., Leiter und Koordinator des o.g. Projektes ausgehändigt wird, damit die Kosten der Sachverständigen außerhalb der L. für das o.g. Projekt (die zunächst in Abstimmung mit Herr Dipl.-Ing. O., deren Verpflichtung übernommen haben) erledigt wird.
18Wir bedanken uns im Voraus für Ihren entsprechenden Anweisungen und Erledigungen in dieser Sache."
19Im Anschluss daran stellte die J. AG einen Scheck über 30.000,00 € aus. Ein Mitarbeiter der J. AG übergab diesen an den Beklagten, welcher ihn am 19.11.2007 einlöste und den Betrag für sich behielt.
20Im Jahr 2009 löste der Beklagte Herrn N. C. als Geschäftsführer der Klägerin ab, ohne dass die vertraglichen Vereinbarungen im Übrigen verändert wurden. Mit Beschluss vom 12.05.2013 widerrief die Klägerin die Bestellung zum Geschäftsführer mit Wirkung zum 30.06.2013 und kündigte mit Schreiben vom selben Tag den "Anstellungsvertrag vom 24.10.2007" ebenfalls zum 30.06.2013. Auf den Inhalt des Kündigungsschreibens im Übrigen wird verwiesen (Anlage B 4 zur Klageerwiderung vom 07.01.2015).
21Die Klägerin hat behauptet, die 30.000,00 € seien für die klägerische Zahlung von Beratungsleistungen der L.-E bestimmt gewesen. Dies ergebe sich auch aus dem offiziellen Auszahlungsbeleg der handelnden Bank (Anlage K 3 zur Klagebegründung vom 04.12.2014). Im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat sie behauptet, mit dem Betrag hätten Dienstleistungen eines anderen Unternehmens, das von Herrn O. vor der L.-E beauftragt worden sei, vergütet werden sollen.
22Sie hat beantragt,
23den Beklagten zu verurteilen, an sie EUR 30.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz ab dem 20.11.2007 zu zahlen. |
Der Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen. |
Widerklagend beantragt der Beklagte,
27die Klägerin zu verurteilen, an ihn EUR 7.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 zu zahlen. |
Die Klägerin beantragt,
29die Widerklage abzuweisen. |
Der Beklagte hat behauptet, mit dem Betrag von 30.000,00 € sei eine Tätigkeit durch ihn für die Klägerin im Rahmen des beschriebenen Erdgasförderungsprojekts im Zeitraum von Mai bis September 2007 vergütet worden, nämlich jeweils 4.500,00 € monatlich sowie 7.500,00 € als Aufwendungsersatz für seinen Umzug von P. nach E. sowie für Reisen in den Iran. Die Vereinbarung habe er mit dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten getroffen. Es sei vereinbart gewesen, dass die Zahlung erst erfolgen solle, nachdem er sich in dem Projekt bewiesen habe. Bei dem angeblichen Auszahlungsbeleg der Bank handele es sich um ein von der Muttergesellschaft selbst erstelltes internes Papier.
31Mit der Widerklage hat der Beklagte Zahlung der Vergütung für Juli 2013 verlangt. Die Klägerin habe das Dienstverhältnis nach § 622 BGB erst zum 31.07.2013 kündigen können.
32Mit Urteil vom 07.08.2015 hat das Arbeitsgericht Klage und Widerklage abgewiesen. Es hat angenommen, die Klägerin habe nicht darlegen und beweisen können, dass der Betrag von 30.000,00 € dem Beklagten nicht zugestanden habe. Der Beklagte hingegen könne sich nicht darauf berufen, dass die Klägerin bei ihrer Kündigung die gesetzliche Frist nicht eingehalten habe. Es handle sich insoweit um einen Unwirksamkeitsgrund. Mangels rechtzeitiger Klage des Beklagten sei die Unwirksamkeit jedoch nach § 7 KSchG geheilt.
33Gegen das ihr am 08.09.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06.10.2015 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 09.12.2015 - mit einem an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Berufungsbegründungsschrift ist dem Beklagten am 15.12.2015 zugestellt worden. Am 09.01.2016 hat er Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet.
34Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin aus, das Arbeitsgericht habe einen falschen Inhalt des Schreibens ihres damaligen Geschäftsführers vom 17.11.2007 zugrunde gelegt. Sie erklärt, ihren erstinstanzlichen Vortrag, die streitgegenständlichen 30.000,00 € seien für das Unternehmen L.-E bestimmt gewesen, ausdrücklich aufrechtzuerhalten.
35Die Klägerin beantragt,
36unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 07.08.2015 (14 Ca 2409/15) den Beklagten zu verurteilen, an sie EUR 30.000,00 nebst Zinsen i. H. v. 5 %-Punkten jährlich über dem Basiszinssatz ab dem 20.07.2007 zu zahlen.
37Der Beklagte beantragt,
38die Berufung der Klägerin zurückzuweisen
39sowie im Wege der Anschlussberufung,
40die Klägerin zu verurteilen, an ihn EUR 7.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 zu zahlen.
41Die Klägerin beantragt,
42die Anschlussberufung zurückzuweisen.
43Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag, soweit es die Klage abgewiesen hat. Zur Widerklage meint er, eine Heilung sei nicht eingetreten, da § 7 KSchG für ihn als Geschäftsführer nicht anwendbar gewesen sei.
44Im Berufungstermin hat die Klägerin erklärt, bei der Anlage K 3 zur Klagebegründung handele es sich nicht um ein Bankpapier, sondern um Vermerke der internen Buchhaltung der Konzernmutter. Auch lägen ihr keinerlei Erkenntnisse dafür vor, dass bezogen auf das fragliche Erdgasförderungsprojekt Expertenkosten außerhalb der Firma L.-E entstanden seien.
45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.
46E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
47A.
48Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
49I.
50Die Berufung ist unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
51II.
52Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat richtig entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung der von ihr verlangten 30.000,00 € zusteht. Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht und sieht von einer nur wiederholenden Begründung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen und die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ist lediglich wie folgt ergänzend auszuführen:
531. Zutreffend hat das Arbeitsgericht angenommen, die Klägerin sei dafür darlegungs- und beweisbelastet, dass die Einlassung des Beklagten unzutreffend ist, er habe die 30.000,00 € vereinbarungsgemäß als Vergütung für eine Tätigkeit für die Klägerin vor Beginn des offiziellen Arbeitsverhältnisses sowie zum Ersatz in diesem Zusammenhang entstandener Aufwendungen erhalten. Für Schadenersatzansprüche folgt dies bereits daraus, dass insoweit der Anspruchsteller eine Pflichtverletzung des Gegners nachzuweisen hat. Die Darlegungs- und Beweislast für die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung trägt ebenfalls grundsätzlich der Anspruchsteller. Er hat das Risiko des Unterliegens im Prozess zu tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Dies gilt auch, soweit zur Anspruchsbegründung eine negative Tatsache wie das Fehlen eines Rechtsgrundes gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB gehört (vgl. nur BGH 11.03.2014 - X ZR 150/11 - NJW 2014, 2275 mwN). Allerdings kann sich derjenige, der einen Kondiktionsanspruch geltend macht, regelmäßig darauf beschränken, die vom Gegner behaupteten Rechtsgründe auszuräumen. Diesen trifft also eine sekundäre Darlegungslast dahingehend, Umstände vorzutragen, welche der Annahme eines fehlenden Rechtsgrundes entgegenstehen (BGH 04.06.2009 - III ZR 187/08 - NJW-RR 2009, 1424).
54Nichts anderes ergibt sich, soweit sich die Klägerin hilfsweise auf abgetretene Ansprüche ihrer Muttergesellschaft stützen will.
552. Der Beklagte hat entgegen der Auffassung der Berufung im Rahmen der geschilderten Darlegungslast hinreichend vorgetragen, welchen Verwendungszweck der streitige Betrag hatte. Er hat behauptet, die Vereinbarung über die Zahlung der 30.000,00 € mit dem damaligen Geschäftsführer der Klägerin getroffen zu haben. Darauf, an welchem Tag der Beklagte die Vereinbarung getroffen haben will, kommt es nicht an. Eine Partei genügt der Substantiierungspflicht, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (BAG 23.04.2009 - 6 AZR 189/08 - NZA 2009, 974; BGH 11.07.2007 - IV ZR 112/05 - juris; BGH 25.10.2011 - VIII ZR 125/11 - NJW 2012, 382; BGH 28.02.2012 - VIII ZR 124/11 - juris; BGH 29.02.2012 - VIII ZR 155/11 - NJW 2012, 1647; BGH 13.03.2012 - II ZR 50/09 - NJW-RR 2012, 728; BGH 20.06.2012 - VIII ZR 268/11 - NJW-RR 2012, 977). Insofern erweist sich der Vortrag des Beklagten im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast als ausreichend. Er legt eine Vereinbarung mit dem damaligen Geschäftsführer der Klägerin dar, nach welcher sich seinerseits ein Anspruch auf die streitige Summe und damit ein Rechtsgrund dafür ergibt, dass die Schecksumme für ihn bestimmt war. Dass Herr C. als gesetzlicher Vertreter der Klägerin zum Abschluss einer solchen Vereinbarung berechtigt war, versteht sich von selbst. Nach dem Vortrag des Beklagten ist auch ein kollusives Verhalten ausgeschlossen, da mit der Vergütungsvereinbarung vorherige Tätigkeiten des Beklagten abgegolten werden sollten und dem vereinbarten Aufwendungsersatz entsprechende Aufwendungen des Beklagten zugrunde lagen.
563. Die Klägerin hat den Vortrag des Beklagten nicht hinreichend ausgeräumt, obwohl dieser ihr hinreichende prozessuale Mittel ermöglicht hat.
57Wie dargelegt hat der Beklagte vorgetragen, die Vereinbarung mit dem damaligen Geschäftsführer abgeschlossen zu haben. Die Klägerin hat ihre damit gegebene Möglichkeit, diesen als Zeugen dafür zu benennen, eine solche Vereinbarung habe es nicht gegeben, im Rahmen der Berufungsbegründung ungenutzt gelassen. Soweit die Klägerin erstmals im Berufungstermin Herrn C. als Zeugen benannt hat, war dieser Beweisantritt als verspätet zurückzuweisen. Angriffs- und Verteidigungsmittel sind durch den Berufungskläger nach § 67 Abs. 4 ArbGG spätestens mit Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorzubringen. Werden sie - wie hier - erst später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht. Der Beweisantritt war der Klägerin bereits mit der Berufungsbegründung möglich. Um dem dennoch erstmals in der Berufungsverhandlung angebotenen Zeugenbeweis nachzukommen, wäre eine Vertagung des Rechtsstreits erforderlich gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass das verspätete Vorbringen nicht auf einem Verschulden der Klägerin beruht, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast war sie bereits im angefochtenen Urteil hingewiesen worden.
58Der Vortrag des Beklagten ist auch nicht aufgrund des Inhalts des Anforderungsschreibens vom 17.11.2007 widerlegt.
59Zwar ist der Hinweis der Klägerin zutreffend, dass im Schreiben die Forderungen der L.-E als Anlass angegeben werden, die Sachverständigen im Plural angegeben werden und der Beklagte kein Sachverständiger ist. Diese Widersprüche können sich jedoch zwanglos als Ungenauigkeiten in der Formulierung oder eine etwaig beabsichtigte Verschleierung des wirklichen Zwecks gegenüber der Konzernmutter erklären. Derartige Ursachen könnten nichts an der Wirksamkeit der beklagtenseits vorgetragenen Vereinbarung ändern. Die Auslegung der Klägerin, es handle sich bei den 30.000,00 € ebenfalls um Geld, mit dem Leistungen der L.-E vergütet werden sollten, lässt sich zudem mit dem eindeutigen Wortlaut, es handle sich um "Kosten der Sachverständigen außerhalb der L. …, (die zunächst in Abstimmung mit Herr Dipl.Ing. O., deren Verpflichtung übernommen haben)", in keiner Weise vereinbaren. Mag die Klägerin die Wendung "außerhalb" noch als sprachliche Ungenauigkeit erklären können, so vermag sie den erklärenden Klammerzusatz in keiner Weise mit ihrer Ansicht in Einklang zu bringen. In diesem Zusammenhang sei erlaubt, dass es im Übrigen Sache der Muttergesellschaft gewesen wäre, Nachfrage zu halten, wenn auch die Bezugnahme auf die Abstimmung mit Herrn O. keine hinreichende Deutlichkeit ergeben haben sollte. Auch die Klägerin hat nicht vorgetragen, mit diesem Rücksprache gehalten zu haben, um den Sachverhalt einer vernünftigen Klärung zuzuführen.
60Der Vortrag der Klägerin zum Verwendungszweck ist über den Rechtsstreit hin zudem widersprüchlich. Mal sollten Leistungen der L.-E, mal solche eines anderen Unternehmens vergütet werden. Im Berufungstermin hat die Klägerin auf Nachfrage erklärt, externe Beratungsleistungen außerhalb L.-E seien ihr nicht bekannt. Weshalb eine Teilung der Summe in eine Überweisung auf das Konto der Klägerin und eine Barzahlung an den Beklagten erfolgen sollte, obwohl beide Teilsummen zur Zahlung an die L.-E dienen sollten, vermochte die Klägerin trotz der entsprechenden Argumentation des angefochtenen Urteils nicht zu erklären. Es gibt auch aus Sicht der Berufungskammer keinerlei plausible Erklärung, weshalb der damalige Geschäftsführer um die Aushändigung eines Barbetrages an den Beklagten bittet, wenn er beabsichtigt haben sollte, mit diesem Geld Forderungen der L.-E zu begleichen.
61An ihrer offensichtlich von Beginn an falschen Behauptung, bei der Anlage K 3 zur Klagebegründung handele es sich um den offiziellen Auszahlungsbeleg der Bank, hat die Klägerin nicht festgehalten. Auch dieses Dokument trägt daher zur Klärung des Sachverhaltes nichts bei.
62Der Beklagte hat zudem vorgetragen, bereits vor der offiziellen Arbeitsaufnahme für die Klägerin tätig gewesen zu sein, und dies mit verschiedenen Nachweisen belegt. Zu diesen hat sich die Klägerin mit keinem Wort eingelassen. Um die Einlassung des Beklagten zur Grundlage für den Erhalt des streitigen Betrages zu widerlegen, wäre es an der Klägerin gewesen, konkret zu erklären, weshalb der Beklagte bereits wesentlich vor dem offiziellen Vertragsbeginn ohne jede Vergütung hätte tätig werden und z. B. die Kosten für einen Besuch bei der Muttergesellschaft selbst hätte tragen sollen.
63B.
64Die zulässige Anschlussberufung des Beklagten ist begründet. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts hat er gegen die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung für Juli 2013 nach §§ 611, 615 BGB.
65Für das Geschäftsführeranstellungsverhältnis galten unstreitig die Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 24.10.2007. Jedenfalls danach hatte die Klägerin die Kündigungsfristen des § 622 BGB einzuhalten, hier also aufgrund der länger als fünf Jahre währenden Beschäftigung eine Frist von zwei Monaten zum Monatsende. Da dem Beklagten die Kündigung im Mai 2013 zugegangen ist, hatte die Klägerin daher eine Frist zu Ende Juli 2013 einzuhalten.
66Anders als das Arbeitsgericht ist die Berufungskammer der Auffassung, dass die Fehlerhaftigkeit der Kündigung auch nicht nach § 7 KSchG geheilt ist. Zwar hält die Berufungskammer den Ansatz des Arbeitsgerichts für zutreffend, zwischen den Parteien habe lediglich ein Rechtsverhältnis bestanden, nämlich ein Arbeitsverhältnis mit dem Inhalt des Arbeitsvertrages vom 24.10.2007, jedoch ab 2009 mit dem Inhalt, dass der Beklagte eine Tätigkeit als Geschäftsführer schuldete.
67Die Berufungskammer vertritt jedoch zum einen die Auffassung, dass eine Auslegung des Kündigungsschreibens ergibt, dass die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nicht zur Unwirksamkeit der Kündigungserklärung führt. Sie lässt sich nämlich als eine Kündigung mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen. Bereits im Einleitungssatz wird sie ausdrücklich als "ordentliche" Kündigung ausgesprochen. Im weiteren Text wird auf die Abberufung als Geschäftsführer verwiesen sowie die Freistellung für die Restlaufzeit des Anstellungsverhältnisses erklärt. Damit hat die Klägerin zur Auffassung der Berufungskammer hinreichend deutlich gemacht, sich fristgerecht vom Beklagten trennen zu wollen, da er nicht weiter als Geschäftsführer für sie tätig werde. Daran vermag die fehlerhaft angegebene Frist nichts zu ändern. Entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts in der im angefochtenen Urteil zitierten Entscheidung vom 15.05.2013 vertritt die Berufungskammer die Ansicht, dass bei ausdrücklicher Erklärung einer ordentlichen Kündigung eine solche mit der zutreffenden Frist gewollt ist, jedenfalls wenn wie hier eindeutig lediglich die Anwendung der gesetzlichen Kündigungsfristen in Betracht kommt.
68Zum anderen ist die Berufungskammer mit dem Beklagten der Ansicht, dass eine Heilung einer angenommen unwirksamen Kündigung nach § 7 KSchG nicht erfolgt ist, weil diese Norm auf das Rechtsverhältnis der Parteien im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht anwendbar war. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG gelten die Vorschriften des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes (§§ 1 bis 14 KSchG) in Betrieben einer juristischen Person nicht für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG enthält insoweit eine negative Fiktion in dem Sinn, dass die dort bezeichneten Personengruppen ohne Rücksicht darauf, ob im Einzelfall ein Arbeitsverhältnis vorliegt, allein wegen ihrer organschaftlichen Stellung aus dem Anwendungsbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes herausgenommen sind (BAG 25.10.2007 - 6 AZR 1045/06 - NZA 2008, 168). Allerdings hat der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts in den Entscheidungen vom 22.10.2014 (- 10 AZB 46/14 - NZA 2015, 60) und 03.12.2014 (- 10 AZB 98/14 - NZA 2015, 180) angenommen, soweit nach allgemeinen Grundsätzen ein Arbeitsverhältnis vorliege, müsse auch der Geschäftsführer einer GmbH binnen drei Wochen eine Kündigungsschutzklage erheben, um den Eintritt der Fiktionswirkung des § 7 KSchG zu verhindern, und zwar offensichtlich ohne darauf abzustellen, ob er im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits als Geschäftsführer abberufen war (vgl. Dimsic/Link BB 2015, Seite 3063, 3066 f.). Dieser - nicht näher begründeten - Auffassung vermag sich die erkennende Berufungskammer angesichts des klaren Wortlauts des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht anzuschließen. Der erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes und damit auch dessen § 7 sind auf derartige Rechtsverhältnisse nicht anwendbar.
69Im streitgegenständlichen Zeitraum befand sich die Klägerin im Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung des Beklagten. Sie hatte ihn im Kündigungsschreiben "für die Restlaufzeit Ihres Anstellungsverhältnisses … von der Arbeit unwiderruflich freigestellt". Der Höhe nach ist der Anspruch nicht streitig. Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug (§ 286 Abs. 2, § 288 BGB). Die Vergütung war nach § 4 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages am 31.07.2013 fällig.
70C.
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO. Die Berufungskammer hat die Revision bezogen auf die Widerklage wegen der in den Gründen dargestellten Abweichungen von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugelassen, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG. Für die Zulassung der Revision im Übrigen bestand kein gesetzlich vorgesehener Anlass.
72R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
73Gegen dieses Urteil kann von der der Klägerin bezogen auf die Widerklage
74R E V I S I O N
75eingelegt werden.
76Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
77Bundesarbeitsgericht
78Hugo-Preuß-Platz 1
7999084 Erfurt
80Fax: 0361-2636 2000
81eingelegt werden.
82Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
83Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
841.Rechtsanwälte,
852.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
863.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
87In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
88Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
89Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
90* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
91Im Übrigen ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
92Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
93Nübold Sentker Flegel
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